VwGH vom 16.01.1973, 0090/72
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Mag. DDr. Heller, Dr. Simon und Dr. Seiler als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzoberkommissär Dr. Leitner, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Voitsberg, vertreten durch Dr. August Pendl, Rechtsanwalt in Voitsberg, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA XIV-392/3-1971, betreffend Zerlegung des Messbetragsanteiles der Betriebsstätte des Dampfkraftwerkes Voitsberg der Österreichischen Draukraftwerke AG. für die Jahre 1966 und 1967 (mitbeteiligte Parteien: Marktgemeinde Bärnbach und Österreichische Draukraftwerke AG.), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) Aufwendungen in der Höhe von S 600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom , beantragte die mitbeteiligte Partei Marktgemeinde Bärnbach beim Finanzamt für Körperschaften eine Änderung des bisherigen Steuerzerlegungsanteiles für die Marktgemeinde Bärnbach. Seit betrage der Gewerbesteuerzerlegungsanteil der Marktgemeinde Bärnbach, betreffend die Betriebsstätte der mitbeteiligten Partei Österreichische Draukraftwerke AG. 20 v. H., jener der Stadtgemeinde Voitsberg 80 v. H. Die Marktgemeinde Bärnbach begehrte in ihrem Antrag ein Zerlegungsverhältnis von 60 : 40, in eventu auch von 65 : 35 zu Gunsten der beschwerdeführenden Partei und verwies darauf, dass bezüglich der Grundsteuer bereits seit dem Jahre 1959 eine Zerlegung im Verhältnis 70 : 30 für die beschwerdeführende Partei erfolge. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, in dem die beschwerdeführende Partei und auch die mitbeteiligten Parteien gehört wurden, legte das Finanzamt für Körperschaften in den die Streitjahre betreffenden Bescheiden den Zerlegungsanteil mit 64 % für die Stadtgemeinde Voitsberg und mit 36 % für die Marktgemeinde Bärnbach fest. Das Finanzamt begründete dies damit, dass eine Einigung nach § 34 Abs. 2 GewStG nicht zu Stande gekommen sei. Es sei unbestritten, dass sich die Betriebsstätte der Österreichischen Draukraftwerke AG., Dampfkraftwerk Voitsberg, auf die Gemeindegebiete Voitsberg und Bärnbach erstrecke, weshalb gemäß § 32 GewStG habe entschieden werden müssen. Die beschwerdeführende Stadtgemeinde Voitsberg habe auf einen Vorhalt des Finanzamtes vom , in dem die Ermittlungsergebnisse zusammengefasst worden seien, in merito nicht geantwortet, weshalb angenommen werden müsse, dass diese Sachverhaltsermittlungen für sie nicht zu bestreiten seien. Maßgebendes Kriterium sei das Wohnen der Arbeitnehmer und ihrer schulpflichtigen Kinder. Demnach scheine eine Berücksichtigung der einzelnen Faktoren, wie folgt, gerechtfertigt: Anlagewerte: 30 %, Arbeitnehmer und Kinder: 60 %, sonstiges: 10 %. Das Verhältnis der Anlagen in den beiden Gemeinden sei nach Angaben der Österreichischen Draukraftwerke AG. 70 % in Voitsberg und 30 % in Bärnbach. Das Verhältnis der Zahl der Arbeitnehmer und ihrer schulpflichtigen Kinder, so weit sie in den beiden Gemeinden wohnen, sei 59 % für Voitsberg und 41 % für Bärnbach. Hinsichtlich der sonstigen nicht näher bestimmbaren Umstände sei gleichfalls ein Verhältnis von 70 : 30 zu Gunsten der Stadtgemeinde Voitsberg festzustellen gewesen. Insbesondere sei dies auch die Relation der Flächenanteile. Wenn man die aufgezeigten drei Faktoren im Sinne der vorstehenden Verhältniszahlen aufteile (die Einbeziehung weiterer Faktoren erscheine mit Rücksicht auf die sonst weitere Verkomplizierung des Zerlegungsverfahrens nicht vertretbar), ergebe sich ein gerundeter Zerlegungsanteil von 64 % für die Stadtgemeinde Voitsberg und 36 % für die Marktgemeinde Bärnbach.
Gegen diese Bescheide des Finanzamtes erhob die nunmehr beschwerdeführende Stadtgemeinde Voitsberg Berufungen an die belangte Behörde, in denen sie ihren bisherigen Standpunkt, die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages sei mit 80 % für die Stadtgemeinde Voitsberg und mit 20 % für die Marktgemeinde Bärnbach vorzunehmen, aufrechterhielt, zumal sich im Verhältnis zum Jahre 1965 keine Änderung der Sach- und Rechtslage ergeben habe.
Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren insbesondere durch Anhörung der Parteien, Einsichtnahme in ein hydrologisches Sachverständigengutachten und Durchführung einer Betriebsbesichtigung und einer Verhandlung. Zu der Betriebsbesichtigung und der Verhandlung wurden die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geladen; sie haben nach den vorliegenden und von einzelnen Anwesenden auch unterschriebenen Protokollen an der Betriebsbesichtigung und der Verhandlung auch teilgenommen.
Mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Es sei unbestritten, dass die Österreichische Draukraftwerke AG. in Voitsberg ein Dampfkraftwerk unterhalte, das als mehrgemeindliche Betriebsstätte im Sinne des § 32 GewStG zu beurteilen sei. Bis zum Jahre 1956 wurde der Gewerbesteuerzerlegungsanteil im Verhältnis 70 : 30 zu Gunsten der Marktgemeinde Bärnbach, ab dem Jahre 1957 mit 80 : 20 zu Gunsten der Stadtgemeinde Voitsberg aufgeteilt.
Nach einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde aus, dass der Zerlegungsmaßstab von 1957 für die Streitjahre nicht bindend sei, weil es sich damals um eine Einigung im Sinne des § 34 Abs. 2 GewStG gehandelt habe, die für die Streitjahre keine Wirksamkeit habe. Auch eine Bindung an Vorjahre bestehe nicht, da die in einem Zerlegungsbescheid vorgenommene Regelung grundsätzlich nur für das betreffende Jahr gelte.
In der Sache selbst führte die belangte Behörde aus, aus dem Wortlaut des § 32 GewStG ergebe sich, dass für die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages oder Zerlegungsanteiles einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte ein bestimmter Zerlegungsmaßstab nicht vorgesehen sei. Es sei somit die Wahl des Zerlegungsmaßstabes in das Ermessen der Finanzbehörde gestellt. Unter den zu berücksichtigenden Lasten könnten nicht die diesbezüglichen effektiven Kosten gemeint sein, denn es wäre unmöglich, diese Kosten aus dem Gemeindebudget einzeln herauszuschälen, sondern es könnten hier nur die potenziellen Lasten verstanden werden. Die Zuerkennung einer Wertigkeit von 60 % für die Verteilung der Arbeitnehmer entspreche dem Sinn und Zweck des Gesetzes, denn die Lasten, die einer Gemeinde durch das Vorhandensein einer Betriebsstätte erwachsen, würden regelmäßig zum größten Teil auf das Wohnen der Arbeitnehmer in der Gemeinde zurückzuführen sein. Durch Heranziehung dieses Zerlegungsfaktors mit dieser Wertigkeit würden die mit dem Wohnen zusammenhängenden wichtigsten Lasten einer Gemeinde, wie Schul-, Polizei-, Fürsorge- und Wegelasten bei der Zerlegung angemessen berücksichtigt. Auch die Wertigkeit von 30 % des Zerlegungsfaktors "Wert der Anlagen" sei richtig. Die Auffassung der beschwerdeführenden Partei, dass dabei Wohngrundstücke außer Ansatz zu bleiben hätten, sei unrichtig, weil die Schaffung von Wohnräumen für Arbeitnehmer für die Aufrechterhaltung des Betriebes ebenso notwendig sei, wie die Errichtung der Anlagen. Auch hinsichtlich des restlichen Zerlegungsfaktors von 10 % für die Berücksichtigung besonderer Umstände sei die Meinung des Finanzamtes richtig. Es ergebe sich somit, dass vom Finanzamt alle Lasten und Interessen der beteiligten Gemeinden abgewogen und gebührend berücksichtigt worden seien, weshalb die vorgenommene Zerlegung recht und billig erscheine.
Gegen diese Berufungsentscheidung wendet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die Marktgemeinde Bärnbach hat eine Gegenschrift zur Beschwerde erstattete Die mitbeteiligte Partei Österreichische Draukraftwerke AG. hat jedoch mitgeteilt, "aus diversen Überlegungen" davon abzusehen, eine Gegenschrift einzubringen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 32 GewStG ist, wenn sich die Betriebsstätte auf mehrere Gemeinden erstreckt, der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag oder Zerlegungsanteil auf die Gemeinden zu zerlegen, auf die sich die Betriebsstätte erstreckt, und zwar nach der Lage der örtlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten.
Führt die Zerlegung zu einem offenbar unbilligen Ergebnis, so ist gemäß § 34 Abs. 1 GewStG nach einem Maßstab zu zerlegen, der die tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt. Einigen sich die Gemeinden mit dem Steuerschuldner über die Zerlegung, so ist gemäß § 34 Abs. 2 GewStG der Steuermessbetrag nach Maßgabe der Einigung zu zerlegen.
Unbestritten ist, dass sich die Betriebsstätte (das Dampfkraftwerk Voitsberg) auf die Stadtgemeinde Voitsberg und auf die Marktgemeinde Bärnbach erstreckt, ferner, dass keine Einigung nach § 34 Abs. 2 GewStG zu Stande gekommen ist.
Was vorerst den gerügten Verfahrensmangel anlangt, so kann letztlich die Frage auf sich beruhen, ob dem erstinstanzlichen Verfahren vor dem Finanzamt Mängel anhafteten. Die belangte Behörde hat nämlich - wie oben erwähnt eine Betriebsbesichtigung und Verhandlung angeordnet, die am 4. und stattfand und an denen die am verwaltungsgerichtlichen Verfahren beteiligten Parteien teilgenommen haben. Ihr Parteiengehör wurde damit gewahrt. Aus den Protokollen der Betriebsbesichtigung und der Verhandlung, die in den Verwaltungsakten erliegen, ergeben sich keinerlei Beweisanträge, deren Nichterledigung einen Verfahrensmangel bedeuten würde. Es ist daher nicht erfindlich, worin der von der beschwerdeführenden Partei behauptete Verfahrensmangel liegen soll.
Auch inhaltlich ist die Beschwerde nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit darzutun.
Gemäß § 32 GewStG ist - wie erwähnt - die Zerlegung nach der Lage der örtlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten vorzunehmen. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher lediglich zu prüfen, ob die belangte Behörde dieser Vorschrift Rechnung getragen hat. Auch dies ist der Fall. Aus der Konstruktion des § 32 GewStG ergibt sich nämlich, dass die Finanzbehörden nur eine billige, globale Abwägung der konkreten Verhältnisse des Einzelfalles vorzunehmen haben. Es hieße, die Möglichkeiten der Finanzbehörden zu überfordern, wollte man ihnen eine präzisere Gegenüberstellung der erwachsenden Gemeindelasten im einzelnen auferlegen. Die von der belangten Behörde vorgenommene Heranziehung der Zerlegungsfaktoren: Zahl der Arbeitnehmer samt Familien, Anlagewerte und sonstiges und die diesen Zerlegungsfaktoren von ihr zuerkannten Wertigkeiten sind jedenfalls geeignet, den Erfordernissen des § 32 GewStG ausreichend zu entsprechen. Insoweit die beschwerdeführende Partei behauptet, dass durch Eingemeindungen ab 1968 eine Veränderung der Verhältnisse eingetreten sei, ist sie, wie dies bereits bei der Verhandlung vom geschehen ist, auf die Bestimmung des § 30 Abs. 2 erster Satz GewStG zu verweisen, wonach für die Zerlegung die Verhältnisse zu Beginn des Zerlegungszeitraumes maßgebend sind. Da es sich im vorliegenden Fall lediglich um die Jahre 1966 und 1967 handelt, müssen Sachverhalte, die sich erst im Jahre 1968 ereignet haben sollen, unbeachtet bleiben. Ebenso wenig kann aus Jahren, die vor dem strittigen Zeitraum liegen, darauf geschlossen werden, dass die Festsetzung eines abweichenden Zerlegungsatzes nur dann zulässig wäre, wenn eine Änderung im Sachverhalt eingetreten ist. Zerlegungsbescheide nach § 32 GewStG gelten nur für das betreffende Jahr, es können aus ihnen zwingende Schlussfolgerungen für Folgejahre nicht abgeleitet werden.
Da der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht vorliegt und es der beschwerdeführenden Partei nicht darzutun gelungen ist, dass die belangte Behörde die maßgebend gesetzlichen Vorschriften unrichtig angewendet hätte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1963 als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und die Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 427, insbesondere auch auf Art IV Abs. 2 dieser Verordnung.
Wien, am