VwGH vom 20.01.1982, 81/01/0291

VwGH vom 20.01.1982, 81/01/0291

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Rath und die Hofräte Dr. Draxler, Dr. Großmann, Dr. Hoffmann und Dr. Herberth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberrat im Verwaltungsgerichtshof Dr. Feitzinger, über die Beschwerde des HM in G, vertreten durch Dr. Richard Benda, Rechtsanwalt in Graz, Griesplatz 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom , Pst 75/1-1981, betreffend Übertretung nach dem Vereinsgesetz 1951, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.665,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom wurde dem Beschwerdeführer angelastet, er habe als Obmann des Vereines "XY" mit Schreiben vom eine für den mit Beginn um 17.00 Uhr in G, M-gasse n, anberaumte Generalversammlung bei dieser Behörde angezeigt und das Schriftstück eingeschrieben und durch Eilboten express bei einem Grazer Postamt erst am Samstag, dem , aufgegeben, statt die Vereinsversammlungsanzeige so rechtzeitig abzusenden, dass dieselbe am - Freitag, noch innerhalb der Amtsstunden - bei der Behörde eingelangt wäre. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 15 des Vereinsgesetzes 1951, BGBl. Nr. 233 in der derzeit geltenden Fassung, begangen. Gemäß § 29 leg. cit. wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 500,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 24 Stunden verhängt.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer berufen.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom wurde der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 bestätigt. In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, der Verein "XY" habe am um 17.00 Uhr in Graz im Vereinslokal seine ordentliche Generalversammlung abgehalten. Es stehe fest, dass die vom Beschwerdeführer als legitimiertem Vereinsobmann erstattete Anzeige am vor 17.00 Uhr beim Journaldienst der Bundespolizeidirektion Graz eingelangt sei. Die Anzeige sei außerhalb der durch Anschlag kundgemachten Amtsstunden beim Journaldienst dieser Behörde eingelangt und somit nicht zeitgerecht erstattet worden. Die Behörde sei zur Entgegennahme schriftlicher Eingaben nur während der Amtsstunden verpflichtet. Der Dauer- oder Journaldienst zähle nicht zu den allgemeinen Amtsstunden. Der Journaldienst wäre nicht berechtigt gewesen, das per Post eingegangene Schriftstück zurückzuweisen. Die Vereinsaufsichtsbehörde könne die Anzeige einer Vereinsversammlung nur dann mit Bescheid zurückweisen, wenn die Anzeige von einem nicht hiezu legitimierten Vereinsfunktionär erfolgt sei. Dies träfe im vorliegenden Fall nicht zu. In allen anderen Fällen komme eine Zurückweisung der Anzeige nicht in Betracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides erhobene Beschwerde. In Ausführung der Beschwerde bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, er habe unbestrittenermaßen 24 Stunden vor Abhaltung der Generalversammlung der Bundespolizeidirektion Graz den Versammlungstermin angezeigt und damit der Bestimmung des § 15 des Vereinsgesetzes Rechnung getragen. Jegliches Argument, das noch dazu nach eigener Wahrnehmung des Rechtsvertreters den Tatsachen nicht entspreche, nämlich, dass die Amtszeiten an der Amtstafel kundgemacht seien, das aber auch dem Gesetzestext in keiner Weise zu entnehmen sei, - denn nach dem Gesetzestext sei lediglich 24 Stunden vor Abhaltung der Generalversammlung die Vereinspolizei zu verständigen und nicht 24 Stunden vor Beendigung der Dienstzeiten - sei daher rechtlicherseits nicht gedeckt. Der Beschwerdeführer sei auch durch die Vereinspolizei an einem Samstag, also ebenfalls zu einer Zeit, die außerhalb der Amtsstunden gelegen gewesen sei, zur Vereinspolizei vorgeladen worden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Hinsichtlich der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde ist folgendes zu sagen:

Soweit es sich um Bescheide handelt, welche die Bildung von Vereinen nach § 6 Vereinsgesetz untersagen oder gemäß § 24 dieses Gesetzes die Auflösung von Vereinen aussprechen, ist die ausschließliche Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nicht nur für die meritorische Erledigung, sondern auch in Bezug auf die Fragen der formellen Behandlung der Angelegenheit gegeben. Eine Kompetenz des Verwaltungsgerichtshofes ist jedoch insoweit gegeben, als es sich bloß um die Frage der gesetzmäßigen Betätigung der Vereinsorgane (Einhaltung der Verpflichtungen nach §§ 12, 13 und 15 Vereinsgesetz) handelt (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 771/71, sowie auch jenes des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 1864 und 1865. Die vorliegende Beschwerde betrifft die Einhaltung der Ordnungsvorschrift des § 15 Vereinsgesetz; demnach ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Entscheidung gegeben.

Gemäß § 15 Vereinsgesetz 1951 ist von jeder Vereinsversammlung wenigstens 24 Stunden vorher, unter Angabe des Ortes und der Zeit ihrer Abhaltung, und, wenn sie öffentlich sein soll, auch hievon der im § 12 bezeichneten Behörde durch den Vorstand die Anzeige zu erstatten.

Die belangte Behörde vertritt im bekämpften Bescheid die Rechtsansicht, dass der Beschwerdeführer die Ordnungsvorschrift des § 15 leg. cit. nicht eingehalten habe, weil die schriftliche Anzeige von der für den kommenden Sonntag geplanten Vereinsversammlung nicht so rechtzeitig abgesandt worden sei, dass diese während der Amtsstunden am vorangegangenen Freitag bei der belangten Behörde eingelangt wäre. Eine Übertretung der Bestimmungen des § 15 Vereingesetz 1951 liegt unter anderem dann vor, wenn von der Vereinsversammlung nicht wenigstens 24 Stunden vorher der Behörde durch den Vorstand die Anzeige erstattet wurde. Die belangte Behörde ist bei der Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers offensichtlich davon ausgegangen, dass die Frist des § 15 Vereinsgesetz 1951 nur dann in Lauf gesetzt werde, wenn die Anzeige innerhalb der Amtsstunden bei der Behörde einlangt. Diese Auffassung stützt sie auf den § 13 (2) AVG 1950. Diese Bestimmung besagt aber nur, dass die Behörde nicht verpflichtet ist, außerhalb der Amtsstunden Anbringen entgegenzunehmen. Im Beschwerdefall hat aber die Behörde die Anzeige des Beschwerdeführers entgegengenommen, weshalb der Vorwurf, schon allein durch die Einbringung der Anzeige außerhalb der Amtsstunden sei die Frist des § 15 Vereinsgesetz nicht eingehalten worden, nicht aufrechtzuerhalten. Dazu kommt, dass bei der Behörde erster Instanz, wie in der Gegenschrift der belangten Behörde eingeräumt wird, die Amtsstunden durch Anschlag, der den Charakter einer Verordnung hat, entgegen der Vorschrift des letzten Satzes des § 13 Abs. 2 AVG 1950 nicht kundgemacht worden waren.

Die belangte Behörde hat daher ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b und 59 VwGG 1965.

Wien, am