VfGH vom 07.03.2002, WI-5/01
Sammlungsnummer
16479
Leitsatz
Zulässigkeit der von Mitgliedern der Bezirksvertretung eingebrachten Anfechtung der Wahl des Bezirksvorstehers (und seines Stellvertreters) für den 4. Wiener Gemeindebezirk; keine Stattgabe dieser Wahlanfechtung; keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestellung des Bezirksvorstehers in Form der sogenannten Fraktionswahl; keine Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens hinsichtlich der Abstimmung über eingereichte Wahlvorschläge; Zurückweisung der Anfechtung der Wahl des Vorsitzenden der Bezirksvertretung (und seines Stellvertreters) mangels Zuständigkeit des VfGH
Spruch
Die Wahlanfechtung wird, soweit sie sich gegen die Wahl des Vorsitzenden der Bezirksvertretung und eines seiner Stellvertreter richtet, zurückgewiesen.
Im Übrigen wird der Wahlanfechtung nicht stattgegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Der Bürgermeister der Bundeshauptstadt Wien schrieb auf Grund des § 3 der Gemeindewahlordnung der Stadt Wien, LGBl. 1996/16, die Wahl der Mitglieder des Gemeinderates und der Bezirksvertretungen für den aus. Diese Ausschreibung wurde im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 4A vom kundgemacht.
1.1.2. Für die Wahl der Mitglieder der Bezirksvertretung des 4. Wiener Gemeindebezirkes (Wieden) wurden von folgenden wahlwerbenden Parteien Wahlvorschläge eingebracht (veröffentlicht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 10A vom ):
Tabelle in neuem Fenster öffnen
- | Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) | |||||||||
- | Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) | |||||||||
- | Liste Bezirksvorsteherin Susanne Emmerling ÖVP Wieden (ÖVP) | |||||||||
- | Die Grünen - Grüne Alternative Wien (GRÜNE) | |||||||||
- | Liberales Forum (LIF) | |||||||||
- | Kommunistische Partei Österreichs - Linke Liste (KPÖ). |
1.1.3. In der Reihenfolge der Veröffentlichung schienen die wahlwerbenden Parteien auf dem amtlichen Stimmzettel für die Bezirksvertretungswahl im 4. Wiener Gemeindebezirk auf, und zwar mit ihrer Partei- und Kurzbezeichnung; die ÖVP demnach an dritter Stelle.
1.1.4. Die Bezirksvertretungswahl im 4. Wiener Gemeindebezirk erbrachte das folgende Ergebnis:
- SPÖ 4.069 Stimmen (12 Mandate)
- FPÖ 2.034 Stimmen ( 6 Mandate)
- ÖVP 4.269 Stimmen (12 Mandate)
- GRÜNE 3.133 Stimmen ( 9 Mandate)
- LIF 541 Stimmen ( 1 Mandat)
- KPÖ 130 Stimmen ( 0 Mandate).
1.2.1. Am fand die konstituierende Sitzung der Bezirksvertretung Wieden statt. In dieser Sitzung kam es zur Wahl des Bezirksvorstehers und seiner Stellvertreter sowie zur Wahl des Vorsitzenden der Bezirksvertretung und seiner Stellvertreter.
1.2.2. Für die Wahl des Bezirksvorstehers und eines Stellvertreters sowie für die Wahl des Vorsitzenden der Bezirksvertretung und eines Stellvertreters wurden die folgenden Wahlvorschläge eingereicht:
"Die gewählten Bezirksräte der Liste 3" brachten für die Wahl des Bezirksvorstehers einen auf Susanne Reichard lautenden Wahlvorschlag ein, für die Wahl eines Stellvertreters des Bezirksvorstehers einen auf Dir. Karl Timel lautenden, für die Wahl des Vorsitzenden der Bezirksvertretung einen auf Dr. Herbert Stickler lautenden sowie für die Wahl eines Stellvertreters des Vorsitzenden der Bezirksvertretung einen Wahlvorschlag lautend auf Mag. Philipp Meisel; sämtliche dieser Wahlvorschläge sind von - den selben - zehn der ÖVP angehörigen Mitgliedern der Bezirksvertretung unterschrieben. Weiters wurden von der "Liste Bezirksvorsteherin Susanne Emmerling - ÖVP Wieden" Wahlvorschläge eingereicht, die für die Wahl des Bezirksvorstehers auf Susanne Emmerling und für die Wahl des Bezirksvorsteher-Stellvertreters auf Rosa Nahodil lauten; diese Wahlvorschläge sind von - den übrigen - zwei der ÖVP angehörigen Mitgliedern der Bezirksvertretung - darunter die (frühere) Bezirksvorsteherin Susanne Emmerling selbst - unterschrieben; ferner wurde von der "Liste Bezirksvorsteherin Susanne Emmerling - ÖVP Wieden" ein ebenfalls von diesen zwei der ÖVP angehörigen Mitgliedern der Bezirksvertretung unterfertigter Wahlvorschlag überreicht, der für die Wahl des Vorsitzenden der Bezirksvertretung auf Susanne Emmerling und für die Wahl eines stellvertretenden Vorsitzenden der Bezirksvertretung auf Hannes Besau lautet.
1.2.3. Die in Rede stehenden Wahlen gingen laut dem Protokoll über die konstituierende Sitzung der Bezirksvertretung Wieden wie folgt vor sich:
"4. Wahl des/der Vorsitzenden der Bezirksvertretung und dessen/deren Stellvertreter
Da Dr. Stickler selbst für das Amt des Vorstehers kandidiert, übergibt er den Vorsitz zu diesem Tagesordnungspunkt gemäß § 1 Abs 1 und 2 der Geschäftsordnung an Herrn BV-Stv. Dir. Karl Timel.
Gemäß § 61b Abs 3a der Wiener Stadtverfassung ist nunmehr ein/e Vorsitzende/r der Bezirksvertretung zu wählen. Das Vorschlagsrecht dafür kommt der stimmenstärksten wahlwerbenden Partei zu, das ist die Liste 3. Die Liste 3 hat einen Wahlvorschlag überreicht, der ausreichend unterstützt ist.
Der Wahlvorschlag lautet auf Dr. Herbert Stickler.
Weiters sind zwei Stellvertreter des Vorsitzenden zu wählen.
Das Vorschlagsrecht für den ersten Vorsitzenden-Stellvertreter kommt der stimmenstärksten wahlwerbenden Partei zu. Die Liste 3 hat einen Wahlvorschlag überreicht, der ausreichend unterstützt ist.
Er lautet auf Mag. Philipp Meisel.
Das Vorschlagsrecht für den zweiten Vorsitzenden-Stellvertreter kommt der zweitstimmenstärksten Partei zu. Die Liste 1 hat einen Wahlvorschlag überreicht, der ausreichend unterstützt ist.
Er lautet auf Dir. Leopold Plasch.
Die Wahl wird aufgrund einer Vereinbarung in der Präsidiale in einem Durchgang, allerdings mit drei verschiedenen Stimmzetteln durchgeführt.
Der Wahlvorschlag der Liste 3 für den Vorsitzenden der Bezirksvertretung lautend auf Dr. Stickler wird mit Mehrheit angenommen.
Der Wahlvorschlag der Liste 3 für den
1. Vorsitzenden-Stellvertreter der Bezirksvertretung lautend auf Mag. Meisel wird mit Mehrheit angenommen.
Der Wahlvorschlag der Liste 1 für den
2. Vorsitzenden-Stellvertreter lautend auf Dir. Plasch wird mit Mehrheit angenommen.
Dr. Stickler nimmt die Wahl an.
BV-Stv. Dir. Timel übergibt den Vorsitz an den neugewählten Vorsitzenden der Bezirksvertretung Dr. Stickler.
Mag. Meisel und Dir. Plasch nehmen die Wahl an.
Frau BV Emmerling erklärt, dass die Wahl aus ihrer Sicht ungültig sei, und beruft sich auf den § 65 der Wr. Stadtverfassung (Sistierung).
Dr. Stickler beruft sich auf die Rechtsmeinung der Rechtsabteilung des Magistrats der Stadt Wien, wonach eine gültige Wahl vorliege, und setzt die Sitzung fort.
5. Wahl des/der Bezirksvorstehers/in
Gemäß § 61 Abs 1 der Wiener Stadtverfassung kommt das Vorschlagsrecht für den/die Bezirksvorsteher/in der stimmenstärksten wahlwerbenden Partei zu, also jener, auf die die größte Zahl der bei der Wahl der Bezirksvertretung abgegebenen Stimmen entfallen sind.
Im Fall der Bezirksvertretung Wieden ist dies gem. § 99 Abs 1 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 die Partei, die auf der Liste Nr. 3 kandidiert hat.
Liste 3 hat einen Wahlvorschlag überreicht, der gemäß § 99 Abs 2 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 ausreichend durch Mitglieder der Bezirksvertretung unterstützt ist, welche auf der Liste der wahlwerbenden Partei kandidiert haben. Es liegt somit ein gültiger Wahlvorschlag vor.
Der Wahlvorschlag lautet auf Susanne Reichard.
Darüber hinaus wurde ein weiterer Wahlvorschlag eingereicht, der jedoch nicht ausreichend unterstützt und daher ungültig ist.
Der gültige, auf Susanne Reichard lautende, Wahlvorschlag wird zur Abstimmung durch Stimmzettel gebracht.
Der Wahlvorschlag wird mit der notwendigen Mehrheit angenommen. Damit ist Frau Susanne Reichard zur Bezirksvorsteherin gewählt. Frau Reichard nimmt die Wahl an.
6. Angelobung der Bezirksvorsteherin
Frau Stadträtin Mag. Brauner nimmt die Angelobung der Bezirksvorsteherin Susanne Reichard vor.
7. Wahl der Bezirksvorsteher-Stellvertreter/innen
Der/die erste Stellvertreter/in ist von der stimmenstärksten wahlwerbenden Partei - also der Liste 3 -, der/die zweite von der zweit-stimmenstärksten wahlwerbenden Partei - also Liste 1 - vorzuschlagen.
Die Liste 3 hat einen Wahlvorschlag überreicht, der ausreichend unterstützt ist. Er lautet auf Dir. Karl Timel.
Die Liste 1 hat einen Wahlvorschlag überreicht, der ausreichend unterstützt ist. Er lautet auf Harald Tobola.
Die Wahl wird in einem Durchgang, allerdings mit zwei verschiedenen Stimmzetteln durchgeführt.
Der Wahlvorschlag der Liste 3 lautend auf Dir. Karl Timel wird mit der notwendigen Mehrheit angenommen.
Damit ist Herr Dir. Karl Timel zum ersten Bezirksvorsteher-Stellvertreter gewählt. Herr Dir. Timel nimmt die Wahl an.
Der Wahlvorschlag der Liste 1 lautend auf Harald Tobola wird mit der notwendigen Mehrheit angenommen.
Damit ist Herr Harald Tobola zum zweiten Bezirksvorsteher-Stellvertreter gewählt. Herr Tobola nimmt die Wahl an.
Frau Stadträtin Mag. Renate Brauner nimmt die Angelobung der beiden Bezirksvorsteher-Stellvertreter vor."
1.3.1.1. Mit ihrer auf Art 141 Abs 1 litb B-VG gestützten und an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Eingabe begehren Susanne Emmerling, Dipl.-Ing. Egon Hentze, Georg Walterskirchen, Johann Gudenus und Mag. Johannes Pasquali - alle Mitglieder der Bezirksvertretung für den 4. Wiener Gemeindebezirk (die drei zuletzt genannten gehören nicht der ÖVP an) -, "das Wahlverfahren in der Bezirksvertretung des 4. Wiener Gemeindebezirkes ... vom hinsichtlich der Wahlen des Bezirksvorstehers und seines Stellvertreters sowie der Wahlen des Vorsitzenden der Bezirksvertretung und seines Stellvertreters" für nichtig zu erklären.
1.3.1.2. In der Wahlanfechtungsschrift wird wie folgt ausgeführt:
"Rechtswidrigkeit wegen Verletzung der zugrundeliegenden Wahlordnung (Wiener Stadtverfassung):
Nach § 61b Abs 1 WStV ... wird der Bezirksvorsteher auf Vorschlag der stärksten wahlwerbenden Partei von der Bezirksvertretung gewählt. Nach § 61b Abs 2 und 3 WStV wählt die Bezirksvertretung aus ihrer Mitte weiters 2 Stellvertreter des Bezirksvorstehers, wobei der eine von der stärksten und der andere von der zweitstärksten wahlwerbenden Partei der Bezirksvertretung vorzuschlagen ist. Für die Wahl gelten die Bestimmungen des § 99 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996. Dieser sieht vor, dass die Parteienstärke nach der Zahl der Mandate in der Bezirksvertretung, bei gleicher Mandatszahl nach der Zahl der für die Parteien bei der Wahl der Bezirksvertretung abgegebenen Stimmen bestimmt wird. Für die Wahl haben die anspruchsberechtigten Parteien Wahlvorschläge dem Vorsitzenden der Bezirksvertretung in der Sitzung, auf deren Tagesordnung die Wahl steht, zu überreichen. Diese müssen von mindestens der Hälfte der der betreffenden Partei angehörigen Mitglieder der Bezirksvertretung unterschrieben sein. Im Übrigen sind für die Wahl des Bezirksvorstehers und seines Stellvertreters die Bestimmungen des § 95 Abs 3-5 GWO anzuwenden. Erstattet nach Abs 5 eine hierzu berufene Partei keinen Wahlvorschlag oder ist der überreichte Wahlvorschlag nicht von der Hälfte der der betreffenden Partei angehörigen Mitglieder des Vertretungskörpers gefertigt, so erfolgt die Besetzung des in Betracht kommenden Mandats durch Mehrheitswahl.
Es stellt sich sohin im konkreten Fall die Frage, wer im Sinne des § 61b Abs 1 WStV als vorschlagsberechtigte 'stärkste wahlwerbende Partei' anzusehen ist. Hiezu noch einmal kurz die für den Wahlvorgang rechtsrelevanten Tatsachen:
Die als stärkste aus der Bezirksvertretungswahl vom hervorgegangene Partei war die Liste 'Bezirksvorsteherin Susanne Emmerling - ÖVP Wieden' (ÖVP). Sie errang ebenso wie die Sozialdemokratische Partei 12 Mandate, aber um 200 Stimmen mehr als diese (4.269 gegenüber 4.069 für die SPÖ).
Da die Mehrheit der auf der Liste 3 gewählten Bezirksmandatare beschlossen hatte, die Listenführerin und Namensgeberin ihrer Liste, die amtierende Bezirksvorsteherin Susanne Emmerling nicht mehr als Bezirksvorsteherkandidatin vorzuschlagen, brachte man bei der konstituierenden Sitzung der Bezirksvertretung den Wahlvorschlag für den Bezirksvorsteher und die beiden Stellvertreter nicht unter jener Parteibezeichnung ein, mit der man am Bezirkswahlvorschlag aufgeschienen war sondern als 'gewählte Bezirksräte der Liste 3'. Gleichzeitig lag aber der Bezirksvertretung für den Bezirksvorsteher und die beiden Bezirksvorsteherstellvertreter ein zweiter Wahlvorschlag vor, der genau jene Listenbezeichnung enthielt, mit der die Liste 3 bei der Bezirksvertretungswahl am 25. März zur stärksten wahlwerbenden Gruppe geworden war, auch wenn dieser nur von 2 auf der Liste gewählten Kandidaten unterschrieben wurde. Dieser Wahlvorschlag wurde vom amtierenden Vorsitzenden überhaupt nicht zur Abstimmung zugelassen.
Rein formal ist also festzuhalten, dass bei der Wahl des Bezirksvorstehers und des Vorsitzenden der Bezirksvertretung der unter jener Parteibezeichnung eingebrachte Wahlvorschlag, der bei der Bezirksvertretungswahl am 25. März die meisten Stimmen erhalten hatte, entgegen § 61b Abs 1 WStV überhaupt nicht zur Abstimmung gelangte, was allein den Wahlvorgang schon rechtswidrig macht.
Der Verfassungsgerichtshof hat sich in zahlreichen Erkenntnissen mit dem Begriff der 'Wahlpartei' befaßt. Insbesondere bei Kommunalwahlen wurde unter Berücksichtigung des Artikels 117 Abs 5 B-VG betont, dass es für den Anspruch einer Wahlpartei auf Vertretung im Gemeindevorstand ausschließlich auf die bei der Gemeinderatswahl erreichte Stärke ankomme und dass diese dem Wahlergebnis entsprechende Stärke für die gesamte Dauer der Gemeinderatsperiode maßgebend sei (z.B. VfSlg. 13.643). Dadurch werde sichergestellt, dass dem Wähler bei der Gemeinderatswahl mittelbar auch ein Einfluß auf die Zusammensetzung des Gemeindevorstandes zukomme. Mit anderen Worten: wenn eine wahlwerbende Partei bei der Wahl in einen allgemeinen Vertretungskörper eine bestimmte Anzahl von Mandaten errungen hat, dann soll ihr auch - für den Fall, dass Gemeindevorstandsstellen nach dem Grundsatz der Verhältniswahl aufgeteilt werden - eine dem Verhältnis ihrer Mandate entsprechende Anzahl von Vorstandsstellen zukommen. Würde hingegen eine Abspaltung einzelner Mandatare von einer solchen Wahlpartei oder die Zusammenlegung mit einer anderen Wahlpartei eine Veränderung dieses Verhältnisses bewirken können, wäre der Wähler dadurch um seinen Einfluß gebracht, den er mit der Wahl des Gemeinderates auf die Zusammensetzung des Gemeindevorstandes auszuüben in der Lage ist.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich freilich in mehreren Punkten von den diesen Erkenntnissen zugrundeliegenden Sachverhalten. Gegenstand der bekämpften Wahl war nicht ein Kollegialorgan wie der Gemeindevorstand, dessen Mitglieder nach dem Verhältniswahlrecht zu bestimmen sind, sondern das monokratische Organ Bezirksvorsteher. Die WStV sieht aber zum Unterschied von anderen Gemeindeorganisationsgesetzen weder vor, dass der einem Bürgermeister vergleichbare Bezirksvorsteher direkt vom Volk gewählt wird, noch dass er von dem vom Volk gewählten allgemeinen Vertretungskörper (hier der Bezirksvertretung) bestimmt werden darf. Sie sieht vielmehr die gebundene Wahl durch die Bezirksvertretung vor, bei der nur jene Stimmen gültig sind, die auf den von der stärksten Wahlpartei nominierten Kandidaten lauten.
Dieser Wahlmodus führt - wie bei den letzten Wiener Bezirksvertretungswahlen an mehreren Beispielen ersichtlich - dazu, dass ein Bezirksvorsteher nicht einmal über das Vertrauen eines Drittels der in die Bezirksvertretung gewählten Mandatare verfügt. Berücksichtigt man, dass der Bezirksvorsteher aufgrund der Bestimmungen der WStV und der dazu ergangenen Verordnungen gegenüber dem gewählten Vertretungskörper eine wesentlich stärkere Stellung einnimmt als üblicherweise ein Bürgermeister gegenüber seinem Gemeinderat, wozu noch kommt, dass der Bezirksvorsteher von der Bezirksvertretung nicht abgewählt werden kann, und berücksichtigt man ferner, dass auf Wiener Bezirksebene ein dem Gemeindevorstand entsprechendes Organ fehlt, so kann man unschwer erkennen, dass bei Bezirksvertretungswahlen die Frage, wer stärkste wahlwerbende Partei wird und somit über den Bezirksvorsteher entscheiden darf, für den Wähler eine mindest ebenso große Bedeutung einnimmt als die mandatsmäßige Zusammensetzung der Bezirksvertretung schlechthin.
Demgegenüber kann der Wähler - anders als dies bei einer Direktwahl des Bezirksvorstehers oder bei einer Wahl durch die Mehrheit der gewählten Bezirksvertreter der Fall wäre - auf die Besetzung dieser Funktion überhaupt nur Einfluß nehmen, wenn er seine Stimme einer Wahlpartei gibt, die aufgrund ihrer Stärke realistische Chancen hat, zur mandats- bzw. stimmenstärksten zu werden. Die Wiener Bezirksvertretungswahlen enthalten durch diese eigentümliche Kreation der Spitzenorgane der Bezirke Elemente einer Direktwahl, ohne dass die in anderen Gemeindeorganisationsgesetzen vorgesehene saubere Trennung zwischen Direktwahl des Bürgermeisters und Wahl durch den Gemeinderat vorgenommen werden würde. Dies benachteiligt zweifellos kleinere wahlwerbende Parteien, da sich der Wähler vor das Dilemma gestellt sieht, ob er einer kleinen Fraktion zu einer entsprechenden Vertretung im Bezirksparlament verhelfen oder durch ein Votum für eine größere Fraktion bei der Entscheidung über die Person des Bezirksvorstehers mitbestimmen soll.
In der politischen Auseinandersetzung der Wiener Bezirksvertretungswahlen zeigt sich, dass diese eigentümliche Vermengung der politischen Entscheidung des Wählers über die Zusammensetzung des allgemeinen Vertretungskörpers mit der des obersten Repräsentanten von manchen Wahlparteien entsprechend genutzt wird. Insbesondere die Wiener ÖVP versuchte schon bei den vergangenen Bezirksvertretungswahlen ihre allgemeine politische Schwäche dadurch wettzumachen, dass sie bei der Einreichung ihres Wahlvorschlages einer Parteibezeichnung den Namen des von ihr gestellten und sich um die Wiederwahl bewerbenden Bezirksvorstehers voranstellte. Sie hatte damit unzweifelhaft Erfolg, da sie dadurch so wie bei den vorletzten Wahlen auch bei der Wahl 2001 bei den Bezirksvertretungswahlen wesentlich bessere Ergebnisse erzielen konnte als bei den gleichzeitig abgehaltenen Wahlen zum Wiener Gemeinderat.
Durch diese Bezeichnungen der eingebrachten Liste sollte offenkundig ein Persönlichkeitselement in den Wahlkampf getragen und erreicht werden, wenigstens bei der Bezirksvertretungswahl auch jene WählerInnen gewinnen zu können, die sich zwar nicht für die ÖVP begeistern können, aber den amtierenden Bezirksvorsteher den Kandidaten anderer wahlwerbender Gruppen vorziehen. Als Indiz hierfür sei auch auf das Vorzugsstimmenprotokoll der Wiedner Bezirksvertretungswahl und das in der Sachverhaltsdarstellung erwähnte Ergebnis des Vorzugsstimmenwahlkampfes verwiesen.
Wenn aber eine wahlwerbende Partei aus ganz bestimmten Gründen nicht unter jenem allgemein bekannten Namen antritt, unter dem sie beispielsweise auch für den Gemeinderat kandidiert, sondern sich ausdrücklich in erster Linie als Liste der amtierenden Bezirksvorsteherin bezeichnet, darf der Wähler annehmen und erwarten, dass der Verbleib dieser Person an der Spitze des Bezirks Ziel der wahlwerbenden Gruppe ist. Davon ist auch die Führung der Wiedner ÖVP ausgegangen als sie sich zur Kandidatur unter dem Namen der amtierenden Bezirksvorsteherin entschloß. Wie im Sachverhalt bereits dargestellt, hatten führende Funktionäre der ÖVP Wieden schon vorher die Absicht, die amtierende Bezirksvorsteherin nicht zur Wiederwahl in der Bezirksvertretung vorzuschlagen, wollten aber auf ihren Amtsbonus nicht verzichten, das heißt auf jene Wähler, für deren Wahlentscheidung die Person der amtierenden Bezirkvorsteherin maßgeblich war. Damit wird offenkundig, dass jene Wählerpartei, die am zur Bezirksvertreterwahl als 'Liste Susanne Emmerling ...' angetreten war, nicht mit jener ident sein kann, welche nunmehr auf der Liste 3 'Gewählte Bezirksräte' den Anspruch erhebt, eine andere Person als Bezirksvorsteher vorzuschlagen. Denn das für den Wähler erkennbare bzw ihm vorgetäuschte Ziel der zur Wahl angetretenen Wählerliste war offenkundig die Wiederwahl der Bezirksvorsteherin. Dem Wähler ist somit jener Einfluß auf die Spitzenposition des Bezirkes genommen worden, der ihm nach den erwähnten Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofs im Hinblick auf Regierungssitze in einer Gemeinde garantiert werden soll. Bei einem so eklatanten Widerspruch zwischen den Zielen der ehedem wahlwerbenden Gruppe mit der nunmehr den Wahlvorschlag für die Bezirksvorsteherwahl einbringenden Gruppe kann nicht mehr von Identität der Wahlpartei gesprochen werden.
Man mag dagegen einwenden, dass es einer wahlwerbenden Partei unbenommen sein muß, wegen eines schlechten Wahlergebnisses oder aus welchen Motiven auch immer den Spitzenkandidaten, mit dem man in die Wahl gegangen ist, auszutauschen und mit einem Anderen bei der Regierungs- oder Vorstandswahl zu kandidieren. Diese Überlegung wäre sicher richtig, wenn wie bei der Wiener Bürgermeisterwahl oder den Wahlen der Landeshauptmänner sowie bei den Bürgermeisterwahlen, wo keine Direktwahl erfolgt, noch eine Willensentscheidung durch das vom Volk gewählte Gremium, den Landtag oder den Gemeinderat erforderlich wäre. In diesem Fall muss es der Wähler selbst dann, wenn eine Wahlpartei unter dem Namen ihres Spitzenkandidaten antritt, letztlich seiner Wahlpartei überlassen, mit welchem Kandidaten sie zur Landeshauptmann- oder Bürgermeisterwahl antritt. Denn letztlich lässt sich erst nach den auf Grund der Ergebnisse der Wahl zum allgemeinen Vertretungskörper geführten Parteiengesprächen feststellen, welche Person mit welchem Programm für seine Wahl zum Bürgermeister und/oder Landeshauptmann eine Mehrheit erzielen kann.
Im konkreten Fall der Wiedner Bezirksvertretungswahl konnte jedoch jeder Wähler bei seiner Entscheidung davon ausgehen, daß die 'Liste Bezirksvorsteherin Susanne Emmerling ...' im Falle der Erringung einer auch nur relativen Mehrheit ohne Willensentscheidung anderer die von ihr vorgeschlagene Persönlichkeit auch allein wählen konnte. Er konnte daher selbstverständlich erwarten, daß diese wahlwerbende Gruppe im Mehrheitsfall die aus der Listenbezeichnung ersichtliche Persönlichkeit auch weiterhin zur Bezirksvorsteherin bestellen würde.
Hätte die Wiedner ÖVP hingegen unter ihrem Parteinamen kandidiert und lediglich die amtierende Bezirksvorsteherin an die erste Stelle ihrer Liste gesetzt, wäre sie berechtigt gewesen, als anspruchsberechtigte Wahlpartei ihren Kandidaten für die Vorsteherwahl nachträglich zu ändern, da der Wähler in diesem Fall eine wahlwerbende Partei gewählt hätte, deren essentielles Merkmal nicht eine konkrete Person gewesen wäre.
Im konkreten Fall aber ist eine Partei unter der Bezeichnung der Liste der amtierenden Bezirksvorsteherin angetreten. Dadurch, dass sie - ohne Zustimmung der Betroffenen - zur Bezirksvorsteherwahl mit einer Listenbezeichnung antritt, aus der der Name der amtierenden Bezirksvorsteherin eliminiert ist und eine andere Kandidatin vorschlägt, hat sie ihre Identität derart wesentlich verändert, dass sie nicht mehr als jene Wahlpartei bezeichnet werden kann, die die Mehrheit an Stimmen bei der Bezirksvertretungswahl errungen hat.
Würde man der ehemaligen Wahlpartei der Liste 3 tatsächlich gestatten, nunmehr ohne Verwendung des Namens ihrer Namensgeberin als sozusagen neue Liste einen Wahlvorschlag einzubringen, käme dies einer massiven Täuschung der Wähler gleich. Im Hinblick auf die erreichte Mehrheit von nur 200 Stimmen gegenüber der Liste der Sozialdemokratischen Partei (Liste 1) ist es zumindest sehr wahrscheinlich, daß die Österreichische Volkspartei, wenn sie nicht unter Verwendung des Namens der amtierenden Bezirksvorsteherin angetreten wäre, auch nicht den Status der 'stärksten wahlwerbenden Gruppierung' erreicht hätte. Die - bewusste - Irreführung des Wählers durch die Verwendung eines Personennamens, der dem Wähler glaubhaft machen sollte, diese Person als Bezirksvorsteher vorschlagen zu wollen, ist somit unzweifelhaft für das Wahlergebnis und damit die Erringung des der 'stärksten Gruppierung' zustehenden Vorschlagsrechtes von entscheidendem Einfluß gewesen.
Wenn aber die Identität der ehemals wahlwerbenden Partei 'Liste Bezirksvorsteherin ...' mit der nunmehr in der konstituierenden Sitzung der Bezirksvertretung einen Wahlvorschlag erstattenden Partei nicht gegeben ist, so war diese auch nicht berechtigt, diesen Wahlvorschlag einzubringen.
Es lag der Bezirksvertretung bei der Wahl am 30. Mai sohin kein gültiger Wahlvorschlag vor. Der eingebrachte und auch angenommene Wahlvorschlag, lautend auf Susanne Reichard als Bezirksvorsteher, Karl Timel als Stellvertreter, Dr. Stickler als Vorsitzenden und Mag. Meisel als stellv. Vorsitzenden war nicht gültig, weil er nicht von einer Wählerpartei eingebracht war, die mit der stimmenstärksten Wählerpartei der Bezirksvertretungswahl vom 25. März identisch ist, der nicht zur Abstimmung zugelassene unter der Bezeichnung 'Liste Bezirksvorsteherin Susanne Emmerling ÖVP Wieden' eingebrachte Wahlvorschlag war möglicherweise deshalb nicht gültig, weil er nur von zwei gewählten Mandataren unterfertigt war. In diesem Fall müsste in analoger Anwendung des auch für die Bezirksvorsteherwahl grundsätzlich anzuwendenden § 99 Abs 5 die Mehrheit der Bezirksvertretung frei entscheiden. Diese Gesetzesstelle sieht nämlich vor, dass dann, wenn die berufene Partei keinen Wahlvorschlag erstattet, die Besetzung der in Betracht kommenden Funktionen durch Mehrheitswahl erfolgt. Eine solche Vorgangsweise würde auch am ehesten dem Wählerwillen entsprechen, da in diesem Fall sämtliche durch den Wähler in die Bezirksvertretung gewählten Mandatare zur Mitentscheidung aufgerufen wären.
Rechtswidrigkeit des Wahlvorganges wegen Verfassungswidrigkeit der angewendeten Wahlordnung:
Die bereits zum vorstehenden Punkt angestellten, prinzipiellen, Überlegungen lassen die Frage angebracht erscheinen, ob § 61b Abs 1 WStV verfassungskonform ist. Zwar hat der Verfassungsgerichtshof in mehreren Judikaten betont, dass dem Landesgesetzgeber in Fragen des Wahlrechtes eine weitgehende Autonomie zukomme, doch findet diese ebenso unzweifelhaft an den bundesverfassungsgesetzlichen Grundsätzen ihre Grenzen.
Als ein solcher Grundsatz sei zunächst das demokratische Prinzip genannt. Das demokratische Prinzip der österreichischen Bundesverfassung äußert sich in den Wahlrechtsgrundsätzen der Bundesverfassung dahingehend, dass Staatsorgane entweder vom Volk direkt gewählt werden, wie zum Beispiel der Bundespräsident, oder aber in Form einer mittelbaren demokratischen Legitimation durch Wahl seitens eines vom Volk gewählten allgemeinen Vertretungskörpers zu ihrem Amt gelangen, wie etwa die Landeshauptleute. Darüber hinaus ist es im Rahmen der Verfassungsgrundsätze dem Landesgesetzgeber zweifelsohne auch erlaubt, bei der Wahl von Organen ein Fraktionswahlrecht zu schaffen, bei dem bestimmte Organfunktionen auf die in einen allgemeinen Vertretungskörper gewählten Parteien nach dem Verhältniswahlrecht aufgeteilt und von diesen vorgeschlagen werden können. § 61b WStV sieht jedoch für die Bezirksvorsteherwahl - anders als bei der Wahl des Bürgermeisters und der Stadtsenatsmitglieder - weder eine Wahl durch den allgemeinen Vertretungskörper noch ein Fraktionswahlrecht vor, sondern überläßt die alleinige Entscheidung für eine einzige Funktion der aus der Wahl der Bezirksvertretung als stimmenstärksten hervorgegangenen Partei ohne jede Rücksicht darauf, wie viele der Mandate dieses Vertretungskörpers sie erzielt hat.
Dieses System wurde in einer Zeit eingeführt, als die Bezirksvertretungen lediglich aus zwei großen und einer kleinen Partei bestanden. Bei der - heute üblichen - Vertretung mehrerer annähernd gleich starker Fraktionen in der Bezirksvertretung bedeutet dies hingegen, dass eine Partei, die nur etwa ein Viertel aller Mandate erzielt hat, allein über die wichtigste und einzige Funktion in der Bezirksverwaltung verfügen kann, da ja nach der WStV die Bezirksvorsteherstellvertreter (zum Unterschied von geschäftsführenden Gemeinderäten) über keinerlei Aufgabengebiet verfügen und nur im Fall der Verhinderung des Bezirksvorstehers für ihn tätig werden dürfen.
Unterstellt man dem demokratischen Prinzip der Bundesverfassung und den Wahlrechtsgrundsätzen den Zweck, dass öffentliche Organe entweder direkt oder im Verhältnis des sie entsendenden Vertretungskörpers das jeweilige Wählervolk repräsentieren sollen, widerspricht die genannte Bestimmung somit dem demokratischen Prinzip.
Noch gravierender wird dieser Widerspruch, sollte man § 61b WStV im konkreten Anlaßfall die Bedeutung unterstellen, dass eine unter dem Namen eines Kandidaten um die Stelle als stimmenstärkste werbende Wählerpartei im Falle ihres Obsiegens für die erlangte Position jederzeit einen anderen Kandidaten nominieren kann. Ein solcher Inhalt der genannten Gesetzesstelle würde bedeuten, dass zwischen dem Wählerwillen und dem Ergebnis der mittelbaren Wahl des obersten Regierungsorgans, in diesem Fall des Bezirksvorstehers überhaupt kein Zusammenhang mehr besteht.
Die genannte Bestimmung der Wiener Stadtverfassung scheint auch im Hinblick auf die - gemäß Art 112 B-VG auch für die Gemeinde Wien anzuwendenden - Verfassungsbestimmungen des Art 117 Abs 5 und Abs 6) 1. Satz bedenklich.
Nach diesen Bestimmungen haben im Gemeinderat vertretene Wahlparteien nach Maßgabe ihrer Stärke Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand und ist der Bürgermeister vom Gemeinderat zu wählen. Wenn auch diese Bestimmungen nicht so zu interpretieren sein mögen, dass es dem Wiener Landesgesetzgeber in seiner Autonomie als Organisationsgesetzgeber verwehrt wäre, etwa ernannte Bezirksvorsteher zu schaffen, so muss er doch dann, wenn er auch auf Bezirksebene allgemeine Vertretungskörper schafft, die Verfassungsgrundsätze des Artikels 117 B-VG für die Kreation der Gemeindeorgane beachten. Diese aber sehen vor, dass bei Kollegialorganen alle Parteien des Gemeinderates nach Maßgabe ihrer Stärke einen Vertretungsanspruch haben und das oberste monokratische Organ vom allgemeinen Vertretungskörper gewählt wird.
Die Qualifizierung der Bezirksvertretung als 'unterste kommunale Ebene' ist unstrittig und auch in der EU-Richtlinie vom (RL 96/30/EG) dokumentiert ('... Gemeinden, in Wien Bezirksvertretungen, ...').
Leugnet man die vorstehenden Überlegungen, käme man zur Auffassung, dass der Wiener Landesgesetzgeber bei Bezirksvertretungswahlen auch nicht ein gleiches, geheimes und unmittelbares Wahlrecht vorsehen müsste, wie es für Gemeinderatswahlen im Art 117 Abs 2 B-VG vorgeschrieben ist. Denn wenn für den Fall allgemeiner Wahlen in den Bezirken Abs 6 des Art 117 B-VG nicht gelten sollte, warum sollte dann der Abs 2 für den Landesgesetzgeber zwingend sein.
Zwar hat der Verfassungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen VfSlg Nr. 12229 (zur Kärntner Regierungswahl) sowie Nr. 11669 (zur burgenländischen Regierungswahl) ausdrücklich die weitgehende Autonomie der Landesverfassungsgesetzgeber betont, gleichzeitig aber eindeutig festgehalten, dass auf Grund des demokratischen Baugesetzes der Bundesverfassung nur ein dem demokratischen Prinzip entsprechendes Wahlrecht der Repräsentativorgane entspricht, das sich am Verhältniswahlrecht oder am Mehrheitswahlrecht orientiert oder das sich als Mischform dieser Systeme erweist. Ein Wahlrecht, welches diesem Gebot nicht entspräche, wäre unzulässig. Wenn daher nach der Burgenländischen Landtagswahlordnung der mandats- bzw. stimmenstärksten Partei das Vorschlagsrecht für die Wahl zukomme, sei dies verfassungsrechtlich unbedenklich. Freilich sieht die Burgenländische Landtagswahlordnung vor, dass ein so vorgeschlagener Kandidat erst im Landtag eine Mehrheit oder zumindest die Hälfte der Stimmen auf sich vereinigen muss. Dies ist aber bei § 61b Wiener Stadtverfassung nicht der Fall, weil auf Grund des Vorschlages der stimmen- bzw. mandatsstärksten Partei keine freie Wahl des allgemeinen Vertretungskörpers mehr stattfindet. Es ist daher zum Unterschied von der Burgenländischen Verfassung nach dieser Bestimmung der Wiener Stadtverfassung dem aus Artikel 1 B-VG sich ergebenden demokratischen Prinzip insofern nicht Rechnung getragen, als - wie der Verfassungsgerichtshof sich in diesem Erkenntnis ausdrückt - 'eine Minderheit ihren Willen gegenüber jenem der Mehrheit durchsetzen kann'.
Insoweit irren Ponzer-Cech auf Seite 91 in ihrem Kommentar 'Die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien', wenn sie unter Berufung auf die genannten Zitate § 61b der Wiener Stadtverfassung als 'bundesverfassungskonform' beurteilen.
Zusammengefaßt widerspricht § 61b der Wiener Stadtverfassung daher (nach Meinung der Antragsteller) dem demokratischen Prinzip der Bundesverfassung, den Wahlrechtsgrundsätzen und insbesondere Art 117 Abs 6, erster Satz, weil er die Entscheidung über die Wahl des Bezirksvorstehers ausschließlich der - auch nur mit einem Viertel der Mandate in der Bezirksvertretung ausgestatteten - relativen Mehrheitspartei überlässt. Auch aus diesem Grund sind die bekämpften, auf einer verfassungswidrigen Wahlordnung beruhenden, Wahlvorgänge daher nichtig."
1.3.2.1. Die Wiener Stadtwahlbehörde erstattete - unter Vorlage der Wahlakten - eine Gegenschrift, in der beantragt wird, die Wahlanfechtung mangels Aktivlegitimation der Anfechtungswerber zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.
1.3.2.2. Die Stadtwahlbehörde führt in ihrer Gegenschrift wie folgt aus:
"Zur Frage der Identität der wahlwerbenden Partei
Gemäß § 43 Abs 2 GWO 1996 müssen die Wahlvorschläge für die Bezirksvertretung eine unterscheidende Parteibezeichnung in Worten und eine allfällige Kurzbezeichnung, bestehend aus nicht mehr als fünf Buchstaben, die auch ein Wort ergeben können, enthalten. Weiters erforderlich sind die Parteiliste und die Bezeichnung des zustellungsbevollmächtigten Vertreters sowie dessen Unterschrift. Es ist somit auch möglich, dass als Parteibezeichnung oder Teil einer Parteibezeichnung der Name einer Person gewählt wird. Aus § 50 Abs 2 und 3 GWO 1996 ergibt sich ferner, dass die Parteien gereiht werden und die Reihung, die somit auch ein Identifizierungszeichen der Partei ist, verbindlich ist.
Es ist im Übrigen aus folgenden Überlegungen nicht erforderlich, dass eine wahlwerbende Partei bei ihrem Auftreten nach der Wahl immer die Parteibezeichnung verwendet: Die Voraussetzung, dass die Parteibezeichnung 'unterscheidend' ist, hat nur bei der Bezirksvertretungswahl selbst Relevanz, dass keine Verwechslung durch den Wähler möglich ist. Nach der Wahl ist dieses Kriterium nicht mehr bedeutend, solange fest steht, welche wahlwerbende Partei gehandelt hat. Dies steht nach Angabe eines Merkmales (z.B. Kurzbezeichnung, Listennummer) eindeutig fest.
Zum Beispiel hat die stärkste wahlwerbende Partei der Bezirksvertretung ein Vorschlagsrecht für den Bezirksvorsteher. Diese Partei kann einen Wahlvorschlag dem Vorsitzenden der Bezirksvertretung überreichen, der von mindestens der Hälfte der ihr angehörigen Mitglieder der Bezirksvertretung unterschrieben sein muss (§61b Abs 1 WStV und § 99 Abs 1 und 2 GWO 1996). Hier ist es nicht ausdrücklich verlangt, dass die Parteibezeichnung auf dem Vorschlag steht. Formale Voraussetzung für die Gültigkeit ist nur die Unterschrift der entsprechenden Zahl von Bezirksräten der selben Liste und die Schriftlichkeit (arg. 'überreichen'). Weitere Formerfordernisse bestehen nicht. Ein Wahlvorschlag, der die genannten Kriterien erfüllt, dürfte nicht als unzulässig behandelt werden.
Unter diesen Gesichtspunkten steht fest, dass die anlässlich der Bezirksvertretungswahl für den 4. Bezirk aufgetretene wahlwerbende Partei 'Liste Bezirksvorsteherin Susanne Emmerling ÖVP Wieden' mit der Kurzbezeichnung 'ÖVP' identisch ist mit jener, welche die hier in Rede stehenden Wahlvorschläge eingebracht hat, wurden doch die unterstützenden Mandatare alle dieser unter der Liste 3 kandidierenden Partei gewählt.
Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 61b Abs 1 WStV
In der Bestimmung, dass der Bezirksvorsteher auf Vorschlag der stärksten wahlwerbenden Partei von der Bezirksvertretung gewählt wird, kann keinerlei Verletzung der grundsätzlichen Bestimmungen über das Verhältniswahlrecht erblickt werden. Wenngleich die Bezirksvertretung selbst als allgemeiner Vertretungskörper angesehen wird, so kann das doch nicht bedeuten, dass für den Bezirksvorsteher, der im Übrigen laut Wiener Stadtverfassung spezielle Aufgaben hat, der Bezirksvertretung nicht angehören muss und - nur wenn er ihr angehört - auch zu deren Vorsitzendem gewählt werden kann, ein anderer als der in den §§99 und 95 GWO 1996 dargestellte Wahlmodus gelten müsse. Dazu sei besonders hervorgehoben, dass weder die Bezirksvertretungen noch die Bezirksvorsteher in der Bundesverfassung Erwähnung finden und es durchaus auch verfassungskonform wäre, wenn die Bewerber statt gewählt bestellt würden."
2. Über die Wahlanfechtung wurde erwogen:
2.1.1. § 61b Verfassung der Bundeshauptstadt Wien - Wiener Stadtverfassung, LGBl. 1968/28, idF LGBl. 2001/26, hat folgenden Wortlaut:
"§61b
(1) Der Bezirksvorsteher wird auf Vorschlag der stärksten wahlwerbenden Partei von der Bezirksvertretung gewählt. Er muss nicht der Bezirksvertretung angehören, aber zu ihr wählbar sein. Stimmberechtigt in der Bezirksvertretung ist er aber nur, wenn er dieser angehört.
(2) Die Bezirksvertretung wählt aus ihrer Mitte zwei Stellvertreter des Bezirksvorstehers. Der eine Stellvertreter ist von der stärksten und der andere von der zweitstärksten wahlwerbenden Partei der Bezirksvertretung vorzuschlagen.
(3) Die Bezirksvorsteher und deren Stellvertreter werden auf die Dauer von fünf Jahren gewählt. Im übrigen gelten für die Wahl die Bestimmungen des § 99 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996.
(3a) Die Bezirksvertretung wählt auf Vorschlag der stärksten wahlwerbenden Partei der Bezirksvertretung aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und zwei Stellvertreter des Vorsitzenden, wovon der eine Stellvertreter von der stärksten und der andere von der zweitstärksten wahlwerbenden Partei der Bezirksvertretung vorzuschlagen ist, auf die Dauer von fünf Jahren unter sinngemäßer Anwendung des § 99 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996. Auch der Bezirksvorsteher - wenn er der Bezirksvertretung angehört - und die Bezirksvorsteher-Stellvertreter können zum Vorsitzenden bzw. zu Stellvertretern des Vorsitzenden gewählt werden.
(4) Der Bezirksvorsteher darf während seiner Amtstätigkeit - abgesehen von den ersten drei Monaten nach seiner Wahl - keinen Beruf mit Erwerbsabsicht ausüben."
2.1.2. Die §§95 und 99 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 - GWO, LGBl. 1996/16, idF LGBl. 2001/26, lauten wie folgt:
"§95
(1) Zwei der Stadträte werden vom Gemeinderat als Vizebürgermeister gewählt. Der eine der Vizebürgermeister kommt der stärksten, der andere der zweitstärksten Partei des Gemeinderates zu, sofern diese mindestens ein Drittel der Gemeinderatsmandate innnehat; andernfalls erfolgt die Besetzung dieses Vizebürgermeistermandates durch Mehrheitswahl unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des Abs 5.
(2) Für die Wahl der Vizebürgermeister haben die berufenen Parteien Wahlvorschläge in der Sitzung, auf deren Tagesordnung die Wahl steht, dem Vorsitzenden zu überreichen. Jeder Wahlvorschlag muß von mindestens der Hälfte der der betreffenden Partei angehörigen Gemeinderatsmitglieder unterschrieben sein.
(3) Über jeden Wahlvorschlag ist gesondert abzustimmen. Bei der Abstimmung sind nur jene Stimmen gültig, die auf einen gültigen Wahlvorschlag entfallen.
(4) Der im gültigen Wahlvorschlag angeführte Bewerber gilt als gewählt, wenn auf ihn die erforderliche Mindestanzahl von gültigen Stimmen entfällt. Die Mindestanzahl beträgt die Hälfte der jener Partei, die zur Erstattung des Wahlvorschlages berufen ist, angehörigen Mitglieder des Gemeinderates. Sollte diese Mindestanzahl nicht erreicht werden, so erfolgt die Besetzung des in Betracht kommenden Vizebürgermeistermandates durch Mehrheitswahl nach Abs 5.
(5) Erstattet eine nach Abs 1 berufene Partei keinen Wahlvorschlag oder ist der überreichte Vorschlag nicht gemäß Abs 2 von der Hälfte der der betreffenden Partei angehörigen Gemeinderatsmitglieder gefertigt, so erfolgt die Besetzung des in Betracht kommenden Vizebürgermeistermandates durch Mehrheitswahl. Gewählt ist dann der, der die unbedingte Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erreicht hat. Erreicht keiner der Bewerber die unbedingte Mehrheit, so ist in einem zweiten Wahlgang der Bewerber als gewählt zu erklären, der die meisten gültigen Stimmen auf sich vereinigt. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los."
"§99
(1) Die Bezirksvertretung wählt nach den Bestimmungen der Wiener Stadtverfassung den Bezirksvorsteher und zwei Stellvertreter. Die Parteienstärke ist nach der Zahl der Mandate in der Bezirksvertretung, bei gleicher Mandatszahl nach der Zahl der für die Parteien bei der Wahl der Bezirksvertretung abgegebenen Stimmen bestimmt. Bei gleicher Stimmenzahl entscheidet das Los.
(2) Für die Wahl haben die anspruchsberechtigten Parteien Wahlvorschläge dem Vorsitzenden der Bezirksvertretung in der Sitzung, auf deren Tagesordnung die Wahl steht, zu überreichen. Die Wahlvorschläge müssen von mindestens der Hälfte der der betreffenden Partei angehörigen Mitglieder der Bezirksvertretung unterschrieben sein.
(3) Im übrigen sind für die Wahl des Bezirksvorstehers und seines Stellvertreters die Bestimmungen des § 95 Abs 3 bis 5 sinngemäß anzuwenden.
(4) Im Falle des Abganges des Bezirksvorstehers oder seines Stellvertreters ist § 98 anzuwenden."
2.2.1. In der Anfechtungsschrift finden sich zu den Prozessvoraussetzungen ua. die folgenden Ausführungen:
"Nach Artikel 141 Abs 1 litb B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Anfechtungen von Wahlen in die Landesregierung und in die mit der Vollziehung betrauten Organe einer Gemeinde. Unter den 'mit der Vollziehung einer Gemeinde betrauten Organen' sind nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes auch Bezirksvorsteher zu verstehen (VfSlg Nr. 11875; zum Unterschied von den in dieser Entscheidung behandelten Grazer Bezirksvorstehern, die direkt von den Stimmbürgern gewählt werden, kommt im gegenständlichen Fall § 67 Abs 2 VfGG - in analoger Anwendung - in Betracht). Die Anfechtung bedarf gemäß § 67 Abs 2 Verfassungsgerichtshofgesetz des Antrages von einem Zehntel aller Mitglieder des Vertretungskörpers, kann wegen jeder behaupteten Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens erhoben werden und hat den begründeten Antrag auf Nichtigerklärung des Wahlverfahrens oder eines bestimmten Teiles desselben zu enthalten."
2.2.2. In der Gegenschrift der Stadtwahlbehörde heißt es dazu wörtlich wie folgt:
"Ebenso wie die Bestimmungen einer Wahlordnung strikt nach ihrem Wortlaut auszulegen sind, besteht auch im Bereiche der gesetzlichen Vorschriften über Wahlanfechtungen kein Raum für am klaren Wortlaut des Gesetzes vorbeisehende extensive Auslegungen. Da bei jeder Wahlanfechtung auch die Frage der Aktivlegitimation zu prüfen ist, sei darauf hingewiesen, dass gemäß § 67 Abs 2 VfGG zur Anfechtung der im § 67 Abs 1 VfGG angeführten Wahlen grundsätzlich die Wählergruppen (Parteien) berechtigt sind, die ... rechtzeitig Wahlvorschläge vorgelegt haben, und zwar durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter. Nur in zwei Fällen, welche die Anfechtung der Wahl zu einem Kollegialorgan durch einen allgemeinen Vertretungskörper betreffen, wird eine Mindestzahl von Mitgliedern des anfechtungsberechtigten Vertretungskörpers als für die Wahlanfechtung erforderlich normiert. Konkret handelt es sich um die Anfechtung der Wahl zur Landesregierung (Kollegialorgan) durch Mitglieder des Landtages (allgem. Vertretungskörper) sowie um die Wahl des mit der Vollziehung betrauten Organs der Gemeinde (Gemeindevorstand bzw. Stadtsenat) durch die Gemeindevertretung bzw. den Gemeinderat (allgem. Vertretungskörper). Die Anfechtung einer Bezirksvertretungswahl fällt, auch was die in diesem Zusammenhang unumgängliche Wahl des Bezirksvorstehers und seiner Stellvertreter sowie des Vorsitzenden der Bezirksvertretung und seiner Stellvertreter betrifft, nach dem klaren Wortlaut und den Intentionen des Gesetzes nicht unter die beiden vorerwähnten Sonderbestimmungen für die Aktivlegitimation. Die nicht von der zustellungsbevollmächtigten Vertreterin der betreffenden wahlwerbenden Partei (Irmgard Dippelreiter) sondern von den fünf Beschwerdeführern eingebrachte Wahlanfechtung geht daher ins Leere."
2.3. Gemäß Art 141 Abs 1 lita B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof ua. über Anfechtungen von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern. Dazu zählen - für den Bereich des Art 141 B-VG - nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch die in Wien eingerichteten Bezirksvertretungen (VfSlg. 11.875/1988 uHa. 6087/1969, 11.738/1988). Auf die Wahl der Bezirksvorsteher und der Vorsitzenden der Bezirksvertretungen lässt sich diese Judikatur jedoch nicht ausdehnen, denn diese Funktionäre sind monokratische Organe (sh. §§61b, 103h Wiener Stadtverfassung, § 1 Geschäftsordnung der Bezirksvertretungen, Abl. der Stadt Wien Nr. 26/1985 und 16/1987) und daher von Art 141 Abs 1 lita B-VG nach dem klaren, unmissverständlichen Verfassungswortlaut ("Vertretungskörper") nicht (mit)erfasst (vgl. VfSlg. 11.875/1988).
2.3.1. Bei der Wahl des Bezirksvorstehers handelt es sich jedoch - wie der Verfassungsgerichtshof schon im Erkenntnis VfSlg. 11.875/1988 ausgesprochen hat - um eine Wahl "in die mit der Vollziehung betrauten Organe einer Gemeinde", die gemäß Art 141 Abs 1 litb B-VG bekämpfbar ist. Der Bezirksvorsteher in Wien wird nun aber - insoferne unterscheidet sich die hier vorliegende Rechtssache von jenem die Bezirksvorsteherwahl in Graz betreffenden Fall, der mit dem Erkenntnis VfSlg. 11.875/1988 entschieden wurde (sh. dazu im Folgenden) - (auf Vorschlag der stärksten wahlwerbenden Partei) von der Bezirksvertretung gewählt (sh. § 61b Abs 1 Wiener Stadtverfassung). Insoferne liegt es aber näher, hinsichtlich der Legitimation zur Anfechtung dieser Wahl die die Wahl des Gemeindevorstandes durch den Gemeinderat betreffende Bestimmung des § 67 Abs 2 erster Satz VfGG analog anzuwenden. Somit kommt die Befugnis zur Anfechtung der Wahl eines Bezirksvorstehers einem Zehntel (mindestens aber zwei) der Mitglieder der Bezirksvertretung zu. Dieser Auffassung steht das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 11.875/1988, das für die Bezirksvorsteherwahl in Graz von der Anfechtungslegitimation der kandidierenden Wählergruppen iSd § 67 Abs 2 zweiter Satz VfGG ausgeht, nicht entgegen, weil der Bezirksvorsteher in Graz nach der diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Gemeindewahlordnung Graz 1986 (Stmk. LGBl. 91; § 1 Abs 1 und 2) - anders als die Bezirksvorsteher in Wien nicht von der Bezirksvertretung sondern - unmittelbar von den Wahlberechtigten im jeweiligen (Gemeinde-)Bezirk gewählt wird.
Ausgehend davon ist die vorliegende, von fünf Mitgliedern der Bezirksvertretung des 4. Wiener Gemeindebezirkes - (bei insgesamt 40 Bezirksräten) also von mehr als einem Zehntel der Mitglieder - eingebrachte Wahlanfechtung - soweit sie sich gegen die Wahl des Bezirksvorstehers (eines Stellvertreters) richtet - in dieser Beziehung zulässig.
Die am zur Post gegebene Wahlanfechtung wurde innerhalb der Frist von vier Wochen (sh. § 68 Abs 1 VfGG) und somit rechtzeitig (die angefochtene Wahl fand am statt) eingebracht. Sie ist, soweit sie die Bezirksvorsteher(stellvertreter)wahl betrifft, - da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen zutreffen - insgesamt zulässig.
2.3.2. Die Wahl des Vorsitzenden der Bezirksvertretung ist aber auch nach der Verfassungsbestimmung des Art 141 Abs 1 litb B-VG nicht bekämpfbar, weil der Vorsitzende auf Grund seiner Stellung und Zuständigkeit - er führt den Vorsitz in den Sitzungen der Bezirksvertretung und hat im Wesentlichen dafür zu sorgen, dass nur solche Angeglegenheiten der Beratung und Beschlussfassung unterzogen werden, die in den Wirkungsbereich der Bezirksvertretung fallen; er leitet die Verhandlungen, sorgt für die Aufrechterhaltung der Ordnung im Sitzungssaal, für den Fortgang der Sitzung und dafür, dass niemand in seinem Vortrag unterbrochen wird (§1 Abs 1, 3 und 4 Geschäftsordnung der Bezirksvertretungen in den genannten Fassungen) - auch nicht als ein mit der Vollziehung betrautes Organ einer Gemeinde iS der genannten Verfassungsbestimmung zu verstehen ist (im Übrigen nennt auch § 8 Abs 1 Wiener Stadtverfassung als zur Besorgung der Aufgaben der Gemeinde berufene Organe zwar die Bezirksvertretungen (Z 8) und die Bezirksvorsteher (Z 9), nicht aber die Vorsitzenden der Bezirksvertretung; vgl. schließlich VfSlg. 7678/1975 über die Nichtbekämpfbarkeit einer Wahl in einen Gemeinderatsausschuss).
Die Wahlanfechtung war daher, soweit sie sich gegen die Wahl des Vorsitzenden der Bezirksvertretung und eines seiner Stellvertreter richtet, wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes als unzulässig zurückzuweisen.
2.4.1.1. Zur Bezirksvorsteher(stellvertreter)wahl vertreten die Anfechtungswerber die Auffassung, § 61b Abs 1 Wiener Stadtverfassung sei verfassungswidrig.
2.4.1.2. Gemäß § 61b Abs 1 Wiener Stadtverfassung wird der Bezirksvorsteher auf Vorschlag der stärksten wahlwerbenden Partei von der Bezirksvertretung gewählt, und zwar nach den Bestimmungen des § 99 GWO (§61b Abs 3 Wiener Stadtverfassung). Dabei wird die Parteienstärke nach der Zahl der Mandate in der Bezirksvertretung, bei gleicher Mandatszahl nach der Zahl der für die Parteien bei der Wahl der Bezirksvertretung abgegebenen Stimmen bestimmt (§99 Abs 1 GWO). Die danach jeweils anspruchsberechtigte Partei hat einen entsprechenden Wahlvorschlag, der von mindestens der Hälfte der der betreffenden Partei angehörigen Mitglieder der Bezirksvertretung unterschrieben sein muss, dem Vorsitzenden der Bezirksvertretung zu überreichen, und zwar in der Sitzung, auf deren Tagesordnung die Wahl steht (§99 Abs 2 GWO). Der Wahlvorschlag ist einer gesonderten Abstimmung zu unterziehen, wobei nur jene Stimmen gültig sind, die auf den gültigen Wahlvorschlag entfallen (§99 Abs 3 iVm § 95 Abs 3 GWO). Der im gültigen Wahlvorschlag angeführte Bewerber gilt als gewählt, wenn auf ihn die erforderliche Mindestanzahl (das ist die Hälfte der der anspruchsberechtigten Partei angehörigen Mitglieder der Bezirksvertretung) von gültigen Stimmen entfällt (§99 Abs 3 iVm § 95 Abs 4 GWO). Wenn jedoch die anspruchsberechtigte Partei keinen (gültigen) Wahlvorschlag erstattet, dann wird der Bezirksvorsteher gesondert durch Mehrheitswahl bestellt (§99 Abs 3 iVm § 95 Abs 5 GWO).
Die Bestellung des Bezirksvorstehers erfolgt demnach in erster Linie in Form der sog. Fraktionswahl (§61b Abs 1 und 3 Wiener Stadtverfassung; § 99 Abs 1 bis 3 iVm § 95 Abs 3 und 4 GWO), ein Prinzip, gegen das der Verfassungsgerichtshof grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken, und zwar insbesondere auch nicht unter dem Aspekt des demokratischen Grundprinzips oder des Gleichheitsgrundsatzes, hegt (sh. VfSlg. 12.946/1991; vgl. VfSlg. 6614/1971, 11.669/1988 und 12.229/1989). Auch aus der Sicht der vorliegenden Rechtssache, somit im Hinblick auf eine Regelung, der zu Folge der Bezirksvorsteher in erster Linie allein auf Vorschlag der stärksten wahlwerbenden Partei von der Bezirksvertretung gewählt wird (§61b Abs 1 Wiener Stadtverfassung), wofür die Unterstützung von mindestens der Hälfte der dieser Partei angehörigen Mitglieder der Bezirksvertretung bzw. der entsprechenden Anzahl von Mitgliedern der Bezirksvertretung überhaupt ausreicht, besteht kein Anlass, von dieser in der Judikatur entwickelten grundsätzlichen Auffassung abzugehen.
2.4.2.1. Des Weiteren sind die Anfechtungswerber der Meinung, die die Bezirksvorsteher(stellvertreter)wahl betreffenden Wahlvorgänge wären aus folgenden Gründen rechtswidrig: Die von der "Liste Bezirksvorsteherin Susanne Emmerling - ÖVP Wieden" eingereichten Wahlvorschläge hätten einer Abstimmung unterzogen werden müssen, weil sie von jener Partei eingebracht worden seien, die bei der Bezirksvertretungswahl am die meisten Stimmen erhielt. Die von den "gewählten Bezirksräten der Liste 3" eingebrachten und einer Abstimmung unterzogenen Wahlvorschläge seien hingegen keine gültigen Vorschläge gewesen, weil sie "nicht von einer Wählerpartei eingebracht (worden seien), die mit der stimmenstärksten Wählerpartei der Bezirksvertretungswahl vom (Liste Bezirksvorsteherin Susanne Emmerling - ÖVP Wieden) identisch ist" (S 8 der Anfechtungsschrift). Allenfalls hätte eine Mehrheitswahl durchgeführt werden müssen.
2.4.2.2. Dieser Meinung kann der Verfassungsgerichtshof in keinem Punkt beipflichten:
Über die von der "Liste Bezirksvorsteherin Susanne Emmerling - ÖVP Wieden" überreichten Wahlvorschläge war schon deshalb nicht abzustimmen, weil sie nicht von mindestens der Hälfte der der anspruchsberechtigten Partei angehörigen Mitglieder der Bezirksvertretung (das wären hier sechs) unterschrieben waren, sondern nur von zwei.
Dagegen sind die Wahlvorschläge der "gewählten Bezirksräte der Liste 3" sehr wohl als von der bei der Bezirksvertretungswahl stärksten wahlwerbenden Partei überreicht zu werten, weil sie von zehn der "Liste Bezirksvorsteherin Susanne Emmerling - ÖVP Wieden (ÖVP)" angehörigen (d.h. auf dieser Liste gewählten) Mitgliedern der Bezirksvertretung eingebracht wurden, welche Partei aus der Bezirksvertretungswahl als die stärkste hervorgegangen ist. Der Umstand, dass diese zehn Mitglieder der Bezirksvertretung dabei unter der Bezeichnung "Die gewählten Bezirksräte der Liste 3" auftraten, ändert daran nichts; es besteht kein Zweifel daran, dass es sich dabei um (zehn) Angehörige der (nach der Veröffentlichung der Wahlvorschläge und deren Anführung am Stimmzettel) bei der Bezirksvertretungswahl an 3. Stelle kandidierenden "Liste Bezirksvorsteherin Susanne Emmerling ÖVP Wieden" handelte und ihr Wahlvorschlag für die Bezirksvorsteher(stellvertreter)wahl somit dieser "wahlwerbenden Partei der Bezirksvertretung" zuzurechnen ist. Angesichts dessen kommt es für die Gültigkeit dieser Wahlvorschläge aber weder auf die vollständige Anführung der Parteibezeichnung noch darauf an, dass die Erstanfechtungswerberin "niemals ihre Zustimmung zur Verwendung ihres Namens und ihres Amtstitels für diese wahlwerbende Partei (ÖVP) gegeben hätte, wenn sie deren Absicht durchschaut hätte, auch im Fall eines Wahlerfolges, welcher zur Aufstellung eines Bezirksvorsteherkandidaten bei der Wahl in der Bezirksvertretung berechtigt, nicht sie als amtierende Bezirksvorsteherin sondern einen anderen Kandidaten zu nominieren" (S 2 f. der Anfechtungsschrift). Schließlich: Wenn es sich bei den zuletzt genannten Wahlvorschlägen aber um gültige Wahlvorschläge handelte, dann kam die Durchführung einer Mehrheitswahl von vornherein nicht in Betracht, weil die dafür in § 95 Abs 5 erster Satz GWO festgelegten Voraussetzungen nicht vorlagen.
2.5. Da folglich die behaupteten Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens nicht gegeben sind - der Verfassungsgerichtshof hat ein Wahlverfahren nur in den Grenzen der von den Anfechtungswerbern behaupteten Rechtswidrigkeiten nachzuprüfen (VfSlg. 15.645/1999 uam.) -, musste der unbegründeten Wahlanfechtung ein Erfolg versagt bleiben.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 3 Z 2 lita und Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.