VfGH vom 24.11.2017, WIV1/2017

VfGH vom 24.11.2017, WIV1/2017

Leitsatz

Keine Stattgabe der Anfechtung eines Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend die Verweigerung der Aufnahme eines vor Inkrafttreten des WahlrechtsänderungsG 2011 strafgerichtlich Verurteilten in die (Europa-)Wählerevidenz; weiterer Ausschluss vom Wahlrecht wegen bestehender Wahlausschließungsgründe auf Grund der Art und Schwere der begangenen Straftat im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers; Abstellen auf einen Stichtag für die Anwendung der neuen Regelung über den Entzug des Wahlrechts nur bei einer gerichtlichen Einzelfallentscheidung gegenüber dem für Altfälle vorgesehenen Wahlrechtsausschluss als Folge des Gesetzes nicht verfassungswidrig

Spruch

I.Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

II.Der Anfechtung wird nicht stattgegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe

1.Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom , rechtskräftig am , wurde der Anfechtungswerber der Verbrechen des schweren Raubes nach den §§142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und des versuchten Mordes nach den §§15, 75 StGB, des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4 zweiter Fall StGB und der Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG schuldig erkannt und unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem § 75 StGB zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt; er wurde gemäß § 21 Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

2.Mit Schreiben vom stellt der Anfechtungswerber einen "Antrag auf Wiedereintragung in die Wählerevidenz in Wien". Mit Beschluss der Bezirkswahlbehörde für den 12. Wiener Gemeindebezirk vom wurde dieser Antrag abgewiesen. Der Anfechtungswerber erhob gegen diese Entscheidung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und beantragte die Bewilligung von Verfahrenshilfe sowie eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art 267 AEUV. Das Bundesverwaltungsgericht bewilligte den Antrag auf Verfahrenshilfe wegen Aussichtslosigkeit nicht und wies die Beschwerde zusammengefasst mit der Begründung ab, dass "die mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahm[e] hinsichtlich des Beschwerdeführers derzeit an[dauere] und […] erst wieder im Jänner 2018 überprüft" werde. Der Anfechtungswerber bleibe daher angesichts der (zu ihm selbst ergangenen) Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom , WIV4/2016, weiterhin vom Wahlrecht ex lege ausgeschlossen, weshalb der Entscheidung der Wahlbehörde zu folgen sei. Dem als bloße "Anregung" zu wertenden "Antrag" an den Gerichtshof der Europäischen Union ein Vorabentscheidungsersuchen zu stellen, sei daher nicht näher zu treten.

3.Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, als "Beschwerde" bezeichnete, der Sache nach auf Art 141 B-VG gestützte Anfechtung, in der der Anfechtungswerber unter einem die Bewilligung der Verfahrenshilfe in vollem Umfang begehrt.

4.Die – zulässige – Anfechtung ist nicht begründet.

Mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom , WIV4/2016, wurde der Anfechtung desselben Anfechtungswerbers im Zusammenhang mit seiner begehrten Eintragung in die (Europa-)Wählerevidenz – unter Zugrundelegung der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Gerichtshofes der Europäischen Union – nicht stattgegeben.

Die vorliegende Rechtssache entspricht in allen entscheidungswesentlichen Belangen – hinsichtlich des Sachverhaltes (Eintragung in die Wählerevidenz), des Anfechtungsvorbringens und der angewendeten Rechtsvorschriften (vgl. dazu Punkt II.1. und III.2.5. des zitierten Erkenntnisses) jener, die bereits dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , WIV4/2016, zugrunde gelegen ist. Der Verfassungsgerichtshof kann sich daher darauf beschränken, auf die Entscheidungsgründe seines – zum selben Anfechtungswerber – gefällten Erkenntnisses hinzuweisen, weshalb der Anfechtung nicht stattzugeben ist.

5.Da somit die vom Anfechtungswerber beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof als offenbar aussichtslos erscheint, muss sein unter einem gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen werden (§63 Abs 1 ZPO iVm § 35 VfGG).

6.Diese Entscheidung konnte gemäß § 72 Abs 1 ZPO iVm § 35 VfGG bzw. § 19 Abs 3 Z 4 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2017:WIV1.2017
Schlagworte:
Wahlen, Wählerevidenz, Europawahl, Wahlrecht, Übergangsbestimmung, Stichtag, Strafprozessrecht

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