VfGH vom 22.08.2014, WI2/2014
Leitsatz
Abweisung einer Anfechtung der Wahl zum Europäischen Parlament vom Mai 2014; keine Bedenken gegen die gesetzlichen Bestimmungen über die Stimmabgabe mittels Briefwahl; kein Verstoß gegen die unionsrechtlich verankerten Wahlgrundsätze der freien und geheimen Wahl; keine Gesamtänderung der Bundesverfassung; "early voting" dem System der Briefwahl immanent; keine gesetzwidrige Reihenfolge der wahlwerbenden Parteien auf dem amtlichen Stimmzettel; Unbedenklichkeit des - auch in die Europawahlordnung eingeführten - Systems der Unterstützungsunterschriften
Spruch
Der Anfechtung wird nicht stattgegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Anfechtung und Vorverfahren
1. Am fand die von der Bundesregierung durch Verordnung BGBI. II 35/2014 ausgeschriebene Wahl zum Europäischen Parlament statt.
1.1. Dieser Wahl lagen die von der Bundeswahlbehörde überprüften Wahlvorschläge folgender wahlwerbender Parteien zugrunde:
Österreichische Volkspartei – Liste Othmar Karas (ÖVP), Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ), Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) – Die Freiheitlichen (FPÖ), Die Grünen – Die Grüne Alternative (GRÜNE), BZÖ – Liste Mag. Werthmann (BZÖ), NEOS Das Neue Österreich und Liberales Forum (NEOS), Die Reformkonservativen – Liste Ewald Stadler (REKOS), Europa Anders – KPÖ, Piratenpartei, Wandel und Unabhängige (ANDERS) und EU-Austritt, Direkte Demokratie, Neutralität (EU-Stop) (EUSTOP).
1.2. Laut – am verlautbarter – Feststellung der Bundeswahlbehörde wurden bei dieser Wahl insgesamt 2.823.561 gültige Stimmen abgegeben, 85.936 Stimmzettel wurden als ungültig gewertet. Es gelangten 18 Mandate zur Vergabe. Davon entfielen auf die
ÖVP: 761.896 Stimmen (5 Mandate), SPÖ: 680.180 Stimmen (5 Mandate), FPÖ: 556.835 Stimmen (4 Mandate), GRÜNE: 410.089 Stimmen (3 Mandate), BZÖ: 13.208 Stimmen (0 Mandate), NEOS: 229.781 Stimmen (1 Mandat), REKOS: 33.224 Stimmen (0 Mandate), ANDERS: 60.451 Stimmen (0 Mandate) und EUSTOP: 77.897 Stimmen (0 Mandate).
2. Mit ihrer am eingebrachten, auf Art 141 B VG gestützten Anfechtung beantragt die Wählergruppe "EU-Austritt, Direkte Demokratie, Neutralität (EU-Stop)", vertreten durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter, der Verfassungsgerichtshof möge die Wahl zum Europäischen Parlament vom "für nichtig erklären und wegen Rechtswidrigkeit zur Gänze aufheben".
Begründend führt die anfechtungswerbende Partei im Wesentlichen Folgendes aus:
"1. Sachverhalt:
[…]
ln der 'Ausschreibung' ist nicht enthalten, wie viele Abgeordneten-Posten im EU-Parlament in Österreich überhaupt ausgeschrieben werden.
[…]
Die Bundeswahlbehörde beschlo[ss] am den amtlichen Stimmzettel und die Reihenfolge der wahlwerbenden Parteien. ln Folge dessen wurde EUSTOP der Listennummer 10 am Stimmzettel zugeteilt. Insgesamt befinden sich aber nur neun Parteien am Stimmzettel. Die Liste 3 bleibt leer.
[…]
Der Versand der (Brief-)Wahlkarten […] in Österreich startete in einigen Gemeinden am , z.B. in Graz […]. Andere Gemeinde[n] haben offenbar einige Tage später mit dem Versand begonnen. Es gibt aber auch Fälle, wo jemand bereits am die Wahlkarte zugesandt bekommen hat. […] Bei Bedarf können auch […] Personen namhaft gemacht werden, die […] Ende April bis Mitte Mai 2014 die Wahlkarten zugesandt bekommen haben.
Insgesamt wurden laut österreichischem Innenministerium 444.057 Wahlkarten für die EU-Wahl 2014 in Österreich ausgestellt […]. 353.790 Briefwahlstimmen wurden letztendlich als gültig gewertet. Das sind mehr als 12% der gültigen 2.823.561 Stimmen und entscheiden die Vergabe von zwei bis drei Mandaten im EU-Parlament[.]
Sofort nach Erhalt der (Brief-)Wahlkarte – und noch vor dem von der EU festgelegten Wahlzeitraum 22.5.- – haben mehrere tausend (wenn nicht sogar über 100.000) Wahlkartenbesitzer in Österreich ihre (Briefwahl-)Stimme abgegeben. Der Nachweis ist insoferne leicht zu führen, da die Rücksendekuverts einen Poststempel haben mü[ss]ten bzw. bei Stimmabgaben auf den Magistratischen Bezirksämtern, Rathäuser oder Bez[ir]kswahlbehörden vermutlich vermerkt wurde.
[…]
Der staatliche Rundfunk ORF gab am bereits [u]m 17 Uhr Ergebnisse von Gemeinden, Bundesländer[n] und Bundesergebnisse beruhend auf dem jeweiligen Auszählungsstand bekannt und zwar über Fernsehen, Radio und Internet. Die Daten hatte der ORF vermutlich direkt vom Innenministerium oder über den Umweg der APA. Um 18:00 Uhr schließen die letzten Wahllokale im EU-Mitgliedsland Deutschland. Um 21:00 Uhr schließen die letzten Wahllokale im EU-Mitgliedsland Polen. Um 23:00 Uhr schließen die letzten Wahllokale in der EU, um genau zu sein in Italien.
[…]
Laut der Webseite des Österreichischen Verfassungsgerichtshofes werden die beruflichen Werdegänge der Verfassungsrichter sehr genau dargestellt, nicht jedoch ihre derzeitigen oder ehemaligen Parteimitgliedschaften und auch nicht, welche politische Partei sie für den Posten des Verfassungsrichters vorgeschlagen hat. Alle 14 Verfassungsrichter werden im gegenständlichen Verfahren – immerhin geht es hier um eine Wahlanfechtung einer wahlwerbenden Partei – entscheiden, so sie sich nicht für – politisch – befangen erklären.
2. Anfechtungsgegenstand:
Bei der Wahl der österreichischen Mitglieder zum Europäischen Parlament am wurden Bestimmungen der EuWO, namentlich § 46 (1), § 61 (2), sowie [Art9 und 10 des EU-Direktwahlaktes], Beschluss des Rates vom […] zur Festsetzung des Zeitraums für die achte allgemeine unmittelbare Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments, 2013/299/EU, Euratom: Artikel 1, Artikel 23a (1) B VG, Art 6 EMRK und Art 3 1. ZP EMRK in einem Maße verletzt, dass die Rechtswidrigkeiten auf das Wahlergebnis von Einfluss sein konnten und auch tatsächlich von Einfluss waren.
Bei den § 26, § 27, § 30 Abs 2 und § 36 EuWO werden Gesetzesprüfungsverfahren durch den Verfassungsgerichtshof angeregt.
Bei gesetzeskonformer Durchführung der Wahl hätte es ein anders Wahlergebnis […] gegeben und auch eine andere Mandatsverteilung.
Wir fechten daher die Wahl der Österreichischen Mitglieder zum Europäischen Parlament im Bundesgebiet vom wegen Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens an und beantragen, das Wahlverfahren für nichtig zu erklären, wegen Rechtswidrigkeit zur Gänze aufzuheben und wiederholen zu lassen.
[…]
4. Behauptete Rechtswidrigkeiten:
4.1. Wählen außerhalb der von der EU festgelegten Wahlzeit
[…]
Österreichische Briefwähler konnten schon Wochen vor dem von der EU festgelegten Wahlzeitraum wählen. Aus dem geltenden EU-Recht geht der Wahlzeitraum 22. bis hervor und zwar ohne Ausnahmen, auch nicht für die Briefwahl. Hätte die EU einen längeren Zeitraum für die Stimmabgaben haben wollen, dann hätte sie das auch so beschließen können, hat die EU aber nicht. Die Briefwahl ist im EU-Recht nicht vorgesehen, aber wenn man das schon hineinzuinterpretieren versuchte, dann höchstens in den 4 Tagen des von der EU ausgeschrieben[en] Wahlzeitraumes.
[…]
EU-rechtswidriger Weise wurde […] in Österreich eine Stimmabgabe außerhalb des von der EU festgesetzten Wahlzeitraums ermöglicht, die allerdings nur für die Briefwahlwähler galt. […] Ab wann die Österreichischen Behörden Wahlkarten versenden dürfen und so den Beginn der Wahlzeit für die Briefwähler auslösen, ist in der gesamten EuWO nicht zu finden. Dies steht offenbar im Belieben der jeweiligen Gemeinde. Da kann es offenbar bei den verschiedenen Gemeinden Unterschiede von Tagen und Wochen geben, obwohl sonst bei der Wahlzeit alles auf Minuten geregelt ist. Dadurch haben nicht alle Wahlberechtigten einer Gemeinde und auch nicht in ganz Österreich annähernd die gleiche Chance, an der EU-Wahl teilzunehmen. […] Aus unserer Sicht kann weder der österreichische Gesetzgeber […] und schon gar nicht die Gemeinden […] eine rechtsgültige Wahlzeit vor der – von der übergeordneten EU festgelegten – Wahlzeit ermöglichen. Somit sind alle Österreichischen Stimmzettel zur Europawahl 2014, die vor dem [um] 0.00 […] Uhr ausgefüllt und abgesendet bzw abgegeben wurden, [EU]-rechtswidrig und somit ungültig. Um eine rechtsgültige Wahl zu ermöglichen[,] haben die Wahlbehörden der EU-Mitgliedsländer […] alle notwendigen und möglichen Schritte zu setzen, um einen Mi[ss]brauch und eine rechtswidrige Stimmabgabe zu verhindern. Daraus kann folgen, da[ss] die Wahlkartenstimmabgabe / Briefwahl zur Gänze gegen wesentliche Grundsätze der demokratischen Grundordnung verstößt und somit zur Gänze rechtswidrig ist. Der VfGH sollte prüfen, ob diese österreichische Bestimmung des § 46 Abs 1 EuWO betreffend die Stimmabgabe vor der von der EU festgelegten Wahlzeit [EU]-rechtswidrig ist oder nicht, sowie ob die Wahlkartenstimmabgabe rechtswidrig ist.
Relevanz der Einhaltung de[s] von der EU vorgegebenen Wahlzeitraum[s]: Das Wählen nach Wahlschlu[ss] mittels Briefwahl – gesetzlich verboten und dennoch bis möglich – hatte das Problem, da[ss] damit jede Wahl besonders leicht nachträglich manipuliert werden konnte. Man gab dem Wahlbetrug den hübscheren Name[n] 'taktisches Wählen'. Aber das half auch nichts. Letztendlich wurde das Wählen nach Wahlschlu[ss] per abgeschafft. Das Wählen vor Wahlbeginn bringt – neben der Rechtswidrigkeit – ganz andere Probleme mit sich: 1. Haben die Wähler – die lange vor dem rechtmäßigen Wahlbeginn gewählt haben – nicht den gleichen Informationsstand. ln Wirklichkeit machen die ganzen Wahldiskussionssendungen keinen Sinn, wenn die Leute schon Wochen vorher gewählt haben. Dann macht auch die ganze Wahlwerbung keinen Sinn, für die die Parlamentsparteien immerhin Millionen an Steuergelder[n] kassieren. 2. [k]önnen so Personen wählen, die den Wahltag gar nicht mehr erlebt haben, weil sie knapp davor verstorben sind. 3. Ist auch gesetzlich überhaupt nicht geregelt, was mit den bereits seit Wochen abgegebenen Stimmen zu passieren hat. Wer garantiert, da[ss] die Stimmzettel innerhalb von Wochen nicht in einem unbeobachteten oder unbewachten Moment manipuliert werden oder gar verschwinden?
Neue Parteien wurden erst mit der Berichterstattung in den Medien in Richtung rechtskonformer Wahltag am immer mehr bekannt. Das gilt insbesondere für die Anfechtungswerberin, die Liste 10, EUSTOP. Im Zeitraum (erste Gemeinde[n] verschickten die Wahlkarten) und 0:00 Uhr (Beginn der rechtskonformen Wahlzeit) gab es zahlreiche Livesendungen und Zeitungsbeiträge mit dem Spitzenkandidaten von EUSTOP, Mag. Robert Marschall. […] lnsoferne wäre das Einhalten des von der EU [EU]-weit vorgegebenen Wahlzeitraums nicht nur fair und rechtskonform gewesen, sondern für die Liste 10 EUSTOP besonders vorteilhaft gewesen.
4.2. Wahlverfälschung durch mehrfache Stimmabgabe
[…]
Es gibt im österreichischen Recht und EU-Recht keine Bestimmung bezüglich der Vorkehrungen, um eine doppelte Stimmabgabe von EU-Bürgern zu verhindern bzw. diese überhaupt festzustellen.
Mag. Robert Stein – Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium – erklärte im Presseinterview am , da[ss] es kaum zu kontrollieren sei, ob EU-Bürger nur einmal oder doch zweimal gewählt haben. Und noch direkter: 'Die Doppelwahl von Doppelstaatsbürgern lä[ss]t sich nicht verhindern, weil das EU-Recht nichts dagegen vorsieht'. Der deutsche Grün-Politiker Beck sieht das Problem darin, da[ss] es kein einheitliches europäisches Wahlregister gibt.
[…]
Eine doppelte Stimmabgabe ist meist nur mit einer Briefwahl möglich, da man an einem Wahltag schwer in 2 EU-Ländern sein kann und wenn dann nur zu hohen Reisekosten z.B. wenn man einen Wohnsitz in Brüssel und in Wien hat. Das zeigt auf, da[ss] die Br[ie]fwahl besonders mi[ss]brauchsanfällig ist. Bis jetzt hat das österreichische Innenministerium nicht bekannt gegeben, wie[v]iele Wahlberechtigte mit Doppelstaatsbürgerschaften sich unter den in Österreich Wahlberechtigten befunden haben. Daher können wir auch nicht abschätzen, wie groß der mögliche Mi[ss]brauch gewesen ist und ob sich dadurch die Mandatsvergabe verändert hätte. Auch ist uns keine Abschätzung des Innenministeriums bekannt, wie viel[e] Österreich[er] im EU-Ausland und wie viel[e] EU-Bürger in Österreich doppelt gewählt haben könnten. Mit Sicherheit sind es mehr als nur Einzelfälle. Es scheint in Österreich überprüfenswert, inwieweit eine doppelte Stimmabgabe von EU-Bürgern ausgeschlossen werden konnte oder ob es nicht sogar wie in Deutschland eine Aufforderung zur – in vielen Fällen doppelten – Stimmabgabe gab. Die mehrfache Stimmabgabe stellt einen Verstoß gegen den [EU-Direktwahlakt] dar, also auch gegen Artikel 23a (1) B[-]VG. Die EU-Wahl, wo mehrfache Stimmabgaben möglich sind, ist EU-rechts- und verfassungswidrig. Es ist aber Aufgabe des Staates[,] Rahmenbedingungen zu schaffen, um eine rechtskonforme Wahl zu ermöglichen.
Die Bestimmungen zur Briefwahl in Österreich in der EuWO § 26, § 27 und § 46 sind nicht EU-rechtskonform und nicht verfassungskonform. Es wird angeregt, da[ss] der VfGH die Bestimmungen zur Briefwahl überprüft.
Antrag: Die Wahl der Mitglieder zum Europäischen Parlament vom ist daher für nichtig zu erklären und als rechtswidrig aufzuheben. Bei der Wahlwiederholung mu[ss] von den Österreichischen Behörden sichergestellt werden, da[ss] nur jene EU-Bürger in Österreich wahlberechtigt sind, die nicht bereits in ihrem Heimatland wahlberechtigt sind.
4.3. Briefwahl in Österreich entspricht nicht dem persönlichen, geheimen, freien EU-Wahlrecht und auch nicht der Bundesverfassung.
[…]
Nach ständiger Rechtsprechung verpflichtet [Art3 1. ZPEMRK] die Mitgliedstaaten auch zur Setzung positiver Maßnahmen, begründet also 'positive obligations'. Wie alle Grundrechte müssen auch diese Wahlrechtsgarantien wirksam und effektiv sein ('practical and effective') sein und dürfen nicht nur theoretisch und illusorisch ('theoretical and illusionary') sein.
[…]
[…] Durch die Briefwahl werden das persönliche, geheime und freie Wahlrecht ad absurdum geführt und somit EU-Recht schwerwiegend durchbrochen. […]
Ein Briefwahlrecht ist im Wahlrecht der Europäischen Union nicht vorgesehen und das wird seinen guten Grund haben. Ein Mi[ss]brauch der Briefwahl ist gegenwärtig leicht möglich, insbesondere auch das Weitergeben oder Verkaufen von (Brief-)Wahlkarten. Das Weitergeben oder Verkaufen der (Brief-)Wahlkarte ist deshalb in Österreich leicht möglich, weil keine Wahlkommission die persönliche und geheime Stimmabgabe der Briefwähler garantieren kann. Die Unterschrift zur eidesstaatlichen Erklärung greift zu kurz, denn die könnte man sich bei der rechtswidrigen Weitergabe der Wahlkarte gleich mitgeben lassen. Somit ist es auch leicht möglich, da[ss] Personen in einem Abhängigkeitsverhältnis gezwungen werden können, ihre Wahlkarte [jemandem] anderen zu überlassen […]. Damit ist dann aber das freie und persönliche Wahlrecht nicht mehr gegeben. Es liegt somit nicht nur ein Verstoß gegen die österreichische Bundesverfassung vor, sondern auch gegen geltendes EU-Recht.
Die Bestimmungen zur Briefwahl in Österreich in der EuWO § 26, § 27 und § 46 sind nicht EMRK-konform, nicht EU-rechtskonform und nicht verfassungskonform. Es wird angeregt, da[ss] der VfGH die Bestimmungen zur Briefwahl überprüft.
Es gäbe eine einfache Lösung, wie auch jene Leute wählen können, die am Wahltag nicht in ihrer Heimatgemeind[e] sind, nämlich mit Wahlkarten, mit denen man in amtlichen Wahllokalen anderer Gemeinden wählen kann. Dieses System hat es in Österreich bis zum gegeben und garantierte eine rechtskonforme Wahl.
[…]
4.4. Dzt. Festlegung der Reihenfolge am Stimmzettel diskriminiert neue Parteien; [n]ur wahlwerbende Parteien haben am Stimmzet[t]el aufzuscheinen.
[…]
Insgesamt werden über […] § 36 der EuWO neu kandidierende Parteien massiv benachteiligt. Parteien, die zuletzt im Europäischen Parlament vertreten waren[,] wissen schon seit der letzten EU-Wahl – also 5 Jahre vorher –, welchen Listenplatz sie bei der kommenden EU-Wahl am Stimmzettel haben werden[,] und können ihre Wahlwerbung dahingehend vorbereiten. Neu kandidierende Parteien erfahren die ihnen zugewiesene Listennummer am Stimmzettel erst kurz nach Ende der Einreichungsfrist für die Wahlvorschläge. Bei dieser EU-Wahl war das erst am […] – also erst knapp 1 Monat vor dem Wahltag. Das benachteiligte EUSTOP sehr, weil wir deshalb keine entsprechenden Plakate und Flugblätter vorher mit der richtigen Listennummer drucken lassen konnten. Dies ist ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Man kann sich auch die Frage stellen, wie unfair ein Wahlrecht sein mu[ss], da[ss] es als verfassungswidrig aufgehoben wird. Fair wäre aus unserer Sicht, wenn die Reihenfolge der Parteien am Stimmzettel nach der Anzahl der abgegebenen Unterstützungserklärungen des eingereichten Wahlvorschlages einer Partei stattfindet oder alphabetisch nach dem Anfangsbuchstaben der kandidierenden Parteien.
Rechtswid[ri]ges Kuriosum mit leerer Liste 3 am Stimmzettel: Beim Stimmzettel der EU-Wahl 2014 in Österreich blieb die Zeile Nummer 3 leer. […] Das führte zu dem Kuriosum, da[ss] zwar 9 Parteien kandidierten, sich die wahlwerbende Partei EUSTOP aber auf den 10[.] Listenplatz befand. Das war einigen Leuten ganz schwer zu erklären. Manche Wahlberechtigte glaubten, da[ss] wir als Liste EUSTOP die Kandidatur nicht geschafft haben, weil sie in den Medien gehört, gesehen und· gelesen haben, da[ss] nur 9 Parteien am Stimmzettel stehen werden (Manche Medien berichteten sogar nur über 8 Parteien und Spitzenkandidaten). Das hat somit die Liste 10 (EUSTOP) am meisten betroffen. Einen solchen Fall hat es laut Medienberichten noch nie in Österreich gegeben.
Jedenfalls war der Stimmzettel nicht gesetzeskonform erstellt. […] § 61. EuWO […] bestimmt, wie der amtliche Stimmzettel auszu[s]ehen hat: Abs 2)[:] Der amtliche Stimmzettel hat für jede wahlwerbende Partei eine gleich große Zeile vorzusehen. Umkehrschlu[ss]: Für nicht-wahlwerbende Parteien ist – nach einer Wortinterpretation des Gesetzestextes – keine gleich große Zeile vorzusehen. Klarer Weise und international üblich ist es, für nicht wahlwerbende Parteien gar keine Zeile vorzusehen. Dieses ergibt vermutlich auch eine teleologische Interpretation des Gesetzestextes. Da[ss] unter Liste 3 sich keine wahlwerbende Partei und keine Kandidaten an der Wahlwerbung beteiligten[,] ging schon aus den veröffentlichten Wahlvorschlägen nach § 36 EuWO hervor, wo völlig zu recht 'leer' geschrieben stand.
Antrag: Der VfGH möge prüfen, ob § 36 Abs 3 - 5 EuWO verfassungskonform sind. Der VfGH möge den verwendeten amtlichen Stimmzettel als gesetzwidrig zu § 62 Abs 2 EuWO erkennen.
(Exkurs: Wieviele Wahlberechtigte die Phantom-Liste 3 am Stimmzettel angekreuzt haben, wurde weder von der Bundeswahlbehörde[…] noch vom Innenministerium verlautbart. Warum nicht? Weil es so peinlich ist? Man könnte doch die Öffentlichkeit dahingehend informieren, da[ss] xy Wahlberechtigte ungültig gewählt haben und davon z Wahlberechtigte die Phantom-Liste 3 angekreuzt haben, wo jedes Ankreuzen als ungültige Stimme gezählt wurde.)
4.5. Ungleichbehandlung der Parteien in Bezug auf die Kandidatur
[…]
Grundsätzlich ist [die] gesetzliche Bestimmung [in § 30 Abs 2 EuWO] noch keine Ungleichbehandlung, weil jede wahlwerbende Gruppe die Möglichkeit hat, die Unterschrift eines Abgeordneten am Wahlvorschlag zu erlangen. Allerdings ist es die gelebte Praxis, da[ss] die Mandatare anderer Parteien im Parlament keinen Wahlvorschlag einer anderen Partei unterstützen werden insbesondere im Zusammenhang mit § 30 Abs 2 EuWO, wo festgelegt ist, da[ss] der Abgeordnete nur eine Unterschrift für einen Wahlvorschlag abgeben darf. Diese wird er/sie wohl nur für die eigene Partei und nicht für eine Konkurrenzpartei abgeben, einerseits aus Überzeugung für die eigene Partei, andererseite ev. aus Eigennutz in Hinblick auf die eigene Parteikarriere, weiters um nicht das in ihn bzw in sie gesetzte Wählervertrauen zu verlieren.
Die nicht im österreichischen Nationalrat bzw. im EU-Parlament vertretenen Parteien mu[ss]ten daher mindestens 2600 Unterstützungserklärungen von am Amt überprüften Unterstützern innerhalb von ca. 5 Wochen sammeln, um bei der EU-Wahl 2014 kandidieren zu dürfen und am Stimmzettel zu stehen. Dies stellt eine eklatante Ungleichbehandlung und Benachteiligung neuer Parteien gegenüber den Parlamentsparteien dar, denn diese konnten mit der Unterschrift eines EU-Abgeordneten bzw. 3 Nationalratsabgeordneten ihre Kandidatur zeitsparend und kostensparend bewirken.
Der VfGH möge daher ein Gesetzesprüfungsverfahren zur Überprüfung der Europawahlordnung § 30 Abs 2 einleiten, inwiefer[n] dieser dem Gleichheitsgrundsatz und dem Grundsatz eines 'gleichen Wahlrechts' der österreichischen Bundesverfassung bzw. internationalen Bestimmungen widerspricht.
Relevanz: Hätten alle Parteien die Unterstützungserklärungen sammeln müssen, dann hätte es z.B. die REKOS vermutlich gar nicht auf den Stimmzettel der EU-Wahl 2014 geschafft und die Verteilung der Protestwähler und EU-Kritiker wäre eine ganz andere gewesen. Schon im Vorfeld der Wahl wäre die übermäßig lange Redezeit von Ewald Stadler bei Fernsehdiskussionen anderen Kandidaten – so auch dem EUSTOP-Spitzenkandidaten Mag. Robert Marschall – zu Gute gekommen. Dies hätte eine deutliche Verschiebung der Wähler von allen Parteien in Richtung EUSTOP bewirkt. Dadurch hätte EUSTOP statt 2,8% noch deutlich mehr Stimmen erhalten können und so ein Mandat für das EU-Parlament erreichen können. Bei den REKOS kommt dazu, da[ss] die Kandidatur durch die Unterschrift vom EU-Abgeordneten Ewald Stadler ermöglicht wurde, der bei der EU-Wahl 2009 noch als Spitzenkandidat für das BZÖ kandidierte und er dieses Mandat für die Ermöglichung der Kandidatur der neuen Partei REKOS – wo Ewald Stadler nun selbst Spitzenkandidat ist – im Jahr 2014 mi[ss]brauchte. Das war ganz offensichtlich nicht der Wählerwille der BZÖ-Wähler und [-]Wählerinnen des Jahres 2009, da es die REKOS-Partei ja erst seit Ende des Jahres 2013 gibt. Beim BZÖ sicherte die Kandidatur die EU-Abgeordnete Mag. Angelika Werthmann ab, die bei der EU-Wahl 2009 auf der Liste 'Hans Peter Martin' kandiderte: Die Wähler haben bei der EU-Wahl 2009 der Liste 'Hans Peter Martin' hauptsächlich wegen Hans Peter Martin als Spitzenkandidat das Vertrauen geschenkt […] und nicht um 5 Jahre später über die Listendritte dem BZÖ die Kandidatur zu EU-Wahl 2014 zu ermöglichen.
4.6.: Mängel bei der Kundmachung der Kandidaten:
[…]
Unter 'sichtbar' [iSd § 41 EuWO] ist vermutlich auch 'lesbar' zu verstehen. Tatsächlich war die Schriftgröße – in der die Kandidaten geschrieben wurden – unleserlich klein. […] Diese Kundmachung verwendete eine 4.0 Schriftgröße, was [ein] Drittel der Schriftgröße eines normalen Textes ausmacht. Auch die Fußnoten in wissenschaftlichen Arbeiten gehen nie unter das Format 8.0 herunter, sind also mindestens doppelt so groß wie die in den Wahllokalen ausgehängte Kundmachung der Wahlkandidaten. Diese Schriftgröße war für einen großen Teil der Wähler nicht lesbar. Es gab Kundmachungen mit schwarzen Buchstaben auf blaue[m] Papier (z.B. in Wien […]) und schwarze[n] Buchstaben auf weiße[m] Papier (z.B. in Purkersdorf). Die Version mit schwarzen Buchstaben auf blauem Papier war besonders schwer zu lesen oder für viele Menschen eben gar nicht mehr zu lesen.
Relevanz: Die für viele Wahlberechtigte unleserlich kleine Schrift bewirkte eine massive Behinderung bei der Vergabe von Vorzugsstimmen durch die Wähler. Sinn der Kundmachung (sic) wäre es ja gerade, da[ss] man die Wähler seitens der Behörde auf ihre Wahlmöglichkeiten aufmerksam macht. Dies ist nicht möglich, wenn die Namen unleserlich winzig klein geschrieben werden. […]
Die Wahlbehörden haben also flächendeckend ihre Verpflichtungen nach § 36 Abs 1 EuWO missachtet, weil der unlesbare Aushang nicht als solcher gewertet werden kann. Die Unmöglichkeit für den Wähler, sich in der Wahlzelle über die Kandidaten wirksam zu informieren, muss für sich allein zur absoluten Ungültigkeit der Wahl führen.
[…]
4.8.: Vorzeitige Bekanntgabe von Wahlergebnissen in Österreich
Während in Italien am Sonntag den noch bis 23 Uhr gewählt wurde, wurden in Österreich schon Ergebnisse der EU-Wahl verlautbart. Ab 17 Uhr brachte der ORF Ergebnisse und Hochrechnungen über das Wahlergebnis in Österreich. Ab 19 Uhr wurde das Ergebnis mit einem Auszählungsstand von 96,7% in Österreich […] bereits veröffentlicht. Ab 20 Uhr [war] es vermutlich schon ein 100%-iger Auszählungsstand. Daduch ergibt sich, da[ss] Daten und Informationen über die Wahlergebnisse bereits vor dem offiziellen Wahlschlu[ss] um 17 Uhr in Österreich – bzw vor 23 Uhr in der EU – an behördenfremde Personen (der ORF ist kein staatliches Organ, sondern eine Stiftung sui generis, also staatsfremd) weitergegeben wurden und […] auf Basis der Verletzung des Amtsgeheimnisses [erfolgten] und […] nicht geeignet [waren], […] allfällige Wahlmanipulationen abzuwehren.
Die Veröffentlichungen von Ergebnissen in Österreich stehen im Widerspruch [zu Art 10 Abs 2 des EU-Direktwahlaktes.]
Vermutlich ist der Sinn des geltenden EU-Rechts, Veröffentlichungspraktiken wie jene am Wahltag in Österreich zu verhindern, da diese die Ergebnisse in anderen EU-Ländern beeinflussen können. Insbesondere könnten die Wahlergebnisse Österreichs[…] die Wahlergebnisse in Deutschland und im – zu Italien zählenden – deutschsprachigen Südtirol geführt [sic!] haben.
4.9. Befangene Höchstrichter beim VfGH:
Wir halten Höchstrichter beim VfGH in Wahlrechtsangelegenheiten für befangen, die entweder Parteimitglied einer wahlwerbenden Partei sind oder in der Vergangenheit gewesen [sind], ein[e] Funktion oder [ein] Dienstverhältnis bei einer politischen Partei oder einer ihrer Vorfeldorganisationen hatten[…] oder ein sonstiges politisches Naheverhältnis zu einer wahlwerbenden Partei haben. […] Nur weil kein Ausschließungsgrund nach Art 147 Abs 4 8-VG vorliegt[,] sagt das noch lange nicht, da[ss] auch kein Befangenheitsgrund nach Art 6 EMRK vorliegt. Wir können die […] genannten Verfassungsrichter auf Basis des VfGG § 12 zwar nicht ablehnen, die allfällige Mitwirkung würde jedoch dem Art 6 EMRK widersprechen.
Relevanz: Insbesondere eine bestehe[n]de oder vergangene Parteimitgliedschaft oder ein zurückliegendes Anstellungsverhältnis eines Höchstrichters untermauern das Naheverhältnis eines Höchstrichters zu einer Partei und gerade bei einer Wahl geht es um den politischen Wettbewerb zwischen politischen Parteien. Somit ist nicht ausgeschlossen, da[ss] befangene Höchstrichter – bewu[ss]t oder unbewu[ss]t – zugunsten der Parteien entscheiden, deren Parteimitglied sie sind oder waren. Ein Naheverhältnis von VfGH-Richtern zu beispielsweise SPÖ und ÖVP löst gerade deshalb einen Befangenheitsgrund aus, da SPÖ und ÖVP direkte politische Konkurrenten der wahlwerbenden EUSTOP-Partei sind […] und diese VfGH-Richter somit nicht mehr unbefangen (frei von jeder Emotion) entscheiden können.
[…]
Wie 'unparteilich' und 'unbefangen' können Höchstrichter mit 'Parteibuch' in Gerichtsverfahren zu einer Wahlanfechtung sein, wo es um den politischen Wettbewerb zwischen Parteien geht und wo sie ein politische[s] Naheverhältnis zu einer Partei haben, die an der gegenständlichen Wahl teilgenommen hat? Was ergibt der 'äußere Anschein' schon alleine aufgrund der zahlreichen Medienbericht[e] zur Parteipolitik im Verfassungsgerichtshof? […]
5. Antragstellung:
Die Anfechtungswerberin stellt sohin nachstehenden Antrag[,] der Verfassungsgerichtshof wolle in Stattgebung dieser Anfechtung das Verfahren zur Wahl der österreichischen Mitglieder des Europäischen Parlaments vom für nichtig erklären und wegen Rechtswidrigkeit zur Gänze aufheben." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
3. Die Bundeswahlbehörde als die nach der EuWO höchste Wahlbehörde (§68 Abs 2 VfGG) legte die Wahlakten vor und erstattete eine Gegenschrift. Darin führt die Bundeswahlbehörde im Wesentlichen Folgendes aus:
"Am Rande sei angemerkt, dass die die wahlwerbende Gruppe 'EU-Austritt, Direkte Demokratie, Neutralität (EU-Stop)' keinerlei Gebrauch von der in § 6 Abs 2 EuWO geregelten Möglichkeit gemacht hat, Vertrauenspersonen in die Bundeswahlbehörde zu entsenden. Diese (maximal zwei) Vertrauenspersonen hätten an allen Sitzungen der Bundeswahlbehörde betreffend die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments teilnehmen und den jeder wahlwerbenden Partei zustehenden unmittelbaren Einblick in die einzelnen Schritte des Wahlverfahrens nützen können. Auch der Beschlussfassung des amtlichen Endergebnisses im Rahmen der Sitzung der Bundeswahlbehörde am hätte die Anfechtungswerberin auf diese Weise beiwohnen können.
3. Zum inhaltlichen Vorbringen der Anfechtungswerberin:
3.1. Zur Frage des 'Wählens außerhalb der von der EU festgelegten Wahlzeit' (Punkt 4.1. der Anfechtungsschrift):
[…]
Gemäß Art 8 des Direktwahlaktes bestimmt sich das Wahlverfahren vorbehaltlich der Vorschriften des Direktwahlaktes in jedem Mitgliedstaat nach dessen innerstaatlichen Vorschriften. Diese können dabei den Besonderheiten in einem Mitgliedstaat Rechnung tragen, solange nicht das Verhältniswahlsystem insgesamt in Frage gestellt wird. Es steht außer Zweifel, dass die Normierung verschiedener Möglichkeiten der Stimmabgabe (so genannte 'voting channels', Näheres unter Punkt 3.3.) im Gestaltungsspielraum des innerstaatlichen Gesetzgebers liegt. Auch in einer Zusammenschau mit den Regelungen der […] Richtlinie 93/109/EG […] kann Art 10 Abs 1 des Direktwahlaktes nur in der Weise interpretiert werden, dass die Wahl zwar grundsätzlich in dem genannten viertägigen Zeitraum stattzufinden hat, dass aber auch andere 'voting channels' bereits vor dem Wahltag oder den Wahltagen zulässig sind. Anders wäre nämlich die Richtlinie 93/109/EG nicht umsetzbar, in welcher Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern mit Hauptwohnsitz außerhalb des Herkunftsmitgliedstaates eine Wahlmöglichkeit zwischen der Stimmabgabe im Herkunftsmitgliedstaat und der Stimmabgabe im Wohnsitzmitgliedstaat eingeräumt wird. Auf diesen Umstand hat die Anfechtungswerberin selbst in der Anfechtungsschrift unter Punkt 2 ausdrücklich verwiesen. Eine solche Stimmabgabe 'aus dem Ausland' wird in aller Regel nur durch besondere Lösungen, insbesondere durch Briefwahl-Modelle, umsetzbar sein.
Durch Art 26 Abs 6 in Verbindung mit Art 23a Abs 4 B-VG ist für Österreich verfassungsrechtlich klargestellt, dass die Briefwahl bei Europawahlen zulässig ist. Da einer Briefwahl-Lösung die Möglichkeit einer Stimmabgabe vor dem Wahltag geradezu immanent ist, nimmt der Gesetzgeber den unterschiedlichen Informationsstand von Wählerinnen und Wählern und den Umstand, dass Personen bereits ihre Stimme abgegeben haben, die in der Folge vor dem Wahltag verstorben sind, in Kauf. Für die Aufbewahrung und Auswertung der bis zum Wahltag verschlossen zu lassenden Wahlkarten, die zur Stimmabgabe mittels Briefwahl verwendet worden sind, enthält die Europawahlordnung detaillierte Regelungen (§46 EuWO).
Bei der Einführung der Briefwahl in Österreich im Jahr 2007 wurden bezüglich der von der Anfechtungswerberin aufgeworfenen Frage auch weder im Begutachtungsverfahren[…] noch im parlamentarischen Prozess von irgendeiner Seite Zweifel an der unionsrechtlichen Zulässigkeit erhoben. Als wesentliches Indiz, dass die Briefwahl bei Europawahlen im Rahmen des Direktwahlaktes zulässig war und ist, gilt auch der Umstand, dass sie außer in Österreich in zahlreichen Mitgliedstaaten – teilweise nur für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger mit Hauptwohnsitz außerhalb des jeweiligen Mitgliedstaates, teilweise für alle Bürgerinnen und Bürger des jeweiligen Mitgliedstaates – angeboten wird. Nach dem im BM.I vorliegenden Wissensstand werden zumindest in Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Frankreich, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, den Niederlanden, Polen, Portugal, Schweden, der Slowakei, Slowenien, Spanien und dem Vereinigten Königreich Modelle einer vorzeitigen Stimmabgabe mit anschließender postalischer Übermittlung angeboten. Eine Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts hat am die Verfassungsmäßigkeit der Briefwahl in der Bundesrepublik Deutschland festgestellt (BVerfGE 59, 119). So liege etwa die Vorverlegung der Wahlhandlung bei der Briefwahl in deren Natur, da der Weg der Wahlkarte von den Wählerinnen und Wählern zur Wahlbehörde in das Verfahren mit eingerechnet werden müsse. Die Briefwahl eröffne zudem Wahlberechtigten, die sich sonst aus gesundheitlichen oder anderen wichtigen Gründen gehindert sähen, ihre Stimme im Wahllokal abzugeben, die Teilnahme an der Wahl. Diese deutsche verfassungsgerichtliche Entscheidung ist insbesondere deshalb bemerkenswert, da die Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit einer Stimmabgabe auf dem Postweg schon 1956 eingeführt hat und diese seit der ersten Direktwahl des Europäischen Parlaments 1979 (als einer von damals lediglich neun Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften) auch für dieses Wahlereignis nützt. Die von Art 8 des Direktwahlaktes gestützte nationalrechtliche Praxis wurde dabei unionsrechtlich nie beanstandet.
Der österreichische Gesetzgeber hat keinen frühestmöglichen Zeitpunkt für die Zulassung einer Stimmabgabe mittels Wahlkarte angeordnet. Ein solcher Zeitpunkt ist auch durch das B-VG weder direkt noch indirekt vorgegeben. Freilich ist eine Ausstellung von Wahlkarten erst dann denkmöglich, wenn der amtliche Stimmzettel produziert worden ist. Die amtlichen Stimmzettel wurden im Auftrag des BM.I vom zuständigen Drucksorten-Provider (Firma ********) in zwei Teillieferungen an die Bezirkswahlbehörden versendet. Die erste Teillieferung der amtlichen Stimmzettel – ungefähr 10 Prozent der Auflagenhöhe – wurde ab dem per Post (EMS) den Bezirkswahlbehörden übermittelt; die restlichen 90 Prozent der amtlichen Stimmzettel ergingen in der Zeit vom bis zum per Spedition an die Bezirkswahlbehörden. Die Städte mit eigenem Statut und die Bezirkshauptmannschaften erhielten die amtlichen Stimmzettel direkt vom Drucksorten-Provider, die Gemeindewahlbehörden erhielten die Stimmzettel über die Bezirkshauptmannschaften, die Sprengelwahlbehörden in Wien über die Landeswahlbehörde und die Sprengelwahlbehörden außerhalb Wiens über die Gemeinden. Hält man sich diesen komplexen Ablauf der Auslieferung vor Augen, liegt es in der Natur der Sache, dass der Beginn der Ausstellung von Wahlkarten nicht in allen 2.354 Gemeinden Österreichs zu ein und demselben Zeitpunkt stattfinden kann. Dessen ungeachtet wurden im BM.I alle logistischen Maßnahmen getroffen, um spätestens am 26. Tag vor dem Wahltag möglichst in allen Gemeinden eine flächendeckende Versorgung der für die Ausstellung der Wahlkarten benötigten Formulare und Drucksorten sicherzustellen.
3.2. Zur Frage der 'Wahlverfälschung durch mehrfache Stimmabgabe' (Punkt 4.2. der Anfechtungsschrift):
Die in der Anfechtungsschrift aufgestellte Behauptung, es gebe 'im österreichischen Recht und EU-Recht keine Bestimmung bezüglich der Vorkehrungen, um eine doppelte Stimmabgabe von EU-Bürgern zu verhindern bzw. diese überhaupt festzustellen' trifft keineswegs zu.
Art9 des Direktwahlaktes bestimmt, dass bei der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments 'jeder Wähler nur einmal wählen' kann. In Art 4 Abs 1 der Richtlinie 93/109/EG ist festgelegt, dass jeder aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft sein aktives Wahlrecht entweder im Wohnsitzmitgliedstaat oder im Herkunftsmitgliedstaat ausüben kann, dass aber bei einer Wahl niemand mehr als eine Stimme abgeben kann. Zur Sicherstellung dieser Vorgabe ist in Art 13 der Richtlinie festgelegt, dass die Mitgliedstaaten untereinander die Informationen auszutauschen haben, die für die Durchführung der Bestimmungen des Art 4 notwendig sind. Hierfür hat der Wohnsitzmitgliedstaat auf der Grundlage der 'förmlichen Erklärungen' gemäß Art 9 und 10 der Richtlinie dem Herkunftsmitgliedstaat rechtzeitig vor jeder Wahl die Informationen über dessen Staatsangehörige, die in das Wählerverzeichnis eingetragen wurden oder die eine Kandidatur eingereicht haben, zu übermitteln. Der Herkunftsmitgliedstaat hat gemäß seinen Vorschriften die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die doppelte Stimmabgabe und die doppelte Kandidatur seiner Staatsangehörigen zu verhindern.
In Umsetzung des Art 13 der Richtlinie 93/109/EG hat der österreichische Gesetzgeber im Jahr 1995 parallel zu den in den Gemeinden zu führenden bestehenden Wählerevidenzen die Europa-Wählerevidenzen als getrennt zu führende Evidenzen gesetzlich verankert. Durch die Regelungen des § 13 des Bundesgesetzes über die Führung ständiger Evidenzen der Wahl- und Stimmberechtigten bei Wahlen zum Europäischen Parlament (Europa-Wählerevidenzgesetz – EuWEG), BGBl Nr 118/1996, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 115/2013 (in der Folge als 'EuWEG' bezeichnet), werden die Daten der nicht-österreichischen Unionsbürgerinnen und Unionsbürger mit Hauptwohnsitz in Österreich sowie die Daten jener Auslandsösterreicherinnen und Auslandsösterreicher, die auf Antrag – unter Abgabe der durch die Richtlinie vorgeschriebenen förmlichen Erklärung – in die Europa-Wählerevidenz einer österreichischen Gemeinde eingetragen sind, in einer speziellen Datenbank, der Zentralen Europa-Wählerevidenz (ZEUWE), zusammengefasst. Die Übermittlung der Daten für die ZEUWE von den Gemeinden – im Wege der Ämter der Landesregierungen – an das BM.I erfolgt jährlich, vor einer Europawahl zusätzlich nach dem Stichtag und nochmals nach Abschluss der Wählerverzeichnisse. Die Übermittlung der Daten der betroffenen Personen an die jeweiligen Herkunftsmitgliedstaaten erfolgt durch Österreich – ausgeführt durch das BM.I – in Vollziehung des § 13 Abs 7 EuWEG kurz nach dem Stichtag zur jeweiligen Europawahl. Im Gegenzug übermitteln viele andere Mitgliedstaaten dem BM.I die in ihren Registern gespeicherten Daten von bei ihnen wahlberechtigten österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern.
Mit den Bestimmungen des EuWEG, insbesondere mit § 13, sind die Vorgaben der Richtlinie 93/109/EG zur Verhinderung von rechtswidrigen Doppel-Stimmabgaben einwandfrei umgesetzt. Auch in der Praxis hat das BM.I bei Durchführung des oben beschriebenen Datenaustausches die Bestimmungen des Unionsrechts und des EuWEG mit großen administrativen Anstrengungen umgesetzt. Hierbei hat sich das BM.I insbesondere an die in Arbeitsgruppensitzungen der Kommission erarbeiteten Vorgaben betreffend die zu übermittelnden Datenfelder und die vereinbarte XML-Schnittstelle mit Verschlüsselung gehalten. So wie viele andere Mitgliedstaaten hat auch Österreich entsprechend den auf Arbeitsgruppenebene bei der Kommission getroffenen Vereinbarungen ein 'single point of contact' (im BM.I) bekanntgegeben, damit der Datenaustausch reibungslos stattfinden kann.
In Vollziehung des § 13 EuWEG hat das BM.I Daten von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern, die in Europa-Wählerevidenzen österreichischer Gemeinden – und somit in der ZEUWE – gespeichert sind, an alle anderen 27 Mitgliedstaaten übermittelt. Insgesamt wurden 31.446 Datensätze weitergeleitet. Im Gegenzug hat Österreich aus 16 Staaten insgesamt 11.674 Datensätze entgegen genommen. Anhand der eingelangten Datensätze wurden die betroffenen Gemeinden über aufgrund einer Doppeleintragung zu streichende Unionsbürgerinnen und Unionsbürger verständigt. Die Streichungen betrafen 2.390 Unionsbürgerinnen und Unionsbürger. Durch diese zahlenmäßige Darstellung wird ersichtlich, dass Österreich, vertreten durch das BM.I, in größtmöglichem Ausmaß für ein europaweites 'Daten-Clearing' betreffend eine mögliche Doppelregistrierung für die Ausübung des Wahlrechts bei Europawahlen Sorge getragen hat.
Dies ändert nichts an dem auch von der Anfechtungswerberin beschriebenen Umstand, dass das System des Datenaustausches auf europäischer Ebene nicht lückenlos funktioniert. Die Vertreterinnen und Vertreter Österreichs in Arbeitsgruppen auf Ebene des Rates und der Europäischen Kommission haben seit 1993 wiederholt darauf hingewiesen, dass nur mit einem vereinheitlichten Fristengefüge ein einigermaßen lückenlos funktionierendes Abgleichen der Datensätze erreicht werden könnte. Die Richtlinie 93/109/EG enthält auch keinerlei Regelungen betreffend Unionsbürgerinnen und Unionsbürger mit zwei oder mehreren Staatsangehörigkeiten. Die Bestimmungen kommen nicht einmal indirekt zum Tragen, da bei dem in Rede stehenden Personenkreis der Herkunftsmitgliedstaat und der Wohnsitzmitgliedstaat typischer Weise identisch sind.
Um eine – stets rechtswidrige – mehrfache Stimmabgabe durch Unionsbürgerinnen und Unionsbürger mit zwei oder mehreren Staatsangehörigkeiten lückenlos zu verhindern, müssten in der Richtlinie entsprechende Vorkehrungen (z.B. systematisierte Erfassung von Doppelstaatsbürgerinnen und Doppelstaatsbürgern in einem europaweit zentralen Register) und entsprechende Vorlaufzeiten getroffen werden. Ohne solche Vorkehrungen hat kein Mitgliedstaat eine Handhabe, allfällige rechtswidrige Stimmabgaben durch Angehörige des betroffenen Personenkreises im Vorhinein zu verhindern. Bezüglich einer möglichen Doppelstimmabgabe durch Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem Herkunftsmitgliedstaat wohnen, ist festzuhalten, dass eine solche Handlung vielerorts den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllen wird.
In Österreich ist mit Blick auf die einschlägige Lehre (Bachner-Foregger in WK² [2009] StGB § 266 Rz 4) davon auszugehen, dass eine Unionsbürgerin oder ein Unionsbürger, der (die) EU-rechtswidrig in die Europa-Wählerevidenz einer österreichischen Gemeinde eingetragen oder allenfalls nicht rechtzeitig gelöscht worden ist, im Fall einer Stimmabgabe bei einer Europawahl in Österreich ein gerichtlich strafbares Delikt gemäß § 266 Abs 1 des Strafgesetzbuches ('Fälschung bei einer Wahl oder Volksabstimmung') verwirklicht. In der Praxis hat sich allerdings gezeigt, dass in vielen der Fälle, in denen der oben beschriebene Datenaustausch zu einer Streichung eines Datensatzes aus einem der beiden Register der betroffenen Mitgliedstaaten geführt hat, die Doppelregistrierung den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern gar nicht bekannt war.
Im BM.I ist bei der zurückliegenden Europawahl kein einziger Fall einer rechtswidrigen Doppelstimmabgabe bekannt geworden. Es wurde auch in keinem einzigen Fall ein konkreter Verdacht erhoben. Damit eine rechtswidrige Doppelstimmabgabe anfechtungsrelevant ist, müsste ein Anfechtungswerber einerseits konkrete Fälle nachweisen, in denen tatsächlich Doppelstimmabgaben stattgefunden haben, und des Weiteren ausführen, dass die jeweilige Stimmabgabe in Österreich – mangels Vorliegen der Voraussetzungen für eine Eintragung in die entsprechende Europa-Wählerevidenz einer Gemeinde und in der Folge in das entsprechende Wählerverzeichnis – tatsächlich rechtswidrig war. Dieser Nachweis müsste zudem hinsichtlich einer so großen Zahl an Fällen erfolgen, dass diese auf das Ergebnis der Europawahl von Einfluss hätten sein können. Einen solchen Nachweis hat die Anfechtungswerberin in keiner Weise erbracht. Vielmehr hat sie bloße Vermutungen, basierend auf der oben beschriebenen Sachlage, geäußert.
3.3. Zur Frage, ob die Briefwahl in Österreich dem 'persönlichen, geheimen, freien EU-Wahlrecht' und der Bundesverfassung entspricht (Punkt 4.3. der Anfechtungsschrift):
Dass einfachgesetzliche Regelungen betreffend eine Anwendung der Briefwahl mit Prinzipien der geheimen und der persönlichen Wahl in Widerspruch stehen würden, hielt der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 10.412/1985 fest. Um die Einführung der Briefwahl in Einklang mit dem Verfassungsrecht zu bringen, wurden daher vom Bundesverfassungsgesetzgeber in mehreren Etappen entsprechende verfassungsgesetzliche Grundlagen geschaffen […]. Mit der Novelle des Bundes-Verfassungsgesetzes BGBl I 2007/27 wurde schließlich in Art 26 Abs 6 B-VG normiert, dass 'Wahlberechtigte, die voraussichtlich am Wahltag verhindert sein werden, ihre Stimme vor der Wahlbehörde abzugeben, etwa wegen Ortsabwesenheit, aus gesundheitlichen Gründen oder wegen Aufenthalts im Ausland, (…) ihr Wahlrecht auf Antrag unter Angabe des Grundes durch Briefwahl ausüben (können). Die Identität des Antragstellers ist glaubhaft zu machen. Der Wahlberechtigte hat durch Unterschrift an Eides statt zu erklären, dass die Stimmabgabe persönlich und geheim erfolgt ist.' Ein Widerspruch zum Verfassungsrecht kann somit nicht mehr bestehen. Auf Basis der genannten Verfassungsänderung wurden in der Folge umfangreiche einfachgesetzliche Änderungen in der EuWO vorgenommen, die auch im Einklang mit den in Art 14 Abs 3 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) genannten Wahlgrundsätzen der allgemeinen, unmittelbaren, freien und geheimen Wahl zu stehen scheinen. Dafür spricht nicht nur eine Absenz jeglicher diesbezüglichen Diskussion in der europarechtlichen Literatur, in Entscheidungen des EuGH oder in Rechtsmeinungen der EU-Institutionen, sondern auch eine legislative Entschließung des Europäische Parlaments vom […] zur Änderung des Direktwahlaktes, in der sich dieses explizit für einen 'voting channel' der Briefwahl bei Europawahlen ausspricht […].
3.4. Zur Frage der Festlegung der Reihenfolge am Stimmzettel (Punkt 4.4. der Anfechtungsschrift):
Der Vorwurf der Anfechtungswerberin, dass die Reihenfolge der wahlwerbenden Gruppen auf dem amtlichen Stimmzettel neue Parteien 'diskriminiere', kann nicht nachvollzogen werden. Die Ausgestaltung des bei der Europawahl 2014 zur Verwendung gelangten amtlichen Stimmzettels wurde durch die Bundeswahlbehörde nach eingehender rechtlicher Prüfung im Rahmen der Sitzung vom festgelegt. Beim Abschluss und bei der Veröffentlichung der Wahlvorschläge und in der Folge bei der Festlegung des Layouts des amtlichen Stimmzettels wurden die einschlägigen Bestimmungen der EuWO exakt umgesetzt. Art 23a B-VG enthält keine näheren Regelungen hinsichtlich der Vergabe der Listenplätze, die Reihung der Listenplätze ist vielmehr durch § 36 Abs 3 und 4 EuWO definiert. Für die Bundeswahlbehörde bedeutete dies, dass sich die Reihenfolge auf den Listenplätzen 1, 2, 4 und 5 nach der Mandatsstärke jener zuletzt im Europäischen Parlament vertreten gewesenen Parteien zu richten hatte, die einen Wahlvorschlag eingebracht haben. Der Bestimmung des § 36 Abs 5 EuWO entsprechend hatte bei der Veröffentlichung des Wahlvorschlages beim 3. Listenplatz das Wort 'leer' aufzuscheinen, da die im Jahr 2009 wahlwerbende Gruppe Liste 'Dr. Martin – Für Demokratie, Kontrolle, Gerechtigkeit' bei der Europawahl 2014 keinen Wahlvorschlag mehr eingebracht hat. In § 61 Abs 2 EuWO ist nämlich vorgesehen, dass der Stimmzettel unter Berücksichtigung der gemäß § 36 EuWO erfolgten Veröffentlichung die aus dem Muster der Anlage 5 ersichtlichen Angaben zu enthalten hat. Somit war es in rechtskonformer Anwendung der zitierten Bestimmungen unausweichlich, die Nummer des Listenplatzes mit der Nummer 3 und das Wort 'leer' in den amtlichen Stimmzettel zu übernehmen.
Die Anfechtungswerberin führt zutreffend aus, dass auf dem amtlichen Stimmzettel für jede wahlwerbende Partei eine gleichgroße Zeile vorzusehen war (§61 Abs 1 erster Satz EuWO). Der in diesem Zusammenhang ins Treffen gebrachte Umkehrschluss, der sich ohnedies nur bei einer bestimmten Betonung der einzelnen Wörter des zitierten Satzes überhaupt nachvollziehen ließe, erscheint mit Blick auf die vom Verfassungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung zur Auslegung wahlrechtlicher Normen strikt nach dem Wortlaut (vgl. z.B. VfSlg 16.034/2000) allerdings vollkommen verfehlt. Allenfalls ließe sich aus dem zitierten Satz des Gesetzestextes unter Beachtung der genannten Interpretationsvorgabe ableiten, dass auf dem amtlichen Stimmzettel für den Listenplatz 3 auch eine Zeile mit einem kleineren – oder sinnloser Weise auch größeren – Zeilenabstand als bei den übrigen Listenplätzen zulässig gewesen wäre.
Dass die Angaben in der Veröffentlichung gemäß § 36 EuWO und auf dem amtlichen Stimmzettel inhaltlich übereinstimmen müssen, erscheint auch aus praktischer Sicht geboten. Das – für rechtswidrig erachtete – Weglassen jener Zeile, in dem die Listenplatz-Bezeichnung '3' und das Wort 'leer' abgedruckt war, hätte bewirkt, dass viele Bürgerinnen und Bürger sich die Frage gestellt hätten, wieso die Listenplätze nicht durchnummeriert sind. Die Anfechtungswerberin übersieht in ihrer Argumentation, dass auch bei einem – als rechtswidrig zu bewertenden – Weglassen der in Rede stehenden Zeile für den 3. Listenplatz die anfechtende wahlwerbende Gruppe den Listenplatz mit der Nummer 10, und nicht jenen mit der Nummer 9, erhalten hätte.
Als völlig verfehlt anzusehen ist die in einem als 'Exkurs' bezeichneten Absatz aufgeworfene Frage der Anfechtungswerberin, warum weder die Bundeswahlbehörde[…] noch das BM.I die Anzahl der Wahlberechtigten verlautbart hat, die 'die Phantom-Liste 3 am Stimmzettel angekreuzt' hätten. Abgesehen davon, dass die Zeile mit dem 3. Listenplatz gar keinen Kreis zum Ankreuzen aufgewiesen hat, übersieht die Anfechtungswerberin, dass eine Kennzeichnung dieses Bereichs jedenfalls zu einer ungültigen Stimme geführt hätte. Eine kumulierte Erforschung von Ungültigkeitsgründen bei der Stimmabgabe und somit die Bekanntgabe einer solchen Aufgliederung ist gesetzlich nicht vorgesehen und wurd[e] daher auch nicht vorgenommen.
3.5. Zur Frage der 'Ungleichbehandlung der Parteien in Bezug auf die Kandidatur' (Punkt 4.5. der Anfechtungsschrift):
Die Bedenken der Anfechtungswerberin, dass den Unterschriften von Nationalratsabgeordneten oder Mitgliedern des Europäischen Parlaments gegenüber den Unterstützungserklärungen von (sonstigen) wahlberechtigten Personen ein ungebührliches Gewicht eingeräumt und somit das gleiche Wahlrecht verletzt werde, sind unbegründet. Österreichische Wahlordnungen auf unterschiedlichen Ebenen sehen seit vielen Jahrzehnten neben dem Sammeln individueller positiver Bekundungen aus dem Wahlvolk die Möglichkeit vor, dass auch Abgeordnete eines allgemeinen Vertretungskörpers ihre Unterstützung für eine wahlwerbende Gruppe deklarieren können. Der Verfassungsgerichtshof hat dies regelmäßig für unbedenklich erachtet, da diese Abgeordneten bereits eine 'nicht unbeträchtliche Zahl von Wahlberechtigten' repräsentieren (vgl. VfSlg 6201/1970, 7387/1974, 10.178/1984 […]). Während in der Regierungsvorlage zu[r] Europawahl im Jahr 1996 (20. GP RV 18 AB 28 S. 5) noch zwei Mitglieder des Europäischen Parlaments vorgesehen waren, wurde im parlamentarischen Verfahren eine Reduzierung auf ein Mitglied vorgenommen; dies erscheint umso nachvollziehbarer, da für ein Mandat im Europäischen Parlament wesentlich mehr Stimmen erzielt werden müssen, als für ein Mandat im Nationalrat […]. Die Zahl von 2.600 Unterstützungserklärungen entspricht der Summe für eine bundesweite Kandidatur bei einer Nationalratswahl […]; der Gesetzgeber hat die Hürden für erforderliche Unterstützungserklärungen in vergangenen Novellen wiederholt gesenkt […].
3.6. Zur Frage möglicher 'Mängel bei der Kundmachung der Kandidaten' (Punkt 4.6. der Anfechtungsschrift):
Der Gesetzgeber hat weder für die in den Wahlzellen gemäß § 44 Abs 4 EuWO anzubringenden Kundmachungen der Wahlvorschläge[…] noch für das durch § 41 EuWO festgelegte Anschlagen dieser Kundmachungen vor den Wahllokalen hinsichtlich der zu verwendenden Schriftgröße oder der Farbe des zu verwendenden Papiers nähere Regelungen erlassen. Das Adverb 'sichtbar' in § 44 Abs 4 EuWO bezieht sich auf das 'Anschlagen' der Kundmachung in der Wahlzelle. Dass ein solches sichtbares Anschlagen nicht erfolgt wäre, hat die Anfechtungswerberin nicht geltend gemacht. Die Kundmachungen, in denen die Daten der Bewerberinnen und Bewerber – übrigens nicht mit einer Schriftgröße von 4 DTP-Punkten, sondern mit einer Schriftgröße von exakt 5,14 DTP-Punkten – wiedergegeben worden sind, müssen für Menschen ohne Sehbehinderung oder mit einem entsprechenden Ausgleich der Sehbehinderung […] gut lesbar gewesen sein […].
Auch für den Fall, dass bei der Europawahl 2014 die betreffenden Daten mit etwas größeren Druckbuchstaben wiedergegeben und generell auf weißem Papier abgedruckt worden wären, hätten sie sich wohl auf Grund der Tatsache, dass die Daten von knapp 400 Bewerberinnen und Bewerbern aufzuscheinen hatten, für das Lesen durch stark sehbehinderte Menschen als nicht geeignet erwiesen, es sei denn, man hätte die Kundmachungen auf mehrere Drucksorten (mehrere Papierbögen) aufgeteilt. Die Platzverhältnisse in vielen Wahlzellen hätten eine solche – bislang bei keiner Wahl getätigte – Vorgangsweise allerdings kaum zugelassen. In der Praxis wird das den Wahlkarten gemäß § 27 Abs 4 EuWO anzuschließende Beiblatt zur Wahlkarte, auf dem die veröffentlichten Wahlvorschläge in etwas größerer Schrift angeführt waren, in den meisten Wahllokalen vorrätig gewesen sein (sei es aus verwendeten Wahlkarten, sei es aus Restbeständen der Gemeinde[)].
[…]
3.8. Zur Frage der 'vorzeitigen Bekanntgabe von Wahlergebnissen in Österreich' (Punkt 4.8. der Anfechtungsschrift):
In der Bundeswahlbehörde wurde darauf geachtet, dass im Zusammenhang mit einer amtlichen Bekanntgabe des Ergebnisses der Europawahl oder auch einer amtlichen Bekanntgabe von Zwischenergebnissen am Wahltag die einschlägigen europarechtlichen Bestimmungen sowie die Bestimmungen der EuWO strikt eingehalten werden.
In ihrer ursprünglichen Fassung lautete die für den frühestmöglichen Zeitpunkt der Bekanntgabe eines Wahlergebnisses relevante, ab 1979 zur Anwendung gelangte Bestimmung des Direktwahlaktes (damals Art 9 Abs 2) wie folgt:
'(2) Mit der Ermittlung des Wahlergebnisses darf erst begonnen werden, wenn die Wahl in dem Mitgliedstaat, dessen Wähler innerhalb des in Absatz 1 genannten Zeitraums als letzte wählen, abgeschlossen ist.'
Aufgrund dieser europarechtlichen Vorgabe war in der Stammfassung der EuWO (§66) verankert, dass mit der Stimmauszählung für die Europawahl am Wahltag erst zu einem Zeitpunkt begonnen werden durfte, an dem das letzte Wahllokal in Europa seine Tore schloss. Man war sich bei der Konzipierung der EuWO im Klaren darüber, dass sich im Fall einer vorzeitigen Auszählung der Stimmen ein 'Durchsickern' von Ergebnissen nicht verhindern lassen würde. Aus diesem Grund hat sich Österreich gemeinsam mit mehreren anderen Mitgliedstaaten nach der Europawahl 1999 dafür eingesetzt, die entsprechende Bestimmung des Direktwahlaktes dahingehend zu ändern, dass ein Auszählen der Stimmen zum Zeitpunkt der Schließung des letzten Wahllokals in einem Mitgliedstaat jedenfalls möglich und ein 'Durchsickern' von Ergebnissen aus europarechtlicher Sicht nicht mehr mit Rechtswidrigkeit behaftet sein sollte. Nach längeren Verhandlungen auf der Ebene des Europäischen Rates wurde im Jahr 2002 eine Änderung des Direktwahlaktes im Sinn der seinerzeitigen Intentionen Österreichs und anderer Mitgliedstaaten herbeigeführt (ABl. Nr L 283, , S. 1).
Die Bestimmung des Direktwahlaktes (in der konsolidierten Fassung nunmehr Art 10 Abs 2) lautet wie folgt:
'(2) Ein Mitgliedstaat darf das ihn betreffende Wahlergebnis erst dann amtlich bekannt geben, wenn die Wahl in dem Mitgliedstaat, dessen Wähler innerhalb des in Absatz 1 genannten Zeitraums als Letzte wählen, abgeschlossen ist.'
[…]
Die relevante Bestimmung des Direktwahlaktes wurde, wie oben ersichtlich, in jener Weise abgeändert, dass nicht mehr an die Ermittlung des Wahlergebnisses, sondern an die 'amtliche[…]' Bekanntgabe des Wahlergebnisses (in der englischen Fassung: ' … officially make public the results …') angeknüpft wird. Somit erstreckt sich das Verbot lediglich auf eine behördliche Bekanntgabe des Gesamtergebnisses in einem Mitgliedstaat. Auch in der Literatur wird die Ansicht unterstrichen, dass die Auswertung des Wahlergebnisses bereits früher möglich sein muss (vgl. Frenz, Handbuch Europarecht Bd. 6 [2011] Rn 632).
Dem Besonderen Teil der Erläuterungen zur Änderung des Direktwahlaktes im Jahr 2002 (anlässlich der Ratifizierung der Änderung des Direktwahlaktes in Österreich) ist zu entnehmen, dass Abs 2 in der geänderten Fassung für Österreich gesetzesergänzend war, da pro futuro lediglich mit der amtlichen Bekanntgabe des Wahlergebnisses bis zu jenem Zeitpunkt zuzuwarten sei, zu dem die Wahl in dem Mitgliedstaat, dessen Wähler innerhalb des in Abs 1 angeführten Zeitraumes als letzte wählen, abgeschlossen sei. § 66 Abs 2 EuWO bestimme in Übereinstimmung mit der Stammfassung des Direktwahlaktes, dass mit der Stimmauszählung erst nach Abschluss der Wahlen in allen anderen Mitgliedstaaten begonnen werden dürfe. Diese Bestimmung der EuWO stehe mit der geänderten Fassung von Art 10 Abs 2 des Direktwahlaktes nicht in Widerspruch. Die geänderte Formulierung erlaube Österreich allerdings, eine Regelung zu treffen, die es – wie bei anderen Wahlen gewohnt – ermögliche, dass die Wahlbehörden örtliche Wahlergebnisse unmittelbar nach Schließung des jeweiligen Wahllokales ermitteln und auch an übergeordnete Wahlbehörden weiterleiten dürfen. Lediglich mit einer amtlichen Bekanntgabe – eine solche sieht die österreichische Europawahlordnung für den Wahltag gar nicht vor – sei bis zur Schließung des letzten Wahllokals in Europa zuzuwarten.
Nach erfolgter Anpassung des § 66 EuWO durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 132/2003, das eine sofortige Stimmauszählung unmittelbar nach Schließung des jeweiligen Wahllokals zulässig gemacht hat, ist seitens der Kommission zu keinem Zeitpunkt Kritik an der österreichischen Rechtslage geäußert worden. Die Kommission hat in ihrer Mitteilung vom (COM (2010) 605 final S. 10) als 'follow-up' zur Änderung des Direktwahlaktes zwar betont, dass es Sinn und Zweck von Art 10 des Direktwahlaktes sei, die Wahl in anderen Mitgliedstaaten nicht zu beeinflussen, Österreich wurde dabei jedoch nicht zu den Mitgliedstaaten gezählt, in denen Art 10 Abs 2 des Direktwahlaktes nicht richtig umgesetzt wurde.
Unbeschadet des Umstandes, dass eine amtliche Bekanntgabe des Wahlergebnisses in Österreich am Wahltag gesetzlich gar nicht vorgesehen ist – und ohne nähere Diskussion der theoretischen Frage, ob es sich bei der traditionellen Verkündung eines vorläufigen Ergebnisses am Wahltag durch die Bundesministerin für Inneres aus unionsrechtlicher Sicht überhaupt um eine 'amtliche Bekanntgabe' handeln könnte –, hat die Bundeswahlbehörde in enger Abstimmung mit der zuständigen Fachabteilung des BM.I auch bei der Europawahl 2014 wieder sorgfältig darauf geachtet, eine Bekanntgabe des vorläufigen Ergebnisses der Europawahl 2014 (ohne Briefwahlstimmen) durch die Bundesministerin für Inneres am Sonntag, , erst um 23.00 Uhr (nach Schließen der letzten Wahllokale in Italien) durchzuführen. Bis zum diesem Zeitpunkt wurden auch auf der Homepage des BM.I keine entsprechenden Informationen veröffentlicht.
Medien hingegen blieb es unbenommen, zu einem früheren Zeitpunkt Teilergebnisse und auch ein kumuliertes Gesamtergebnis zu veröffentlichen. Als Quellen hierfür kamen Wahlzeuginnen und Wahlzeugen oder Vertreterinnen und Vertreter der Parteien in den Wahlbehörden in Betracht. Auch seitens des Rechenzentrums des BM.I wurden Gebietsdaten (nicht allerdings ein Gesamtergebnis) – ohne Gewähr und ohne Möglichkeit einer Verifizierung – an Medien weitergegeben, um eine Konsolidierung des in der Öffentlichkeit vorhandenen Datenbestandes zu ermöglichen. Seitens der Bundeswahlbehörde wurde – ohne zwingende Rechtsgrundlage – darauf geachtet, dass Wahlergebnisse in elektronischen Medien nicht vor 17.00 Uhr bekannt gegeben wurden. Zu diesem Zweck war im BM.I ein eigenes Team (Medienbeobachtungsteam) zum Dienst eingeteilt.
Im Erlassweg […] wurde gegenüber den nachgeordneten Wahlbehörden auf S. 3 die oben dargestellte Rechtslage festgehalten: 'Die amtliche Bekanntgabe der Ergebnisse hat bis zur Schließung des letzten Wahllokals in Europa (23.00 Uhr) zu unterbleiben.' Weiters wurde in einem an alle Bezirkswahlbehörden und Landeswahlbehörden gerichteten Schreiben des BM.I vom […] erneut wie folgt informiert: 'Im Übrigen wird auf Grund mehrerer Anfragen mitgeteilt, dass das Bundesministerium für Inneres im Sinn von Art 10 des Direktwahlaktes vom in der konsolidierten Fassung am Wahltag erst nach Schließung aller Wahllokale in Europa (23.00 Uhr) das vorläufige Endergebnis der Europawahl 2014 auf seiner Homepage veröffentlichen wird.'
Selbst unter der – von der Bundeswahlbehörde, wie dargelegt, nicht vertretenen – Annahme, dass eine vorzeitige Veröffentlichung von Wahlergebnisdaten durch Stellen, die keine Behörden sind, nicht mit dem Direktwahlakt in Einklang stehen könnte, erscheint ein solches Vorgehen für die Europawahl 2014 nicht anfechtungsrelevant. Hierzu wäre es für die Anfechtungswerberin erforderlich gewesen[,] nachzuweisen, dass diese Veröffentlichungen auf das Ergebnis der Europawahl in Österreich von Einfluss hätten sein können. Da die ersten Veröffentlichungen in Österreich, wie von der Anfechtungswerberin eingestanden, erst um 17.00 Uhr – also nach Schließung der letzten österreichischen Wahllokale – stattgefunden haben, ist dies jedoch auszuschließen." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
4. Die anfechtungswerbende Partei erstattete eine Replik.
5. Der Verfassungsgerichtshof brachte die Anfechtung auch den anderen Wählergruppen zur Kenntnis, die an der angefochtenen Wahl teilgenommen haben. Keine dieser Wählergruppen erstattete jedoch eine Äußerung.
II. Rechtslage
1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen der Europawahlordnung (EuWO), BGBl 117/1996, idF BGBl I 9/2014, lauten – auszugsweise – wie folgt:
"Ausschreibung der Wahl, Wahltag, Stichtag
§2. (1) Die Wahl ist von der Bundesregierung durch Verordnung im Bundesgesetzblatt auszuschreiben. Die Verordnung hat den Wahltag zu enthalten, der von der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrats auf einen Sonntag oder gesetzlichen Feiertag festzusetzen ist. Die Verordnung hat weiters den Stichtag zu enthalten.
(2) Der Stichtag darf nicht vor dem Tag der Ausschreibung der Wahl und nicht nach dem zweiundsiebzigsten Tag vor dem Wahltag liegen.
[…]
Vertrauenspersonen
§6. (1) Die gemäß § 15 Abs 4 erster und zweiter Satz NRWO entsendeten Vertrauenspersonen gelten auch zu Sitzungen betreffend die Wahl zum Europäischen Parlament als entsendet.
(2) Weiters können bis spätestens am zehnten Tag nach dem Stichtag höchstens zwei Vertrauenspersonen auch von Parteien, die sich an der Wahlwerbung zur Wahl zum Europäischen Parlament beteiligen wollen, in die Bundeswahlbehörde sowie in die Landeswahlbehörden entsendet werden, sofern sie in diesen Wahlbehörden nicht durch Mitglieder oder Vertrauenspersonen vertreten sind. Diese Vertrauenspersonen können an allen Sitzungen der Bundeswahlbehörde oder der jeweiligen Landeswahlbehörde betreffend die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments teilnehmen.
[…]
Aktives Wahlrecht
§10. Wahlberechtigt sind alle Männer und Frauen, die am Stichtag die Voraussetzungen für eine Eintragung in die Europa-Wählerevidenz (§2 des Europa-Wählerevidenzgesetzes – EuWEG, BGBl Nr 118/1996) erfüllen und am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet haben.
[…]
Abschluß des Wählerverzeichnisses
§22. (1) Nach Beendigung des Berichtigungs-und Beschwerdeverfahrens hat die Gemeinde das Wählerverzeichnis abzuschließen.
(2) Das abgeschlossene Wählerverzeichnis ist der Wahl zugrunde zu legen.
[…]
Teilnahme an der Wahl
§24. (1) An der Wahl nehmen nur Wahlberechtigte teil, deren Namen im abgeschlossenen Wählerverzeichnis enthalten sind.
(2) Jeder Wahlberechtigte hat nur eine Stimme.
[…]
Anspruch auf Ausstellung einer Wahlkarte
§26. (1) Wahlberechtigte, die voraussichtlich am Wahltag verhindert sein werden, ihre Stimme vor der zuständigen Wahlbehörde abzugeben, etwa wegen Ortsabwesenheit, aus gesundheitlichen Gründen oder wegen Aufenthalts im Ausland, haben Anspruch auf Ausstellung einer Wahlkarte.
(2) Anspruch auf Ausstellung einer Wahlkarte für die Ausübung des Wahlrechts haben ferner Personen, denen der Besuch des zuständigen Wahllokals am Wahltag infolge mangelnder Geh- und Transportfähigkeit oder Bettlägerigkeit, sei es aus Krankheits-, Alters- oder sonstigen Gründen, oder wegen ihrer Unterbringung in gerichtlichen Gefangenenhäusern, Strafvollzugsanstalten, im Maßnahmenvollzug oder in Hafträumen unmöglich ist, und die die Möglichkeit der Stimmabgabe vor einer besonderen Wahlbehörde (§59 Abs 1) in Anspruch nehmen wollen, sofern nicht die Ausübung des Wahlrechts gemäß den §§58 oder 60 in Betracht kommt.
[…]
Ausstellung der Wahlkarte
§27. (1) Die Ausstellung der Wahlkarte ist bei der Gemeinde, von der der Wahlberechtigte in das Wählerverzeichnis eingetragen wurde, beginnend mit dem Tag der Wahlausschreibung schriftlich oder mündlich unter Angabe des Grundes gemäß § 26 Abs 1 zu beantragen. Eine telefonische Beantragung ist nicht zulässig. Der Antrag kann schriftlich bis spätestens am vierten Tag vor dem Wahltag gestellt werden. Mündlich kann der Antrag bis spätestens am zweiten Tag vor dem Wahltag, 12.00 Uhr, gestellt werden. Ebenfalls bis zum letztgenannten Zeitpunkt kann ein Antrag schriftlich gestellt werden, wenn eine persönliche Übergabe der Wahlkarte an eine vom Antragsteller bevollmächtigte Person möglich ist. Im Ausland kann die Ausstellung und Ausfolgung der Wahlkarte auch im Weg einer österreichischen Vertretungsbehörde beantragt werden. Beim mündlich gestellten Antrag ist die Identität durch ein Dokument glaubhaft zu machen. Beim schriftlich gestellten Antrag kann die Identität, sofern der Antragsteller nicht amtsbekannt ist oder der Antrag im Fall einer elektronischen Einbringung nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, auch auf andere Weise, insbesondere durch Angabe der Passnummer, durch Vorlage der Ablichtung eines amtlichen Lichtbildausweises oder einer anderen Urkunde glaubhaft gemacht werden. Die Gemeinde ist ermächtigt, die Passnummer im Weg einer Passbehörde und Lichtbildausweise oder andere Urkunden im Weg der für die Ausstellung dieser Dokumente zuständigen Behörde zu überprüfen. Im Fall des § 26 Abs 2 hat der Antrag das ausdrückliche Ersuchen um den Besuch durch eine besondere Wahlbehörde gemäß § 59 Abs 1 und die genaue Angabe der Räumlichkeiten, wo der Antragsteller den Besuch durch eine besondere Wahlbehörde erwartet, zu enthalten. Bei Personen, die sich in öffentlichem Gewahrsam befinden, hat der Antrag eine behördliche Bestätigung über die Unterbringung aufzuweisen.
(2) […] An Personen, die eine amtswegige Ausstellung der Wahlkarte gemäß § 4 Abs 6 oder § 12 Abs 4 EuWEG beantragt haben, sind Wahlkarten zu übermitteln, sobald der Gemeinde die entsprechenden Wahlkarten-Formulare sowie die amtlichen Stimmzettel zur Verfügung stehen.
(3) Die Wahlkarte ist als verschließbarer Briefumschlag herzustellen und hat die in der Anlage 2 ersichtlichen Aufdrucke zu tragen. Durch entsprechende technische Vorkehrungen ist sicherzustellen, dass die den Wahlberechtigten betreffenden persönlichen Daten, insbesondere dessen Unterschrift, vor Weiterleitung an die Bezirkswahlbehörde, durch eine verschließbare Lasche abgedeckt sind und dass es nach Verschließen der Wahlkarte durch entsprechende Perforation möglich ist, die persönlichen Daten des Wählers sowie dessen eidesstattliche Erklärung bei der Bezirkswahlbehörde sichtbar zu machen, ohne dass dadurch die Wahlkarte bereits geöffnet wird. Die Lasche hat entsprechend der technischen Beschaffenheit der Wahlkarte Aufdrucke mit Hinweisen zu ihrer Handhabung im Fall der Stimmabgabe mittels Briefwahl sowie zur Weiterleitung der Wahlkarte zu tragen. Das Anbringen eines Barcodes durch die Gemeinde ist zulässig. Wahlkarten für Wahlberechtigte mit Hauptwohnsitz im Ausland sind in der entsprechenden Rubrik zu kennzeichnen. Bei Wahlkarten, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung ausgestellt werden, genügt anstelle der Unterschrift des Bürgermeisters die Beisetzung seines Namens; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich.
(4) Wird dem Antrag auf Ausstellung einer Wahlkarte stattgegeben, so sind neben der Wahlkarte auch ein amtlicher Stimmzettel und ein verschließbares Wahlkuvert auszufolgen. Letztere sind in den im Abs 3 genannten Briefumschlag zu legen. Der Briefumschlag ist dem Antragsteller auszufolgen. Der Antragsteller hat den Briefumschlag bis zur Stimmabgabe sorgfältig zu verwahren. Mit dem Briefumschlag ist auch ein Beiblatt auszufolgen, auf dem die veröffentlichten Wahlvorschläge angeführt sind. Im Fall einer postalischen Versendung ist das Kuvert, in dem sich die Wahlkarte befindet, mit dem Vermerk 'Wahlkarte für die Europawahl XXXX' zu kennzeichnen.
(5) Für die Ausfolgung oder die Übermittlung beantragter Wahlkarten gilt:
1. Im Fall der persönlichen Ausfolgung einer Wahlkarte hat der Antragsteller eine Übernahmebestätigung zu unterschreiben. Ist der Antragsteller hierzu nicht in der Lage, so ist hierüber ein Aktenvermerk aufzunehmen.
2. Bei Pfleglingen in Heil- und Pflegeanstalten (§58) ist die Wahlkarte im Fall einer postalischen Versendung mittels eingeschriebener Briefsendung ausschließlich an den Empfänger selbst zu richten. In diesem Fall ist die Briefsendung mit dem Vermerk 'Nicht an Postbevollmächtigte' zu versehen.
3. Werden Wahlkarten an den in Z 2 genannten Personenkreis durch Boten überbracht, so ist die Übernahmebestätigung durch den Pflegling selbst zu unterfertigen. Ist der Antragsteller hierzu nicht in der Lage, so ist hierüber ein Aktenvermerk aufzunehmen.
4. Bei nicht in Z 2 genannten Antragstellern ist die Wahlkarte im Fall einer postalischen Versendung mittels eingeschriebener Briefsendung zu versenden, es sei denn, die Wahlkarte wurde mündlich beantragt oder der elektronisch eingebrachte Antrag war mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen oder die amtswegige Ausstellung der Wahlkarte erfolgte aufgrund eines Antrags gemäß § 4 Abs 6 oder § 12 Abs 4 EuWEG.
5. Werden Wahlkarten an den nicht in Z 2 genannten Personenkreis durch Boten oder im Weg einer österreichischen Vertretungsbehörde übermittelt, so ist analog zu § 16 Abs 1 und 2 des Zustellgesetzes – ZustG vorzugehen, mit der Maßgabe, dass eine Wahlkarte auch an wahlberechtigte Personen ausgefolgt werden kann, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Die Ausfolgung kann ohne Nachweis erfolgen, wenn die Wahlkarte mündlich beantragt wurde oder der elektronisch eingebrachte Antrag mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen war.
6. Schriftlich beantragte Wahlkarten, die vom Antragsteller persönlich abgeholt werden, dürfen seitens der Gemeinde nur gegen eine Übernahmebestätigung ausgefolgt werden. Ist der Antragsteller hierzu nicht in der Lage, so ist hierüber ein Aktenvermerk aufzunehmen. Bei Ausfolgung einer schriftlich beantragten Wahlkarte an eine vom Antragsteller bevollmächtigte Person hat diese die Übernahme der Wahlkarte zu bestätigen.
7. Die sofortige Mitnahme einer durch einen Boten überbrachten und zur Stimmabgabe mittels Briefwahl verwendeten Wahlkarte durch den Boten ist unzulässig.
(6) Empfangsbestätigungen über Wahlkarten, die durch Boten oder im Weg einer österreichischen Vertretungsbehörde ausgefolgt wurden, sind in jedem Fall an jene Gemeinden zu übermitteln, die die Wahlkarten ausgestellt haben. Die Weiterleitung der den österreichischen Vertretungsbehörden vorliegenden Empfangsbestätigungen auf elektronischem Weg ist zulässig. Schriftlich gestellte Anträge, Empfangsbestätigungen, Aktenvermerke sowie eine Zusammenstellung der auf elektronischem Weg eingelangten Anträge sind nach Ablauf der Frist gemäß Abs 1 der Gemeindewahlbehörde zu übermitteln. Diese hat die ihr übermittelten Unterlagen dem Wahlakt der Gemeinde anzuschließen.
(7) Duplikate für abhanden gekommene Wahlkarten dürfen von der Gemeinde nicht ausgefolgt werden. Unbrauchbar gewordene Wahlkarten, die noch nicht zugeklebt und bei denen die eidesstattliche Erklärung noch nicht unterschrieben wurde, können an die Gemeinde retourniert werden. In diesem Fall kann die Gemeinde nach Erhalt der Wahlkarte ein Duplikat ausstellen. Eine unbrauchbar gewordene Wahlkarte ist in einem solchen Fall mit entsprechendem Vermerk zu kennzeichnen und der Gemeindewahlbehörde zu übermitteln. Diese hat die Wahlkarte dem Wahlakt der Gemeinde anzuschließen.
(8) Die Gemeindewahlbehörden haben dafür Sorge zu tragen, dass als Wahlkarten gekennzeichnete Sendungen (Abs4 letzter Satz), die in den örtlich zuständigen Postgeschäftsstellen hinterlegt worden sind, zum Zeitpunkt der letzten Schließung der jeweiligen Postgeschäftsstelle vor dem Wahltag abgeholt und am Wahltag für eine Ausfolgung an den Antragsteller bereitgehalten werden. Zu diesem Zeitpunkt sind in den Postgeschäftsstellen hinterlegte, nicht behobene als Wahlkarten gekennzeichnete Sendungen (Abs4 letzter Satz) auszusondern und für eine Übergabe an eine von der Gemeindewahlbehörde entsendete Person bereitzuhalten. Die Gemeindewahlbehörden haben das Bundesministerium für Inneres über allenfalls in ihrem Bereich aufbewahrte, als Wahlkarten gekennzeichnete Sendungen (Abs4 letzter Satz) in Kenntnis zu setzen. Das Bundesministerium für Inneres hat geeignete Maßnahmen, z.B. Einrichtung einer Telefon-Hotline, zu treffen, dass Antragsteller über den Ort der Aufbewahrung von als Wahlkarten gekennzeichneten Sendungen (Abs4 letzter Satz) in Kenntnis gesetzt werden können. Bei österreichischen Vertretungsbehörden hinterlegte, nicht behobene Wahlkarten sind nach dem Wahltag zu vernichten. Die Gemeinde, die eine solche Wahlkarte ausgestellt hat, ist hierüber auf elektronischem Weg in Kenntnis zu setzen.
(9) Ein Wahlberechtigter ist von der Gemeinde ehest möglich in Kenntnis zu setzen, wenn seinem Antrag auf Ausstellung einer Wahlkarte nicht Folge gegeben wurde.
Vorgang nach Ausstellung der Wahlkarte
§28. (1) Die Ausstellung der Wahlkarte ist im Wählerverzeichnis in der Rubrik 'Anmerkung' bei dem betreffenden Wähler mit dem Wort 'Wahlkarte' in auffälliger Weise zu vermerken. Bis zum neunundzwanzigsten Tag nach dem Wahltag haben die Gemeinden gegenüber jedem im Wählerverzeichnis eingetragenen Wahlberechtigten auf mündliche oder schriftliche Anfrage Auskunft zu erteilen, ob für ihn eine Wahlkarte ausgestellt worden ist. Zu diesem Zweck haben Gemeinden nach Weitergabe der Wählerverzeichnisse an die Gemeindewahlbehörde bis zum angeführten Zeitpunkt Kopien der Wählerverzeichnisse bereit zu halten, sofern sie nicht über andere Aufzeichnungen, z.B. in einer EDV-Applikation, über die ausgestellten Wahlkarten verfügen. Bei einer Anfrage hat der Wahlberechtigte seine Identität glaubhaft zu machen.
(2) Im Fall der Ausstellung einer Wahlkarte gemäß § 26 Abs 2 an einen Wahlberechtigten, der sich außerhalb des Ortes seiner Eintragung in das Wählerverzeichnis aufhält, hat die ausstellende Gemeinde diejenige Gemeinde, in deren Bereich sich der Wahlberechtigte aufhält, von der Ausstellung der Wahlkarte mit dem Hinweis zu verständigen, daß dieser von einer besonderen Wahlbehörde aufzusuchen ist.
(3) Die Zahl der ausgestellten Wahlkarten ist am zweiten Tag vor dem Wahltag im Weg der Bezirkswahlbehörde unverzüglich der Landeswahlbehörde bekannt zu geben (Sofortmeldung). Die Landeswahlbehörde hat die Zahl der in ihrem Bereich ausgestellten Wahlkarten ebenfalls unverzüglich, spätestens jedoch am Tag vor dem Wahltag, der Bundeswahlbehörde mitzuteilen. Bei der Bekanntgabe der Zahl der ausgestellten Wahlkarten ist jeweils die Zahl der an im Ausland lebende Wahlberechtigte ausgestellten Wahlkarten getrennt auszuweisen.
(4) In welcher Weise für Wahlkartenwähler besondere Wahllokale zu bestimmen sind, ist in den §§43, 58 und 59 angeordnet. Über die Ausübung des Wahlrechts durch Wahlkartenwähler enthalten die §§46, 54 und 56 die näheren Vorschriften.
[…]
Abschluß und Veröffentlichung der Wahlvorschläge
§36. (1) Spätestens am einunddreißigsten Tag vor dem Wahltag hat die Bundeswahlbehörde die Wahlvorschläge abzuschließen. Falls eine Parteiliste überzählige Bewerber enthält, sind diese zu streichen. Anschließend sind die Wahlvorschläge, unter Weglassung von Straßennamen und Ordnungsnummern, auf der Amtstafel des Bundesministeriums für Inneres sowie im Internet zu verlautbaren.
(2) Nach der Veröffentlichung an Wahlvorschlägen festgestellte Mängel berühren die Gültigkeit dieser Wahlvorschläge nicht.
(3) In der Veröffentlichung nach Abs 1 hat sich die Reihenfolge der Parteien, die zuletzt im Europäischen Parlament vertreten waren, nach der Zahl der Mandate, die die Parteien bei der letzten Wahl zum Europäischen Parlament erreicht haben, zu richten. Ist die Zahl der Mandate gleich, so wird die Reihenfolge nach der bei der letzten Wahl zum Europäischen Parlament ermittelten Gesamtsumme der Parteistimmen bestimmt. Sind auch diese gleich, so hat die Bundeswahlbehörde durch Los, welches von dem an Jahren jüngsten Mitglied zu ziehen ist, zu entscheiden.
(4) Im Anschluß an die nach Abs 3 gereihten Parteien sind die übrigen wahlwerbenden Parteien anzuführen, wobei sich ihre Reihenfolge nach dem Zeitpunkt der Einbringung des Wahlvorschlags zu richten hat. Bei gleichzeitig eingebrachten Wahlvorschlägen entscheidet über die Reihenfolge die Bundeswahlbehörde durch Los, welches von dem an Jahren jüngsten Mitglied zu ziehen ist.
(5) Den Parteibezeichnungen sind die Worte 'Liste 1', 'Liste 2', 'Liste 3' usw. in fortlaufender Numerierung voranzusetzen. Beteiligt sich eine im zuletzt gewählten Europäischen Parlament vertreten gewesene Partei nicht an der Wahlwerbung, so hat in der Veröffentlichung nur die ihr nach Abs 3 zukommende Listennummer und daneben das Wort 'leer' aufzuscheinen.
(6) Bei allen wahlwerbenden Parteien sind die Parteibezeichnungen einschließlich allfälliger Kurzbezeichnungen mit gleich großen Druckbuchstaben in für jede wahlwerbende Partei gleich große Rechtecke mit schwarzer Druckfarbe einzutragen. Für die Kurzbezeichnungen sind hierbei einheitlich große schwarze Druckbuchstaben zu verwenden. Bei jeder Parteibezeichnung ist in schwarzem Druck das Wort 'Liste' und darunter größer die jeweilige fortlaufende Ziffer anzuführen. Bei mehr als dreizeiligen Parteibezeichnungen kann die Größe der Druckbuchstaben dem zur Verfügung stehenden Raum entsprechend angepaßt werden.
[…]
Gemeinde als Wahlort, Verfügungen der Gemeindewahlbehörden oder des Magistrats der Stadt Wien, Wahlzeit
§39. (1) Jede Gemeinde ist Wahlort.
(2) […] Die Gemeindewahlbehörden, in Wien der Magistrat, setzen die Wahlsprengel fest und bestimmen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften auch die zugehörigen Wahllokale, die im § 45 Abs 1 vorgesehenen Verbotszonen und die Wahlzeit. Das Ende der Wahlzeit darf nicht später als auf 17.00 Uhr festgelegt werden. Die Wahlsprengel, Wahllokale, Verbotszonen und die Wahlzeit sind spätestens am dreißigsten Tag vor dem Wahltag festzusetzen.
(3) Die Wahlzeit ist unter Beachtung des Abs 2 so festzusetzen, daß die Ausübung des Wahlrechts für alle Wähler gesichert ist.
(4) Die getroffenen Verfügungen sind von der Gemeinde unverzüglich ortsüblich, jedenfalls aber auch durch Anschlag am Gebäude des Wahllokals kundzumachen. […]
[…]
Wahllokale
§41. […] Vor jedem Wahllokal sind die veröffentlichten Wahlvorschläge entsprechend § 36 Abs 1 und 3 sichtbar anzuschlagen.
[…]
Wahlzelle
§44. (1) - (3) […]
(4) Die Wahlzelle ist mit einem Tisch und mit einem Stuhl oder mit einem Stehpult sowie mit einer Schreibunterlage zu versehen und mit dem erforderlichen Material für die Ausfüllung des Stimmzettels (womöglich Farbstift) auszustatten. Außerdem sind die von der Bundeswahlbehörde abgeschlossenen und von ihr veröffentlichten Wahlvorschläge in der Wahlzelle an einer sichtbaren Stelle anzuschlagen.
[…]
Vorgang bei der Briefwahl
§46. (1) Das Wahlrecht kann von denjenigen Wählern, denen entsprechend den §§26 und 27 Wahlkarten ausgestellt wurden, in jedem Wahllokal oder im Weg der Übermittlung der verschlossenen Wahlkarte an eine zur Entgegennahme berechtigte Wahlbehörde ausgeübt werden (Briefwahl). Die Stimmabgabe mittels Briefwahl kann unmittelbar nach Erhalt der Wahlkarte erfolgen.
(2) Hierzu hat der Wähler den von ihm ausgefüllten amtlichen Stimmzettel in das beigefarbene Wahlkuvert zu legen, dieses zu verschließen und in die Wahlkarte zu legen. Sodann hat er auf der Wahlkarte durch eigenhändige Unterschrift eidesstattlich zu erklären, dass er den amtlichen Stimmzettel persönlich, unbeobachtet und unbeeinflusst ausgefüllt hat. Anschließend hat er die Wahlkarte zu verschließen. Die Wahlkarte ist entweder im Postweg so rechtzeitig an die zuständige Bezirkswahlbehörde zu übermitteln, dass die Wahlkarte dort spätestens am Wahltag, 17.00 Uhr, einlangt, oder am Wahltag in einem Wahllokal während der Öffnungszeiten oder bei einer Bezirkswahlbehörde bis 17.00 Uhr abzugeben. Eine Abgabe durch einen Überbringer ist zulässig. Wahlkarten, die bei einer Stimmabgabe im Ausland bei einer österreichischen Vertretungsbehörde oder einer österreichischen Einheit bis zum sechsten Tag vor dem Wahltag, bei einer Vertretungsbehörde außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums oder außerhalb der Schweiz bis zum neunten Tag vor dem Wahltag, einlangen, sind von der Vertretungsbehörde oder der österreichischen Einheit an die zuständige Bezirkswahlbehörde weiterzuleiten. Die Weiterleitung einer nach dem sechsten Tag vor dem Wahltag, in Vertretungsbehörden außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums oder außerhalb der Schweiz nach dem neunten Tag vor dem Wahltag, einlangenden Wahlkarte durch eine österreichische Vertretungsbehörde oder eine österreichische Einheit an die zuständige Bezirkswahlbehörde ist zulässig, wenn gewährleistet erscheint, dass die Wahlkarte dennoch rechtzeitig bei der zuständigen Bezirkswahlbehörde einlangen kann, oder der Wahlberechtigte in Kenntnis gesetzt wird, dass ein Einlangen möglicherweise nicht mehr rechtzeitig gewährleistet ist. Die Kosten für eine Übermittlung der Wahlkarte an die Bezirkswahlbehörde im Postweg hat der Bund zu tragen.
(3) Die Stimmabgabe im Weg der Briefwahl ist nichtig, wenn
1. die eidesstattliche Erklärung auf der Wahlkarte nicht oder nachweislich nicht durch den Wahlberechtigten abgegeben wurde,
2. die Wahlkarte kein Wahlkuvert enthält,
3. die Wahlkarte nur ein anderes oder mehrere andere als das beige-farbene Wahlkuvert enthält,
4. die Wahlkarte zwei oder mehrere beige-farbene Wahlkuverts enthält,
5. das Wahlkuvert beschriftet ist,
6. die Prüfung auf Unversehrtheit (§72 Abs 1) ergeben hat, dass die Wahlkarte derart beschädigt ist, dass ein vorangegangenes missbräuchliches Entnehmen oder Zurücklegen des inliegenden Wahlkuverts nicht ausgeschlossen werden kann,
7. aufgrund eines Verklebens der unter der Lasche gelegenen Felder der Wahlkarte die Daten oder die Unterschrift des Wählers nicht mehr sichtbar gemacht werden können oder
8. die Wahlkarte nicht spätestens am Wahltag, 17.00 Uhr, bei einer Bezirkswahlbehörde eingelangt oder bis zu diesem Zeitpunkt in einem Wahllokal abgegeben worden ist.
(4) Nach Einlangen der für eine Stimmabgabe mittels Briefwahl verwendeten Wahlkarten bei der Bezirkswahlbehörde sind die unter den Laschen befindlichen Daten nach deren Sichtbarmachung zu erfassen und die Wahlkarten anschließend bis zur Auszählung (§72 Abs 1) amtlich unter Verschluss zu verwahren.
(5) Am Wahltag hat die Bezirkswahlbehörde jeweils von 8.00 bis 17.00 Uhr für die Entgegennahme von Wahlkarten Sorge zu tragen. Gegebenenfalls hat die Bezirkswahlbehörde am Tag vor der Wahl für eine Entgegennahme von im Postweg übermittelten Wahlkarten Sorge zu tragen.
[…]
Amtlicher Stimmzettel
§61. (1) Zur Stimmabgabe darf nur der amtliche Stimmzettel übergeben werden.
(2) Der amtliche Stimmzettel hat für jede wahlwerbende Partei eine gleich große Zeile vorzusehen. Sie hat die Listennummer, einen Kreis, die Parteibezeichnung einschließlich der Kurzbezeichnung sowie einen freien Raum zur Eintragung des Namens oder der Reihungsnummer eines Bewerbers der gewählten Parteiliste, im Übrigen aber unter Berücksichtigung der gemäß § 36 erfolgten Veröffentlichung die aus dem Muster Anlage 5 ersichtlichen Angaben zu enthalten. Der amtliche Stimmzettel darf nur auf Anordnung der Bundeswahlbehörde hergestellt werden.
(3) Die Größe des amtlichen Stimmzettels hat sich nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Listennummern zu richten. Das Ausmaß hat zumindest dem Format DIN A4 zu entsprechen. Es sind für alle Parteibezeichnungen die gleiche Größe der Rechtecke und der Druckbuchstaben, für die allfälligen Kurzbezeichnungen einheitlich größtmögliche Druckbuchstaben zu verwenden. Bei mehr als dreizeiligen Parteibezeichnungen kann die Größe der Druckbuchstaben dem zur Verfügung stehenden Raum entsprechend angepaßt werden. Das Wort 'Liste' ist klein zu drucken. Für die Listennummern können einheitlich größere Ziffern verwendet werden. Die Farbe aller Aufdrucke hat ausschließlich schwarz zu sein. Die Trennungslinien der Rechtecke und die Kreise haben in gleicher Stärke ausgeführt zu werden.
[…]
Stimmzettelprüfung, Stimmenzählung
§66. (1) Wenn die für die Wahlhandlung festgesetzte Zeit abgelaufen ist und alle bis dahin im Wahllokal oder in dem von der Wahlbehörde bestimmten Warteraum erschienenen Wähler gestimmt haben, erklärt die Wahlbehörde die Stimmabgabe für geschlossen. Nach Abschluss der Stimmabgabe ist das Wahllokal, in welchem nur die Mitglieder der Wahlbehörde, deren Hilfsorgane, die Vertrauenspersonen gemäß § 6, die Wahlzeugen sowie die akkreditierten Personen gemäß § 9a Abs 3 verbleiben dürfen, zu schließen.
(2) Die Wahlbehörde stellt unter Berücksichtigung der im Abstimmungsverzeichnis vermerkten allfälligen zusätzlichen Angaben zuerst fest, wieviele amtliche Stimmzettel insgesamt ausgegeben wurden, und überprüft, ob diese Anzahl zusammen mit dem noch verbleibenden nicht ausgegebenen Rest die Zahl der vor der Wahlhandlung übernommenen Stimmzettel ergibt.
(3) Hierauf hat die Wahlbehörde die abgegebenen Wahlkuverts zu öffnen, die Stimmzettel zu entnehmen, deren Gültigkeit zu prüfen, die ungültigen Stimmzettel mit fortlaufenden Nummern zu versehen und festzustellen:
1. die Gesamtsumme der abgegebenen gültigen und ungültigen Stimmen,
2. die Summe der abgegebenen ungültigen Stimmen,
3. die Summe der abgegebenen gültigen Stimmen,
4. die auf die einzelnen Parteien entfallenden abgegebenen gültigen Stimmen (Parteisummen).
(4) Die nach Abs 3 getroffenen Feststellungen sind sofort in der Niederschrift zu beurkunden und in den Gemeinden außerhalb Wiens, die in Wahlsprengel eingeteilt sind, der Gemeindewahlbehörde, in den übrigen Gemeinden sowie in Wien der Bezirkswahlbehörde, auf die schnellste Artbekanntzugeben (Sofortmeldung).
(5) Danach hat die Wahlbehörde die auf jeden Bewerber eines auf einer Parteiliste veröffentlichten Wahlvorschlages entfallenden Vorzugsstimmen zu ermitteln und in einem Vorzugsstimmenprotokoll festzuhalten.
[…]
Anfechtung
§80. Innerhalb einer Woche vom Tag der Verlautbarung kann die Feststellung der Bundeswahlbehörde (§78) beim Verfassungsgerichtshof wegen jeder behaupteten Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens vom zustellungsbevollmächtigten Vertreter eines veröffentlichten Wahlvorschlags (§36) angefochten werden. Die Anfechtung hat den begründeten Antrag auf Nichtigerklärung des Wahlverfahrens oder eines bestimmten Teiles desselben zu enthalten. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Anfechtung längstens innerhalb von vier Wochen nach ihrer Einbringung zu entscheiden.
[…]
Fristen
§84. (1) Der Beginn und Lauf einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist wird durch Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert. Das gleiche gilt für Samstage und den Karfreitag. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, auf einen Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag, so haben die mit dem Wahlverfahren befaßten Behörden entsprechend vorzusorgen, daß ihnen die befristeten Handlungen auch an diesen Tagen zur Kenntnis gelangen könnten.
(2) Die Tage des Postlaufes werden in die Frist eingerechnet."
2. Die Art 1, 8, 9, 10 und 12 des Aktes zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments (im Folgenden: EU-Direktwahlakt), ABl. 1976 L 278, 5, idF ABl. 2002 L 283, 1, lauten – auszugsweise – wie folgt:
"Artikel 1
(1) In jedem Mitgliedstaat werden die Mitglieder des Europäischen Parlaments nach dem Verhältniswahlsystem auf der Grundlage von Listen oder von übertragbaren Einzelstimmen gewählt.
[…]
(3) Die Wahl erfolgt allgemein, unmittelbar, frei und geheim.
Artikel 8
Vorbehaltlich der Vorschriften dieses Akts bestimmt sich das Wahlverfahren in jedem Mitgliedstaat nach den innerstaatlichen Vorschriften.
Diese innerstaatlichen Vorschriften, die gegebenenfalls den Besonderheiten in den Mitgliedstaaten Rechnung tragen können, dürfen das Verhältniswahlsystem insgesamt nicht in Frage stellen.
Artikel 9
Bei der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments kann jeder Wähler nur einmal wählen.
Artikel 10
(1) Die Wahl […] findet zu dem von jedem Mitgliedstaat festgelegten Termin und zu den von ihm festgelegten Uhrzeiten statt, wobei der Termin in einen für alle Mitgliedstaaten gleichen Zeitraum von Donnerstagmorgen bis zu dem unmittelbar nachfolgenden Sonntag fällt.
(2) Ein Mitgliedstaat darf das ihn betreffende Wahlergebnis erst dann amtlich bekannt geben, wenn die Wahl in dem Mitgliedstaat, dessen Wähler innerhalb des in Absatz 1 genannten Zeitraums als Letzte wählen, abgeschlossen ist.
Artikel 12
Das Europäische Parlament prüft die Mandate seiner Mitglieder. Zu diesem Zweck nimmt das Europäische Parlament die von den Mitgliedstaaten amtlich bekanntgegebenen Wahlergebnisse zur Kenntnis und befindet über die Anfechtungen, die gegebenenfalls auf Grund der Vorschriften dieses Akts – mit Ausnahme der innerstaatlichen Vorschriften, auf die darin verwiesen wird – vorgebracht werden könnten."
3. Die Art 4, 8, 9, 11 und 13 der Richtlinie 93/109/EG des Rates vom über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, ABl. 1993 L 329, 34, idF ABl. 2013 L 26, 27, lauten – auszugsweise – wie folgt:
"Artikel 4
(1) Jeder aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft kann sein aktives Wahlrecht entweder im Wohnsitzmitgliedstaat oder im Herkunftsmitgliedstaat ausüben. Niemand kann bei einer Wahl mehr als eine Stimme abgeben.
[…]
Artikel 8
(1) Ein aktiv Wahlberechtigter der Gemeinschaft übt das aktive Wahlrecht auf seinen Wunsch hin im Wohnsitzmitgliedstaat aus.
[…]
Artikel 9
(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit die aktiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft, die dies wünschen, rechtzeitig vor den Wahlen in das Wählerverzeichnis eingetragen werden können.
(2) Um in das Wählerverzeichnis eingetragen zu werden, hat der aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft die gleichen Nachweise wie ein nationaler aktiv Wahlberechtigter beizubringen. Außerdem hat er eine förmliche Erklärung vorzulegen, aus der folgendes hervorgeht:
a) seine Staatsangehörigkeit und seine Anschrift im Wahlgebiet des Wohnsitzmitgliedstaats;
b) im Wählerverzeichnis welcher Gebietskörperschaft oder welchen Wahlkreises des Herkunftsmitgliedstaats er gegebenenfalls zuletzt eingetragen gewesen ist und
c) daß er sein aktives Wahlrecht nur im Wohnsitzmitgliedstaat ausüben wird.
(3) Ferner kann der Wohnsitzmitgliedstaat verlangen, daß der aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft
a) in seiner Erklärung gemäß Absatz 2 angibt, daß er im Herkunftsmitgliedstaat seines aktiven Wahlrechts nicht verlustig gegangen ist;
b) einen gültigen Identitätsausweis vorlegt;
c) den Zeitpunkt angibt, seit dem er seinen Wohnsitz in diesem Staat oder in einem anderen Mitgliedstaat hat.
(4) Aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft, die in das Wählerverzeichnis eingetragen worden sind, bleiben unter den gleichen Bedingungen wie nationale aktiv Wahlberechtigte so lange eingetragen, bis sie die Streichung aus diesem Wählerverzeichnis beantragen oder von Amts wegen gestrichen werden, weil sie die Bedingungen für die Ausübung des aktiven Wahlrechts nicht mehr erfüllen.
Artikel 11
(1) Der Wohnsitzmitgliedstaat unterrichtet den Betreffenden darüber, wie sein Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis oder die Frage der Zulässigkeit seiner Kandidatur beschieden wurde.
(2) Bei Ablehnung des Antrags auf Eintragung in das Wählerverzeichnis oder bei Ablehnung der Kandidatur kann der Betreffende den Rechtsbehelf einlegen, den die Rechtsvorschriften des Wohnsitzmitgliedstaats in gleichen Fällen für die nationalen aktiv und passiv Wahlberechtigten vorsehen.
Artikel 13
Die Mitgliedstaaten tauschen untereinander die Informationen aus, die für die Durchführung des Artikels 4 notwendig sind. Hierfür übermittelt der Wohnsitzmitgliedstaat auf der Grundlage der förmlichen Erklärung nach den Artikeln 9 und 10 dem Herkunftsmitgliedstaat rechtzeitig vor jeder Wahl die Informationen über dessen Staatsangehörige, die in das Wählerverzeichnis eingetragen wurden oder die eine Kandidatur eingereicht haben. Der Herkunftsmitgliedstaat trifft gemäß seinen Rechtsvorschriften die geeigneten Maßnahmen, um die doppelte Stimmabgabe und die doppelte Kandidatur seiner Staatsangehörigen zu verhindern."
4. Art 1 des Beschlusses des Rates 2013/299/EU, Euratom vom zur Festsetzung des Zeitraums für die achte allgemeine unmittelbare Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments, ABl. 2013 L 169, 69, lautet wie folgt:
"Der in Artikel 10 Absatz 1 des Akts vom zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments genannte Zeitraum wird für die achte Wahl auf den 22. bis festgesetzt."
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit der Anfechtung
1.1. Gemäß Art 141 Abs 1 lita B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof u.a. über Anfechtungen von Wahlen zum Europäischen Parlament.
1.2. Nach der Bestimmung des § 80 EuWO kann die Feststellung der Bundeswahlbehörde beim Verfassungsgerichtshof nur "vom zustellungsbevollmächtigten Vertreter eines behördlich veröffentlichten Wahlvorschlags (§36 EuWO) angefochten werden". Dabei muss der tatsächlichen Veröffentlichung die rechtlich gebotene Publizierung gleichgehalten werden (vgl. VfSlg 14.678/1996).
Die Funktion des zustellungsbevollmächtigten Vertreters bei der Anfechtung gemäß Art 141 Abs 1 lita B VG beschränkt sich von Verfassungs wegen auf die Vertretung der mit diesem Recht ausgestatteten Wählergruppe. Träger des Rechts zur Anfechtung sind nämlich gemäß Art 141 Abs 1 lita B VG – auch im Hinblick auf Wahlen zum Europäischen Parlament – die Wählergruppen (vgl. VfSlg 14.737/1997). Der in § 80 EuWO festgelegten Anfechtungslegitimation kann daher insoweit keine andere normative Bedeutung beigemessen werden als jener in § 68 Abs 2 VfGG: Zur Anfechtung legitimiert ist – unter den jeweils näher bezeichneten Voraussetzungen – die Wählergruppe, vertreten durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter.
Vor diesem Hintergrund erweist sich die Anfechtung durch die anfechtungswerbende Partei, vertreten durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter, da sie auch einen – veröffentlichten – Wahlvorschlag eingebracht hat (siehe Pkt. I.1.1.), als zulässig.
1.3. Nun sieht § 79 EuWO administrative Einsprüche an die Bundeswahlbehörde – iS eines Instanzenzuges nach § 68 Abs 1 VfGG (§80 EuWO ist zwar im Hinblick auf die Dauer der Anfechtungsfrist die speziellere Regelung [vgl. VfSlg 17.269/2004], nicht aber im Hinblick auf den Beginn des Fristenlaufes, soweit die Anfechtung auf die Rechtswidrigkeit eines Bescheides gegründet wird) – vor, doch nur gegen die ziffernmäßigen Ermittlungen einer Landes- oder der Bundeswahlbehörde. Zur Geltendmachung aller anderen (das sind sämtliche nicht ziffernmäßige Ermittlungen betreffende) Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens steht die unmittelbare Anfechtung der Wahl beim Verfassungsgerichtshof offen (vgl. zB VfSlg 13.018/1992 mwH).
Vorliegendenfalls strebt die anfechtungswerbende Partei nicht die Nachprüfung ziffernmäßiger Ermittlungen einer Wahlbehörde an; sie rügt vielmehr sonstige Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens, wofür die sofortige Anfechtung nach Art 141 Abs 1 lita B VG eröffnet ist.
1.4. Nach § 80 EuWO muss die Anfechtung innerhalb einer Woche vom Tag der Verlautbarung der Feststellung der Bundeswahlbehörde (§78 EuWO) erhoben werden (vgl. VfSlg 15.033/1997, 17.269/2004). Die Verlautbarung erfolgte am . Die am persönlich übergebene Anfechtung erweist sich daher als rechtzeitig.
1.5. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist die Anfechtung zulässig.
2. In der Sache
2.1. Die Anfechtung ist nicht begründet.
2.2. Vorauszuschicken ist, dass der Verfassungsgerichtshof ein Wahlverfahren nur in den Grenzen der von der anfechtungswerbenden Partei – bereits in der Anfechtung – behaupteten Rechtswidrigkeiten nachzuprüfen hat, es ihm darüber hinaus aber verwehrt ist, die Rechtmäßigkeit eines Wahlverfahrens – von Amts wegen – einer weiteren Überprüfung zu unterziehen (vgl. zB VfSlg 17.589/2005 und 19.245/2010). Die Rechtswidrigkeit einer Wahl zum Europäischen Parlament kann insbesondere auch in der Verletzung unmittelbar anwendbarer unionsrechtlicher Vorschriften liegen (vgl. VfSlg 16.100/2001).
2.3. Zunächst ist auf das Vorbringen einzugehen, die Möglichkeit der Briefwahl verstoße gegen das persönliche, geheime und freie Wahlrecht und damit sowohl gegen Unionsrecht als auch gegen Verfassungsrecht (einschließlich Art 3 1. ZPEMRK). Die anfechtungswerbende Partei begründet dies mit einer der Briefwahl immanenten Missbrauchsgefahr im Hinblick auf die Möglichkeit der Stimmabgabe durch andere Personen als den Wahlberechtigten oder die Möglichkeit der Einschränkung der freien Wahl gegenüber dem Wahlberechtigten durch andere Personen.
2.3.1. Nach Ansicht der Bundeswahlbehörde stehen die einfachgesetzlichen Bestimmungen über die Briefwahl im Einklang mit Art 26 Abs 6 B VG und verstoßen diese auch nicht gegen die in Art 14 Abs 3 EUV genannten Grundsätze der allgemeinen, unmittelbaren, freien und geheimen Wahl. Die Bundeswahlbehörde verweist in diesem Zusammenhang auf das Fehlen einschlägiger richterlicher, wissenschaftlicher oder politischer Diskussionen sowie auf die legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom zur Änderung des EU-Direktwahlaktes, in der sich dieses explizit für einen "voting channel" der Briefwahl bei Europawahlen ausspreche. Die Briefwahl werde in zahlreichen Mitgliedstaaten angeboten, wobei die Bundesrepublik Deutschland diese Form der Stimmabgabe bereits 1956 und damit vor Erlassung des EU-Direktwahlaktes im Jahr 1979 eingeführt und seither auch bei Wahlen zum Europäischen Parlament eingesetzt habe.
2.3.2. Zum Vorbringen, die in Art 23a Abs 4 iVm Art 26 Abs 6 B VG sowie in den einschlägigen Bestimmungen der EuWO verankerten Briefwahlregelungen verstießen gegen Unionsrecht:
2.3.2.1. Das Recht der Europäischen Union zur Wahl zum Europäischen Parlament enthält weder ein ausdrückliches Gebot noch ein ausdrückliches Verbot der Stimmabgabe mittels Briefwahl. Daher bestimmt sich das Wahlverfahren gemäß Art 8 Abs 1 des EU-Direktwahlaktes in jedem Mitgliedstaat grundsätzlich nach den innerstaatlichen Vorschriften (vgl. idZ 294/83, Les Verts , Slg. 1986, 1339 [Rz 53]). Allerdings bestimmt Art 1 Abs 3 des EU-Direktwahlaktes, dass die Wahl "frei und geheim" erfolgt. Diese Grundsätze stehen als "Grundprinzipien für die Durchführung von Wahlen in einem demokratischen System" (so die Erläuterungen zu Art 39 GRC) im Einklang mit jenen gemäß Art 14 Abs 3 EUV und Art 39 Abs 2 GRC. Bei der Auslegung der in Art 39 Abs 2 GRC enthaltenen Wahlgrundsätze sind Art 3 1. ZPEMRK (siehe zu dessen Anwendbarkeit auf Wahlen zum Europäischen Parlament EGMR [GK], Fall Matthews , Appl. 24.833/94) und die dazu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte heranzuziehen.
Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verfügen die Mitgliedstaaten bzw. Vertragsstaaten bei der Festlegung von Bedingungen im Zusammenhang mit dem Wahlrecht über ein weites Ermessen; diese Bedingungen dürfen die betreffenden Rechte nur nicht dergestalt schmälern, dass sie in ihrem Wesen beeinträchtigt werden und ihre Wirksamkeit verlieren. Sie müssen einen legitimen Zweck verfolgen und dürfen nicht unverhältnismäßig sein (EGMR , Fall Mathieu-Mohin , Appl. 9267/81; , Fall Melnychenko , Appl. 17.707/02; dem folgend [GK], Rs. C 145/04, Spanien/Vereinigtes Königreich , Slg. 2006, I-07917). Der Beurteilungsspielraum der Konventionsstaaten bzw. Mitgliedstaaten ist dort umso größer, wo sich kein einheitlicher Standpunkt in den einzelnen Staaten ("common ground") ermitteln lässt (vgl. EGMR [GK], Fall Hirst [Nr 2] , Appl. 74.025/01), wie dies bei der Briefwahl der Fall ist (vgl. die rechtsvergleichende Darstellung in EGMR [GK], Fall Sitaropoulos und Giakoumopoulos , Appl. 42.202/07 [Z33 ff.]; weiters bereits Grabenwarter , Briefwahl und E-Voting: Rechtsvergleichende Aspekte und europarechtliche Rahmenbedingungen, JRP 2004, 70 [70 ff.]; Grabenwarter , Der Europarat und die Entwicklung des Wahlrechts in Österreich, FS Mantl, 2009, 127 [132]).
2.3.2.2. Formen der Briefwahl sind grundsätzlich in Einklang mit den vorgenannten Wahlgrundsätzen zu bringen. Insbesondere werden diese Grundsätze durch die Eröffnung der Möglichkeit einer Stimmabgabe mittels Briefwahl nicht in ihrem Wesen beeinträchtigt oder ihrer Wirksamkeit beraubt. Da Briefwahlregelungen auch erkennbar einem – im Lichte des Grundsatzes der allgemeinen Wahl – legitimen Zweck dienen, namentlich der Erleichterung der Wahlrechtsausübung, sind entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgestaltete Briefwahlregelungen gemessen am Maßstab des Unionsrechts und der EMRK daher zulässig (vgl. statt vieler Magiera , in: Meyer [Hrsg.], Charta der Grundrechte der Europäischen Union 4 , 2014, Art 39 GRC [Rz 24 und 28]; siehe idZ auch EGMR, Fall Sitaropoulos und Giakoumopoulos , Z 71 ff.; EKMR , Fall X , Appl. 7566/76; , Fall X und Y , Appl. 8987/80; , Fall Holland , Appl. 24.827/94; P, Echauz Brigaldi u.a./Kommission , Slg. 1999, I-01287 [Rz 27 ff.]; Spanien/Vereinigtes Königreich , Rz 92).
2.3.2.3. Vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles und der in der Anfechtung behaupteten Rechtswidrigkeiten bestehen auch keine Bedenken gegen die Unionsrechtskonformität der konkreten gesetzlichen Ausgestaltung der Briefwahl. Entgegen der Ansicht der anfechtungswerbenden Partei trifft das Gesetz – am Maßstab des Art 3 1. ZPEMRK – hinreichende Vorkehrungen zur Sicherung der persönlichen und geheimen Stimmabgabe, zumal die persönliche und geheime Stimmabgabe nicht nur eidesstattlich zu erklären (Art26 Abs 6 B VG), sondern auch durch die Nichtigkeitsgründe des § 46 Abs 3 EuWO, den strafrechtlichen Schutz der verfassungsgesetzlichen Wahlgrundsätze (vgl. die §§261 ff. StGB) sowie den verfassungs- und strafgesetzlichen Schutz des Briefgeheimnisses (Art10 StGG, Art 8 EMRK, § 118 StGB) bewehrt ist.
2.3.2.4. Hiernach bleibt kein Raum für vernünftige Zweifel an der Auslegung der für die Frage der Zulässigkeit der vorliegenden Briefwahlregelungen maßgeblichen unionsrechtlichen Vorschriften. Daher erübrigt sich – anders als in dem der Entscheidung in VfSlg 16.100/2001 zugrunde liegenden Sachverhalt – auch eine Vorlage entsprechender Fragen an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung (vgl. 283/81, C.I.L.F.I.T. , Slg. 1982, 3415 [Z16]).
2.3.3. Sohin bleibt zu klären, ob die gesetzlichen Bestimmungen über die Briefwahl gegen die Bundesverfassung verstoßen.
2.3.3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung VfSlg 10.412/1985 Briefwahlregelungen einer Kommunalwahlordnung als im Lichte des persönlichen und geheimen Wahlrechts verfassungswidrig aufgehoben. Im Unterschied zur seinerzeit vorgefundenen Verfassungsrechtslage besteht im vorliegenden Fall für die maßgeblichen einfachgesetzlichen Bestimmungen über die Stimmabgabe mittels Briefwahl nunmehr eine besondere verfassungsgesetzliche Grundlage in Art 23a Abs 4 iVm Art 26 Abs 6 B VG idF BGBl I 27/2007. Nach dieser können Wahlberechtigte, die voraussichtlich am Wahltag verhindert sein werden, ihre Stimme vor der Wahlbehörde abzugeben, ihr Wahlrecht auf begründeten Antrag durch Briefwahl ausüben, wobei die Identität des Antragstellers glaubhaft zu machen ist und der Wahlberechtigte durch Unterschrift an Eides statt zu erklären hat, dass die Stimmabgabe persönlich und geheim – d.h. von Dritten unbeobachtet und damit in einer für die Öffentlichkeit nicht erkennbaren Weise (vgl. die Erläut. zur RV 94 BlgNR 23. GP, 3) – erfolgt ist. Dass die einfachgesetzlichen Bestimmungen der EuWO gegen diese Regelungen verstießen, behauptet die antragstellende Partei nicht und ist – vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles – auch nicht hervorgekommen.
2.3.3.2. Der Verfassungsgerichtshof hegt – ungeachtet der Frage, inwieweit das demokratische Prinzip der Bundesverfassung die für Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene enthaltenen Kautelen ebenso für Wahlen zum Europäischen Parlament bereithält – auch keine Bedenken gegen Art 23a Abs 4 und Art 26 Abs 6 B VG:
Diese Verfassungsbestimmungen wurden in ihrer die Briefwahlregelungen enthaltenden Fassung durch BGBl I 27/2007 erlassen (vgl. aber bereits § 62a NRWO 1971 idF BGBl 148/1990 sowie Art 26 Abs 6 B-VG idF BGBl 470/1992 betreffend die Stimmabgabe im Ausland). Art 23a Abs 4 und Art 26 Abs 6 B VG wären nur unter der Voraussetzung verfassungswidrig, dass ihre Erlassung eine Gesamtänderung der Bundesverfassung iSd Art 44 Abs 3 B VG bewirkt hätte, die als solche vor der Beurkundung durch den Bundespräsidenten einer Volksabstimmung zu unterziehen gewesen wäre (vgl. VfSlg 2455/1952). Eine Gesamtänderung der Bundesverfassung ist eine Änderung, die einen der leitenden Grundsätze der Bundesverfassung – wie etwa das demokratische Prinzip (Art1 B VG) – berührt (vgl. VfSlg 2455/1952; weiters bereits VfSlg 1708/1948). Eine solche Gesamtänderung der Bundesverfassung liegt nicht vor (vgl. im Übrigen etwa bereits VfSlg 19.245/2010 und 19.246/2010, worin sich der Verfassungsgerichtshof nach Inkrafttreten der B VG-Novelle BGBl I 27/2007 mit Anfechtungen von Wahlen auf Grund behaupteter Rechtswidrigkeiten in Zusammenhang mit der Stimmabgabe mittels Briefwahl auseinanderzusetzen hatte und keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Briefwahl schlechthin hervorgekommen sind).
2.3.3.3. Die von der anfechtungswerbenden Partei dargelegten Bedenken gegen die gesetzlichen Bestimmungen über die Stimmabgabe mittels Briefwahl treffen sohin nicht zu.
2.4. Die anfechtungswerbende Partei rügt ferner die Möglichkeit der Stimmabgabe durch Briefwahl außerhalb des durch Art 1 des Beschlusses 2013/299/EU, Euratom auf Grundlage des Art 10 Abs 1 des EU-Direktwahlaktes festgelegten Wahlzeitraumes von 22. bis . Eine Ausdehnung des Wahlzeitraumes durch nationales Recht – wie für Briefwähler – sei unionsrechtlich unzulässig.
2.4.1. Die Bundeswahlbehörde entgegnet diesem Vorbringen im Wesentlichen Folgendes: Art 10 Abs 1 des EU-Direktwahlaktes sei dahingehend auszulegen, dass die Wahl zwar grundsätzlich in dem festgelegten viertägigen Zeitraum stattzufinden habe, andere Formen der Stimmabgabe bereits vor dem Wahltag oder den Wahltagen aber zulässig seien. Anders sei nicht umsetzbar, dass Unionsbürger mit Wohnsitz außerhalb des Herkunftsmitgliedstaates eine – auch faktische – Wahlmöglichkeit zwischen der Stimmabgabe im Herkunftsmitgliedstaat und der Stimmabgabe im Wohnsitzmitgliedstaat hätten. Der Briefwahl sei – wie auch das (deutsche) Bundesverfassungsgericht festgestellt habe – die Möglichkeit einer Stimmabgabe vor dem Wahltag geradezu immanent; mit ihr nehme der Gesetzgeber den unterschiedlichen Informationsstand von Wählern und den Umstand, dass Personen bereits ihre Stimme abgegeben haben, die in der Folge vor dem Wahltag verstorben sind, in Kauf.
2.4.2. Gemäß Art 10 Abs 1 des EU-Direktwahlaktes findet die Wahl des Europäischen Parlaments zu dem von jedem Mitgliedstaat festgelegten Termin und zu den von ihm festgelegten Uhrzeiten statt, wobei der Termin in einen für alle Mitgliedstaaten gleichen Zeitraum von Donnerstagmorgen bis zu dem unmittelbar nachfolgenden Sonntag fällt.
Auf nationaler Gesetzesebene ist festgelegt, dass die Verordnung der Bundesregierung, mit welcher die Wahl ausgeschrieben wird, den Wahltag zu enthalten hat, der auf einen Sonntag oder gesetzlichen Feiertag festzusetzen ist (§2 Abs 1 EuWO). Der mittels Verordnung festgelegte Wahltag ist für die Stimmabgabe mittels Briefwahl nur insofern von Relevanz, als sich das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für die Ausstellung einer Wahlkarte (§26 EuWO) und die Frist zur Beantragung einer Wahlkarte (§27 EuWO) nach dem Wahltag bestimmen und die Stimmabgabe mittels Briefwahl im Regelfall so rechtzeitig zu erfolgen hat, dass die Wahlkarte bei der zuständigen Bezirkswahlbehörde spätestens am Wahltag um 17.00 Uhr eingelangt ist (§46 Abs 2 EuWO). Wie die Anfechtung zu Recht konstatiert, ermöglicht die nationale Rechtslage damit eine Stimmabgabe mittels Briefwahl vor dem unionsrechtlich festgelegten Rahmenzeitraum. Art 10 Abs 1 des EU-Direktwahlaktes (iVm Art 1 des Beschlusses 2013/299/EU, Euratom) steht aber dieser Rechtslage nicht entgegen.
2.4.3. Wie die Bundeswahlbehörde zutreffend vorbringt, ist die von der anfechtungswerbenden Partei gerügte zeitliche Vorverlagerung ("early voting") gegenüber einem festgelegten Wahltag oder bloß mehrtägigen Wahlzeitraum dem – wie dargelegt: verfassungsgesetzlich vorgesehenen und unionsrechtlich zulässigen – System der Briefwahl immanent. Dies ergibt sich bereits aus der Notwendigkeit der – weltweiten – Zustellung der Briefwahlunterlagen an den Wähler und deren Rückübermittlung an die Wahlbehörde (idS auch Schreiner , in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht, 1. Lfg. 2001, Art 26 B VG [Rz 84]). Der unionsrechtlich festgelegte Rahmenzeitraum kann die Stimmabgabe mittels Briefwahl sohin nur insoweit determinieren, als der Zeitraum zur Stimmabgabe mittels Briefwahl mit ihm als zeitlichem Bezugspunkt in einem hinreichenden zeitlichen Zusammenhang stehen muss. Damit verfangen auch die von der anfechtungswerbenden Partei ventilierten Umstände nicht, dass etwa Wähler, die ihre Stimme vorgezogen mittels Briefwahl abgeben, einen unterschiedlichen Informationsstand aufweisen, weil diese Umstände notwendige Konsequenzen der in Kauf genommenen zeitlichen Vorgelagertheit der Stimmabgabe mittels Briefwahl darstellen.
Mit diesem Ergebnis steht auch nicht in Widerspruch, dass der Verfassungsgerichtshof mit seiner Entscheidung VfSlg 19.592/2011 eine Bestimmung der Hochschülerinnen- und HochschülerschaftswahlO 2005 aufgehoben hat, die eine vorgezogene Stimmabgabe mittels "E-Voting" von Montag bis Freitag normierte: Im seinerzeit vorliegenden Fall war die Stimmabgabe mittels "E-Voting" in eben jenem Hochschülerinnen- und HochschülerschaftsG 1998 festgelegt, welches auch den Wahlzeitraum (Dienstag bis Donnerstag) festlegte, womit sich dieser Wahlzeitraum aber evident (auch) auf die Stimmabgabe mittels "E-Voting" bezog. Der vorliegende Fall ist mit dieser Konstellation schon deshalb nicht vergleichbar.
2.4.4. Soweit die anfechtungswerbende Partei weiters behauptet, es bestehe kein gesetzlicher Schutz der mittels Briefwahl eingelangten Stimmzettel bis zur Stimmenzählung, genügt es, auf die – auch von der Bundeswahlbehörde ins Treffen geführten – Bestimmungen des § 46 Abs 4 EuWO zu verweisen, wonach die für eine Stimmabgabe mittels Briefwahl verwendeten Wahlkarten nach Einlangen bei der Bezirkswahlbehörde bis zur Auszählung (§72 Abs 1 leg.cit.) amtlich unter Verschluss zu verwahren sind.
2.4.5. Die anfechtungswerbende Partei rügt in diesem Zusammenhang schließlich noch, dass die EuWO keine Regelungen über einen einheitlichen Termin für die Zustellung der Wahlkarten an die Wahlberechtigten enthalte, welche Regelungslücke zu einer Ungleichbehandlung der Wahlberechtigten führe. Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Bedenken nicht. Insbesondere ist für den Verfassungsgerichtshof nicht ersichtlich, wie durch diesen Umstand der Grundsatz der gleichen Wahl oder der allgemeine Gleichheitsgrundsatz berührt sein sollte. Maßgeblich ist vielmehr – wie im Hinblick auf die je nach Wahlsprengel potentiell unterschiedlichen Wahlzeiten (vgl. § 39 Abs 2 EuWO) –, dass die Ausübung des Wahlrechts für alle Wähler hinreichend gesichert ist. Dass diese Maßgabe durch die gerügten Bestimmungen oder im angefochtenen Wahlverfahren nicht erfüllt gewesen wäre, behauptet aber auch die Anfechtung nicht.
2.5. Die anfechtungswerbende Partei bringt weiters vor, dass durch den mangelhaften Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten nicht ausgeschlossen sei, dass an der Wahl Staatsbürger und Unionsbürger teilgenommen haben, welche ihre Stimme auch bei der Wahl der Abgeordneten eines anderes Mitgliedstaats abgegeben haben. Eine solche "mehrfache Stimmabgabe" verstoße gegen den EU-Direktwahlakt sowie gegen Art 23a Abs 1 B VG.
Diesem Vorbringen ist im Verfahren über die Anfechtung der Wahl zum Europäischen Parlament bereits deshalb kein Erfolg beschieden, weil es die Frage betrifft, ob Wählern die Wahlberechtigung rechtswidriger Weise zuerkannt worden ist: Hat ein österreichischer Staatsbürger in seinem Wohnsitzmitgliedstaat außerhalb Österreichs den Wunsch zum Ausdruck gebracht, sein aktives Wahlrecht dort auszuüben (vgl. Art 9 der Richtlinie 93/109/EG), ist er gemäß Art 23a Abs 1 B VG iVm Art 4 Abs 1 letzter Satz der Richtlinie 93/109/EG bei der Wahl zum Europäischen Parlament in Österreich nicht wahlberechtigt. Diese Frage ist aber nur in einem die Rechtmäßigkeit des Wählerverzeichnisses betreffenden Verfahren zu prüfen. Im vorliegenden Fall der Wahl zum Europäischen Parlament sehen sowohl die §§7 ff. EuWEG betreffend die Europa-Wählerevidenz als auch die §§16 ff. EuWO betreffend das Wählerverzeichnis Administrativverfahren vor, die letztlich in einer beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 141 B VG bekämpfbaren Entscheidung münden. Mit diesem System hat der österreichische Gesetzgeber ausreichende Vorkehrungen gegen eine mehrfache Stimmabgabe iSd Art 9 des EU-Direktwahlaktes und Art 4 Abs 1 letzter Satz der Richtlinie 93/109/EG getroffen.
Im Verfahren über die Wahl zum Europäischen Parlament bestimmt sich die Wahlberechtigung hingegen nur mehr nach der Eintragung in das Wählerverzeichnis. Eine Prüfung der Richtigkeit des Wählerverzeichnisses im Rahmen des Verfahrens über die Anfechtung einer Wahl gemäß Art 141 Abs 1 lita B VG ist dem Verfassungsgerichtshof nicht möglich (vgl. zur insoweit vergleichbaren Verfassungsrechtslage vor Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I 51/2012, VfSlg 14.556/1996, 15.890/2000, 17.589/2005, 18.729/2009) und im Übrigen – da durch die bezeichneten Berichtigungsverfahren ein effizienter Rechtsschutz besteht – auch unionsrechtlich nicht geboten (vgl. [GK], Rs. C 300/04, Eman Sevinger , Slg. 2006, I-08055). Dass bei der angefochtenen Wahl Wähler ihre Stimme abgegeben hätten, die nicht im Wählerverzeichnis geführt waren, oder Wähler nicht zur Stimmabgabe zugelassen worden wären, die im Wählerverzeichnis geführt wurden, hat die Anfechtung nicht – substantiiert – behauptet.
2.6. Die Anfechtung erachtet ferner die amtlichen Stimmzettel zur angefochtenen Wahl als rechtswidrig: Die Reihenfolge der Wählergruppen auf den (amtlichen) Stimmzetteln verstoße gegen das aus dem dem Gleichheitsgrundsatz erfließende Sachlichkeitsgebot. Neu kandidierende Wählergruppen seien gegenüber jenen Wählergruppen, die bereits bisher im Europäischen Parlament vertreten waren, dadurch diskriminiert, dass – im Unterschied zu Letzteren, deren Listenplatz von vornherein feststehe – sie erst nach Ende der Einreichungsfrist für Wahlvorschläge ihren Listenplatz zugewiesen erhielten. Dieser Umstand erschwere die Wahlwerbung neu kandidierender Wählergruppen.
2.6.1. Die Bundeswahlbehörde entgegnet diesem Vorbringen, dass die Reihenfolge der wahlwerbenden Parteien auf dem amtlichen Stimmzettel den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen habe.
2.6.2. Gemäß § 36 Abs 3 und 4 EuWO richtet sich die Reihenfolge der Parteien in der Veröffentlichung der Wahlvorschläge – und weiterhin auch auf den amtlichen Stimmzetteln (vgl. § 61 Abs 2 EuWO) – für wahlwerbende Parteien, die zuletzt im Europäischen Parlament vertreten waren, nach der Zahl der zuletzt erreichten Mandate (bzw. bei Gleichstand nach der Gesamtsumme der Parteistimmen und subsidiär nach Losentscheid), im Übrigen nach dem Zeitpunkt der Einbringung des Wahlvorschlags (bzw. bei Gleichzeitigkeit nach Losentscheid). Wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Zusammenhang mit Wahlen zu (anderen) allgemeinen Vertretungskörpern ausgesprochen hat, ist dieser Regelung unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht entgegenzutreten, weil dem Gesetzgeber bei der gesetzlichen Festlegung der in Rede stehenden Reihungsbestimmungen ein gewisser Spielraum gewährt ist und das Ergebnis der letzten Wahl im gegebenen Zusammenhang einen sachgerechten Anknüpfungspunkt abgibt (VfSlg 10.821/1986, 11.875/1988).
2.6.3. Soweit die anfechtungswerbende Partei eine Rechtswidrigkeit des Stimmzettels außerdem darin erblickt, dass dieser eine Zeile für die Listennummer 3 mit dem Vermerk "leer" enthalten habe und diese Zeile von § 61 EuWO – im Unterschied zu § 36 EuWO im Hinblick auf die Veröffentlichung der Wahlvorschläge – nicht gedeckt gewesen sei, ist ihr Folgendes zu entgegnen: Gemäß § 61 Abs 2 EuWO bestimmt sich der Inhalt des amtlichen Stimmzettels u.a. "unter Berücksichtigung der gemäß § 36 erfolgten Veröffentlichung". Nach § 36 Abs 5 EuWO hat, wenn sich eine im zuletzt gewählten Europäischen Parlament vertreten gewesene Partei nicht an der Wahlwerbung beteiligt – wie im vorliegenden Fall die für die Wahl zum Europäischen Parlament im Jahr 2009 wahlwerbende Partei "Dr. Martin – Für Demokratie, Kontrolle, Gerechtigkeit" –, in der Veröffentlichung nur die ihr nach § 36 Abs 3 EuWO zukommende Listennummer und daneben das Wort "leer" aufzuscheinen. Die Zeile für die Listennummer 3 war daher – entgegen der Ansicht der anfechtungswerbenden Partei – zu Recht im amtlichen Stimmzettel enthalten. Damit erübrigt sich auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit die gerügte Zeile für die Listennummer 3 von Einfluss auf das Wahlergebnis gewesen sein konnte (vgl. idZ VfSlg 10.821/1986). Festzuhalten bleibt aber, dass die Annahme, die Wähler seien durch die Wahlwerbung einer wahlwerbenden Partei mit der Listennummer zehn angesichts der Wahlwerbung von insgesamt nur neun wahlwerbenden Parteien irregeführt worden, von einer unbegründeten Unterschätzung der Fähigkeiten der Wähler ausginge (vgl. idZ VfSlg 10.821/1986).
2.6.4. Der inkriminierten Reihung der Wählergruppen und der Berücksichtigung der "leer" gebliebenen Listennummer 3 steht auch Unionsrecht nicht entgegen: Im Lichte des Gesagten ist nämlich auszuschließen, dass dadurch gegen die primärrechtlichen Bestimmungen über die Wahl zum Europäischen Parlament, insbesondere die primärrechtlich verankerten Wahlgrundsätze, verstoßen wurde. Sekundärrechtlich ist aber die Reihenfolge der Wählergruppen auf den Kundmachungen über die veröffentlichten Wahlvorschläge sowie auf den amtlichen Stimmzetteln nicht determiniert, sodass sich das Wahlverfahren in jedem Mitgliedstaat nach den innerstaatlichen Vorschriften richtet (Art8 Abs 1 EU-Direktwahlakt).
2.7. Die Anfechtung erachtet darüber hinaus § 30 Abs 2 EuWO als verfassungswidrig. Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: In der Praxis unterstützten die Abgeordneten in Nationalrat und im Europäischen Parlament nur Wahlvorschläge jener Wählergruppe, welcher sie zugehörten, zumal jeder Abgeordnete nur jeweils einen Wahlvorschlag unterstützen könne. Die Wahlvorschläge der übrigen Wählergruppen bedürften demgegenüber der Unterstützung von mindestens 2.600 Wahlberechtigten. Diese Regelung bewirke eine Benachteiligung jener Wählergruppen, die weder im Nationalrat noch im Europäischen Parlament bereits vertreten sind, und verstoße daher gegen den Gleichheitsgrundsatz sowie den Grundsatz der gleichen Wahl.
2.7.1. Die Bundeswahlbehörde verweist in ihrer Gegenschrift im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Unbedenklichkeit von Regelungen, welche die Unterstützung wahlwerbender Gruppen durch Abgeordnete eines allgemeinen Vertretungskörpers vorsehen.
2.7.2. Gemäß § 30 Abs 2 EuWO muss ein Wahlvorschlag von wenigstens drei Abgeordneten zum Nationalrat oder von wenigstens einem auf Grund der EuWO bei der letzten Wahl zum Europäischen Parlament gewählten Mitglied unterschrieben oder von 2.600 Personen, die am Stichtag in der Europa-Wählerevidenz eingetragen und wahlberechtigt (§10 leg.cit.) waren, unterstützt sein; hat ein Abgeordneter oder ein Mitglied mehrere Wahlvorschläge unterschrieben, so ist nur jene Unterschrift gültig, die sich auf dem ersteingebrachten Antrag befindet.
2.7.3. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits, worauf auch die Bundeswahlbehörde zutreffend hinweist, wiederholt ausgesprochen, dass er weder gegen das – auch in die EuWO eingeführte – System der Unterstützungsunterschriften grundsätzlich Bedenken hegt noch im Speziellen gegen die unterschiedliche Bewertung der Unterschriften eines Abgeordneten und eines sonstigen Wahlberechtigten, mit welchen ein Wahlvorschlag unterstützt wird, zumal diese Abgeordneten bereits eine nicht unbeträchtliche Zahl von Wahlberechtigten repräsentieren (vgl. VfSlg 6201/1970, 10.178/1984, 15.169/1998 mit zahlreichen Hinweisen auf die ergangene Vorjudikatur). All das gilt auch für § 30 Abs 2 EuWO. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich auch vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles nicht veranlasst, von dieser Rechtsprechung abzugehen.
2.7.4. Soweit die Anfechtung noch vorbringt, die Unterstützungserklärung von Abgeordneten habe in zwei Fällen nicht dem Willen jener Wähler entsprochen, die den jeweiligen Abgeordneten seinerzeit gewählt haben, zeigt sie damit keine Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens auf. Insbesondere ist einzige persönliche Voraussetzung für die rechtswirksame Unterstützung eines Wahlvorschlages durch einen Abgeordneten dessen aufrechtes Mandat, nicht hingegen eine bestimmte Parteizugehörigkeit, zumal der Abgeordnete auch bei Unterstützung eines Wahlvorschlages dem Schutz des freien Mandats unterliegt (Art56 Abs 1 B VG bzw. Art 6 Abs 1 EU-Direktwahlakt).
2.7.5. Hinsichtlich der Unbedenklichkeit des Systems der Unterstützungsvorschriften im Lichte des Unionsrechts wird auf Pkt. 2.6.4 . verwiesen.
2.8. Die Anfechtung erblickt weiters eine Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens darin, dass die veröffentlichten Wahlvorschläge entgegen den Anordnungen in § 41 und § 44 Abs 4 EuWO nicht vor jedem Wahllokal und in jeder Wahlzelle "sichtbar" angeschlagen worden seien. Sie hätten eine zu geringe Schriftgröße aufgewiesen und seien daher – auch auf Grund des verschiedentlich verwendeten blauen Papiers – nicht lesbar gewesen.
2.8.1. Nach Ansicht der Bundeswahlbehörde sei die Schriftgröße – ebenso wie die Papierfarbe – gesetzlich nicht geregelt, zumal sich das Erfordernis der Sichtbarkeit nicht auf den Inhalt, sondern auf den Anschlag der veröffentlichen Wahlvorschläge schlechthin beziehe. Im Übrigen sei der Inhalt trotz der – durch die Zahl der knapp 400 Kandidaten und den beschränkten Platz in den Wahlzellen bedingten – reduzierten Schriftgröße (etwa 1,8 Millimeter) hinreichend lesbar gewesen.
2.8.2. Gemäß § 41 EuWO sind vor jedem Wahllokal die veröffentlichten Wahlvorschläge sichtbar anzuschlagen; weiters sind die veröffentlichten Wahlvorschläge gemäß § 44 Abs 4 EuWO in der Wahlzelle an einer sichtbaren Stelle anzuschlagen. Dem Erfordernis gemäß § 41 EuWO, die veröffentlichten Wahlvorschläge vor jedem Wahllokal "sichtbar anzuschlagen", ist – insoweit ist der Bundeswahlbehörde beizupflichten – keine andere normative Bedeutung beizumessen als dem Erfordernis gemäß § 44 Abs 4 EuWO, die veröffentlichten Wahlvorschläge in der Wahlzelle "an einer sichtbaren Stelle anzuschlagen" (idS wohl auch die Erläut. zum IA 866/A 24. GP, 30 [ad § 41 EuWO idF BGBl I 13/2010]). Gleichwohl wäre dem Erfordernis des Anschlages der veröffentlichten Wahlvorschläge schlechthin nicht Genüge getan, wenn die veröffentlichten Wahlvorschläge zwar sichtbar, aber in einer nicht lesbaren Weise angeschlagen wären (vgl. zum möglichen Einfluss einer Missachtung einer derartigen Vorschrift auf das Wahlergebnis VfSlg 11.021/1986). Von einer Unlesbarkeit der angeschlagenen veröffentlichten Wahlvorschläge kann im vorliegenden Fall allerdings keine Rede sein (vgl. idZ außerdem zur Möglichkeit schwer sehbehinderter Wähler, sich bei der Wahlhandlung helfen zu lassen, § 52 EuWO). Die behauptete Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor.
2.8.3. Hinsichtlich der Unbedenklichkeit der Bestimmungen über den Anschlag der veröffentlichten Wahlvorschläge im Lichte des Unionsrechts wird auf Pkt. 2.6.4 . verwiesen.
2.9. Schließlich rügt die Anfechtung noch die – behauptete – Veröffentlichung von (Teil-)Ergebnissen der angefochtenen Wahl vor , 17.00 Uhr, dem Ende der Wahlzeit in Österreich, bzw. von Hochrechnungen vor , 23.00 Uhr, dem Ende der Wahlzeit in Italien als jenem Mitgliedstaat, dessen Wähler als Letzte wählen. Diese Bekanntgaben stünden in Widerspruch zu Art 10 Abs 2 des EU-Direktwahlaktes.
2.9.1. Die Bundeswahlbehörde tritt diesem Vorbringen im Wesentlichen mit der Begründung entgegen, dass das Verbot des Art 10 Abs 2 des EU-Direktwahlaktes nur die amtliche Bekanntgabe des Wahlergebnisses erfasse, nicht aber etwa die Stimmenzählung oder die Berichterstattung über Teilergebnisse an die jeweils übergeordneten Wahlbehörden. Außerdem habe die Anfechtung nicht dargelegt, inwieweit die (nicht-amtliche) Veröffentlichung von Teilergebnissen und Hochrechnungen nach 17.00 Uhr des Wahltages von Einfluss auf das Ergebnis der angefochtenen Wahl hätte sein können.
2.9.2. Die gerügte Veröffentlichung von Hochrechnungen vor dem Ende der Wahlzeit in jenem Mitgliedstaat, dessen Wähler als Letzte wählen, verstößt – entgegen der Auffassung der Anfechtung – nicht gegen Art 10 Abs 2 des EU-Direktwahlaktes. Dieser verbietet nämlich lediglich eine amtliche Bekanntgabe des Wahlergebnisses, solange die Wahl in dem Mitgliedstaat, dessen Wähler als Letzte wählen, noch nicht abgeschlossen ist. Damit ist der Mitgliedstaat aber keineswegs an der Durchführung des Ermittlungsverfahrens (etwa der Stimmenzählung oder der Berichterstattung über Teilergebnisse an die jeweils übergeordneten Wahlbehörden) oder an der Veröffentlichung von Hochrechnungen gehindert (so zutreffend auch die Erläut. zum IA 250/A 22. GP, 5). An dieser Auslegung besteht für den Verfassungsgerichtshof bereits deshalb kein Zweifel, weil die geltende Fassung des Art 10 Abs 2 des EU-Direktwahlaktes durch Beschluss 2002/772/EG, Euratom, ABl. 2002 L 283, 1, in bewusster Abkehr von der Stammfassung erlassen wurde, welche noch vorsah, dass mit der Ermittlung des Wahlergebnisses erst begonnen werden durfte, wenn die Wahl in dem Mitgliedstaat, dessen Wähler als Letzte wählen, abgeschlossen war.
2.9.3. Soweit die Anfechtung die Weitergabe von Teilergebnissen vor dem Ende der Wahlzeit um 17.00 Uhr behauptet, ist dieses Vorbringen nicht hinreichend substantiiert (VfSlg 10.226/1984, 12.938/1991, 14.556/1996, 17.305/2004, 17.643/2005).
2.10. Die anfechtungswerbende Partei hat in der Replik auf die Gegenschrift der Bundeswahlbehörde noch weitere Umstände vorgebracht, aus denen sie die Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens ableiten will, insbesondere die Zuweisung der Listennummer 6 an die Wählergruppe "BZÖ – Liste Mag. Werthmann" und die – unsubstantiiert behauptete – rechtswidrige Ausstellung von Wahlkarten. Hierauf war jedoch nicht einzugehen, weil der Verfassungsgerichtshof ausschließlich zu prüfen hat, ob die bereits in der Anfechtung geltend gemachten Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens vorliegen (vgl. VfSlg 9093/1981, 10.226/1984, 11.256/1987, 13.556/1993, 14.556/1996).
IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Der Anfechtung ist daher nicht stattzugeben.
2. Soweit die anfechtungswerbende Partei in ihrer Replik rügt, ihr sei im verfassungsgerichtlichen Verfahren die Einsicht in bestimmte Aktenteile verweigert worden, ist festzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof der anfechtungswerbenden Partei in Übereinstimmung mit § 35 Abs 1 VfGG iVm § 219 Abs 1 ZPO (vgl. zur Maßgeblichkeit dieser Bestimmung VfSlg 8941/1980) einzig die Einsicht in Beratungsentwürfe und Beratungsprotokolle vorenthalten, ansonsten aber Einsicht in den gesamten verfassungsgerichtlichen Prozessakt, dessen Bestandteil auch die vorgelegten Verwaltungsakten bilden (vgl. VfSlg 17.671/2005, 18.332/2007), gewährt hat. Jene Teile der Verwaltungsakten, welche vom Verfassungsgerichtshof – mangels Beachtlichkeit im Hinblick auf die in der Anfechtung behaupteten Rechtswidrigkeiten – nicht angefordert wurden, sind nicht Bestandteil des verfassungsgerichtlichen Aktes (vgl. VfSlg 17.100/2004).
3. Über den Einwand der Befangenheit einzelner Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes ist nicht abzusprechen (vgl. zur Unzulässigkeit eines Antrages auf Ablehnung eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 9462/1982, 11.699/1988, 15.176/1998, 16.258/2001; ). Im Übrigen sind die von Amts wegen wahrzunehmenden Voraussetzungen einer Befangenheit gemäß § 20 JN, auf den § 12 Abs 2 Z 1 VfGG ausdrücklich verweist, nicht gegeben.
4. Schließlich ist noch zur dem Verfassungsgerichtshof gemäß § 80 EuWO auferlegten Frist zur Entscheidung über die Anfechtung einer Wahl zum Europäischen Parlament längstens innerhalb von vier Wochen nach ihrer Einbringung Folgendes festzuhalten: Der Verfassungsgerichtshof deutet die Vorschrift des § 80 EuWO so, dass er gehalten ist, alles daran zu setzen, diese Frist einzuhalten. Sollte dies allerdings auf Grund anderer, vom Rechtsstaatsprinzip geforderter verfahrensrechtlicher Vorschriften oder auf Grund zwingenden Unionsrechts nicht möglich sein, verpflichtet diese Bestimmung den Verfassungsgerichtshof jedenfalls dazu, möglichst rasch zu entscheiden.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2014:WI2.2014