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VfGH vom 13.06.2016, WI22/2015

VfGH vom 13.06.2016, WI22/2015

Leitsatz

Stattgabe der Wahlanfechtung und Aufhebung der Bezirksvertretungswahl im 2. Wiener Gemeindebezirk vom Oktober 2015; Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens betreffend die mittels Briefwahl abgegebenen Stimmen österreichischer Staatsbürger in der Leopoldstadt angesichts der Differenz zwischen den in die Ergebnisermittlung einbezogenen Wahlkarten und den abgegebenen Stimmen; möglicher Einfluss der festgestellten Rechtswidrigkeit auf das Wahlergebnis; eingeschränkte Aufhebung der Wahl im "Briefwahlsprengel" nicht möglich

Spruch

I. Die Anfechtung wird hinsichtlich der Zweitanfechtungswerberin zurückgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Anfechtung stattgegeben und das Verfahren zur Wahl der Bezirksvertretung für den 2. Wiener Gemeindebezirk vom insoweit aufgehoben, als es der Veröffentlichung der Wahlvorschläge nachfolgt.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Anfechtung und Vorverfahren

1. Am fand – u.a. auch im hier maßgeblichen Wahlkreis Leopoldstadt bzw. im 2. Wiener Gemeindebezirk – die vom Bürgermeister der Bundeshauptstadt Wien gemäß § 3 Abs 1 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 – Wr. GWO 1996, LGBl 16, durch Verlautbarung im Amtsblatt der Stadt Wien, Ausgabe 28A vom , ausgeschriebene Wahl der Mitglieder des Gemeinderates und der Bezirksvertretungen statt.

2. Im 2. Wiener Gemeindebezirk lagen der Wahl der Bezirksvertretung die von den folgenden Wählergruppen eingebrachten und gem. § 50 Abs 4 Wr. GWO 1996 im Amtsblatt der Stadt Wien, Ausgabe 40A vom , veröffentlichten Wahlvorschläge zugrunde:

"Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ)",

"Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)",

"Österreichische Volkspartei (ÖVP)",

"Die Grünen – Grüne Alternative Wien (GRÜNE)",

"NEOS – Veränderung für Wien (NEOS)",

"Wien Anders – KPÖ und PolDi, Piraten, Echt Grün und Unabhängige (ANDAS)",

"Wir wollen Wahlfreiheit – Liste Pollischansky (WWW)",

"EU-Austrittspartei (EUAUS)",

"Partei der Arbeit – Solidaritätsplattform (PdA)" sowie

"Gemeinsam für Wien (GFW)".

3. Laut Verlautbarung der Bezirkswahlbehörde für den 2. Wiener Gemeindebezirk vom wurden für die Wahl der Bezirksvertretung von den 46.363 abgegebenen Stimmen 1.187 als ungültig gewertet. Von den 45.176 als gültig gewerteten Stimmen entfielen (in Klammer die Anzahl der erreichten Mandate von insgesamt 60; s. Amtsblatt der Stadt Wien, Ausgabe 46A vom ):

17.489 Stimmen (24 Mandate) auf die Wählergruppe "Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ)",

10.010 Stimmen (14 Mandate) auf die Wählergruppe "Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)",

3.105 Stimmen (4 Mandate) auf die Wählergruppe "Österreichische Volkspartei (ÖVP)",

10.035 Stimmen (14 Mandate) auf die Wählergruppe "Die Grünen – Grüne Alternative Wien (GRÜNE)",

2.574 Stimmen (3 Mandate) auf die Wählergruppe "NEOS – Veränderung für Wien (NEOS)",

1.254 Stimmen (1 Mandat) auf die Wählergruppe "Wien Anders – KPÖ und PolDi, Piraten, Echt Grün und Unabhängige (ANDAS)",

109 Stimmen (0 Mandate) auf die Wählergruppe "Wir wollen Wahlfreiheit – Liste Pollischansky (WWW)",

157 Stimmen (0 Mandate) auf die Wählergruppe "EU-Austrittspartei (EUAUS)",

387 Stimmen (0 Mandate) auf die Wählergruppe "Gemeinsam für Wien (GFW)" und

56 Stimmen (0 Mandate) auf die Wählergruppe "Partei der Arbeit – Solidaritätsplattform (PdA)".

4. Gegen die ziffernmäßige Ermittlung der Bezirkswahlbehörde für den 2. Wiener Gemeindebezirk wurde vom zustellungsbevollmächtigten Vertreter der Wählergruppe "Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)" am Einspruch gemäß § 90 Abs 1 lita Wr. GWO 1996 erhoben. Dieser Einspruch wurde wie folgt begründet:

"Die in der Niederschrift der Bezirkswahlbehörde für den 2. Bezirk vom vorgenommene ziffernmäßige Ermittlung der Gesamtsumme der abgegebenen gültigen und ungültigen Stimmen in der obersten Zeile der Tabelle I-BV (weiße Wahlkuverts) oder in der obersten Zeile der Tabelle I-GR (weiße Wahlkuverts) ist unrichtig, da die Gesamtsummen gleich sein müssen, [es] aber nicht sind.

Es ist auf Grund der oben genannten Niederschrift daher davon auszugehen, dass 82 Stimmzettel für die BV-Wahl verschwunden sind.

Das ist für das Ergebnis der BV-Wahl relevant, insbesondere weil für die Partei 'Die Grünen – Grüne Alternative Wien' im Gesamtergebnis für die BV-Wahl für den 2. Bezirk nur um 25 Stimmen mehr ausgewiesen sind als für die Partei 'Freiheitliche Partei Österreichs'. Dies ist im Sinne des § 61b Wiener Stadtverfassung von entscheidender Bedeutung."

5. Die Wiener Stadtwahlbehörde berichtigte u.a. aus Anlass dieses Einspruches die Ergebnisse der Bezirkswahlbehörde und widerrief die von der Bezirkswahlbehörde am vorgenommene Verlautbarung des ziffernmäßigen Gesamtergebnisses der Bezirksvertretungswahl für den 2. Wiener Gemeindebezirk durch Verlautbarung am (Anschlag an der Amtstafel am ). Demnach wurden von den 46.472 abgegebenen Stimmen 1.188 als ungültig gewertet. Von den 45.284 als gültig gewerteten Stimmen entfielen:

17.499 auf die Wählergruppe "Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ)",

10.010 auf die Wählergruppe "Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)",

3.207 auf die Wählergruppe "Österreichische Volkspartei (ÖVP)",

10.031 auf die Wählergruppe "Die Grünen – Grüne Alternative Wien (GRÜNE)",

2.573 auf die Wählergruppe "NEOS – Veränderung für Wien (NEOS)",

1.255 auf die Wählergruppe "Wien Anders – KPÖ und PolDi, Piraten, Echt Grün und Unabhängige (ANDAS)",

109 auf die Wählergruppe "Wir wollen Wahlfreiheit – Liste Pollischansky (WWW)",

157 auf die Wählergruppe "EU-Austrittspartei (EUAUS)",

387 auf die Wählergruppe "Gemeinsam für Wien (GFW)" und

56 auf die Wählergruppe "Partei der Arbeit – Solidaritätsplattform (PdA)".

Die Mandatsverteilung blieb auf Grundlage dieses Ergebnisses unverändert.

6. Gegen die ziffernmäßige Ermittlung der Wiener Stadtwahlbehörde wurde vom zustellungsbevollmächtigten Vertreter der Wählergruppe "Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)" am Einspruch gemäß § 90 Abs 1 litb Wr. GWO 1996 beim Wiener Stadtsenat erhoben. Dieser Einspruch wurde mit Bescheid des Wiener Stadtsenates vom mangels Zuständigkeit zurückgewiesen.

7. Mit ihrer am eingebrachten, auf Art 141 B VG gestützten Anfechtung begehren die "Freiheitliche Partei Österreichs" sowie die "Freiheitliche Partei Österreichs – Landesgruppe Wien", vertreten durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter, die Nichtigerklärung und Aufhebung der Bezirksvertretungswahl vom für den 2. Wiener Gemeindebezirk im "Briefwahlsprengel" zur Gänze, in eventu die Nichtigerklärung und Aufhebung der Bezirksvertretungswahl vom für den 2. Wiener Gemeindebezirk zur Gänze. Des Weiteren wird angeregt, die Bestimmung des § 90 Abs 1 und 2 Wr. GWO 1996 als verfassungswidrig aufzuheben. Die in § 90 Abs 1 leg.cit. normierte Einspruchsfrist von 3 Tagen nach der entsprechenden Verlautbarung an der Amtstafel (§§85 Abs 6 und 88 Abs 3 leg.cit.) sei schlicht zu kurz, um hinreichend glaubhaft zu machen, warum und inwieweit die ziffernmäßige Ermittlung, die Berichtigung von Ergebnissen oder die Beurteilung einzelner Stimmzettel nicht den Bestimmungen des Gesetzes entsprächen. Weiters fehle in § 90 Abs 1 leg.cit. eine schriftliche Einspruchsmöglichkeit gegen die gesetzwidrige Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln durch die Stadtwahlbehörde an den Stadtsenat.

In ihrer Anfechtungsschrift legen die Anfechtungswerber Mängel des Wahlverfahrens ausschließlich hinsichtlich der per Briefwahl abgegebenen Stimmen österreichischer Staatsbürger im 2. Wiener Gemeindebezirk dar und führen dabei insbesondere Folgendes aus:

"Bei der Briefwahl für die Bezirksvertretung des 2. Wiener Gemeindebezirkes wurden Bestimmungen der GWO in einem Maße verletzt, dass diese Rechtswidrigkeiten auf das Wahlergebnis von Einfluss sein konnten. Verletzt wurden insbesondere die §§74 Abs 5), 76 Abs 2), 80a Abs 1), 85 Abs 7) GWO, aber auch der Verfassungsgrundsatz des gleichen Wahlrechts sowie das verfassungsrechtliche Gebot für Wahlen[,] den objektiven Beweiswert des Wahlaktes zu schaffen und nicht zu vermindern.

[…]

[…] ZULÄSSIGKEIT

Gemäß Art 141 Abs 1) litera a B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof unter anderem über die Anfechtung von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern, die auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Verfahrens gegründet werden. Zu den allgemeinen Vertretungskörpern zählen auch die für Wien eingerichteten Bezirksvertretungen (VfSlg 6087, 11.738, 15.028, 15.033).

Nach § 68 Abs 1 VfGG muss die Wahlanfechtung binnen 4 Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens, wenn aber in dem betreffenden Wahlgesetz ein Instanzenzug vorgesehen ist, binnen 4 Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides, eingebracht werden. Nun sieht zwar § 90 Abs 1) GWO idgF administrative Einsprüche – iS eines Instanzenzuges nach § 68 Abs 1 VfGG – vor, doch nur gegen die ziffernmäßige Ermittlung einer Bezirkswahlbehörde sowie der Stadtwahlbehörde sowie gegen eine gesetzwidrige Beurteilung und Zurechnung von Stimmzetteln durch eine Sprengel- oder Bezirkswahlbehörde bei der Stadtwahlbehörde.

Die Anfechtungswerber haben am rechtzeitig Einspruch gemäß § 90 Abs 1) litera a) GWO gegen die ziffernmäßige Ermittlung der Bezirkswahlbehörde an die Stadtwahlbehörde erhoben. Hintergrund dieses Einspruches war der Umstand, dass die Bezirkswahlbehörde bei der Auszählung der Briefwahlstimmen (weiße Wahlkarten für ÖsterreicherInnen) für die Bezirksvertretung feststellte, dass unerklärlicherweise um 82 weniger gelbe Stimmzettel als weiße Stimmzettel vorhanden waren. […]

Die Anfechtungswerber haben bis keinen Einspruch gemäß § 90 Abs 1) litera c) GWO gegen die gesetzwidrige Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln durch eine Sprengel- oder eine Bezirkswahlbehörde bei der Stadtwahlbehörde erhoben, weil die (damals festgestellte) unerklärliche Differenz von 82 fehlenden Stimmzettel[n] keine Beurteilung einzelner Stimmzettel oder gar eine andere Zurechnung von Stimmzetteln erforderlich machte, sondern vor allem die Suche und Auffindung von offenbar fehlenden Stimmzetteln bzw. die Nachzählung der vorhandenen Stimmzetteln auf Vollständigkeit.

Die Überprüfung der Stadtwahlbehörde auf Grundlage des Einspruchs gemäß § 90 Abs 1) litera a) GWO gab Anlass zu einer Richtigstellung des Ergebnisses der von österreichischen StaatsbürgerInnen per Briefwahl für die Bezirksvertretung des 2. Bezirks abgegebenen Stimmen. Die Nachzählung der von der Bezirkswahlbehörde für den 2. Bezirk einbezogenen weißen Wahlkarten ergab 8223. Die von österreichischen StaatsbürgerInnen per Briefwahl für die Bezirksvertretung des 2. Bezirks abgegebenen Stimmen betrug plötzlich 8.246 (also um 107 Stimmen mehr) und korrespondierte nicht mit der Anzahl der einbezogenen weißen Wahlkarten.

Erst diese Nachzählung der Stadtwahlbehörde ergab, dass tatsächlich mehr Stimmzettel als Wahlkarten vorlagen. § 90 Abs 1) litera c) GWO sieht keinen Einspruch gegen die gesetzwidrige Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln durch die Stadtwahlbehörde beim Stadtsenat vor. Ein diesbezüglicher Instanzenzug für eine solche von der Stadtwahlbehörde festgestellte Rechtswidrigkeit ist in § 90 GWO nicht vorgesehen.

Zur Geltendmachung von Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens steht – weil insoweit ein zunächst zu durchlaufender Instanzenzug iS des § 68 Abs 1 VfGG nicht eingerichtet ist – die unmittelbare Anfechtung der Wahl bei[m] VfGH binnen 4 Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens (erster Teilsatz des § 68 Abs 1 VfGG) offen.

Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Frist zur Anfechtung ist die Beendigung des Wahlverfahrens. § 68 Abs 1 VfGG fasst unter dem Ausdruck 'Wahlverfahren' sämtliche zur Durchführung der Wahl erforderlichen Phasen des Verfahrens zu einem Gesamtbegriff zusammen und versteht unter 'Beendigung' des Wahlverfahrens den Zeitpunkt, in dem der letzte der in Betracht kommenden Akt[e] vollzogen ist. Dieser Tag wird in der Regel der Tag sein, an dem im Sinne der maßgeblichen Wahlordnung (GWO) die letzte amtliche Verlautbarung über das Ergebnis der durchgeführten Wahl ergangen ist. (VfSlg 1904, 2037, 4316, 9032, 9342; vgl auch VfSlg 15.033)

Das Wahlergebnis der Bezirkswahlbehörde zur Bezirksvertretungswahl 2015 wurde am um 12:17 Uhr kundgemacht und ist diese Kundmachung an der Amtstafel des Amtshauses für den 2. Wiener Gemeindebezirk[…] angeschlagen worden. Das Endergebnis der Stadtwahlbehörde zur Bezirksvertretungswahl 2015 lag am um 14:57 Uhr vor […]. Die gegenständliche Beschwerde erfolgt sohin zum heutigen Tag jedenfalls rechtzeitig.

Nach § 67 Abs 2 zweiter Satz VfGG sind zur Anfechtung der Wahl grundsätzlich jene Wählergruppen berechtigt, die bei der Wahlbehörde rechtzeitig Wahlvorschläge für die angefochtene Wahl vorgelegt haben. Der Anfechtungswerber ist eine wahlwerbende Partei im Sinne des § 43 GWO, die sowohl einen Wahlvorschlag für den Gemeinderat als auch für die Bezirksvertretungen, darunter auch für den 2. Wiener Gemeindebezirk, eingebracht hat[…].

[…] RECHTSWIDRIGKEIT DES WAHLVERFAHRENS

[…] Tatsächlicher Sachverhalt

Die Anfechtungswerber müssen konkret darlegen, welche Rechtswidrigkeit vorliegen soll (vgl. VfSlg 19245/2010). Zu diesem Zweck wird auf die folgende Divergenz zwischen dem in den Protokollen[…] geschilderten Auszählvorgang und dem tatsächlichen Auszählvorgang verwiesen. Der Auszählvorgang am , nach Ausscheiden der nichtigen (Brief)Wahlkarten, ist tatsächlich wie folgt vor sich gegangen.

Die Bezirkswahlbehörde öffnete die weißen Wahlkuverts. Danach wurde geprüft, ob jeweils ein Stimmzettel für die Wahl in den Gemeinderat (weiß) und ein Stimmzettel für die Wahl in die Bezirksvertretung (gelb) vorhanden ist. Jeder Auszähler sollte die Hand heben, wenn das Wahlkuvert keinen Stimmzettel, nur einen Stimmzettel oder mehr als einen Stimmzettel pro zu wählende[m] Vertretungskörper enthält, damit dieser Umstand vermerkt würde.

Die weißen Stimmzettel für die Wahl in den Gemeinderat wurden nicht separat gestapelt, sondern sofort nach Entnahme aus dem Wahlkuvert ungezählt dem Stapel der jeweiligen Fraktion zugeordnet. Die gelben Stimmzettel für die Wahl in die Bezirksvertretung wurden auf einem separaten Stapel ungezählt abgelegt.

Nach der ungezählten Zuordnung der weißen Stimmzettel für die Wahl in den Gemeinderat zu dem jeweiligen Stapel der Fraktion wurden diese Stimmzettel ungezählt pro Fraktion nach Stimmzettel mit Vorzugsstimme und Stimmzettel ohne Vorzugsstimme getrennt.

Nun wurden vorerst die weißen Stimmzettel für die Wahl in den Gemeinderat ohne Vorzugsstimmen in Stapeln zu 10 Stück geordnet und gezählt. Die weißen Stimmzettel für die Wahl in den Gemeinderat mit Vorzugsstimmen wurden ungeordnet und ungezählt auf einem Tisch gesammelt. Erst nachdem 2 Beamtinnen die Vorzugsstimmen ermittelt hatten und die letzte Vorzugsstimme in der EDV verarbeitet war, wurden diese Stimmzettel ebenfalls in Stapeln zu 10 Stück geordnet und gezählt.

Danach wurden die gelben Stimmzettel für die Wahl in die Bezirksvertretung ohne Vorzugsstimmen in Stapeln zu 10 Stück geordnet und gezählt. Die gelben Stimmzettel für die Wahl in die Bezirksvertretung mit Vorzugsstimmen wurden ungeordnet und ungezählt auf einem Tisch gesammelt. Erst nachdem 2 Beamtinnen die Vorzugsstimmen ermittelt hatten und die letzte Vorzugsstimme in der EDV verarbeitet war, wurden diese Stimmzettel ebenfalls in Stapeln zu 10 Stück geordnet und gezählt.

Entgegen der Vorgehensweise in der Vergangenheit erfolgte im tatsächlichen Auszählvorgang, und zwar präzise nach Öffnung der weißen Wahlkuverts und Entnahme der weißen und gelben Stimmzettel, kein sofortiger Abgleich zwischen der Anzahl der Wahlkuverts und der vorhandenen Stimmzettel für die Wahl in den Gemeinderat und der vorhandenen Stimmzettel für die Wahl in die Bezirksvertretung. Die weißen Stimmzettel wurden ungezählt sofort der jeweiligen Fraktion zugeteilt.

Wäre die Anzahl der weißen sowie gelben Stimmzettel zwecks Kontrolle sofort ermittelt worden, so wäre der Bezirkswahlbehörde aufgefallen, dass die Zahl der Stimmzettel nicht mit jener der Wahlkuverts übereinstimmt. Bis zur Erfassung der Vorzugsstimmen war es jedoch für keinen der beim Auszählvorgang Anwesenden erkennbar, wie viele Stimmzettel für die Wahl in den Gemeinderat tatsächlich vorlagen.

Schließlich musste von der Bezirkswahlbehörde nach dreimaligem Auszählen der Briefwahlstimmen für die Wahl in die Bezirksvertretung festgestellt werden, dass 82 Stimmen (bzw. Stimmzettel) fehlten.

Nach dem Einspruch der Freiheitlichen Partei Österreichs vom gemäß § 90 Abs 1) lita) GWO gegen die ziffernmäßige Ermittlung der Bezirkswahlbehörde für den 2. Bezirk wurden die per Briefwahl abgegebenen Stimmen der österreichischen StaatsbürgerInnen für die Wahl in die Bezirksvertretung am nachgezählt.

Es ergab sich eine Summe von 8.223 einbezogenen weißen Wahlkarten. Die gezählten Stimmen betrugen 8.246, somit um 23 Stimmen mehr als Wahlkarten, und um 107 Stimmen (bzw. Stimmzettel) mehr als beim ersten Auszählvorgang der Bezirkswahlbehörde.

Dies kann nur bedeuten, dass eine oder mehrere Briefwahlkartenwähler mehr als einen Stimmzettel abgegeben haben und/oder bei der Auszählung anwesende oder andere Personen weitere Stimmzettel hinzugefügt haben und dies aufgrund der mangelnden Kontrolle im Ermittlungsverfahren nicht bemerkt wurde.

[…]

[…] Behauptete Rechtswidrigkeit

[…]

• Verstoß gegen § 80a GWO

[…]

Die Rechtswidrigkeit gründet sich auf eine Verletzung des § 80a Abs 1) GWO, welcher ausdrücklich normiert, dass die Bezirkswahlbehörde nach gründlichem Mischen die miteinzubeziehenden Wahlkuverts zu öffnen, die amtlichen Stimmzettel zu entnehmen, deren Gültigkeit zu überprüfen und die ungültigen amtlichen Stimmzettel mit fortlaufender Nummer zu versehen hat.

Die Bezirkswahlbehörde hat es jedoch unterlassen, die Gültigkeit der amtlichen Stimmzettel für die Gemeinderatswahl sowie die Bezirksvertretungswahl gesetzmäßig zu überprüfen und sämtliche ungültigen Stimmzettel mit fortlaufenden Nummern zu versehen.

Hätte die Bezirkswahlbehörde die Gültigkeit der amtlichen Stimmzettel für die Gemeinderatswahl sowie die Bezirksvertretungswahl gesetzmäßig überprüft sowie sämtliche ungültige[…] Stimmzettel[…] mit fortlaufenden Nummern versehen, so hätte die Gesamtsumme der abgegebenen gültigen und ungültigen Stimmen für die Gemeinderatswahl mit der Gesamtsumme der abgegebenen gültigen und ungültigen Stimmen für die Bezirksvertretungswahl gleich sein müssen.

Tatsächlich ergab jedoch die Auszählung der Briefwahlstimmen (weiße Wahlkarten für ÖsterreicherInnen), dass um 82 weniger gelbe Stimmzettel als weiße Stimmzettel vorhanden waren.

• Verstoß gegen § 74 Abs 5) und 76 Abs 2) GWO

Gemäß § 80a Abs 1) GWO dürfen nichtige Wahlkarten in die Ergebnisermittlung nicht einbezogen werden. Jene Wahlkarten, welche in die Ergebnisermittlung einbezogen werden dürfen, werden im Folgenden auch als 'nicht nichtige und daher miteinzubeziehende Wahlkarten' bezeichnet.

Einerseits geht aus § 74 Abs 5) GWO hervor, dass mehrere amtliche Stimmzettel im Wahlkuvert für die Wahl in den Gemeinderat bzw. in die Bezirksvertretung als ein gültiger Stimmzettel zählen, wenn

1. auf allen Stimmzetteln die gleiche Parteiliste des Gemeinderates vom Wähler bezeichnet wurde, oder

2. mindestens ein Stimmzettel für den Gemeinderat gültig ausgefüllt ist und sich aus den Bezeichnungen der übrigen Stimmzettel kein Zweifel über die gewählte Liste ergibt, oder

3. wenn neben einem gültig ausgefüllten amtlichen Stimmzettel die übrigen amtlichen Stimmzettel unausgefüllt sind.

Andererseits geht aus § 76 Abs 2) GWO hervor, dass

1. leere Wahlkuverts als ungültige Stimmzettel zählen sowie

2. mehrere Stimmzettel in einem Wahlkuvert, die für die Wahl desselben Vertretungskörpers auf verschiedene Parteien lauten, für diese Wahl nur als ein ungültiger Stimmzettel gelten.

Aus den vorerwähnten Absätzen ergibt sich für den vorliegenden Sachverhalt, dass eine nicht nichtige und daher miteinzubeziehende Briefwahlkarte einen entweder gültigen oder ungültigen Stimmzettel für die Wahl in den Gemeinderat und einen entweder gültigen oder ungültigen Stimmzettel für die Wahl in die Bezirksvertretung enthalten muss.

Weiters ergibt sich daraus, dass jede nicht nichtige und daher miteinzubeziehende Briefwahlkarte nicht mehr als einen gültigen oder ungültigen Stimmzettel für die Wahl in den Gemeinderat sowie nicht mehr als einen gültigen oder ungültigen Stimmzettel für die Wahl in die Bezirksvertretung enthalten kann.

Mit der Zahl der nicht nichtigen und daher miteinzubeziehenden Briefwahlkarten ist daher die Gesamtsumme der abgegebenen gültigen und ungültigen Stimmen festgelegt.

Die Gesamtsumme der abgegebenen gültigen und ungültigen Stimmen zur Wahl in den Gemeinderat muss daher mit der Gesamtsumme der abgegebenen gültigen und ungültigen Stimmen zur Wahl in die Bezirksvertretung ident sein. Ein Wahlergebnis, welches mehr abgegebene gültige und ungültige Stimmzettel aufweist als nicht nichtige und daher miteinzubeziehende Briefwahlkarten, verstößt gegen §§74 Abs 5) und 76 Abs 2) GWO und ist damit gesetzes- und rechtswidrig.

Die dargestellten Regelungen der GWO sollen ja gerade ausschließen, dass die Anzahl der Wahlkuverts und der Stimmzettel auseinanderfallen.

Aufgrund des oben angeführten Sachverhalts steht fest, dass durch einen rechtswidrigen Vorgang bei der Nachzählung der Stimmen durch die Stadtwahlbehörde mehr Stimmzettel zur Auszählung gelangten, als Wahlkuverts (und damit Wahlberechtige, die ihrem Wahlrecht durch Briefwahl nachgekommen sind) vorhanden waren.

Ob die zu große Anzahl an Stimmzetteln dadurch zustande gekommen ist, dass in manchen Wahlkuverts doppelte Stimmzettel vorhanden waren oder ob die Stimmzettel auf andere Weise in den Zählvorgang gelangt sind, kann nicht mehr nachvollzogen werden. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die überzähligen Stimmzettel erst nach der ersten Auszählung zu den ursprünglichen Stimmzetteln gelangt sind. Andernfalls müsste sich die Bezirkswahlbehörde, trotz mehrfacher Kontrollzählung, ursprünglich um 107 Stimmen verzählt haben.

Der VfGH hat in vergleichbaren Fällen festgestellt, dass bei Auseinanderfallen der jeweiligen Anzahl der Wähler, Stimmzettel und Wahlkuverts diese Unstimmigkeiten jedenfalls auf eine Verletzung der Bestimmungen der Wahlordnung über die Stimmabgabe und die Zuordnung der Stimmen zurückzuführen sind (VfSlg 14.847; -18).

Es ist somit offenkundig, dass das Wahlverfahren betreffend die Wahl in die Bezirksvertretung für den 2. Bezirk mit eben dieser Rechtswidrigkeit behaftet ist.

Eine weitere Gesetzwidrigkeit liegt darin, dass die Stadtwahlbehörde trotz des Umstands, dass nur 8.223 Wahlkarten einbezogen wurden, von einem Ergebnis von 8.246 abgegebenen Stimmen ausgegangen ist ( 18), siehe Endergebnis des Briefwahlsprengels vom um 8:32[…].

• Verstoß gegen den Grundsatz des gleichen Wahlrechtes sowie gegen das Gebot für Wahlen den objektiven Beweiswert des Wahlaktes zu schaffen und nicht zu vermindern

Die Rechtswidrigkeit ergibt sich weiters aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des gleichen Wahlrechts sowie des Gebotes für Wahlen den objektiven Beweiswert des Wahlaktes zu schaffen und nicht zu vermindern.

Gemäß Art 26 B VG und Art 8 Staatsvertrag von Wien müssen alle Wähler mit ihrer Stimme den gleichen Einfluss auf das Wahlresultat haben, sodass das potentielle Gewicht jeder Stimme dasselbe ist. Jede von einem Wähler abgegebene Stimme muss daher den gleichen Zählwert haben. Aus diesem Verfassungsgrundsatz folgt auch, dass jeder Wahlberechtigte nur einmal seine Stimme abgeben darf.

Die Stadtwahlbehörde hat jedoch Feststellungen getroffen, die darauf hindeuten, dass in mehreren Fällen ein oder mehrere Wähler mehr als eine Stimme abgegeben haben. Eine doppelte Stimmabgabe widerspricht dem Verfassungsgrundsatz des gleichen Wahlrechts und ist daher rechtswidrig.

Wenn die zuständige Wahlbehörde nicht mehr nachvollziehen kann, ob und welche Stimme doppelt und daher ungültig (bzw. nur als eine gültig) war, und diese Umstände eine Relevanz aufweisen, die einen Einfluss auf die Mandatsverteilung haben kann, muss die Wahl für nichtig erklärt und neuerlich durchgeführt werden. Dasselbe muss für den Einfluss auf das Vorschlagsrecht für den Stellvertreter des Bezirksvorstehers gemäß § 61b der Wiener Stadtverfassung idgF gelten.

Dieser Grundsatz spiegelt sich auch in der GWO wider […].

Die Nachzählung der Stadtwahlbehörde hat ergeben, dass die Zahl der Briefwahlkarten (8.223) nicht mit der Zahl der abgegebenen Stimmen (8.246) übereinstimmt. Die Zahl der Stimmzettel (Stimmen) ist um 23 höher als die Zahl der Briefwahlkarten. Die Zahl der Stimmzettel stimmt daher nicht mit der Zahl der Wahlkarten überein.

Sowohl die festgestellten Ergebnisse der Bezirkswahlbehörde als auch die festgestellten Ergebnisse der Stadtwahlbehörde lassen nur den Schluss zu, dass bei der vorliegenden Briefwahl eine doppelte Zählung von Stimmen erfolgt ist. Diese rechtswidrige doppelte Zählung von Wählerstimmen verletzt den Grundsatz des gleichen Wahlrechts und muss konsequenterweise zur Aufhebung des Briefwahlverfahrens führen.

Es liegt auf der Hand, dass bei dieser Sachlage von der Rechtswidrigkeit der Briefwahl auszugehen ist.

• Verstoß gegen § 85 Abs 7) GWO

Aus § 85 Abs 7) GWO ergibt sich die Verpflichtung der Bezirkswahlbehörde, den Wahlakt unter Verschluss und ungesäumt an die Stadtwahlbehörde zu senden.

[…]

Da nicht mehr nachvollziehbar ist, wie und zu welchem Zeitpunkt die überzähligen Stimmen in das Ermittlungsverfahren gelangt sind und es somit jedenfalls möglich ist, dass die Stimmzettel nach Auszählung durch die Bezirkswahlbehörde in den Wahlakt gelangt sind, ist auch die gesetzliche Verpflichtung der Bezirkswahlbehörde zur ungesäumten Versendung des Wahlakts an die Stadtwahlbehörde unter Verschluss gemäß § 85 Abs 7) GWO verletzt worden. Wäre der Wahlakt tatsächlich ungesäumt und unter Verschluss versendet worden, wäre ein Hinzufügen von weiteren Stimmzetteln nicht unbemerkt möglich gewesen.

[…] RELEVANZDER RECHTSWIDRIGKEIT FÜR DAS WAHLERGEBNIS

Einer Wahlanfechtung ist nicht schon dann stattzugeben, wenn die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens erwiesen wurde; sie muss darüber hinaus auch auf das Wahlergebnis von Einfluss gewesen sein. Dazu sprach der VfGH wiederholt aus, dass diese (zweite) Voraussetzung bereits erfüllt ist, wenn die Rechtswidrigkeit auf das Wahlergebnis von Einfluss sein konnte (VfSlg 14.556, 14.847, 15.028, 15.285, 19.245, 19.345).

Bei Verletzung einer Vorschrift der GWO, die die Möglichkeit von Manipulationen und Missbräuchen im Wahlverfahren ausschließen will, ist das Vorliegen des eingangs erwähnten Erfordernisses jedenfalls gegeben, ohne dass es des Nachweises einer konkreten – das Wahlergebnis tatsächlich verändernden – Manipulation bedürfte. (VfSlg 19.246, 19.278). Allein schon diese Voraussetzung ist aufgrund des Verstoßes gegen §§74 Abs 5) und 76 Abs 2) GWO sowie der zitierten Verfassungsgrundsätze entsprochen.

Gemäß § 61b der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien (Wiener Stadtverfassung – WStV), LGBl 2013/50, wählt die Bezirksvertretung aus ihrer Mitte zwei Stellvertreter des Bezirksvorstehers. Der eine Stellvertreter ist von der stärksten und der andere von der zweitstärksten wahlwerbenden Partei der Bezirksvertretung vorzuschlagen.

Die Stadtwahlbehörde hat eindeutig eine nicht erklärbare Differenz von 23 Stimmen zwischen den weißen einbezogenen Wahlkarten und den nachgezählten 8.246 Stimmen der von österreichischen StaatsbürgerInnen per Briefwahl für die Bezirksvertretung für den 2. Bezirk abgegebenen Stimmen festgestellt. Es wurden mehr Stimmen als Wahlkarten abgegeben.

Eine eindeutige Fehleridentifikation erfolgte weder von der Bezirkswahlbehörde noch von der Stadtwahlbehörde. Es besteht in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, dass beispielsweise Stimmen der wahlwerbenden Partei 'Die Grünen – Grüne Alternative Wien' doppelt gezählt wurden und sich dadurch das relativ bessere Ergebnis der wahlwerbenden Partei 'Die Grünen – Grüne Alternative Wien' (10.031 Stimmen) gegenüber der wahlwerbenden Partei 'Freiheitliche Partei Österreichs' (10.010 Stimmen) ergeben hat.

In Anbetracht des geringen Stimmenabstandes der wahlwerbenden Partei 'Freiheitliche Partei Österreichs' zur wahlwerbenden Partei 'Die Grünen – Grüne Alternative Wien' von lediglich 21 Stimmen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die vorliegende Rechtswidrigkeit Einfluss auf das Wahlergebnis hatte, denn die rechtskonforme Handhabung des Wahlverfahrens hätte ohne Zweifel zu einem relativ besseren Ergebnis der wahlwerbenden Partei 'Freiheitliche Partei Österreichs' führen können, womit der wahlwerbenden Partei 'Freiheitliche Partei Österreichs' das Vorschlagsrecht für einen Stellvertreter des Bezirksvorstehers gemäß § 61b WStV zufallen würde.

Das Anfechtungsbegehren der Anfechtungswerber ist daher von Relevanz." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

8. Die Wiener Stadtwahlbehörde legte den Wahlakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, "das Begehren der Anfechtungswerber zurückzuweisen oder – in eventu – abzuweisen". Begründend führt die Wiener Stadtwahlbehörde insbesondere Folgendes aus:

"[…] Zur Legitimation der Anfechtungswerber

Die vorliegende Wahlanfechtung gem Art 141 Abs 1 lita B VG wurde in einem Schriftsatz von zwei Anfechtungswerbern am beim VfGH eingebracht. Sie bezieht sich auf die 'Bezirksvertretungswahl des 2. Wiener Gemeindebezirkes vom 11. und '. Als Anfechtungswerber werden in diesem Schriftsatz genannt:

1. Freiheitliche Partei Österreichs, Friedrich-Schmidt-Platz 4/3a, 1080 Wien, vertreten durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter Heinz-Christian Strache

2. Freiheitliche Partei Österreichs – Landesgruppe Wien, Rathausplatz 8, 1010 Wien, vertreten durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter Heinz-Christian Strache

Bei der im Anfechtungsschriftsatz bezeichneten Bezirksvertretungswahl im 2. Wiener Gemeindebezirk hat – soweit hier relevant – die 'Freiheitliche Partei Österreichs (Kurzbezeichnung: FPÖ)' als wahlwerbende Partei kandidiert.

Diese wahlwerbende Partei wurde auch unter dieser Lang- und Kurzbezeichnung im Amtsblatt verlautbart, zumal das Anführen der Kurzbezeichnung einen unabdingbaren Bestandteil des Namens der wahlwerbenden Partei darstellt.

Die Bezeichnung keines der in der vorliegenden Wahlanfechtung angeführten Anfechtungswerber[s] entspricht somit der genannten wahlwerbenden Partei 'Freiheitliche Partei Österreichs (Kurzbezeichnung: FPÖ)'. So lässt bei der im Anfechtungsschriftsatz erstgenannten Anfechtungswerberin der Entfall der Kurzbezeichnung und bei der im Anfechtungsschriftsatz zweigenannten Anfechtungswerberin die Erweiterung 'Landesgruppe Wien' zweifelsfrei auf das Bestehen unterschiedlicher Rechtspersonen bzw. wahlwerbender Parteien schließen. In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass auch in den weiteren Ausführungen im Anfechtungsschriftsatz nicht auf die genaue Bezeichnung der wahlwerbenden Partei 'Freiheitliche Partei Österreichs (Kurzbezeichnung: FPÖ)' Bezug genommen wird. Die wahlwerbende Partei und somit legitimierter Anfechtungswerber 'Freiheitliche Partei Österreichs (Kurzbezeichnung: FPÖ)' hat die gegenständliche Wahl nicht angefochten.

Gem § 67 Abs 2 VfGG sind zur Wahlanfechtung Wählergruppen (Parteien) berechtigt, die bei einer durch die Wahlordnung vorgeschriebenen Wahlbehörde Wahlvorschläge für die angefochtene Wahl rechtzeitig eingebracht haben (dazu vgl etwa VfSlg 11.875).

Im Lichte der obenstehenden Ausführungen ist daher die vorliegende Wahlanfechtung bereits mangels Legitimation der beiden Anfechtungswerber aufgrund der fehlenden Eigenschaft als wahlwerbende Partei iSd § 43 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 zurückzuweisen. Nach der Judikatur des VfGH sind nachträgliche Ergänzungen, Abänderungen und Verbesserungen der Anfechtungsschrift nicht zulässig. Daher könnte auch ein nachträglich vorgenommener Verfahrensschritt an der Verpflichtung zur Zurückweisung nichts ändern (vgl zB VfSlg 9.093, 10.226).

Darüber hinaus sieht § 90 Abs 1 lita Wiener Gemeindewahlordnung 1996 das Rechtsmittel des Einspruchs an die Stadtwahlbehörde gegen ziffernmäßige Ermittlungen und Zurechnungen von Stimmzetteln der Bezirkswahlbehörde vor. Einspruchsberechtigt ist gem § 90 Abs 1 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 eine Partei durch ihren zustellungsbevollmächtigte[n] Vertreter. Aus der Systematik der Wiener Gemeindewahlordnung ergibt sich, dass mit 'Partei' ausschließlich wahlwerbende Parteien iSd § 43 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 gemeint sind. Daher war im gegenständlichen Fall nur die 'Freiheitliche Partei Österreichs (Kurzbezeichnung: FPÖ)' einspruchsberechtigt. Diese hat auch unter der korrekten Bezeichnung 'Freiheitliche Partei Österreichs (Kurzbezeichnung: FPÖ)' einen Einspruch an die Stadtwahlbehörde erhoben. Die 'Freiheitliche Partei Österreichs (Kurzbezeichnung: FPÖ)' hat jedoch in weiterer Folge die betreffende Bezirksvertretungswahl nicht beim VfGH angefochten.

Um beim VfGH bezüglich einer Wahlanfechtung gem Art 141 B VG antragsleg[itim]iert zu sein, muss ein allfälliger im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde vorgesehener Instanzenzug vom Anfechtungswerber ausgeschöpft worden sein (vgl Mayer/Muzak , Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht 5 [2015] Anm zu § 68 VfGG; VfSlg 10.804, 16.236; ). Wahlwerbende Partei und somit einspruchsberechtigt bei der Stadtwahlbehörde iSd § 90 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 war die 'Freiheitliche Partei Österreichs (Kurzbezeichnung: FPÖ)'. Wie angeführt wurde der Instanzenzug durch diese wahlwerbende Partei, nicht aber durch die beiden Anfechtungswerber ausgeschöpft.

Die erste Anfechtungswerberin 'Freiheitliche Partei Österreichs' ist deshalb nicht anfechtungslegitimiert, weil sie aufgrund der fehlenden, einen zwingenden Bestandteil der Bezeichnung der wahlwerbenden Partei 'Freiheitliche Partei Österreichs (Kurzbezeichnung: FPÖ)' bildenden, Kurzbezeichnung 'FPÖ' nicht mit der genannten wahlwerbenden Partei ident ist. Diese Anfechtungswerberin war daher keine wahlwerbende Partei bei der Bezirksvertretungswahl für den 2. Wiener Gemeindebezirk und hat darüber hinaus auch den Instanzenzug gem § 68 Abs 1 VfGG nicht ausgeschöpft.

Die zweite Anfechtungswerberin 'Freiheitliche Partei Österreichs – Landesgruppe Wien' ist deshalb nicht anfechtungslegitimiert, weil sie bei der Bezirksvertretungswahl für den 2. Wiener Gemeindebezirk keine wahlwerbende Partei darstellte und darüber hinaus den Instanzenzug gem § 68 Abs 1 VfGG nicht ausgeschöpft hat.

Aus diesen Gründen ist die Anfechtung beider Anfechtungswerber als unzulässig zurückzuweisen.

[…]

[…] Zum Umfang des Antrags auf Aufhebung der Bezirksvertretungswahl

Die Anfechtungswerber begehren mit ihrem Antrag die Aufhebung der Bezirksvertretungswahl 'im Briefwahlsprengel zur Gänze'. Dazu ist rechtlich Folgendes auszuführen: § 68 Abs 1 Satz 2 VfGG bestimmt: 'In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde kann die Wahlanfechtung erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges eingebracht werden.' (Vgl dazu etwa VfSlg 8.973, 12.459, 16.164) Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass Bezirksvertretungswahlen nur insoweit beim VfGH gem Art 141 Abs 1 lita B VG einer Anfechtung zugänglich sind, als die Wahlpartei das Rechtsmittel des Einspruchs gegen die Entscheidung der Bezirkswahlbehörde an die Stadtwahlbehörde gem § 90 Abs 1 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 erhoben hat. Behauptete Rechtswidrigkeiten, die in diesem Verfahren nicht geltend gemacht wurden, dürfen auch später nicht vom VfGH aufgegriffen werden. In diesem Fall stützt sich der (wie ausgeführt aber von der 'Freiheitlichen Partei Österreichs (Kurzbezeichnung: FPÖ)' erhobene Einspruch an die Stadtwahlbehörde gegen das von der Bezirkswahlbehörde Leopoldstadt festgestellte Ergebnis der Bezirksvertretungswahl ausschließlich auf eine – ergebnisrelevante – Divergenz im Rahmen der Auszählung der von österreichischen StaatsbürgerInnen abgegebenen Briefwahlstimmen. Mit diesem Begehren wurde der Anfechtungsrahmen für das verfassungsgerichtliche Verfahren klar abgesteckt. Hierbei liegt die behauptete Ergebnisrelevanz darin, dass die 'Freiheitliche Partei Österreichs (Kurzbezeichnung: FPÖ)' mit 21 Stimmen hinter der zweitstärksten Partei (GRÜNE) liegt und damit den zweiten Bezirksvorsteher-Stellvertreter (§61b Abs 2 WStV) an die GRÜNE verloren hat. Mehr wurde vor der Stadtwahlbehörde nicht beeinsprucht.

Die vorliegende Anfechtung der Wahl vor dem VfGH gem Art 141 Abs 1 lita B VG betrifft aber auch die von nichtösterreichischen EU-BürgerInnen abgegebenen Briefwahlstimmen. Dieser Punkt ist aber nicht im Einspruch gem § 90 Abs 1 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 geltend gemacht worden, weshalb die Prozessvoraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzuges iSd § 68 Abs 1 VfGG nicht erfüllt ist (vgl zu einem ähnlichen Fall VfSlg 17.305). Anzumerken ist auch, dass hinsichtlich der zuletzt genannten Stimmen aber weder durch die Bezirkswahlbehörde noch bei der ausschließlich amtswegig vorgenommenen Nachzählung der Stimmen durch die Stadtwahlbehörde eine ergebnisrelevante Divergenz festgestellt wurde.

Die Divergenz zwischen den von österreichischen Staatsbürgerinnen verwendeten weißen Briefwahlkarten und der Anzahl der zugehörigen gelben Stimmzettel für die Bezirksvertretung ist ausschließlich im Bereich der Briefwahl der österreichischen StaatsbürgerInnen für die Bezirksvertretung (Auszählung auf Ebene der Bezirkswahlbehörde gemäß § 80a Wiener Gemeindewahlordnung 1996 und Nachzählung durch die Stadtwahlbehörde gemäß § 90 Abs 1 lita Wiener Gemeindewahlordnung 1996) aufgetreten.

Eine Wiederholung der Stimmabgabe in allen Sprengelwahlbehörden und der Briefwahl durch die nichtösterreichischen EU-BürgerInnen ist bereits aufgrund der auch dahingehend fehlenden Behauptung der Rechtswidrigkeit im Einspruchsverfahren vor der Stadtwahlbehörde unzulässig.

Darüber hinaus ist das Aufhebungsbegehren aber nicht nur aufgrund der dargestellten teilweise nicht erfolgten Beeinspruchung im Instanzenzug, sondern auch im Hinblick auf das konkrete weitere Vorbringen im Anfechtungsschriftsatz selbst überschießend. So lassen auch die Ausführungen im Anfechtungsschriftsatz ohne jeden Zweifel erkennen, dass die behauptete Unstimmigkeit nur die österreichischen BriefkartenwählerInnen des zweiten Bezirks und keineswegs alle BriefkartenwählerInnen betrifft […].

Aus den genannten Gründen ist das Aufhebungsbegehren mangels Ausschöpfung des vorgelagerten Instanzenzuges als unzulässig zurückzuweisen.

[…] Zum Eventualantrag auf Aufhebung der Bezirksvertretungswahl zur Gänze

Die Anfechtungswerber richten auch einen Eventualantrag darauf, die 'Bezirksvertretungswahl vom für den 2. Wiener Gemeindebezirk zur Gänze für nichtig zu erklären und als rechtswidrig auf[zu]heben'. Weder die wahlwerbende Partei 'Freiheitliche Partei Österreichs (Kurzbezeichnung: FPÖ)' noch die beiden Anfechtungswerber haben gegen die Ergebnisfeststellung der Bezirkswahlbehörde betreffend die bei den Sprengelwahlbehörden abgegebenen Stimmen einen – zur dahingehenden Anfechtungslegitimation vor dem VfGH erforderlichen – Einspruch an die Stadtwahlbehörde gem § 90 Abs 1 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 erhoben.

Angemerkt sei auch, dass die Durchsicht der Niederschriften der Sprengelwahlbehörden und der Bezirkswahlbehörde für den 2. Bezirk keinerlei Anhaltspunkte für gesetzwidrige Vorgangsweisen ergeben hat. Jedenfalls wurden keinerlei Unregelmäßigkeiten von den von der 'Freiheitlichen Partei Österreichs (Kurzbezeichnung: FPÖ)' entsendeten BeisitzerInnen der Sprengelwahlbehörden aufgezeigt. Nach der Judikatur des VfGH ist es relevant, wenn die auf Vorschlag des Anfechtungswerbers in die jeweilige Wahlbehörde berufenen Beisitzer es unterlassen, die später in der Anfechtungsschrift behaupteten Unregelmäßigkeiten gegenüber den anderen Mitgliedern der Wahlbehörde schon während des Wahlvorganges aufzuzeigen (VfSlg 4.882, 14.556, 15.376). Allein schon deshalb besteht keine Anfechtungslegitimation.

Die vorliegende Anfechtungsschrift nennt auch keinerlei Gründe, weshalb die Ergebnisfeststellung der Sprengelwahlbehörden rechtswidrig gewesen sein sollte. Nach der Judikatur des VfGH ist seine Prüfungsbefugnis in Verfahren gem Art 141 B VG durch den Umfang des Antrags und die im Antrag behaupteten Rechtswidrigkeiten begrenzt ( Mayer/Muzak , Das österreichische Bundes-Verfassungrecht 5 (2015) Anm 1.2. zu § 67 VfGG; VfSlg 8.321, 15.890, 18.932). Auch aufgrund der fehlenden Begründung ist der Eventualantrag auf Aufhebung der gesamten Bezirksvertretungswahl für den 2. Wiener Gemeindebezirk als unzulässig zurückzuweisen.

Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass der Eventualantrag auf Aufhebung der gesamten Bezirksvertretungswahl für den 2. Wiener Gemeindebezirk aus den drei genannten vorliegenden Gründen (fehlender Einspruch vor der Stadtwahlbehörde, Nichtaufzeigen von Unregelmäßigkeiten durch die BeisitzerInnen der 'Freiheitlichen Partei Österreichs (Kurzbezeichnung: FPÖ)' sowie die gänzliche Begründungslosigkeit des Eventualantrags) als unzulässig zurückzuweisen ist. Anzumerken ist der Umstand, dass jeder einzelne Grund für sich betrachtet zur Zurückweisung verpflichtet.

[…] Zur fehlenden Substantiierung der Anfechtungsgründe

Die Substantiierung der behaupteten Rechtswidrigkeiten durch den Anfechtungswerber stellt eine wesentliche Voraussetzung für Wahlanfechtungen dar. Gem § 67 Abs 1 letzter Satz VfGG hat eine Wahlanfechtung 'den begründeten Antrag auf Nichtigerklärung des Wahlverfahrens oder eines bestimmten Teiles desselben zu enthalten'. Die Wendung 'begründeter Antrag' ist so auszulegen, dass eine Substantiierung der Anfechtung erforderlich ist. Auch nach der ständigen Judikatur des VfGH muss die Wahlanfechtung die behauptete Rechtswidrigkeit de[s] Wahlverfahrens im Antrag selbst substantiieren (vgl Strejcek , Rz 79 zu Art 141 B VG in Korinek/Holoubek [Hrsg] Bundesverfassungsrecht - Kommentar; VfSlg 10.226, 11.255, 15.695). Bloße Behauptungen oder Mutmaßungen von Rechtswidrigkeiten reichen nicht aus (VfSlg 10.226, 12.938, 17. 305, 17.643); ebensowenig vage und allgemein gehaltene Vorbringen behaupteter Rechtswidrigkeiten (VfSlg 15.033). Es müssen konkrete Rechtswidrigkeiten vorgebracht und begründet werden (VfSlg 12.938). Der Gerichtshof verfolgt hierbei tendenziell eine strenge Linie: So wurden etwa die Geltendmachung 'unrichtiger Stimmenzuordnungen' (VfSlg 9.441) oder 'unrichtiger Wählerverzeichnisse' (VfSlg 9.650) nicht als ausreichend angesehen. In einem anderen Fall wird die Zurückweisung damit begründet, dass in der Anfechtung in keiner Weise dargelegt wird, welche Rechtswidrigkeit konkret vorliegen soll. Bloße Par[a]graphenangaben sieht der VfGH als 'zu abstrakt gehalten' an (VfSlg 19.245). Die fehlende Substantiierung stellt ein Prozesshindernis dar (VfSlg 9.441, 10.226, 17.305). Ein solcher Mangel ist nicht verbesserungsfähig (VfSlg 11.562). Eine allfällige Nachreichung von Rechtsausführungen ist daher ohne Bedeutung (VfSlg 10.226).

Die vorliegende Anfechtung ist wie folgt aufgebaut: Zunächst wird der von den Anfechtungswerbern angenommene Sachverhalt geschildert. Dann werden Bestimmungen der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 in umfangreichem Ausmaß zitiert. Im Anschluss daran folgen jeweils mehrere Sätze, die größtenteils Behauptungen und Mutmaßungen, jedoch keinesfalls eine Subsumtion zum Gegenstand haben. Aus diesem umfangreichen Abdruck der Gesetzesstellen (zB des gesamten § 58a Abs 3 Wiener Gemeindewahlwahlordnung) ist nicht erkennbar, auf welchen konkreten Bestimmungsteil sich die behauptete Rechtswidrigkeit bezieht. Auch die große Anzahl der abgedruckten Tabellen trägt nichts zur Begründung und Substantiierung der Anfechtung bei. Nach dem Abdruck des § 58a Abs 3 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 [in] der Anfechtungsschrift finden sich überhaupt keine weiteren diesbezüglichen Ausführungen. Darüber hinaus ist anzumerken, dass § 58a Abs 3 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 aus 8 sehr unterschiedliche Sachverhalte regelnden Ziffern besteht. Es ist nicht einmal vage erkennbar, auf welche Ziffer sich die Anfechtungswerber berufen wollen. Völlig fehlt eine Subsumtion des Sachverhalts unter diese Bestimmung. [In] der Anfechtungsschrift finden sich nach dem Abdruck des § 80a Abs 1 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 einige Absätze. Eine rechtliche Bewertung des Sachverhalts fehlt aber völlig. Mit dem Satz, es könne 'nicht ausgeschlossen werden, dass die überzähligen Stimmzettel erst nach der ersten Auszählung zu den ursprünglichen Stimmzetteln gelangt sind' wird eine durch nichts belegte Mutmaßung angestellt. Nach dem Abdruck sämtlicher Ziffern des § 74 Abs 5 und des gesamten § 76 Wiener […] Gemeindewahlordnung 1996 wird eine rechtswidrige doppelte Zählung von Wählerstimmen in den Raum gestellt. Dafür werden weder Beweise angeführt noch Umstände genannt, inwiefern sich die behauptete doppelte Zählung in welchem Ergebnis niederschlägt. Ebensowenig wird angegeben, gegen welche gesetzlichen Bestimmungen verstoßen wurde. Daraus resultiert auch das Fehlen einer Begründung. Wenn ausgeführt wird 'Es liegt auf der Hand, dass bei dieser Sachlage von der Rechtswidrigkeit der Briefwahl auszugehen ist.', handelt es sich abermals um keine Begründung, sondern um eine Mutmaßung. Desweiteren haben die Anfechtungswerber nicht angegeben, in welchen bestimmten Wahlsprengel[n] des 2. Wiener Gemeindebezirks es zu den behaupteten Rechtswidrigkeiten gekommen sein soll. Dies ist aber für eine substantiierte Wahlanfechtung unerlässlich (VfSlg 19.247; ).

Darüber hinaus ist die Substantiierungspflicht des § 67 Abs 1 VfGG eine umfassende, die auch die zeitlichen Aspekte miteinschließt. Um diesen zeitlichen Aspekt der Substantiierungspflicht gerecht zu werden, muss der Anfechtungswerber den genauen Zeitpunkt, zu dem die rechtswidrige Handlung bzw Unterlassung vorgenommen wurde, bezeichnen. In diesem Sinne hat der VfGH einer Wahlanfechtung nicht stattgegeben, weil in der Anfechtungsschrift nicht jener Zeitpunkt innerhalb des Verfahrens bezeichnet wurde, in dem es zu den behaupteten Rechtswidrigkeiten gekommen sein soll (VfSlg 18.932). In anderen Entscheidungen hat der Gerichtshof die Wichtigkeit der Feststellung des genauen Zeitpunktes für den Umfang einer allfälligen Wahlaufhebung hervorgehoben (; , WI1/2015). Im vorliegenden Antrag wird die Aufhebung der Bezirksvertretungswahl 'im Briefwahlsprengel zur Gänze' verlangt. Damit fehlen konkrete Angaben des zeitlichen Eintritts der Rechtswidrigkeit und damit des für die Aufhebung des Wahlverfahrens maßgeblichen Zeitpunktes.

Für eine ausreichend substantiierte Wahlanfechtung hinsichtlich des zeitlichen Aspekts wäre daher der maßgebliche Zeitpunkt anzugeben gewesen. Dabei handelt es sich um den Zeitpunkt der Ausstellung der Wahlkarten gem § 41 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 an jene österreichischen StaatsbürgerInnen, die die Wahlkarten nach vorliegender namentlicher Erfassung auch tatsächlich für die rechtswirksame Abgabe einer Briefwahlstimme (§58a Wiener Gemeindewahlordnung 1996) bei der Bezirksvertretungswahl im 2. Wiener Gemeindebezirk verwendet haben.

[…] Zu einzelnen Punkten der Anfechtungsschrift

An dieser Stelle soll auf einzelne Punkte der Anfechtungsschrift besonders eingegangen werden:

[…]

Völlig verfehlt ist […] die Darstellung […], wonach es '[d]ie Bezirkswahlbehörde [...] unterlassen [habe], die Gültigkeit der amtlichen Stimmzettel für die Gemeinderatswahl sowie die Bezirksvertretungswahl gesetzmäßig zu überprüfen und sämtliche ungültigen Stimmzettel mit fortlaufenden Nummern zu versehen'. Vielmehr enthält bereits die in der Anfechtungsschrift selbst enthaltene Wiedergabe der Niederschrift der betreffenden Bezirkswahlbehörde […] den ausdrücklichen Hinweis auf den dahingehend erfolgten Vorgang.

Einzugehen ist auch auf die Behauptung […], wonach '[...] durch einen rechtswidrigen Vorgang bei der Nachzählung durch die Stadtwahlbehörde mehr Stimmzettel zur Auszählung gelangten [...]'. Die Tätigkeit der Stadtwahlbehörde umfasste die Durchführung der von dieser zuvor beschlossenen Nachzählung der abgegebenen Stimmen und sodann die Feststellung des Ergebnisses dieser Nachzählung. Hierbei wurde von der Stadtwahlbehörde nicht nur die Vorgehensweise selbst, sondern jeder einzelne getätigte Schritt umfassend dokumentiert. Es ist daher nicht nachvollziehbar, wann und warum es zu einem 'rechtswidrigen Vorgang' bei der Stadtwahlbehörde gekommen sein soll. Auch die dazu […] angeführte Rechtsprechung ist in keiner Weise geeignet, eine rechtswidrige Vorgang[s]weise der Stadtwahlbehörde darzulegen. Vielmehr handelt es sich auch hier um eine zur Gänze unsubstantiierte Behauptung.

Weiters aufzugreifen ist die wiederholte Unterstellung, wonach jemand nachträglich 'überzählige Stimmzettel in das Ermittlungsverfahren' eingebracht hätte […]. Die dahingehende Behauptung erscheint schon insoweit nahezu absurd, weil diesfalls zu erwarten wäre, dass diese Person dem Wahlakt – entsprechend dem Auszählungsergebnis der Bezirkswahlbehörde – wohl 82 und nicht mehr Stimmzettel angeschlossen hätte. Diese Ausführungen stehen auch im Widerspruch zu den Ausführungen […] der Anfechtungsschrift, wo ein anderer Grund für die betreffende Abweichung genannt wird.

Schließlich wird in der Anfechtungsschrift behauptet, die Bezirkswahlbehörde habe gegen ihre Verpflichtung gem § 85 Abs 7 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 den Wahlakt unter Verschluss und ungesäumt an die Stadtwahlbehörde zu senden, verstoßen. Bei diesen Ausführungen seitens der Anfechtungswerber handelt es sich um bloße Unterstellungen, die keinerlei Substrat aufweisen. Die Wahlakten wurden von der Bezirkswahlbehörde unverzüglich nach der Wahl in Räumlichkeiten gebracht, die der Stadtwahlbehörde zuzurechnen sind. In diesen verschlossenen Räumlichkeiten ist sichergestellt, dass ausschließlich Organe der Stadtwahlbehörde Zugriff auf diese Akten haben. Nach der Judikatur des VfGH ist es erforderlich, dass Wahlakten versiegelt bzw sonst fest verschlossen in einem für unbefugte Personen unzugänglichen Raum aufbewahrt werden (). Das von den Anfechtungswerbern unterstellte Hinzufügen weiterer Stimmzettel wäre daher keinesfalls möglich gewesen und ist auf das Schärfste zurückzuweisen.

[…] Zu den zu § 90 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 geäußerten Bedenken

Im Anfechtungsschriftsatz wird auch eine Aufhebung des § 90 Abs 1 und 2 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 angeregt, zumal die hier vorgesehene Einspruchsfrist 'schlicht zu kurz [sei], um hinreichend glaubhaft zu machen, warum und inwieweit die ziffernmäßige Ermittlung, die Berichtigung von Ergebnissen oder die Beurteilung einzelner Stimmzettel nicht den Bestimmungen des Gesetzes entspricht'. Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Frist vom VfGH bislang wiederholt als verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet wurde (vgl. etwa VfSlg 15.033).

Hinsichtlich der Geltendmachung eines in § 90 Abs 1 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 angeblich fehlenden weiteren Instanzenzuges 'gegen die gesetzwidrige Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln durch die Stadtwahlbehörde an den Stadtsenat' wird verkannt, dass nach der Systematik der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 sowohl bezüglich des Ermittlungsverfahrens bei der Bezirksvertretungswahl als auch des ersten und des zweiten Ermittlungsverfahrens bei der Gemeinderatswahl jeweils ein zweigliedriger Instanzenzug vorgesehen wird. So können bezüglich des Ermittlungsverfahrens bei der Bezirksvertretungswahl (vgl §§80, 80a, 84 und 85 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996) als auch des ersten Ermittlungsverfahrens bei der Gemeinderatswahl (vgl §§80 bis 83 sowie 85 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996) bei der Stadtwahlbehörde gemäß § 90 Abs 1 lita und c leg cit Einsprüche gegen die ziffernmäßige Ermittlung einer Bezirkswahlbehörde bzw die gesetzwidrige Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln durch eine Sprengel- oder eine Bezirkswahlbehörde erhoben werden. Ein Einspruch an den Stadtsenat ist hingegen 'nur' gegen die ziffernmäßige Ermittlung der Stadtwahlbehörde im zweiten Ermittlungsverfahren bei der Gemeinderatswahl (vgl §§87 bis 89 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996) – in welchem die Stadtwahlbehörde die erste Instanz ist – möglich (vgl § 90 Abs 1 litb der Wiener Gemeindewahlordnung 1996). Dies deshalb, da durch die Stadtwahlbehörde selbst im Rahmen des zweiten Ermittlungsverfahrens keine Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln erfolgt. Vielmehr erfolgt die Beurteilung und Zurechnung von Stimmzetteln ausschließlich auf Ebene der Sprengel- bzw. Bezirkswahlbehörden und kann dies jeweils bei der Stadtwahlbehörde gemäß § 90 Abs 1 litc der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 beeinsprucht werden.

Die von den Anfechtungswerbern als vermeintlich verfassungswidrig erkannte Rechtslage ist im Gegenteil verfassungsrechtlich geboten: gem Art 118 Abs 4 B VG besteht in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde (vgl. für das Wahlverfahren § 102 Abs 6 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996) ein zweistufiger Instanzenzug und kann dieser gesetzlich ausgeschlossen werden. Damit liegt es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des zuständigen Gesetzgebers, ob er einen zweistufigen Instanzenzug einrichtet oder überhaupt nur eine Verwaltungsinstanz. Dagegen ist nach dem klaren Wortlaut der Verfassung ein dreistufiger Instanzenzug ausgeschlossen. Auf einen solchen zielen aber die Ausführungen der Anfechtungswerber ab." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

9. Die Anfechtungswerber replizierten in ihrer Äußerung vom auf die Gegenschrift der Wiener Stadtwahlbehörde.

10. Mit Schriftsatz vom erstattete die Wählergruppe "EU Austrittspartei (EUAUS)" durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter eine Äußerung.

11. Mit Verfügung vom forderte der Verfassungsgerichtshof die Wiener Stadtwahlbehörde auf, den Beschluss über die Sprengeleinteilung im 2. Wiener Gemeindebezirk vorzulegen und mitzuteilen, ob ein eigener Sprengel iSd § 2 Abs 2 Wr. GWO 1996 für Briefwähler eingerichtet wurde ("Briefwahlsprengel") sowie bejahendenfalls, auf welche Personen sich dieser erstreckt.

Mit Schriftsatz vom legte die Wiener Stadtwahlbehörde Dekrete über die Bestellung von Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Sprengelwahlbehörden, die Niederschrift der konstituierenden Sitzung der Bezirkswahlbehörde vom sowie die Liste der von den Parteien nominierten Beisitzer und Ersatzbeisitzer der Sprengelwahlbehörden samt Verzeichnis der zu den 104 Sprengeln örtlich zugehörigen Adressen vor und teilte insbesondere mit, dass "[d]ie Bezirkswahlbehörde für den 2. Bezirk […] für diese Auszählung (im Sinne des § 2 Abs 2 in Verbindung mit § 80a Abs 1 GWO 1996) zwei 'Briefwahlsprengel', jeweils getrennt für österreichische StaatsbürgerInnen und nicht österreichische UnionsbürgerInnen eingerichtet [hat], wobei diese Sprengel räumlich jeweils den gesamten 2. Gemeindebezirk umfassen". Dabei verweist die Stadtwahlbehörde auf die diesbezüglichen Ergebnisse in den Niederschriften der Bezirkswahlbehörde vom sowie bestimmte Beilagen ("Liste der miteinzubeziehenden weißen Briefwahlkarten" und "Liste der nichtigen weißen Briefwahlkarten" [österreichische Staatsbürger], "Liste der miteinzubeziehenden gelben Briefwahlkarten" und "Liste der nichtigen gelben Briefwahlkarten" ["nicht österreichische" Unionsbürger]). "Die zu den beiden getrennten 'Briefwahlsprengeln' für österreichische StaatsbürgerInnen und nicht österreichische UnionsbürgerInnen gehörigen BriefwählerInnen sind in den genannten vier Listen jeweils genau namentlich (§58a Abs 4 GWO 1996) erfasst und daher eindeutig zum jeweiligen 'Briefwahlsprengel' zuordenbar. Ebenso sind die BriefwählerInnen aus den beiden 'Briefwahlsprengeln' streng getrennt von den WählerInnen, die vor einer Wahlbehörde abgestimmt haben und in deren Abstimmungsverzeichnissen dokumentiert wurden, erfasst." Weiters verweist die Stadtwahlbehörde auf die berichtigten Ergebnisse in der Beilage der Niederschrift der Stadtwahlbehörde vom 20. und .

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. Die maßgeblichen Bestimmungen der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 (Wr. GWO 1996), LGBl 16/1996, idF LGBl 18/2015, lauten – auszugsweise – samt Überschriften wie folgt (die mit der Novelle LGBl 20/2016 am in Kraft getretenen Änderungen sind für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Wahlverfahrens nicht maßgeblich):

"I. HAUPTSTÜCK

Allgemeines, Wahlausschreibung, Wahlbehörden

[…]

§2. (1) Die Wahlkreise werden wie folgt bestimmt:

Wahlkreis Zentrum - 1., 4., 5. und 6. Bezirk (Innere Stadt, Wieden, Margareten und Mariahilf),

Wahlkreis Innen-West - 7., 8. und 9. Bezirk (Neubau, Josefstadt und Alsergrund),

Wahlkreis Leopoldstadt - 2. Bezirk (Leopoldstadt),

Wahlkreis Landstraße - 3. Bezirk (Landstraße),

Wahlkreis Favoriten - 10. Bezirk (Favoriten),

Wahlkreis Simmering - 11. Bezirk (Simmering),

Wahlkreis Meidling - 12. Bezirk (Meidling),

Wahlkreis Hietzing - 13. Bezirk (Hietzing),

Wahlkreis Penzing - 14. Bezirk (Penzing),

Wahlkreis Rudolfsheim-Fünfhaus - 15. Bezirk (Rudolfsheim-Fünfhaus),

Wahlkreis Ottakring - 16. Bezirk (Ottakring),

Wahlkreis Hernals - 17. Bezirk (Hernals),

Wahlkreis Währing - 18. Bezirk (Währing),

Wahlkreis Döbling - 19. Bezirk (Döbling),

Wahlkreis Brigittenau - 20. Bezirk (Brigittenau),

Wahlkreis Floridsdorf - 21. Bezirk (Floridsdorf),

Wahlkreis Donaustadt - 22. Bezirk (Donaustadt),

Wahlkreis Liesing - 23. Bezirk (Liesing).

(2) Zur Erleichterung der Wahl wird jeder Gemeindebezirk in Wahlsprengel eingeteilt. Die Wahlsprengel dürfen die Grenzen der Wahlkreise nicht schneiden.

[…]

II. HAUPTSTÜCK

Wahlrecht, Erfassung der Wahlberechtigten

1. Abschnitt

Wahlrecht, Stichtag

[…]

§17. (1) An der Wahl nehmen nur Wahlberechtigte teil, deren Namen im abgeschlossenen Wählerverzeichnis enthalten sind.

(2) Jeder Wahlberechtigte hat für die jeweilige Wahl nur eine Stimme; er darf in den Wählerverzeichnissen nur einmal eingetragen sein.

[…]

3. Abschnitt

Erfassung der Wahlberechtigten

[…]

§22. Jeder Wahlberechtigte ist in das Wählerverzeichnis des Wahlsprengels einzutragen, in dem er am Stichtag seinen Hauptwohnsitz hat. Obdachlose Wahlberechtigte sind in das Wählerverzeichnis des Bezirkes einzutragen, in dem sie am Stichtag eine Kontaktadresse im Sinne des § 19a Abs 1 Meldegesetz 1991, BGBl Nr 9/1992, in der Fassung BGBl I Nr 54/2006 haben.

[…]

4. Abschnitt

Einspruchs- und Berufungsverfahren

§24. Vom 21. bis zum 30. Tag nach dem Stichtag hat der Magistrat das Wählerverzeichnis in einem allgemein zugänglichen Amtsraum zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. In jedem Gemeindebezirk ist mindestens eine Auflegungsstelle einzurichten.

[…]

§30. (1) Gegen das Wählerverzeichnis kann jede Person mit Hauptwohnsitz in Österreich unter Angabe ihres Namens und der Wohnadresse innerhalb der Einsichtsfrist wegen Aufnahme vermeintlich Nichtwahlberechtigter oder wegen Nichtaufnahme vermeintlich Wahlberechtigter schriftlich oder mündlich bei der zur Entgegennahme von Einsprüchen bezeichneten Stelle (§25) Einspruch erheben.

(2) Die Einsprüche müssen bei der Stelle, bei der sie einzureichen sind, noch vor Ablauf der Frist einlangen.

(3) Der Einspruch ist, falls er schriftlich eingebracht wird, für jeden Einspruchsfall gesondert zu überreichen. Hat der Einspruch die Aufnahme eines vermeintlich Wahlberechtigten zum Gegenstand, so sind auch die zur Begründung des Einspruches notwendigen Belege, insbesondere ein vom vermeintlich Wahlberechtigten ausgefülltes Wähleranlageblatt (Anlage 2), anzuschließen. Wird im Einspruch die Streichung eines vermeintlich Nichtwahlberechtigten begehrt, so ist der Grund hiefür anzugeben. Alle Einsprüche, auch mangelhaft belegte, sind von den hiezu berufenen Stellen entgegenzunehmen und weiterzuleiten.

[…]

5. Abschnitt

Ausübung des Wahlrechtes, Wahlkarten

§38. (1) Jeder Wahlberechtigte übt sein Wahlrecht grundsätzlich in dem Wahlsprengel aus, in dessen Wählerverzeichnis er eingetragen ist.

(2) Wahlberechtigte, die im Besitz einer Wahlkarte sind, können ihr Wahlrecht auch außerhalb dieses Wahlsprengels ausüben.

§39. (1) Wahlberechtigte, die voraussichtlich am Wahltag verhindert sein werden, ihre Stimme vor der zuständigen Wahlbehörde abzugeben, etwa wegen Ortsabwesenheit, aus gesundheitlichen Gründen oder wegen Aufenthalts im Ausland, haben Anspruch auf Ausstellung einer Wahlkarte.

[…]

§41. (1) Die Wahlkarte ist als verschließbarer Briefumschlag herzustellen und hat außer der Anschrift der jeweiligen Bezirkswahlbehörde die in der Anlage 3, für nicht österreichische Unionsbürger die in der Anlage 4 ersichtlichen Aufdrucke zu tragen. Durch entsprechende technische Vorkehrungen ist sicherzustellen, dass die die wahlberechtigte Person betreffenden persönlichen Daten, insbesondere deren Unterschrift, vor Weiterleitung an die Bezirkswahlbehörde durch eine verschließbare Lasche abgedeckt sind und dass es nach dem Verschließen der Wahlkarte durch entsprechende Perforation möglich ist, die persönlichen Daten der wahlberechtigten Person sowie deren eidesstattliche Erklärung bei der Bezirkswahlbehörde sichtbar zu machen, ohne dass dadurch die Wahlkarte bereits geöffnet wird. Die Lasche hat entsprechend der technischen Beschaffenheit der Wahlkarte Aufdrucke mit Hinweisen zu ihrer Handhabung im Fall der Stimmabgabe mittels Briefwahl sowie zur Weiterleitung der Wahlkarte zu tragen. Bei Wahlkarten, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung ausgestellt werden, genügt anstelle der Unterschrift die Beisetzung des Namens des mit der Ausstellung vom Bezirksamtsleiter beauftragten Bediensteten; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich.

(2) Wird dem Antrag auf Ausstellung einer Wahlkarte stattgegeben, so sind in die Wahlkarte nach Anlage 3 der amtliche Stimmzettel für die Gemeinderatswahl sowie der amtliche Stimmzettel für die Bezirksvertretungswahl und ein verschließbares Kuvert mit dem Aufdruck der Bezirksziffer(n) des zutreffenden Wahlkreises bei den Wahlkreisen Zentrum und Innen-West mit Unterstreichung des zutreffenden Bezirkes (z. B. 1/4/5/6) einzulegen und diese sodann auszufolgen. Wahlberechtigte nach § 16 Abs 2 erhalten eine Wahlkarte nach Anlage 4, einen amtlichen Stimmzettel für die Bezirksvertretungswahl und ein verschließbares Kuvert mit dem Aufdruck des zutreffenden Bezirkes (z. B. 'Bez. 1'). Der Antragsteller hat die Wahlkarte mit den darin befindlichen Unterlagen sorgfältig zu verwahren.

(3) Duplikate für abhanden gekommene oder unbrauchbar gewordene Wahlkarten dürfen vom Magistrat in keinem Falle ausgefolgt werden.

(4) Die Ausstellung der Wahlkarte ist im Wählerverzeichnis in der Rubrik 'Anmerkung' bei dem betreffenden Wähler mit dem Wort 'Wahlkarte' in auffälliger Weise (zum Beispiel mittels Stampiglie) zu vermerken.

(5) Im Falle der Ausstellung einer Wahlkarte gemäß § 39 Abs 2 an einen Wahlberechtigten, der sich außerhalb des Bezirkes seiner Eintragung in das Wählerverzeichnis aufhält, hat das ausstellende magistratische Bezirksamt jenes magistratische Bezirksamt, in dessen Bereich sich der Wahlberechtigte aufhält, von der Ausstellung der Wahlkarte mit dem Hinweis zu verständigen, dass dieser von einer besonderen Wahlbehörde aufzusuchen ist.

(6) Ob und in welcher Weise für Wahlkartenwähler besondere Wahllokale zu bestimmen sind, ist in den §§55, 70 und 72 angeordnet. Über die Ausübung der Wahl durch Wahlkartenwähler enthalten die §§66 und 68 die näheren Vorschriften.

(7) Sowohl die Wahlkarten als auch die verschließbaren Wahlkuverts können zur leichteren Unterscheidbarkeit in verschiedenfärbigem Papier hergestellt werden.

(8) Ein Wahlberechtigter ist vom Magistrat ehest möglich in Kenntnis zu setzen, wenn seinem Antrag auf Ausstellung einer Wahlkarte nicht Folge gegeben wurde.

[…]

IV. HAUPTSTÜCK

Abstimmungsverfahren

1. Abschnitt

Wahlort, Wahlzeit

§51. (1) Jeder Wahlsprengel ist Wahlort. Die Festsetzung der Wahlsprengel (§2 Abs 2) obliegt dem Magistrat. Die Wahlsprengel sind derart abzugrenzen, dass die Durchführung des Abstimmungsverfahrens im Wahlsprengel innerhalb der Wahlzeit möglich erscheint, wobei anzunehmen ist, dass am Wahltag in einer Stunde 70 Wähler abgefertigt werden können. Nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten ist vorzusehen, dass in jedem Bezirk möglichst viele für Körperbehinderte barrierefrei zugängliche Wahllokale vorhanden sind, jedoch mindestens eines. Für blinde und schwer sehbehinderte Wähler sind nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten geeignete Leitsysteme vorzusehen. Bei Neuhinzunahme eines Gebäudes für die Einrichtung von Wahllokalen muss zumindest ein Wahllokal barrierefrei zugänglich sein.

(2) Die Festsetzung der Wahlsprengel hat (mit Ausnahme der besonderen Wahlsprengel) spätestens am 14. Tag vor dem Wahltag zu erfolgen.

[…]

Vorgang bei der Briefwahl

§58a. (1) Das Wahlrecht kann von denjenigen Wählern, denen entsprechend den §§38 bis 41 Wahlkarten ausgestellt wurden, auch im Weg der Übersendung der verschlossenen Wahlkarte an die zuständige Bezirkswahlbehörde ausgeübt werden (Briefwahl).

(2) Hierzu hat die wahlberechtigte Person den von ihr ausgefüllten amtlichen Stimmzettel in das Wahlkuvert zu legen, dieses zu verschließen und in die Wahlkarte zu legen. Sodann hat sie auf der Wahlkarte durch eigenhändige Unterschrift eidesstattlich zu erklären, dass sie den amtlichen Stimmzettel persönlich, unbeobachtet, unbeeinflusst ausgefüllt hat. Anschließend ist die Wahlkarte zu verschließen und so rechtzeitig an die zuständige Bezirkswahlbehörde zu übermitteln, dass die Wahlkarte dort spätestens am Wahltag bis 17.00 Uhr einlangt. Bei einer Stimmabgabe im Ausland kann die Übermittlung auch im Weg einer österreichischen Vertretungsbehörde oder einer österreichischen Einheit erfolgen. Die Kosten für eine Übermittlung der Wahlkarte an die Bezirkswahlbehörde im Postweg hat die Gemeinde Wien zu tragen.

(3) Die Stimmabgabe im Wege der Briefwahl ist nichtig, wenn

1. die eidesstattliche Erklärung auf der Wahlkarte nicht oder nachweislich nicht durch die wahlberechtigte Person abgegeben wurde oder

2. die Wahlkarte kein Wahlkuvert enthält oder

3. die Wahlkarte nur ein anderes oder mehrere andere als eines der in § 41 Abs 2 genannten verschließbaren Wahlkuverts enthält oder

4. die Wahlkarte zwei oder mehrere der in § 41 Abs 2 genannten verschließbaren Wahlkuverts enthält oder

5. das Wahlkuvert, abgesehen von den in § 41 Abs 2 genannten Aufdrucken, beschriftet ist oder

6. die Prüfung auf Unversehrtheit (§80a Abs 1) ergeben hat, dass die Wahlkarte derart beschädigt ist, dass ein vorangegangenes missbräuchliches Entnehmen oder Zurücklegen des inliegenden Wahlkuverts nicht ausgeschlossen werden kann oder

7. auf Grund des Verklebens der unter der Lasche gelegenen Felder der Wahlkarte die Daten oder die Unterschrift der wahlberechtigten Person nicht mehr sichtbar gemacht werden können oder

8. die Wahlkarte nicht spätestens am Wahltag bis 17.00 Uhr bei der zuständigen Bezirkswahlbehörde eingelangt ist.

(4) Die Bezirkswahlbehörde hat nach Einlangen der für eine Stimmabgabe mittels Briefwahl verwendeten Wahlkarten die unter den Laschen befindlichen Daten nach deren Sichtbarmachung zu erfassen und die Wahlkarten anschließend bis zur jeweiligen Auszählung (§80a Abs 1) amtlich unter Verschluss zu verwahren.

[…]

5. Abschnitt

Stimmzettel

§73. (1) Zur Stimmenabgabe dürfen nur die von den Wahlleitern gleichzeitig mit den Wahlkuverts den Wählern übergebenen Stimmzettel verwendet werden.

(2) Die amtlichen Stimmzettel haben die Parteibezeichnung einschließlich allfälliger Kurzbezeichnungen, Rubriken mit einem Kreis, Stimmzettel für den Gemeinderat jeweils einen freien Raum zur Eintragung eines Bewerbers aus dem Kreiswahlvorschlag und von zwei Bewerbern derselben Parteiliste aus dem Stadtwahlvorschlag, im Übrigen aber, unter Berücksichtigung der gemäß § 50 erfolgten Veröffentlichung, die aus den Anlagen 8 und 9 ersichtlichen Angaben zu enthalten. Amtliche Stimmzettel dürfen nur auf Anordnung des Magistrats hergestellt werden. Stimmzettel für die Gemeinderatswahl sind aus weißem (bei einer gleichzeitig durchzuführenden Nationalratswahl aus rosafarbenem), Stimmzettel für die Bezirksvertretungswahlen sind aus gelbem Papier herzustellen. Die Größe und das Format (Quer- oder Hochformat) der amtlichen Stimmzettel hat sich nach der Anzahl der im Bezirk zu berücksichtigenden Wahlparteien zu richten. Das Ausmaß soll ungefähr 14 1/2 bis 15 ½ cm in einer Dimension und 20 bis 22 cm in der anderen Dimension betragen, kann aber auch nach Notwendigkeit größer sein. Es sind für alle Parteibezeichnungen die gleiche Größe der Rechtecke und der Druckbuchstaben, für die Kurzbezeichnungen einheitlich größtmögliche Druckbuchstaben zu verwenden. Bei mehr als dreizeiligen Parteibezeichnungen kann die Größe der Druckbuchstaben dem zur Verfügung stehenden Raum entsprechend angepasst werden. Die Farbe aller Druckbuchstaben hat einheitlich schwarz zu sein. Die Trennungslinien sind bei allen Parteien in gleicher Stärke auszuführen.

(3) […]

§74. (1) […]

(5) Wenn ein Wahlkuvert mehrere amtliche Stimmzettel für die Wahl in den Gemeinderat enthält, zählen sie für diese Wahl als ein gültiger, wenn

1. auf allen Stimmzetteln die gleiche Parteiliste des Gemeinderates vom Wähler bezeichnet wurde, oder

2. mindestens ein Stimmzettel für den Gemeinderat gültig ausgefüllt ist und sich aus den Bezeichnungen der übrigen Stimmzettel kein Zweifel über die gewählte Liste ergibt, oder

3. wenn neben einem gültig ausgefüllten amtlichen Stimmzettel die übrigen amtlichen Stimmzettel unausgefüllt sind.

Diese Bestimmungen gelten sinngemäß für die Wahl in die Bezirksvertretung, wenn ein Wahlkuvert mehrere amtliche Stimmzettel für diese Wahl enthält.

(6) Nichtamtliche Stimmzettel, die sich neben gültig ausgefüllten amtlichen Stimmzetteln im Wahlkuvert befinden, beeinträchtigen die Gültigkeit der amtlichen Stimmzettel nicht.

[…]

§76. (1) Der Stimmzettel ist ungültig, wenn

1. ein anderer als der amtliche Stimmzettel (Ersatzstimmzettel) zur Abgabe der Stimme verwendet wurde, oder

2. der Stimmzettel durch Abreißen eines Teiles derart beeinträchtigt wurde, dass nicht mehr unzweideutig hervorgeht, welche Parteiliste der Wähler wählen wollte, oder

3. überhaupt keine für den Wahlkreis (Bezirk) veröffentlichte Parteiliste und auch kein Bewerber (§74 Abs 3) bezeichnet wurde, oder

4. zwei oder mehrere Parteilisten oder Bewerber verschiedener Parteilisten bezeichnet wurden, oder

5. aus dem vom Wähler angebrachten Zeichen oder der sonstigen Kennzeichnung nicht unzweideutig hervorgeht, welche Parteiliste er wählen wollte, oder

6. es sich um einen Stimmzettel für die Gemeinderatswahl handelt, der sich in einem verschließbaren Wahlkuvert für die Bezirksvertretungswahl befindet.

(2) Leere Wahlkuverts zählen als ungültige Stimmzettel. Enthält ein Wahlkuvert mehrere Stimmzettel, die für die Wahl desselben Vertretungskörpers auf verschiedene Parteien lauten, so zählen sie für diese Wahl nur als ein ungültiger Stimmzettel.

(3) Worte, Bemerkungen oder Zeichen, die auf den amtlichen Stimmzetteln außer zur Kennzeichnung der wahlwerbenden Partei oder der Bezeichnung eines Bewerbers angebracht wurden, beeinträchtigen die Gültigkeit eines Stimmzettels nicht, wenn sich hiedurch nicht einer der vorangeführten Ungültigkeitsgründe ergibt. Im Wahlkuvert befindliche Beilagen aller Art beeinträchtigen die Gültigkeit des amtlichen Stimmzettels nicht.

[…]

V. HAUPTSTÜCK

Ermittlungsverfahren

1. Abschnitt

Erstes Ermittlungsverfahren

[…]

§80a. (1) Am ersten Tag nach der Wahl, 12.00 Uhr, prüft der Bezirkswahlleiter unter Beobachtung durch die anwesenden Beisitzer und Vertrauenspersonen die gemäß § 58a im Weg der Briefwahl eingelangten Wahlkarten auf Unversehrtheit des Verschlusses sowie auf Sichtbarkeit der Daten und der Unterschrift der wahlberechtigten Person. Anschließend prüft er, ob die auf den Wahlkarten aufscheinenden eidesstattlichen Erklärungen (§58a Abs 2) vorliegen. Wahlkarten, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, dürfen in die Ergebnisermittlung nicht miteinbezogen werden. Danach öffnet der Bezirkswahlleiter die Wahlkarten, entnimmt die darin enthaltenen miteinzubeziehenden Wahlkuverts und legt diese in ein hierfür vorbereitetes Behältnis. Wahlkarten, bei denen ein Nichtigkeitsgrund gemäß § 58a Abs 3 Z 2 bis 5 vorliegt, dürfen in die Ergebnisermittlung ebenfalls nicht miteinbezogen werden. Nicht miteinzubeziehende Wahlkarten sind dem Wahlakt unter Verschluss beizufügen. Die Gründe für das Versagen der Miteinbeziehung sind in der Niederschrift festzuhalten. Nach gründlichem Mischen der miteinzubeziehenden Wahlkuverts hat die Bezirkswahlbehörde diese zu öffnen, die amtlichen Stimmzettel zu entnehmen, deren Gültigkeit zu überprüfen, die ungültigen amtlichen Stimmzettel mit fortlaufender Nummer zu versehen und für die mittels Briefwahl abgegebenen Stimmen festzustellen und in einer Niederschrift festzuhalten:

1. die Gesamtsumme der abgegebenen gültigen und ungültigen Stimmen;

2. die Summe der abgegebenen ungültigen Stimmen;

3. die Summe der abgegebenen gültigen Stimmen;

4. die auf die einzelnen Parteien entfallenden abgegebenen gültigen Stimmen (Parteisummen);

5. die gültigen Vorzugsstimmen für jeden Bewerber auf den Parteilisten.

Für die Niederschrift gilt § 85 Abs 2 lita und b und Abs 5 sinngemäß.

(2) Sodann hat die Bezirkswahlbehörde für den Bereich des Stimmbezirks die Wahlergebnisse der mittels Briefwahl abgegebenen Stimmen mit den Wahlergebnissen gemäß § 80 zusammenzurechnen, unverzüglich auf die schnellste Art der Stadtwahlbehörde bekanntzugeben (Sofortmeldung) und in einer Niederschrift festzuhalten. Für diese Niederschrift gilt § 85 Abs 2 lita und b und Abs 5 sinngemäß.

(3) Fällt der in Abs 1 genannte Zeitpunkt auf einen Sonn- oder Feiertag, so findet die zu diesem Zeitpunkt vorgesehene Auswertung der Wahlkarten am nächsten Werktag statt.

[…]

§85. (1) Nach Abschluss des ersten Ermittlungsverfahrens am Tag nach der Wahl hat die Bezirkswahlbehörde das Wahlergebnis in einer Niederschrift zu verzeichnen.

(2) Die Niederschrift hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Wahlkreises, des Bezirkes, den Ort und die Zeit der Amtshandlung;

b) die Namen der an- und abwesenden Mitglieder der Bezirkswahlbehörde sowie der Vertrauenspersonen gemäß § 12 Abs 3;

c) die Feststellungen der gemäß § 80 vorgenommenen Überprüfung der Wahlakten;

d) das insgesamt am Wahltag (§80) und nach Auszählung der mittels Briefwahl abgegebenen Stimmen (§80a) ermittelte Wahlergebnis im Wahlkreis (Bezirk) in der nach § 80 gegliederten Form;

e) die Wahlzahl;

f) die Zahl der auf jede Partei entfallenden Mandate;

g) die Namen der als gewählt erklärten Wahlwerber in der Reihenfolge ihrer Berufung sowie unter Beifügung der Anzahl der allfälligen Vorzugsstimmen;

h) die Zahl der wegen Nichterfüllung der in § 58a Abs 2 für die eidesstattlichen Erklärungen festgelegten Voraussetzungen in die Ergebnisermittlung nicht einbezogenen Wahlkarten.

(3) Die im vorigen Absatz unter den Buchstaben c) bis h) bezeichneten Feststellungen sind in der Niederschrift getrennt für die Wahl in den Gemeinderat und für die Wahl in die Bezirksvertretung anzuführen. Für die Wahl in den Gemeinderat ist in der Niederschrift noch die Zahl der Restmandate und die Zahl der auf jede Partei entfallenden Reststimmen auszuweisen.

(4) Der Niederschrift der Bezirkswahlbehörde sind die Niederschriften der Sprengelwahlbehörden und die gemäß § 50 veröffentlichten Wahlvorschläge anzuschließen. Zusammen mit den Niederschriften gemäß § 80a bilden diese Niederschriften samt ihren Beilagen den Wahlakt der Bezirkswahlbehörde.

(5) Die Niederschrift ist von den Mitgliedern der Bezirkswahlbehörde zu unterfertigen. Wird sie nicht von allen Mitgliedern unterschrieben, ist der Grund hiefür anzugeben.

(6) Die Namen der gewählten Bewerber und der Ersatzbewerber sowie die Zahl der Restmandate sind von der Bezirkswahlbehörde durch Anschlag an der Amtstafel und im Amtsblatt der Stadt Wien zu verlautbaren. Die Verlautbarung hat auch den Zeitpunkt zu enthalten, an dem sie an der Amtstafel angeschlagen wurde.

(7) Der Wahlakt der Bezirkswahlbehörde ist ungesäumt an die Stadtwahlbehörde unter Verschluss zu senden.

2. Abschnitt

Berichtigungen der ziffernmäßigen Wahlergebnisse der Wahlbezirke durch die Stadtwahlbehörde

§86. (1) Die Stadtwahlbehörde überprüft sämtliche Wahlergebnisse und berichtigt etwaige Irrtümer in den ermittelten ziffernmäßigen Ergebnissen und verlautbart die vorgenommenen Berichtigungen.

(2) Ist ein Wahlwerber in mehreren Wahlkreisen in den Gemeinderat oder Gemeindebezirken in die Bezirksvertretung gewählt, so hat er binnen acht Tagen nach Verlautbarung des Wahlergebnisses bei der Stadtwahlbehörde zu erklären, für welchen Wahlkreis bzw. Gemeindebezirk er sich entscheidet. Wenn er sich innerhalb dieser Frist nicht erklärt, entscheidet für ihn die Stadtwahlbehörde. Das gleiche gilt, wenn ein Wahlwerber sowohl in den Gemeinderat als auch in eine Bezirksvertretung gewählt ist.

[…]

4. Abschnitt

Einsprüche gegen ziffernmäßige Ermittlungen und Zurechnungen von Stimmzetteln

§90. (1) Binnen drei Tagen nach der entsprechenden Verlautbarung an der Amtstafel (§§85 Abs 6 und 88 Abs 3) kann von jedem zustellungsbevollmächtigten Vertreter (Stellvertreter) einer Partei gegen

a) die ziffernmäßige Ermittlung einer Bezirkswahlbehörde gemäß § 85 Abs 2 bei der Stadtwahlbehörde,

b) die ziffernmäßige Ermittlung der Stadtwahlbehörde gemäß § 89 Abs 2 beim Stadtsenat und

c) die gesetzwidrige Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln durch eine Sprengel oder eine Bezirkswahlbehörde bei der Stadtwahlbehörde schriftlich Einspruch erhoben werden.

(2) In den Einsprüchen ist hinreichend glaubhaft zu machen, warum und inwieweit die ziffernmäßige Ermittlung, die Berichtigung von Ergebnissen oder die Beurteilung einzelner Stimmzettel nicht den Bestimmungen des Gesetzes entspricht. Fehlt die Begründung oder gibt der Einspruch nur Mutmaßungen wieder, ist er ohne weitere Prüfung abzuweisen.

(3) Wird ein hinlänglich begründeter Einspruch erhoben, so ist das Wahlergebnis auf Grund der Wahlakten und der vorliegenden Schriftstücke zu überprüfen. Werden die behaupteten Mängel erwiesen, hat die angerufene Behörde unverzüglich die erforderlichen Richtigstellungen zu beschließen, die unrichtigen Verlautbarungen entweder selbst zu widerrufen und die zutreffenden Ergebnisse zu verlautbaren oder diese Maßnahmen durch die zuständige Behörde zu veranlassen.

(4) Gibt die Überprüfung keinen Anlass zu einer Richtigstellung, ist der Einspruch mit schriftlichem Bescheid abzuweisen. Die Entscheidungen und Verfügungen der Stadtwahlbehörde und des Stadtsenates sind im Verwaltungswege nicht anfechtbar.

[…]

VI. HAUPTSTÜCK

Wahl des Bürgermeisters, der Vizebürgermeister und des Stadtsenates, Zusammensetzung der Gemeinderatsausschüsse und der Unterausschüsse, der Kommissionen und des Disziplinarkollegiums, Wahl der Präsidenten des Landtages, der Vorsitzenden des Gemeinderates, der Vorsitzenden der Gemeinderatsausschüsse und der Unterausschüsse sowie deren Stellvertreter, Wahl der Bezirksvorsteher und deren Stellvertreter

[…]

§99. (1) Die Bezirksvertretung wählt nach den Bestimmungen der Wiener Stadtverfassung den Bezirksvorsteher und zwei Stellvertreter. Die Parteienstärke ist nach der Zahl der Mandate in der Bezirksvertretung, bei gleicher Mandatszahl nach der Zahl der für die Parteien bei der Wahl der Bezirksvertretung abgegebenen Stimmen bestimmt. Bei gleicher Stimmenzahl entscheidet das Los.

(2) Für die Wahl haben die anspruchsberechtigten Parteien Wahlvorschläge dem Vorsitzenden der Bezirksvertretung in der Sitzung, auf deren Tagesordnung die Wahl steht, zu überreichen. Die Wahlvorschläge müssen von mehr als der Hälfte der der betreffenden Partei angehörigen Mitglieder der Bezirksvertretung unterschrieben sein.

(3) Im übrigen sind für die Wahl des Bezirksvorstehers und seines Stellvertreters die Bestimmungen des § 95 Abs 3 bis 5 sinngemäß anzuwenden.

(4) Im Falle des Abganges des Bezirksvorstehers oder seines Stellvertreters ist § 98 anzuwenden."

2. § 61b Verfassung der Bundeshauptstadt Wien (Wiener Stadtverfassung – WStV), LGBl 28/1968 idF LGBl 22/2003, lautet wie folgt:

"§61b

(1) Der Bezirksvorsteher wird auf Vorschlag der stärksten wahlwerbenden Partei von der Bezirksvertretung gewählt. Er muss nicht der Bezirksvertretung angehören, aber zu ihr wählbar sein. Stimmberechtigt in der Bezirksvertretung ist er aber nur, wenn er dieser angehört.

(2) Die Bezirksvertretung wählt aus ihrer Mitte zwei Stellvertreter des Bezirksvorstehers. Der eine Stellvertreter ist von der stärksten und der andere von der zweitstärksten wahlwerbenden Partei der Bezirksvertretung vorzuschlagen.

(3) Die Bezirksvorsteher und deren Stellvertreter werden auf die Dauer von fünf Jahren gewählt. Zum Bezirksvorsteher und zu dessen Stellvertreter dürfen nur Unionsbürger gewählt werden. Im Übrigen gelten für die Wahl die Bestimmungen des § 99 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996.

(3a) Die Bezirksvertretung wählt auf Vorschlag der stärksten wahlwerbenden Partei der Bezirksvertretung aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und zwei Stellvertreter des Vorsitzenden, wovon der eine Stellvertreter von der stärksten und der andere von der zweitstärksten wahlwerbenden Partei der Bezirksvertretung vorzuschlagen ist, auf die Dauer von fünf Jahren unter sinngemäßer Anwendung des § 99 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996. Auch der Bezirksvorsteher – wenn er der Bezirksvertretung angehört – und die Bezirksvorsteher-Stellvertreter können zum Vorsitzenden bzw. zu Stellvertretern des Vorsitzenden gewählt werden.

(4) Der Bezirksvorsteher darf während seiner Amtstätigkeit - abgesehen von den ersten drei Monaten nach seiner Wahl - keinen Beruf mit Erwerbsabsicht ausüben."

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Gemäß Art 141 Abs 1 lita B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof unter anderem über die Anfechtung von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern. In der Bundeshauptstadt Wien zählen dazu nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes – für den Bereich des Art 141 B VG – neben dem Gemeinderat (vgl. Art 117 Abs 1 lita iVm Art 112 B VG) auch die in dieser Gemeinde landesgesetzlich eingerichteten Bezirksvertretungen (vgl. VfSlg 15.028/1997, 15.033/1997, 16.479/2002; ua.). Nach Art 141 Abs 1 zweiter Satz B VG kann eine solche Anfechtung auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Verfahrens gegründet werden.

1.2. Nach § 67 Abs 2 zweiter Satz VfGG sind – von hier nicht in Betracht kommenden besonderen Fallkonstellationen abgesehen – nur solche Wählergruppen (Parteien) zur Anfechtung berechtigt, die bei einer durch die Wahlordnung vorgeschriebenen Wahlbehörde Wahlvorschläge für die angefochtene Wahl rechtzeitig vorgelegt haben, und zwar durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter (vgl. zB VfSlg 51/1921, 16.477/2002; ua.).

1.2.1. Dies trifft nach der Aktenlage auf die Erstanfechtungswerberin, die "Freiheitliche Partei Österreichs" zu: Die Wahlanfechtung erfolgte durch den Zustellungsbevollmächtigten der Partei "Freiheitliche Partei Österreichs" unter Weglassung der Kurzbezeichnung "FPÖ". Anders als die Wiener Stadtwahlbehörde vermeint, ergibt sich zweifelsfrei für den Verfassungsgerichtshof, dass die erstanfechtungswerbende Partei jene wahlwerbende Partei ist, die einen Wahlvorschlag eingebracht hat und der unter der Bezeichnung "Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)" kundgemacht wurde (vgl. etwa ua.; vgl. idS ).

1.2.2. Die Zweitanfechtungswerberin "Freiheitliche Partei Österreichs – Landesgruppe Wien" ist zur Anfechtung der Wahl nicht berechtigt: Weder deckt sich ihr Name mit der kundgemachten Langbezeichnung der wahlwerbenden Partei noch enthält er eine Kurzbezeichnung. Schon aus diesem Grund ist der Verfassungsgerichtshof der Auffassung, dass es sich bei der Zweitanfechtungswerberin um keine wahlwerbende Partei handelt. Die Anfechtung der Zweitanfechtungswerberin ist daher mangels Legitimation zurückzuweisen (vgl. VfSlg 10.098/1984, 11.875/1988, 18.687/2009).

1.3. Nach § 68 Abs 1 VfGG ist die Wahlanfechtung – soweit das in Betracht kommende Gesetz nicht anderes bestimmt – binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens oder, wenn sie auf die Rechtswidrigkeit eines Bescheides oder einer Entscheidung einer Verwaltungsbehörde oder eines Erkenntnisses oder Beschlusses eines Verwaltungsgerichtes gegründet wird, binnen vier Wochen nach seiner bzw. ihrer Zustellung einzubringen. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde kann die Wahlanfechtung erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges eingebracht werden.

1.3.1. § 90 Abs 1 Wr. GWO 1996 sieht nun administrative Einsprüche vor, und zwar gemäß § 90 Abs 1 lita leg.cit. gegen die ziffernmäßige Ermittlung einer Bezirkswahlbehörde gemäß § 85 Abs 2 leg.cit. (somit im ersten Ermittlungsverfahren bei der Wahl des Gemeinderates bzw. im einzigen Ermittlungsverfahren bei der Wahl der Bezirksvertretung) bei der Stadtwahlbehörde sowie weiters gemäß § 90 Abs 1 litb leg.cit. gegen die ziffernmäßige Ermittlung der Stadtwahlbehörde gemäß § 89 Abs 2 leg.cit. (somit im zweiten Ermittlungsverfahren bei der Wahl des Gemeinderates) beim Stadtsenat und schließlich gemäß § 90 Abs 1 litc leg.cit. gegen die gesetzwidrige Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln durch eine Sprengel- oder eine Bezirkswahlbehörde bei der Stadtwahlbehörde. Werden die behaupteten Mängel erwiesen, hat die angerufene Behörde unverzüglich die erforderlichen Richtigstellungen zu beschließen, die unrichtigen Verlautbarungen entweder selbst zu widerrufen und die zutreffenden Ergebnisse zu verlautbaren oder diese Maßnahmen durch die zuständige Behörde zu veranlassen (vgl. § 90 Abs 3 leg.cit.). Gibt die Überprüfung keinen Anlass zu einer Richtigstellung, ist der Einspruch mit schriftlichem Bescheid abzuweisen; die "Entscheidungen und Verfügungen der Stadtwahlbehörde und des Stadtsenates sind im Verwaltungswege nicht anfechtbar" (§90 Abs 4 leg.cit.).

1.3.2. Zur Geltendmachung aller anderen (das sind sämtliche nicht ziffernmäßige Ermittlungen oder die gesetzwidrige Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln betreffenden) Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens steht die unmittelbare Anfechtung der Wahl beim Verfassungsgerichtshof binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens (erster Teilsatz des § 68 Abs 1 VfGG) offen.

1.3.3. Die Bezirkswahlbehörde hat am das Ergebnis für die Wahl der Bezirksvertretung für den 2. Wiener Gemeindebezirk verlautbart. Der zustellungsbevollmächtigte Vertreter der "Freiheitlichen Partei Österreichs" hat einen Einspruch gemäß § 90 Abs 1 lita Wr. GWO 1996 eingebracht, in dem unter anderem auch in der vorliegenden Anfechtung behauptete Rechtswidrigkeiten bei der Auszählung der per Briefwahl abgegebenen Stimmen österreichischer Staatsbürger im 2. Wiener Gemeindebezirk gerügt wurden.

1.3.4. Die Stadtwahlbehörde hat aus Anlass dieses Einspruches eine neuerliche Zählung der per Briefwahl abgegebenen Stimmen österreichischer Staatsbürger im 2. Wiener Gemeindebezirk vorgenommen und darüber hinaus – wie aus der Niederschrift der Stadtwahlbehörde vom 20. und ersichtlich – auch die Zählung weiterer Stimmen beschlossen (vgl. § 86 Abs 1 Wr. GWO 1996). Das Ergebnis wurde am berichtigt verlautbart. Gegen dieses Ergebnis hat der zustellungsbevollmächtigte Stellvertreter der anfechtungswerbenden Partei Einspruch an den Wiener Stadtsenat gemäß § 90 Abs 1 litb Wr. GWO 1996 erhoben. Dieser Einspruch wurde mit Bescheid vom mangels Zuständigkeit zurückgewiesen.

1.3.5. Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Frist ist im vorliegenden Fall die von der Wiener Stadtwahlbehörde gemäß § 90 Abs 3 Wr. GWO 1996 vorgenommene amtliche Verlautbarung des Ergebnisses der Wahl der Bezirksvertretung für den 2. Wiener Gemeindebezirk, weil gemäß § 90 Abs 4 leg.cit. Entscheidungen und Verfügungen der Stadtwahlbehörde "im Verwaltungswege nicht anfechtbar" sind. Die Stadtwahlbehörde hat durch Verlautbarung vom die "vorgenommenen Verlautbarungen des ziffernmäßigen Gesamtergebnisses der Bezirksvertretungswahlen für den 2. […] Bezirk […] widerrufen" und u.a. das unter Punkt I.5. dargestellte ziffernmäßig berichtigte Gesamtergebnis der Bezirksvertretungswahl für den 2. Wiener Gemeindebezirk festgestellt. Die am beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Anfechtung erweist sich sohin als rechtzeitig.

1.4. Der Verfassungsgerichtshof vertritt für das Wahlanfechtungsverfahren in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die von der Wählergruppe (Partei) behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens in der Anfechtungsschrift (selbst) hinreichend substantiiert werden muss (vgl. VfSlg 9441/1982, 15.695/1999, 17.305/2004). Die anfechtungswerbende Partei hat ihre Bedenken in ihrer Anfechtungsschrift (selbst) hinreichend substantiiert dargelegt (vgl. Punkt III.2.2.).

1.5. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist die Anfechtung der Wahl der Bezirksvertretung für den 2. Wiener Gemeindebezirk vom durch die Erstanfechtungswerberin zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat ein Wahlverfahren nur in den Grenzen der von der anfechtungswerbenden Partei in der Anfechtungsschrift behaupteten Rechtswidrigkeiten nachzuprüfen. Es ist ihm hingegen verwehrt, die Rechtmäßigkeit des Wahlverfahrens darüber hinaus von Amts wegen einer weiteren Überprüfung zu unterziehen (vgl. VfSlg 17.589/2005, 19.245/2010; ua.).

2.2. Die anfechtungswerbende Partei wendet sich ausschließlich gegen das Wahlverfahren betreffend die per Briefwahl abgegebenen Stimmen österreichischer Staatsbürger im 2. Wiener Gemeindebezirk und führt begründend insbesondere aus, dass "[d]ie Zahl der Stimmzettel […] nicht mit der Zahl der Wahlkarten überein[stimme]" und die §§74 Abs 5, 76 Abs 2, 80a Abs 1 und 85 Abs 7 Wr. GWO 1996 sowie der Grundsatz des gleichen Wahlrechtes und das verfassungsrechtliche Gebot, für Wahlen den objektiven Beweiswert des Wahlaktes zu schaffen und nicht zu vermindern, verletzt worden seien. Die Rechtswidrigkeit sei von Relevanz, weil gemäß § 61b WStV die Bezirksvertretung aus ihrer Mitte zwei Stellvertreter des Bezirksvorstehers wähle, wobei der eine Stellvertreter von der stärksten und der andere von der zweitstärksten wahlwerbenden Partei der Bezirksvertretung vorzuschlagen sei. Es könne in Anbetracht des geringen Stimmenabstandes von lediglich 21 Stimmen der Wählergruppe "Die Grünen – Grüne Alternative Wien (GRÜNE)" zur anfechtungswerbenden Partei nicht ausgeschlossen werden, dass die behauptete Rechtswidrigkeit Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt habe, da die rechtskonforme Handhabung des Wahlverfahrens zu einem "relativ besseren Ergebnis" der anfechtungswerbenden Partei hätte führen können, womit dieser das Vorschlagsrecht für einen Stellvertreter des Bezirksvorstehers gemäß § 61b WStV zufallen würde.

2.3. Bei der Entscheidung über die vorliegende Wahlanfechtung ist von folgender Rechtslage auszugehen:

Grundlegend ist in § 39 Abs 1 Wr. GWO 1996 geregelt, dass Wahlberechtigte, die voraussichtlich am Wahltag verhindert sein werden, ihre Stimme vor der zuständigen Wahlbehörde abzugeben, etwa wegen Ortsabwesenheit, aus gesundheitlichen Gründen oder wegen Aufenthalts im Ausland, Anspruch auf Ausstellung einer Wahlkarte haben. Wird dem Antrag auf Ausstellung einer Wahlkarte stattgegeben, so sind gemäß § 41 Abs 2 leg.cit. in die Wahlkarte nach Anlage 3 der Wr. GWO 1996 der amtliche Stimmzettel für die Gemeinderatswahl sowie der amtliche Stimmzettel für die Bezirksvertretungswahl und ein verschließbares Kuvert mit dem Aufdruck der Bezirksziffer(n) des zutreffenden Wahlkreises bei den Wahlkreisen Zentrum und Innen-West mit Unterstreichung des zutreffenden Bezirkes (zB 1/4/5/6) einzulegen und diese sodann auszufolgen. Gemäß § 41 Abs 7 leg.cit. können sowohl die Wahlkarten als auch die verschließbaren Wahlkuverts zur leichteren Unterscheidbarkeit in verschiedenfärbigem Papier hergestellt werden. Die Wahlkarten und Wahlkuverts wurden folglich für österreichische Staatsbürger aus weißem Papier und für "nicht-österreichische" Unionsbürger aus gelbem Papier hergestellt.

Gemäß § 58a Abs 1 Wr. GWO 1996 kann das Wahlrecht von denjenigen Wählern, denen entsprechend den §§38 bis 41 leg.cit. Wahlkarten ausgestellt wurden, auch im Weg der Übersendung der verschlossenen Wahlkarte an die zuständige Bezirkswahlbehörde ausgeübt werden (Briefwahl). Die Stimmabgabe im Weg der Briefwahl ist nichtig, wenn einer der in § 58a Abs 3 leg.cit. angeführten Gründe vorliegt; u.a. ist eine Stimmabgabe im Wege der Briefwahl nichtig, wenn die Wahlkarte kein Wahlkuvert enthält (§58a Abs 3 Z 2 leg.cit.). Gemäß § 58a Abs 4 leg.cit. hat die Bezirkswahlbehörde nach Einlangen der für eine Stimmabgabe mittels Briefwahl verwendeten Wahlkarten die unter den Laschen befindlichen Daten nach deren Sichtbarmachung zu erfassen und die Wahlkarten anschließend bis zur jeweiligen Auszählung (§80a Abs 1 leg.cit.) amtlich unter Verschluss zu verwahren. Diese Daten wurden – wie sich aus dem Wahlakt und dem Schreiben der Wiener Stadtwahlbehörde vom ergibt – in vier Listen erfasst (vgl. Punkt I.11.).

Gemäß § 80a Abs 1 Wr. GWO 1996 prüft am ersten Tag nach der Wahl, 12.00 Uhr, der Bezirkswahlleiter unter Beobachtung durch die anwesenden Beisitzer und Vertrauenspersonen die gemäß § 58a leg.cit. im Weg der Briefwahl eingelangten Wahlkarten auf Unversehrtheit des Verschlusses sowie auf Sichtbarkeit der Daten und der Unterschrift der wahlberechtigten Person. Anschließend prüft er, ob die auf den Wahlkarten aufscheinenden eidesstattlichen Erklärungen (§58a Abs 2 leg.cit.) vorliegen. Wahlkarten, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, dürfen in die Ergebnisermittlung nicht miteinbezogen werden. Danach öffnet der Bezirkswahlleiter die Wahlkarten, entnimmt die darin enthaltenen miteinzubeziehenden Wahlkuverts und legt diese in ein hiefür vorbereitetes Behältnis. Wahlkarten, bei denen ein Nichtigkeitsgrund gemäß § 58a Abs 3 Z 2 bis 5 leg.cit. vorliegt, dürfen in die Ergebnisermittlung ebenfalls nicht miteinbezogen werden. Nicht miteinzubeziehende Wahlkarten sind dem Wahlakt unter Verschluss beizufügen. Die Gründe für das Versagen der Miteinbeziehung sind in der Niederschrift festzuhalten. Nach gründlichem Mischen der miteinzubeziehenden Wahlkuverts hat die Bezirkswahlbehörde diese zu öffnen, die amtlichen Stimmzettel zu entnehmen, deren Gültigkeit zu überprüfen, die ungültigen amtlichen Stimmzettel mit fortlaufender Nummer zu versehen und für die mittels Briefwahl abgegebenen Stimmen festzustellen und in einer Niederschrift die in § 80a Abs 1 leg.cit. angeführten Angaben festzuhalten.

§76 Wr. GWO 1996 bestimmt, wann ein Stimmzettel ungültig ist; gemäß § 76 Abs 2 leg.cit. zählen auch leere Wahlkuverts als ungültige Stimmzettel; enthält ein Wahlkuvert mehrere Stimmzettel, die für die Wahl desselben Vertretungskörpers auf verschiedene Parteien lauten, so zählen sie als nur ein ungültiger Stimmzettel.

Aus § 41 Abs 2 iVm § 76 Abs 2 leg.cit. ergibt sich, dass bei im Wege der Briefwahl abgegebenen Stimmen, bei der nur ein Wahlkuvert ausgehändigt wird, Wahlkuverts, in welchen sich kein Stimmzettel für die Bezirksvertretungswahl, aber ein solcher für die Gemeinderatswahl befindet, als "ungültiger" Stimmzettel für die Bezirksvertretungswahl zu werten sind.

2.4. Hinsichtlich der für die vorliegende Wahlanfechtung maßgeblichen mittels Briefwahl abgegebenen Stimmen österreichischer Staatsbürger im 2. Wiener Gemeindebezirk ergibt sich aus der dargestellten Rechtslage, dass – weil u.a. Wahlkarten, die kein Wahlkuvert enthalten, in die Ergebnisermittlung nicht einbezogen werden (Punkt III.2.3.) – bei einem ordnungsgemäß ablaufenden Wahlverfahren die Zahl der in die Ergebnisermittlung einbezogenen Wahlkarten der Summe der gültigen und ungültigen Stimmzettel, jeweils bezogen sowohl auf die Wahl der Mitglieder der Bezirksvertretung als auch des Gemeinderates, inklusive der Zahl der Wahlkuverts, in welchen kein Stimmzettel für die Bezirksvertretungswahl oder die Gemeinderatswahl enthalten war, entsprechen muss.

2.5. Diese Bestimmungen der Wr. GWO 1996, die nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes als Formalvorschriften strikt nach ihrem Wortlaut auszulegen sind (vgl. zB ; , WI1/2015 mwN), dienen insgesamt dem Ziel, die Stimmabgabe zweifelsfrei zu dokumentieren und damit verbundene Unklarheiten möglichst zu beseitigen sowie eine nachvollziehbare Zuordnung der Stimmen zu den einzelnen Wahlparteien und die Überprüfbarkeit des Wahlverfahrens, insbesondere auch anlässlich einer Wahlanfechtung, sicherzustellen (vgl. ).

2.6. Die Stimmenzuordnung ist nachvollziehbar zu gestalten. Treten Ungereimtheiten hinsichtlich der Anzahl der abgegebenen Stimmzettel auf, so sind nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes spekulative Überlegungen, welche der hiefür in Betracht kommenden Stimmzettel und in weiterer Folge welche Parteisumme von der Rechtswidrigkeit betroffen ist, nicht anzustellen (vgl. VfSlg 14.847/1997; ).

2.7. Hinsichtlich der vorliegenden Anfechtung des Wahlverfahrens betreffend die per Briefwahl abgegebenen Stimmen österreichischer Staatsbürger im 2. Wiener Gemeindebezirk hat das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof Folgendes ergeben:

2.7.1. Aus den dem Verfassungsgerichtshof übermittelten Wahlakten, insbesondere aus der Niederschrift der Bezirkswahlbehörde vom , ergibt sich hinsichtlich der per Briefwahl abgegebenen Stimmen österreichischer Staatsbürger, dass 8.139 (gültige und ungültige) abgegebene Stimmen gezählt wurden. Aus der mit dem Wahlakt übermittelten "Liste der miteinzubeziehenden weißen Briefwahlkarten" ist ersichtlich, dass 8.221 weiße Wahlkarten (dabei handelt es sich um die Wahlkarten für österreichische Staatsbürger; die Wahlkarten wurden gemäß § 41 Abs 7 Wr. GWO 1996 in verschiedenfärbigem Papier hergestellt; vgl. Punkt III.2.3.) in die Ergebnisermittlung einbezogen wurden. Somit ergibt sich "eine unerklärliche Differenz von 82 fehlenden Stimmen" zwischen den in die Ergebnisermittlung einbezogenen weißen Wahlkarten und den abgegebenen Stimmen (vgl. Niederschrift der Bezirkswahlbehörde vom , 8).

2.7.2. Aus der Niederschrift der Wiener Stadtwahlbehörde vom 20. und ergibt sich, dass eine Nachzählung der von der Bezirkswahlbehörde für den 2. Wiener Gemeindebezirk für die Wahl der Mitglieder der Bezirksvertretung in die Ergebnisermittlung einbezogenen weißen Wahlkarten 8.223 ergeben hat. Es wurden nunmehr 8.246 abgegebene Stimmen gezählt. "Es [ergebe] sich somit eine von der Stadtwahlbehörde nicht erklärbare Differenz von 23 Stimmen zwischen den weißen einbezogenen Wahlkarten und den nachgezählten 8.246 Stimmen der von österreichischen StaatsbürgerInnen per Briefwahl für die Bezirksvertretung für den 2. Bezirk abgegebenen Stimmen" (Niederschrift der Wiener Stadtwahlbehörde vom 20. und ).

2.7.3. Eine Nachzählung durch den Verfassungsgerichtshof hat eine Anzahl von 8.223 in die Ergebnisermittlung einbezogenen weißen Wahlkarten und eine Gesamtzahl von 8.246 Stimmen der von österreichischen Staatsbürgern per Briefwahl für die Wahl der Mitglieder der Bezirksvertretung abgegebenen Stimmen ergeben; somit einen Überschuss von 23 Stimmen. Das Ergebnis deckt sich insgesamt mit jenem der Stadtwahlbehörde.

2.7.4. Die Ursache für das Auseinanderfallen der in die Ergebnisermittlung einbezogenen weißen Wahlkarten und der mittels Briefwahl abgegebenen gültigen und ungültigen Stimmen österreichischer Staatsbürger lässt sich für den Verfassungsgerichtshof nicht nachvollziehen. Vor dem Hintergrund der unter Punkt III.2.3. dargestellten Rechtslage besteht jedoch kein Zweifel daran, dass die festgestellten Unstimmigkeiten auf eine Verletzung der Bestimmungen der Wr. GWO 1996 zurückzuführen sind. Die exakte Beurteilung, welche Bestimmung(en) der Wr. GWO 1996 nicht eingehalten wurde(n), kann somit dahinstehen (vgl. ).

2.8. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist einer Wahlanfechtung nicht schon dann stattzugeben, wenn die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens erwiesen wurde; sie muss darüber hinaus auch auf das Wahlergebnis von Einfluss gewesen sein (Art141 Abs 1 Satz 3 B VG iVm § 70 Abs 1 Satz 1 VfGG): Dazu sprach der Verfassungsgerichtshof wiederholt aus, dass diese (zweite) Voraussetzung bereits erfüllt ist, wenn die Rechtswidrigkeit auf das Wahlergebnis von Einfluss sein konnte (vgl. etwa VfSlg 11.738/1988, 19.345/2011, 19.734/2013; ).

Insbesondere vor dem Hintergrund des unter Punkt I.5. dargestellten Wahlergebnisses, bei dem bereits die Reduktion der Parteisumme der Wählergruppe "Die Grünen – Grüne Alternative Wien (GRÜNE)" um 22 Stimmen bewirken würde, dass gemäß § 61b Abs 2 WStV die Erstanfechtungswerberin als zweitstärkste Partei einen der beiden Stellvertreter des Bezirksvorstehers vorzuschlagen und die Reduktion um 21 Stimmen eine Losentscheidung hinsichtlich des Vorschlagsrechtes zur Folge hätte (vgl. § 61b Abs 3 WStV iVm § 99 Abs 1 Wr. GWO 1996), kann somit kein Zweifel daran bestehen, dass die aufgezeigte Rechtswidrigkeit betreffend die mittels Briefwahl abgegebenen Stimmen österreichischer Staatsbürger im 2. Wiener Gemeindebezirk für die Wahl der Mitglieder der Bezirksvertretung (23 Stimmzettel mehr als in die Ergebnisermittlung einbezogene weiße Wahlkarten) Einfluss auf das Wahlergebnis haben konnte (vgl. schon VfSlg 888/1927; vgl. auch VfSlg 7392/1974, 13.556/1993 sowie 14.847/1997).

2.9. Gemäß § 70 Abs 1 zweiter Satz VfGG hat der Verfassungsgerichtshof in dem der Anfechtung stattgebenden Erkenntnis entweder das ganze Wahlverfahren oder von ihm genau zu bezeichnende Teile des Wahlverfahrens aufzuheben. Eine eingeschränkte Aufhebung der Bezirksvertretungswahl vom für den 2. Wiener Gemeindebezirk im – von der Erstanfechtungswerberin und von der Wiener Stadtwahlbehörde so bezeichneten – "Briefwahlsprengel" scheitert jedoch schon vor folgendem Hintergrund:

2.9.1. Die als "Briefwahlsprengel" bezeichnete Zusammenfassung der von österreichischen Staatsbürgern mittels Briefwahl abgegebenen Stimmen stellt keinen Wahlsprengel iSd § 2 Abs 2 Wr. GWO 1996 dar. Wie die Ausführungen der Wiener Stadtwahlbehörde zeigen, wurden vom Magistrat der Stadt Wien gemäß § 51 Abs 1 leg.cit. lediglich 104 Wahlsprengel iSd § 2 Abs 2 leg.cit. festgelegt, die jeweils einen "konkret genannten räumlichen Zuständigkeitsbereich" innerhalb des 2. Wiener Gemeindebezirkes und somit auch einen von vornherein festgelegten, durch ein abgeschlossenes Wählerverzeichnis abgegrenzten Wählerkreis umfassen. Im Gegensatz zu den Wahlsprengeln nach § 2 Abs 2 leg.cit. umfasst die als "Briefwahlsprengel" bezeichnete Einteilung jedoch keinen von vornherein festgelegten und abgegrenzten Wählerkreis; vielmehr ergibt sich erst im Zuge des Einlangens der Wahlkarten durch die Erfassung der unter den Laschen befindlichen Daten gemäß § 58a Abs 4 leg.cit. der Kreis jener Personen, die ihre Stimme mittels Briefwahl abgegeben haben.

Gemäß § 22 Wr. GWO 1996 ist jeder Wahlberechtigte in das Wählerverzeichnis des Wahlsprengels einzutragen, in dem er am Stichtag seinen Hauptwohnsitz hat. An der Wahl nehmen gemäß § 17 Abs 1 leg.cit. nur Wahlberechtigte teil, deren Namen im abgeschlossenen Wählerverzeichnis enthalten sind. Gegen die Wählerverzeichnisse sehen die §§24 ff leg.cit. ein Einspruchs- und Berufungsverfahren vor. Dadurch wird eine Überprüfbarkeit der Wählerverzeichnisse, die letztlich jenen Wählerkreis umfassen, der in einem Wahlsprengel wahlberechtigt ist, gewährleistet. Eine vergleichbare Möglichkeit hinsichtlich der gemäß § 58a Abs 4 leg.cit. erfassten Daten besteht jedenfalls nicht.

Zudem ergibt sich auch ein Widerspruch zwischen den gemäß § 58a Abs 4 Wr. GWO 1996 erfassten Wählern und dem Ergebnis der Nachzählung durch die Stadtwahlbehörde und den Verfassungsgerichtshof: So enthält die – einen Teil der gemäß § 58a Abs 4 leg.cit. erfassten Wähler beinhaltende – "Liste der miteinzubeziehenden weißen Briefwahlkarten" (vgl. dazu Punkt I.11. und Punkt III.2.3.) nämlich lediglich die Namen von 8.221 Wählern. Sowohl die Nachzählung durch die Wiener Stadtwahlbehörde als auch durch den Verfassungsgerichtshof hat jedoch eine Anzahl von 8.223 in die Ergebnisermittlung einbezogenen weißen Wahlkarten ergeben. Die Anzahl der Wähler auf dieser "Liste" weicht somit um 2 vom durch die Wiener Stadtwahlbehörde und den Verfassungsgerichtshof in einer Nachzählung ermittelten Ergebnis ab. Auch – angesichts der (insbesondere durch das Öffnen der Wahlkarten durch die Bezirkswahlbehörde) teilweise nicht vollständig lesbaren persönlichen Daten auf den Wahlkarten – kann nicht mehr zweifelsfrei nachvollzogen werden, welche Wähler im Rahmen der Briefwahl an der Wahl teilgenommen haben.

2.9.2. Der von der Erstanfechtungswerberin gestellte Hauptantrag erweist sich demnach als zu eng gefasst. Es ist daher dem Eventualantrag auf Nichtigerklärung der Bezirksvertretungswahl vom für den 2. Wiener Gemeindebezirk stattzugeben und das Verfahren der Bezirksvertretungswahl im 2. Wiener Gemeindebezirk insoweit aufzuheben, als es der Veröffentlichung der Wahlvorschläge nachfolgt, weil frühestens ab diesem Zeitpunkt Wahlkarten – diese sind gemäß § 41 Abs 2 Wr. GWO 1996 nämlich zusammen mit dem amtlichen Stimmzettel und einem Wahlkuvert auszufolgen – ausgestellt werden konnten (vgl. VfSlg 19.278/2010; ).

2.10. Dem Vorbringen der Erstanfechtungswerberin, die in § 90 Abs 1 Wr. GWO 1996 vorgesehene dreitägige Einspruchsfrist nach der entsprechenden Verlautbarung an der Amtstafel (§§85 Abs 6 und 88 Abs 3 leg.cit.) sei zu kurz, um hinreichend glaubhaft zu machen, warum und inwieweit die ziffernmäßige Ermittlung, die Berichtigung von Ergebnissen oder die Beurteilung einzelner Stimmzettel nicht den Bestimmungen des Gesetzes entsprechen, vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu folgen: Er lässt sich dabei zum einen von der Überlegung leiten, dass den wahlwerbenden Parteien im Wege der von ihnen in die Wahlbehörden zu entsendenden Beisitzer oder Vertrauenspersonen die für die Begründung eines Einspruches erforderlichen Informationen rechtzeitig, und zwar schon vor dem Zeitpunkt der Verlautbarung des Wahlergebnisses an der Amtstafel und somit vor Beginn der Einspruchsfrist, zugänglich werden. Zum anderen ist davon auszugehen, dass die in den Einsprüchen behaupteten Rechtswidrigkeiten bloß glaubhaft zu machen sind (vgl. § 90 Abs 2 leg.cit.) und daher an ihre Bescheinigung keine derart hohen Anforderungen zu stellen sind, dass ihnen nicht auch in kurzer Frist entsprochen werden könnte (vgl. VfSlg 15.033/1997).

2.11. Betreffend die Bedenken der Erstanfechtungswerberin hinsichtlich des Fehlens einer schriftlichen Einspruchsmöglichkeit gegen die gesetzwidrige Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln durch die Stadtwahlbehörde an den Stadtsenat in § 90 Abs 1 Wr. GWO 1996 sind beim Verfassungsgerichtshof schon vor dem Hintergrund der bestehenden Möglichkeit einer Anfechtung nach Art 141 B VG, mit der sämtliche Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens geltend gemacht werden können, und des dem Landesgesetzgeber zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes, ob und inwieweit er ein der Anfechtung nach Art 141 B VG vorgeschaltetes Verfahren einrichtet (vgl. VfSlg 13.628/1993), keine verfassungsrechtlichen Bedenken entstanden.

IV. Ergebnis

1. Die Wahlanfechtung der Zweitanfechtungswerberin ist zurückzuwiesen.

2. Im Übrigen wird der Wahlanfechtung der Erstanfechtungswerberin stattgegeben und das Verfahren zur Wahl der Bezirksvertretung für den 2. Wiener Gemeindebezirk vom insoweit aufgehoben, als es der Veröffentlichung der Wahlvorschläge nachfolgt.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2016:WI22.2015