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VwGH 10.12.1965, 0217/64

VwGH 10.12.1965, 0217/64

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BAO §34;
BAO §35;
BAO §36;
BAO §37;
BAO §38;
BAO §39;
BAO §40;
BAO §41;
BAO §42;
BAO §43;
BAO §44;
BAO §45;
BAO §46;
BAO §47;
KStG 1966 §5 Abs1 Z6;
RS 1
Ein Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes (§ 1 Abs 1 Z 6 KStG), der zugleich und ausschließlich ein Gewerbebetrieb ist, kann der Begünstigung nach § 44 Abs 2 BAO (wegen Betätigung für gemeinnützige Zwecke) nicht teilhaftig werden, weil das zu begünstigende Steuersubjekt AUSSCHLIEßLICH der Förderung der genannten Zwecke dienen muß (§ 34 Abs 1 BAO, §4 Abs1 Z 6 KStG 1966), eine ausschließliche Förderung aber nach § 39 BAO nicht vorliegt, wenn Gewinn erstrebt wird, was bei einem Gewerbebetrieb seiner Natur nach (§ 28 BAO) stets der Fall ist.
Normen
EStG 1953 §15 Abs1 Z2;
EStG 1967 §15 Abs1 Z2;
GewStG §1;
KStG 1966 §5 Abs1 Z6;
RS 2
Die Körperschaft des öffentlichen Rechtes ist im Beschwerdefall die Österreichische Akademie der Wissenschaften, der im Wege einer letztwilligen Verfügung ein Kommanditanteil an der Kartographischen Anstalt Freytag-Berndt & Artaria KG zugekommen war. Die daruch vermittelte Beteiligung stellt den Betrieb gewerblicher Art und zugleich (kraft § 1 GewStG iVm § 15 Abs 1 Z 2 EStG 1953) für sich einen Gewerbebetrieb dar.

*

E , 217/64 #2 VwSlg 3377 F/1965

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp und Dr. Raschauer als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialsekretärs Dr. Walter, über die Beschwerde der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien, vertreten durch Dr. Erich Zeiner, Rechtsanwalt in Wien I, Schellinggasse 6, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Finanzen vom , Zl. 104.980-9a/63, betreffend Körperschaftsteuerpflicht, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Erich Zeiner, und des Vertreters der belangten Behörde, Sektionsrates Dr. OP, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin beim Bundesministerium für Finanzen der Antrag, dieses möge gemäß § 44 BAO auf die Geltendmachung der Abgabepflicht hinsichtlich der der Beschwerdeführerin zufließenden Einnahmen aus deren Kommanditbeteiligung an der Firma F-KG. in W verzichten. Zur Begründung des Antrages wurde eine Beilage zur Körperschaftsteuererklärung für 1962 angeschlossen. Darin wurde ausgeführt: Die Beschwerdeführerin habe auf Grund eines Testamentes als Legat Aktien der damaligen Firma F-AG, erworben. Diese Firma wurde später in eine Kommanditgesellschaft und die bisherige Aktienbeteiligung der Beschwerdeführerin in eine Kommanditeinlage umgewandelt, durch welche die Beschwerdeführerin im Ausmaß von 30,434 % am Gewinn und Vermögen der Gesellschaft beteiligt sei. Die Akademie der Wissenschaften (Beschwerdeführerin) sei kraft ihres Statuts als gemeinnützige Körperschaft im Sinne des § 44 BAO anzusehen. Die erwähnte Testamentsbestimmung enthalte ebenfalls Vorschriften, welche ausschließlich dem gemeinnützigen Charakter der Akademie entsprächen. Die aus der erwähnten Beteiligung resultierenden Erträgnisse seien die einzigen Mittel, die der Beschwerdeführerin für diese gemeinnützigen Zwecke zur Verfügung stünden, weil die geringe Dotation in den Budgetgesetzen keine Möglichkeit biete, aus den ordentlichen Einkünften Mittel für diese Zwecke in Anspruch zu nehmen. Würden diese Mittel in Form von Dividendenerträgnissen einfließen, so würden dieselben bei der Beschwerdeführerin gemäß § 4 Z. 6 Körperschaftsteuergesetz nicht der Körperschaftssteuer unterliegen, weil es sich dann um reine Vermögenserträgnisse, nicht aber um Erträgnisse aus einer Beteiligung handeln würde. Nur durch die Umwandlung der aktienmäßigen Beteiligung in eine Kommanditbeteiligung habe sich die Körperschaftsteuerpflicht der Erträgnisse ergeben. Die daraus resultierende Körperschaftsteuer bewirke aber eine wesentliche Einschränkung der Mittel, welche der Akademie für diese gemeinnützige Betätigung aus dieser Quelle bisher zugeflossen waren. Jegliche Verminderung der Mittel bedeute aber eine schwere Gefährdung der mit denselben zu erreichenden gemeinnützigen Zwecke.

Das Bundesministerium für Finanzen habe in Anerkennung der Richtigkeit dieser Ausführungen vor Inkrafttreten der Bundesabgabenordnung diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, daß der Sachaufwand für die Akademie der Wissenschaften im Budget jeweils um einen solchen Betrag erhöht wurde, daß der Entfall an diesen Mitteln, soweit er durch die Entrichtung der Körperschaftsteuer jeweils eingetreten war, wieder wettgemacht werden konnte. Dieser Standpunkt des Bundesministeriums für Finanzen sei aber nur so lange gerechtfertigt gewesen, als die bestehenden Vorschriften keine Möglichkeit boten, den wesentlich sinnvolleren Weg einzuschlagen, diese ausschließlich für gemeinnützige Zwecke bestimmten Mittel gleich von der Besteuerung auszunehmen, welche Möglichkeit der § 44 der am in Kraft getretenen Bundesabgabenordnung biete. Mit Rücksicht auf das Statut der Beschwerdeführerin sei es nicht notwendig, die Befreiung von der Abgabenpflicht von irgendwelchen Bedingungen oder Auflagen im Sinne des zweiten Satzes des zweiten Absatzes des § 44 BAO abhängig zu machen.

Das Bundesministerium für Finanzen gab dem Antrag nicht statt und begründete seine abweisende Entscheidung wie folgt: Die Österreichische Akademie der Wissenschaften sei eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes und unterliege daher selbst nicht der Körperschaftsteuerpflicht. Der Antrag, von der Geltendmachung der Abgabenpflicht der Akademie gemäß § 44 Abs. 2 BAO abzusehen, gehe daher ins Leere.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 6 Körperschaftsteuergesetz unterlägen der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechtes. Als Betrieb gewerblicher Art gelte steuerrechtlich auch die Beteiligung einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes an einer Personengesellschaft. Die Befreiung eines Betriebes gewerblicher Art im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 6 Körperschaftssteuergesetz setze gemäß § 4 Abs. 1 Z. 6 desselben Gesetzes in Verbindung mit § 34 BAO voraus, daß dieser Betrieb selbst ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolge. Auch für die Abstandnahme von der Abgabepflicht gemäß § 44 Abs. 2 BAO bestünden die gleichen gesetzlichen Voraussetzungen. Da es sich jedoch bei der Firma F-KG., an der die Beschwerdeführerin beteiligt ist, um einen Gewerbebetrieb ohne Gemeinnützigkeitscharakter handle, sei, der Antrag als unbegründet abzuweisen gewesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Unbestritten ist, daß die Akademie der Wissenschaften eine Körperschaft öffentlichen Rechtes ist und als solche nach § 1 KStG der Körperschaftsteuerpflicht nicht unterliegt. Infolge ihrer Beteiligung an der Firma Kartographische Anstalt F-Kommanditgesellschaft als Kommanditistin dieser Firma entsteht jedoch hier im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 6 Körperschaftsteuergesetz ein selbständiges Steuersubjekt, nämlich ein Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes. Als solcher hat nach Lehre und Rechtsprechung auch eine Beteiligung an einer Personengesellschaft zu gelten. Zu den Betrieben gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechtes gehören alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen oder anderen wirtschaftlichen Vorteilen dienen. Die Absicht Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich (§ 1 Abs. 1 Erste KStDV).

Auf Grund des § 4 Abs. 1 Z. 6 Körperschaftsteuergesetz sind von der Körperschaftsteuer befreit, Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und mittelbar kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen. Was nun die Befreiungsbestimmungen des § 4 Körperschaftsteuergesetz überhaupt, das sind die sogenannten "persönlichen Befreiungen", betrifft, ist vorwegzunehmen, daß sie - was die Beschwerde offenbar übersieht - auf Körperschaften öffentlichen Rechtes, wie hier eine vorliegt, als solche überhaupt keine Anwendung finden können, da bei diesen schon die objektive Voraussetzung der Körperschaftsteuerpflicht fehlt. Mit anderen Worten: Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind als solche grundsätzlich nicht steuerpflichtig, bei ihnen kommt schon deshalb eine Steuerbefreiung nach § 4 Körperschaftsteuergesetz von vornherein nicht in Betracht und ebenso keine Nachsicht nach § 44 der BAO, auf welche Gesetzesbestimmung sich die Beschwerde in erster Linie beruft. Aus diesem Grunde bestimmt § 34 Abs. 2 BAO, daß die in den §§ 35 bis 47 für Körperschaften (gemeint sind die nach § 1 Körperschaftsteuergesetz steuerpflichtigen Körperschaften des privaten Rechtes) getroffenen Anordnungen auch für Personenvereinigungen, Vermögensmassen und für Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechtes gelten. Es können also zwar nicht Körperschaften des öffentlichen Rechtes, wohl aber unter Umständen ihre Betriebe gewerblicher Art einer Steuerbefreiung nach § 44 BAO teilhaftig werden, und zwar dann, wenn letztere selbst den Voraussetzungen entsprechen, die § 44 BAO für die Befreiung von Körperschaften (privaten Rechtes) aufstellt. § 44 Abs. 1 BAO bestimmt, daß einer Körperschaft (lies vorliegend gemäß § 34 Abs. 2 BAO "einem Betrieb gewerblicher Art"), die einen Gewerbebetrieb oder einen lande- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält, eine Begünstigung auf abgabenrechtlichem Gebiet wegen Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke nicht zukommt, ermächtigt aber durch seinen Abs. 2 das Bundesministerium für Finanzen von der Geltendmachung einer Abgabepflicht in den Fällen des Abs. 1 ganz oder teilweise abzusehen, wenn andernfalls die Erreichung des von der Körperschaft (lies wieder "dem Betrieb gewerblicher Art") verfolgten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweckes vereitelt oder wesentlich gefährdet wäre.

Im vorliegenden Fall strebt die Beschwerdeführerin faktisch für ihren körperschaftsteuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art wegen gemeinnütziger Betätigung Steuerbefreiung gemäß § 44 Abs. 2 BAO an. Da der Betrieb gewerblicher Art hier in einer Kommanditbeteiligung besteht, die gemäß § 1 GewStG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 2 EStG für sich einen Gewerbebetrieb darstellt, liegt Identität des Betriebes gewerblicher Art und des Gewerbebetriebes vor. Zu untersuchen ist nun, ob der Gewerbebetrieb "Kommanditanteil an der Firma F-KG.", der zugleich Betrieb gewerblicher Art der Beschwerdeführerin ist, wegen Betätigung für gemeinnützige Zwecke einer Befreiung von der Körperschaftsteuer fähig ist. Dies muß jedoch, ohne daß die im besonderen Fall gegebenen tatsächlichen Umstände einer Prüfung unterzogen werden müssen, schon auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen verneint werden. Eine Begünstigung wegen Betätigung für gemeinnützige Zwecke setzt gemäß § 4 Abs. 1 Z. 6 KStG und gemäß § 34 Abs. 1 BAO unter anderem voraus, daß das zu begünstigende Steuersubjekt ausschließlich der Förderung der genannten Zwecke diene. Ausschließliche Förderung liegt nach § 39 BAO vor, wenn fünf Voraussetzungen zutreffen. Wenn man davon nur die unter Z. 2 der genannten Bestimmung angeführte Voraussetzung herausstellt, daß nämlich die Körperschaft (hier der Betrieb gewerblicher Art) keinen Gewinn erstreben darf, so muß schon daraus zwingend gefolgert werden, daß hier eine ausschließliche Förderung im Sinne des Gesetzes undenkbar und damit eine gemeinnützige Betätigung ausgeschlossen ist. Da nämlich der gegenständliche Betrieb gewerblicher Art ausschließlich aus dem Gewerbebetrieb "Kommanditanteil" besteht, ein Gewerbebetrieb aber seiner Natur und der gesetzlichen Begriffsbestimmung im § 28 BAO nach eine mit Gewinnabsicht unternommene Betätigung darstellt, ergibt sich die aufgezeigte Folgerung aus den gesetzlichen Bestimmungen zwangsläufig.

Die belangte Behörde hat mithin den Antrag auf Anwendung des § 44 Abs. 2 BAO mit Recht abgewiesen. Infolge der dargestellten eigenartigen Gesetzeslage mußte die Beschwerde sohin als unbegründet abgewiesen werden, so bedauerlich dies auch angesichts der zweifellos im hohen Interesse der Allgemeinheit gelegenen Tätigkeit der beschwerdeführenden Körperschaft, der Akademie der Wissenschaften, erscheinen mag.

Wien, am

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Normen
BAO §34;
BAO §35;
BAO §36;
BAO §37;
BAO §38;
BAO §39;
BAO §40;
BAO §41;
BAO §42;
BAO §43;
BAO §44;
BAO §45;
BAO §46;
BAO §47;
EStG 1953 §15 Abs1 Z2;
EStG 1967 §15 Abs1 Z2;
GewStG §1;
KStG 1966 §5 Abs1 Z6;
Sammlungsnummer
VwSlg 3377 F/1965
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1965:1964000217.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAE-30241