VfGH vom 21.06.2012, WIII-1/11

VfGH vom 21.06.2012, WIII-1/11

19651

Leitsatz

Feststellung der Gesetzwidrigkeit einer Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Ladendorf betreffend die Anordnung einer Volksbefragung über die Errichtung von Windkraftanlagen; Zulässigkeit der von zwei Gemeindebürgern eingebrachten Anfechtung des Ergebnisses der Gemeindevolksbefragung; Kundmachung des Bürgermeisters hinsichtlich der Anordnung der Volksbefragung und der Festlegung des Wortlautes der Fragestellung als Verordnung des Gemeinderates zu qualifizieren; gravierende Abweichung des kundgemachten Wortlautes der Kundmachung vom Beschluss des Gemeinderates; Fragestellung unklar

Spruch

Der Anfechtung wird stattgegeben.

Das Verfahren zur Volksbefragung betreffend die Errichtung von Windkraftanlagen im Gemeindegebiet Ladendorf, KG Ladendorf, vom wird zur Gänze aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt, Anfechtungsvorbringen und amtswegiges Verordnungsprüfungsverfahren

1. In seiner Sitzung am ordnete der Gemeinderat der Marktgemeinde Ladendorf mehrheitlich die Durchführung einer Volksbefragung betreffend die Errichtung von Windkraftanlagen an. Mit Kundmachung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Ladendorf vom , verlautbart durch Anschlag an der Amtstafel vom bis , wurde gemäß § 63 der Niederösterreichischen Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000-15 (im Folgenden: NÖ GO 1973), für den eine Volksbefragung betreffend die Errichtung von Windkraftanlagen ausgeschrieben. Sodann wurde am Sonntag, den , die Volksbefragung durchgeführt. Dabei entfielen von den 1.452 abgegebenen gültigen Stimmen 808 Stimmen auf JA und 644 Stimmen auf NEIN. Dieses Ergebnis wurde iSd § 66 NÖ GO 1973 durch Anschlag an der Amtstafel am verlautbart.

2. Mit ihrer am übergebenen, auf Art 141 B-VG gestützten Anfechtung des Ergebnisses der Volksbefragung beantragen zwei Gemeindebürger, "das Verfahren zur Volksbefragung des Gemeinderates Ladendorf am , beginnend mit der Gemeinderatssitzung vom , für nichtig [zu] erklären und als rechtswidrig auf[zu]heben".

3. Aus Anlass dieser Anfechtung leitete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom gemäß Art 139 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Ladendorf vom , mit der die Durchführung der Volksbefragung angeordnet worden war, ein. In seinem in diesem Verordnungsprüfungsverfahren ergangenen Erkenntnis vom , V23/12, stellte der Verfassungsgerichtshof die Zulässigkeit der Anfechtung fest und sprach aus, dass der als Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Ladendorf qualifizierte Teil der Kundmachung vom mit dem Wortlaut

"Der Gemeinderat der Marktgemeinde Ladendorf hat in seiner Sitzung am mehrheitlich beschlossen, gem. § 63 der NÖ. Gemeindeordnung 1973, LGBL 1000, i. d. jeweils gültigen Fassung, eine

VOLKSBEFRAGUNG

über

die Errichtung von sechs Windkraftanlagen im Gemeindegebiet Ladendorf, KG. Ladendorf, auf den Grundstücken Nr. 2359, 2368-2381,2428,2430-2438, 2444,2452-2480, 2484 -2509,2511-2517,2577,2578,1972,1999,2001-2017,2029-2034 und 2058, durchzuführen.

Die Abstimmungsfrage lautet:

Ich stimme für die Errichtung von max. 6 Windkraftanlagen im Gemeindegebiet Ladendorf

O JA O NEIN"

gesetzwidrig war.

II. Erwägungen

1. Die vorliegende Anfechtung des Ergebnisses der Volksbefragung vom ist zulässig (s.

Abschnitt III.1. des Erkenntnisses ).

2. Der Anfechtung ist Folge zu geben:

In Hinblick auf die mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , V23/12, festgestellte Gesetzwidrigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Ladendorf vom , mit der die Durchführung der Volksbefragung angeordnet und der Wortlaut der Fragestellung festgelegt wurden, ist die Rechtswidrigkeit des Verfahrens zu dieser Volksbefragung offenkundig. Das Verfahren war daher zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben.

III. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Der Anfechtung wird stattgegeben.

Das Verfahren zur Volksbefragung betreffend die Errichtung von Windkraftanlagen in der Marktgemeinde Ladendorf wird zur Gänze aufgehoben.

2. Kosten waren nicht zuzusprechen, weil ein Kostenersatz im Verfahren nach Art 141 B-VG nur in § 71a VfGG (vgl. dazu auch § 27 VfGG) vorgesehen ist, welche Bestimmung im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt (VfSlg. 15.942/2000 mwH).

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.