VfGH vom 02.03.2022, WI6/2021
Leitsatz
Keine Stattgabe der Anfechtung der Wahlen zum Gemeinderat der Oberösterreichischen Stadtgemeinde Eferding; keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Verknüpfung der Einbringung eines Wahlvorschlags an die Übermittlung des Wählerverzeichnisses zum Zweck der Wahlwerbung; Recht auf Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis dient der Überprüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit desselben; kein Recht auf unbeschränkte Einsicht in das gesamte Wählerverzeichnis zur Erlangung der Daten wahlberechtiger Personen
Spruch
Der Anfechtung wird nicht stattgegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Anfechtung und Vorverfahren
1. Bei der Wahl des Gemeinderates der Stadtgemeinde Eferding vom entfielen von den insgesamt 2.011 abgegebenen gültigen Stimmen auf die Wahlparteien
Team Bürgermeister Severin Mair – ÖVP Eferding (ÖVP) 764 Stimmen (10 Mandate),
Freiheitliche Partei Österreichs 312 Stimmen (4 Mandate),
Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) 636 Stimmen (8 Mandate),
Die Grünen – Die Grüne Alternative OÖ (GRÜN) 194 Stimmen (2 Mandate) und
Offene Liste Eferding (OLE) 105 Stimmen (1Mandat).
2. Mit der vorliegenden, auf Art141 B-VG gestützten Anfechtung werden die Nichtigerklärung der Wahl des Gemeinderates der Stadtgemeinde Eferding vom sowie Kostenersatz begehrt. Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Die anfechtungswerbende Partei habe bereits am eine Ausfolgung des Wählerverzeichnisses gemäß §18 Abs3 Oö. Kommunalwahlordnung (im Folgenden: Oö. KWO) beantragt. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei sie als wahlwerbende Partei iSd §2 Z2 Parteiengesetz 2012 (im Folgenden: PartG) aufgetreten, weil dafür die Einbringung eines Wahlvorschlages keine Voraussetzung sei. Die Gemeindewahlbehörde habe das Wählerverzeichnis daher mit der Begründung, dass dieses erst nach der Einbringung eines Wahlvorschlages übermittelt werden könne, rechtswidrig zurückgehalten. Am habe die anfechtungswerbende Partei ihren Wahlvorschlag eingebracht. Das Wählerverzeichnis sei ihr nach ihrem neuerlichen Ersuchen schließlich erst am und somit insgesamt vier Wochen zu spät übermittelt worden.
Darüber hinaus sei dem Zustellungsbevollmächtigten der anfechtungswerbenden Partei die Möglichkeit zur Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis gemäß §19 Abs1 Oö. KWO verweigert worden. Er sei am am Stadtamt Eferding zur Einsichtnahme erschienen. Ihm sei jedoch entgegen der genannten Bestimmung nur die Kontrolle seiner eigenen Daten gewährt worden. Hingegen sei ihm eine "gründliche und umfassende Einsichtnahme" in das übrige Wählerverzeichnis verweigert worden.
Diese Rechtswidrigkeiten seien ergebnisrelevant, weil die anfechtungswerbende Partei dadurch beim Sammeln von Unterstützungserklärungen, bei der Kandidatensuche für ihre Liste sowie beim Ansprechen von und bei der direkten Kontaktaufnahme mit Wahlberechtigten behindert worden sei. Sie habe damit einen Nachteil gegenüber anderen Parteien gehabt, die das Wählerverzeichnis früher erhalten hätten. Es sei davon auszugehen, dass die anfechtungswerbende Partei bei Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zumindest ein zweites Mandat erhalten hätte.
3. Die Gemeindewahlbehörde der Stadtgemeinde Eferding hat die Wahlakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie im Wesentlichen Folgendes vorbringt:
Die in der Wahlordnung einer wahlwerbenden Partei eingeräumten Rechte würden voraussetzen, dass die wahlwerbende Partei einen Wahlvorschlag eingebracht habe. Dies spiegle sich in der Voraussetzung der "Aufstellung einer Parteiliste" in §2 Z2 PartG und der Anfechtungslegitimation nach §67 Abs2 VfGG wider und entspreche auch der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sowie der Literatur. Dem Antrag der anfechtungswerbenden Partei vom auf Ausfolgung des Wählerverzeichnisses gemäß §18 Abs3 Oö. KWO habe keine Folge gegeben werden können, weil zum Zeitpunkt der Antragstellung noch kein Wahlvorschlag der anfechtungswerbenden Partei eingebracht worden sei und daher noch keine wahlwerbende Partei vorgelegen sei. Nach der Einbringung des Wahlvorschlages sei das Wählerverzeichnis ordnungsgemäß übermittelt worden.
Zur öffentlichen Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis sei anzumerken, dass diese uneingeschränkt möglich sei und nicht nur die Kontrolle der eigenen Daten erlaube, weil ansonsten das Berichtigungsrecht nach §20 Oö. KWO nicht ausgeübt werden könne. Dem Zustellungsbevollmächtigten der anfechtungswerbenden Partei sei die Einsichtnahme jedoch nicht verweigert worden. Er habe in Anwesenheit der damals zuständigen Sachbearbeiterin in das Wählerverzeichnis Einsicht genommen, Einträge gesucht, sich von der Sachbearbeiterin durch die Angabe des jeweiligen Wahlsprengels unterstützen lassen und sich über die erhaltenen Informationen Notizen gemacht. Dies werde durch die der Gegenschrift beigelegte Sachverhaltsdarstellung der genannten Sachbearbeiterin bestätigt.
Die in der Anfechtung behaupteten Rechtswidrigkeiten seien im Übrigen auch nicht ergebnisrelevant. Die anfechtungswerbende Partei sei bereits in der letzten Funktionsperiode des Gemeinderates vertreten gewesen. Ihr Zustellungsbevollmächtigter habe unabhängig von einer früheren Übermittlung des Wählerverzeichnisses ungehindert Wahlwerbung betreiben können. Er habe auch ab dem ersten Tag der öffentlichen Auflage des Wählerverzeichnisses alle Einträge darin recherchieren und für seine Absicht, einen Wahlvorschlag einzubringen, verwenden können; von diesem Recht habe er auch tatsächlich Gebrauch gemacht.
Mit der Anzahl der Stimmen, die auf die anfechtungswerbende Partei entfallen seien, und jener, die für ein zweites Mandat im Gemeinderat nötig gewesen wären, lasse sich ein Einfluss auf das Wahlergebnis nicht schlüssig begründen.
4. Nach Aufforderung durch den Verfassungsgerichtshof brachte die anfechtungswerbende Partei eine weitere Äußerung ein, in der sie zur Einsichtnahme ihres Zustellungsbevollmächtigten in das Wählerverzeichnis am Folgendes vorbringt und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur weiteren Klärung beantragt:
Entgegen der Sachverhaltsdarstellung in der Gegenschrift der Gemeindewahlbehörde sei dem Zustellungsbevollmächtigten der anfechtungswerbenden Partei beim Stadtamt am keine umfassende Einsicht in das Wählerverzeichnis gestattet worden. Dieser habe sich nicht setzen dürfen und sei insgesamt keine fünf Minuten im Raum gewesen. Als er sich dem Wählerverzeichnis zugewandt habe, habe sich die Sachbearbeiterin neben ihn gestellt. Er habe nur seinen eigenen Eintrag und die Einträge seiner Söhne kontrollieren können. Eine weitere Einsichtnahme sei ihm nicht gestattet worden und er habe auch keine Aufzeichnungen machen können. Auf Grund dieser Verweigerung habe er sich schließlich unter Protest vom Stadtamt entfernt.
5. Aus den vorgelegten Akten sowie den übrigen im Rahmen des durchgeführten Vorverfahrens eingegangenen Äußerungen geht für den Verfassungsgerichtshof folgender maßgeblicher Sachverhalt hervor:
Der Zustellungsbevollmächtigte der anfechtungswerbenden Partei hat namens dieser mit Schreiben vom bei der Gemeindewahlbehörde der Stadtgemeinde Eferding die Ausfolgung eines Wählerverzeichnisses begehrt. Mit Schreiben der Stadtgemeinde Eferding vom wurde ihm mitgeteilt, dass die Übermittlung des Wählerverzeichnisses gemäß §18 Abs3 Oö. KWO nur an eine wahlwerbende Partei erfolgen dürfe. Dies setze die Einbringung eines gültigen Wahlvorschlages voraus (die seitens des Zustellungsbevollmächtigten der anfechtungswerbenden Partei zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt war). Im Übrigen verwies die Gemeindewahlbehörde der Stadtgemeinde Eferding auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis im Auflagezeitraum vom 20. bis einschließlich .
Am erschien der Zustellungsbevollmächtigte der anfechtungswerbenden Partei am Stadtamt Eferding zur Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis. Diese Einsichtnahme, deren durch die Gemeindewahlbehörde konkret gewährter Umfang auf Grund der rechtlichen Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben kann (siehe Punkt III.2.3.), erfolgte nach den insoweit unbestrittenen Angaben der anfechtungswerbenden Partei ausschließlich zum Zweck, die Wahlberechtigung potentieller Unterstützungswerber zu prüfen und deren Adressen zur Werbung um eine Unterstützungserklärung zu erlangen.
Am brachte der Zustellungsbevollmächtigte der anfechtungswerbenden Partei den Wahlvorschlag für die Teilnahme der anfechtungswerbenden Partei an der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl der Stadtgemeinde Eferding ein. Mit Beschluss der Gemeindewahlbehörde vom wurde dieser Wahlvorschlag für gültig eingebracht erklärt.
Am übermittelte die Gemeindewahlbehörde der anfechtungswerbenden Partei das Wählerverzeichnis.
II. Rechtslage
Die maßgeblichen Bestimmungen des Landesgesetzes vom über die Wahl der Mitglieder des Gemeinderates und des Bürgermeisters (Oö. Kommunalwahlordnung – Oö. KWO), LGBl 81/1996, idF LGBl 93/2020 lauten wie folgt:
"II. HAUPTSTÜCK
Wahlbehörden
1. Abschnitt
Allgemeines über die örtlichen Wahlbehörden
§5
Leitung der Wahlen
(1) Die Leitung und Durchführung der nach diesem Landesgesetz vorgesehenen Wahlen obliegt den Wahlbehörden. Sie werden vor jeder Wahl des Gemeinderates neu gebildet und bleiben allenfalls in geänderter Zusammensetzung nach §6 Abs6 bis zur Konstituierung der Wahlbehörden anläßlich der nächsten Wahl des Gemeinderates im Amt.
(2) Die Wahlbehörden haben die Geschäfte zu besorgen, die ihnen nach diesem Landesgesetz zukommen. Sie entscheiden auch in allen Fragen, die sich in ihrem Wirkungsbereich über das Wahlrecht und die Ausübung der Wahl ergeben; hiebei haben sie sich jedoch nur auf allgemeine, grundsätzliche und wichtige Verfügungen und Entscheidungen zu beschränken.
[(3)–(8) …]
§6
Zusammensetzung der Wahlbehörden
(1) Jede Wahlbehörde besteht aus einem Vorsitzenden als Wahlleiter sowie einer Anzahl von Beisitzern. Für den Wahlleiter und die Beisitzer sind für den Fall der vorübergehenden Verhinderung die erforderliche Anzahl von Wahlleiter-Stellvertretern und Ersatzbeisitzern zu bestellen. Die Anzahl der Ersatzbeisitzer einer wahlwerbenden Partei darf jedoch die Anzahl der Beisitzer dieser wahlwerbenden Partei nicht überschreiten.
(2) Die Beisitzer und Ersatzbeisitzer der Wahlbehörden werden auf Grund von Vorschlägen der wahlwerbenden Parteien, die in der laufenden Funktionsperiode im Gemeinderat vertreten sind, nach dem Verhältnis der Parteisummen (§67 Abs2) der letzten Wahl des Gemeinderates bestellt; §68 ist hiebei sinngemäß anzuwenden.
(2a) Im Zweifelsfall ist die Frage, ob eine wahlwerbende Partei in der laufenden Funktionsperiode im Gemeinderat vertreten ist, von der Gemeindewahlbehörde zu beurteilen. Hierbei ist maßgeblich, ob die wahlwerbende Partei von der gleichen politischen Organisation unterstützt wird, wie bei der letzten Wahl des Gemeinderats.
(3) Ein Beisitzer oder Ersatzbeisitzer, der sein Mandat in der Wahlbehörde aus irgendeinem Grund, ausgenommen die vorübergehende Verhinderung, nicht ausübt, verliert sein Mandat. Die wahlwerbende Partei, die den Vorschlag auf seine Entsendung erstattete, hat unverzüglich einen neuen Vorschlag für die Besetzung des frei gewordenen Mandates einzubringen.
(4) Hat eine wahlwerbende Partei, die auf Grund des Ergebnisses der letzten Gemeinderatswahl Anspruch auf die Bestellung von Beisitzern hätte, keinen Wahlvorschlag eingebracht oder wurde ihr Wahlvorschlag nicht veröffentlicht oder hat sie keinen Vorschlag gemäß Abs2 oder 3 eingebracht, ist das Verfahren gemäß Abs2 zu wiederholen. Dabei werden nur mehr die wahlwerbenden Parteien berücksichtigt, die auf Grund des Ergebnisses der letzten Gemeinderatswahl Anspruch auf die Bestellung von Beisitzern haben, einen gültigen Wahlvorschlag und einen Vorschlag nach Abs2 eingebracht haben. Diese wahlwerbenden Parteien haben nach Maßgabe des Ergebnisses des wiederholten Verfahrens gemäß Abs2 das Recht, für die Besetzung der freigewordenen Mandate Beisitzer (Ersatzbeisitzer) vorzuschlagen. Unabhängig davon, ob die wahlwerbenden Parteien dieses Recht in Anspruch nehmen oder nicht, gilt die Wahlbehörde als ordnungsgemäß zusammengesetzt.
(5) Die Mitglieder (Ersatzmitglieder) der Wahlbehörden können jederzeit von dem Organ, das sie bestellt hat, abberufen und durch andere Personen ersetzt werden. Ein Wechsel von Beisitzern (Ersatzbeisitzern) ist jedoch nur über Vorschlag jener Partei zulässig, auf deren Vorschlag die Bestellung des Mitgliedes (Ersatzmitgliedes) erfolgt ist.
(6) Entspricht die Zusammensetzung einer Wahlbehörde nach der Wahl des Gemeinderates nicht mehr Abs2, sind die der neuen Parteienstärke entsprechenden Änderungen durchzuführen.
§7
Entsendung von Vertrauenspersonen
Hat eine wahlwerbende Partei gemäß §6 Abs2 keinen Anspruch auf Berufung eines Beisitzers, ist sie berechtigt, in die Gemeinde(Stadt-)wahlbehörde und in die Sprengelwahlbehörde höchstens zwei Vertreter sowie in besondere Wahlbehörden und in Berichtigungskommissionen höchstens einen Vertreter als Vertrauenspersonen zu entsenden. Die Vertrauenspersonen sind zu den Sitzungen der Wahlbehörden einzuladen. Sie nehmen an den Verhandlungen ohne Stimmrecht teil. Im Übrigen sind §5 Abs3, 5, 7 und 8, §6 Abs3, 5 und 6, §11 Abs3 und 4 erster Halbsatz, §12 Abs3, §14 Abs4 und 5 und §15 Abs4 sinngemäß anzuwenden.
[…]
III. HAUPTSTÜCK
Erfassung der Wahlberechtigten
[…]
§18
Eintragung ins Wählerverzeichnis
(1) Die Gemeinde hat die Wahlberechtigten in Wählerverzeichnisse einzutragen, die auf Grund der im Zentralen Wählerregister (§4 Abs1 Wählerevidenzgesetz 2018 – WEviG, BGBl I Nr 106/2016, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 32/2018) geführten Wählerevidenzen und der Unionsbürger-Wählerevidenz (§18a) nach Wahlsprengeln und innerhalb der Wahlsprengel nach Straßen, Hausnummern und dergleichen unter Bedachtnahme auf §17 Abs1 nach dem Muster gemäß Anlage 7 anzulegen sind. Zu diesem Zweck dürfen die Daten auch lokalen Datenverarbeitungen im Weg einer Schnittstelle zum Zentralen Wählerregister zur Verfügung gestellt werden, über die die weitere Administration der Wählerverzeichnisse abläuft.
(2) Jede wahlberechtigte Person darf nur einmal in den Wählerverzeichnissen eingetragen sein. Sie ist in das Wählerverzeichnis des Wahlsprengels einzutragen, in dem sie am Stichtag ihren Hauptwohnsitz hatte.
(3) Den wahlwerbenden Parteien sind auf ihr Verlangen spätestens am ersten Tag der Auflage des Wählerverzeichnisses (§19 Abs1) für Zwecke des §1 Abs2 Parteiengesetz 2012, BGBl I Nr 56/2012, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 24/2020, sowie für Zwecke der Statistik die in den Wählerverzeichnissen enthaltenen personenbezogenen Daten in einem bearbeitbaren Dateiformat zu übermitteln. Hierzu kann das Zentrale Wählerregister verwendet werden. Die Gemeinden sind berechtigt, die Übermittlung von der Entrichtung eines angemessenen Beitrags zu den Kosten abhängig zu machen. Unter den gleichen Bedingungen sind auch allfällige Nachträge zu den Wählerverzeichnissen auszufolgen.
[…]
§19
Auflage des Wählerverzeichnisses
(1) Am 14. Tag nach dem Stichtag hat die Gemeinde das Wählerverzeichnis in einem allgemein zugänglichen Amtsraum während eines Zeitraums von zehn Tagen während der Amtsstunden zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Samstage, Sonn- und Feiertage sind in die Auflagefrist einzurechnen.
(2) Die Auflage ist unter Bekanntgabe des Raums, der Auflagefrist und der für die Einsichtnahme bestimmten Tagesstunden in der Gemeinde mit dem Beifügen ortsüblich zu verlautbaren, dass in der angegebenen Zeit von jedem zum Gemeinderat Wahlberechtigten in die Wählerverzeichnisse Einsicht genommen werden kann und dass die Möglichkeit des Berichtigungsantrags nach Maßgabe des §20 offensteht. In Städten mit eigenem Statut ist gleichzeitig die Dienststelle bekanntzugeben, bei der Berichtigungsanträge einzubringen sind.
(3) Vom ersten Tag der Auflage an dürfen die Wählerverzeichnisse nur mehr auf Grund der im Berichtigungs- und Beschwerdeverfahren (§§20 bis 22) gefällten Entscheidungen geändert oder berichtigt werden. Ausgenommen hievon ist die Behebung von Formgebrechen, wie zB Schreibfehlern und Eintragungsfehlern, wie sie sich aus Gebrechen von EDV-Anlagen ergeben können.
§20
Berichtigungsantrag gegen das Wählerverzeichnis
(1) Gegen das Wählerverzeichnis kann jede Person, die das aktive Wahlrecht (§17 Abs1) besitzt oder zu besitzen behauptet, unter Angabe ihres Namens und ihrer Wohnadresse innerhalb der Auflagefrist wegen Nichtaufnahme vermeintlich Wahlberechtigter oder wegen Aufnahme vermeintlich nicht Wahlberechtigter schriftlich oder mündlich oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Mittel auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise beim Gemeindeamt bzw in Städten mit eigenem Statut bei der zur Entgegennahme von Berichtigungsanträgen bezeichneten Dienststelle (§19 Abs2) einen Berichtigungsantrag unter Anführung der den Berichtigungsantrag begründenden Tatsachen stellen. Die Berichtigungsanträge müssen beim Gemeindeamt bzw bei der bezeichneten Dienststelle vor Ablauf der Einsichtsfrist einlangen.
(2) Personen, gegen deren Aufnahme in das Wählerverzeichnis ein Berichtigungsantrag gestellt wurde, sind durch die Gemeinde innerhalb von 24 Stunden nach Einlangen des Berichtigungsantrags nachweisbar schriftlich zu verständigen. Der Verständigte kann binnen vier Tagen nach Zustellung beim Gemeindeamt bzw in Städten mit eigenem Statut bei der gemäß §19 Abs2 bekanntgegebenen Dienststelle Einwendungen zum Berichtigungsantrag vorbringen.
(3) Stellt jemand einen Berichtigungsantrag gegen das Wählerverzeichnis und ist ihm bekannt, dass die vom Berichtigungsantrag betroffene Person im Wählerverzeichnis mehrerer Wahlsprengel aufgenommen ist, oder dass wegen Aufnahme bzw Nichtaufnahme dieser Person in das Wählerverzeichnis bei einer anderen Behörde, als bei derjenigen, bei der der Berichtigungsantrag gestellt wurde, ein Berichtigungsverfahren läuft, hat er dies im Berichtigungsantrag bekanntzugeben; die zu seiner Begründung notwendigen Belege sind anzuschließen. Das gleiche gilt, wenn jemand in eigener Sache einen Berichtigungsantrag stellt. Die Behörde, bei der der Berichtigungsantrag gestellt wurde, hat mit der anderen Behörde einvernehmlich vorzugehen.
(4) Die Namen der Antragsteller unterliegen dem Amtsgeheimnis. Den Strafgerichten sind sie auf Verlangen bekanntzugeben.
§21
Entscheidung über Berichtigungsanträge
(1) Über den Berichtigungsantrag hat die Gemeindewahlbehörde bzw in Städten mit eigenem Statut die Berichtigungskommission innerhalb von sechs Tagen nach Ende der Auflagefrist der Wählerverzeichnisse zu entscheiden, und zwar auch dann, wenn in dieser Frist eine Äußerung des vom Berichtigungsantrag Verständigten nicht eingelangt ist.
(2) Die Entscheidung ist dem Antragsteller und dem von der Entscheidung Betroffenen unverzüglich schriftlich mitzuteilen.
§22
Beschwerde gegen die Entscheidung über Berichtigungsanträge
(1) Gegen die Entscheidung über Berichtigungsanträge (§21 Abs1) können der Antragsteller sowie der von der Entscheidung Betroffene binnen drei Tagen nach der Zustellung bei der Gemeindewahlbehörde bzw in Städten mit eigenem Statut bei der Berichtigungskommission schriftlich und nach Maßgabe der vorhandenen technischen Mittel auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise Beschwerde einbringen. Die Gemeindewahlbehörde (Berichtigungskommission) hat den Beschwerdegegner von der eingebrachten Beschwerde unverzüglich mit dem Hinweis zu verständigen, dass es ihm freisteht, innerhalb von zwei Tagen nach Zustellung der Verständigung in die Beschwerde Einsicht und zu den vorgebrachten Beschwerdegründen Stellung zu nehmen.
(2) Die Gemeindewahlbehörde bzw die Berichtigungskommission hat die Beschwerde nach Durchführung der allenfalls erforderlichen Feststellungen, jedoch jedenfalls binnen drei Tagen, dem Landesverwaltungsgericht vorzulegen.
(3) Das Landesverwaltungsgericht hat binnen vier Tagen nach Einlangen über die Beschwerde zu entscheiden. §21 Abs2 gilt sinngemäß.
§23
Richtigstellung und Abschluss des Wählerverzeichnisses
(1) Nach Rechtskraft der Entscheidung über Berichtigungsanträge (§20) oder Beschwerden (§22) hat die Gemeinde das Wählerverzeichnis sofort unter Anführung der Entscheidungsdaten richtigzustellen.
(2) Nach Beendigung des Berichtigungs- und Beschwerdeverfahrens hat die Gemeinde die Wählerverzeichnisse abzuschließen. Die abgeschlossenen Wählerverzeichnisse sind der Wahl unter Beifügung der gemäß §48 Abs5 vorgenommenen Vermerke zu Grunde zu legen. Zu diesem Zweck ist nach Ablauf der im §48 Abs3 dritter Satz vorgesehenen Frist ein aktualisierter Ausdruck der Wählerverzeichnisse herzustellen, bei dem in der Rubrik 'Anmerkung' bei den Namen jener Wählerinnen und Wähler, für die eine Wahlkarte ausgestellt worden ist, das Wort 'Wahlkarte' aufzuscheinen hat und überdies die Zeilen, in denen dieses Wort aufscheint, zB durch Kursivschrift, Fettdruck oder Farbdruck besonders hervorgehoben sind.
IV. HAUPTSTÜCK
Wahlbewerbung
1. Abschnitt
Bewerbung für die Wahl des Gemeinderates
[…]
§25
Einbringung der Wahlvorschläge; Überprüfung
(1) Wahlwerbende Parteien haben ihre Wahlvorschläge frühestens am Stichtag und spätestens am 47. Tag vor dem Wahltag bis 12.00 Uhr dem Gemeinde(Stadt-)wahlleiter während der Amtsstunden vorzulegen; dieser hat, nach sofortiger Überprüfung des Wahlvorschlags auf offensichtliche Mängel, auf dem Wahlvorschlag den Tag und die Uhrzeit seines Einlangens zu vermerken. Fallen dem Gemeinde(Stadt-)wahlleiter auf einem rechtzeitig vorgelegten Wahlvorschlag offensichtliche Mängel auf, hat er der wahlwerbenden Partei über ihr Verlangen die Möglichkeit zur Verbesserung einzuräumen; auch der verbesserte Wahlvorschlag muss innerhalb der Einbringungsfrist vorgelegt werden. Erst danach ist der Eingangsvermerk anzubringen. Der Gemeinde(Stadt-)wahlleiter hat jeden Wahlvorschlag der Gemeindewahlbehörde, in Städten mit eigenem Statut der Stadtwahlbehörde, vorzulegen.
(2) Die Gemeindewahlbehörde, in Städten mit eigenem Statut die Stadtwahlbehörde, hat jeden Wahlvorschlag nach seinem Einlangen darauf zu prüfen, ob er gültig eingebracht ist. Als gültig eingebracht gelten dabei Wahlvorschläge, die den formellen Erfordernissen gemäß §26 entsprechen. Allfällige Änderungen und Ergänzungen der eingebrachten Wahlvorschläge gemäß §27, §28, §30, §31 und §32 beeinträchtigen die Gültigkeit nicht.
(3) Als nicht gültig eingebracht gelten Wahlvorschläge,
1. die verspätet (Abs1) eingebracht werden, oder
2. denen nicht die erforderliche Anzahl von gültigen Unterstützungserklärungen angeschlossen ist, oder
3. die keine Parteiliste (§26 Abs1 Z2) enthalten.
(4) Nachträglich ungültig werden Wahlvorschläge,
1. wenn die Zahl der gültigen Unterstützungserklärungen auf Grund einer Entscheidung gemäß §21 und §22 oder der Streichung eines Bewerbers gemäß §30 Abs3 oder 4 unter das gemäß §26 Abs3 erforderliche Maß sinkt, oder
2. deren zustellungsbevollmächtigter Vertreter nicht bis zum 41. Tag vor dem Wahltag der Aufforderung des Gemeinde(Stadt-)wahlleiters gemäß §27 Abs3 nachkommt, oder
3. die einen behebbaren Mangel gemäß §31 aufweisen, der nicht innerhalb der von der Behörde gesetzten Nachfrist (§31 Abs1) bzw bis zum 41. Tag vor dem Wahltag (§31 Abs2) behoben wird.
(5) Ist kein Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates eingebracht worden oder gelten alle Wahlvorschläge als nicht eingebracht, bleibt der bestehende Gemeinderat für sechs Monate ab Feststellung dieser Tatsache im Amt. Der Bürgermeister hat die Wahl des Gemeinderates und des Bürgermeisters gemäß §4 Abs3 so auszuschreiben, daß der neu gewählte Gemeinderat innerhalb dieser Frist zusammentreten kann; eine Neufestsetzung des Stichtages findet nicht statt. Nach ungenütztem Ablauf dieser Frist gilt der Gemeinderat, dessen Funktionsperiode verlängert wurde, als aufgelöst. Die Geschäfte sind ab diesem Zeitpunkt bis zur Konstituierung eines neuen Gemeinderates von einem Regierungskommissär entsprechend den Bestimmungen der Gemeindeordnung 1990 bzw einem provisorischen Stadtverwalter nach den Bestimmungen des jeweiligen Statuts zu führen. Eine Änderung der Wahlperiode gemäß §1 Abs1 tritt dadurch nicht ein.
§26
Formelle Erfordernisse der Wahlvorschläge
(1) Jeder Wahlvorschlag muß enthalten:
1. die unterscheidende Parteibezeichnung in Worten und eine allfällige Kurzbezeichnung, bestehend aus nicht mehr als fünf Buchstaben, die auch ein Wort ergeben können;
2. die Parteiliste, das ist ein Verzeichnis von höchstens doppelt so vielen Bewerbern, wie in der Gemeinde Mitglieder des Gemeinderates zu wählen sind, in der beantragten, mit arabischen Ziffern bezeichneten Reihenfolge unter Angabe des Namens, des Geburtsdatums, des Berufes, der im Zeitpunkt der Einbringung des Wahlvorschlages ausgeübt wird, und der Adresse jedes Bewerbers;
3. die Bezeichnung einer zustellungsbevollmächtigten Person und mindestens einer Stellvertreterin oder eines Stellvertreters; diese Personen müssen das Wahlrecht zum Landtag besitzen. Anzugeben ist: Name, Beruf, Adresse. Bei mehreren Stellvertreterinnen oder Stellvertretern ist überdies die Reihenfolge der Vertretung bekannt zu geben.
(2) In den Wahlvorschlag darf eine Bewerberin oder ein Bewerber nur dann aufgenommen werden, wenn sie oder er die Voraussetzungen des §24 erfüllt und der Aufnahme schriftlich zugestimmt hat. Diese Zustimmungserklärung ist dem Wahlvorschlag anzuschließen; sie gilt gleichzeitig als Unterstützungserklärung gemäß Abs3.
(3) Jeder Wahlvorschlag muss in Gemeinden
1. mit bis zu 300 Wahlberechtigten von mindestens fünf Wahlberechtigten dieser Gemeinde,
2. mit 301 bis 750 Wahlberechtigten von mindestens acht Wahlberechtigten dieser Gemeinde,
3. mit 751 bis 1.300 Wahlberechtigten von mindestens elf Wahlberechtigten dieser Gemeinde,
4. mit 1.301 bis 3.000 Wahlberechtigten von mindestens 18 Wahlberechtigten dieser Gemeinde,
5. mit 3.001 bis 5.000 Wahlberechtigten von mindestens 25 Wahlberechtigten dieser Gemeinde,
6. mit 5.001 bis 10.000 Wahlberechtigten von mindestens 40 Wahlberechtigten dieser Gemeinde,
7. mit über 10.000 Wahlberechtigten von mindestens 50 Wahlberechtigten dieser Gemeinde
gültig unterstützt (§29) sein, wobei sich die Zahl der Wahlberechtigten nach dem Tag der Auflage des Wählerverzeichnisses bestimmt.
[…]
§29
Gültige Unterstützungserklärung
(1) In Gemeinden mit Ausnahme der Städte mit eigenem Statut ist eine Unterstützungserklärung (Muster Anlage 1) gültig, wenn sie
1. von einer Person stammt, die am Stichtag in einer Wählerevidenz gemäß §18 Abs1 oder §18a Abs2 eingetragen und wahlberechtigt ist,
2. Angaben über Name, Geburtsdatum und Wohnadresse der unterstützenden Personen enthält,
3. den Namen der zu unterstützenden wahlwerbenden Partei enthält und
4. von der unterstützenden Person eigenhändig unterschrieben ist.
(2) […]
(3) Eine Unterstützungserklärung darf im Rahmen einer Gemeinderatswahl nur einmal abgegeben werden. Unterstützt dennoch eine Person mehrere Wahlvorschläge, ist nur jene Unterstützungserklärung gültig, die dem Wahlvorschlag angeschlossen ist, der als erster gültig bei der Gemeinde(Stadt-)wahlbehörde eingebracht wird."
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit der Anfechtung
1.1. Gemäß Art141 Abs1 lita B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Anfechtungen von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern, somit auch über die Anfechtung von Wahlen zum Gemeinderat (vgl VfSlg 19.247/2010, 19.278/2010, 19.981/2015). Nach Art141 Abs1 zweiter Satz B-VG kann eine solche Anfechtung auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens gegründet werden.
1.2. Nach §67 Abs2 zweiter Satz VfGG sind zur Anfechtung der Wahl grundsätzlich jene Wählergruppen berechtigt, die bei der Wahlbehörde rechtzeitig Wahlvorschläge für die angefochtene Wahl vorgelegt haben. Hinsichtlich der Wahl der Mitglieder des Gemeinderates der Stadtgemeinde Eferding vom trifft dies nach der Aktenlage auf die anfechtungswerbende Partei zu.
1.3. Nach §68 Abs1 VfGG ist die Wahlanfechtung – soweit das in Betracht kommende Gesetz nicht anderes bestimmt – binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens oder, wenn sie auf die Rechtswidrigkeit eines Bescheides oder einer Entscheidung einer Verwaltungsbehörde oder eines Erkenntnisses oder Beschlusses eines Verwaltungsgerichtes gegründet wird, binnen vier Wochen nach Zustellung einzubringen. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde kann die Wahlanfechtung erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges eingebracht werden.
1.4. Nun sieht zwar §73 Oö. KWO unter anderem für die Wahl der Mitglieder des Gemeinderates die Möglichkeit administrativer Einsprüche an die Gemeindewahlbehörde vor, dies bezieht sich jedoch nur auf die ziffernmäßige Ermittlung des Wahlergebnisses. Zur Geltendmachung aller anderen (das sind sämtliche nicht ziffernmäßige Ermittlungen betreffenden) Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens steht die unmittelbare Anfechtung der Wahl beim Verfassungsgerichtshof binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens offen.
Vorliegend strebt die anfechtungswerbende Partei in ihrer Anfechtungsschrift nicht die Nachprüfung ziffernmäßiger Ermittlungen einer Wahlbehörde an; sie rügt vielmehr ausschließlich sonstige Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens, weshalb ihr die unmittelbare Wahlanfechtung nach Art141 Abs1 lita B-VG offensteht.
1.5. Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Anfechtungsfrist ist die Beendigung des Wahlverfahrens (vgl zB VfSlg 1904/1950, 17.146/2004, 20.043/2016), das ist im vorliegenden Fall die der Gemeindewahlbehörde gemäß §72 Abs6 Oö. KWO obliegende unverzügliche ortsübliche Kundmachung des Ergebnisses der Wahl der Mitglieder des Gemeinderates, einschließlich der Namen der gewählten Mitglieder und Ersatzmitglieder und deren Geburtsjahr unter Hinweis auf die Möglichkeit eines Einspruches gegen die ziffernmäßige Ermittlung des Wahlergebnisses. Aus dem vorgelegten Wahlakt ergibt sich, dass die Gemeindewahlbehörde das Ergebnis der Wahl der Mitglieder des Gemeinderates am kundgemacht hat. Die am eingebrachte Anfechtung erweist sich daher als rechtzeitig.
1.6. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist die Anfechtung der Wahl der Mitglieder des Gemeinderates der Stadtgemeinde Eferding vom zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat ein Wahlverfahren nur in den Grenzen der von der anfechtungswerbenden Partei in der Anfechtungsschrift behaupteten Rechtswidrigkeiten nachzuprüfen. Es ist ihm hingegen verwehrt, die Rechtmäßigkeit des Wahlverfahrens darüber hinaus von Amts wegen einer weiteren Überprüfung zu unterziehen (vgl VfSlg 17.589/2005, 19.245/2010, 19.981/2015, 20.104/2016).
2.2. Die anfechtungswerbende Partei sieht zunächst eine Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens darin, dass ihrem Zustellungsbevollmächtigten entgegen seinem Antrag vom das Wählerverzeichnis gemäß §18 Abs3 Oö. KWO nicht schon vor der Einbringung eines Wahlvorschlages übermittelt worden sei. Unabhängig davon, ob bereits ein Wahlvorschlag eingebracht worden sei, sei der Zustellungsbevollmächtigte namens einer "wahlwerbenden Partei" eingeschritten, die nach der genannten Bestimmung ein Recht auf Übermittlung des Wählerverzeichnisses gehabt habe. Damit wirft die anfechtungswerbende Partei die Frage nach der Auslegung des Begriffs der "wahlwerbenden Partei" in §18 Abs3 Oö. KWO auf.
2.2.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes setzt das für die Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern im B-VG vorgesehene Verhältniswahlrecht als Listenwahlrecht jedenfalls die Einbringung von Wahlvorschlägen voraus (vgl VfSlg 9912/1984 mwN; siehe auch 11.256/1987 mwN). Daher ist auch mit dem Begriff der "wahlwerbenden Parteien" in Art26 Abs2 dritter Satz und Art95 Abs3 dritter Satz B-VG zwingend die Einbringung eines Wahlvorschlages als Voraussetzung für die dort genannte Teilnahme am Wahlverfahren verbunden. Dieses Verständnis spiegelt sich zuletzt auch in Art26a Abs1 B-VG (vgl dazu zB VfSlg 18.729/2009 und 20.259/2018) insofern wider, als die darin angeordnete Besetzung der (vorläufigen) Wahlbehörden nur den im zuletzt gewählten Nationalrat vertretenen "wahlwerbenden Parteien" zusteht und daher jedenfalls die Einbringung eines Wahlvorschlages bei der letzten Wahl voraussetzt (siehe §14 Abs1 iVm §15 Abs3 NRWO sowie §19 Abs3 NRWO zur daran anknüpfenden Bedingung, auch bei der aktuellen Wahl einen Wahlvorschlag einzubringen; dazu Koja, Die Rechtsfähigkeit der Wahlparteien und der politischen Parteien, JBl 1958, 487 [493]; vgl auch die Erläuterungen zur RV 132 BlgNR 8. GP, 16 f.).
In diesem Sinn stellt der Verfassungsgerichtshof seit jeher in ständiger Rechtsprechung bei der von der "politischen Partei" zu unterscheidenden "Wahlpartei" bzw "wahlwerbenden Partei" auf eine Wählergruppe ab, die nach der jeweiligen Wahlordnung einen Wahlvorschlag eingebracht hat (vgl bereits VfSlg 7/1920 sowie zB 266/1924, 2080/1950, 10.178/1984, 13.004/1992, 16.480/2002, 20.242/2018; vgl zB auch Hengstschläger/Janko, Rechtsfragen der Zusammensetzung der Bundeswahlbehörde, JRP 2006, 233 [235]).
Soweit sich die anfechtungswerbende Partei auf die Definition der wahlwerbenden Partei in §2 Z2 PartG bezieht, ist ihr zunächst entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung nicht im Verfassungsrang steht und sich, wie sich schon aus ihrem einleitenden Satz ergibt, nur auf die Regelungen des PartG bezieht. Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung VfSlg 20.128/2016 bereits ausgesprochen, dass sich die dem Kompetenztatbestand "Wahlrecht" zuzuordnenden Bestimmungen des PartG zur Beschränkung der Wahlwerbungskosten auf Grund einer verfassungskonformen Interpretation nur auf die bundesgesetzlich geregelten Wahlen beziehen. Da auch die Regelung, unter welchen Voraussetzungen eine "Beteiligung an der Wahlwerbung" zu einer landesgesetzlich zu regelnden Wahl vorliegt, in die Landesgesetzgebung fällt, kann somit aus der Definition der wahlwerbenden Partei in §2 Z2 PartG für die Auslegung einer Landeswahlordnung – im vorliegenden Fall der Oö. KWO – nichts gewonnen werden (siehe den ausdrücklichen Hinweis in VfSlg 20.128/2016).
Vor diesem Hintergrund ist der Begriff der "wahlwerbenden Partei" in einer Wahlordnung im dargelegten verfassungsrechtlichen Sinn zu verstehen (vgl VfSlg 13.004/1992 zur Gleichsetzung dieses Begriffs [in der Stmk Landtags-Wahlordnung 1960] mit der Wahlpartei iSd Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes), sofern der jeweils konkreten Bestimmung der Wahlordnung nicht eindeutig ein anderes Verständnis zugrunde liegt. Dieser Begriff setzt daher die Einbringung eines Wahlvorschlages nach den dafür in der Wahlordnung vorgesehenen Bestimmungen voraus (vgl idS VfSlg 20.128/2016; ferner VfSlg 13.643/1993 und 14.803/1997), die insofern konkretisieren, ab wann eine wahlwerbende Partei vorliegt bzw ab wann einer solchen Partei die ihr in der Wahlordnung eingeräumten Rechte zustehen.
2.2.2. §18 Abs3 Oö. KWO sieht eine Übermittlung des Wählerverzeichnisses nur an die "wahlwerbenden Parteien" vor. Zwar wird dieser Begriff in mehreren Be-stimmungen dieses Gesetzes verwendet, eine Begriffsdefinition sehen jedoch weder die Oö. KWO noch ein anderes Landesgesetz (etwa die Oö. Landtagswahlordnung, die Oö. Gemeindeordnung 1990 oder das Oö. Parteienfinanzierungsgesetz 2016) vor.
Das mit "Wahlwerbung" betitelte IV. Hauptstück der Oö. KWO stellt in seinen §§25 ff. betreffend "wahlwerbende Parteien" auf die Einbringung eines Wahlvorschlages ab. Auch die nachfolgenden Bestimmungen zur "Durchführung der Wahl" (V. Hauptstück) und zum "Ermittlungsverfahren" (VI. Hauptstück) gehen – schon vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Verhältniswahlrecht als Listenwahlecht (siehe zuvor Punkt 2.2.1.) – von diesem Begriffsverständnis aus, wenn sie sich auf wahlwerbende Parteien beziehen.
Das an einen Wahlvorschlag anknüpfende Verständnis der wahlwerbenden Partei liegt auch bereits den Bestimmungen zur Zusammensetzung der Wahlbehörden im II. Hauptstück der Oö. KWO zugrunde. Nach §6 Abs2 Oö. KWO werden die Beisitzer und Ersatzbeisitzer der Wahlbehörden auf Grund von Vorschlägen der wahlwerbenden Parteien bestellt, die in der laufenden Funktionsperiode im Gemeinderat vertreten sind ("Parteienvorschläge"; siehe auch §14 Abs4 Oö. KWO zum im Parteienvorschlag ausgewiesenen zustellungsbevollmächtigten Vertreter). Allerdings muss gemäß Abs4 leg.cit. auch in diesem Fall ein Wahlvorschlag eingebracht werden (siehe dementsprechend die im Konjunktiv gehaltene Formulierung "wahlwerbende Partei, die […] Anspruch auf die Bestellung von Beisitzern hätte"), weil die Behörde ansonsten neu und zwar nur mit wahlwerbenden Parteien zu besetzen ist, die einen gültigen Wahlvorschlag eingebracht haben.
Es kann somit aus keiner gesetzlichen Bestimmung abgeleitet werden, dass §18 Abs3 Oö. KWO vom allgemeinen Begriffsverständnis der "wahlwerbenden Partei" in der Oö. KWO und jenem der Bundesverfassung (siehe zuvor Punkt 2.2.1.) dahingehend abweichen würde, dass diese Bestimmung im Sinn des Vorbringens der anfechtungswerbenden Partei bereits eine Personengruppe erfasst, die nur beabsichtigt, einen Wahlvorschlag einzubringen. Auch aus dem Verweis in §18 Abs3 Oö. KWO auf die Verfassungsbestimmung des §1 Abs2 PartG, in der die politische Partei definiert wird, kann für den Standpunkt der anfechtungswerbenden Partei nichts gewonnen werden. Einerseits sieht §18 Abs3 Oö. KWO die Übermittlung des Wählerverzeichnisses nämlich "für Zwecke des" §1 Abs2 PartG vor und die dort genannten Zwecke, insbesondere die "Teilnahme an Wahlen", lassen sich ebenso damit vereinbaren, dass das Wählerverzeichnis nur wahlwerbenden Parteien ausgefolgt wird, die einen Wahlvorschlag eingebracht haben. Andererseits war bereits vor der Einfügung dieses Verweises durch LGBl 93/2020 in §18 Abs3 Oö. KWO von "wahlwerbenden Parteien" die Rede und die genannte Novelle diente nach den Materialien ausschließlich einer datenschutzrechtlichen Zweckbindung der Ausfolgung des Wählerverzeichnisses (siehe AB 1454/2020 BlgLT [OÖ] 28. GP, 19 f. und 30). Eine Bedeutungsänderung des Begriffs der "wahlwerbenden Partei" kann daraus also nicht abgeleitet werden. Die genannte Zweckbindung bestätigt vielmehr, dass die Übermittlung des Wählerverzeichnisses nur erfolgen darf, wenn ein Wahlvorschlag entsprechend den Vorgaben der §§25 ff. Oö. KWO eingebracht wurde. Dadurch ist nämlich sichergestellt, dass die Übermittlung des Wählerverzeichnisses der im Verweis auf §1 Abs2 PartG ausgedrückten "Beeinflussung der staatlichen Willensbildung" durch die tatsächliche "Teilnahme" an der konkreten Wahl, für die das Wählerverzeichnis erstellt wurde, dient. Vor diesem Hintergrund bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die Übermittlung des Wählerverzeichnisses zum Zweck der Wahlwerbung an die Einbringung eines Wahlvorschlages geknüpft wird.
2.2.3. Die Übermittlung des Wählerverzeichnisses an eine "wahlwerbende Partei" iSd §18 Abs3 Oö. KWO setzt daher voraus, dass im Namen dieser Partei bereits ein Wahlvorschlag gemäß §25 ff. Oö. KWO eingebracht worden ist. Die anfechtungswerbende Partei hat ihren Wahlvorschlag am eingebracht. Dass die Gemeindewahlbehörde dem Antrag der anfechtungswerbenden Partei auf Ausfolgung des Wählerverzeichnisses vom keine Folge gegeben hat, erweist sich damit als rechtmäßig.
2.3. Die anfechtungswerbende Partei sieht schließlich auch eine Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens darin, dass ihrem Zustellungsbevollmächtigten – zu einem Zeitpunkt noch vor der Einbringung des Wahlvorschlages – eine umfassende Einsichtnahme in das gemäß §19 Abs1 Oö. KWO zur öffentlichen Einsicht aufliegende Wählerverzeichnis verweigert worden sei.
Aus den Bestimmungen zum Wählerverzeichnis nach §§18 ff. Oö. KWO ist ersichtlich, dass die Auflage des Wählerverzeichnisses zur öffentlichen Einsicht nach §19 Abs1 Oö. KWO ausschließlich der Richtigkeit und Vollständigkeit des Wählerverzeichnisses hinsichtlich der Erfassung aller tatsächlich wahlberechtigten Personen dient (siehe insbesondere den Hinweis auf Berichtigungsanträge in der Verlautbarung nach §19 Abs2 leg.cit. sowie die Befristung von Berichtigungsanträgen mit dem Zeitraum der öffentlichen Auflage nach §20 Abs1 leg.cit.; vgl idS auch AB 817/1996 BlgLT [OÖ] 14. GP, 18). Die Möglichkeit zur Einsichtnahme ist nämlich eine notwendige Voraussetzung für die zweckdienliche Wahrnehmung des Rechts, einen Berichtigungsantrag nach §20 ff. Oö. KWO zu stellen, und insofern (auch im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Vorgaben) zweckgebunden. Eine Verletzung des §19 Abs1 Oö. KWO könnte daher – unabhängig davon, dass für Berichtigungsanträge ein eigenes Rechtsschutzverfahren nach Art141 Abs1 liti bzw litj B-VG besteht (vgl zB VfSlg 18.729/2009, 20.104/2016, 20.135/2017 und WI14/2020) – eine Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens nur begründen, wenn die Wahlbehörde die öffentliche Auflage unterlassen oder eine begehrte Einsichtnahme zum Zweck der Überprüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit des Wählerverzeichnisses nicht gewährt hätte. Ein von diesem Zweck losgelöstes Recht auf unbeschränkte Einsicht in das gesamte Wählerverzeichnis – etwa um die Daten wahlberechtigter Personen zum Sammeln von Unterstützungserklärungen für einen Wahlvorschlag zu erhalten – räumt §19 Abs1 Oö. KWO jedoch – entgegen dem entsprechenden Hinweis in der Gegenschrift der Gemeindewahlbehörde – nicht ein.
Dass in diesem Sinn eine Einsichtnahme zum Zweck der Überprüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit des Wählerverzeichnisses im vorliegenden Fall nicht möglich gewesen oder nicht gewährt worden wäre, hat die anfechtungswerbende Partei weder im Allgemeinen noch in Bezug auf die Einsichtnahme durch ihren Zustellungsbevollmächtigten am behauptet. Vielmehr sollte diese Einsichtnahme nach den insoweit unstrittigen Ausführungen in der vorliegenden Anfechtung nur erfolgen, um die Wahlberechtigung potentieller Unterstützungswerber zu prüfen und daran anknüpfend deren Adressen zur Werbung um eine Unterstützungserklärung zu erlangen. Diesem Zweck dient die Auflage zur öffentlichen Einsicht nach §19 Abs1 Oö. KWO jedoch – wie zuvor dargelegt – nicht. Im vorliegenden Fall kann daher kein Verstoß gegen §19 Abs1 Oö. KWO gesehen werden.
IV. Ergebnis
1. Der Anfechtung ist daher nicht stattzugeben.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:VFGH:2022:WI6.2021 |
Schlagworte: | VfGH / Wahlanfechtung, Wählerevidenz, Gemeinderat, Wahlen, Wahlwerbung |
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