VfGH vom 23.06.1989, v98/88
Sammlungsnummer
12115
Leitsatz
LustbarkeitsabgabeO der Stadt Linz vom idF der Verordnungen vom bzw. vom ; Festsetzung einer Pauschalabgabe für bestimmte Musikapparate; § 17 Abs 2 litc LustbarkeitsabgabeO der Stadt Linz wegen Verstoßes gegen § 14 Abs 1 Oö LustbarkeitsabgabeG 1979 gesetzwidrig; keine Berücksichtigung auch nur einzelner der gesetzlich genannten Bestimmungskriterien bei Festlegung einheitlicher Abgabenhöchstsätze
Spruch
§ 17 Abs 2 litc der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz, Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz vom (Sondernummer), in der Fassung der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom , Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 21/1982, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
§ 17 Abs 2 litc der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz, Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz vom (Sondernummer), in der Fassung der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel des Magistrates der Stadt Linz in der Zeit vom bis , wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Oberösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebungen im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Aus Anlaß einer bei ihm anhängigen Beschwerde gegen einen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung, mit dem die Vorstellung gegen die Festsetzung einer Lustbarkeitsabgabe für die Monate Jänner bis Oktober 1983 für den Betrieb eines mechanischen Musikgerätes (Kassettendecks) abgewiesen wurde, beantragte der Verwaltungsgerichtshof unter der Zl. A27/88, § 17 Abs 2 litc Lustbarkeitsabgabeordnung der Landeshauptstadt Linz, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz vom (Sondernummer), in der Fassung der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom , Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 21/1982, als gesetzwidrig aufzuheben.
Das Verfahren über diesen Antrag ist beim Verfassungsgerichtshof unter V88/88 protokolliert.
2. Aus Anlaß einer bei ihm anhängigen Beschwerde der Stadt Linz gegen einen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung, mit dem der Vorstellung gegen die Festsetzung einer monatlichen Lustbarkeitsabgabe für den Betrieb von Tonbandanlagen für die Zeit von Jänner 1981 bis Juni 1985 stattgegeben wurde, beantragte der Verwaltungsgerichtshof unter der Zl. A47/88, § 17 Abs 2 litc Lustbarkeitsabgabeordnung der Landeshauptstadt Linz, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz vom (Sondernummer), sowohl in der Fassung der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom , Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 21/1982, als auch in der Fassung der Verordnung vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel des Magistrates der Stadt Linz in der Zeit vom bis , als gesetzwidrig aufzuheben.
Das Verfahren über diesen Antrag ist beim Verfassungsgerichtshof unter V98/88 protokolliert.
3. § 17 Abs 2 litc der Lustbarkeitsabgabeordnung der Landeshauptstadt Linz in der - insoweit gleichlautenden - Fassung der Verordnungen vom (in Kraft getreten mit ) und vom (in Kraft getreten mit ) lautet:
"(2) Die Abgabe beträgt für jeden angefangenen Betriebsmonat und Apparat
...
c) für die in Abs 1 Z 3 bezeichneten Vorrichtungen S 300.- je Vorrichtung."
Gemäß § 17 Abs 1 Z 3 der Lustbarkeitsabgabeordnung der Landeshauptstadt Linz in den genannten Fassungen besteht diese Abgabepflicht für den Betrieb von Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen (Klavierspielapparat, Sprechapparat, Phonograph, Orchestrion, Tonband, Kompaktanlagen, Plattenspieler, Fernseher mit Video, u.a.) an öffentlichen Orten, in Gast- und Schankwirtschaften sowie in sonstigen jedermann zugänglichen Räumen.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen die Bestimmung des § 17 Abs 2 litc der Lustbarkeitsabgabeordnung ähnliche Bedenken, wie er sie in seinem Antrag auf Aufhebung des § 17 Abs 2 litb der Lustbarkeitsabgabeordnung der Landeshauptstadt Linz unter der Zl. A23/88 geäußert hatte. Diesem Antrag gab der Verfassungsgerichtshof mittlerweile mit seinem Erkenntnis vom , V20/88, keine Folge. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Meinung, daß die in den bei ihm anhängigen Beschwerdefällen anzuwendenden Verordnungsstellen
"den in § 14 Abs 1 O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetz 1979 enthaltenen Kriterien für die Festsetzung von Pauschalabgaben im allgemeinen und damit auch für die in den Beschwerdefällen gegenständliche Pauschalabgabe für Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen, für welche § 17 Abs 2 litb des O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetzes in der Fassung der Novelle LGBl. 51/1982 einen Abgabenrahmen von mindestens S 30.- und höchstens S 300.- je Vorrichtung vorsieht, nicht vollständig Rechnung (tragen)".
Die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes richten sich ferner dagegen, daß gemäß § 17 Abs 2 litc der Lustbarkeitsabgabeordnung in der Fassung der Verordnung vom sowie der Verordnung vom
"die Abgabe für die im Abs 1 Z 3 bezeichneten Vorrichtungen (d.s. Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen) unter näher genannten Voraussetzungen unterschiedslos S 300.- (das entspricht dem im § 17 Abs 2 litb des O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetzes 1979 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 51/1982 genannten Höchstbetrag) beträgt".
5. Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Linz verteidigt in seinen Äußerungen die Gesetzmäßigkeit des § 17 Abs 2 litc Lustbarkeitsabgabeordnung damit, daß § 14 Abs 1
O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetz "ausschließlich
d e k l a r a t o r i s c h d e m o n s t r a t i v e n Charakter" aufweise, daß eine Differenzierung beim Betrieb von mechanischen Vorrichtungen zur Wiedergabe von musikalischen Stücken oder Deklamationen hinsichtlich der Pauschalabgabesätze nicht "möglich oder erforderlich ist", "weil der Tatbestand in allen Sachverhaltsfällen gleich ist und es daher nicht gerechtfertigt wäre, bei diversen Abgabepflichtigen verschieden hohe Abgabensätze vorzusehen" und weil der Gesetzgeber den Verordnungsgeber verpflichtet habe, die Pauschalabgabe "mit jeweils
e i n h e i t l i c h e n Abgabensätzen festzusetzen".
Hinsichtlich der Anwendung des Höchstsatzes wird vom Gemeinderat bemerkt, "daß weder der Finanzausgleichsgesetzgeber noch der Landesgesetzgeber ... die Gemeinden dazu veranlaßten, die Anwendung des gesetzlich vorgesehenen Abgabehöchstsatzes besonders zu begründen", und daß die Festsetzung des gesetzlich vorgesehenen Abgabenhöchstsatzes deswegen gerechtfertigt sei, weil bei "ständig steigender Anzahl derartiger Vorrichtungen" diesen "im Wirtschaftsleben, teils aus der Sicht Einkommenserzielung, teils aus der Sicht der Wirtschaftswerbung, immer mehr Bedeutung" zukäme. Auch die "gleich hohen und zum Teil sogar höheren Abgabensätze" anderer Landeshauptstädte sollen nach Meinung des Gemeinderates die Anwendung des landesgesetzlich vorgesehenen Abgabenhöchstsatzes rechtfertigen.
Die O.ö. Landesregierung vertritt in ihrer Stellungnahme im Verfahren V98/88 die Auffassung, "daß bereits der Gesetzgeber diese Grundsätze des § 14 des O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetzes bei der Festsetzung der Mindest- und Höchstabgabengesetze (richtig: -sätze) des § 17 leg.cit. berücksichtigt hat"; ihrer Meinung nach ist es "dem Abgaben-Verordnungsgeber zuzubilligen ..., daß dieser offenstehende Abgabenquellen bestmöglichst erschließt und dabei auch andere als fiskalische Zwecke mitverfolgt".
Die mitbeteiligten Parteien teilen in ihren Äußerungen die vom Verwaltungsgerichtshof vorgetragenen Bedenken.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Bei seiner Entscheidung über die bei ihm anhängigen Beschwerden hat der Verwaltungsgerichtshof offenkundig den die Rechtsgrundlage der Festsetzung der Lustbarkeitsabgabe bildenden § 17 Abs 2 litc der Lustbarkeitsabgabeordnung der Landeshauptstadt Linz, in der Fassung der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom , im Anlaßbeschwerdeverfahren zu V98/88 auch in der Fassung der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom , anzuwenden. Die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes sind daher zulässig.
2. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom , V20/88, festgestellt, daß das
O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetz 1979 durch die vom Gesetzgeber gewählte Gesetzestechnik erkennen läßt, daß Pauschalabgaben für bestimmte, speziell aufgezählte Lustbarkeiten primär nach den Vorschriften der §§15 bis 20 des O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetzes 1979 festzusetzen sind und die allgemeinen Kriterien für das Ausmaß der Pauschalabgabe gemäß § 14 Abs 1 O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetz 1979 vom Gemeinderat nur subsidiär in Betracht zu ziehen sind. Soweit diese allgemeinen Kriterien subsidiär zum Tragen kommen, sind sie vom Verordnungsgeber sowohl in Anbetracht der Formulierung des letzten Halbsatzes des § 14 Abs 1 des Gesetzes ("Für die Höhe der Pauschalabgabe ist ... stets aber insbesondere das Erträgnis der Kartenabgabe bei gleichen oder ähnlichen Lustbarkeiten in Betracht zu ziehen."), als auch infolge ihrer Zahl und Unterschiedlichkeit (nur) jeweils soweit in Betracht zu ziehen, als sie für die betreffende Lustbarkeit einen aussagekräftigen Bestimmungsgrund liefern.
3. Zwar waren demzufolge - anders als der Verwaltungsgerichtshof in seinen Verordnungsprüfungsanträgen meint - nicht sämtliche der im § 14 Abs 1 des O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetzes 1979 enthaltenen Kriterien für die Festsetzung von Pauschalabgaben im allgemeinen bei der Festsetzung der gegenständlichen Pauschalabgabe für den Betrieb von Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen vom Verordnungsgeber heranzuziehen. Gleichwohl hat der Gemeinderat als Verordnungsgeber bei Festsetzung der Pauschalabgabesätze für den Betrieb der genannten Vorrichtungen innerhalb des gesetzlichen Abgabenrahmens ("mindestens S 30.- und höchstens S 300.- je Vorrichtung" gemäß § 17 Abs 2 litb O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetz 1979 in der Fassung der Novelle 1982, LGBl. 51, bzw. gemäß § 17 Abs 2 litc O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetz 1979 in der Fassung der Novelle 1983, LGBl. 70) einzelne, für die Ausübung der betreffenden Lustbarkeit bedeutsame und insofern adäquate Bestimmungskriterien des § 14 Abs 1 des Gesetzes heranzuziehen, soll diese Gesetzesvorschrift nicht jeden Sinnes entraten.
Weder in den Amtsberichten, die den Anträgen auf Erlassung der Verordnungen vom und vom an den Gemeinderat zugrundelagen, noch in der Diskussion im Gemeinderat (siehe diese in der Beilage zum Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 9/1982, S. 207 f.), in welcher die Abgabensätze für "Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe" eher in Frage gestellt wurden, wurden einzelne oder mehrere der in § 14 Abs 1 des O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetzes 1979 angeführten gesetzlichen Kriterien herangezogen, um die Festsetzung des gesetzlich vorgesehenen Abgabenhöchstsatzes für Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen zu rechtfertigen. Auch der in seiner Äußerung im verfassungsgerichtlichen Verfahren vorgebrachte Hinweis des Gemeinderates auf "die ständig steigende Anzahl derartiger Vorrichtungen" sowie auf den "Umstand, daß derartigen Vorrichtungen im Wirtschaftsleben, teils aus der Sicht der Einkommenserzielung, teils aus der Sicht der Wirtschaftswerbung, immer mehr Bedeutung" zukomme, reicht nicht aus, die Anwendung einzelner oder mehrerer der von § 14 Abs 1 O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetz 1979 aufgestellten Determinanten für die Festsetzung der Pauschalabgabe für den Betrieb von Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe musikalischer Stücke an öffentlichen Orten darzutun. Der Gemeinderat hat (- anders als bei Erlassung des § 17 Abs 2 litb der Lustbarkeitsabgabeordnung, bei dem sowohl der "Charakter ... der Lustbarkeitsveranstaltung" als auch deren "voraussichtliches Bruttoerträgnis" im Sinne des § 14 Abs 1 O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetz berücksichtigt wurden, vgl. -) bei Festsetzung der gegenständlichen Pauschalabgabe weder auf den Charakter, noch auf das voraussichtliche Bruttoerträgnis der betreffenden Lustbarkeitsveranstaltung, noch auf die voraussichtliche Zahl der Teilnehmer, die Zahl und Größe der für die Lustbarkeit zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten, die Dauer der Lustbarkeit, noch auch auf den Speisen- und Getränkepreis in Gastlokalitäten, geschweige denn auf das Erträgnis einer Kartenabgabe bei vergleichbaren Lustbarkeiten Bedacht genommen.
Insbesondere ist es dem Verfassungsgerichtshof angesichts der Unterschiedlichkeit der Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe musikalischer Stücke mit Rücksicht auf die gesetzlichen Kriterien des § 14 Abs 1 O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetz 1979 auch nicht einsichtig, daß für alle derartigen Vorrichtungen ein einheitlicher Abgabensatz, und noch dazu der gesetzliche Abgabenhöchstsatz, vom Gemeinderat festgelegt werden durfte.
Die Verordnungen des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom und vom sind sohin gemäß Art 139 Abs 1 B-VG insoweit wegen Verstoßes gegen § 14 Abs 1 O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetz 1979 in der Fassung der Novelle 1982, LGBl. 51, bzw. der Novelle 1983, LGBl. 70, als gesetzwidrig aufzuheben, als dadurch in § 17 Abs 2 litc der Lustbarkeitsabgabeordnung der Landeshauptstadt Linz "für die in Abs 1 Z 3 bezeichneten Vorrichtungen S 300.- je Vorrichtung" als Pauschalabgabe festgelegt wurde.
Die Verpflichtung der O.ö. Landesregierung zur Kundmachung dieser Aufhebungen stützt sich auf Art 139 Abs 5 B-VG und § 60 Abs 2 VerfGG 1953.
Dies konnte der Verfassungsgerichtshof gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG 1953 in nicht öffentlicher Sitzung beschließen.