VfGH vom 06.03.2018, WI4/2017
Leitsatz
Keine Stattgabe der Anfechtung der Nationalratswahl 2017 durch die Wählergruppe "Für Österreich, Zuwanderungsstopp, Grenzschutz, Neutralität, EU-Austritt (EUAUS)" betr den Landeswahlkreis Wien und das dritte Ermittlungsverfahren; verfassungsrechtlich vorgegebenes System der Briefwahl mit den Grundprinzipien der Verfassung vereinbar; kein Verstoß gegen die NRWO durch Verwendung von Sonderzeichen und Abkürzungen in Parteibezeichnungen mangels Beeinträchtigung der Unterscheidbarkeit von anderen wahlwerbenden Parteien; keine Bedenken gegen die Reihung der Parteien auf den Stimmzetteln angesichts Abstellens auf die materielle Identität der kandidierenden Listen mit den nach der Nationalratswahl 2013 im Nationalrat vertretenen Parteien; unterschiedliche zustellungsbevollmächtigte Vertreter für eine Wahlpartei auf den Landeswahlvorschlägen und dem Bundeswahlvorschlag gesetzlich gedeckt; keine Verletzung des geheimen Wahlrechts durch Veröffentlichung eines Fotos bei Stimmabgabe; keine Bedenken gegen die Ergebnisermittlung der - in beschlussfähiger Weise besetzten - Bundeswahlbehörde; Zurückweisung der Wahlanfechtung betr den Landeswahlkreis Niederösterreich mangels Einbringung eines Wahlvorschlages durch die anfechtungswerbende Partei
Spruch
I.Der Anfechtung wird in Bezug auf den Landeswahlkreis Wien und das dritte Ermittlungsverfahren nicht stattgegeben.
II.Im Übrigen wird die Anfechtung zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I.Sachverhalt, Anfechtung und Vorverfahren
1.Am fand die von der Bundesregierung durch Verordnung BGBl II 190/2017 ausgeschriebene Wahl zum Nationalrat statt.
2.Dieser Wahl lagen im Wahlkreis Wien die von den folgenden wahlwerbenden Parteien eingebrachten, gemäß § 49 der Nationalrats-Wahlordnung 1992 (NRWO) abgeschlossenen und veröffentlichten Landeswahlvorschläge zugrunde:
-Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ)
-Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei (ÖVP)
-Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)
-Die Grünen – Die Grüne Alternative (GRÜNE)
-NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung (NEOS)
-Obdachlose in der Politik (ODP)
-Liste Roland Düringer – Meine Stimme GILT (GILT)
-Liste Peter Pilz (PILZ)
-Kommunistische Partei Österreichs und Plattform Plus – offene Liste (KPÖ)
-Freie Liste Österreich & FPS Liste Dr. Karl Schnell (FLÖ)
-Sozialistische LinksPartei (SLP)
-Die Weissen – Das Recht geht vom Volk aus. Wir alle entscheiden in Österreich. Die Volksbewegung. (WEIßE)
-Für Österreich, Zuwanderungsstopp, Grenzschutz, Neutralität, EU-Austritt (EUAUS)
3.Der Wahl lagen die von den folgenden wahlwerbenden Parteien eingebrachten, gemäß § 106 Abs 6 NRWO abgeschlossenen und veröffentlichten Bundeswahlvorschläge zugrunde:
-Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ)
-Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei (ÖVP)
-Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)
-Die Grünen – Die Grüne Alternative (GRÜNE)
-NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung (NEOS)
-Liste Peter Pilz (PILZ)
-Liste Roland Düringer – Meine Stimme GILT (GILT)
-Freie Liste Österreich & FPS Liste Dr. Karl Schnell (FLÖ)
-Kommunistische Partei Österreichs und Plattform Plus – offene Liste (KPÖ)
-Die Weissen – Das Recht geht vom Volk aus. Wir alle entscheiden in Österreich. Die Volksbewegung. (WEIßE)
-Sozialistische LinksPartei (SLP)
-Für Österreich, Zuwanderungsstopp, Grenzschutz, Neutralität, EU-Austritt (EUAUS)
-Männerpartei – für ein faires Miteinander (M)
4.Laut am verlautbarter Feststellung der Bundeswahlbehörde wurden bei dieser Wahl von den 5.120.881 abgegebenen Stimmen 50.952 als ungültig und 5.069.929 als gültig gewertet; es gelangten 183 Mandate zur Vergabe. Davon entfielen auf die
-Sozialdemokratische Partei Österreichs 1.361.746 Stimmen (26,86 %; 52 Mandate)
-Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei 1.595.526 Stimmen (31,47 %; 62 Mandate)
-Freiheitliche Partei Österreichs 1.316.442 Stimmen (25,97 %; 51 Mandate)
-Die Grünen – Die Grüne Alternative 192.638 Stimmen (3,80 %)
-NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung 268.518 Stimmen (5,30 %; 10 Mandate)
-Liste Peter Pilz 223.543 Stimmen (4,41 %; 8 Mandate)
-Liste Roland Düringer – Meine Stimme GILT 48.234 Stimmen (0,95 %)
-Freie Liste Österreich & FPS Liste Dr. Karl Schnell 8.889 Stimmen (0,18 %)
-Kommunistische Partei Österreichs und Plattform Plus – offene Liste 39.689 Stimmen (0,78 %)
-Die Weissen – Das Recht geht vom Volk aus. Wir alle entscheiden in Österreich. Die Volksbewegung. 9.167 Stimmen (0,18 %)
-Sozialistische LinksPartei 713 Stimmen (0,01 %)
-Für Österreich, Zuwanderungsstopp, Grenzschutz, Neutralität, EU-Austritt 693 Stimmen (0,01 %)
-Männerpartei – für ein faires Miteinander 221 Stimmen (0,00 %)
-Christliche Partei Österreichs 425 Stimmen (0,01 %)
-NBZ– Neue Bewegung für die Zukunft 2.724 Stimmen (0,05 %)
-Obdachlose in der Politik 761 Stimmen (0,02 %)
5.Am brachte die Anfechtungswerberin, vertreten durch ihren zustellungsbevollmächtigen Vertreter, bei der Bundeswahlbehörde einen Einspruch gegen die ziffernmäßigen Ermittlungen der Bundeswahlbehörde ein. Dieser Einspruch wurde von der Bundeswahlbehörde am unter Hinweis darauf, dass keine Rechtswidrigkeiten betreffend ziffernmäßige Ermittlungen iSd § 110 NRWO vorgebracht worden seien, abgewiesen.
6.Mit der vorliegenden, auf Art 141 Abs 1 lita B-VG gestützten und am persönlich eingebrachten Wahlanfechtung beantragt die Wählergruppe "Für Österreich, Zuwanderungsstopp, Grenzschutz, Neutralität, EU-Austritt (EUAUS)", vertreten durch ihren zustellungsbevollmächtigen Vertreter, u.a. "die Wahlentscheidungen und Verlautbarungen der Landes- und Bundeswahlbehörden auf[zu]heben und für nichtig zu erklären".
6.1.Die Anfechtungswerberin bringt vor, dass gegen Bestimmungen "der Nationalratswahlordnung (NRWO), ausdrücklich gegen § 49 Abs 3 und 4 NRWO (wegen mißbräuchlicher Verwendung von Listenplätzen der im Nationalrat vertretenen Parteien am Stimmzettel), gegen § 43 Abs 1 NRWO (wegen unerlaubten Abkürzungen in den Parteibezeichnungen), gegen § 106 Abs 2 NRWO (wegen unerlaubten Zusammenzählens von Reststimmen verschiedener Parteien), gegen § 42 Abs 4 NRWO (wegen unerlaubten Einbehaltens von Unterstützungserklärungen durch ein Gemeindeamt), gegen § 57 Abs 2 und zu § 65 Abs 1 NRWO (wegen unerlaubten Fotografierens von Außenminister Sebastian Kurz bei der Stimmabgabe), gegen Art 6 EMRK (da kein faires Verfahren stattgefunden hat), und der jeweils dazugehörenden Rechtsprechung, sowie gegen Art 7 B-VG, Art 26 B-VG und Art 2 des Staatsgrundgesetzes aus dem Jahr 1867 und Art 8 Staatsvertrag von Wien 1955, in einem Maße verstoßen [wurde], dass die Rechtswidrigkeiten auf das Wahlergebnis von Einfluß sein konnten und auch tatsächlich von Einfluß waren". Betreffend Art 26 Abs 6 B-VG und Art 1 Abs 3 Z 4 EGVG beantragt die Anfechtungswerberin die Einleitung von Gesetzesprüfungsverfahren durch den Verfassungsgerichtshof.
6.2.Ihre Anfechtungslegitimation begründet die Anfechtungswerberin wie folgt: Das Wahlergebnis der Nationalratswahl vom sei von der Bundeswahlbehörde am kundgemacht worden. Die am eingebrachte Anfechtung sei somit jedenfalls rechtzeitig. Die Anfechtungswerberin sei eine Wählergruppe im Sinne der NRWO, die für die Nationalratswahl 2017 rechtzeitig einen Landeswahlvorschlag für Wien und einen Bundeswahlvorschlag für Österreich eingebracht habe und im Bundesland Wien auf den amtlichen Stimmzetteln gestanden sei. Die Anfechtungswerberin, vertreten durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter, habe auch rechtzeitig Einspruch gegen die ziffernmäßige Ermittlung der Bundeswahlbehörde zur Nationalratswahl 2017 erhoben, der in der Folge "abgelehnt" worden sei. Die "zahlreichen monierten Rechtswidrigkeiten mach[t]en die unmittelbare Anrufung des Verfassungsgerichtshofes zulässig".
6.3.Die Anfechtungswerberin behauptet Mängel des Wahlverfahrens, die sie zusammengefasst wie folgt begründet (Zitate jeweils ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
6.3.1.Die Bestimmungen über die Briefwahl in Österreich würden "nicht dem persönlichen, geheimen, freien Wahlrecht und auch nicht der Bundesverfassung" entsprechen. Dies ergebe sich auch aus dem – in Auszügen wiedergegebenen – "heute noch voll zutreffenden" Erkenntnis VfSlg 10.412/1985 betreffend die NÖ Wahlordnung für Statutarstädte. Art 26 B-VG sei zwar novelliert und die Briefwahl auf "eine neue rechtliche Grundlage gestellt" worden, dadurch sei es aber – anders als der Verfassungsgerichtshof in den Erkenntnissen VfSlg 19.893/2014 und VfSlg 20.071/2016 "ohne jegliche Begründung" behaupte – auf Grund der Schwächung des demokratischen Grundprinzips zu einer Gesamtänderung der Bundesverfassung gekommen, weshalb Art 44 Abs 3 B-VG zufolge eine Volksabstimmung durchgeführt hätte werden müssen. Überdies verweist die Anfechtungswerberin in diesem Zusammenhang auf Art 3 1. ZPEMRK.
Zudem sei ein Missbrauch der Briefwahl "gegenwärtig leicht möglich, insbesondere auch das Weitergeben oder Verkaufen von Briefwahlkarten". Keine Wahlkommission garantiere die persönliche und geheime Stimmabgabe. "Die Unterschrift zur eidesstaatlichen Erklärung greif[e] zu kurz, denn die könnte man sich bei der rechtswidrigen Weitergabe der Wahlkarte gleich mitgeben lassen". Verschärfend komme hinzu, dass "weder bei der Antragstellung der Briefwahlkarte, noch bei der eidesstattlichen Erklärung auf der abgegebenen Briefwahlkarte die Unterschrift des Antragssteller bzw. des Wählers durch die zuständigen Behörden überprüft" werde. Die Unterschriften auf den Briefwahlkarten würden von den Wahlbehörden "nicht einmal stichprobenartig auf Echtheit und Rechtskonformität geprüft". Es sei "leicht möglich, daß Personen, die in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen, gezwungen werden können, ihre Wahlkarte wem anderen zu überlassen". Die Briefwahl würde so "durch das Umgehen der Wahlkommissionen im Wahllokal schlicht und ergreifend zu Wahlmanipulationen und Wahlbetrug ein[laden]". Es werde daher die Überprüfung der "Bestimmungen zur Briefwahl in der Bundesverfassung – mit Auswirkung auf die Nationalratswahlordnung – [angeregt]"; die Nationalratswahl 2017 müsse dann "ab den eingebrachten Wahlvorschlägen wiederholt werden".
Da einerseits "der Anteil der Briefwähler bei 790.606 gültigen Stimmen bzw. 15,6 % der gültigen Stimmen" liege und die "Wahlkartenwähler […] somit über ca. 28 Mandate der insgesamt 183 zu vergebenden Nationalratsmandate" entschieden hätten und andererseits "das Ergebnis der Briefwahl auffällig anders[…] als bei der Stimmabgabe in den Wahllokalen" sei, sei die "Ergebnis-wirkung der – verfassungswidrigen – Briefwahl […] evident".
6.3.2.Die Anfechtungswerberin bringt weiters vor, dass amtliche Stimmzettel entgegen § 49 Abs 3 und 4 NRWO ausgestellt worden seien. Die Anfechtungswerberin merkt vorerst an, dass die Anzahl der produzierten Stimmzettel nicht protokolliert worden sei, wodurch man "der Wahlmanipulation Tür und Tor öffn[e]", und führt dann aus, dass auf den amtlichen Stimmzetteln die – der "Österreichischen Volkspartei" vorbehaltene – Listenspalte 2 hätte leer bleiben müssen: Die wahlwerbende "Liste Sebastian Kurz – Die neue Volkspartei" (ÖVP) sei "nicht die politische Partei namens 'Österreichische Volkspartei' (ÖVP) und auch nicht der Parlamentsklub 'Österreichische Volkspartei' (ÖVP) und hätte daher auch nicht den der Partei 'Österreichische Volkspartei' zustehenden Listenplatz 2 am Stimmzettel der Nationalratswahl 2017 verwenden dürfen. […] Da die 'Österreichische Volkspartei' – bis auf in Niederösterreich – keinen Landeswahlvorschlag im Wahlverfahren der Nationalratswahl 2017 einbrachte, hätte auf allen Stimmzetteln – außer in Niederösterreich – die Listenspalte 2 gemäß § 49 Abs 3 und 4 NRWO leer bleiben müssen". Die Wählergruppe habe erstmals kandidiert. Sie habe bei der Nationalratswahl 2017 lediglich die gleiche Kurzbezeichnung wie die im Nationalrat vertretene Partei "Österreichische Volkspartei" verwendet, weshalb sie rechtswidriger Weise den Listenplatz 2 erhalten habe. Die Stimmzettel seien daher "in allen 9 Bundesländern gesetzwidrig". Da der Gesetzgeber "die bestimmte Reihenfolge der Wahlvorschläge in dieser besonderen Reihenfolge ausdrücklich gesetzlich statuiert hat und die Reihenfolge nicht bloß vom Zeitpunkt der Einbringung des Wahlvorschlages abhängig gemacht hat[,] kann dem Gesetzeszweck nur entsprochen werden, wenn diese Reihenfolge peinlich genau eingehalten wird. […] Wird dem gesetzwidrig nicht entsprochen, wird der Wähler, der auf die gesetzmäßige Reihenfolge gemäß § 49 iVm § 75 NRWO ve[r]traut, geradezu bewußt in die Irre geführt und so das Wahlergebnis verfälscht". Die "Liste Sebastian Kurz – Die neue Volkspartei" sei durch diese Rechtswidrigkeit "massiv begünstigt" worden.
Das "Vorreihen" habe den Sinn und jedenfalls die Wirkung gehabt, dass dadurch diese Wählergruppe ein besseres Ergebnis bei der Wahl erzielen habe können, weshalb diese Rechtswidrigkeit auch von Einfluss auf das Wahlergebnis sei. Nach dem Wortlaut des § 49 Abs 3 und Abs 4 NRWO wäre diese neue Wählergruppe als "übrige wahlwerbende Parte[i]" einzustufen und erst im Anschluss an die Parteien, die zuletzt im Nationalrat vertreten waren, zu reihen gewesen.
Sollte der Verfassungsgerichtshof zur Auffassung gelangen, "die 'Liste Sebastian Kurz – Die neue Volkspartei' wäre bislang sehr wohl durch Personen im Nationalrat vertreten gewesen – nämlich mittels Abgeordnete[r] bei einer anderen Partei namens 'Österreichische Volkspartei' – […], so müßte das auch für andere wahlwerbende Gruppen gelten". Folglich müssten auch "die Listen 'PILZ', 'FLÖ' und 'Weiße' mit ihren kandidierenden Abgeordneten […] gem. § 49 Abs 3. NRWO als 'im zuletzt gewählten Nationalrat vertreten' gelten, worauf diese Parteien vor den wahlwerbenden Listen 'ODP' und 'GILT' zu reihen gewesen wären". Auch in diesem Fall "wären alle Stimmzettel der Nationalratswahl 2017 gesetzwidrig erstellt worden".
Im Übrigen sei der "Antrag auf Beschluß des gesetzwidrigen Stimmzettels – mit der die 'Liste Sebastian Kurz – Die neue Volkspartei' begünstigenden Vorreihung – […] vom Vorsitzenden-Stellvertreter der Bundeswahlbehörde" gekommen. Dieser sei ein Parteikollege des kandidierenden Sebastian Kurz in der Österreichischen Volkspartei und hätte auf Grund "seiner Befangenheit den Antrag gar nicht stellen […] und nicht mitstimmen dürfen".
6.3.3.Die Anfechtungswerberin führt des Weiteren aus, dass auch die Listenspalte 6 leer bleiben hätte müssen: Die "NEOS Das Neue Österreich und Liberales Forum" hätten bei der Nationalratswahl 2013 kandidiert und seien als "NEOS – Das neue Österreich" im Nationalrat vertreten gewesen. Die Partei "NEOS – Das neue Österreich" habe keinen Landeswahlvorschlag eingebracht, weshalb der Listenplatz 6 in allen 9 Bundesländern leer bleiben hätte müssen. Stattdessen sei die neue Liste "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" in allen 9 Bundesländern auf Listenplatz 6 der Stimmzettel gestanden.
In Vorarlberg habe die Partei "NEOS Das Neue Österreich und Liberales Forum" einen Landeswahlvorschlag lautend auf die Parteibezeichnung "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" eingebracht. Der neuen Liste "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" hätte "allenfalls nur in Vorarlberg der Listenplatz 6 zugewiesen werden dürfen".
Das "Vorreihen" der "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" auf Listenplatz 6 habe den Sinn und jedenfalls die Wirkung gehabt, dass diese ein besseres Ergebnis bei der Wahl erzielen habe können, weshalb die Rechtswidrigkeit von Einfluss auf das Wahlergebnis sei.
6.3.4.Die Anfechtungswerberin führt aus, der Parteiname der Liste "Freie Liste Österreich & FPS Liste Dr. Karl Schnell" verstoße gegen § 43 Abs 1 NRWO: So habe diese Liste gesetzwidriger Weise Abkürzungen ("FPS", "Dr.") und das Schriftzeichen "&" in der Parteibezeichnung in ihren Wahlvorschlägen verwendet. Die gesetzwidrige Parteibezeichnung sei auf allen Stimmzetteln aufgedruckt worden, weshalb "alle Stimmzettel der Nationalratswahl 2017 gesetzwidrig gewesen" seien.
Wofür "FPS" stehe, könnten "die allermeisten Wähler nur erraten". Im Bundesland Salzburg könnten "viele Wähler die Abkürzung richtig entschlüsseln […], in den restlichen Bundesländern so gut wie gar nicht". Insgesamt würde sich eine Verwechslungsgefahr mit der FPÖ ergeben bzw. sei eine solche nicht ausgeschlossen. § 43 Abs 1 NRWO sei "eine Schutznorm gegen Irreführung der Wähler"; bei einem Verstoß gegen eine Schutznorm brauche "die Ergebniswirkung im Sinne des § 70 Abs 1 VfGG gar nicht mehr extra nachgewiesen zu werden". FPS sei "nicht in Worten 'Freie Partei Salzburg' ausgeschrieben [worden], weil sich die FPS durch das Wort 'Salzburg' in der Parteibezeichnung in allen Bundesländern außer in Salzburg klarerweise schlechtere Wahlergebnisse erwart[e ...]. Konkret hätte im Bundesland Wien eine wahlwerbende Liste, die 'Salzburg' im Namen trägt, schlechter abgeschnitten […] als eine Liste, die dies unter der Abkürzung FPS verschleiert".
Bei "Dr." könne "die Abkürzung für 'Doktor' oder 'Dragan' oder 'Dragomir' stehen […]. Ließe der Verfassungsgerichtshof 'Dr.' als Abkürzung zu, dann könnte es in Zukunft sehr viele irreführende Parteibezeichnungen auf den Stimmzettel[n] geben. Bei '&' handelt es sich um ein Sonder-Schriftzeichen und kein Wort".
In diesem Zusammenhang führt die Anfechtungswerberin auch aus, dass in Kärnten die wahlwerbende Partei "Freie Liste Österreich & Freie Partei Salzburg Liste Dr. Karl Schnell" – wobei "FPS" handschriftlich auf "Freie Partei Salzburg" abgeändert worden sei – die Kurzbezeichnung FLÖ verwendet habe, in allen anderen Bundesländern habe die Liste "Freie Liste Österreich & FPS Liste Dr. Karl Schnell" die Kurzbezeichnung FLÖ verwendet. Der Schriftverkehr zwischen FLÖ und der Landeswahlbehörde Kärnten sei in der 2. Sitzung der Bundeswahlbehörde am zwar vorgelegt worden, der stellvertretende Leiter der Bundeswahlbehörde habe der Vertrauensperson der Anfechtungswerberin aber die Aushändigung einer Kopie verweigert, weshalb darauf nicht näher eingegangen werden könne.
6.3.5.Auch der Parteiname der Liste "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" sei auf Grund der Verwendung der Abkürzung "NEOS" wegen Verstoßes gegen § 43 Abs 1 NRWO gesetzwidrig. In weiterer Folge sei die "gesetzwidrige Parteibezeichnung auf allen Stimmzetteln in allen 9 Bundesländern aufgedruckt [worden] und somit waren alle Stimmzettel der Nationalratswahl 2017 gesetzwidrig". "NEOS" könne allenfalls "noch als Kurzbezeichnung gesehen werden […], aber nicht als Wort auf Basis von Wörterbüchern". Wäre eine Interpretation des Gesetzestextes "in Worten" nicht möglich, würde die Bestimmung einen unbestimmten Gesetzesbegriff enthalten und wäre der "willkürlichen Anwendung von Gesetzestexten […] Tür und Tor geöffnet"; diesfalls werde ein Gesetzesprüfungsverfahren angeregt.
6.3.6.Die Anfechtungswerberin bringt weiters vor, dass im dritten Ermittlungsverfahren bei der Wählergruppe "NEOS – Das neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" "wegen Zusammenzählung der Reststimmen von verschiedenen Rechtspersonen" ein falsches Ergebnis ermittelt worden sei. Die Anfechtungswerberin führt dazu – auszugsweise – Folgendes aus:
"In Kärnten und Tirol brachte die Partei 'NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung' jeweils einen Landeswahlvorschlag 'NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung' ein.
In Vorarlberg brachte hingegen die Partei 'NEOS – Das neue Österreich und Liberales Forum' den Landeswahlvorschlag mit der Parteibezeichnung 'NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung' ein.
Die Partei 'NEOS – Das neue Österreich und Liberales Forum' ist eine eingetragene Partei nach dem Parteiengesetz (siehe auch das aktuelle Parteienverzeichnis des Innenministeriums), die Liste 'NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung' hingegen nicht. Das macht es umso mehr deutlich, daß die wahlwerbende Partei 'NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung' eine neue wahlwerbende Wählergruppe ist und nicht dieselbe Partei, wie 'NEOS – Das neue Österreich und Liberales Forum.'
Es liegen somit NEOS-Landeswahlvorschläge mit exakt gleicher Parteibezeichnung und Kurzbezeichnung von zwei verschiedenen Wählergruppen (Rechtspersonen) vor. Die Parteienbezeichnungen und Kurzbezeichnungen der zwei verschiedenen NEOS-Wählergruppen sind nicht zu unterscheiden.
[…]
Gem. § 44 Abs 1. NRWO hätten die Landeswahlleiter somit die Vertreter dieser Wahlvorschläge zu einer Besprechung zu laden gehabt und ein Einvernehmen über die Unterscheidung der Parteibezeichnung bzw. Kurzbezeichnung anzubahnen gehabt. Ob dies geschehen ist, ist uns nicht bekannt.
Was passiert also, wenn es kein Einvernehmen gibt?
Nach […] § 44 Abs 1. NRWO hat die Landeswahlbehörde 'Parteibezeichnungen, die schon auf veröffentlichten Wahlvorschlägen bei einer Nationalratswahl innerhalb der letzten zehn Jahre enthalten waren, zu belassen, ...'.
Dies trifft auf den Landeswahlvorschlag der NEOS in Vorarlberg zumindest teilweise zu. Der erste Teil der Parteibezeichnung – 'NEOS – Das Neue Österreich ...' – sowie die Kurzbezeichnung 'NEOS' sind ident mit dem NEOS-Wahlvorschlag der letzten Nationalratswahl. Das deutet darauf hin, daß die NEOS-Partei mit dem Landeswahlvorschlag in Vorarlberg hier bei der Namensbezeichnung […] einen Vorrang gegenüber der anderen neuen NEOS-Partei hat. Aus Vorarlberg ist auch der NEOS-Gründer, NEOS-Parteiobmann und NEOS-Klubobmann im Parlament, Dr. Matthias Strolz.
Die übrigen Landeswahlvorschläge sind gem. § 44 Abs 1 NRWO nach dem an erster Stelle vorgeschlagenen Bewerber zu benennen. Somit hätten die Landeswahlvorschläge der wahlwerbenden Partei 'NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung' in Kär[nt]en auf 'C[.] H[.]' und in Tirol auf 'D[.] O[.]' geändert zu werden. Die Kurzbezeichnung 'NEOS' ist folglich gem. § 44 Abs 1. NRWO auf allen übrigen NEOS Landeswahlvorschlägen – somit auf allen Landeswahlvorschlägen bis auf Vorarlberg – zu streichen.
Auswirkung auf das 3. Ermittlungsverfahren:
Es handelt sich bei den beiden NEOS-Wählergruppen offenbar um zwei verschiedene wahlwerbende Wählergruppen (Rechtspersonen) bei der Nationalratswahl 2017, wodurch die jeweiligen Stimmen im dritten Ermittlungsverfahren daher gemäß § 106 Abs 2 NRWO nicht zusammengezählt werden hätten dürfen.
Als Zustellungsbevollmächtigter des NEOS-Bundeswahlvorschlag[es] wurde Mag. Dr. Matthias Strolz angegeben, der aber selbst bei keinem Landeswahlvorschlag Zustellungsbevollmächtigter ist. Auf Basis des § 106 Abs 2 NRWO hat Mag. Beate Meinl-Reisinger als Zustellungsbevollmächtigte der NEOS in Wien mitunterschrieben.
Problem dabei: Frau Mag. Beate Meinl[-]Reisinger kandidierte für eine andere NEOS-Wählergruppe als Dr. Matthias Strolz. Welche NEOS-Wählergruppe hat nun den Bundeswahlvorschlag rechtskonform bei der Bundeswahlbehörde eingebracht?
a) 'NEOS – Das neue Österreich und Liberales Forum' oder
b) 'NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung'?
Die Bundeswahlbehörde hätte hier eine Entscheidung treffen müssen, hat sie aber nicht. Es wurden vom Vorsitzenden-Stellvertreter[…] einfach beide NEOS-Wählergruppen in eine[n] Topf geworfen und die Stimmen der unterschiedlichen NEOS-Rechtspersonen zusammengezählt!!!
Erst wenn das Innenministerium – das ja eigentlich nur ein Hilfsorgan der Bundeswahlbehörde ist – den Mitgliedern der Bundeswahlbehörde die Berechnungszahlen zur Mandatsvergabe vorlegt, kann gesagt werden, ob und wieviele Mandate sich im dritten Ermittlungsverfahren verschoben hätten. Es ist anzunehmen, daß die NEOS eines der fünf Mandate im dritten Ermittlungsverfahren verlieren würde. Sollte der Bundeswahlvorschlag der NEOS-Wählergruppe in Vorarlberg zugerechnet werden, dann verlören die NEOS auf Bundesebene sogar 4-5 Mandate.
Fix ist für uns jedenfalls, daß die Bundeswahlbehörde nicht die Stimmen von verschiedenen NEOS-Rechtspersonen zusammen zählen hätte dürfen (und darauf aufbauend die Mandate vergeben hätte dürfen)."
6.3.7.Auch bei der Wählergruppe "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" sei es im dritten Ermittlungsverfahren "wegen Zusammenzählung der Reststimmen von verschiedenen Rechtspersonen" zu einem falschen Ergebnis gekommen. Die Anfechtungswerberin führt dazu – auszugsweise – Folgendes aus:
"Es haben mehrere verschiedene Wählergruppen (verschiedene Rechtspersonen), die allesamt mit der Parteibezeichnung lautend auf 'Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei' kandidieren wollten und sich allesamt mit 'ÖVP' abkürzen, einen Landeswahlvorschlag zur Nationalratswahl 2017 in ihrem Bundesland eingereicht. […]
Es sind dies zumindest die
* 'Kärntner Volkspartei' in Kärnten,
* 'Österreichische Volkspartei' in Niederösterreich (mit Logo 'volkspartei niederösterreich'),
* 'Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei' in Burgenland, Vorarlberg und Tirol,
* 'ÖVP Wien' in Wien und
* eine mangels Unterschrift und Bezeichnung nicht erkennbare Person bzw Wählergruppe in Oberösterreich, Salzburg und der Steiermark.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bundesland | Antragsteller des Wahlvorschlages (= Rechtsperson) | Parteibezeichnung | Kurzbe-zeichnung |
Burgenland | 'Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei' | 'Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei' | ÖVP |
Kärnten | 'Kärntner Volkspartei' | 'Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei' | ÖVP |
Niederösterreich | 'Österreichische Volkspartei' | 'Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei' | ÖVP |
Oberösterreich | ? | 'Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei' | ÖVP |
Salzburg | ? | 'Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei' | ÖVP |
Steiermark | ? | 'Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei' | ÖVP |
Tirol | 'Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei' | 'Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei' | ÖVP |
Vorarlberg | 'Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei' | 'Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei' | ÖVP |
Wien | 'ÖVP Wien' | 'Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei' | ÖVP |
Landeswahlvorschlag der ÖVP-Kärnten:
Zitat: 'Gemäß § 42 ff der Nationalrats-Wahlordnung 1992 idgF. wird seitens der Kärntner Volkspartei für die Nationalratswahl am folgender Landeswahlvorschlag eingebracht:
I. Parteibezeichnung: Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei
Kurzbezeichnung: ÖVP'
Es fehlt die Unterschrift des Zustellungsbevollmächtigen Mag. (FH) J[.] A[.], der als Beruf Landesgeschäftsführer angibt, ohne zu sagen von welcher Partei.
Landeswahlvorschlag der ÖVP-Niederösterreich:
Zitat: 'Gemäß § 42 NRWO, i.V.m. § 43 leg.cit. überreicht die Österreichische Volkspartei den Landeswahlvorschlag für die NRW 2017 für den Landeswahlkreis 3 – Niederösterreich, lautend auf die Parteibezeichnung 'Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei' Kurzbezeichnung: ÖVP' ...'
Landeswahlvorschlag der ÖVP-Vorarlberg (und fast wortgleich Tirol):
Zitat: 'Die Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei bringt folgenden Landeswahlvorschlag ein.
Landeswahlvorschlag
I. Parteibezeichnung: Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei
II. Kurzbezeichnung: ÖVP
Landeswahlvorschlag der ÖVP-Wien:
Zitat: 'Die gefertigte wahlwerbende Partei bringt hiemit ihren Landeswahl-vorschlag für den oben genannten Wahlkreis ein.
Unterscheidbare Parteibezeichnung in Worten und allfällige Kurzbezeichnung in Buchstaben (maximal 5)
______________ Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei (ÖVP) __________'
Gefertigt wurde der Landeswahlvorschlag von der ÖVP Wien, Lichtenfelsgasse 7, 1010 Wien. Die Unterschrift ist vermutlich vom Zustellungsbevollmächtigten Dr. M[.] W[.], der als Beruf 'Landesgeschäftsführer ÖVP Wien' angibt.
Landeswahlvorschlag der ÖVP-Oberösterreich, Salzburg und Steiermark:
Es ist nicht erkennbar, wer den ÖVP-Landeswahlvorschlag Oberösterreich, Salzburg und Steiermark eingereicht hat. Weder gibt es eine Unterschrift des Zustellungsbevollmächtigten, noch ist ersichtlich, welche Partei den Landeswahlvorschlag eingereicht hat.
Wenn nun zumindest 4 verschiedene ÖVP-Wählergruppen einen Landeswahlvorschlag mit derselben – also exakt gleichen – Parteibezeichnung und Kurzbezeichnung einbringen, dann ist fraglich, wer nun diese Parteibezeichnung verwenden darf. Wie nach der Nationalratswahlordnung als gesetzlicher Grundlage vorzugehen ist, steht in § 44 NRWO und wurde im vorigen Punkt dieses Schriftsatzes bei den NEOS schon ausgeführt.
Wenn nun der Landeswahlvorschlag der ÖVP-Niederösterreich als Vertreterin der bei der letzten Nationalratswahl wahlwerbenden Partei 'Österreichische Volkspartei' ein rechtskonformer Landeswahlvorschlag ist, dann sind die übrigen Landeswahlvorschläge gem. § 44 Abs 1 NRWO nach dem an erster Stelle vorgeschlagenen Bewerber zu benennen. Somit hätten beispielsweise die Landeswahlvorschläge der wahlwerbenden Partei 'Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei' in Kärtnen auf 'Elisabeth Köstinger' und in Vorarlberg auf 'Mag. M[.] E[.]' und in Wien auf 'K[.] M[.]' geändert zu werden. Dann würde jedem sofort auffallen, daß man die Zahlen dieser verschiedenen Listen nicht zu einer Gesamtsumme zusammenzählen darf.
[…]
Auswirkung auf das 3. Ermittlungsverfahren:
Es handelt sich bei den ÖVP-Wählergruppen offenbar um mehrere verschiedene Rechtspersonen, die bei der Nationalratswahl 2017 angetreten sind, wodurch die jeweiligen Stimmen im dritten Ermittlungsverfahren gemäß § 106 Abs 2 NRWO nicht zusammengezählt werden hätten dürfen.
Auf dieses Problem wurde von mir, Mag. Robert Marschall, als Vertrauensperson der Liste EUAUS zweimal bei Sitzungen der Bundeswahlbehörde hingewiesen, das erste Mal am und das zweite Mal am .
Weder der Stellvertreter […] des abwesenden Vorsitzenden […], noch sonst ein Mitglied der Bundeswahlbehörde haben das Thema aufgegriffen und hinterfragt, weder am noch am .
Bei der Sitzung am kam es also dazu, daß der Stellvertreter […] des abwesenden Vorsitzenden […] ÖVP-Ergebnis-Zahlen präsentierte, wo einfach alle Ergebnisse von Wählergruppen mit der gleichen Parteibezeichnung bzw Abkürzung zusammengezählt wurden, ohne darauf zu achten, ob sich hinter den gleichen Parteibezeichnungen nicht verschiedene Antragsteller (Rechtspersonen) verbergen. Das ist ungefähr so, wie wenn man die Vorzugsstimmen von allen Kandidaten, die Franz Maier heißen, zusammenzählte, obwohl es sich um verschiedene Personen handelt. Deshalb ist ja die Einhaltung des § 43 Abs 1 NRWO bezüglich unterscheidbarer Parteibezeichnungen von entscheidender Bedeutung für das gesamte Wahlverfahren der Nationalratswahl.
Da lediglich die Zustellungsbevollmächtigte der 'Kärntner Volkspartei', 'Elisabeth Köstinger', einen Bundeswahlvorschlag mit der Kurzbezeichnung 'ÖVP' eingebracht hat, dürfen aus allen anderen Bundesländern die ÖVP Stimmen im dritten Ermittlungsverfahren bei der Mandatsvergabe nicht mitgerechnet werden.
Dadurch würden der ÖVP in Wirklichkeit nur ca. 1 Mandat im dritten Ermittlungsverfahren zustehen und nicht 8 Mandate. […]"
6.3.8.Die Anfechtungswerberin führt aus, dass rechtswidrig Unterstützungs-erklärungen in der Marktgemeinde Tulbing in Niederösterreich einbehalten worden seien, wodurch gegen § 42 Abs 4 NRWO verstoßen worden sei. Am hätten zwei Personen auf dem Gemeindeamt Tulbing für die Liste EUAUS eine Unterstützungserklärung zur Kandidatur bei der Nationalratswahl 2017 unterschrieben. Diese seien vom Gemeindeamt bestätigt und sodann rechtswidrig einbehalten worden. Die beiden Unterstützungserklärungen seien erst am Freitag, dem , von der Marktgemeinde Tulbing per Post an die Liste EUAUS geschickt worden, sodass der Brief erst am Montag, dem , – und somit drei Tage nach dem Fristende für die Einbringung der Wahlvorschläge – an der Zustelladresse der Anfechtungswerberin eingelangt sei. Das Fristversäumnis sei durch die Marktgemeinde Tulbing verschuldet worden.
Derartige "Behördenverstöße gegen § 42 Abs 4 NRWO" seien "gängige Praxis". So hätten auch mehrere andere Gemeindeämter "Unterstützungserklärungen für die Anfechtungswerberin rechtswidrig einbehalten, jedoch immerhin rechtzeitig an die Anfechtungswerbe[r]in übermittelt". In wie vielen Fällen von Gemeindeämtern Unterstützungserklärungen einbehalten und nicht übermittelt worden seien bzw. in wie vielen Fällen bei der postalischen Übermittlung die Unterstützungserklärungen verschwunden seien, sei der Anfechtungswerberin nicht bekannt.
Zweck des § 42 Abs 4 NRWO sei es, dass "durch Behörden – die oft mit parteipolitisch zuordenbaren Mitarbeitern besetzt sind – keine Unterstützungserklärungen auf Ämtern verschwinden können sollten". Mehrere Behörden hätten "entgegen der Schutznorm des § 42 Abs 4 NRWO amtlich bestätigte Unterstützungserklärungen für die Anfechtungswerberin einbehalten […] und zumindest 2 Unterstützungserklärungen durch Behördenverschulden so spät weggeschickt […], daß diese erst nach Abgabefristende für Landeswahlvorschläge bei der Anfechtungswerberin ein[gelangt]" seien. Hätten die Gemeinden die Unterstützungserklärungen gemäß § 42 Abs 4 NRWO "ordnungsgemäß und unverzüglich an die Unterstützer ausgefertigt, so hätte die Anfechtungswerberin einen gültigen Landeswahlvorschlag in Niederösterreich einbringen können, zumindest wäre es nicht ausgeschlossen gewesen". Eine Einreichung ohne erforderliche Anzahl an Unterstützungserklärungen sei laut NRWO unzulässig; die aussichtslose Einreichung sei auch nicht zumutbar. Das Zurückbehalten der Unterstützungserklärung habe von Einfluss auf das Wahlergebnis sein können, "was aber bei Brechen einer Schutznorm durch eine Behörde nicht mehr nachzuweisen" sei.
6.3.9.Eine weitere Rechtswidrigkeit sei darin zu sehen, dass in der Printausgabe der Tageszeitung "Österreich" vom ein Foto abgedruckt worden sei, das Sebastian Kurz mit offenem Kuvert bei der Stimmabgabe zeige. Daraus ergebe sich, dass "erstens die geheime Stimmabgabe von Außenminister Sebastian Kurz durch die Wahlbehörde nicht gewährleistet" worden und "zweitens eine fremde Person – nämlich der Fotograf – im Wahllokal anwesend" gewesen sei. Dies stehe im Widerspruch zu § 57 Abs 2 und § 65 Abs 1 NRWO; die Anfechtungswerberin verweist weiters auf VfSlg 20.071/2016: In dieser Entscheidung habe der Verfassungsgerichtshof – unter Bezugnahme auf VfSlg 11.740/1988 – ausgeführt, "dass schon die rechtswidrige unbefugte Anwesenheit von Personen in einem Wahllokal von Einfluss auf das Wahlergebnis sein kann". Demnach sei die Nationalratswahl 2017 "schon alleine wegen der Anwesenheit einer fremden Person in einem Wahllokal – die noch dazu den amtierende[n] Außenminister bei der Stimmabgabe fotografierte – […] aufzuheben".
.Die Anfechtungswerberin bringt vor, dass die Bundeswahlbehörde "falsch zusammengesetzt" gewesen sei. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass "parteipolitisch befangene Mitglieder" mitgewirkt hätten. Die Anfechtungswerberin verweist in diesem Zusammenhang auf § 7 AVG, der die Befangenheit von Verwaltungsorganen regelt. Das AVG sei nach Art 1 Abs 3 Z 4 EGVG bei Wahlen nicht anwendbar. Im B-VG und in der NRWO fänden sich keine Bestimmungen zur Befangenheit für Mitglieder der Bundeswahlbehörde. Ein Kollegialorgan, das mit befangenen Mitgliedern besetzt sei, widerspreche aber dem Art 6 EMRK, weshalb ein Gesetzesprüfungsverfahren bezüglich dieser Bestimmung angeregt werde.
Zum anderen ergebe sich eine falsche Zusammensetzung der Bundeswahl-behörde auch daraus, dass "fehlende Mitglieder durch Ersatzmitglieder ersetzt wurden, ohne festzuhalten, aus welchen Ersatzmitgliedern Mitglieder wurden und welche Ersatzmitglieder Ersatzmitglieder blieben". Es sei dem zustellungsbevollmächtigen Vertreter der Anfechtungswerberin, der als Vertrauensperson an der Sitzung teilgenommen habe, nicht "möglich, in Erfahrung zu bringen, wer nun abgestimmt hat. Dieses Problem gab es bei mehreren Sitzungen der Bundeswahlbehörde. Der Anfechtungswerberin wurde bis dato auch kein Sitzungsprotokoll zugesandt".
Die Anfechtungswerberin verweist dabei auf VfSlg 20.071/2016, wonach bereits "die gesetzwidrige Einrichtung von Wahlbehörden […] als eine Rechtsverletzung" anzusehen sei, "bei der die gesetzmäßige Durchführung von Wahlen nicht mehr garantiert werde", weshalb diese Rechtswidrigkeit von Einfluss auf das Wahlergebnis sei.
.Die Anfechtungswerberin bringt weiters vor, dass die Ergebnisse des dritten Ermittlungsverfahrens nicht durch die Bundeswahlbehörde als Kollegialorgan ermittelt worden seien, sondern durch "unbekannte Dritte (entweder im Innenministerium oder [..] behördenfremde Personen)"; die Zahlen seien von der Bundeswahlbehörde weder selbst ermittelt noch kontrolliert worden. Dies sei schon alleine daran erkennbar, dass "die Sitzung nur ca 35 Minuten dauerte". "Kein einziges Mitglied der Bundeswahlbehörde [hätte] versucht, sich auch nur stichprobenartig von der Richtigkeit der durch das Innenministerium ermittelten Zahlen zu vergewissern". Dadurch sei die "Ergebnisermittlung der gegenseitigen Kontrolle auf Rechtmäßigkeit des Wahlverfahrens durch die Mitglieder der Wahlbehörde entzogen" worden. Auch seien die Niederschriften der neun Landeswahlbehörden entgegen § 107 Abs 1 NRWO nicht vorgelegt worden und die Ermittlung der Mandate gemäß § 107 NRWO habe nicht während der Sitzung der Bundeswahlbehörde am stattgefunden, sondern der Stellvertreter des Vorsitzenden der Bundeswahlbehörde (der Innenminister als Vorsitzender der Bundeswahlbehörde sei bei keiner Sitzung anwesend gewesen) habe die "Zahlen und Namen" vorgelesen, die dann von den Beisitzern einstimmig beschlossen worden seien. Vor diesem Hintergrund sei fraglich, warum "nicht gleich das Innenministerium […] alle Ergebnisse zur Nationalratswahl 2017 ermittelt und beschließt, wenn die 17 Mitglieder der Bundeswahlbehörde ohnedies keinen erkennbaren Beitrag bzw. Mehrwert im dritten 'Ermittlungsverfahren' leisten". Die Rechtswidrigkeit könne zudem auf das Wahlergebnis von Einfluss sein, "weil man ja bis heute nicht weiß, ob die Ergebnisermittlung der unbekannten Personen richtig war. Da hier gegen die Sicherung der Wahlgrundsätze schwer verstoßen wurde, ist zumindest die Ergebnisermittlung zu wiederholen".
.Die Anfechtungswerberin hält überdies teils an mehreren Stellen, teils bereits unter den Ausführungen zum "Sachverhalt" Folgendes fest:
Die Niederschriften und Protokolle der Landeswahlbehörde Wien und der Bundeswahlbehörde seien ihr nicht zugestellt worden.
Am habe sie bei der Sitzung der Landeswahlbehörde Wien einen Schriftsatz eingebracht, in dem sie die Überprüfung von auch in der vorliegenden Anfechtungsschrift behaupteten Rechtswidrigkeiten anregt. Die Landeswahlbehörde habe aber keine Prüfung vorgenommen, sodass die Listen 2 und 6 nicht "leer" geblieben seien, sondern der "Liste Sebastian Kurz – Die neue Volkspartei" bzw. "NEOS – Das neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" zugewiesen worden seien. Auch ein Schriftsatz der Anfechtungswerberin an die Bundeswahlbehörde vom , in dem ebenfalls in der vorliegenden Anfechtungsschrift beanstandeten Rechtswidrigkeiten geltend gemacht worden seien, sei unberücksichtigt geblieben.
.Die Anfechtungswerberin bringt abschließend vor, die Verfassungsrichter seien auf Grund ihrer Naheverhältnisse zu politischen Parteien, die in einem politischen Wettbewerb zur anfechtungswerbenden Partei stünden, befangen. "Nur weil kein Ausschließungsgrund nach Art 147 Abs 4 B-VG" vorliege, könne daraus noch nicht abgeleitet werden, dass "kein Befangenheitsgrund nach Art 6 EMRK" vorliege. Die Anfechtungswerberin könne "Verfassungsrichter auf Basis des VfGG § 12 zwar nicht ablehnen, die allfällige Mitwirkung würde jedoch dem Art 6 EMRK widersprechen".
7.Die Bundeswahlbehörde legte die Wahlakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, "die Begehren der Anfechtungswerberin zurück- bzw. abzuweisen". Den von der Anfechtungswerberin geltend gemachten Bedenken tritt sie zusammengefasst wie folgt entgegen:
7.1.Insoweit die Anfechtungswerberin das verfassungsrechtlich vorgegebene System der Briefwahl als mit den Grundprinzipien der Verfassung nicht vereinbar betrachtet bzw. die einfachgesetzliche Ausgestaltung der Briefwahl verfassungsrechtlich als bedenklich erachtet, verweist die Bundeswahlbehörde im Wesentlichen auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 19.893/2014 sowie VfSlg 20.071/2016), in denen das System der Briefwahl als mit den Grundprinzipien der Verfassung vereinbar und die einfachgesetzliche Ausgestaltung der Briefwahl als verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet wurde. Zum Vorbringen der Anfechtungswerberin betreffend die mittels Briefwahl abgegebenen Stimmen führt die Bundeswahlbehörde u.a. aus, dass die Annahme, "dass 15,6 Prozent der gültigen Stimmen aus Briefwahl-Wahlkarten über ca. 28 der insgesamt 183 zur Vergabe gelangenden Mandate im Nationalrat entschieden hätten", nicht zutreffe. Dies insbesondere auch, "weil das Quorum der Stimmen aus Wahlkarten keinen eigenen Wahlkörper bildet und aufgrund der Regelung des Art 26 Abs 2 letzter Satz B-VG ('Eine Gliederung der Wählerschaft in andere Wahlkörper ist nicht zulässig.') auch nicht bilden dürfte. Vielmehr hängt der wahlarithmetische Erfolgswert einer aus einer Wahlkarte stammenden Stimme – sei es mittels Briefwahl oder mittels Präsenzwahl […] – stets davon ab, welchem Regionalwahlkreis die jeweilige Stimme entstammt und bei der Ergebnisermittlung entsprechend zugerechnet wird". Zudem tritt die Bundeswahlbehörde den Ausführungen entgegen, wonach es "gegenwärtig leicht möglich" wäre, "insbesondere auch das Weitergeben oder Verkaufen von Briefwahlkarten" zu bewerkstelligen:
"Insbesondere mit dem Wahlrechtsänderungsgesetz 2011 hat der Gesetzgeber in § 39 NRWO eine Fülle von Regelungen implementiert, die eine missbräuchliche Ausübung der Stimmabgabe mittels Briefwahl verhindern sollen. Bei der Auswertung der Briefwahl-Wahlkarten prüft die zuständige Bezirkswahlbehörde, im Fall des § 96 NRWO die zuständige Landeswahlbehörde, das Vorhandensein der eidesstattlichen Erklärung. Bei Zweifelsfällen über das Bestehen eines Nichtigkeitsgrundes, etwa dass im Sinne von § 60 Abs 1 Z 3 NRWO die eidesstattliche Erklärung auf der Wahlkarte nicht oder nachweislich nicht durch den Wahlberechtigten abgegeben wurde, hat die zuständige Wahlbehörde nach im Kollegium durchgeführter Beratung allenfalls eine solche Wahlkarte nicht in das Ergebnis miteinzubeziehen. Ganz allgemein ist hierbei erneut auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom zu verweisen, wonach dem verfassungsgesetzlich vorgesehenen System der Briefwahl – im Vergleich zur konventionellen Stimmabgabe vor der Wahlbehörde – eine geringere Kontrolle der Sicherstellung eines geheimen und persönlichen Wahlvorganges immanent ist (VfSlg 20.071/2016, Rz 161)."
7.2.Im Hinblick auf die Behauptung der Anfechtungswerberin, die Listenspalten 2 und 6 hätten leer bleiben müssen, zumal es sich bei der "Liste Sebastian Kurz – Die neue Volkspartei" (ÖVP) sowie bei der wahlwerbenden Gruppe "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" (NEOS) nach Ansicht der Anfechtungswerberin nicht um Nachfolgerinnen von "im Nationalrat vertretenen Parteien" handle, verweist die Bundeswahlbehörde auf § 49 Abs 2 NRWO, wonach nach der Veröffentlichung der Wahlvorschläge festgestellte Mängel deren Gültigkeit nicht berühren. Eine wahlwerbende Partei werde – "so diese erfolgreich ist" – mit Abschluss des Wahlverfahrens zur "im Nationalrat vertretenen Partei", müsse jedoch für Zwecke der nächstfolgenden Nationalratswahl erneut Wahlvorschläge iSd § 42 NRWO einbringen, sodass jeder Wahlvorschlag einer Kontinuitätsprüfung zu unterziehen sei. Dabei sei in einer bundesweiten Gesamtbetrachtung ein Vergleich der wahlwerbenden Partei, wie sie bei der letzten Wahl gewählt worden sei, mit der in Frage kommenden wahlwerbenden Partei anzustellen. Heranzuziehen seien dafür – mangels näherer Anhaltspunkte im Gesetz und in den Materialien – "primäre und sekundäre Identitätsmerkmale". "Primäre Identitätsmerkmale" würden direkt an die Vorschriften der NRWO über Wahlvorschläge anknüpfen, durch die sich die wahlwerbenden Parteien gegenüber den Wahlbehörden und der Öffentlichkeit identifizieren und unterscheiden (zB Übereinstimmungen bei der Parteibezeichnung oder Kurzbezeichnung, den Bewerbern um Mandate, den im zuletzt gewählten Nationalrat vertretenen Mandataren sowie den Personen, die den Wahlvorschlag unterstützen und für die jeweiligen Parteien handeln, wie zustellungsbevollmächtigte Vertreter und Vertrauensleute). Als "sekundäre Identitätsmerkmale" seien sonstige Äußerungen und Übereinstimmungen der "hinter" den wahlwerbenden Parteien stehenden politischen Parteien und der aus ihren Abgeordneten gebildeten Klubs und den wahlwerbenden Parteien anzusehen. Keines der genannten Merkmale reiche allein für eine eindeutige Zuordnung, sondern es sei eine Gesamtschau anhand eines "beweglichen Systems" anzustellen. Die Bundeswahlbehörde führt weiters aus:
"Von den in der Literatur herausgearbeiteten Kriterien sind an dieser Stelle besonders hervorzuheben:
[…]Parteibezeichnung
Die Parteibezeichnung dient in erster Linie zur Unterscheidung wahlwerbender Parteien auf den veröffentlichten Wahlvorschlägen bei derselben Wahl (vgl. § 44 NRWO) und sie ist auch für die Identität der Landeswahlvorschläge und Bundeswahlvorschläge vorlegenden wahlwerbenden Partei von Bedeutung (vgl. § 106 Abs 2 NRWO: 'Partei derselben Parteibezeichnung'). Der Grundsatz der Parteienidentität ausschließlich kraft Bezeichnungsidentität ist auf die Identität von wahlwerbenden Parteien bei aufeinander folgenden Wahlen nicht übertragbar. Abgesehen davon, dass es dafür – anders als jedenfalls bei Wahlvorschlägen für verschiedene Ermittlungsverfahren bei derselben Wahl (§106 Abs 2 NRWO) – keine explizite Rechtsgrundlage gibt, muss das schon deshalb gelten, weil unter Umständen bei der letzten Wahl nicht die selbstgewählte Bezeichnung der wahlwerbenden Partei, sondern eine von der Wahlbehörde vorgenommene Benennung nach dem Listenführer auf dem Wahlvorschlag zu veröffentlichen war (vgl. § 44 NRWO), oder auch, weil die Bezeichnung sich freiwillig nach dem Listenführer richten kann, dieser jedoch bei der nächsten Wahl ein anderer sein kann und schließlich, weil die Wahl der Bezeichnung zur grundrechtlich garantierten Freiheit der Wahlbewerbung (Art3 1. ZPEMRK) gehört (vgl. VfSlg 13.004/2002) und eine 'Bestrafung' durch Nichtanerkennung der Identität bei aufeinander folgenden Wahlen nur aufgrund einer etwas anderen, die Identität für den durchschnittlichen Wahlberechtigten nicht in Frage stellenden Bezeichnung unverhältnismäßig erschiene.
Die Identität von Wahlparteien kann gerade nicht nur durch völlig identische Bezeichnungen zum Ausdruck kommen. So haben auch langjährig im Nationalrat vertretene Parteien als wahlwerbende Parteien bei verschiedenen Nationalratswahlen immer wieder modifizierte Bezeichnungen verwendet, ohne dass dies Zweifel an ihrer Identität ausgelöst hätte (so etwa die ursprünglich im Nationalrat vertreten[e] 'Sozialistische Partei Österreichs', die in der Folge unter der Bezeichnung 'Sozialdemokratische Partei Österreichs' kandidierte; vgl. Raschauer,JRP 2006, 262). Auch bloß ähnliche, aber anknüpfungsfähige Parteibezeichnungen sind ein starkes Identitätsindiz. Gegen eine Identität von Wahlparteien bei zwei aufeinander folgenden Nationalratswahlen spräche allerdings, wenn sich die Parteibezeichnungen so stark unterscheiden, dass kein gemeinsamer sprachlicher Kern mehr ausmachbar ist (vgl. Merli, JRP 2006, 247 f).
[…] Unterstützerinnen und Unterstützer
In jenem Fall, in dem Wahlvorschläge durch Abgeordnetenunterschriften unterstützt werden (vgl. § 42 Abs 2 NRWO erste Alternative), sind diese Unterschriften besonders identitätsrelevant, da in ihnen die Verbindung zwischen einer im Nationalrat vertretenen Wahlpartei und einer bei der nächsten Wahl antretenden wahlwerbenden Partei besonders deutlich zum Ausdruck kommen kann. Im Regelfall werden Abgeordnete derselben im Nationalrat vertretenen Partei den Wahlvorschlag nur einer wahlwerbenden Partei unterschreiben. In diesem Fall kann das auch als Indiz gewertet werden, dass diese Wahlpartei mit der Partei, die die betroffenen Abgeordneten vertreten, identisch ist. Dies entspricht dem Konzept der NRWO, das gemäß § 42 Abs 2 NRWO die gewählten Bewerberinnen und Bewerber dadurch privilegiert, dass die Unterschriften von drei von ihnen als Unterstützung für einen Landeswahlvorschlag bei der nächsten Wahl ausreichen, während sonst hunderte Unterstützungserklärungen von Wahlberechtigten erforderlich sind (vgl. Merli, JRP 2006, 248 f, Raschauer, JRP 2006, 261). Unterschreiben dagegen Abgeordnete, die bei der letzten Wahl auf Kandidatenlisten unterschiedlicher Parteien standen, den Wahlvorschlag einer wahlwerbenden Partei, spricht dies gegen die Identität dieser Partei mit einer der betroffenen 'Altparteien'. Finden sich für einen Wahlvorschlag einer wahlwerbenden Partei, die nach anderen Kriterien – zum Beispiel ihrer Bezeichnung – mit einer im Nationalrat vertretenen Partei identisch sein könnte, keine Unterschriften von Abgeordneten dieser Partei und ihre Kandidatur kann nur durch Unterstützungserklärungen von Wahlberechtigten ermöglicht werden, so ist dies ebenfalls ein starkes Indiz dafür, dass die beiden Parteien nicht identisch sind (vgl. Merli, JRP 2006, 249).
[…] Parallelentwicklungen bei politischen Parteien
Steht hinter einer aktuellen wahlwerbenden Partei dieselbe politische Partei wie hinter der bei der letzten Wahl erfolgreich und daher im Nationalrat vertreten gewesenen Partei, ist dies ein weiteres Identitätsindiz. Hat sich die politische Partei inzwischen umbenannt und trägt nun die ihr zuordenbare wahlwerbende Partei eine entsprechende neue Bezeichnung, so ist die identitätsvermindernde Indizwirkung dieser neuen Bezeichnung geringer als ohne diesen Umstand (vgl. Merli, JRP 2006, 250).
[…] Parallelentwicklung bei Abgeordneten
Die Verbindung von wahlwerbender Partei und Klub ist in der Regel jedenfalls personell sogar enger als jene zwischen wahlwerbender Partei und politischer Partei. Bleiben die Abgeordneten im selben Klub, deutet das in jene Richtung, dass eine von diesen Abgeordneten maßgeblich bestimmte aktuelle Partei mit der bei der letzten Wahl erfolgreichen Partei gleichzusetzen ist (vgl. Merli, JRP 2006, 251)."
Die "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" sei anhand dieser Kriterien insbesondere wegen der Verwendung derselben Kurzbezeichnung "ÖVP" ebenso eindeutig der im zuletzt gewählten Nationalrat vertretenen Partei "Österreichische Volkspartei" zuzuordnen, wie dies für die Liste "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" in Bezug auf die im zuletzt gewählten Nationalrat vertretene Partei "NEOS Das Neue Österreich und Liberales Forum" jeweils mit der Kurzbezeichnung "NEOS", der Fall sei. In Bezug auf beide wahlwerbenden Parteien seien bei allen Landeswahlvorschlägen die Unterschriften von drei Nationalratsabgeordneten der im zuletzt gewählten Nationalrat vertretenen Parteien "Österreichische Volkspartei" bzw. "NEOS Das Neue Österreich und Liberales Forum" erfolgt und die jeweiligen Nationalratsabgeordneten hätten zum Zeitpunkt der Einbringung der Landeswahlvorschläge auch dem jeweiligen Parlamentsklub angehört, was ebenso deutlich für Kontinuität bzw. Identität spreche. Hinter beiden angesprochenen wahlwerbenden Parteien stünden jeweils dieselben politischen Parteien wie hinter den bei der letzten Wahl erfolgreich und daher im Nationalrat vertreten gewesenen Parteien. Die beschriebene Methodik habe auch der Verfassungsgerichtshof zuletzt in VfSlg 20.044/2016 angewendet, sodass anhand der erforderlichen Gesamtbetrachtung "ohne Zweifel von einer Identität der beiden genannten wahlwerbenden Gruppen mit den entsprechenden, bei der Nationalratswahl 2013 kandidiert habenden wahlwerbenden Gruppen auszugehen [sei], sodass die Kontinuität der Listenplätze gegeben" sei.
7.3.Dem Vorbringen der Anfechtungswerberin, die Parteibezeichnungen der Liste "Freie Liste Österreich & FPS Liste Dr. Karl Schnell" sowie der Liste "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" entsprächen nicht den Anforderungen gemäß § 43 Abs 1 NRWO tritt die Bundeswahlbehörde mit dem Argument entgegen, dass einer Wahlanfechtung "nicht schon dann stattzugeben [ist], wenn die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens erwiesen wurde; sie muss darüber hinaus auch auf das Wahlergebnis von Einfluss gewesen sein". Die Funktion der Bestimmungen der §§43 f. NRWO über die "unterscheidenden Parteibezeichnung" bestehe darin, "dass die wahlwerbenden Parteien in ihren Bezeichnungen 'unterscheidbar' im Sinne von 'leicht unterscheidbar' sind. Die Gefahr von Verwechslungen soll vermieden, ein Irrtum der Wähler über die Identität der wahlwerbenden Parteien, denen sie ihre Stimme geben wollen, verhindert werden. Die Unterscheidungsfunktion im Wahlverfahren liegt auf semantischer Ebene. Ein 'error in persona' der Wählerin oder des Wählers auf Grund einer nicht ausreichend klaren Unterscheidung der Namen der wahlwerbenden Parteien ist zu vermeiden". Dass die Verwendung von "FPS", "Dr.", "&" und "NEOS" in den erwähnten Parteibezeichnungen die Identität einer anderen wahlwerbenden Gruppe beeinträchtigen würde, werde von der Anfechtungswerberin nicht behauptet und es bestünden hiefür auch keine Anhaltspunkte. In der langjährigen Praxis der Wahlbehörden seien "diakritische Zeichen und Satzzeichen, akademische Grade sowie Kurzbezeichnungen bzw. Abkürzungen von Parteien in Parteibezeichnungen regelmäßig zugelassen" worden. Beispielsweise habe bei den Nationalratswahlen 1966 und 1970 die "Demokratische Fortschrittliche Partei, DFP-Liste Franz Olah" (DFP) kandidiert. Im vorliegenden Fall sei "FPS" als zum Wort "Liste" gehörend "von allen neun Landeswahlbehörden akzeptiert und nach entsprechender Erörterung in der Sitzung vom auch von der Bundeswahlbehörde belassen" worden. "FPS" hätte nach Ansicht der Bundeswahlbehörde auch "weggelassen werden können, ohne einen stärkeren oder geringeren Bezug zu 'Salzburg' in deren Parteinamen herzustellen. Durch die Verwendung von 'FPS' in der Parteibezeichnung ist daher weder eine Bevorzugung in allen anderen Bundesländern außer Salzburg zu erkennen, noch ist eine Benachteiligung einer anderer Wählergruppe ersichtlich". Den Wählern könne zugemutet werden, sich mit den Parteibezeichnungen "näher auseinanderzusetzen".
Der behaupteter Weise rechtswidrigen Verwendung von "NEOS" in den Wahlvorschlägen sei entgegenzuhalten, "dass nach der Bestimmung des § 43 Abs 1 Z 1 NRWO nicht notwendigerweise Worte, die im Wörterbuch auffindbar sind, verwendet werden müssen. 'NEOS' stellt ein im Sprachgebrauch verselbständigtes Wort dar und findet sich im Übrigen auch in der griechischen Sprache".
7.4.Die Bundeswahlbehörde tritt der Ansicht der Anfechtungswerberin, es liege ein falsches Ergebnis im dritten Ermittlungsverfahren vor, unter Berufung auf die übermittelten Landeswahlvorschläge entgegen. So würde der Bundeswahlvorschlag der wahlwerbenden Partei "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" und der wahlwerbenden Partei "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" dieselbe Parteibezeichnung aufweisen wie sämtliche ihnen jeweils im dritten Ermittlungsverfahren zuzurechnende Landeswahlvorschläge.
Landeswahlvorschlag bzw. Bundeswahlvorschlag verlangten keine eigenhändige Unterschrift des zustellungsbevollmächtigten Vertreters, sondern "die Bezeichnung des zustellungsbevollmächtigten Vertreters (Vorname, Familienname, Beruf, Adresse), der die Voraussetzungen des § 41 erfüllen muss". Dies werde auch durch § 45 Abs 1 NRWO verdeutlicht, gelte "doch nach dieser Bestimmung selbst bei mangelnder Anführung eines Zustellungsbevollmächtigten der jeweils an erster Stelle des Landeswahlvorschlages stehende Bewerber als zustellungsbevollmächtigter Vertreter der Partei (ohne dass dieser in einer solchen Konstellation hätte unterschreiben können)". Ebenso wenig von Bedeutung sei es, ob ein Zustellungsbevollmächtigter etwa Landesgeschäftsführer der ÖVP Wien sei und dabei bei der Unterfertigung den Stempel mit der Aufschrift "ÖVP Wien" verwendet habe. Auch eine etwas anders lautende Bezeichnung einer Landesparteiorganisation der hinter einer wahlwerbenden Gruppe stehenden politischen Partei (etwa "Kärntner Volkspartei") habe keinen Einfluss auf die Rechtsgültigkeit eines eingebrachten Landeswahlvorschlages.
7.5.Zum Vorbringen in Bezug auf die verspätete Übermittlung von Unterstützungserklärungen durch die Marktgemeinde Tulbing führt die Bundeswahl-behörde – die dazu eine Stellungnahme der Gemeinde einholte – aus, dass die zwei von der Anfechtungswerberin genannten Personen jeweils eine Unterstützungserklärung abgegeben hätten. Die Amtsleiterin habe im Zuge der Amtshandlung bestätigt, dass die Unterstützungswilligen am Stichtag in der Wählerevidenz eingetragen und wahlberechtigt gewesen seien; sodann habe sie angeboten, die Unterstützungserklärungen als Serviceleistung der Gemeinde auf dem Postweg an die zuständige Stelle weiterzuleiten, was angenommen worden sei. Da der letztmögliche Termin für die Übermittlung der Unterstützungserklärungen auf dem Postweg von der Gemeinde auf Grund eines Irrtums nicht habe eingehalten werden können, sei seitens der Marktgemeinde Tulbing am mit dem Zustellungsbevollmächtigten telefonischer Kontakt aufgenommen worden, um die Möglichkeit zur fristgerechten Übermittlung der Unterstützungserklärungen zu besprechen. Dieser habe daraufhin gemeint, dass dies "keinen Sinn mehr" mache und "es sowieso nichts mehr bringt". Die Gemeinde-bedienstete aus Tulbing sei sogar bereit gewesen, zur Wahrung der Frist die Unterstützungserklärungen noch persönlich bis 16.00 Uhr nach Mödling zu bringen. Auf Grund der Ablehnung des Zustellungsbevollmächtigten der Anfechtungswerberin habe sie dies aber letztlich nicht mehr getan.
Obgleich die Gemeinde Tulbing verabsäumt habe, die Unterstützungs-erklärungen sofort auszufolgen, sei in der Folge durch Kontaktaufnahme mit dem Zustellungsbevollmächtigten der Anfechtungswerberin versucht worden, die zeitliche Verzögerung noch zu beheben. Die Anfechtungsschrift habe in keiner Weise dargelegt, weshalb das Fehlen der beiden Unterstützungserklärungen von Einfluss auf das Wahlergebnis hätte sein können. Dass dies offenkundig nicht der Fall sein konnte, werde letztlich auch durch die gegenüber der Marktgemeinde Tulbing getätigten Äußerungen des Zustellungsbevollmächtigten der Anfechtungswerberin bekräftigt.
7.6.Zum Vorbringen, wonach Sebastian Kurz bei der Stimmabgabe fotografiert worden sei, führt die Bundeswahlbehörde aus, dass das Foto von außerhalb des Wahllokals durch ein Fenster aufgenommen worden sei, was durch Reflexionen auf jener Scheibe erkennbar sei, durch die offensichtlich fotografiert worden sei. Es könne daher keine Rede davon sein, dass eine Person im Wahllokal unbefugt anwesend gewesen sei. Auch bezüglich der Verletzung des Wahlgeheimnisses lasse sich dem Vorbringen nicht entnehmen, dass das Stimmverhalten der genannten Person zu erkennen gewesen wäre. Das geheime Wahlrecht beschränke sich jedoch ausschließlich auf diesen Umstand, nicht jedoch auf die Tatsache der Stimmabgabe generell (VfSlg 11.738/1988). Auf dem erwähnten Foto sei Sebastian Kurz außerhalb der Wahlzelle zu sehen, was sich unter anderem durch den Richtungspfeil auf der Außenwand der hinter ihm befindlichen Wahlzelle erkennen lasse. Dass die Wahlzelle nicht im Sinne von § 57 Abs 2 NRWO hergestellt gewesen sei, werde von der Anfechtungswerberin nicht behauptet.
7.7.Zu den behaupteten Missständen bei der Bundeswahlbehörde wird in der Gegenschrift Folgendes ausgeführt:
"Der Vorhalt der Anfechtungswerberin, dass sich die bei der Sitzung der Bundeswahlbehörde vom stimmberechtigt gewesenen Personen nicht feststellen hätten lassen, geht ins Leere. Aus der Niederschrift zur Sitzung der Bundeswahlbehörde am , wie auch aus den internen Protokollen und Anwesenheitslisten lässt sich klar feststellen, welche der anwesend gewesenen Personen stimmberechtigt waren und welche nicht. Um der den Vorsitz führenden Person stets einen klaren Überblick über die Beschlussfähigkeit und Stimmberechtigung zu geben, bedient man sich in der Bundeswahlbehörde seit Jahren eines Tischkarten-Systems (weiße Tischkarten für Beisitzerinnen oder Beisitzer der Bundeswahlbehörde sowie für Ersatzbeisitzerinnen oder Ersatzbeisitzer, die eine Beisitzerin oder einen Beisitzer vertreten; gelbe Tischkarten für Ersatzbeisitzerinnen oder Ersatzbeisitzer, auf die dies nicht zutrifft; grüne Tischkarten für Vertrauenspersonen). Im Fall einer Abstimmung bedeutet nur die Stimme einer vor einer weißen Tischkarte sitzenden Person eine zu zählende Stimme.
[…] Wenn die Anfechtungswerberin moniert, es seien Protokolle der Sitzungen der Bundeswahlbehörde erstellt, aber nicht an den Zustellungsbevollmächtigten der Anfechtungswerberin in seiner Eigenschaft als Vertrauensperson in der Bundeswahlbehörde übermittelt worden, so ist sie darauf hinzuweisen, dass es sich bei den angesprochenen 'Protokollen' um Resümeeprotokolle der Abteilung für Wahlangelegenheiten als Geschäftsstelle der Bundeswahlbehörde handelt, die primär dazu dienen, die wesentlichen Entscheidungen einer Sitzung zusammenzufassen, und die gesetzlich nicht näher geregelt sind. Die aus diesem Grund jeweils von der Bundeswahlbehörde zu Sitzungsbeginn zu genehmigenden Tonaufzeichnungen dienen dabei lediglich als Hilfsmittel zum internen Gebrauch, sie werden im Anschluss an die Texterstellung wieder gelöscht. Von diesen internen Zusammenfassungen zu unterscheiden sind die in bestimmten Phasen des Wahlverfahrens normierten Niederschriften – so etwa im Rahmen der Feststellung des amtlichen Endergebnisses am –, die allen Mitgliedern und Vertrauenspersonen zugänglich gemacht worden sind. Darüber hinaus besteht große Transparenz hinsichtlich der Vorgänge in der Bundeswahlbehörde, da Sitzungen des Gremiums im Zuge einer Nationalratswahl regelmäßig in Entscheidungen münden, die mittels Verlautbarungen – im Internet bzw. auf der Amtstafel des Bundesministeriums für Inneres – veröffentlicht werden."
Zum Vorbringen, wonach die Bundeswahlbehörde falsch zusammengesetzt gewesen sei, weil "parteipolitisch befangene Mitglieder" mitgewirkt hätten, führt die Bundeswahlbehörde aus, dass eine Befangenheit von Mitgliedern der Bundeswahlbehörde nicht erkannt werden könne. Die Zusammensetzung der Wahlbehörden, so auch der Bundeswahlbehörde, sei bereits in Art 26a B-VG verankert, wonach die "nichtrich[t]erlichen Beisitzer (…) aufgrund von Vorschlägen der wahlwerbenden Parteien entsprechend ihrer bei der letzten Wahl zum Nationalrat festgestellten Stärke berufen" werden. Eine Befangenheit des Leiters der Bundeswahlbehörde (des damaligen Bundesministers für Inneres) oder seiner Stellvertreter könne nicht erkannt werden. In der NRWO sei die Wahrnehmung eines Befangenheitsgrundes durch ein Mitglied der Wahlbehörde nicht vorgesehen. Das Ableiten eines Befangenheitsgrundes auf Grund einer Mitgliedschaft oder eines Naheverhältnisses zu einer Partei stehe im klaren Widerspruch zur Rechtskonstruktion des Systems der Wahlbehörden nach der NRWO, auf Grund welcher als Bundeswahlleiter, als Landeswahleiter sowie als Gemeindewahlleiter kraft Gesetzes Personen tätig zu werden hätten, die fast immer Mitglied einer Partei oder einer Partei zuzurechnen seien. In diesem Zusammenhang sei auf den Umstand zu verweisen, dass einer den Vorsitz in einer Wahlbehörde führenden Person lediglich ein Dirimierungsrecht für den Fall der Stimmengleichheit zukomme.
Wie schon die Anfechtungswerberin selbst ausführe, sei § 7 Abs 1 AVG in den Angelegenheiten der Durchführung von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern nicht anzuwenden. Im Übrigen wäre auch aus den allgemeinen Grundsätzen über die Befangenheit in der Rechtsordnung eine solche im vorliegenden Zusammenhang nicht ersichtlich. Zudem würden die Beisitzer bzw. die Ersatzbeisitzer nach § 16 Abs 2 NRWO mit Handschlag vor Antritt ihres Amtes "ihre strenge Unparteilichkeit und gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten gegenüber dem Vorsitzenden" geloben (diese Bestimmung gilt nach § 15 Abs 4 NRWO sinngemäß auch für Vertrauenspersonen). Ergänzend sei anzumerken, dass es im Einklang mit Art 7 B-VG öffentlich Bediensteten, die in aller Regel als Hilfskräfte von Wahlbehörden tätig werden, aber auch als Stellvertreter eines Wahlleiters fungieren, keineswegs verboten sei, einer politischen Partei anzugehören.
Die Bundeswahlbehörde führt weiters aus, dass entgegen den Behauptungen der Anfechtungswerberin kein Anhaltspunkt dafür bestehe, dass das Ermittlungs-verfahren durch die Bundeswahlbehörde nicht ordnungsgemäß abgewickelt worden sei:
"Aufgrund der Veröffentlichungen der Sofortmeldungen, aber auch aufgrund der in den Landeswahlbehörden getätigten amtlichen Veröffentlichungen der Ergebnisse war es nicht nur für die wahlwerbenden Parteien, sondern für die gesamte Öffentlichkeit ein Leichtes, die Wahlergebnisse inklusive der künftigen Verteilung der zur Vergabe gelangenden Mandate nach den Rechenregeln der NRWO in allen Details nachzuvollziehen.
Durch ihre Anwesenheit in den Sitzungen der Landeswahlbehörden war es den wahlwerbenden Parteien – sei es, dass sie mit Sitz und Stimme oder nur durch Vertrauenspersonen vertreten waren – leicht möglich, das Gesamtergebnis der Nationalratswahl bereits im Vorhinein zu errechnen. Bei den Sitzungen der Bundeswahlbehörde, in denen die Wahlergebnisse festgestellt werden, wird seit vielen Jahren stets auf das physische Vorhandensein der Wahlakten und auf die vorangegangene eingehende Überprüfung dieser Unterlagen durch aus dem Personalstand des Bundesministeriums für Inneres hierzu abgestellt[e] Hilfspersonen hingewiesen. Selbstverständlich hätte es auch bei der zurückliegenden Nationalratswahl 2017 für jedes Mitglied der Wahlbehörde – insbesondere bei Auftreten von Zweifelsfällen – die Möglichkeit gegeben, in die Wahlakten Einsicht zu nehmen. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass mit Blick auf den Umstand, dass die den Mitgliedern der Bundeswahlbehörde zur Beschlussfassung vorgelegten Ergebnisse im Einklang zu bereits im Vorhinein getätigten eigenen Berechnungen stehen, von einem detaillierten Nachprüfen der Wahlakten in aller Regel Abstand genommen wird. Dies gilt auch für die aufgrund der bestehenden Rechenregeln klar nachzuvollziehenden Ermittlungen der zur Vergabe gelangenden Mandate.
Die Beisitzerinnen und Beisitzer, Ersatzbeisitzerinnen und Ersatzbeisitzer sowie Vertrauenspersonen der Bundeswahlbehörde wurden stets ordnungsgemäß zu allen Sitzungen bzw. zu den Terminen der Entgegennahmen der Sofortmeldungen am 15. Oktober, am 16. Oktober und am 19. Oktober eingeladen. Anzumerken ist, dass am Wahltag zahlreiche Mitglieder der Bundeswahlbehörde in den Räumlichkeiten des Bundesministeriums für Inneres anwesend waren und auch am 16. und am 19. Oktober einzelne Personen die Gelegenheit in Anspruch nahmen, das Errechnen der Ergebnisse aus den Sofortmeldungen der Bezirkswahlbehörden und der Landeswahlbehörden mitzuverfolgen. Der Zustellungsbevollmächtigte der Anfechtungswerberin erschien am Tag nach der Wahl um 9.00 Uhr früh, um die Ermittlungen der Ergebnisse der mittels Wahlkarten abgegebenen Stimmen zu überprüfen. Als ihm mitgeteilt wurde, dass erst in etwa zwei Stunden mit Ergebnissen aus den ersten Bezirkswahlbehörden gerechnet werden könne, entfernte sich der Zustellungsbevollmächtigte der Anfechtungswerberin und kehrte nicht mehr zurück.
Für die Bundeswahlbehörde hat im dritten Ermittlungsverfahren hinsichtlich der Zurechnung der Mandate kein wie immer gearteter Handlungsspielraum bestanden. Auf Grund der in der Sitzung der Bundeswahlbehörde am 31. [Oktober] 2017 getroffenen Feststellungen war die Zurechnung der Mandate zu den einzelnen wahlwerbenden Gruppen, deren Bundeswahlvorschläge in Anwendung des § 106 Abs 6 NRWO abgeschlossen und veröffentlicht worden sind, nach den in § 107 NRWO verankerten Rechenregeln, die im Übrigen kein 'Restimmenverfahren' beinhalten, sondern aufgrund welcher vielmehr sämtliche abgegebene Stimmen nochmals in die Berechnungen einfließen, unumstößlich.
Aus diesem Grund hat die Anfechtungswerberin das Wesen eines Einspruchs gegen die ziffernmäßigen Ermittlungen einer Wahlbehörde offenkundig verkannt. Bei den vorgebrachten Einwendungen handelt es sich durchwegs um behauptete Rechtswidrigkeiten, die ausschließlich in einem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof überprüft werden könnten. Hingegen hat die Anfechtungswerberin in ihren Einsprüchen gegen die ziffernmäßigen Ermittlungen in keiner Weise Fehler bei den ziffernmäßigen Ermittlungen, gemeint sind damit insbesondere Rechenfehler, vorgebracht. Aus diesem Grund entschied die Bundeswahlbehörde in ihrer Sitzung am , den vom zustellungsbevollmächtigten Vertreter der wahlwerbenden Partei 'Für Österreich, Zuwanderungsstopp, Grenzschutz, Neutralität, EU-Austritt' eingebrachten Einspruch gegen die ziffernmäßigen Ermittlungen der Bundeswahlbehörde betreffend die Nationalratswahl 2017 abzuweisen […]."
7.8.Die Bundeswahlbehörde weist abschließend darauf hin, dass einer Vertrauensperson in einer Landeswahlbehörde oder der Bundeswahlbehörde kein Antragsrecht zukomme (VfSlg 17.178/2004). Sofern eine Vertrauensperson in einem solchen Gremium ein Schriftstück als "Eingabe" vorlege, könne dies höchstens im Rahmen eines allgemeinen Anhörungsrechtes erfolgen. Für jene Wahlbehörden, die vom Zustellungsbevollmächtigen der Anfechtungswerberin "Eingaben" entgegengenommen hätten, habe daher keine Verpflichtung bestanden, diese in Behandlung zu nehmen.
8.Der Verfassungsgerichtshof brachte die Anfechtung auch den anderen Wählergruppen zur Kenntnis, die an der angefochtenen Wahl teilgenommen haben. Keine dieser Wählergruppen erstattete jedoch eine Äußerung.
9.Die Anfechtungswerberin erstattete eine Replik, in der sie zum einen den Ausführungen in der Gegenschrift der Bundeswahlbehörde entgegentritt und zum anderen "Kommentare" auf Grund der vorgenommenen Akteneinsicht erstattet.
II.Rechtslage
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO), BGBl 471 idF BGBl I 120/2016, lauten wie folgt:
"2. Abschnitt
Wahlbewerbung
Einbringung, erste Überprüfung und Unterstützung der Landeswahlvorschläge
§42. (1) Eine wahlwerbende Partei hat ihren Wahlvorschlag für das erste und zweite Ermittlungsverfahren (Landeswahlvorschlag) spätestens am achtundfünfzigsten Tag vor dem Wahltag bis 17 Uhr der Landeswahlbehörde vorzulegen; § 122 ist nicht anzuwenden. Der Landeswahlleiter hat nach sofortiger Überprüfung des Landeswahlvorschlages auf offensichtliche Mängel auf diesem den Tag und die Uhrzeit seines Einlangens zu vermerken. Fallen dem Landeswahlleiter an einem rechtzeitig vorgelegten Landeswahlvorschlag offensichtliche Mängel auf, so hat der Landeswahlleiter der wahlwerbenden Partei über ihr Verlangen die Möglichkeit zur Verbesserung einzuräumen, wobei die Wiedervorlage des verbesserten Landeswahlvorschlages gleichfalls innerhalb der für die Einbringung von Landeswahlvorschlägen vorgeschriebenen Frist erfolgen muß, und erst danach den Eingangsvermerk anzubringen.
(2) Der Landeswahlvorschlag muss von wenigstens drei Mitgliedern des Nationalrates unterschrieben oder von Personen, die am Stichtag in einer Gemeinde des Landeswahlkreises in der Wählerevidenz eingetragen und wahlberechtigt (§21 Abs 1) waren, unterstützt sein, und zwar in den Landeswahlkreisen Burgenland und Vorarlberg von je 100, in den Landeswahlkreisen Kärnten, Salzburg und Tirol von je 200, in den Landeswahlkreisen Oberösterreich und Steiermark von je 400 und in den Landeswahlkreisen Niederösterreich und Wien von je 500 Personen. Hierbei sind dem Landeswahlvorschlag die nach Muster Anlage 4 ausgefüllten und gemäß Abs 3 eigenhändig unterfertigten Unterstützungserklärungen anzuschließen.
(3) Die Unterstützungserklärung hat die Bestätigung der Gemeinde zu enthalten, dass die in der Erklärung genannte Person am Stichtag in der Wählerevidenz eingetragen und wahlberechtigt (§21 Abs 1) war. Diese Bestätigung ist von der Gemeinde nur dann zu erteilen, wenn die in der Erklärung genannte Person vor der zur Führung der Wählerevidenz zuständigen Gemeindebehörde persönlich erscheint, ihre Identität durch ein mit Lichtbild ausgestattetes Identitätsdokument (zum Beispiel Reisepass, Personalausweis, Führerschein) nachgewiesen hat, die Unterstützungserklärung die Angaben über Vornamen, Familiennamen, Geburtsdatum und Wohnadresse sowie den Namen der zu unterstützenden wahlwerbenden Partei enthält und die eigenhändige Unterschrift der in der Unterstützungserklärung genannten Person entweder vor der Gemeindebehörde geleistet wurde oder gerichtlich oder notariell beglaubigt ist.
(4) Die Gemeinden sind verpflichtet, eine Bestätigung gemäß Abs 3 unverzüglich und ohne Einhebung von Verwaltungsabgaben, sonstigen Abgaben oder Gebühren auszufertigen. Eine solche Bestätigung darf für eine Person nur einmal ausgestellt werden.
Inhalt der Landeswahlvorschläge
§43. (1) Der Landeswahlvorschlag hat zu enthalten:
1. die unterscheidende Parteibezeichnung in Worten und eine allfällige Kurzbezeichnung, bestehend aus nicht mehr als fünf Buchstaben, die ein Wort ergeben können;
2. die Landesparteiliste, das ist ein Verzeichnis von höchstens doppelt so vielen Bewerbern, wie im Landeswahlkreis Abgeordnete zu wählen sind, und zumindest eine Regionalparteiliste, das ist ein Verzeichnis von höchstens zwölf oder doppelt so vielen Bewerbern, wie in den Regionalwahlkreisen des Landeswahlkreises Abgeordnete zu wählen sind, jeweils in der beantragten, mit arabischen Ziffern bezeichneten Reihenfolge unter Angabe des Familiennamens, Vornamens, Geburtsdatums, Geburtsortes, Berufes und der Adresse jedes Bewerbers, wobei ein Bewerber nicht auf mehreren Regionalparteilisten gleichzeitig aufscheinen darf;
3. die Bezeichnung des zustellungsbevollmächtigten Vertreters (Vorname, Familienname, Beruf, Adresse), der die Voraussetzungen des § 41 erfüllen muss.
(2) In den Wahlvorschlag darf ein Bewerber nur dann aufgenommen werden, wenn er hierzu seine Zustimmung schriftlich erklärt hat. Die Erklärung hat die Bezeichnung der jeweiligen Parteiliste des Wahlvorschlages zu enthalten, auf der der Bewerber aufscheint, und ist dem Wahlvorschlag anzuschließen.
(3) Die Landeswahlbehörde hat Abschriften der bei ihr eingebrachten Landeswahlvorschläge unverzüglich der Bundeswahlbehörde und den anderen Landeswahlbehörden zu übermitteln. Desgleichen sind auch nachträgliche Änderungen, die in den gemäß § 49 veröffentlichten Landeswahlvorschlägen berücksichtigt wurden, der Bundeswahlbehörde und den anderen Landeswahlbehörden ungesäumt bekanntzugeben.
(4) Die wahlwerbenden Parteien haben an den Bund einen Beitrag für die Kosten der Herstellung der amtlichen Stimmzettel für die Regionalwahlkreise des Landeswahlkreises in der Höhe von 435 Euro zu leisten. Der Beitrag ist gleichzeitig mit der Vorlage des Wahlvorschlages (Abs1) bei der Landeswahlbehörde bar zu erlegen. Wird der Kostenbeitrag nicht erlegt, so gilt der Wahlvorschlag als nicht eingebracht.
Unterscheidende Parteibezeichnung und Kurzbezeichnung in den Landeswahlvorschlägen
§44. (1) Wenn mehrere Landeswahlvorschläge dieselben oder schwer unterscheidbare Parteibezeichnungen bzw. Kurzbezeichnungen tragen, so hat der Landeswahlleiter die Vertreter dieser Wahlvorschläge zu einer gemeinsamen Besprechung zu laden und ein Einvernehmen über die Unterscheidung der Parteibezeichnung bzw. Kurzbezeichnung anzubahnen. Gelingt ein Einvernehmen nicht, so hat die Landeswahlbehörde Parteibezeichnungen, die schon auf veröffentlichten Wahlvorschlägen bei einer Nationalratswahl innerhalb der letzten zehn Jahre enthalten waren, zu belassen, die übrigen Landeswahlvorschläge aber nach dem an erster Stelle vorgeschlagenen Bewerber zu benennen. Gleiches gilt für Kurzbezeichnungen mit der Maßgabe, daß die Landeswahlbehörde die Kurzbezeichnungen auf den übrigen Landeswahlvorschlägen zu streichen hat.
(2) Desgleichen sind auch Landeswahlvorschläge ohne ausdrückliche Partei-bezeichnung nach dem an erster Stelle vorgeschlagenen Bewerber zu benennen.
(3) Wenn ein Landeswahlvorschlag nach dem an erster Stelle vorgeschlagenen Bewerber zu benennen ist (Namensliste), der Name des Listenführers aber dem Namen des Listenführers einer anderen Landesparteiliste gleicht oder von diesem schwer unterscheidbar ist, hat der Landeswahlleiter den Vertreter dieses Wahlvorschlages zu einer Besprechung zu laden und ihn aufzufordern, einen anderen Listenführer zu bezeichnen, dessen Name zu einer Verwechslung nicht Anlaß gibt. Wird in einem solchen Fall kein anderer Listenführer namhaft gemacht, so gilt der Landeswahlvorschlag als nicht eingebracht.
(4) Im übrigen gilt der Grundsatz, daß bei neu auftretenden wahlwerbenden Parteien die Parteibezeichnung der wahlwerbenden Partei den Vorrang hat, die ihren Landeswahlvorschlag früher eingebracht hat.
Landeswahlvorschlag ohne zustellungsbevollmächtigten Vertreter, Ersatz des zustellungsbevollmächtigten Vertreters
§45. (1) Wenn ein Landeswahlvorschlag keinen zustellungsbevollmächtigten Vertreter anführt, so gilt der jeweils an erster Stelle des Landeswahlvorschlages stehende Bewerber als zustellungsbevollmächtigter Vertreter der Partei.
(2) […]
Überprüfung der Landeswahlvorschläge
§46. (1) Die Landeswahlbehörde hat unverzüglich zu überprüfen, ob die eingelangten Landeswahlvorschläge von wenigstens drei Mitgliedern des Nationalrates unterschrieben oder von der gemäß § 42 Abs 2 erforderlichen Zahl der Wahlberechtigten des Landeswahlkreises unterstützt und die in den Landesparteilisten sowie Regionalparteilisten vorgeschlagenen Wahlwerber wählbar sind. Hierzu hat der Landeswahlleiter die Daten der Wahlwerber, gegebenenfalls unter Heranziehung einer vom Zustellungsbevollmächtigten zur Verfügung gestellten Datei, elektronisch zu erfassen und zur Prüfung hinsichtlich des Vorliegens eines Ausschlusses von der Wählbarkeit (§41 Abs 1) eine gemäß § 6 des Tilgungsgesetzes 1972, BGBl Nr 68/1972, beschränkte Auskunft aus dem Strafregister einzuholen. Die Landeswahlbehörde hat, wenn ein Wahlberechtigter mehrere Landeswahlvorschläge unterstützt hat, dessen Unterstützung für den als ersten eingelangten Wahlvorschlag als gültig anzuerkennen. Die Unterstützungen für die anderen Landeswahlvorschläge gelten als nicht eingebracht.
(2) Eine Zurückziehung einzelner Unterstützungserklärungen nach Einlangen des Landeswahlvorschlages ist von der Landeswahlbehörde nicht zur Kenntnis zu nehmen, es sei denn, daß der Unterstützer der Landeswahlbehörde glaubhaft macht, daß er durch einen wesentlichen Irrtum oder durch arglistige Täuschung oder Drohung zur Unterstützung des Wahlvorschlages bestimmt worden ist, und die Zurückziehung der Unterstützungserklärung spätestens am fünfundfünfzigsten Tag vor dem Wahltag erfolgt ist.
(3) Weist ein Landeswahlvorschlag nicht die erforderliche Zahl von Unterstützungen (§42 Abs 2) auf oder entspricht er mit Ausnahme der Regionalparteilisten nicht den im § 43 Abs 1 geforderten Voraussetzungen, so ist er spätestens am zweiundfünfzigsten Tag vor dem Wahltag von der Landeswahlbehörde zurückzuweisen. Regionalparteilisten, die diesen Voraussetzungen nicht entsprechen, gelten als nicht eingebracht und sind von der Veröffentlichung gemäß § 49 Abs 1 auszunehmen. Bewerber, die nicht wählbar sind oder deren schriftliche Erklärungen (§43 Abs 2) nicht vorliegen, werden im Wahlvorschlag gestrichen. Hiervon ist der zustellungsbevollmächtigte Vertreter der Partei zu verständigen.
[…]
Abschließung und Veröffentlichung der Landeswahlvorschläge
§49. (1) Spätestens am zweiundfünfzigsten Tag vor dem Wahltag hat die Landeswahlbehörde die Wahlvorschläge abzuschließen. Falls eine Landesparteiliste oder Regionalparteiliste überzählige Bewerber enthält, sind diese zu streichen. Anschließend sind die Wahlvorschläge zu veröffentlichen und der Bundeswahlbehörde unverzüglich auf elektronischem Weg zur Kenntnis zu bringen.
(2) Nach der Veröffentlichung an Wahlvorschlägen festgestellte Mängel berühren die Gültigkeit dieser Wahlvorschläge nicht.
(3) In der Veröffentlichung nach Abs 1 hat sich die Reihenfolge der Parteien, die im zuletzt gewählten Nationalrat vertreten waren, nach der Zahl der Mandate, die die Parteien bei der letzten Nationalratswahl im ganzen Bundesgebiet erreicht haben, zu richten. Ist die Zahl der Mandate gleich, so bestimmt sich die Reihenfolge nach der bei der letzten Nationalratswahl ermittelten Gesamtsumme der Parteistimmen; sind auch diese gleich, so hat die Bundeswahlbehörde durch das Los, das von dem an Jahren jüngsten Mitglied zu ziehen ist, zu entscheiden. Die so ermittelte Reihenfolge ist von der Bundeswahlbehörde den Landeswahlbehörden bis spätestens am zweiundfünfzigsten Tag vor dem Wahltag bekanntzugeben und ist für die Landeswahlbehörden verbindlich.
(4) Im Anschluß an die nach Abs 3 gereihten Parteien sind die übrigen wahlwerbenden Parteien anzuführen, wobei sich ihre Reihenfolge nach dem Zeitpunkt der Einbringung des Wahlvorschlages zu richten hat. Bei gleichzeitig eingebrachten Wahlvorschlägen entscheidet über die Reihenfolge die Landeswahlbehörde durch das Los, das von dem an Jahren jüngsten Mitglied zu ziehen ist.
(5) Den unterscheidenden Parteibezeichnungen sind die Worte 'Liste 1, 2, 3 usw.' in fortlaufender Numerierung voranzusetzen. Beteiligt sich eine im zuletzt gewählten Nationalrat vertretene Partei nicht an der Wahlwerbung, so hat in der Veröffentlichung nur die ihr nach Abs 3 zukommende Listennummer und daneben das Wort 'leer' aufzuscheinen.
(6) Die Veröffentlichung hat in ortsüblicher Weise zu erfolgen. Aus ihr müssen alle Listennummern sowie der Inhalt der Wahlvorschläge (§43 Abs 1 Z 1 bis 3), abgesehen von Geburtstagen, Geburtsmonaten, Geburtsorten, Straßennamen und Ordnungsnummern, zur Gänze ersichtlich sein.
(7) Bei allen wahlwerbenden Parteien sind die Parteibezeichnungen einschließlich allfälliger Kurzbezeichnungen mit gleich großen Druckbuchstaben in für jede wahlwerbende Partei gleich große Rechtecke mit schwarzer Druckfarbe einzutragen. Für die Kurzbezeichnung sind hierbei einheitlich große schwarze Druckbuchstaben zu verwenden. Vor jeder Parteibezeichnung ist in schwarzem Druck das Wort 'Liste' und darunter größer die jeweilige fortlaufende Ziffer anzuführen. Bei mehr als dreizeiligen Parteibezeichnungen kann die Größe der Druckbuchstaben dem zur Verfügung stehenden Raum entsprechend angepaßt werden.
(8) Die Landeswahlbehörden haben den für die Ausstellung der Wahlkarten zuständigen Behörden spätestens am dreißigsten Tag vor der Wahl Aufstellungen (§39 Abs 4), in denen die veröffentlichten Wahlvorschläge des Landeswahlkreises angeführt sind, im Ausmaß der bereitgestellten Wahlkarten-Formulare (§39 Abs 3) zur Verfügung zu stellen.
[…]
Wahlzelle
§57. (1) In jedem Wahllokal muß mindestens eine Wahlzelle sein. Um eine raschere Abfertigung der Wähler zu ermöglichen, können für eine Wahlbehörde auch mehrere Wahlzellen aufgestellt werden, soweit die Überwachung der Wahlhandlung durch die Wahlbehörde dadurch nicht gefährdet wird. Bei Wahlsprengeln von mehr als 500 Wahlberechtigten sind in Wahllokale mindestens zwei Wahlzellen aufzustellen.
(2) Die Wahlzelle ist derart herzustellen, daß der Wähler in der Zelle unbeobachtet von allen anderen im Wahllokal anwesenden Personen den Stimmzettel ausfüllen und in das Wahlkuvert geben kann.
(3) Als Wahlzelle genügt, wenn zu diesem Zweck eigens konstruierte, feste Zellen nicht zur Verfügung stehen, jede Absonderungsvorrichtung im Wahllokal, die ein Beobachten des Wählers in der Wahlzelle verhindert. Die Wahlzelle wird sohin insbesondere durch einfache, mit undurchsichtigem Papier oder Stoff bespannte Holzrahmen, durch Anbringung eines Vorhanges in einer Zimmerecke, durch Aneinanderschieben von größeren Kasten, durch entsprechende Aufstellung von Schultafeln gebildet werden können. Sie ist womöglich derart aufzustellen, daß der Wähler die Zelle von einer Seite betreten und von der anderen Seite verlassen kann.
(4) Die Wahlzelle ist mit einem Tisch und mit einem Stuhl oder mit einem Stehpult sowie mit einer Schreibunterlage zu versehen und mit dem erforderlichen Material für die Ausfüllung des Stimmzettels (womöglich Farbstift) auszustatten. Außerdem sind die von der Landeswahlbehörde abgeschlossenen und von ihr veröffentlichten Landesparteilisten in der Wahlzelle an einer sichtbaren Stelle anzuschlagen.
(5) Es ist auch dafür Sorge zu tragen, daß die Wahlzelle während der Wahlzeit ausreichend beleuchtet ist.
[…]
Stimmabgabe
§68. (1) Der Wähler hat sich zuerst entsprechend auszuweisen (§§67 und 70 Abs 1). Ist er im Wählerverzeichnis eingetragen, so hat ihm der Wahlleiter das leere Wahlkuvert und den amtlichen Stimmzettel zu übergeben. Dem Wahlkartenwähler hat der Wahlleiter nach Öffnung des ihm von diesem zu übergebenden Briefumschlages (§39 Abs 4) den inliegenden amtlichen Stimmzettel samt dem verschließbaren Wahlkuvert auszuhändigen. Dem Wahlkartenwähler aus dem eigenen Regionalwahlkreis hat der Wahlleiter anstelle des entnommenen verschließbaren Wahlkuverts das leere Wahlkuvert zu übergeben. Das verschließbare Wahlkuvert hat der Wahlleiter zu vernichten. Der Wahlleiter hat jeden Wahlkartenwähler ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, daß zur Stimmabgabe der bereits bei der Ausstellung der Wahlkarte ausgefolgte Stimmzettel zu verwenden ist. Hat jedoch ein Wahlkartenwähler diesen Stimmzettel nicht mehr zur Verfügung, so ist ihm, wenn seine Wahlkarte die Bezeichnung des Regionalwahlkreises aufweist, in der auch der Wahlort liegt, ein amtlicher Stimmzettel des Regionalwahlkreises (§75), wenn es sich aber um einen Wahlkartenwähler aus einem anderen Regionalwahlkreis handelt, ein leerer amtlicher Stimmzettel auszufolgen (§76). Auf den leeren amtlichen Stimmzettel hat der Wahlleiter, bevor er ihn dem Wähler übergibt, die Nummer des Landeswahlkreises und den Buchstaben des Regionalwahlkreises einzusetzen, die auf der Wahlkarte eingetragen sind. Hat ein Wahlkartenwähler aus einem anderen Regionalwahlkreis nicht mehr das verschließbare Wahlkuvert zur Verfügung, so ist ihm ein neues verschließbares Wahlkuvert seines Landeswahlkreises auszufolgen.
(2) Der Wahlleiter hat den Wähler anzuweisen, sich in die Wahlzelle zu begeben. Dort hat der Wähler den amtlichen Stimmzettel auszufüllen und ihn in das Wahlkuvert zu legen. Anschließend hat der Wähler aus der Wahlzelle zu treten und das Wahlkuvert ungeöffnet in die Wahlurne zu legen. Will er das nicht, so hat er das Wahlkuvert dem Wahlleiter zu übergeben, worauf dieser das Wahlkuvert in die Wahlurne zu legen hat. Falls das Wahlkuvert von einem Wahlkartenwähler stammt, der nicht in einer Gemeinde des Regionalwahlkreises als wahlberechtigt eingetragen ist, hat dieser das Wahlkuvert, bevor er es in die Wahlurne legt oder dem Wahlleiter übergibt, zu verschließen.
[(3) - (5) …]
[…]
3. Abschnitt
Aufgaben der Bundeswahlbehörde
Drittes Ermittlungsverfahren
Einbringung der Bundeswahlvorschläge
§106. (1) Wahlwerbenden Parteien, die Landeswahlvorschläge eingebracht haben, steht nur dann ein Anspruch auf Zuweisung von Mandaten im dritten Ermittlungsverfahren zu, wenn sie einen Bundeswahlvorschlag eingebracht haben und gemäß § 107 Abs 2 nicht von der Zuweisung von Mandaten ausgeschlossen sind.
(2) Der Bundeswahlvorschlag ist spätestens am achtundvierzigsten Tag vor dem Wahltag bei der Bundeswahlbehörde einzubringen; er muss dieselbe Parteibezeichnung aufweisen, wie sämtliche ihm im dritten Ermittlungsverfahren zuzurechnenden Landeswahlvorschläge und muss von wenigstens einem Zustellungsbevollmächtigten eines zuzurechnenden Landeswahlvorschlags mitunter-schrieben sein.
(3) Der Bundeswahlvorschlag hat zu enthalten:
1. die Parteibezeichnung in Worten und eine allfällige Kurzbezeichnung in Buchstaben;
2. die Bundesparteiliste, das ist ein Verzeichnis der Bewerber für die Zuweisung von Mandaten im dritten Ermittlungsverfahren;
3. die Bezeichnung des zustellungsbevollmächtigten Vertreters (Vorname, Familienname, Beruf, Adresse), der die Voraussetzungen des § 41 erfüllen muss.
(4) In der Bundesparteiliste sind die Bewerber in der beantragten Reihenfolge mit arabischen Ziffern unter Angabe des Vornamens, Familiennamens, Geburtsjahres, Berufs und der Adresse jedes Bewerbers anzuführen. Es darf höchstens die dreifache Anzahl an Bewerbern angeführt werden, wie auf den Landeswahlvorschlägen der jeweiligen Partei insgesamt aufscheint. In den Bundeswahlvorschlag können auch Personen aufgenommen werden, die als Bewerber dieser Partei in einem der Landeswahlkreise in einem Landeswahlvorschlag angeführt sind. Bei einem Bewerber, der bereits in einem der Landeswahlkreise in einem Landeswahlvorschlag der den Bundeswahlvorschlag einbringenden Partei aufscheint, ist auch anzugeben, auf welchen Parteilisten (Landesparteiliste, Regionalparteiliste) er als Bewerber eines Landeswahlvorschlags angeführt ist. Ein Bewerber, der in keinem Landeswahlvorschlag angeführt ist, darf in die Bundesparteiliste nur aufgenommen werden, wenn er hierzu schriftlich seine Zustimmung erklärt hat. Scheint der Name eines Bewerbers auf dem Bundeswahlvorschlag einer Partei bereits auf einem Landeswahlvorschlag einer anderen Partei auf, so ist er auf diesem Bundeswahlvorschlag zu streichen. Weisen mehrere Bundeswahlvorschläge den Namen eines Wahlwerbers auf, der auf keinem Landeswahlvorschlag aufscheint, so ist dieser von der Bundeswahlbehörde aufzufordern, binnen achtundvierzig Stunden zu erklären, für welchen der Bundeswahlvorschläge er sich entscheidet, auf allen anderen Bundeswahlvorschlägen ist er zu streichen. Wenn er sich in der vorgesehenen Frist nicht erklärt, ist er auf dem als ersten eingelangten Bundeswahlvorschlag, der seinen Namen trug, zu belassen.
(5) Die Bundeswahlbehörde hat die Bundeswahlvorschläge unverzüglich nach ihrem Einlangen zu überprüfen, ob sie den Vorschriften der Abs 2 und 3 entsprechen. Der Bundeswahlleiter hat hierbei in sinngemäßer Anwendung des § 42 Abs 1 vorzugehen. Bundeswahlvorschläge, die diesen Vorschriften nicht entsprechen, gelten als nicht eingebracht. Weiters hat der Bundeswahlleiter die Daten jener Bewerber, die in keinem Landeswahlvorschlag angeführt sind, gegebenenfalls unter Heranziehung einer vom Zustellungsbevollmächtigten zur Verfügung gestellten Datei, elektronisch zu erfassen und zur Prüfung hinsichtlich des Vorliegens eines Ausschlusses von der Wählbarkeit (§41 Abs 1) eine gemäß § 6 des Tilgungsgesetzes 1972, BGBl Nr 68/1972, beschränkte Auskunft aus dem Strafregister einzuholen.
(6) Spätestens am vierundvierzigsten Tag vor dem Wahltag hat die Bundeswahlbehörde die Bundeswahlvorschläge abzuschließen und unter Weglassung von Geburtstagen, Geburtsmonaten, Geburtsorten, Straßennamen und Ordnungsnummern auf der Amtstafel des Bundesministeriums für Inneres sowie im Internet zu verlautbaren. Gleichzeitig hat sie die veröffentlichten Wahlvorschläge den Landeswahlbehörden auf elektronischem Weg zur Kenntnis zu bringen.
(7) Die Bundeswahlbehörde hat den für die Ausstellung der Wahlkarten zuständigen Behörden spätestens am dreißigsten Tag vor der Wahl Aufstellungen, in denen die veröffentlichten Bundeswahlvorschläge angeführt sind, im Ausmaß der bereitgestellten Wahlkarten-Formulare (§39 Abs 3) zur Verfügung zu stellen.
(8) Die Partei kann den zustellungsbevollmächtigten Vertreter des Bundeswahlvorschlags jederzeit durch einen anderen Vertreter ersetzen. Solche an die Bundeswahlbehörde zu richtende Erklärungen bedürfen nur der Unterschrift des letzten zustellungsbevollmächtigten Vertreters. Stimmt dieser nicht zu, so muss die Erklärung von mehr als der Hälfte der auf dem Wahlvorschlag genannten Bewerber unterschrieben sein.
Ermittlung und Zuteilung der Mandate
§107. (1) Die Bundeswahlbehörde stellt zunächst auf Grund der ihr von den Landeswahlbehörden gemäß § 105 Abs 2 übermittelten Niederschriften der Landeswahlbehörden die Parteisummen für das ganze Bundesgebiet fest.
(2) Parteien, denen im ganzen Bundesgebiet kein Mandat in einem Regionalwahlkreis und weniger als 4% der abgegebenen gültigen Stimmen zugefallen sind, haben im dritten Ermittlungsverfahren auf die Zuweisung von Mandaten keinen Anspruch.
(3) Auf die übrigen Parteien werden im dritten Ermittlungsverfahren alle 183 Mandate abzüglich der im ersten und im zweiten Ermittlungsverfahren jenen Parteien, die keinen Bundeswahlvorschlag eingebracht haben, zugefallenen Mandate mittels der Wahlzahl verteilt, die nach den Abs 4 und 5 zu berechnen ist.
(4) Die Summen der Parteistimmen werden, nach ihrer Größe geordnet, nebeneinander geschrieben; unter jede Summe wird die Hälfte geschrieben, darunter das Drittel, das Viertel und die weiterfolgenden Teilzahlen.
(5) Als Wahlzahl gilt bei 183 zu vergebenden Mandaten die hundertdreiundachtziggrößte Zahl, bei 182 zu vergebenden Mandaten die hundertzweiundachtziggrößte, bei 181 die hunderteinundachtziggrößte usw. Zahl der so angeschriebenen Zahlen.
(6) Jede Partei erhält so viele Mandate, wie die Wahlzahl in ihrer Parteisumme enthalten ist. Wenn nach dieser Berechnung zwei oder mehrere Parteien auf ein Mandat den gleichen Anspruch haben, entscheidet das Los. Würde der Losentscheid für eine der Parteien zu einer Gesamtmandatszahl nach Abs 7 führen, so erhält sie das Mandat. Trifft dies auf mehr als eine Partei zu, ist der Losentscheid unter diesen Parteien herbeizuführen.
(7) Unterschreitet die so für eine Partei ermittelte Gesamtmandatszahl die Summe der dieser Partei im ersten und im zweiten Ermittlungsverfahren zugefallenen Mandate, ist so vorzugehen, als hätte diese Partei keinen Bundeswahlvorschlag eingebracht, und der Ermittlungsvorgang nach den Abs 3 bis 6 zu wiederholen.
(8) Übersteigt die so für eine Partei ermittelte Gesamtmandatszahl die Summe der dieser Partei im ersten und im zweiten Ermittlungsverfahren zugefallenen Mandate, so erhält sie soviele weitere Mandate zugewiesen, wie dieser Differenz entspricht.
Zuweisung an die Bewerber, Niederschrift, Verlautbarung
§108. (1) Die Bundeswahlbehörde hat zunächst die auf die Bewerber der Bundeswahlvorschläge entfallenden Vorzugsstimmen aufgrund der von den Landeswahlbehörden gemäß § 96 Abs 5 übermittelten Vorzugsstimmenprotokolle zu ermitteln und in einem eigenen Vorzugsstimmenprotokoll festzuhalten.
(2) Die im dritten Ermittlungsverfahren zugeteilten Mandate (§107) werden zunächst der Reihe nach jenen Bewerbern zugewiesen, die im Bundesgebiet Vorzugsstimmen im Ausmaß von mindestens 7 % der auf ihre Partei entfallenden gültigen Stimmen erzielt haben. Die Reihenfolge der Zuweisung der Mandate richtet sich hierbei nach der Reihenfolge der Vorzugsstimmenzahlen eines jeden Bewerbers, wobei die Reihenfolge mit der Höchstzahl der Vorzugsstimmen beginnt, der jeweils die nächstniedrigere Anzahl der Vorzugsstimmen folgt. Hätten Bewerber auf die Zuweisung eines Mandates den gleichen Anspruch, so sind die Reihungsvermerke der Bewerber auf der Bundesparteiliste maßgebend.
(3) Mandate einer Partei, die auf Grund der Vorzugsstimmen nicht oder nicht zur Gänze an Bewerber vergeben werden können, werden den Bewerbern der Parteien in der Reihenfolge der Bundesparteiliste zugewiesen. Hierbei bleiben Bewerber außer Betracht, die bereits auf Grund ihrer Vorzugsstimmen ein Mandat zugewiesen erhalten haben. Nicht gewählte Bewerber sind für den Fall, dass ein Mandat ihrer Liste auf dem Bundeswahlvorschlag erledigt wird, zu berücksichtigen. Hierbei bestimmt sich die Reihenfolge ihrer Berufung nach der Reihenfolge auf der Bundesparteiliste.
(4) Die Bundeswahlbehörde hat das Ergebnis ihrer Feststellungen im dritten Ermittlungsverfahren wie folgt zusammenzufassen:
a) die Zahl der auf die einzelnen Parteien entfallenden Parteisummen im Bundesgebiet;
b) die Zahl der auf jede Partei entfallenden Mandate;
c) die Namen der Bewerber, denen Mandate gemäß § 107 Abs 8 zugewiesen wurden, in der Reihenfolge ihrer Berufung, zutreffendenfalls unter Beifügung der Anzahl der auf sie entfallenden Vorzugsstimmen;
d) die Namen der zugehörigen nicht gewählten Bewerber unter Berücksichtigung der Feststellungen gemäß Abs 2.
(5) Das Ergebnis der Ermittlungen der Bundeswahlbehörde ist in einer Niederschrift zu verzeichnen. Diese Niederschrift hat mindestens zu enthalten:
a) die Namen der an- und abwesenden Mitglieder der Bundeswahlbehörde;
b) die Feststellungen gemäß Abs 4.
(6) Das Ergebnis der Ermittlung ist in der im Abs 4 bezeichneten Form unverzüglich zu verlautbaren. Die Verlautbarung hat im Internet sowie unter Weglassung der Vorzugsstimmenergebnisse und der Namen gemäß Abs 4 litd an der Amtstafel des Bundesministeriums für Inneres zu erfolgen. Die Verlautbarung hat auch den Zeitpunkt zu enthalten, an dem sie an der Amtstafel angeschlagen wurde.
(7) Auf Wunsch hat der Bundeswahlleiter allenfalls anwesenden Wahlbeobachtern (§20a Abs 1) eine von ihm unterfertigte Zusammenstellung des Stimmenergebnisses der Wahlbehörde auszufolgen.
[…]
4. Abschnitt
Einsprüche gegen ziffernmäßige Ermittlungen
§110. (1) Dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter einer Partei steht es frei, gegen die ziffernmäßigen Ermittlungen einer Landeswahlbehörde innerhalb von drei Tagen nach der gemäß § 105 Abs 1 erfolgten Verlautbarung, gegen die ziffernmäßigen Ermittlungen der Bundeswahlbehörde innerhalb von drei Tagen nach der gemäß § 108 Abs 6 erfolgten Verlautbarung bei der Bundeswahlbehörde schriftlich Einspruch zu erheben.
(2) In den Einsprüchen ist hinreichend glaubhaft zu machen, warum und inwiefern die ziffernmäßigen Ermittlungen der Landeswahlbehörde oder der Bundeswahlbehörde nicht den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechen. Fehlt diese Begründung, so kann der Einspruch ohne weitere Überprüfung abgewiesen werden.
(3) Wird ein hinlänglich begründeter Einspruch erhoben, so überprüft die Bundeswahlbehörde auf Grund der ihr vorliegenden Schriftstücke das Wahlergebnis. Ergibt sich aus diesen Schriftstücken die Unrichtigkeit der Ermittlung, so hat die Bundeswahlbehörde sofort das Ergebnis der betroffenen Ermittlungen richtigzustellen, die Verlautbarung der Landeswahlbehörde und der Bundeswahlbehörde zu widerrufen und das richtige Ergebnis zu verlautbaren.
(4) Gibt die Überprüfung keinen Anlaß zur Richtigstellung der Ermittlungen, so hat die Bundeswahlbehörde den Einspruch abzuweisen."
III.Erwägungen
1.Zur Zulässigkeit der Anfechtung
1.1.Gemäß Art 141 Abs 1 lita B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Anfechtung von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern, so auch zum Nationalrat (s. VfSlg 14.556/1996).
1.2.Gemäß § 67 Abs 2 zweiter Satz VfGG sind zur Anfechtung von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern Wählergruppen (Parteien) berechtigt, die bei einer durch die Wahlordnung vorgeschriebenen Wahlbehörde Wahlvorschläge für die angefochtene Wahl rechtzeitig vorgelegt haben, und zwar durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter.
1.2.1.Die Nationalratswahlordnung ordnet für die Erstattung von Wahlvorschlägen auf das Wesentliche zusammengefasst Folgendes an:
§42 Abs 1 NRWO zufolge hat eine wahlwerbende Partei ihren Wahlvorschlag für das erste und zweite Ermittlungsverfahren (Landeswahlvorschlag) spätestens am 58. Tag vor dem Wahltag bis 17 Uhr der Landeswahlbehörde vorzulegen. Nach Überprüfung durch die Landeswahlbehörde (§46 NRWO) sind die Landeswahlvorschläge abzuschließen und zu veröffentlichen (§49 Abs 1 NRWO). Der Bundeswahlvorschlag ist gemäß § 106 NRWO von wahlwerbenden Parteien, die (zumindest) einen Landeswahlvorschlag eingebracht haben, spätestens am achtundvierzigsten Tag vor dem Wahltag bei der Bundeswahlbehörde einzubringen; nur solchen wahlwerbenden Parteien steht im dritten Ermittlungsverfahren ein Anspruch auf Zuweisung von Mandaten im dritten Ermittlungsverfahren zu (vgl. überdies auch § 107 Abs 2 NRWO). Nach Überprüfung durch die Bundeswahlbehörde (§106 Abs 5 NRWO) hat diese die Bundeswahlvorschläge abzuschließen und zu veröffentlichen (§106 Abs 6 NRWO).
1.2.2.Die Anfechtungswerberin brachte am einen Landeswahlvorschlag bei der Landeswahlbehörde des Landeswahlkreises Wien ein. Dieser Wahlvorschlag wurde von der Landeswahlbehörde überprüft und am veröffentlicht.
1.2.3.Am brachte die Anfechtungswerberin einen Bundeswahlvorschlag bei der Bundeswahlbehörde ein. Dieser Wahlvorschlag wurde von der Bundeswahlbehörde überprüft und am veröffentlicht.
1.2.4.Da die Anfechtungslegitimation gemäß § 67 Abs 2 zweiter Satz VfGG an die Vorlage des Wahlvorschlages für die angefochtene Wahl bei einer durch die Wahlordnung vorgeschriebenen Wahlbehörde geknüpft ist und somit grundsätzlich nur jenen Wahlparteien gewährt wird, die sich bei der Wahl tatsächlich und rechtmäßig um Wählerstimmen beworben haben (vgl. VfSlg 11.995/1989, 12.721/1991), ist die Anfechtungswerberin, die lediglich einen Landeswahlvorschlag im Landeswahlkreis Wien und einen Bundeswahlvorschlag für die Ermöglichung der Zuweisung von Mandaten im dritten Ermittlungsverfahren eingebracht hat, zur Anfechtung der Nationalratswahl nicht zur Gänze legitimiert, also nicht auch betreffend jene Wahlkreise, in denen sie nicht kandidiert hat (VfSlg 3091/1956). Ihre Legitimation ist auf die Anfechtung betreffend den Landeswahlkreis Wien sowie das dritte Ermittlungsverfahren (§§106 ff. NRWO) begrenzt.
1.2.5.Betreffend den Landeswahlkreis Niederösterreich ist die Anfechtungs-werberin vor folgendem Hintergrund nicht zur Anfechtung legitimiert:
1.2.5.1.Die Anfechtungswerberin bringt vor, dass es ihr deshalb nicht möglich gewesen sei, einen Landeswahlvorschlag für Niederösterreich einzubringen, weil Gemeinden entgegen § 42 Abs 4 NRWO die amtlich bestätigten Unterstützungserklärungen einbehalten und nicht ordnungsgemäß und unverzüglich ausgefertigt hätten und zumindest von der Gemeinde Tulbing zwei Unterstützungserklärungen so spät weitergeleitet worden seien, dass diese erst nach dem Ende der Frist für die Einbringung des Landeswahlvorschlages bei der Anfechtungswerberin eingelangt seien (vgl. Punkt I.6.3.8.). Die Bundeswahlbehörde tritt diesem Vorbringen insbesondere unter Verweis auf eine Stellungnahme der Gemeinde Tulbing entgegen (vgl. Punkt I.7.5.).
1.2.5.2.Wie sich aus der Gegenschrift der Bundeswahlbehörde ergibt und auch von der Anfechtungswerberin ausgeführt wird, hat die Anfechtungswerberin keinen Landeswahlvorschlag für Niederösterreich eingebracht. Die Einbringung eines Wahlvorschlages ist aber eine unabdingbare Anfechtungsvoraussetzung, die bei der Anfechtungswerberin in Bezug auf den Landeswahlkreis Niederösterreich gerade nicht vorliegt (VfSlg 10.098/1984, 12.595/1990, 13.174/1992, 18.687/2009, 20.043/2016).
1.2.5.3.Die Anfechtungswerberin ist daher zur Geltendmachung von Rechtswidrigkeiten in Bezug auf den Landeswahlvorschlag für Niederösterreich allein schon aus diesem Grund nicht legitimiert (vgl. VfSlg 11.875/1988, 12.595/1990, 18.009/2006, 18.687/2009, 20.043/2016, 20.067/2016).
1.3.Nach § 68 Abs 1 VfGG ist die Wahlanfechtung – soweit das in Betracht kommende Gesetz nicht anderes bestimmt – binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens oder, wenn sie auf die Rechtswidrigkeit eines Bescheides oder einer Entscheidung einer Verwaltungsbehörde oder eines Erkenntnisses oder Beschlusses eines Verwaltungsgerichtes gegründet wird, binnen vier Wochen nach seiner bzw. ihrer Zustellung einzubringen.
§110 Abs 1 NRWO sieht nun administrative Einsprüche an die Bundeswahlbehörde vor. Diese Einspruchsmöglichkeit besteht jedoch nur gegen die ziffernmäßigen Ermittlungen einer Landeswahlbehörde oder der Bundeswahlbehörde.
Zur Geltendmachung aller anderen Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens steht die unmittelbare Anfechtung der Wahl beim Verfassungsgerichtshof binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens (erster Teilsatz des § 68 Abs 1 VfGG) offen (vgl. dazu zB VfSlg 14.556/1996, 20.067/2016).
1.3.1.Im vorliegenden Fall strebt die Anfechtungswerberin in ihrer Anfechtungsschrift nicht die – dem Einspruchsverfahren nach § 110 NRWO vorbehaltene – Nachprüfung ziffernmäßiger Ermittlungen einer Wahlbehörde an; sie rügt vielmehr in den Bereich "sonstiger Rechtswidrigkeiten" fallende Unregelmäßigkeiten des Wahlverfahrens, wofür die sofortige Wahlanfechtung nach Art 141 Abs 1 lita B-VG eingeräumt ist (vgl. dazu zB VfSlg 11.256/1987, 12.647/1991, 14.556/1996).
Auch soweit die Anfechtungswerberin sich auf die Ermittlungen durch die Bundeswahlbehörde im dritten Ermittlungsverfahren bezieht (vgl. Punkt I.. sowie die Entscheidung der Bundeswahlbehörde vom über den Einspruch der Anfechtungswerberin vom ), werden damit keine Rechtswidrigkeiten gegen die ziffernmäßigen Ermittlungen der Bundeswahlbehörde iSd § 110 Abs 1 NRWO geltend gemacht (zur Bedeutung der Wendung "ziffernmäßige Ermittlungen" vgl. WI13/2016 mwN).
1.3.2.Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Anfechtungsfrist iSd ersten Teilsatzes des § 68 Abs 1 VfGG ist daher die Beendigung des Wahlverfahrens (s. VfSlg 9940/1984, 11.256/1987, 14.556/1996). Bei der Wahl zum Nationalrat ist das die – der Bundeswahlbehörde obliegende – Verlautbarung des Ergebnisses ihrer Ermittlungen im dritten Ermittlungsverfahren im Internet sowie an der Amtstafel des Bundesministeriums für Inneres (§108 Abs 6 NRWO).
Diese Verlautbarung fand für die Wahl des Nationalrates vom – wie sich aus den vorliegenden Wahlakten ergibt – am statt.
1.3.3.Die am persönlich eingebrachte Anfechtung wurde daher rechtzeitig eingebracht.
1.4.Die Anfechtung ist daher – soweit sie sich auf den Landeswahlkreis Wien und das dritte Ermittlungsverfahren bezieht – zulässig; im Übrigen ist sie zurückzuweisen.
2.In der Sache
2.1.Der Verfassungsgerichtshof hat ein Wahlverfahren nur in den Grenzen der von dem Anfechtungswerber in der Anfechtungsschrift behaupteten Rechtswidrigkeiten nachzuprüfen. Es ist ihm hingegen verwehrt, die Rechtmäßigkeit des Wahlverfahrens darüber hinaus von Amts wegen einer weiteren Überprüfung zu unterziehen (vgl. VfSlg 17.589/2005, 19.245/2010, 20.067/2016, 20.071/2016).
2.2.Zum behaupteten Verstoß der gesetzlichen Grundlagen der Briefwahl gegen verfassungsrechtliche Vorgaben (vgl. Punkt I.6.3.1.)
2.2.1.Die Anfechtungswerberin behauptet, die Bestimmungen über die Briefwahl seien verfassungswidrig und Art 26 Abs 6 B-VG habe zu einer Gesamtänderung der Bundesverfassung geführt. Dies begründet sie – auch unter Hinweis auf Art 3 1. ZPEMRK – im Wesentlichen damit, dass die Regelungen nicht mit den Grundsätzen des persönlichen, geheimen und freien Wahlrechtes vereinbar seien. Zudem sei nach Ansicht der Anfechtungswerberin der Missbrauch der Briefwahl "gegenwärtig leicht möglich".
2.2.2.Die Bundeswahlbehörde tritt den Ausführungen der Anfechtungswerberin – insbesondere dem Vorbringen, wonach die Briefwahlkarten leicht weitergegeben und verkauft werden könnten – im Wesentlichen unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und die Bestimmungen der NRWO entgegen (vgl. Punkt I.7.1.).
2.2.3.Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen das (verfassungs-)gesetzlich vorgegebene System der Briefwahl keine Bedenken: Der Verfassungsgerichtshof hat sich in seiner Rechtsprechung seit Inkrafttreten der B-VG-Novelle BGBl I 27/2007 bereits wiederholt mit Anfechtungen von Wahlen auf Grund behaupteter Rechtswidrigkeiten im Zusammenhang mit der Stimmabgabe mittels Briefwahl auseinandergesetzt, ohne dass Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Briefwahl an sich und ob ihrer Vereinbarkeit mit den Grundprinzipien der Verfassung hervorgekommen wären (vgl. VfSlg 19.245/2010, 19.246/2010, 19.893/2014 [insbesondere zu Art 3 1. ZPEMRK und zum Vorbringen der Missbrauchsgefahr der Briefwahl], 19.982/2015, 20.019/2015, 20.020/2015, 20.067/2016, 20.071/2016 [mit umfassender Begründung und historischem Abriss]); von dieser Rechtsprechung abzugehen sieht sich der Verfassungsgerichtshof auf Grund der in der Anfechtung dargelegten Bedenken nicht veranlasst.
2.2.4.Die von der Anfechtungswerberin dargelegten Bedenken gegen die Regelungen über die Stimmabgabe mittels Briefwahl treffen sohin nicht zu.
2.3.Zur behaupteten Rechtswidrigkeit bei der Bezeichnung der wahlwerbenden Parteien im Hinblick auf die Vorgaben des § 43 NRWO (vgl. Punkt I.6.3.4. und I.6.3.5.)
2.3.1.Die Namen der wahlwerbenden Parteien "Freie Liste Österreich & FPS Liste Dr. Karl Schnell" (FLÖ) sowie "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" (NEOS) entsprächen – so die Anfechtungswerberin – nicht den Vorgaben des § 43 Abs 1 NRWO, zumal sie Abkürzungen (an Stelle der gesetzlich vorgesehenen Wörter) und im Fall der FLÖ ein "Sonder-Schriftzeichen" ("&") enthielten. Der Verstoß könne zu einer "Irreführung der Wähler" führen; insbesondere bei der verwendeten Abkürzung "FPS" ergebe sich eine Verwechslungsgefahr mit der FPÖ.
2.3.2.Diesem Vorbringen entgegnet die Bundeswahlbehörde, dass die Funktion der Bestimmungen der §§43 f. NRWO über die unterscheidende Parteibezeichnung darin bestehe, "dass die wahlwerbenden Parteien in ihren Bezeichnungen 'unterscheidbar' im Sinne von 'leicht unterscheidbar' sind". Dass die Verwendung von "FPS", "Dr.", "&" und "NEOS" in den erwähnten Parteibezeichnungen die Identität einer anderen wahlwerbenden Gruppe beeinträchtigen würde, werde weder behauptet noch bestünden hiefür Anhaltspunkte. Unter Verweis auf die langjährige Praxis der Wahlbehörden sei "FPS" als zum Wort "Liste" gehörend von allen neun Landeswahlbehörden akzeptiert worden. Durch die Verwendung von "FPS" in der Parteibezeichnung sei weder eine Bevorzugung in allen anderen Bundesländern außer Salzburg noch eine Benachteiligung einer anderen wahlwerbenden Partei ersichtlich. "NEOS" stelle ein im Sprachgebrauch verselbständigtes Wort dar und finde sich auch in der griechischen Sprache (Punkt I.7.3.).
2.3.3.Gemäß § 43 Abs 1 Z 1 NRWO hat der Landeswahlvorschlag "die unterscheidende Parteibezeichnung in Worten und eine allfällige Kurzbezeichnung, bestehend aus nicht mehr als fünf Buchstaben, die ein Wort ergeben können" zu enthalten (vgl. VfSlg 12.064/1989). Landeswahlvorschläge haben die Landesparteiliste und zumindest eine Regionalparteiliste sowie die Bezeichnung des zustellungsbevollmächtigten Vertreters (Vor- und Familienname, Beruf, Adresse), der die Voraussetzungen des § 41 NRWO erfüllen muss, zu enthalten.
Enthalten mehrere Landeswahlvorschläge dieselben oder schwer unterscheidbare Bezeichnungen, so hat der Landeswahlleiter die Vertreter dieser Wahlvorschläge zu einer gemeinsamen Besprechung zu laden und ein Einvernehmen über die Unterscheidung der Parteibezeichnung bzw. Kurzbezeichnung anzubahnen. Gelingt ein Einvernehmen nicht, so hat die Landeswahlbehörde Parteibezeichnungen, die schon auf veröffentlichten Wahlvorschlägen bei einer Nationalratswahl innerhalb der letzten zehn Jahre enthalten waren, zu belassen, die übrigen Landeswahlvorschläge aber nach dem an erster Stelle vorgeschlagenen Bewerber zu benennen. Gleiches gilt für Kurzbezeichnungen mit der Maßgabe, dass die Landeswahlbehörde die Kurzbezeichnungen auf den übrigen Landeswahlvorschlägen zu streichen hat. Weist ein Landeswahlvorschlag nicht die erforderliche Zahl von Unterstützungen (§42 Abs 2 NRWO) auf oder entspricht er mit Ausnahme der Regionalparteilisten nicht den in § 43 Abs 1 NRWO geforderten Voraussetzungen, so ist er spätestens am 52. Tag vor dem Wahltag von der Landeswahlbehörde zurückzuweisen (§46 Abs 3 NRWO).
2.3.4.Aus der Regelung der Darstellung der Partei- und Kurzbezeichnungen bei der Veröffentlichung der Wahlvorschläge (§§43 ff. NRWO) und der Gestaltung der amtlichen Stimmzettel (§§75 f. NRWO) ist der Grundsatz ersichtlich, dass von der äußeren Gestaltung des Stimmzettels her eine (optische) Bevorzugung oder Benachteiligung einer Wählergruppe ausgeschlossen sein soll (vgl. VfSlg 8270/1978, 20.044/2016). Diese Bestimmungen richten sich an die Landeswahlbehörde, die für die Veröffentlichung der Wahlvorschläge (vgl. § 49 NRWO) bzw. die Veranlassung der Herstellung der amtlichen Stimmzettel (vgl. § 75 Abs 1 NRWO) verantwortlich ist. § 44 NRWO enthält Regelungen für die Vorgehensweise bei mehreren Landeswahlvorschlägen mit denselben oder schwer unterscheidbaren Partei- bzw. Kurzbezeichnungen. Diese Bestimmungen dienen dem Zweck, Verwechslungen zu verhindern, und somit dem u.a. in Art 26 B-VG verankerten Grundsatz der Freiheit der Wahl selbst, wobei jene Wahlparteien, deren Bezeichnungen bereits bei der letzten Nationalratswahl verwendet worden sind, einen Anspruch darauf haben, dass ihre Identität nicht durch Bezeichnungen anderer Wahlparteien beeinträchtigt wird (VfSlg 6195/1970, 8848/1980 mwN; vgl. auch Stein/Vogl/Wenda, NRWO4, 2013, § 43 Anm. 2; Bußjäger, Unterscheidbarkeit der Bezeichnung wahlwerbender Gruppen, JRP 2004, 199 [203]; vgl. weiters VfSlg 13.004/1992).
Die Parteibezeichnung ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ein unteilbares Ganzes (vgl. VfSlg 266/1924, 10.821/1986, 11.875/1988), auch wenn der gewählte Name aus mehreren Teilen zusammengesetzt ist, welche durch Klammern, Bindestrich oder auf andere Weise miteinander verknüpft sind. Selbst wenn § 43 Abs 1 NRWO daher anordnet, dass die Parteibezeichnung aus "Worten" zu bestehen hat, erweist sich die Verwendung von Satzzeichen oder (auch) Worte ersetzenden Zeichen vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung nicht als rechtswidrig, solange diese nicht missverständlich erscheint oder zu Verwechslungsgefahr führt (vgl. dazu zB VfSlg 6195/1970, 8848/1980).
Bei der Beurteilung der Unterscheidbarkeit ist auf den Eindruck der gesamten Parteibezeichnung abzustellen, sohin einschließlich einer allfälligen Kurzbezeichnung (VfSlg 6195/1970, 8848/1980, 10.821/1986, 11.875/1988), wobei aus der Parteibezeichnung wichtige abgrenzende Kennzeichnungen herausgearbeitet werden können (VfSlg 11.875/1988, 13.004/1992). Vom Verfassungsgerichtshof wird dabei nicht schlicht Unverwechselbarkeit, sondern unter Abstellen auf die allgemeine Lebenserfahrung ein gewisses Maß an Differenzierung verlangt (vgl. VfSlg 10.821/1986, 11.875/1988). Den Wählern kann zugemutet werden, sich mit den Parteibezeichnungen näher auseinanderzusetzen, sodass letztlich im Zweifelsfall zugunsten der freien Wahlwerbung zu entscheiden sein wird (vgl. VfSlg 13.004/1992; vgl. Stein/Vogl/Wenda, aaO, § 44 Anm. 1).
2.3.5.Der Verfassungsgerichtshof gelangt zum Ergebnis, dass diese – jeweils als unteilbares Ganzes aufzufassenden (VfSlg 8848/1980) und somit insgesamt zu betrachtenden – Parteibezeichnungen genügend individualisiert in der Bedeutung des § 43 Abs 1 NRWO sind, sodass nach allgemeiner Lebenserfahrung von einer – die Gefahr einer Verwechslung in sich bergenden – schweren Unterscheidbarkeit, welche die Landeswahlleiter zur Einleitung eines (weiteren) Verfahrens iSd § 44 Abs 1 NRWO verpflichtet hätte, keinesfalls gesprochen werden kann (vgl. etwa VfSlg 10.821/1986, 11.875/1988).
Selbst bei näherer Auseinandersetzung mit der Annahme einer Verwechslungsgefahr bei den noch am ähnlichsten erscheinenden Kurzbezeichnungen "FPÖ" und "FLÖ" steht fest, dass jedenfalls die Parteibezeichnungen ausreichend deutlich voneinander abweichen und sich deshalb als hinreichend unterscheidbar iSd Rechtsprechung erweisen (vgl. VfSlg 266/1924). Es stehen nicht dieselben Wörter prominent an erster Stelle der Parteibezeichnungen (vgl. zu einem solchen Fall jedoch VfSlg 8848/1980, 10.821/1986), sodass die ähnliche Kurzbezeichnung sowie ein gewisses Übereinstimmen untergeordneter Wörter nichts am Vorliegen einer hinreichend differenzierenden Wirkung ändern (VfSlg 8848/1980, 11.875/1988). Die Parteibezeichnungen ermöglichen eindeutig eine Unterscheidung unter den Wahlwerbern und vermögen in keiner Weise Verwechslungen oder Begünstigungen zu begründen.
Auch "NEOS" in der Parteibezeichnung der wahlwerbenden Partei "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" ist bei einer Gesamtschau der Parteibezeichnung und der Kurzbezeichnung im Vergleich mit jenen der übrigen wahlwerbenden Parteien nicht geeignet, Verwechslungen oder Verzerrungen bei der Wahlwerbung zu ermöglichen (vgl. zu vergleichbaren Bezeichnungen unterschiedlicher Grün-Gruppierungen zB VfSlg 10.821/1986; anders jedoch: VfSlg 12.064/1989 [zur Kurzbezeichnung]; zum Schutz der Identität von bereits in einem allgemeinen Vertretungskörper vertretenen Wahlparteien: VfSlg 8848/1980 mwN, 10.821/1986, 11.875/1988, 13.004/1992).
2.3.6.Gegen die Verwendung von "FPS", "Dr.", "&" und "NEOS" in den Parteibezeichnungen iSd § 43 Abs 1 NRWO bestehen vor dem Hintergrund der in Punkt III.2.3.4. angeführten Rechtsprechung keine Bedenken, zumal dem verwendeten Zeichen bzw. der Buchstabenfolge im konkreten Zusammenhang ein eindeutiger Inhalt zukommt.
2.4.Zur behaupteten Rechtswidrigkeit bei der Reihung der wahlwerbenden Parteien anlässlich der Veröffentlichung der Wahlvorschläge für die Nationalratswahl (vgl. Punkt I.6.3.2. und I.6.3.3.)
2.4.1.Die Listenspalten 2 und 6 hätten nach Ansicht der Anfechtungswerberin leer bleiben müssen, weil weder die "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" noch die wahlwerbende Partei "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" im zuletzt gewählten Nationalrat vertreten gewesen seien. Sie wären nach den schon zuvor im Nationalrat vertretenen Parteien zu reihen gewesen, sodass die tatsächlich verwendeten Stimmzettel zu einer Irreführung und Verfälschung des Wahlergebnisses als Resultat der begünstigenden Reihung dieser wahlwerbenden Parteien mit Einfluss auf das Wahlergebnis geführt hätten. Wären in den wahlwerbenden Parteien "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" sowie "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" bereits im Nationalrat vertretene Parteien zu erblicken, so müsse dies auch für die wahlwerbenden Parteien PILZ, FLÖ und WEIßE gelten, weil deren Abgeordnete ebenfalls im zuletzt gewählten Nationalrat vertreten gewesen seien.
2.4.2.Zur Rechtmäßigkeit der Reihung führt die Bundeswahlbehörde aus, dass eine wahlwerbende Partei mit Abschluss des Wahlverfahrens zur "im Nationalrat vertretenen Partei" werde; sie müsse jedoch für Zwecke der nächstfolgenden Nationalratswahl erneut Wahlvorschläge iSd § 42 NRWO einbringen, sodass jeder Wahlvorschlag einer Kontinuitätsprüfung zu unterziehen sei. Dabei sei in einer bundesweiten Gesamtbetrachtung ein Vergleich der wahlwerbenden Partei, wie sie bei der letzten Wahl gewählt worden sei, mit der in Frage kommenden wahlwerbenden Partei anzustellen. Bei diesem Vergleich sei sowohl die "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" der im zuletzt gewählten Nationalrat vertretenen Partei "Österreichische Volkspartei" zuzuordnen als auch "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" der im zuletzt gewählten Nationalrat vertretenen Partei "NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum" (vgl. Punkt I.7.2).
2.4.3.Bezüglich der Reihung der wahlwerbenden Parteien auf dem Stimmzettel enthält die NRWO nähere Regelungen in § 49 Abs 3 und 4 NRWO. In der Veröffentlichung nach § 49 Abs 1 NRWO hat sich die Reihenfolge der Parteien, die im zuletzt gewählten Nationalrat vertreten waren, nach der Zahl der Mandate, die die Parteien bei der letzten Nationalratswahl im ganzen Bundesgebiet erreicht haben, zu richten. Ist die Zahl der Mandate gleich, so bestimmt sich die Reihenfolge nach der bei der letzten Nationalratswahl ermittelten Gesamtsumme der Parteistimmen; sind auch diese gleich, so hat die Bundeswahl-behörde durch das Los, das von dem an Jahren jüngsten Mitglied zu ziehen ist, zu entscheiden. Beteiligt sich eine im zuletzt gewählten Nationalrat vertretene Partei nicht an der Wahlwerbung, so hat in der Veröffentlichung nur die ihr nach § 49 Abs 3 NRWO zukommende Listennummer und daneben das Wort "leer" aufzuscheinen. Gemäß § 44 Abs 4 NRWO gilt zudem der Grundsatz, dass bei neu auftretenden wahlwerbenden Parteien die Parteibezeichnung jener wahlwerbenden Partei den Vorrang hat, die ihren Landeswahlvorschlag früher eingebracht hat. Die so ermittelte Reihenfolge ist von der Bundeswahlbehörde den Landeswahlbehörden bis spätestens am 52. Tag vor dem Wahltag bekanntzugeben und ist für die Landeswahlbehörden verbindlich. Im Anschluss an die nach § 49 Abs 3 NRWO gereihten Parteien sind die übrigen wahlwerbenden Parteien anzuführen, wobei sich ihre Reihenfolge nach dem Zeitpunkt der Einbringung des Wahlvorschlages zu richten hat (vgl. dazu § 42 Abs 1 NRWO, wonach der Landeswahlleiter nach Einreichung sofort den Wahlvorschlag auf seine Zulässigkeit zu prüfen und den Tag und die Uhrzeit des Einlangens darauf zu vermerken hat). Bei gleichzeitig eingebrachten Wahlvorschlägen entscheidet über die Reihenfolge die Landeswahlbehörde durch das Los, das von dem an Jahren jüngsten Mitglied zu ziehen ist. Den unterscheidenden Parteibezeichnungen sind die Worte "Liste 1, 2, 3 usw." in fortlaufender Nummerierung voranzusetzen.
2.4.4.Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes liegen Bestimmungen, wonach Bezeichnung und Listenplatz von jenen wahlwerbenden Parteien, die bereits zuvor im Nationalrat vertreten waren, gesetzlich besonders geschützt werden, im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (VfSlg 10.821/1986 mwN zum System der Verhältniswahl; zur EuWO: VfSlg 19.893/2014; zu einer Gemeinderatswahl: VfSlg 11.875/1988, 13.643/1993, 20.044/2016).
Ob es sich bei einer wahlwerbenden Partei um die Nachfolgerin einer "im Nationalrat vertretenen Partei" handelt, ist anhand einer wertenden Gesamtschau aller einschlägigen Aspekte zu ermitteln. Dabei sind die Partei- und Kurzbezeichnung sowie die Frage nach einem Übereinstimmen von Grundelementen der Wahlprogramme, personelle Aspekte (Zustellungsbevollmächtigte, Vertrauensleute iSd § 14 Abs 1 NRWO, Kandidaten, Nationalratsabgeordnete als Unterstützer iSd § 42 Abs 2 NRWO), aber auch die hinter einer Kandidatur stehende politische Partei oder die zuletzt im nunmehr neu zu wählenden allgemeinen Vertretungskörper vertretenen Personen in die Beurteilung miteinzubeziehen (vgl. VfSlg 10.821/1986, 13.004/1992, 13.643/1993; zur NRWO 1970 vgl. auch VfSlg 6201/1970; vgl. zudem Merli, Zur Reihenfolge der Parteien auf dem Stimmzettel der Nationalratswahl, JRP 2006, 243 [244 ff.]; Raschauer, Nationalratspartei und Zurechnung, JRP 2006, 255 [262 f.]; Stein/Vogl/Wenda, aaO, § 14 Anm. 6).
2.4.5.Sofern die Rechtswidrigkeit der durch die Bundeswahlbehörde erfolgten Reihung der wahlwerbenden Partei "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" (ÖVP) an zweiter Stelle behauptet wird, bestehen dagegen keine Bedenken: Die Reihung liegt darin begründet, dass es sich um eine Partei handelt, die bei der letzten Nationalratswahl als wahlwerbende Partei "Österreichische Volkspartei" (ÖVP) die zweitgrößte Anzahl an Mandaten erreicht hat und daher gemäß § 49 Abs 3 NRWO an dieser Stelle zu reihen ist (vgl. idS VfSlg 10.821/1986, 11.875/1988, 20.044/2016; vgl. auch Stein/Vogl/Wenda,aaO,§49 Anm. 4 und § 14 Anm. 6 mwN). Auf Grund der vorliegenden weitgehenden Übereinstimmung der Parteibezeichnung (ÖVP als Kurzbezeichnung, "Volkspartei" als Teil der Parteibezeichnung) und der Unterstützung durch dieselbe politische Partei (vgl. zur ÖVP auch eine Entscheidung zum Vereinsgesetz betreffend die Untersagung des Vereines "Unabhängige Tiroler Volkspartei" wegen Verwechslungsgefahr mit der "Österreichischen Volkspartei": VfSlg 6086/1969), die für eine materielle Identität mit einer im Nationalrat vertretenen Partei sprechen, kann der Beurteilung durch die Bundeswahlbehörde nicht entgegengetreten werden. Die drei erforderlichen Unterstützungserklärungen von Nationalratsabgeordneten wurden von Abgeordneten geleistet, die dem ÖVP-Klub im Nationalrat angehörten.
Die Bundeswahlbehörde hatte – angesichts der offenkundigen Kontinuität – keine weiteren Ermittlungen oder Nachforschungen zur Frage anzustellen, ob es sich tatsächlich um eine "Nachfolgerin" der zuletzt iSd § 14 Abs 5 NRWO im Nationalrat vertretenen Partei ÖVP handelt (vgl. VfSlg 10.821/1986, 11.875/1988, 13.643/1993). Soweit die Anfechtungswerberin die Reihung der wahlwerbenden Partei "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" (ÖVP) an der zweiten Stelle auf die behauptete Befangenheit des ersten Stellvertreters des Bundeswahlleiters zurückführen möchte, ist auf dieses Vorbringen angesichts des eindeutigen Ergebnisses betreffend die Beurteilung der "Nachfolge" der im Nationalrat vertretenen Partei ÖVP nicht gesondert einzugehen (vgl. auch Punkt III.2.8.).
2.4.6.Die für das Verhältnis der wahlwerbenden Partei "Österreichische Volkspartei" (ÖVP) zur wahlwerbenden Partei "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" (ÖVP) dargestellten Überlegungen können auch auf die Frage nach der rechtmäßigen Reihung der wahlwerbenden Partei "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" (NEOS) übertragen werden. Auch betreffend die Reihung der wahlwerbenden Partei NEOS sind vor dem Hintergrund der Ausführungen unter Punkt III.2.4.4. beim Verfassungsgerichtshof keine Bedenken entstanden: Die Kurzbezeichnung ist im Vergleich zur letzten Nationalratswahl unverändert geblieben, die Parteibezeichnung lässt bei NEOS noch auf jene der vorangegangenen Nationalratswahl schließen und wurde lediglich um einen Namen und eine Proklamation politischer Ziele ergänzt. Die drei erforderlichen Unterstützungserklärungen von Nationalratsabgeordneten wurden von Abgeordneten geleistet, die dem NEOS-Klub im Nationalrat angehörten.
2.4.7.Hinsichtlich des Vorbringens, dass "Die Weissen – Das Recht geht vom Volk aus. Wir alle entscheiden in Österreich. Die Volksbewegung." (WEIßE), die "Liste Peter Pilz" (PILZ) und die "Freie Liste Österreich & FPS Liste Dr. Karl Schnell" (FLÖ) – auf Grund der Unterstützung von Abgeordneten zum Nationalrat als Nachfolgerinnen von im Nationalrat vertretenen Parteien – ebenfalls bevorzugt gereiht hätten werden müssen, ist auf Folgendes hinzuweisen: Dass eine wahlwerbende Partei die Unterstützung von Abgeordneten zum Nationalrat für ihre Parteilisten gewinnen konnte, reicht isoliert betrachtet noch nicht aus, um sie als im Nationalrat vertretene Partei iSd § 14 Abs 5 NRWO mit den entsprechenden Vorschlagsrechten für die Besetzung der Wahlbehörden (§§14 Abs 1 und 15 Abs 3 NRWO) sowie den sich daraus ergebenden Folgen für die Reihung ansehen zu können (vgl. dazu auch VfSlg 13.643/1993 zur Sbg. Gemeinderatswahlordnung). Es muss vielmehr zwischen einer neu antretenden Gruppierung und einer der wahlwerbenden Parteien des zuletzt gewählten Nationalrates Kontinuität begründende Identität bestehen (vgl. dazu bereits die Ausführungen unter Punkt III.2.4.4. sowie die in der Gegenschrift der Bundeswahlbehörde herausgearbeiteten Kriterien zur Feststellung der Identität von wahlwerbenden Parteien mit im Nationalrat vertretenen Parteien, Punkt I.7.2.).
"Die Weissen – Das Recht geht vom Volk aus. Wir alle entscheiden in Österreich. Die Volksbewegung.", die "Liste Peter Pilz" und die "Freie Liste Österreich & FPS Liste Dr. Karl Schnell"wurden – wie aus den vorgelegten Unterlagen zu den Landes- und Bundeswahlvorschlägen ersichtlich ist und von den am Verfahren beteiligten wahlwerbenden Parteien auch nicht bestritten wurde – jeweils von einzelnen Abgeordneten zum Nationalrat (von zum Teil nicht mehr kandidierenden Wahlparteien) iSd § 42 Abs 2 NRWO unterstützt (zB setzt sich die FLÖ großteils aus ehemaligen Abgeordneten bzw. Mitgliedern der FPÖ zusammen; die Liste PILZ unterstützten neben dem Listenführer zwei weitere Abgeordnete der GRÜNEN; die WEIßEN wurden von früheren Abgeordneten des – nicht mehr kandidierenden und ab August 2017 ohne Klubstatus im Nationalrat vertretenen – Team Stronach unterstützt). Die wahlwerbenden Parteien FPÖ und GRÜNE, deren Klubs die Abgeordneten des Nationalrates angehörten, die die eingangs angeführten wahlwerbenden Parteien unterstützt haben, haben ebenfalls Wahlvorschläge für die Nationalratswahl 2017 eingebracht; nur diese wahlwerbenden Parteien sind daher nach den bereits dargelegten Kriterien (vgl. Punkt III.2.4.4. sowie die Ausführungen der Bundeswahlbehörde unter Punkt I.7.2.) unmittelbare Nachfolgerinnen der bereits im Nationalrat vertretenen Parteien. Deshalb waren die von der Anfechtungswerberin eingangs genannten wahlwerbenden Parteien erst im Anschluss an jene wahlwerbenden Parteien zu reihen, die einer im Nationalrat vertretenen Partei zuordenbar sind. Die Reihung der wahlwerbenden Parteien erweist sich entgegen dem Vorbringen der Anfechtungswerberin auch aus diesem Grund nicht als rechtswidrig.
2.4.8.Das Vorbringen der Anfechtungswerberin, die amtlichen Stimmzettel seien wegen Verstoßes gegen § 49 Abs 3 und 4 NRWO rechtswidrig, geht daher ins Leere. Auch ordnet – anders als die Anfechtungswerberin offenbar vermeint – keine Rechtsvorschrift an, dass die Anzahl der produzierten Stimmzettel zu protokollieren ist.
2.5.Zu den behaupteten Rechtswidrigkeiten bei Zusammenzählung der Reststimmen im dritten Ermittlungsverfahren sowie der damit zusammenhängenden Einhaltung der Formalvorschriften bei der Einreichung der (Landes- und) Bundeswahlvorschläge (vgl. Punkt I.6.3.6. und I.6.3.7.)
2.5.1.Die Anfechtungswerberin bringt vor, dass im dritten Ermittlungsverfahren bei den wahlwerbenden Parteien "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" und "NEOS – Das neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" "wegen Zusammenzählung der Reststimmen von verschiedenen Rechtspersonen" ein falsches Ergebnis ermittelt worden sei und den beiden wahlwerbenden Parteien weniger Mandate zugewiesen hätten werden müssen.
Die Landeswahlvorschläge mit der Parteibezeichnung "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" seien in Kärnten und Tirol von der gleichnamigen (politischen) Partei eingebracht worden, während dies in Vorarlberg durch die Partei "NEOS – Das neue Österreich und Liberales Forum" erfolgt sei. Es handle sich "bei den beiden NEOS-Wählergruppen offenbar um zwei verschiedene wahlwerbende Wählergruppen (Rechtspersonen) bei der Nationalratswahl 2017, wodurch die jeweiligen Stimmen im dritten Ermittlungsverfahren daher gemäß § 106 Abs 2 NRWO nicht zusammengezählt werden hätten dürfen". Als Zustellungsbevollmächtigter des NEOS-Bundeswahlvorschlages sei Mag. Dr. Matthias Strolz angegeben worden, der aber selbst bei keinem Landeswahlvorschlag Zustellungsbevollmächtigter sei. Auf Basis des § 106 Abs 2 NRWO habe Mag. Beate Meinl-Reisinger als Zustellungsbevollmächtigte der NEOS in Wien mitunterschrieben, obgleich sie nach Ansicht der Anfechtungswerberin "für eine andere NEOS-Wählergruppe als Dr. Matthias Strolz" kandidiert habe.
Auf dem Landeswahlvorschlag der "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" (ÖVP) für Kärnten fehle die Unterschrift des Zustellungsbevollmächtigten; auch aus den Landeswahlvorschlägen für Oberösterreich, Salzburg und die Steiermark sei nicht erkennbar, wer diese eingereicht habe, zumal es keine Unterschrift des Zustellungsbevollmächtigten gebe und nicht ersichtlich sei, "welche Partei den Landeswahlvorschlag eingereicht hat". Lediglich die Zustellungsbevollmächtigte der "Kärntner Volkspartei", Elisabeth Köstinger, habe einen Bundeswahlvorschlag mit der Kurzbezeichnung ÖVP eingebracht, sodass die Stimmen aus allen anderen Bundesländern der ÖVP im dritten Ermittlungsverfahren nicht zuzurechnen gewesen seien.
2.5.2.Die Bundeswahlbehörde tritt dieser Rechtsansicht unter Berufung auf die übermittelten Landeswahlvorschläge sowie die einschlägigen Bestimmungen der NRWO entgegen. Sie führt insbesondere aus, dass für die Gültigkeit des eingebrachten Landeswahlvorschlages weder von Bedeutung sei, ob ein Stempel mit der Aufschrift einer Landesparteiorganisation verwendet werde, noch ob dieser eine anders lautende Bezeichnung einer hinter einer wahlwerbenden Partei stehenden politischen Partei aufweise (vgl. Punkt I.7.4.).
2.5.3.Wahlwerbenden Parteien, die Landeswahlvorschläge eingebracht haben, steht nur dann ein Anspruch auf Zuweisung von Mandaten im dritten Ermittlungsverfahren zu, wenn sie einen Bundeswahlvorschlag eingebracht haben und gemäß § 107 Abs 2 NRWO nicht von der Zuweisung von Mandaten ausgeschlossen sind. Der Bundeswahlvorschlag ist spätestens am 48. Tag vor dem Wahltag bei der Bundeswahlbehörde einzubringen; er muss dieselbe Parteibezeichnung aufweisen wie sämtliche ihm im dritten Ermittlungsverfahren zuzurechnenden Landeswahlvorschläge und muss von wenigstens einem Zustellungsbevollmächtigten eines zuzurechnenden Landeswahlvorschlags mitunterschrieben sein (§106 Abs 2 NRWO). Der Bundeswahlvorschlag hat gemäß § 106 Abs 3 NRWO die Parteibezeichnung in Worten und eine allfällige Kurzbezeichnung in Buchstaben (Z1), die Bundesparteiliste, dh. ein "Verzeichnis der Bewerber für die Zuweisung von Mandaten im dritten Ermittlungsverfahren" (Z2) sowie "die Bezeichnung des zustellungsbevollmächtigten Vertreters (Vorname, Familienname, Beruf, Adresse), der die Voraussetzungen des § 41 erfüllen muss" (Z3) zu enthalten. Die Bundeswahlbehörde hat die Bundeswahlvorschläge unverzüglich nach ihrem Einlangen daraufhin zu überprüfen, ob sie den Vorschriften der § 106 Abs 2 und 3 NRWO entsprechen. Der Bundeswahlleiter hat hiebei in sinngemäßer Anwendung des § 42 Abs 1 NRWO vorzugehen. Bundeswahlvorschläge, die diesen Vorschriften nicht entsprechen, gelten als nicht eingebracht (§106 Abs 5 NRWO).
2.5.3.1.Eingangs ist festzuhalten, dass in allen neun Landeswahlkreisen Landeswahlvorschläge sowie für das dritte Ermittlungsverfahren ein Bundeswahlvorschlag unter derselben Parteibezeichnung "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" (ÖVP) bzw. "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" (NEOS) eingebracht wurden.
2.5.3.2.Soweit die Anfechtungswerberin vorbringt, dass die Landeswahlvorschläge rechtswidriger Weise unterschiedliche zustellungsbevollmächtigte Vertreter aufwiesen, ist dem Folgendes entgegenzuhalten: Dass auf den Landeswahlvorschlägen (vgl. § 43 Abs 1 Z 3 NRWO) und dem Bundeswahlvorschlag für dieselbe Wahlpartei unterschiedliche zustellungsbevollmächtigte Vertreter genannt werden, stellt keine Rechtswidrigkeit dar. Aus der der NRWO immanenten Einteilung der Wahlkreise (Art26 Abs 2 B-VG; zur Landtagswahl und Art 95 B-VG vgl. erneut VfSlg 10.821/1986) und den einschlägigen Bestimmungen über die Anforderungen an die Wahlvorschläge ergibt sich nicht, dass eine einzige Person für alle zehn Wahlvorschläge als zustellungsbevollmächtigter Vertreter genannt werden müsste.
2.5.3.3.Soweit die Anfechtungswerberin die Auffassung vertritt, dass Wahlvorschläge von politischen Parteien bzw. Untergliederungen mit unterschiedlichen Bezeichnungen eingebracht worden seien bzw. andeutet, dass hinter den die Wahlvorschläge einbringenden wahlwerbenden Parteien unterschiedliche politische Parteien stehen, ist auf das verfassungsrechtlich vorgegebene Verhältnis zwischen politischen Parteien und Wahlparteien sowie die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hinzuweisen: Vor dem Hintergrund, dass im Wahlrecht zwischen politischen Parteien und Wahlparteien zu unterscheiden ist und eine Divergenz in Name und genauer Zusammensetzung von Wahlparteien von einer zur nächsten Wahl nicht zwingend den Verlust des bisherigen Listenplatzes mit sich bringen muss, kommt es bei der Einbringung des Wahlvorschlages – wie auch die Bundeswahlbehörde in ihrer Gegenschrift ausführt – auch nicht isoliert darauf an, von welcher politischen Partei bzw. Untergliederung einer politischen Partei der Wahlvorschlag eingebracht wird (vgl. Art 26a B-VG, § 14 Abs 5 NRWO sowie zB die Ausführungen bei Hengstschläger/Janko, aaO, 235; Warta, Was heißt "Partei"?, JRP 2006, 268 [270 f.]; die Definitionen in § 1 Abs 2 und § 2 Z 2 PartG sowie § 13 PartG; vgl. auch VfSlg 266/1924; vgl. zur Rechtsstellung politischer und wahlwerbender Parteien VfSlg 14.803/1997, 20.128/2016). Politische Parteien, die sich an Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern beteiligen, verfügen in der Regel über mehrere rechtlich selbstständige Organisationen (vgl. schon § 1 Abs 4 Z 3 PartG, wonach die Satzung jeder politischen Partei auch Angaben zur Gliederung der Partei zu enthalten hat), bei denen es sich entweder um Körperschaften im Sinne des § 2 Z 3 PartG oder um Gliederungen von Parteien mit eigener Rechtspersönlichkeit handelt. Diese Untergliederungen bilden einen integralen Bestandteil der politischen Parteien und können nicht losgelöst von diesen betrachtet werden (); auch dienen sie der freien Entfaltung dieser politischen Parteien in adäquater Weise (VfSlg 9731/1983; vgl. zB VfSlg 1976/1950). Angesichts dessen ist es unbedenklich, wenn auf dieselbe wahlwerbende Partei lautende Landeswahlvorschläge durch eine Partei oder eine Untergliederung einer politischen Partei eingebracht werden.
2.5.3.4.Wie sich aus den Wahlakten ergibt, wurde der Bundeswahlvorschlag der wahlwerbenden Parteien "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" (ÖVP) und "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" (NEOS) jeweils entsprechend § 106 Abs 2 NRWO eingebracht: Anders als bei den Landeswahlvorschlägen ist – entgegen der von der Bundeswahlbehörde vertretenen Ansicht – in § 106 Abs 2 NRWO ausdrücklich die Unterschrift eines Zustellungsbevollmächtigten eines dem Bundeswahlvorschlag zuzurechnenden Landeswahlvorschlages erforderlich, wobei jedoch nicht zwingend der Zustellungsbevollmächtigte des Landeswahlvorschlages ident mit dem Zustellungsbevollmächtigten des Bundeswahlvorschlages sein muss ("mitunterschrieben"). Bei der wahlwerbenden Partei "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" (NEOS) wurde Mag. Dr. Matthias Strolz zum Zustellungsbevollmächtigten für den Bundeswahlvorschlag bestimmt, wobei neben seiner Unterschrift auf dem Bundeswahlvorschlag zudem die Unterschrift von Mag. Beate Meinl-Reisinger aufscheint, die als Zustellungsbevollmächtigte des Landeswahlvorschlages der NEOS für den Landeswahlkreis Wien genannt worden ist. Auf dem Bundeswahlvorschlag der wahlwerbenden Partei "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" (ÖVP) ist Elisabeth Köstinger als Zustellungsbevollmächtigte angeführt. Neben deren Unterschrift ist die Unterschrift des Zustellungsbevollmächtigten für den Landeswahlvorschlag für Wien enthalten. Die formellen Voraussetzungen für die Einbeziehung dieser beiden wahlwerbenden Parteien in das dritte Ermittlungsverfahren liegen somit durch Erstattung eines rechtmäßigen Bundeswahlvorschlages vor.
Es hat sich auch kein Zweifel ergeben, dass selbst wenn die Wahlvorschläge von unterschiedlichen Untergliederungen politischer Parteien eingebracht worden sind (die von der Anfechtungswerberin vorgebrachten Bedenken beziehen sich offenbar auf die im Wahlakt ersichtlichen Landeswahlvorschläge mit zum Teil unterschiedlichen "Briefköpfen" bzw. Stempeln von Landesorganisationen der jeweils als wahlwerbenden Partei auftretenden politischen Partei), dennoch die Unterstützung derselben wahlwerbenden Partei für die Nationalratswahl 2017 beabsichtigt war und die "verfassungsrechtlich vorgegebene Korrelation von politischer Partei und Wahlpartei" vorgelegen ist (vgl. VfSlg 14.803/1997, 19.860/2014, 20.128/2016).
Sollte das Vorbringen der Anfechtungswerberin jedoch so zu verstehen sein, dass die Wahlvorschläge für die wahlwerbenden Parteien "Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" (ÖVP) und "NEOS – Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung" (NEOS) jeweils von unterschiedlichen wahlwerbenden Parteien eingebracht worden sind, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Bezeichnung einer wahlwerbenden Partei (erst) aus dem eingebrachten Wahlvorschlag selbst ergibt (vgl. § 43 Abs 1 NRWO) und allfällige weitere Stempel oder "Briefköpfe" anderer Organisationen oder Personen auf dem Schriftstück, das den Wahlvorschlag enthält, mangels gegenteiliger gesetzlicher Anordnung unbeachtlich sind. Der Name der wahlwerbenden Partei bestimmt sich somit anhand der auf dem Wahlvorschlag verwendeten Parteibezeichnung und hängt allenfalls von einer Entscheidung der Wahlbehörde (zB § 44 Abs 1 NRWO) ab, weshalb die wahlwerbende Partei und deren Bezeichnung erst mit der Veröffentlichung des Wahlvorschlages durch die (Landes-)Wahlbehörde und in der dort ersichtlichen Ausgestaltung feststehen. Insofern geht daher auch das derart verstandene Vorbringen der Anfechtungswerberin ins Leere, weil unstrittiger Weise die Parteibezeichnungen der wahlwerbenden Parteien auf den Wahlvorschlägen ident waren.
2.6.Im Lichte der Ausführungen zu Punkt 1.3. und 2.5. ist daher auf das Vorbringen, dass in Kärnten die wahlwerbende Partei mit der Kurzbezeichnung FLÖ als "Freie Liste Österreich & Freie Partei Salzburg Liste Dr. Karl Schnell" einen Wahlvorschlag eingebracht habe, auf dem "FPS" handschriftlich auf "Freie Partei Salzburg" abgeändert worden sei, während in allen übrigen Bundesländern unter der Kurzbezeichnung FLÖ ein Wahlvorschlag mit der Parteibezeichnung "Freie Liste Österreich & FPS Liste Dr. Karl Schnell" eingebracht worden sei (vgl. Punkt I.6.3.4.), nicht weiter einzugehen, weil die behauptete Abweichung der Parteibezeichnungen auf den Landeswahlvorschlägen nicht von Einfluss auf das Wahlergebnis sein konnte: Dieser wahlwerbenden Partei kommt nämlich kein Anspruch auf Zuweisung von Mandaten im dritten Ermittlungsverfahren zu (§106 Abs 1 iVm § 107 Abs 2 NRWO), weil ihr kein Mandat in einem Regionalwahlkreis und weniger als vier Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen zugefallen sind.
2.7.Zu den behaupteten Rechtswidrigkeiten im Zusammenhang mit dem Foto von Sebastian Kurz bei der Stimmabgabe (vgl. Punkt I.6.3.9.)
2.7.1.Die Anfechtungswerberin bemängelt, dass in der Printausgabe der Tageszeitung "Österreich" vom ein Foto abgedruckt worden sei, das Sebastian Kurz in einem Wahllokal "mit offenem Kuvert bei der Stimmabgabe" zeige. Dies widerspreche § 57 Abs 2 und § 65 Abs 1 NRWO, weil zum einen die geheime Stimmabgabe von Sebastian Kurz nicht gewährleistet und zum anderen eine fremde Person im Wahllokal anwesend gewesen sei; die Rechtswidrigkeiten seien von Einfluss auf das Wahlergebnis gewesen.
2.7.2.Die Bundeswahlbehörde entgegnet diesem Vorbringen, dass Sebastian Kurz nicht im Wahllokal, sondern von außerhalb des Wahllokals durch ein Fenster aufgenommen worden sei, was durch Reflexionen auf jener Scheibe erkennbar sei, durch die offensichtlich fotografiert worden sei. Es sei weder eine Person unbefugt im Wahllokal anwesend gewesen, noch sei das Stimmverhalten auf dem Foto zu erkennen, sodass auch kein Verstoß gegen das geheime Wahlrecht vorliege. Die Anfechtungswerberin habe nicht behauptet, dass die Wahlzelle nicht iSd § 57 Abs 2 NRWO hergestellt gewesen sei (vgl. Punkt I.7.6.).
2.7.3.Ins Wahllokal dürfen gemäß § 65 Abs 1 NRWO außer der Wahlbehörde nur deren Hilfsorgane, die Wahlzeugen, die Wähler zum Zweck der Abgabe der Stimme, die allenfalls zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung erforderlichen Amtspersonen, sowie akkreditierte Personen gemäß § 20a Abs 3 NRWO (Wahlbeobachter) zugelassen werden.
Eingangs ist festzuhalten, dass sich aus der Niederschrift der Wahlbehörde dieses Wahllokales kein Hinweis darauf ergibt, dass das von der Anfechtungswerberin vorgelegte und nach dem ausdrücklichen Vorbringen der Anfechtungswerberin erst am – und somit am Tag nach der Wahl – in der Zeitung veröffentlichte Foto von einem Fotografen im Wahllokal aufgenommen wurde. Soweit die Anfechtungswerberin unter Hinweis auf VfSlg 11.740/1988 darin eine Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens erblickt, genügt es darauf hinzuweisen, dass – ungeachtet dessen, ob das fragliche Foto tatsächlich im Wahllokal oder vielmehr (wie die Bundeswahlbehörde unter Verweis auf konkrete Anhaltspunkte dafür in ihrer Gegenschrift vertritt) von außerhalb des konkreten Wahllokales aufgenommen wurde – eine solche Rechtswidrigkeit jedenfalls nicht vorliegt. Anders als in VfSlg 11.740/1988 ist nämlich keine Interaktion mit Wahlwilligen durch den Fotografen im Wahllokal behauptet worden oder auch nur ansatzweise hervorgekommen.
2.7.4.Der Verfassungsgerichtshof kann auch durch das Foto keine Verletzung des geheimen Wahlrechts erkennen: Ein Wahlrecht ist (nur) dann "geheim", wenn der Wähler seine Stimme derart abzugeben instand gesetzt wird, dass niemand, weder die Wahlbehörde noch sonst jemand, erkennen kann, wen der Wähler wählte. Demgemäß verlangt der Grundsatz des geheimen Wahlrechts wirksame Vorkehrungen zur Geheimhaltung des Wahlverhaltens des einzelnen Wählers, der seinerseits zur geheimen Stimmabgabe verpflichtet und von der Wahlbehörde dazu anzuhalten ist (VfSlg 10.412/1985, 10.908/1986, 11.738/1988; vgl. auch G.Holzinger/K. Holzinger, Art 26 B-VG, in: Korinek/Holoubek et. al. [Hrsg.], 13. Lfg., 2017, Rz 52 ff.). Voraussetzung für eine geheime Wahl ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes das Vorhandensein einer (dem Gesetz entsprechenden) Wahlzelle (§57 Abs 2 NRWO; VfSlg 3843/1960, 5861/1968; zur Ausgestaltung der Wahlzelle bzw. des Wahllokales vgl. auch VfSlg 391/1925, 6201/1970).
Es findet sich weder in der Anfechtungsschrift noch in den Wahlakten ein Hinweis darauf, dass die Wahlzelle nicht im Sinne der Vorgaben des § 57 Abs 2 NRWO hergestellt war. Es war somit durch die konkreten Gegebenheiten in diesem Wahllokal gewährleistet, dass "in der Wahlzelle eine gesetzlich gebotene unbeobachtete Stimmzettelausfüllung erfolgen kann" (VfSlg 16.034/2000, 17.589/2005; vgl. auch VfSlg 10.412/1985; zur EuWO vgl. VfSlg 19.893/2014).
2.7.5.Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass "[d]ie Wahl […] auch dann nicht ungültig [ist], wenn der Wahlberechtigte kein Geheimnis daraus macht, wie er den Stimmzettel ausfüllt" (VfSlg 5229/1966; vgl. § 68 Abs 2 NRWO), und das Stimmverhalten auf dem Foto gerade nicht eindeutig erkennbar ist (vgl. VfSlg 10.217/1984), liegt durch die Veröffentlichung des Fotos keine Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens wegen Verletzung des Grundsatzes des geheimen Wahlrechtes vor.
2.8.Zu den behaupteten Rechtswidrigkeiten im Zusammenhang mit der Zusammensetzung und den Aufgaben der Bundeswahlbehörde (vgl. Punkt I.. und I..)
2.8.1.Soweit die Anfechtungswerberin die unrichtige Zusammensetzung der Bundeswahlbehörde daraus ableitet, dass "parteipolitisch befangene Mitglieder" mitgewirkt hätten, genügt ein Hinweis darauf, dass gemäß Art 26a B-VG (idF vor dem am in Kraft getretenen BGBl I 106/2016) den Wahlbehörden als stimmberechtigte Beisitzer Vertreter der wahlwerbenden Parteien anzugehören haben, wobei insbesondere die (proporzmäßige) Zusammensetzung der Wahlbehörden die Objektivität dieser Behörden verbürgen soll (VfSlg 20.071/2016; vgl. auch das in § 16 Abs 2 NRWO vorgesehene Gelöbnis der strengen Unparteilichkeit und gewissenhaften Erfüllung ihrer Pflichten vor Antritt des Amtes als Beisitzer).
2.8.2.Die Anfechtungswerberin bringt weiters vor, dass die Bundeswahlbehörde unrichtig besetzt gewesen sei, "weil fehlende Mitglieder durch Ersatzmitglieder ersetzt wurden, ohne festzuhalten, aus welchen Ersatzmitgliedern Mitglieder wurden und welche Ersatzmitglieder Ersatzmitglieder blieben".
Dem hält die Bundeswahlbehörde entgegen, dass sich aus der Niederschrift zur Sitzung der Bundeswahlbehörde am , wie auch aus den internen Protokollen und Anwesenheitslisten klar feststellen lasse, welche der anwesend gewesenen Personen stimmberechtigt gewesen seien und welche nicht; für einen klareren Überblick bediene man sich zudem eines Tischkarten-Systems, wobei bei einer Abstimmung nur die Stimme einer vor einer weißen Tischkarte sitzenden Person (und somit eines Beisitzers) eine zu zählende Stimme sei (vgl. Punkt I.7.7.).
Angesichts dieser Ausführungen, der mit den Wahlakten übermittelten Niederschrift sowie des Protokolls und der Anwesenheitsliste zur Sitzung der Bundeswahlbehörde vom ergibt sich für den Verfassungsgerichtshof, welche Mitglieder an der Sitzung teilgenommen haben und dass die Bundeswahlbehörde jedenfalls in beschlussfähiger Weise besetzt war (§17 NRWO), weshalb das Vorbringen der Anfechtungswerberin insofern ins Leere geht.
2.8.3.Die Anfechtungswerberin bringt weiters Bedenken gegen die Ergebnisermittlung durch die Bundeswahlbehörde in der Sitzung vom vor: So seien die Ergebnisse weder von der Bundeswahlbehörde selbst ermittelt noch kontrolliert worden. Die Ermittlung der Mandate gemäß § 107 NRWO habe nicht während dieser Sitzung stattgefunden. Auch seien die Niederschriften der neun Landeswahlbehörden entgegen § 107 Abs 1 NRWO nicht vorgelegt worden.
2.8.3.1.Die Bundeswahlbehörde führt dazu aus, dass es auf Grund der Veröffentlichungen der Sofortmeldungen, aber auch auf Grund der in den Landeswahlbehörden getätigten amtlichen Veröffentlichungen der Ergebnisse nicht nur für die wahlwerbenden Parteien, sondern auch für die gesamte Öffentlichkeit ein Leichtes gewesen sei, die Wahlergebnisse inklusive der künftigen Verteilung der zur Vergabe gelangenden Mandate nach den Rechenregeln der NRWO in allen Details nachzuvollziehen. Bei den Sitzungen der Bundeswahlbehörde seien die Wahlakten physisch vorhanden gewesen und es wäre den Mitgliedern der Wahlbehörde – insbesondere bei Auftreten von Zweifelsfällen – möglich gewesen, in diese Einsicht zu nehmen. Für die Bundeswahlbehörde habe im dritten Ermittlungsverfahren hinsichtlich der Zurechnung der Mandate kein Handlungsspielraum bestanden; die Zurechnung der Mandate zu den einzelnen wahlwerbenden Gruppen sei nach den in § 107 NRWO verankerten Rechenregeln "unumstößlich" gewesen (vgl. Punkt I.7.7.).
2.8.3.2.Gemäß § 107 Abs 1 NRWO stellt die Bundeswahlbehörde auf Grund der ihr von den Landeswahlbehörden gemäß § 105 Abs 2 NRWO übermittelten Niederschriften der Landeswahlbehörden die Parteisummen für das ganze Bundesgebiet fest und verteilt nach den Regelungen des § 107 Abs 2 bis 8 NRWO die Mandate auf die Parteien. Die Bundeswahlbehörde weist die nach § 107 NRWO zugeteilten Mandate an die Bewerber nach den Bestimmungen des § 108 Abs 1 bis 3 NRWO zu. Das Ergebnis der Ermittlungen der Bundeswahlbehörde ist in einer Niederschrift zu verzeichnen, die (mindestens) die Namen der an- und abwesenden Mitglieder der Bundeswahlbehörde sowie die Feststellungen betreffend das dritte Ermittlungsverfahren gemäß § 108 Abs 4 NRWO zu enthalten hat. Dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter einer Partei steht es gemäß § 110 NRWO u.a. frei, gegen die ziffernmäßigen Ermittlungen der Bundeswahlbehörde innerhalb von drei Tagen nach der gemäß § 108 Abs 6 NRWO erfolgten Verlautbarung bei der Bundeswahlbehörde schriftlich Einspruch zu erheben.
2.8.3.3.Wie sich entsprechend den Ausführungen in der Gegenschrift der Bundeswahlbehörde aus den vorgelegten Wahlakten ergibt, wurden die Wahlakten – inklusive der Niederschriften – der Landeswahlbehörden (vgl. insbesondere das Protokoll über die 5. Sitzung der Bundeswahlbehörde am ) gemäß § 105 Abs 2 NRWO an die Bundeswahlbehörde übermittelt. Diese hat auf Grund der übermittelten Niederschriften in ihrer Sitzung vom die nach §§107 und 108 NRWO vorgesehene Mandatsverteilung und die Zuweisung an die Bewerber vorgenommen sowie die diesbezüglichen Feststellungen getroffen und das Ergebnis der Ermittlungen in ihrer Niederschrift gemäß § 108 Abs 4 und 5 NRWO verzeichnet. Anders als die Anfechtungswerberin vermeint, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Beiziehung von Hilfskräften im Wahlverfahren (vgl. VfSlg 14.847/1997, 19.247/2010, 19.982/2015, 20.071/2016; vgl. § 7 Abs 2 NRWO, wonach den Wahlbehörden die notwendigen Hilfskräfte und Hilfsmittel aus dem Stand des Amtes zugewiesen werden, dem der Wahlleiter vorsteht oder von dessen Vorstand er bestellt wird); sie können insbesondere für vorgelagerte, rein administrative Tätigkeiten herangezogen werden (vgl. VfSlg 19.982/2015, 20.071/2016). Vor diesem Hintergrund bestehen gegen die – insbesondere durch die erforderlichen Berechnungen – vorgenommene Vorbereitung der Sitzung der Bundeswahlbehörde, die der Ergebnisermittlung im dritten Ermittlungsverfahren dient, keine Bedenken (vgl. im Unterschied dazu zu jenen, der Wahlbehörde vorbehaltenen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Überprüfung der Stimmzettel oder von Wahlkarten VfSlg 20.071/2016 mwN). Die den Mitgliedern der Bundeswahlbehörde vorgelegten Berechnungen konnten jederzeit nachvollzogen werden; im Übrigen war es – wie die Bundeswahlbehörde in ihrer Gegenschrift ausführt – zu diesem Zeitpunkt auf Grund der bereits erfolgten Verlautbarung der Ergebnisse nach § 105 Abs 1 NRWO auf der Amtstafel des Amtes der Landesregierung und im Internet auch der breiten Öffentlichkeit möglich, "die Wahlergebnisse inklusive der künftigen Verteilung der zur Vergabe gelangenden Mandate nach den Rechenregeln der NRWO in allen Details nachzuvollziehen". Sollte es zu Fehlern bei der ziffernmäßigen Ermittlung des Wahlergebnisses kommen, eröffnet § 110 NRWO im Übrigen eine diesbezügliche Einspruchsmöglichkeit (vgl. VfSlg 11.257/1987, 14.556/1996; s. auch WI13/2016); derartige ziffernmäßige Fehler bei der Berechnung des Wahlergebnisses hat die Anfechtungswerberin aber nicht geltend gemacht (s. zur Abweisung des Einspruches der Anfechtungswerberin durch die Bundeswahlbehörde mit Entscheidung vom Punkt I.5.).
2.8.4.Soweit die Anfechtungswerberin die Bestimmung des Art 1 Abs 3 Z 4 EGVG – insbesondere mangels Anwendbarkeit des § 7 AVG – für verfassungswidrig erachtet, genügt ein Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Unbedenklichkeit dieser Regelung (vgl. zu den Vorgängerregelungen zB VfSlg 13.420/1993, 19.733/2013; s. auch VfSlg 9223/1981, 10.610/1985; vgl. dazu, dass sich kein Rechtsschutzdefizit mangels Anwendbarkeit ergibt, VfSlg 19.995/2015; vgl. zur mangelnden Anwendbarkeit von Art 6 EMRK VfSlg 10.610/1985, 20.104/2016).
2.9.Sofern die Anfechtungswerberin im Übrigen – in weitestgehend unsubstantiierter Weise – weitere Bedenken vorbringt, ist dazu Folgendes auszuführen: Das Vorbringen, wonach ein in der Sitzung der Landeswahlbehörde Wien vom eingebrachter Schriftsatz sowie ein am bei der Bundeswahlbehörde eingebrachter Schriftsatz mit demselben Inhalt unberücksichtigt geblieben seien und ihrem Zustellungsbevollmächtigten Niederschriften und Protokolle der Wahlbehörden nicht übermittelt worden seien, geht schon deswegen ins Leere, weil die maßgeblichen Rechtsvorschriften das behauptete Recht nicht vorsehen (vgl. idS zum Nichtbestehen eines Antragsrechtes einer Vertrauensperson in der Bundeswahlbehörde VfSlg 17.178/2004 sowie zur Verweigerung von Akteneinsicht etwa VfSlg 15.033/1997, 19.733/2013).
IV.Ergebnis
1.Der Anfechtung ist daher in Bezug auf den Landeswahlkreis Wien und das dritte Ermittlungsverfahren nicht stattzugeben.
2.Im Übrigen ist die Anfechtung zurückzuweisen.
3.Bei diesem Ergebnis konnte von der in der Anfechtungsschrift beantragten Beweisaufnahme durch Zeugeneinvernahmen abgesehen werden.
4.Über den Einwand der Befangenheit einzelner Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes ist nicht abzusprechen (vgl. zur Unzulässigkeit eines Antrages auf Ablehnung eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 9462/1982, 11.699/1988, 15.176/1998, 16.258/2001, 19.893/2014; ; , WI13/2016). Im Übrigen sind die von Amts wegen wahrzunehmenden Voraussetzungen einer Ausschließung iSd § 12 VfGG nicht gegeben (vgl. VfSlg 19.893/2014).
5.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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ECLI: | ECLI:AT:VFGH:2018:WI4.2017 |
Schlagworte: | Wahlen, Nationalrat, Briefwahl, Stimmzettel, Partei politische, Zustellungsbevollmächtigter, Wahlvorschlag, Wahlkreise, Wahlbehörden, Ermittlungsverfahren, Wahlergebnis, Wahlrecht geheimes, VfGH / Wahlanfechtung, VfGH / Legitimation |
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