VfGH vom 30.11.2017, WV1/2017
Leitsatz
Abweisung eines Antrags auf Aufhebung einer Kundmachung der Bundesregierung über die Wiederverlautbarung von Rechtsvorschriften über Verschollenheit und das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes; keine Überschreitung der der Bundesregierung nach dem WiederverlautbarungsG zugekommenen Ermächtigung des Einbaus von Änderungen oder Ergänzungen abseits des Stammgesetzes; keine Gesetzwidrigkeit wegen Nichtberücksichtigung einer - in Österreich nie in Kraft getretenen - Bestimmung über das Verfahren bei Feststellung der Todeszeit
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I.Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art 139a iVm Art 139 Abs 1 Z 4 B-VG gestützten Antrag wird begehrt, der Verfassungsgerichtshof "möge die bekämpfte Wiederverlautbarung der Rechtsvorschriften über die Verschollenheit und das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes, kundgemacht im BGBl 23/1951, gemäß Art 139a BVG und dem § 61b VfGG zur Gänze als gesetzwidrig aufheben".
II.Rechtslage
Die maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten:
1.1.Das Bundesverfassungsgesetz vom über die Wiederverlautbarung von Rechtsvorschriften (Wiederverlautbarungsgesetz – WVG), BGBl 114/1947, lautete:
"§1. Die Bundesregierung wird ermächtigt, österreichische Rechtsvorschriften, die Angelegenheiten betreffen, für die nach den Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 dem Bund die Gesetzgebung oder die Gesetzgebung über die Grundsätze zusteht, in ihrer durch spätere Vorschriften ergänzten oder abgeänderten Fassung durch Kundmachung mit rechtsverbindlicher Wirkung neu zu verlautbaren. Die Bundesregierung hat vorher das Einvernehmen mit der Kommission zur Vereinheitlichung und Vereinfachung der österreichischen Rechtsordnung (§3 R.-ÜG.) zu pflegen. Die Kommission hat für die Ausbildung und Durchsetzung einer einheitlichen österreichischen Gesetzessprache und Gesetzestechnik zu sorgen.
§2. Die Bundesregierung kann anläßlich der Wiederverlautbarung:
1. überholte terminologische Wendungen, insbesondere nicht mehr zutreffende Bezeichnungen der mit der Vollziehung betrauten Behörden durch die dem jeweiligen Stande der Gesetzgebung entsprechenden neuen Bezeichnungen ersetzen;
2. der österreichischen Rechtsübung fremde terminologische Wendungen durch solche österreichischer Rechtssprache ersetzen;
3. Bestimmungen, die zufolge einer nach § 2 R.-ÜG. in Geltung belassenen Vorschrift anzuwenden sind, dem österreichischen Recht anpassen und in den Text der wiederverlautbarten Rechtsvorschrift einfügen;
4. Bestimmungen, die durch spätere Rechtsvorschriften aufgehoben oder sonst gegenstandslos geworden sind, als nicht mehr geltend feststellen;
5. Bezugnahmen auf andere Rechtsvorschriften, die dem Stande der Gesetzgebung nicht mehr entsprechen, sowie sonstige Unstimmigkeiten richtigstellen;
6. Änderungen oder Ergänzungen, die nicht durch Novellen, sondern durch besondere Gesetze abseits des Stammgesetzes verfügt wurden, in die betreffende Rechtsvorschrift selbst einbauen;
7. die Bezeichnung der Paragraphen, Artikel, Absätze u. dgl. bei Ausfall oder Einbau einzelner Bestimmungen entsprechend ändern und hiebei auch die Bezugnahme auf Paragraphen, Artikel, Absätze u. dgl. innerhalb des Textes der Rechtsvorschrift entsprechend richtigstellen;
8. dem Gesetz einen kurzen Titel geben.
§3. Die wiederverlautbarten Rechtsvorschriften sind vom Bundeskanzleramt unverzüglich dem Nationalrat zur Kenntnis zu bringen.
§4. Die Kundmachung der zur Wiederverlautbarung gelangenden Rechtsvorschriften erfolgt gleichzeitig im Bundesgesetzblatt und in einer vom Bundeskanzleramt in zwangsloser Folge herausgegebenen, innerhalb jedes Jahrganges fortlaufend numerierten Reihe, die unter der Bezeichnung 'Amtliche Sammlung wiederverlautbarter österreichischer Rechtsvorschriften'
('ASlg.') erscheint.
§5. In der Kundmachung stellt die Bundesregierung den Tag der Herausgabe der Wiederverlautbarung fest.
§6. Von dem der Herausgabe der Wiederverlautbarung folgenden Tage an sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den wiederverlautbarten Text der Rechtsvorschrift gebunden.
§7. Druckfehler in Wiederverlautbarungen von Rechtsvorschriften werden mittels Kundmachung des Bundeskanzleramtes im Bundesgesetzblatt berichtigt.
§8. Die bisherigen von der Staatskanzlei herausgegebenen Hefte der 'Amtlichen Sammlung wiederverlautbarter österreichischer Rechtsvorschriften' gelten als auf Grund dieses Bundesverfassungsgesetzes herausgegeben. Gerichte und Verwaltungsbehörden sind an den Text der in diesen Heften wiederverlautbarten Rechtsvorschriften von dem dem in der jeweiligen Kundmachung über die Wiederverlautbarung genannten Herausgabetag folgenden Tag an gebunden.
§9. Die Länder sind ermächtigt, im Rahmen des § 2 gleichartige Bestimmungen für den Bereich der Landesgesetzgebung zu erlassen. An die Stelle der Vorlage der wiederverlautbarten Rechtsvorschriften an den Nationalrat tritt die Vorlage an die Landtage.
§10. (1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über die Frage, ob bei der Wiederverlautbarung einer Rechtsvorschrift die Grenzen der durch § 2 erteilten Ermächtigung überschritten wurden, auf Antrag eines Gerichtes, sofern aber die wiederverlautbarte Rechtsvorschrift die Voraussetzung eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes selbst bildet, von Amts wegen, bei Rechtsvorschriften, die von der Bundesregierung wiederverlautbart wurden, auch auf Antrag einer Landesregierung, bei Rechtsvorschriften, die von einer Landesregierung wiederverlautbart wurden, auch auf Antrag der Bundesregierung.
(2) Wenn der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis ausspricht, daß die Grenzen der durch § 2 erteilten Ermächtigung in einer Wiederverlautbarung überschritten wurden, hebt er die wiederverlautbarte Rechtsvorschrift zur Gänze oder hinsichtlich bestimmter Teile als gesetzwidrig auf. Die Artikel 139, Abs 2) und (3), sowie 89, Abs 2) bis (4), des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 finden sinngemäß Anwendung.
§11. Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung betraut."
1.2.Die angefochtene Kundmachung der Bundesregierung vom über die Wiederverlautbarung der Rechtsvorschriften über Verschollenheit und das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes, BGBl 23/1951, (im Folgenden: Todeserklärungsgesetz 1950 bzw. TEG 1950) hat folgenden Wortlaut:
"Artikel 1.
Auf Grund des § 1 des Wiederverlautbarungsgesetzes, BGBl Nr 114/1947, werden in der Anlage die in Geltung stehenden Rechtsvorschriften über Verschollenheit und das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes neu verlautbart.
Artikel 2.
Bei der Wiederverlautbarung wurden nachstehende Rechtsvorschriften berücksichtigt:
1. Gesetz vom 16. Februar 1883, RGBl. Nr 20, betreffend das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes;
2. Gesetz vom , RGBl. Nr 129, über Änderungen des Gesetzes vom 16. Februar 1883, RGBl. Nr 20, betreffend das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes;
3. Bundesgesetz vom , BGBl Nr 422, über Änderungen des Gerichtsorganisationsgesetzes vom 27. November 1896, RGBl. Nr 217 (Gerichtsverfassungsnovelle);
4. Gesetz über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom , Deutsches RGBl. I S. 1186;
5. Verordnung zur Ergänzung des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom , Deutsches RGBl. I S. 31;
6. Zweite Verordnung zur Ergänzung des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom , Deutsches RGBl. I S. 66;
7. Berichtigung vom , Deutsches RGBl. I S. 182;
8. Gesetz vom , StGBl. Nr 4, über die Überleitung der Verwaltungs- und Justizeinrichtungen des Deutschen Reiches in die Rechtsordnung der Republik Österreich (Behörden-Überleitungsgesetz — Behörden-ÜG.), in der Fassung der Zweiten Behörden-Überleitungsgesetz-Novelle vom , BGBl Nr 64.
Artikel 3.
Die im folgenden angeführten Bestimmungen werden als nicht mehr geltend festgestellt:
1. Die § 5, § 8 Abs 3, § 9 und § 11 Abs 2 des Gesetzes vom 16. Februar 1883, RGBl. Nr 20, betreffend das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes;
2. die §§47, 53, 54 des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom , Deutsches RGBl. I S. 1186;
3. der § 55 Abs 1 Satz 2 des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom , Deutsches RGBl. I S. 1186, soweit er durch die Bestimmung des § 6 Abs 2 der Verordnung zur Durchführung und Ergänzung des Ehegesetzes und zur Vereinheitlichung des internationalen Familienrechts (Vierte Durchführungsverordnung zum Ehegesetz – 4. DVOEheG.) vom , Deutsches RGBl. I S. 654, ersetzt wurde.
Artikel 4.
(1) Die wiederverlautbarten Rechtsvorschriften sind als 'Todeserklärungsgesetz 1950' zu bezeichnen.
(2) Als Tag der Herausgabe der Wiederverlautbarung wird der Tag der Kundmachung im Bundesgesetzblatt festgesetzt.
[…]
Anlage
Todeserklärungsgesetz 1950.
Abschnitt I.
Voraussetzungen der
Todeserklärung.
Lebens- und Todesvermutungen.
(§§1 bis 11 des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom , Deutsches RGBl. I S. 1186:)
§1. (1) Verschollen ist, wessen Aufenthalt während längerer Zeit unbekannt ist, ohne daß Nachrichten darüber vorliegen, ob er in dieser Zeit noch gelebt hat oder gestorben ist, sofern nach den Umständen hiedurch ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründet werden.
(2) Verschollen ist nicht, wessen Tod nach den Umständen nicht zweifelhaft ist.
§2. Ein Verschollener kann unter den Voraussetzungen der §§3 bis 7 im Aufgebotsverfahren für tot erklärt werden.
§3. (1) Die Todeserklärung ist zulässig, wenn seit dem Ende des Jahres, in dem der Verschollene nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat, zehn Jahre oder, wenn der Verschollene zur Zeit der Todeserklärung das achtzigste Lebensjahr vollendet hätte, fünf Jahre verstrichen sind.
(2) Vor dem Ende des Jahres, in dem der Verschollene das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet hätte, darf er nach Abs 1 nicht für tot erklärt werden.
§4. (1) Wer als Angehöriger einer bewaffneten Macht an einem Kriege, einem kriegsähnlichen Unternehmen oder einem besonderen Einsatz teilgenommen hat, während dieser Zeit im Gefahrgebiet vermißt worden und seitdem verschollen ist, kann für tot erklärt werden, wenn seit dem Ende des Jahres, in dem der Friede geschlossen, der besondere Einsatz für beendigt erklärt oder der Krieg oder das kriegsähnliche Unternehmen ohne Friedensschluß tatsächlich beendigt ist, ein Jahr verstrichen ist.
(2) Ist der Verschollene unter Umständen vermißt, die eine hohe Wahrscheinlichkeit seines Todes begründen, so wird die im Abs 1 bestimmte Jahresfrist von dem Zeitpunkt ab berechnet, in dem er vermißt worden ist.
(3) Den Angehörigen einer bewaffneten Macht steht gleich, wer sich bei ihr aufgehalten hat.
(4) Wann der Fall eines besonderen Einsatzes vorliegt und wann er beendigt ist, bestimmt das Bundesministerium für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Inneres. (§3 Abs 2 des Behörden-Überleitungsgesetzes vom , StGBl. Nr 94, in der Fassung der Zweiten Behörden-Überleitungsgesetz-Novelle vom , BGBl Nr 64.)
§5. (1) Wer bei einer Fahrt auf See, insbesondere infolge Untergangs des Schiffes, verschollen ist, kann für tot erklärt werden, wenn seit dem Untergang des Schiffes oder dem sonstigen die Verschollenheit begründenden Ereignis sechs Monate verstrichen sind.
(2) Ist der Untergang des Schiffes, der die Verschollenheit begründet haben soll, nicht feststellbar, so beginnt die Frist von sechs Monaten (Abs1) erst ein Jahr nach dem letzten Zeitpunkt, zu dem das Schiff nach den vorhandenen Nachrichten noch nicht untergegangen war; das Gericht kann diesen Zeitraum von einem Jahr bis auf drei Monate verkürzen, wenn nach anerkannter seemännischer Erfahrung wegen der Beschaffenheit und Ausrüstung des Schiffes, im Hinblick auf die Gewässer, durch welche die Fahrt führen sollte, oder aus sonstigen Gründen anzunehmen ist, daß das Schiff schon früher untergegangen ist.
§6. Wer bei einem Fluge, insbesondere infolge Zerstörung des Luftfahrzeugs, verschollen ist, kann für tot erklärt werden, wenn seit der Zerstörung des Luftfahrzeugs oder dem sonstigen die Verschollenheit begründenden Ereignis oder, wenn diese Ereignisse nicht feststellbar sind, seit dem letzten Zeitpunkt, zu dem der Verschollene nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat, drei Monate verstrichen sind.
§7. Wer unter anderen als den in den §§4 bis 6 bezeichneten Umständen in eine Lebensgefahr gekommen und seitdem verschollen ist, kann für tot erklärt werden, wenn seit dem Zeitpunkt, in dem die Lebensgefahr beendigt ist oder ihr Ende nach den Umständen erwartet werden konnte, ein Jahr verstrichen ist.
§8. Liegen bei einem Verschollenen die Voraussetzungen sowohl des § 4 als auch der §§5 oder 6 vor, so ist nur der § 4 anzuwenden.
§9. (1) Die Todeserklärung begründet die Vermutung, daß der Verschollene in dem im Beschluß festgestellten Zeitpunkt gestorben ist.
(2) Als Zeitpunkt des Todes ist der Zeitpunkt festzustellen, der nach dem Ergebnis der Ermittlungen der wahrscheinlichste ist.
(3) Läßt sich ein solcher Zeitpunkt nicht angeben, so ist als Zeitpunkt des Todes festzustellen:
a) in den Fällen des § 3 das Ende des fünften Jahres oder, wenn der Verschollene das achtzigste Lebensjahr vollendet hätte, des dritten Jahres nach dem letzten Jahre, in dem der Verschollene den vorhandenen Nachrichten zufolge noch gelebt hat;
b) in den Fällen des § 4 der Zeitpunkt, in dem der Verschollene vermißt worden ist;
c) in den Fällen der §§5 und 6 der Zeitpunkt, in dem das Schiff untergegangen, das Luftfahrzeug zerstört oder das sonstige die Verschollenheit begründende Ereignis eingetreten oder – falls dies nicht feststellbar ist – der Verschollene zuerst vermißt worden ist;
d) in den Fällen des § 7 der Beginn der Lebensgefahr.
(4) Ist die Todeszeit nur dem Tage nach festgestellt, so gilt das Ende des Tages als Zeitpunkt des Todes.
§10. Solange ein Verschollener nicht für tot erklärt ist, wird vermutet, daß er bis zu dem im § 9 Abs 3, 4 genannten Zeitpunkt weiter lebt oder gelebt hat.
§11. Kann nicht bewiesen werden, daß von mehreren gestorbenen oder für tot erklärten Menschen der eine den anderen überlebt hat, so wird vermutet, daß sie gleichzeitig gestorben sind.
Abschnitt II.
Zwischenstaatliches Recht.
(§12 des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom , Deutsches RGBl. I S. 1186:)
§12. (1) Ein Verschollener kann im Inland nach diesem Gesetz für tot erklärt werden, wenn er in dem letzten Zeitpunkt, in dem er nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat, österreichischer Staatsbürger war.
(2) War der Verschollene in dem nach Abs 1 maßgebenden Zeitpunkt Angehöriger eines fremden Staates, so kann er im Inland nach diesem Gesetz mit Wirkung für die Rechtsverhältnisse, welche nach österreichischem Recht zu beurteilen sind, und mit Wirkung für das im Inland befindliche Vermögen für tot erklärt werden; ein Gegenstand, für den von einer österreichischen Behörde ein zur Eintragung des Berechtigten bestimmtes Buch oder Register geführt wird sowie ein Anspruch, für dessen Geltendmachung ein österreichisches Gericht zuständig ist, gilt als im Inland befindlich.
(3) War der Verschollene in dem nach Abs 1 maßgebenden Zeitpunkt Angehöriger eines fremden Staates, so kann er ohne die im Abs 2 genannte Beschränkung im Inland auf Antrag seiner Ehefrau für tot erklärt werden, wenn diese im Inland ihren Wohnsitz hat und österreichische Staatsbürgerin ist oder bis zu ihrer Verheiratung mit dem Verschollenen war.
Abschnitt III.
Todeserklärung.
(§§1, 2, 3, 4, 6, § 8 Abs 1 und 2 des Gesetzes vom 16. Februar 1883, RGBl. Nr 20, betreffend das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes, in der Fassung des Gesetzes vom , RGBl. Nr 129:)
§13. (1) Zur Todeserklärung eines Verschollenen ist der Gerichtshof erster Instanz zuständig, in dessen Sprengel der Verschollene seinen letzten Wohnsitz und in Ermanglung eines Wohnsitzes seinen letzten Aufenthalt hatte.
(2) Die Verhandlung und Entscheidung obliegt einem Einzelrichter [§4 Abs 2 des Bundesgesetzes vom , BGBl Nr 422 (Gerichtsverfassungsnovelle).]
§14. Soweit in diesem Gesetz nicht etwas anderes verfügt wird, sind in dem Verfahren über das Ansuchen um eine Todeserklärung die allgemeinen Anordnungen über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen in Anwendung zu bringen.
§15. (1) Alle für die richterliche Beurteilung maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse sind durch eine amtliche Untersuchung zu ermitteln.
(2) In Beziehung auf die Benützung von Beweismitteln und auf die Würdigung der Beweise ist das Gericht an gesetzliche Regeln nicht gebunden.
(3) Die Partei, welche das Ansuchen um Todeserklärung gestellt hat, und andere Personen können erforderlichenfalls auch eidlich vernommen werden.
§16. Wenn zu besorgen ist, daß die Feststellung von Tatsachen, welche für die Erwirkung einer Todeserklärung von Einfluß sein können, bei längerem Aufschub unmöglich gemacht oder erheblich erschwert würde, so kann diese Feststellung noch vor dem Ansuchen um Todeserklärung bei demjenigen Bezirksgericht begehrt werden, in dessen Sprengel die zum Zwecke der Feststellung nötigen Erhebungen vorzunehmen sind.
§17. (1) Wird eine Todeserklärung angesucht, so hat das Gericht zur Vertretung des Verschollenen in dem Verfahren einen Kurator zu bestellen; das Gericht kann jedoch davon absehen, wenn nach den Umständen des Falles eine Vertretung des Verschollenen in dem Verfahren entbehrlich ist.
(2) Dem Kurator obliegt insbesondere, die zur Auffindung des Verschollenen geeigneten Nachforschungen zu pflegen.
§18. (1) Erachtet das Gericht das Vorhandensein der gesetzlichen Erfordernisse der Todeserklärung als in einer für die Einleitung des weiteren Verfahrens ausreichenden Weise dargetan, so hat es ein Edikt zu erlassen. In das Edikt ist insbesondere aufzunehmen:
a) die Bezeichnung dessen, welcher das Ansuchen um Todeserklärung gestellt hat;
b) die Aufforderung an den Verschollenen, sich bis zum Ablauf der Ediktalfrist (Abs4) zu melden, widrigenfalls er für tot erklärt werden könne;
c) die Aufforderung an alle, dem Gerichte oder, wenn ein Kurator bestellt ist, diesem bis zum Ablauf der Ediktalfrist (Abs4) Nachrichten über den Verschollenen zu geben.
(2) Zugleich ist anzukündigen, daß die Entscheidung über das Gesuch um Todeserklärung nach Ablauf der Ediktalfrist (Abs4) erfolgen werde.
(3) Das Edikt ist an der Gerichtstafel anzuschlagen und einmal in die für amtliche Kundmachungen bestimmte Zeitung einzuschalten. Das Gericht kann anordnen, daß das Edikt auch in anderen Zeitungen veröffentlicht und an bestimmten Orten ortsüblich kundgemacht werde sowie daß wiederholte Veröffentlichungen des Edikts stattfinden. Stehen überwiegende Gründe der öffentlichen Ordnung der Bekanntmachung des Edikts durch eine Zeitung entgegen, so hat das Gericht davon abzusehen.
(4) Der Tag, an dem die Ediktalfrist endet, ist in dem Edikt anzugeben und so zu bestimmen, daß nach der Einschaltung des Edikts in die amtliche Zeitung oder, wenn diese nach Abs 3 Satz 3 zu unterbleiben hat, nach dem Anschlag des Edikts an der Gerichtstafel mindestens sechs Wochen und, wenn nicht besondere Gründe vorliegen, höchstens ein Jahr verstreichen muß; die Ediktalfrist kann von Amts wegen verlängert werden.
(§56 Abs 3 des Gesetzes vom , Deutsches RGBl. I S. 1186:)
§19. (1) Nach Ablauf der in dem Edikte bestimmten Frist entscheidet das Gericht auf erneutes Ansuchen über das Begehren um Todeserklärung.
(2) Wird die Todeserklärung ausgesprochen, so ist auch der Tag des vermuteten Todes anzugeben.
§20. Das Ansuchen um eine Todeserklärung kann auch von der Staatsanwaltschaft gestellt werden; ihr ist vor der Bekanntmachung des Edikts und vor der Entscheidung in jedem Falle Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
(§56 Abs 2 des Gesetzes vom , Deutsches RGBl. I S. 1186.)
Abschnitt IV.
Beweisführung des Todes.
(§10 des Gesetzes vom 16. Februar 1883, RGBl. Nr 20, betreffend das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes, in der Fassung des Gesetzes vom , RGBl. Nr 129:)
§21. (1) Wenn der Beweis des Todes eines Verschollenen nicht durch öffentliche Urkunden herzustellen ist, so kann bei dem in § 13 bezeichneten Gerichte der Beweis des Todes geführt und der Ausspruch erwirkt werden, daß dieser Beweis als hergestellt anzusehen ist.
(2) Auf das Verfahren finden die Bestimmungen des § 13 Abs 2 und der §§14 bis 16 Anwendung.
(3) Findet das Gericht das Ansuchen um Beweisführung des Todes zur Einleitung des weiteren Verfahrens geeignet, so hat es ein Edikt zu erlassen, auf welches die Bestimmungen des § 18 mit der Änderung Anwendung finden, daß die Ediktalfrist nach Ermessen des Gerichtes, jedoch nicht auf kürzere Zeit als drei Monate festzusetzen ist.
(4) Gleichzeitig mit dem Erlassen des Edikts hat das Gericht einen Kurator zu bestellen; das Gericht kann jedoch davon absehen, wenn nach den Umständen des Falles eine Vertretung des Verschollenen in dem Verfahren entbehrlich ist.
(5) Die Aufnahme der Beweise kann vor dem Ablauf der Ediktalfrist stattfinden.
(6) Vor der Entscheidung hat das Gericht die Parteien über die Ergebnisse der Beweisführung zu vernehmen.
(7) Wird der Beweis des Todes als hergestellt erkannt, so ist in der Entscheidung der Tag anzugeben, von welchem bewiesen ist, daß er der Todestag ist, beziehungsweise, daß der Verschollene ihn nicht überlebt hat, in dem letzteren Falle hat dieser Tag als Todestag zu gelten.
§22. Das Ansuchen kann auch von der Staatsanwaltschaft gestellt werden; ihr ist vor der Bekanntmachung des Edikts und vor der Entscheidung in jedem Falle Gelegenheit zur Äußerung zu geben. (§57 des Gesetzes vom , Deutsches RGBl. I S. 1186.)
Abschnitt V.
Aufhebung und Berichtigung der
Todeserklärung oder der Beweisführung des Todes.
(§§10a, 10b und 10c des Gesetzes vom 16. Februar 1883, RGBl. Nr 20, betreffend das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes, in der Fassung des Gesetzes vom , RGBl. Nr 129:)
§23. (1) Ist der Verschollene nach der Todeserklärung noch am Leben oder ist er an einem anderen Tag als an dem in der Todeserklärung angegebenen vermuteten Todestag (§19) gestorben, so kann der für tot Erklärte oder wer sonst an der Aufhebung oder Berichtigung der Todeserklärung ein rechtliches Interesse hat, ferner in Wahrung öffentlicher Interessen die Staatsanwaltschaft bei dem Gerichte, das die Todeserklärung in erster Instanz ausgesprochen hat, die Aufhebung oder Berichtigung der Todeserklärung beantragen.
(2) Das Gericht (§13 Abs 2) entscheidet über den Antrag unter Beobachtung der Vorschriften der §§14 und 15 durch Beschluß.
(3) Der Staatsanwaltschaft ist vor der Entscheidung in jedem Falle Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
(4) Die Aufhebung oder Berichtigung der Todeserklärung wirkt für und gegen alle Beteiligten.
(Zu Abs 1 und 3: § 56 Abs 2 des Gesetzes vom , Deutsches RGBl. I S. 1186.)
§24. (1) Wenn der für tot Erklärte persönlich vor Gericht erscheint und die Aufhebung der Todeserklärung verlangt, so hat das Gericht, falls die Identität des Antragstellers mit dem für tot Erklärten unzweifelhaft feststeht, ohne weiteres Verfahren die Aufhebung der Todeserklärung auszusprechen.
(2) Im unmittelbaren Anschluß daran ist durch das für die Verlassenschaftsabhandlung zuständige Gericht die Wiedereinführung des Antragstellers in den Besitz des auf Grund der Todeserklärung an andere Personen gelangten Vermögens unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 2 Abs 2 Z 7 des Patentes vom 9. August 1854, RGBl. Nr 208, im Verfahren außer Streitsachen zu ordnen.
(3) Ebenso hat das Gericht zu veranlassen, daß die etwa eingesetzte Vormundschaft über Kinder des für tot Erklärten aufgehoben und diesem die väterliche Gewalt wiedergegeben werde.
§25. Die Bestimmungen der §§23 und 24 sind sinngemäß anzuwenden, wenn ein Verschollener nach der Entscheidung, mittels der der Beweis seines Todes als hergestellt erkannt worden ist, noch am Leben ist oder an einem anderen Tage, als der nach der Entscheidung als Todestag zu gelten hat (§21), gestorben ist.
Abschnitt VI.
Inkrafttreten. Übergangs- und
Schlußvorschriften.
§26. (1) Die Bestimmungen dieses Gesetzes, die dem Gesetz vom 16. Februar 1883, RGBl. Nr 20, betreffend das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes, entsprechen, sind am 1. März 1883 in Wirksamkeit getreten und es sind die in diesem Zeitpunkt bestehenden gesetzlichen Bestimmungen, soweit sie Gegenstände desselben abweichend regelten, außer Kraft getreten.
(2) Die durch das Gesetz vom , RGBl. Nr 129, über Änderungen des Gesetzes vom 16. Februar 1883, RGBl. Nr 20, betreffend das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes, vorgenommenen Änderungen sind am in Kraft getreten. Sie finden auch auf ein Verfahren Anwendung, das an diesem Tage bereits anhängig war. Die Aufhebung oder Berichtigung einer Todeserklärung oder der Beweisführung des Todes nach den §§23 bis 25 ist zulässig, auch wenn die Todeserklärung oder die Entscheidung über die Beweisführung des Todes an diesem Tage bereits rechtskräftig war.
(Artikel II des Gesetzes vom , RGBl. Nr 129.)
§27. (1) Die Bestimmungen dieses Gesetzes, die dem Gesetz über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom , Deutsches RGBl. I S. 1186, entsprechen, sind am in Kraft getreten.
(2) Vom gleichen Zeitpunkte ab sind aufgehoben worden:
a) die §§24, 25, 112 bis 114, 277 und 278 Satz 1 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs;
b) das Gesetz über die Todeserklärung von in dem gegenwärtigen Krieg Vermißten vom , RGBl. Nr 128, nebst der Verordnung vom , RGBl. Nr 134.
(Zu Abs 1 und 2: § 55 des Gesetzes vom , Deutsches RGBl. I S. 1186.)
(3) Soweit in anderen Gesetzen auf die aufgehobenen Vorschriften (Abs2) verwiesen ist, treten die entsprechenden Vorschriften dieses Gesetzes an ihre Stelle.
(§46 Abs 3 des Gesetzes vom , Deutsches RGBl. I S. 1186.)
(4) Am anhängige Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes sind nach den bis dahin geltenden Verfahrensvorschriften zu Ende zu führen.
(§58 des Gesetzes vom , Deutsches RGBl. I S. 1186.)
§28. (1) Von der Einschaltung des Edikts (§18 Abs 3) in die für amtliche Kundmachungen bestimmte Zeitung kann abgesehen werden, wenn es sich um einen Fall der Kriegsverschollenheit (§4) auf Grund des zweiten Weltkrieges handelt. (Verordnung vom , Deutsches RGBl. I S. 31.)
(2) Soll ein Verschollener, der an dem zweiten Weltkrieg als Angehöriger der bewaffneten Macht des Deutschen Reiches oder eines mit ihm verbündeten oder befreundeten Staates teilgenommen oder sich bei ihr aufgehalten hat, auf Grund des § 4 Abs 2 für tot erklärt werden, so ist von dem Erlaß eines Edikts (§18) abzusehen. Das Verfahren richtet sich nach den §§13 bis 17, 19 Abs 2, §§23 und 24. Nach Eingang des Antrages ist in jedem Falle der Staatsanwaltschaft, vor der Entscheidung dem Antragsteller und der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
(Zweite Verordnung vom , Deutsches RGBl. I S. 66, in der Fassung der Berichtigung vom , Deutsches RGBl. I S. 182.)
§29. Mit der Vollziehung dieses Gesetzes ist das Bundesministerium für Justiz, im Falle des § 4 Abs 4 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Inneres, betraut."
1.3.Das Gesetz vom 16. Februar 1883, betreffend das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes, RGBl. 20, lautete:
"§. 1.
Zur Todeserklärung eines Abwesenden (Vermißten) ist der Gerichtshof erster Instanz zuständig, in desssen Sprengel der Abwesende seinen letzten Wohnsitz und in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen letzten Aufenthalt hatte.
§. 2.
Soweit in diesem Gesetze nicht etwas Anderes verfügt wird, sind in dem Verfahren über das Ansuchen um eine Todeserklärung die allgemeinen Anordnungen über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen in Anwendung zu bringen.
§. 3.
Alle für die richterliche Beurtheilung maßgebenenden thatsächlichen Verhältnisse sind durch eine amtliche Untersuchung zu ermitteln.
In Beziehung auf die Benützung von Beweismitteln und auf die Würdigung der Beweise ist das Gericht an gesetzliche Regeln nicht gebunden.
Die Partei, welche das Ansuchen um Todeserklärung gestellt hat, und andere Personen können erforderlichen Falles auch eidlich vernommen werden.
§. 4.
Wenn zu besorgen ist, daß die Feststellung von Thatsachen, welche für die Erwirkung einer Todeserklärung von Einfluß sein können, bei längerem Aufschube unmöglich gemacht oder erheblich erschwert würde, so kann diese Feststellung von vor dem Ansuchen um Todeserklärung bei demnjenigen Bezirksgerichte begehrt werden, in dessen Sprengel die zum Zwecke der Feststellung nöthigen Erhebungen vorzunehmen sind.
§. 5.
Das Gesuch um eine Todeserklärung kann ein Jahr vor dem Ablaufe der in §. 24 a.b.G.B. bestimmten Frist angebracht werden.
Soll aber die Todeserklärung eines Abwesenden erwirkt werden, welcher sich in einer nahen Todesgefahr befunden hat, so kann das Ansuchen um die Todeserklärung sofort nach dem Ereignisse, in welchem das Leben des Abwesenden gefährdet war, gestellt werden.
Die Entscheidung, welche eine Todeserklärung ausspricht, kann in keinem Falle vor Ablauf der im §. 24 a.b.G.B. bestimmten Frist erfolgen.
§. 6.
Wird eine Todeserklärung angesucht, so hat das Gericht zur Vertretung des Abwesendnen in dem Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung einen Curator zu bestellen.
Demselben liegt insbesondere ob, die zu Auffindung des Abwesenden geeigneten Nachforschungen zu pflegen.
§. 7.
Erachtet das Gericht das Vorhandensein der gesetzlichen Erfordernisse der Todeserklärung als in einer für die Einleitung des weiteren Verfahrens ausreichenden Weise dargethan, so hat es durch ein Edict, in welchem die wesentlichen Umstände des einzelnen Falles anzugeben sind, aufzufordern, dem Gerichte oder dem Curator Nachrichten über den Abwesenden zu geben.
Zugleich ist anzukündigen, daß die Entscheidung über das Gesuch um Todeserklärung nach Ablauf einen Jahres erfolgen werden. Diese Frist ist jedoch in dem in §. 5 Absatz 2 bezeichneten Falle bis zum Ablaufe der in §. 24, Z 3 a.b.G.B. bestimmten Frist von drei Jahren auszudehnen.
Das Edict ist an der Gerichtstafel anzuschlagen und dreimal in die für amtliche Kundmachungen bestimmte Zeitung einzuschalten. Das Gericht kann auch anordnen, daß das Edict in anderen Zeitungen veröffentlicht werden, sowie daß wiederholte Veröffentlichungen des Edictes stattfinden.
Der Tag, an welchem die Edictalfrist endet, ist in jedem Falle in dem Edicte anzugeben und so zu bestimmen, daß nach der dritten Einschaltung des Edictes in die amtliche Zeitung mindestens ein Jahr verstreichen muß.
§. 8.
Nach Ablauf der in dem Edicte bestimmten Frist entscheidet das Gericht auf neuerliches Ansuchen über das Begehren um Todeserklärung.
Wird die Todeserklärung ausgesprochen, so ist auch der Tag des vermutheten Todes anzugeben.
Läßt sich nach den gepflogenen Erhebungen der Tag bestimmen, von welchem anzunehmen ist, daß es der Todestag sein, beziehungsweise, daß der Abwesende denselben nicht überlebt haben, so ist dieser Tag, außerdem aber derjenige Tag als vermutheter Todestag zu bezeichnen, an welchem das Ende der Frist eingetreten ist, deren Ablauf nach §. 24 a.b.G.B. die Vermuthung des Todes für den vorliegenden Fall begründet.
§. 9.
Wenn der Abwesende einen Ehegatten zurückgelassen hat, so kann vom diesem beim Vorhandensein der im bürgerlichen Rechte bestimmten Erfordernisse das Begehren gestellt werde, daß mit der Todeserklärung auch der Anspruch verbunden werde, daß die Ehe als aufgelöst zu betrachten sein.
Das Gericht hat in diesem Falle zugleich mit dem Curator auch einen Vertheidiger des Ehebandes zu bestellen.
In der Entscheidung, welche die Todeserklärung ausspricht, ist auch über das Begehren, daß die Ehe als aufgelöst zu betrachten sein, zu erkennen.
Der zurückgelassene Ehegatte kann, nachdem eine Todeserklärung des Abwesenden bereit erfolgt ist, das Begehren um den Ausspruch, daß die Ehe als aufgelöst zu betrachten sei, auch nachträglich stellen. Das Gericht hat hierüber nach den Bestimmungen dieses Gesetzes vorzugehen, und sich in der Entscheidung, falls es dem Begehren stattgibt, auf den Ausspruch zu beschränken, daß die Ehe als aufgelöst zu betrachten sei.
Der Vertheidiger des Ehebandes hat in beiden Fällen gegen eine in erster Instanz gefällte Entscheidung, welche den Ausspruch enthält, daß die Ehe als aufgelöst zu betrachten sei, den Recurs zu ergreifen. Das Gleiche gilt, wenn dieser Ausspruch entgegen der Entscheidung erster Instanz erst in der zweiten Instanz gefällt wurde.
§. 10.
Wenn der Beweis des Todes eines Abwesenden nicht durch öffentliche Urkunden herzustellen ist, so kann bei dem §. 1 bezeichneten Gerichte der Beweis des Todes geführt und der Ausspruch erwirkt werden, daß dieser Beweis als hergestellt anzusehen ist.
Auf das Verfahren finden die Bestimmungen der §§. 2, 3 und 4 Anwendung.
Findet das Gericht das Ansuchen um Beweisführung des Todes zur Einleitung des weiteren Verfahrens geeignet, so hat es ein Edict zu erlassen, auf welches sich die Bestimmungen des §. 7 mit der Aenderung Anwendung finden, daß die Edictalfrist nach Ermessen des Gerichtes, jedoch nicht auf kürzere Zeit als drei Monate festzusetzen ist.
Gleichzeit mit dem Erlassen des Edicts hat das Gericht einen Curator zu bestellen (§. 6)
Die Aufnahme der Beweise kann vor dem Ablaufe der Edictalfrist stattfinden.
Vor der Entscheidung hat das Gericht die Parteien über die Ergebnisse der Beweisführung zu vernehmen.
Wird der Beweis des Todes als hergestellt erkannt, so ist in der Entscheidung der Tag anzugeben, von welchem bewiesen ist, daß er der Todestag ist, beziehungsweise, daß der Abwesende ihn nicht überlebt hat; in dem letzteren Falle hat dieser Tag als Todestag zu gelten.
§. 11.
Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Kundmachung in Wirksamkeit, und es treten die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen, soweit sie Gegenstände desselben abweichend regeln, außer Kraft.
Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auch in den bei einem Gerichte bereits anhängigen Fällen einer Todeserklärung oder einer Beweisführung des Todes Anwendung.
§. 12.
Mit dem Vollzuge dieses Gesetzes ist der Justizminister beauftragt.
[…]"
1.4.Das Gesetz vom über Änderungen des Gesetzes vom 16. Februar 1883, RGBl. 20, betreffend das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes, RGBl. 129, lautete:
"Artikel I.
Das Gesetz vom 16. Februar 1883, R.G.Bl. Nr 20, betreffend das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes, wird in folgender Weise geändert:
§1.
Dem § 1 des Gesetzes ist als zweiter Absatz beizufügen:
Die Verhandlung und Entscheidung obliegt einem vom Vorsteher des Gerichtshofes hiezu bestellten Mitgliede des Gerichtes als Einzelrichter.
§2.
§6 des Gesetzes hat zu lauten:
Wird eine Todeserklärung angesucht, so hat das Gericht zur Vertetung des Abwesenden in dem Verfahren einen Kurator zu bestellen; das Gericht kann jedoch davon absehen, wenn nach dem Umständen des Falles eine Vertretung des Abwesenden in dem Verfahren entbehrlich ist.
Dem Kurator obliegt insbesondere, die zur Auffindung des Abwesenden geeigneten Nachforschungen zu pflegen.
§3.
§7 des Gesetzes hat zu lauten:
Erachtet das Gericht das Vorhandensein der gesetzlichen Erfordernisse der Todeserklärung als in einer für die Einleitung des weiteren Verfahrens ausreichenden Weise dargetan, so hat es durch ein Edikt, in dem die wesentlichen Umstände des einzelnen Falles anzugeben sind, aufzufordern, dem Gerichte oder, wenn ein Kurator bestellt ist, diesem Nachrichten über den Abwesenden zu geben.
Zugleich ist anzukündigen, daß die Entscheidung über das Gesuch um Todeserklärung nach Ablauf eines Jahres erfolgen werde. Diese Frist ist jedoch in dem in § 5, Absatz 2, bezeichneten Falle bis zum Ablaufe der in § 24, Z 2 und 3, a.b.G.B. bestimmten Frist auszudehnen.
Das Edikt ist an der Gerichtstafel anzuschlagen und einmal in die für amtliche Kundmachungen bestimmte Zeitung einzuschalten. Das Gericht kann anordnen, daß das Edikt auch in anderen Zeitungen veröffentlicht und an bestimmten Orten ortsüblich kundgemacht werde, sowie daß wiederholte Veröffentlichungen des Ediktes stattfinden.
Der Tag, an dem die Ediktalfrist endet, ist in dem Edikt anzugeben und so zu bestimmen, daß nach der Einschaltung des Ediktes in die amtliche Zeitung mindestens ein Jahr verstreichen muß.
Für die Todeserklärung gemäß § 1 des Gesetzes vom heutigen Tage über die Todeserklärung von in dem gegenwärtigen Kriege Vermißten gelten die von den Vorschriften der Absätze 2 und 4 abweichenden besonderen Bestimmungen des § 2 des genannten Gesetzes.
§4.
§9, Absatz 2, des Gesetzes hat zu lauten:
Das Gericht hat in diesem Falle einen Verteidiger des Ehebandes zu bestellen. Hiezu kann auch der nach § 6 bestellte Kurator des Abwesenden bestellt werden.
§5.
§10, Absatz 2, des Gesetzes hat zu lauten:
Auf das Verfahren finden die Bestimmungen des § 1, Absatz 2, und der §§2 bis 4 Anwendung.
§10, Absatz 4, des Gesetzes hat zu lauten:
Gleichzeitig mit dem Erlassen des Ediktes hat das Gericht einen Kurator zu bestellen; das Gericht kann jedoch davon absehen, wenn nach den Umständen des Falles eine Vertretung des Abwesenden in dem Verfahren entbehrlich ist.
§6.
Nach § 10 des Gesetzes ist einzuschalten:
Aufhebung und Berichtigung der Todeserklärung oder der Beweisführung des Todes.
§10 a.
Ist der Abwesende nach der Todeserklärung noch am Leben oder ist er an einem anderen Tage als an dem in der Todeserklärung angegebenen vermuteten Todestag (§8) gestorben, so kann der für tot Erklärte oder wer sonst an der Aufhebung oder Berichtigung der Todeserklärung ein rechtliches Interesse hat, ferner in Wahrung öffentlicher Interessen die Finanzprokuratur bei dem Gerichte, das die Todeserklärung in erster Instanz ausgesprochen hat, die Aufhebung oder Berichtigung der Todeserklärung beantragen.
Das Gericht (§1, Absatz 2) entscheidet über den Antrag unter Beobachtung der Vorschriften der §§2 und 3 durch Beschluß.
Die Aufhebung oder Berichtigung der Todeserklärung wirkt für und gegen alle Beteiligten.
§10 b.
Wenn der für tot Erklärte persönlich vor dem Gericht erscheint und die Aufhebung der Toderserklärung verlangt, so hat das Gericht, falls die Identität des Antragstellers mit dem für tot Erklärten unzweifelhaft feststeht, ohne weiteres Verfahren die Aufhebung der Todeserklärung auszusprechen.
Im unmittelbaren Anschlusse daran ist durch das für die Verlassenschaftsabhandlung zuständige Gericht die Weidereinführung des Antragstellers in den Besitz des auf Grund der Todeserklärung an andere Personen gelangten Vermögens unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 2, Z 7, des Patentes vom 9. August 1854, R.G.Bl. Nr 208, im Verfahren außer Streitsachen zu ordnen.
Ebenso hat das Gericht zu veranlassen, daß die etwa eingesetzte Vormundschaft über Kinder des für tot Erklärten aufgehoben und diesem die väterliche Gewalt wiedergegeben werde.
§10 c.
Die Bestimmungen der §§10 a und 10 b sind sinngemäß anzuwenden, wenn ein Abwesender nach der Entscheidung, mittels der der Beweis seines Todes als hergestellt erkannt worden ist, noch am Leben ist oder an einem anderen Tage, als der nach der Entscheidung als Todestag zu gelten hat (§10), gestorben ist.
Artikel II.
Dieses Gesetz tritt am fünfzehnten Tage nach dem Tage der Kundmachung in Kraft.
Es findet auch auf ein Verfahren Anwendung, das an diesem Tage bereit anhängig ist. Die Aufhebung oder Berichtigung einer Todeserklärung oder der Beweisführung des Todes nacht Artikel I, § 6, ist zulässig, auch wenn die Todeserklärung oder die Entscheidung über die Beweisführung des Todes an diesem Tage bereits rechtskräftig war.
Mit der Durchführung dieses Gesetzes ist Mein Justizminister betraut.
[…]"
1.5.Das Gesetz über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom , dRGBl. I S 1186, lautete:
"Abschnitt I
Voraussetzungen der Todeserklärung.
Lebens- und Todesvermutungen
§1
(1) Verschollen ist, wessen Aufenthalt während längerer Zeit unbekannt ist, ohne daß Nachrichten darüber vorliegen, ob er in dieser Zeit noch gelebt hat oder gestorben ist, sofern nach den Umständen hierdurch ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründet werden.
(2) Verschollen ist nicht, wessen Tod nach den Umständen nicht zweifelhaft ist.
§2
Ein Verschollener kann unter den Voraussetzungen der §§3 bis 7 im Aufgebotsverfahren für tot erklärt werden.
§3
(1) Die Todeserklärung ist zulässig, wenn seit dem Ende des Jahres, in dem der Verschollene nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat, zehn Jahre oder, wenn der Verschollene zur Zeit der Todeserklärung, das achtzigste Lebensjahr vollendet hätte, fünf Jahre verstrichen sind.
(2) Vor dem Ende des Jahres, in dem der Verschollene das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet hätte, darf er nach Abs 1 nicht für tot erklärt werden.
§4
(1) Wer als Angehöriger einer bewaffneten Macht einem Kriege, einem kriegsähnlichen Unternehmen oder einem besonderen Einsatz teilgenommen hat, während dieser Zeit im Gefahrgebiet vermißt worden und seitdem verschollen ist, kann für tot erklärt werden, wenn seit dem Ende des Jahres, in dem der Friede geschlossen, der besondere Einsatz für beendigt erklärt oder der Krieg oder das kriegsähnliche Unternehmen ohne Friedensschluß tatsächlich beendigt ist, ein Jahr verstrichen ist.
(2) Ist der Verschollene unter Umständen vermißt, die eine hohe Wahrscheinlichkeit seines Todes begründen, so wird die im Abs. 1 bestimmte Jahresfrist von dem Zeitpunkt ab berechnet, in dem er vermißt worden ist.
(3) Den Angehörigen einer bewaffneten Macht steht gleich, wer sich bei ihr aufgehalten hat.
(4) Wann der Fall eines besonderen Einsatzes vorliegt und wann er beendigt ist, bestimmt der Reichsminister der Justiz im Einvernehmen mit dem Chef des Oberkommandos der Wehrmacht.
§5
(1) Wer bei einer Fahrt auf See, insbesondere infolge Untergangs des Schiffes, verschollen ist, kann für tot erklärt werden, wenn seit dem Untergang des Schiffes oder dem sonstigen die Verschollenheit begründenden Ereignis sechs Monate verstrichen sind.
(2) Ist der Untergang des Schiffes, der die Verschollenheit begründet haben soll, nicht feststellbar, so beginnt die Frist von sechs Monaten (Abs1) erst ein Jahr nach dem letzten Zeitpunkt, zu dem das Schiff nach den vorhandenen Nachrichten noch nicht untergegangen war; das Gericht kann diesen Zeitraum von einem Jahr bis auf drei Monate verkürzen, wenn nach anerkannter seemännischer Erfahrung wegen der Beschaffenheit und Ausrüstung des Schiffes, im Hinblick auf die Gewässer, durch welche die Fahrt führen sollte, oder aus sonstigen Gründen anzunehmen ist, daß das Schiff schon früher untergegangen ist.
§6
Wer bei einem Fluge, insbesondere infolge Zerstörung des Luftfahrzeugs, verschollen ist, kann für tot erklärt werden, wenn seit der Zerstörung des Luftfahrzeugs oder dem sonstigen die Verschollenheit begründenden Ereignis oder, wenn diese Ereignisse nicht feststellbar sind, seit dem letzten Zeitpunkt, zu dem der Verschollene nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat, drei Monate verstrichen sind.
§7
Wer unter anderen als den in den §§4 bis 6 bezeichneten Umständen in eine Lebensgefahr gekommen und seitdem verschollen ist, kann für tot erklärt werden, wenn seit dem Zeitpunkt, in dem die Lebensgefahr beendigt ist oder ihr Ende nach den Umständen erwartet werden konnte, ein Jahr verstrichen ist.
§8
Liegen bei einem Verschollenen die Voraussetzungen sowohl des § 4 als auch der §§5 oder 6 vor, so ist nur der § 4 anzuwenden.
§9
(1) Die Todeserklärung begründet die Vermutung, daß der Verschollene in dem im Beschluß festgestellten Zeitpunkt gestorben ist.
(2) Als Zeitpunkt des Todes ist der Zeitpunkt festzustellen, der nach dem Ergebnis der Ermittlungen der wahrscheinlichste ist.
(3) Läßt sich ein solcher Zeitpunkt nicht angeben, so ist als Zeitpunkt des Todes festzustellen:
a)in den Fällen des § 3 das Ende des fünften Jahres oder, wenn der Verschollene das achtzigste Lebensjahr vollendet hätte, des dritten Jahres nach dem letzten Jahre, in dem der Verschollene den vorhandenen Nachrichten zufolge noch gelebt hat;
b) in den Fällen des § 4 der Zeitpunkt, in dem der Verschollene vermißt worden ist;
c)in den Fällen der §§5 und 6 der Zeitpunkt, in dem das Schiff untergegangen, das Luftfahrzeug zerstört oder das sonstige die Verschollenheit begründende Ereignis eingetreten oder – falls dies nicht feststellbar ist – der Verschollene zuerst vermißt worden ist;
d)in den Fällen des § 7 der Beginn der Lebensgefahr.
(4) Ist die Todeszeit nur dem Tage nach festgestellt, so gilt das Ende des Tages als Zeitpunkt des Todes.
§10
Solange ein Verschollener nicht für tot erklärt ist, wird vermutet, daß er bis zu dem im § 9 Abs 3, 4 genannten Zeitpunkt weiter lebt oder gelebt hat.
§11
Kann nicht bewiesen werden, daß von mehreren gestorbenen oder für tot erklärten Menschen der eine den anderen überlebt hat, so wird vermutet, daß sie gleichzeitig gestorben sind.
Abschnitt II
Zwischenstaatliches Recht
§12
(1) Ein Verschollener kann im Inland nach diesem Gesetz für tot erklärt werden, wenn er in dem letzten Zeitpunkt, in dem er nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat, deutscher Staatsangehöriger war.
(2) War der Verschollene in dem nach Abs 1 maßgebenden Zeitpunkt Angehöriger eines fremden Staates, so kann er im Inland nach diesem Gesetz mit Wirkung für die Rechtsverhältnisse, welche nach deutschem Recht zu beurteilen sind, und mit Wirkung für das im Inland befindliche Vermögen für tot erklärt werden; ein Gegenstand, für den von einer deutschen Behörde ein zur Eintragung des Berechtigten bestimmtes Buch oder Register geführt wird, sowie ein Anspruch, für dessen Geltendmachung ein deutsches Gericht zuständig ist, gilt als im Inland befindlich.
(3) War der Verschollene in dem nach Abs 1 maßgebenden Zeitpunkt Angehöriger eines fremden Staates, so kann er ohne die im Abs 2 genannte Beschränkung im Inland auf Antrag seiner Ehefrau für tot erklärt werden, wenn diese im Inland ihren Wohnsitz hat und deutsche Staatsangehörige ist oder bis zu ihrer Verheiratung mit dem Verschollenen war.
[…]
Abschnitt IV
Verfahren bei Feststellung der Todeszeit
§39
Ist die Todeserklärung mit Rücksicht auf § 1 Abs 2 unzulässig, eine Eintragung im Sterbebuch aber nicht erfolgt, so kann beantragt werden, den Tod und den Zeitpunkt des Todes durch gerichtliche Entscheidung festzustellen.
[…]
Abschnitt VI
Inkrafttreten. Übergangs- und Schlußvorschriften
für die Ostmark und den Reichsgau Sudentenland
§55
(1) In der Ostmark und im Reichsgau Sudentenland treten die §§1 bis 12 und die §§47, 53 und 54 dieses Gesetzes am in Kraft. Im Falle einer Todeserklärung auf Grund des § 12 Abs 3 ist die Eingehung einer neuen Ehe das deutsche Recht maßgebend.
(2) Vom gleichen Zeitpunkt ab werden aufgehoben:
a)die §§24, 25, 112 bis 114, 277 und 278 Satz 1 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs;
b)das Gesetz über die Todeserklärung von in dem gegenwärtigen Kriege Vermißten vom (österr. RGBl. Nr 128) nebst der Verordnung vom (österr. RGBl. Nr 134);
c)das Gesetz, betreffend die Regelung der Bestimmungen über die Todeserklärung, vom (SbGuB. Nr 252).
(3) § 46 Abs 3 ist anzuwenden.
§56
(1) Das Aufgebotsverfahren nach § 2 richtet sich in der Ostmark und im Reichsgau Sudetenland bis auf weiteres nach den Vorschriften des Gesetzes, betreffend das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes, vom 16. Februar 1883 (österr. RGBl. Nr 20) in der Fassung des Gesetzes vom (österr. RGBl. Nr 129), soweit nicht in den folgenden Absätzen Abweichendes bestimmt ist.
(2) Das Ansuchen um eine Todeserklärung kann auch von dem Staatsanwalt gestellt werden; im Falle des § 10 a des Todeserklärungsgesetzes (Abs1) tritt an die Stelle der Finanzprokuratur der Staatsanwalt. Ihm ist vor Bekanntmachung des Edikts und vor der Entscheidung in jedem Falle Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
(3) § 7 des Todeserklärungsgesetzes (Abs1) erhält folgende Fassung:
'Erachtet das Gericht das Vorhandensein der gesetzlichen Erfordernisse der Todeserklärung als in einer für die Einleitung des weiteren Verfahrens ausreichenden Weise dargetan, so hat es ein Edikt zu erlassen. In das Edikt ist insbesondere aufzunehmen:
a) die Bezeichnung dessen, welcher das Ansuchen um Todeserklärung gestellt hat;
b) die Aufforderung an den Verschollenen (Abwesenden, Vermißten), sich bis zum Ablauf der Ediktalfrist (Abs4) zu melden, widrigenfalls er für tot erklärt werden könne;
c) die Aufforderung an alle, dem Gerichte oder, wenn ein Kurator bestellt ist, diesem bis zum Ablauf der Ediktalfrist (Abs4) Nachrichten über den Verschollenen (Abwesenden, Vermißten) zu geben.
Zugleich ist anzukündigen, daß die Entscheidung über das Gesuch um Todeserklärung nach Ablauf der Ediktalfrist (Abs4) erfolgen werde.
Das Edikt ist an der Gerichtstafel anzuschlagen und einmal in die für amtliche Kundmachungen bestimmte Zeitung einzuschalten. Das Gericht kann anordnen, daß das Edikt auch in anderen Zeitungen veröffentlicht und an bestimmten Orten ortsüblich kundgemacht werde, sowie daß wiederholte Veröffentlichungen des Edikts stattfinden. Stehen überwiegende Gründe der öffentlichen Ordnung der Bekanntmachung des Edikts durch eine Zeitung entgegen, so hat das Gericht davon abzusehen.
Der Tag, an dem die Ediktalfrist endet, ist in dem Edikt anzugeben und so zu bestimmen, daß nach der Einschaltung des Edikts in die amtliche Zeitung oder, wenn diese nach Abs 3 Satz 3 zu unterbleiben hat, nach dem Anschlag des Edikts an der Gerichtstafel mindestens sechs Wochen und, wenn nicht besondere Gründe vorliegen, höchstens ein Jahr verstreichen muß; die Ediktalfrist kann von Amts wegen verlängert werden.'
(4) § 5, § 8 Abs 3 und § 9 des Todeserklärungsgesetzes (Abs1) werden gestrichen.
§57
Die Vorschriften über das Verfahren zur Beweisführung des Todes (§§10 und 10 c des im § 56 Abs 1 genannten Gesetzes) bleiben in der Ostmark und im Reichsgau Sudetenland bis auf weiteres unberührt. Jedoch kann das Ansuchen auch von dem Staatsanwalt gestellt werden; ihm ist vor der Bekanntmachung des Edikts und vor der Entscheidung in jedem Falle Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
§58
Anhängige Verfahren zum Zweck der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes sind nach den bisher geltenden Verfahrensvorschriften zu Ende zu führen."
1.6.Die Verordnung zur Ergänzung des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom , dRGBl. I S 31, lautete:
"Auf Grund des § 54 des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit (Verschollenheitsgesetzes) vom (Reichsgesetzbl. I S 1186) wird verordnet:
§1
Von der Bekanntmachung des Aufgebots in einer Tageszeitung (§20 Abs 1 des Verschollenheitsgesetzes) kann abgesehen werden, wenn es sich um einen Fall der Kriegsverschollenheit (§4 des Verschollenheitsgesetzes) auf Grund des gegenwärtigen Krieges handelt. In diesem Falle muß das Aufgebot durch Anheftung an die Gerichtstafel öffentlich bekanntgemacht werden.
§2
§1 Satz 1 gilt auch für die Einschaltung des Edikts in die für amtliche Kundmachungen bestimmte Zeitung (§7 Abs 3 des österreichischen Todeserklärungsgesetzes in der Fassung des § 56 Abs 3 des Verschollenengesetzes)."
1.7.Die Zweite Verordnung zur Ergänzung des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom , dRGBl. I S 66, lautete:
"Auf Grund des § 54 des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit (Verschollenheitsgesetzes) vom (Reichsgesetzbl. I S. 1186) wird verordnet:
§1
Soll ein Verschollener, der an dem gegenwärtigen Kriege als Angehöriger der bewaffneten Macht des Deutschen Reichs oder eines mit ihm verbündeten oder befreundeten Staates teilgenommen oder sich bei ihr aufgehalten hat, auf Grund des § 4 Abs 2 des Verschollenheitsgesetzes für tot erklärt werden, so findet ein Aufgebot nicht statt.
§2
(1) Nach Eingang des Antrags ist in jedem Falle dem Staatsanwalt vor der Entscheidung dem Antragsteller und dem Staatsanwalt Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
(2) Im übrigen sind auf das Verfahren die §§13 bis 18 und 23 bis 38 des Verschollenheitsgesetzes sinngemäß anzuwenden.
§3
(1) In den Alpen- und Donau-Reichsgauen und im Reichsgau Sudetenland ist in den Fällen des § 1 vor dem Erlaß eines Ediktes (§7 des österr. Todeserklärungsgesetzes in der Fassung des § 56 Abs 3 des Verschollenheitsgesetzes) abzusehen.
(2) Das Verfahren richtet sich nach §§1 bis 6, 9 Abs 2, §§10 a und 10 b des Gesetzes vom 16. Februar 1883, betreffend das Verfahren zur Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes (RGBl. Nr 20), in der Fassung des Gesetzes vom (RGBl. Nr 129) und des Verscholleneheitsgesetzes in Verbindung mit § 56 Abs 2 Satz 1 des Verschollenheitsgesetzes.
(3) § 2 Abs 1 dieser Verordnung findet entsprechende Anwendung."
1.8.§§1 und 2 des Verfassungsgesetzes vom über die Wiederherstellung des Rechtslebens in Österreich (Rechts-Überleitungsgesetz – R-ÜG), StGBl. 6, lauten:
"§1. (1) Alle nach dem erlassenen Gesetze und Verordnungen sowie alle einzelnen Bestimmungen in solchen Rechtsvorschriften, die mit dem Bestand eines freien und unabhängigen Staates Österreich oder mit den Grundsätzen einer echten Demokratie unvereinbar sind, die dem Rechtsempfinden des österreichischen Volkes widersprechen oder typisches Gedankengut des Nationalsozialismus enthalten, werden aufgehoben.
(2) Die Provisorische Staatsregierung stellt mittels Kundmachung fest, welche Rechtsvorschriften im Sinne des Abs 1) als aufgehoben zu gelten haben. Alle Gerichte und Verwaltungsbehörden sind an die Feststellungen dieser Kundmachungen gebunden.
(3) Die Kundmachung kann auch bestimmen, ob und in welchem Umfang frühere Rechtsvorschriften an Stelle der aufgehobenen in Geltung treten.
(4) Die Kundmachungen sind im Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich zu verlautbaren.
§2. Alle übrigen Gesetze und Verordnungen, die nach dem für die Republik Österreich oder ihre Teilbereiche erlassen wurden, werden bis zur Neugestaltung der einzelnen Rechtsgebiete als österreichische Rechtsvorschriften in vorläufige Geltung gesetzt."
III.Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1.Der Antragsteller bringt zunächst zu dem dem vorliegenden Antrag zugrunde liegenden Sachverhalt Folgendes vor:
1.1.J. F., der Vater des Antragstellers, sei im Dezember 2010 als abgängig gemeldet worden. Es liege die Vermutung nahe, dass er am in die Teigitsch (einen Zufluss der Kainach im steirischen Bezirk Voitsberg) gestürzt sei. Im Sommer des Jahres 2012 wurde in Kroatien eine männliche Leiche angeschwemmt, die im Jänner 2013 als der Vater des Antragstellers identifiziert worden sei. Nach der Überführung der sterblichen Überreste sei eine Bestattung derselben durchgeführt worden. Es sei eine kroatische Sterbeurkunde übermittelt worden, auf der jedoch kein Todeszeitpunkt angeführt sei. Ebenso wenig habe die Feststellung eines Todeszeitpunktes durch eine österreichische Behörde erwirkt werden können.
1.2.Der Antragsteller habe im Hinblick auf die Zuerkennung von Waisenpension ab dem Todestag des Verstorbenen ein Interesse daran, dass dessen Todeszeitpunkt gerichtlich festgestellt werde: § 86 Abs 3 Z 1 ASVG sehe vor, dass die Ansprüche auf Zuerkennung von Waisenpension nach der Feststellung des Todeszeitpunktes ergänzt werden könnten; bei nachträglicher amtlicher Feststellung des Todestages beginne die Antragsfrist von sechs Monaten erst mit dem Zeitpunkt dieser Feststellung. Der Antragsteller habe daher am beim Bezirksgericht Voitsberg einen Antrag auf Feststellung des Todeszeitpunktes des Verstorbenen eingebracht.
2.Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Voitsberg vom , Z 17 T 1/17-3, wurden der Antrag "auf Feststellung, dass [J. F.], geb. am , den nicht überlebt hat sowie de[r] Eventualantrag auf Feststellung, dass [J. F.], geboren am einen anderen, jedenfalls vor September 2012 liegenden Tag nicht überlebt hat" zurückgewiesen. Begründend führt das Bezirksgericht Voitsberg aus, dass das Todeserklärungsgesetz 1950 nur auf verschollene Personen anwendbar sei. Für den Fall, dass der Beweis des Todes eines Verschollenen nicht durch öffentliche Urkunde herzustellen sei, könne gemäß § 21 Abs 1 TEG 1950 der Beweis des Todes gerichtlich geführt und der Ausspruch erwirkt werden, dass dieser Beweis als hergestellt anzusehen sei. Die Eintragung eines Todesfalles erfolge gemäß § 29 Abs 1 Bundesgesetz über die Regelung des Personenstandswesens (Personenstandsgesetz 2013 – PStG 2013) bei der Personenstandsbehörde, die nach § 30 Abs 1 PStG 2013 auch den Zeitpunkt des Todes einzutragen habe. Im Hinblick darauf, dass das Antragsbegehren im Verwaltungsweg zu verfolgen sei, sei das angerufene Bezirksgericht gemäß § 42 Abs 1 JN unzuständig.
3.Gegen diesen Beschluss erhob der Antragsteller Rekurs. Er stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels unter einem den vorliegenden Antrag. Darin gibt der Antragsteller die Begründung für seinen Antrag an das Bezirksgericht Voitsberg wieder und legt seine Bedenken gegen die angefochtene Kundmachung wie folgt dar:
3.1.Das nach Ansicht des Bezirksgerichtes Voitsberg auf den vorliegenden Fall anzuwendende Personenstandsgesetz 2013 schaffe Rechtsgrundlagen für ein Zentrales Personenstandsregister und ein Zentrales Staatsbürgerschaftsregister. Das Personenstandsgesetz 2013 beschränke sich auf Eintragungen und enthalte seit der Novelle BGBl I 16/2013 Zweifelsregelungen, die jedoch nur den Ort des Todes (§29 Abs 2 und 3), nicht aber den Zeitpunkt des Todes betreffen würden. Es sei daher offensichtlich, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, mit dem Todeserklärungsgesetz 1950 bereits eine Rechtsgrundlage für die Erfassung und Feststellung des Todeszeitpunktes (auch nicht verschollener Personen) geschaffen zu haben. Mangels derartiger Vorschriften im Personenstandsgesetz 2013 sei jedenfalls weiterhin das Gericht für die Feststellung des Todeszeitpunktes, sofern dieser unbekannt sei, zuständig und der ordentliche Rechtsweg daher zulässig.
3.2.Die angefochtene Kundmachung der Wiederverlautbarung vom sei in gesetzwidriger Weise erfolgt, weil "[e]inerseits […] Gesetze miteinander vermischt [wurden], sodass keine rechtswirksame Derogation der vorher geltenden Regelungen stattgefunden hat und andererseits […] wesentliche Bestandteile der früher geltenden Gesetze schlicht vergessen [wurden]". Der Antragsteller führt sodann allgemein zur Wiederverlautbarung wörtlich aus:
"Die Grenzen der Wiederverlautbarung lassen erkennen, dass lediglich bestehendes Recht nachträglich festgestellt, nicht jedoch inhaltlich geändert werden soll. Dies ist der Grundsatz der 'Normidentität'. Ein Verstoß gegen diese Normidentität bewirkt die Fehlerhaftigkeit der Wiederverlautbarung.
Gegenstand einer Prüfung nach Art 139a BVG sind unter anderem die Wiederverlautbarungen des Bundes nach Art 49a B-VG. Werden bei einer Wiederverlautbarung einer gesetzlichen Vorschrift einzelne Bestimmungen 'vergessen', so ist ein solches 'Vergessen' gesetzwidrig, da der gesamte geltende Text einer Rechtsvorschrift wiederzuverlautbaren gewesen wäre. Dies bewirkt eine Gesetzwidrigkeit, die sich in der gesamten Wiederverlautbarung niederschlägt.
Maßstab der Prüfung sind jene Rechtsvorschriften, die zur Wiederverlautbarung ermächtigen. Diese knüpfen ihrerseits an den Inhalt der wiederzuverlautbarenden Vorschriften an, der nur in ganz engem Ausmaß verändert werden darf. […]"
3.3.Das Gesetz über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom , dRGBl. 1186, (in der Folge: Verschollenheitsgesetz 1939) habe in § 39 folgende Regelung enthalten:
"Ist die Todeserklärung mit Rücksicht auf § 1 Abs 2 unzulässig, eine Eintragung im Sterbebuch aber nicht erfolgt, so kann beantragt werden, den Tod und den Zeitpunkt des Todes durch gerichtliche Entscheidung festzustellen."
Diese Gesetzesstelle betreffe den hier vorliegenden Fall des verstorbenen Vaters des Antragstellers: Eine Todeserklärung sei im Hinblick auf § 1 Abs 2 TEG 1950 unzulässig, weil der Verstorbene nicht mehr als verschollen gelte. Eine Eintragung im Sterbebuch könne ebenfalls nicht erfolgen, weil weder die kroatische noch die österreichische Behörde den Todeszeitpunkt feststellen könne. Nach der vorzitierten Bestimmung seien der Tod und der Todeszeitpunkt durch gerichtliche Entscheidung festzustellen.
3.4.Das Verschollenheitsgesetz 1939 sei nach 1945 teilweise beibehalten worden und sei eine Wiederverlautbarung des Verschollenheitsgesetzes unter neuem Namen gemäß dem Bundesverfassungsgesetz vom über die Wiederverlautbarung von Rechtsvorschriften (Wiederverlautbarungsgesetz – WVG). Die Rechtsvorschriften über die Verschollenheit und das Verfahren zum Zweck der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes seien laut Kundmachung der Bundesregierung vom , BGBl 23/1951, wiederverlautbart worden und sollten im Wesentlichen mit den entsprechenden Bestimmungen des reichsdeutschen Gesetzes identisch sein, wenn man von Anpassungen an den österreichischen Sprachgebrauch und historisch politisch bedingten Änderungen absehe. Zusätzlich seien im Rahmen der Wiederverlautbarung einzelne Bestimmungen des Gesetzes vom 16. Februar 1883, betreffend das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes, RGBl. 20, (im Folgenden: Todeserklärungsgesetz 1883) übernommen worden.
3.5.Da das Todeserklärungsgesetz 1950 somit ein unmittelbarer Nachfolger der Regelungen des Verschollenheitsgesetzes 1939 sei und mit BGBl 23/1951 auch andere Gesetze Eingang in die Stammfassung des Todeserklärungsgesetzes 1950 gefunden hätten, könne davon ausgegangen werden, dass aus mehreren Gründen eine gesetzwidrige Wiederverlautbarung vorliege: Zum einen sei die Normidentität nicht gewahrt worden, weil einzelne Bestimmungen aus unterschiedlichen Gesetzen "zusammengestückelt" worden seien. Durch eine Wiederverlautbarung könne jedoch lediglich bestehendes Recht nachträglich festgestellt, nicht aber inhaltlich geändert werden. Zum anderen sei anlässlich der Kundmachung der Wiederverlautbarung eine zentrale Regelung des Verschollenheitsgesetzes 1939, nämlich § 39, "vergessen" worden. Werde eine Rechtsvorschrift, die im Zeitpunkt der Wiederverlautbarung in Geltung gestanden sei, von der Wiederverlautbarung nicht erfasst, so sei die gesamte Wiederverlautbarung aufzuheben und das Gesetz gelte wieder in seiner ursprünglichen Fassung.
3.6.Die Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen durch den Verfassungsgerichtshof hätte daher auf das beim Landesgericht Graz anhängige Verfahren die Auswirkung, dass das Todeserklärungsgesetz 1883 sowie das Verschollenheitsgesetz 1939 in ihrer ursprünglichen Fassung gelten würden. Dem Antragsteller wäre dadurch die Möglichkeit eröffnet, eine gerichtliche Feststellung des Todeszeitpunktes seines verstorbenen Vaters zu erwirken und in der Folge seine Ansprüche auf Waisenpension erfolgreich geltend zu machen.
4.Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie zunächst die dem vorliegenden Fall bzw. die der Wiederverlautbarung zugrunde liegende Rechtslage darstellt. Nach Ansicht der Bundesregierung seien keine Gründe erkennbar, die gegen die Zulässigkeit des Antrages und die Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen sprechen würden. Die Bundesregierung tritt den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegen:
4.1.Zum Zeitpunkt der Kundmachung der angefochtenen Wiederverlautbarung seien die Bestimmungen des Wiederverlautbarungsgesetzes, BGBl 114/1947, maßgeblich gewesen. Mit der Schaffung von Art 49a B-VG sei der Inhalt dieses Bundesverfassungsgesetzes im Wesentlichen in das B-VG übernommen worden. ArtII Abs 2 des Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird, BGBl 350/1981, besage, dass bisher auf Grund des Wiederverlautbarungsgesetzes erfolgte Wiederverlautbarungen von Rechtsvorschriften unberührt blieben. Aus den Erläuterungen zu dieser Bestimmung könne geschlossen werden, dass ihr lediglich klarstellender Charakter zukommen solle, weshalb die nachfolgende Aufhebung von ArtII Abs 2 BGBl 350/1981 mit dem Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Erstes Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird, BGBl I 2/2008, (in der Folge: Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz, BGBl I 2/2008) eine vor seiner Erlassung einwandfreie Wiederverlautbarung von vornherein nicht berühren habe können.
4.2.Der bloß klarstellende Charakter von ArtII Abs 2 BGBl 350/1981 könne mit Überlegungen über die rechtliche Eigenart der Wiederverlautbarung begründet werden. Die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes könne nach zwei Kriterien erfolgen: Zum einen nach der Einhaltung der Erzeugungsbedingungen für die Gesetzgebung, also in formeller Hinsicht, und zum anderen nach der Übereinstimmung des Gesetzes mit inhaltlich bestimmenden übergeordneten Normen, also in materieller Hinsicht. Die Normenkategorie der Wiederverlautbarung stehe wegen der Beschränktheit der Ermächtigung auf eine – nahezu, jedenfalls inhaltlich – unveränderte (Wieder-)Verlautbarung bereits verlautbarter und damit geltender Rechtsvorschriften der Kundmachung einer Rechtsvorschrift nahe. Bei der Kundmachung einer Rechtsvorschrift handle es sich um eine Erzeugungsbedingung und die ordnungsgemäße Erzeugung einer Norm sei grundsätzlich allein anhand jener Rechtserzeugungsregeln zu beurteilen, die im Zeitpunkt ihrer Erlassung in Kraft gewesen seien. Eine Änderung der Rechtserzeugungsregeln ändere nichts an der Geltung oder Rechtmäßigkeit der Norm. Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz sei in ArtII Abs 2 BGBl 350/1981 verbalisiert. In diesem Sinne sei die Frage, ob eine bestehende Rechtsvorschrift nur für sich alleine oder ob sie auch unter Einbeziehung einer anderen Rechtsvorschrift wiederverlautbart werden dürfe, als Erzeugungsbedingung einer Wiederverlautbarung und damit als formales Kriterium einzustufen; sie sei damit nach den zum Zeitpunkt der Wiederverlautbarung geltenden Rechtsvorschriften zu beurteilen. Daraus folge, dass ArtII Abs 2 BGBl 350/1981 nicht erforderlich gewesen sei und der Wegfall dieser Bestimmung keine Auswirkungen auf die Geltung und Verfassungsmäßigkeit der vor dem Inkrafttreten des Art 49a B-VG auf Grund des Wiederverlautbarungsgesetzes erfolgten Wiederverlautbarungen gehabt habe. Zu diesem Ergebnis würde auch eine Betrachtung der Gesetzesmaterialien zu dem Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz, BGBl I 2/2008, führen.
4.3.Auf Grund der vorstehenden Ausführungen kommt die Bundesregierung zu dem Schluss, dass die Rechtmäßigkeit der mit dem vorliegenden Antrag angefochtenen Kundmachung der Wiederverlautbarung anhand der Bestimmungen des Wiederverlautbarungsgesetzes, BGBl 114/1947, zu prüfen sei.
4.4.In der Folge gibt die Bundesregierung den maßgeblichen Inhalt des Wiederverlautbarungsgesetzes wieder. Sie führt zu den Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Kundmachung der Wiederverlautbarung Folgendes aus:
4.4.1.Aus § 55 Verschollenheitsgesetz 1939 (Inkrafttreten der §§1 bis 12 sowie der §§47, 53 und 54) und der Verbindlicherklärung der Verfahrensbestimmungen des Todeserklärungsgesetzes 1883 (durch § 56 Verschollenheitsgesetz 1939) ergebe sich, dass die Abschnitte III bis V Verschollenheitsgesetz 1939 in Österreich nie in Geltung gestanden seien. Das Verfahren gemäß § 39 Verschollenheitsgesetz 1939 sei daher entgegen der Ansicht des Antragstellers in Österreich nie in Geltung gestanden.
4.4.2.Durch § 2 des Verfassungsgesetzes vom über die Wiederherstellung des Rechtslebens in Österreich (Rechts-Überleitungsgesetz – R-ÜG), StGBl. 6/1945, seien all jene Gesetzes und Verordnungen nach dem weiterhin in Geltung gesetzt worden, die nach dem für die Republik Österreich oder ihre Teilbereiche erlassen worden seien, soweit sie nicht gemäß § 1 R-ÜG mit dem Bestand eines freien und unabhängigen Staates Österreich oder mit den Grundsätzen einer echten Demokratie unvereinbar gewesen seien. Dementsprechend seien nur die zum Zeitpunkt der Rechtsüberleitung in Österreich in Geltung stehenden Teile des Verschollenheitsgesetzes 1939 und des Todeserklärungsgesetzes 1883, nicht jedoch § 39 Verschollenheitsgesetz 1939 nach dem im österreichischen Rechtsbestand enthalten und daher bei der Wiederverlautbarung der damals geltenden Rechtsvorschriften zu berücksichtigen gewesen.
4.4.3.Dem Vorbringen des Antragstellers, dass es im Zuge der Wiederverlautbarung zu einer Vereinigung mehrerer unterschiedlicher Rechtsvorschriften gekommen sei, sei die Bestimmung des § 2 Z 3 und 6 Wiederverlautbarungsgesetz entgegenzuhalten, die die Möglichkeit vorgesehen habe, Rechtsvorschriften, die abseits des Stammgesetzes in besonderen Gesetzen enthalten gewesen seien, in die Stammvorschrift einzufügen. § 55 Abs 2 Verschollenheitsgesetz 1939 habe hinsichtlich des für die Todeserklärung anzuwendenden Verfahrens auf die entsprechenden Teile des Todeserklärungsgesetzes 1883 verwiesen. Die Vereinigung der nach dem in Geltung stehenden Bestimmungen dieser beiden Gesetze sei angesichts dessen, dass diese verschiedene Aspekte desselben Rechtsbereichs geregelt hätten, nicht nur zweckmäßig, sondern auch rechtmäßig erfolgt.
4.5.Das Vorbringen des Antragstellers, wonach eine "planwidrige Lücke" im Todeserklärungsgesetz 1950 vorliege, sei im Rahmen des Verfahrens zur Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Wiederverlautbarung gemäß Art 139a B-VG nicht relevant. Die Bundesregierung verweist in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit des Antragstellers, ein Verfahren gemäß §§29 und 30 PStG 2013 bei der Personenstandsbehörde anzustrengen: Gemäß § 30 Abs 2 PStG 2013 sei im Zentralen Personenstandsregister der Zeitpunkt des Todes einzutragen. Für den Fall, dass dieser nicht nach Tag, Monat, Jahr, Stunde und Minute angegeben werden könne, sei der engstmögliche Zeitraum anzugeben. Gemäß § 36 Abs 2 PStG 2013 seien von der Personenstandsbehörde von Amts wegen all jene Erhebungen durchzuführen, die zur Feststellung des Todeszeitpunktes notwendig sind.
4.6.Die Bundesregierung stellt daher den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge die Behandlung des Antrages mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg ablehnen, in eventu aussprechen, dass die angefochtene Kundmachung der Wiederverlautbarung nicht als gesetzwidrig aufgehoben wird. Für den Fall der Aufhebung wird der Antrag gestellt, der Verfassungsgerichtshof möge gemäß Art 139a B-VG iVm Art 139 Abs 5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von 18 Monaten bestimmen.
IV.Erwägungen
1.Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1.Gemäß Art 139a B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Kundmachungen über die Wiederverlautbarungen eines Gesetzes (Staatsvertrages). Art 139 B-VG ist sinngemäß anzuwenden. § 61b VfGG verweist hinsichtlich des Verfahrens zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Kundmachungen über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages) auf die Bestimmungen für das Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Verordnungen (§§57 ff. VfGG).
1.2.Gemäß Art 139 Abs 1 Z 4 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels. Nach § 57a Abs 1 erster Satz VfGG idF BGBl I 90/2016 kann eine Person, die als Partei in einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, einen Antrag stellen, die Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben.
1.3.Der vorliegende Antrag wurde aus Anlass des Rekurses gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Voitsberg vom , Z 17 T 1/17-3, gestellt. Mit diesem Beschluss wurde die Rechtssache in erster Instanz durch ein ordentliches Gericht entschieden (Art139 Abs 1 Z 4 B-VG).
1.4. Als Antragsteller im Verfahren vor dem Bezirksgericht Voitsberg ist er Partei des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht, womit er zur Antragstellung gemäß Art 139 Abs 1 Z 4 B-VG berechtigt ist.
1.5. Dem Erfordernis der Einbringung aus Anlass eines Rechtsmittels hat der Antragsteller jedenfalls dadurch Rechnung getragen, dass er den vorliegenden Antrag und das Rechtsmittel gegen den Beschluss vom am selben Tag erhoben und eingebracht hat (vgl. VfSlg 20.074/2016). Im Übrigen geht der Verfassungsgerichtshof mangels gegenteiliger Mitteilung des Bezirksgerichtes Voitsberg davon aus, dass das erhobene Rechtsmittel rechtzeitig und zulässig ist.
1.5.1.Ein auf Art 139 Abs 1 Z 4 B-VG gestützter Antrag auf Aufhebung einer Verordnung oder von bestimmten Stellen einer solchen kann gemäß § 57 Abs 2 VfGG nur dann gestellt werden, wenn die Verordnung vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw. die Gesetzmäßigkeit der Verordnung eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht des Antragstellers wäre. Eine Antragstellung gemäß Art 139 Abs 4 B-VG setzt daher voraus, dass die angefochtene Bestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des ordentlichen Gerichtes im Anlassfall bildet (VfSlg 20.029/2015; vgl. VfSlg 20.010/2015).
1.5.2.Das Erstgericht hat die angefochtene Kundmachung der Bundesregierung über die Wiederverlautbarung der Rechtsvorschriften über Verschollenheit und das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes, deren Gesetzwidrigkeit der Antragsteller behauptet, auch angewendet. Es hat den Inhalt des § 1 TEG 1950 wiedergegeben, um festzustellen, ob das Todeserklärungsgesetz 1950 anwendbar ist. Zudem hat es im Lichte des § 21 TEG 1950 (wenigstens implizit) geprüft, ob die Voraussetzungen für die Erwirkung eines Ausspruchs nach dieser Bestimmung über den Beweis des Todes gegeben sind.
Die angefochtenen Bestimmungen sind somit präjudiziell.
1.5.3.Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Verordnungsstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.
Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; ). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungs- bzw. Gesetzwidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungs- bzw. Gesetzwidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; ).
Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit der Antragsteller solche Normen anficht, die präjudiziell sind und mit präjudiziellen Bestimmungen in untrennbarem Zusammenhang stehen; dabei darf aber nach § 62 Abs 1 VfGG nicht offen bleiben, welche Norm oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN ua.; vgl. auch ; , G103-104/2016 ua.). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungs- bzw. gesetzwidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; ua.).
Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des Antragstellers den Sitz der Verfassungs- bzw. Gesetzwidrigkeit bildenden) Be-stimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes bzw. einer ganzen Verordnung), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; ; , G183/2016 ua.).
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl. zB VfSlg 19.939/2014; ), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.
1.5.4.Der Antrag, die gesamte Kundmachung aufzuheben, ist nicht zu weit gefasst. Vor dem Hintergrund des Antragsvorbringens, wonach eine bestimmte Vorschrift (§39 Verschollenheitsgesetz 1939), die behauptetermaßen vor der Wiederverlautbarung in Geltung gestanden sei, in rechtswidriger Weise nicht in die Kundmachung aufgenommen worden sei, ist es zulässig, die gesamte Kundmachung anzufechten. Träfe das Antragsvorbringen zu, stünde dem Verfassungsgerichtshof tatsächlich keine andere Möglichkeit zur Beseitigung der Gesetzwidrigkeit der Kundmachung offen, als die gesamte Kundmachung aufzuheben.
2.In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art 139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl. VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).
2.2.Der zur Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Kundmachung der Wiederverlautbarung maßgebliche Regelungszusammenhang und die maßgebliche Rechtsentwicklung stellen sich wie folgt dar:
2.2.1.Die angefochtene Kundmachung der Bundesregierung vom über die Wiederverlautbarung der Rechtsvorschriften über Verschollenheit und das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes erfolgte auf Grund des § 1 Wiederverlautbarungsgesetz, BGBl 114/1947.
2.2.2.Das Wiederverlautbarungsgesetz wurde durch Art 49a B-VG ersetzt, eingefügt mit dem Bundesverfassungsgesetz vom , mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird, BGBl 350/1981. Gemäß ArtII Abs 2 BGBl 350/1981 bleiben bisher auf Grund des Wiederverlautbarungsgesetzes erfolgte Wiederverlautbarungen unberührt. Die Gesetzesmaterialien führen dazu Folgendes aus (vgl. die Erläut. zur RV 427 BlgNR 15. GP, 13):
"Da die wesentlichen Bestimmungen des Wiederverlautbarungsgesetzes in das Bundes-Verfassungsgesetz selbst eingebaut werden sollen, kann das Wiederverlautbarungsgesetz aus dem Rechtsbestand ausgeschieden werden. […]
Der Abs 2 des ArtII stellt klar, daß bisher auf der Basis des Wiederverlautbarungsgesetzes ergangene Wiederverlautbarungen durch die Aufhebung des Wiederverlautbarungsgesetzes in ihrem Rechtsbestand nicht berührt werden. Damit soll eine Auslegung ausgeschlossen werden, die in der Aufhebung des bestehenden Wiederverlautbarungsgesetzes auch die Aufhebung der rechtlichen Grundlage der bisher ergangenen Wiederverlautbarungen sieht und daher deren Geltung bestreiten oder doch die Verfassungswidrigkeit der bisher wiederverlautbarten Bundesgesetze behaupten könnte."
Der Verfassungsgerichtshof geht mit der Bundesregierung davon aus, dass es sich bei der Kundmachung von Wiederverlautbarungen um eine Erzeugungs-bedingung handelt und dass die Erzeugung einer Norm anhand jener Rechtserzeugungsregelungen zu beurteilen ist, die im Zeitpunkt ihrer Erlassung in Geltung standen. Eine Änderung der Rechtserzeugungsregelungen ändert nichts an der Geltung oder Rechtmäßigkeit der (hier: wiederverlautbarten) Norm. In diesem Sinne ist auch ArtII Abs 2 BGBl 350/1981 zu verstehen, dem nach dem Wortlaut der Gesetzesmaterialien – wie die Bundesregierung zutreffend ausführt – lediglich "klarstellender" Charakter zukommt. Im Hinblick darauf änderte auch der Wegfall dieser Bestimmung (Artikel 2 § 1 Abs 3 Z 14 Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz, BGBl I 2/2008) nichts an der Gültigkeit von auf Grundlage des Wiederverlautbarungsgesetzes erfolgten Wiederverlautbarungen.
2.2.3.Die Rechtmäßigkeit der mit dem vorliegenden Antrag angefochtenen Kundmachung über die Wiederverlautbarung der Rechtsvorschriften über Verschollenheit und das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes ist daher anhand der Bestimmungen des Wiederverlautbarungsgesetzes zu prüfen.
2.3.Die Rechtslage in Bezug auf die Wiederverlautbarung von Gesetzen nach dem Wiederverlautbarungsgesetz stellt sich wie folgt dar:
2.3.1.§1 Wiederverlautbarungsgesetz ermächtigte die Bundesregierung, österreichische Rechtsvorschriften, die Angelegenheiten betrafen, für die nach den Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 dem Bund die Gesetzgebung oder die Gesetzgebung über die Grundsätze zustand, in ihrer durch spätere Vorschriften ergänzten oder abgeänderten Fassung durch Kundmachung mit rechtsverbindlicher Wirkung neu zu verlautbaren.
2.3.2.§2 Wiederverlautbarungsgesetz enthielt eine nähere Definition der Befugnisse der Bundesregierung anlässlich einer Wiederverlautbarung. So wurde die Möglichkeit geschaffen, überholte bzw. der österreichischen Rechtsübung fremde terminologische Wendungen durch entsprechende neue bzw. der österreichischen Rechtssprache entsprechende zu ersetzen (Z1 und 2), Bestimmungen, die durch spätere Rechtsvorschriften aufgehoben oder sonst gegenstandslos geworden waren, als nicht mehr geltend festzustellen (Z4), Bezugnahmen auf andere Rechtsvorschriften, die dem Stande der Gesetzgebung nicht mehr entsprachen, sowie andere Unstimmigkeiten richtigzustellen (Z5), die Bezeichnung von Paragraphen, Artikeln, Absätzen u.ä. entsprechend zu ändern (Z7) oder dem Gesetz einen kurzen Titel zu geben (Z8).
§2 Z 3 leg. cit. ermächtigte die Bundesregierung, Bestimmungen, die zufolge einer nach § 2 des Verfassungsgesetzes vom über die Wiederherstellung des Rechtslebens in Österreich (Rechts-Überleitungsgesetz – R-ÜG), BGBl 2, in Geltung belassenen Vorschrift anzuwenden waren, dem österreichischen Recht anzupassen und in den Text der wiederverlautbarten Rechtsvorschrift einzufügen.
§2 Z 6 Wiederverlautbarungsgesetz ermächtigte die Bundesregierung, anlässlich einer Wiederverlautbarung Änderungen oder Ergänzungen, die nicht durch Novellen, sondern durch besondere Gesetze abseits des Stammgesetzes verfügt worden waren, in die betreffende Rechtsvorschrift selbst einzubauen.
2.4.Die Rechtsentwicklung bis zur Wiederverlautbarung des Todeserklärungs-gesetzes 1950 stellt sich wie folgt dar:
2.4.1.Das Todeserklärungsgesetz 1883 enthielt Bestimmungen über das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes eines Abwesenden (Vermissten). Dieses Gesetz wurde mit der Novelle RGBl. 129/1918 geändert. Gleichzeitig wurde das Gesetz vom über die Todeserklärung von in dem gegenwärtigen Kriege Vermißten, RGBl. 128/1918 erlassen, das die Todeserklärung bestimmter während des Ersten Weltkrieges vermisster Personen erleichterte.
2.4.2.Mit dem Verschollenheitsgesetz 1939 wurden die Rechtsvorschriften zur Todeserklärung vereinheitlicht und auf eine neue Grundlage gestellt. Abschnitt I regelte die Voraussetzungen der Todeserklärung. Gemäß § 1 Abs 1 Verschollenheitsgesetz 1939 galt als verschollen, "wessen Aufenthalt während längerer Zeit unbekannt ist, ohne daß Nachrichten darüber vorliegen, ob er in dieser Zeit noch gelebt hat oder gestorben ist, sofern nach den Umständen hierdurch ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründet werden". Gemäß Abs 2 galt nicht als verschollen, "wessen Tod nach den Umständen nicht zweifelhaft ist". Abschnitt IV regelte das Verfahren bei Feststellung der Todeszeit und enthielt in § 39 eine Bestimmung, wonach für den Fall, dass die Todeserklärung mit Rücksicht auf § 1 Abs 2 unzulässig war, eine Eintragung im Sterbebuch aber nicht erfolgt war, ein Antrag gestellt werden konnte, den Tod und den Zeitpunkt des Todes durch gerichtliche Entscheidung festzustellen.
2.4.3.Abschnitt VI leg. cit. enthielt schließlich Bestimmungen über das Inkraft-treten sowie "Übergangs- und Schlußvorschriften für die Ostmark und den Reichsgau Sudetenland". In § 55 Abs 1 leg. cit. wurde angeordnet, dass "in der Ostmark und im Reichsgau Sudetenland" die §§1 bis 12 und die §§47, 53 und 54 des Gesetzes am in Kraft treten. Damit entfielen die bisher geltenden materiellrechtlichen Bestimmungen des Todeserklärungsgesetzes 1883. Das Verfahren richtete sich gemäß § 56 Abs 1 "in der Ostmark und im Reichsgau Sudetenland bis auf weiteres nach den Vorschriften des [Todeserklärungsgesetzes 1883] in der Fassung RGBl. 129/1918". Das Verschollenheitsgesetz 1939 wurde in weiterer Folge durch die Verordnungen zur Ergänzung des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom , dRGBl. I S 31 und vom , dRGBl. I S 66, im Hinblick auf Fälle von Kriegsverschollenheit geändert.
2.5.Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage und dieser Rechtsentwicklung ist der Antrag nicht begründet.
2.5.1.Soweit der Antragsteller vermeint, die angefochtene Kundmachung der Wiederverlautbarung sei gesetzwidrig, weil anlässlich der Wiederverlautbarung "Gesetze miteinander vermischt" wurden, ist ihm Folgendes entgegenzuhalten:
2.5.1.1.Mit der angefochtenen Kundmachung der Bundesregierung vom wurden auf Grund des § 1 Wiederverlautbarungsgesetz die in Geltung stehenden Rechtsvorschriften über Verschollenheit und das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes neu verlautbart.
2.5.1.2.Gemäß Artikel 2 wurden bei der Wiederverlautbarung u.a. das Todeserklärungsgesetz 1883 (dessen §§5, 8 Abs 3, 9 und 11 Abs 2 gemäß Artikel 3 als nicht mehr geltend festgestellt wurden) samt dessen Änderung durch RGBl. 129/1883 und das Verschollenheitsgesetz 1939 (dessen §§47, 53 und 54 gemäß Artikel 3 als nicht mehr geltend festgestellt wurden) samt den Verordnungen zu dessen Ergänzung dRGBl. I S 31 und dRGBl. I S 66 berücksichtigt. Artikel 4 legt fest, dass die wiederverlautbarten Rechtsvorschriften als "Todeserklärungsgesetz 1950" zu bezeichnen sind.
2.5.1.3.Die §§1 bis 11 (Voraussetzungen der Todeserklärung. Lebens- und Todesvermutungen) und § 12 TEG 1950 (Zwischenstaatliches Recht) stimmen nahezu wörtlich – abgesehen von durch die Änderung der staatsrechtlichen Verhältnisse notwendig gewordenen Anpassungen und Anpassungen an den österreichischen Sprachgebrauch – mit den §§1 bis 12 Verschollenheitsgesetz 1939 überein. Die verfahrensrechtlichen Bestimmungen der §§13 bis 19 (Todeserklärung) und der §§21 bis 29 TEG 1950 (Beweisführung des Todes sowie Aufhebung und Berichtigung der Todeserklärung oder der Beweisführung des Todes) entsprechen im Wesentlichen den Verfahrensbestimmungen des Todeserklärungsgesetzes 1883 idF RGBl. 129/1918. § 20 TEG 1950 entspricht § 56 Abs 2 Verschollenheitsgesetz 1939.
2.5.1.4.Die Bundesregierung hat die ihr nach dem Wiederverlautbarungsgesetz zukommende Ermächtigung insbesondere im Hinblick auf die Bestimmung des § 2 Z 6, die die Möglichkeit vorsah, anlässlich einer Wiederverlautbarung Änderungen oder Ergänzungen, die nicht durch Novellen, sondern durch besondere Gesetze abseits des Stammgesetzes verfügt worden waren, in die betreffende Rechtsvorschrift selbst einzubauen, nicht überschritten.
2.5.2.Der Antragsteller ist insbesondere mit seinem Vorbringen, wonach die angefochtene Kundmachung gesetzwidrig sei, weil "wesentliche Bestandteile [gemeint hier insbesondere § 39 Verschollenheitsgesetz 1939] der früher geltenden Gesetze schlicht vergessen" wurden, nicht im Recht:
2.5.2.1.Wie unter Pkt. IV.2.4.3. näher ausgeführt wurde, bestimmte § 55 Abs 1 Verschollenheitsgesetz 1939, dass lediglich die §§1 bis 12 und die §§47, 53 und 54 dieses Gesetzes in Österreich am in Kraft traten. Gemäß § 56 Verschollenheitsgesetz 1939 richtete sich das Verfahren bis auf weiteres nach den Vorschriften des Todeserklärungsgesetzes 1883. Die §§13 bis 38 des Abschnitts III (Verfahren bei Todeserklärungen) und die §§39 bis 45 des Abschnitts IV (Verfahren bei Feststellung der Todeszeit) sowie die §§46 und 48 bis 52 traten daher in Österreich niemals in Kraft. Insbesondere das vom Antragsteller im Ausgangsverfahren angestrebte Verfahren nach § 39 TEG 1950 wurde für Österreich nie in Geltung gesetzt.
2.5.2.2.Durch § 2 R-ÜG wurden Gesetze und Verordnungen nach dem – soweit sie nicht gemäß § 1 R-ÜG mit dem Bestand eines freien und unabhängigen Staates Österreich oder mit den Grundsätzen einer echten Demokratie unvereinbar waren – in vorläufige Geltung gesetzt, wenn sie nach dem für die Republik Österreich oder ihre Teilbereiche erlassen worden waren.
2.5.2.3.Im Hinblick auf den Umstand, dass die §§39 bis 45 des Abschnitts IV (Verfahren bei Feststellung der Todeszeit) sowie die §§46 und 48 bis 52, und damit insbesondere auch § 39 Verschollenheitsgesetz 1939, für Österreich nicht in Kraft gesetzt worden waren (vgl. Pkt. IV.2.5.2.1), war diese Bestimmung bei der Wiederverlautbarung der Rechtsvorschriften über Verschollenheit und das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes nicht zu berücksichtigen.
V.Ergebnis
1.Die ob der Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Kundmachung der Bundesregierung vom über die Wiederverlautbarung der Rechtsvorschriften über Verschollenheit und das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes erhobenen Bedenken treffen nicht zu.
Der Antrag ist daher abzuweisen.
2.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI: | ECLI:AT:VFGH:2017:WV1.2017 |
Schlagworte: | Wiederverlautbarung, Todeserklärung, VfGH / Parteiantrag, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Prüfungsmaßstab |
Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.