VfGH vom 23.09.2016, V98/2015 ua

VfGH vom 23.09.2016, V98/2015 ua

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit eines Wiener Plandokuments hinsichtlich einer Wohngebietswidmung im 6. Bezirk mit Festlegung der hinteren Baufluchtlinie; keine Überschreitung des planerischen Gestaltungsspielraumes durch Fortschreibung bestehender Festlegungen nach umfangreicher Interessenabwägung

Spruch

Die Anträge werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge

Mit den vorliegenden, auf Art 139 Abs 1 Z 1 B VG gestützten – wortidenten –Anträgen begehrt das Verwaltungsgericht Wien, der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, dass

"1. die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien betreffend die Festsetzung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes (Plandokument 7735), Beschluss des Gemeinderates am , Pr. ZI. 2122/2006-GSV, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr 26 vom , soweit darin für die Liegenschaft Esterhazygasse 6 im Osten zur Liegenschaft Magdalenenstraße 26 die Widmung W II 11 m g (Wohngebiet, Bauklasse II, maximale Gebäudehöhe 11 m, geschlossene Bauweise) und die hintere Baufluchtlinie mit einem Abstand von 12,00 m zur Baulinie festgelegt waren,

in eventu

2. die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien betreffend die Festsetzung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes (Plandokument 7735), Beschluss des Gemeinderates am , Pr. ZI. 2122/2006-GSV, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr 26 vom , soweit darin für im nordöstlichen Schnittstellenbereich der Straßen Esterhazygasse/Magdalenen-straße für den mit der Widmung W II 11 m g und 12.00 hintere Baufluchtlinie ausgewiesenen Bereich die Widmung W II 11 m g (Wohngebiet, Bauklasse II, maximale Gebäudehöhe 11 m, geschlossene Bauweise) und die hintere Baufluchtlinie mit einem Abstand von 12,00 m zur Baulinie festgelegt waren,

gesetzwidrig war".

II. Rechtslage

1. §§1, 6 und 76 BO für Wien in der zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung geltenden Fassung LGBl 10/2006 lauteten:

"Festsetzung und Abänderung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne

§1. (1) Die Flächenwidmungspläne und die Bebauungspläne dienen der geordneten und nachhaltigen Gestaltung und Entwicklung des Stadtgebietes. Sie sind Verordnungen. Ihre Festsetzung und Abänderung sowie die zusammenfassende Erklärung, wie Umwelterwägungen, insbesondere der Umweltbericht (§2 Abs 1c), die Stellungnahmen zu Umweltauswirkungen sowie die Ergebnisse von Konsultationen nach § 2 Abs 3a, berücksichtigt wurden, beschließt der Gemeinderat. Jede Beschlussfassung ist im Amtsblatt der Stadt Wien kundzumachen. Danach kann jedermann gegen Ersatz der Vervielfältigungskosten die Ausfolgung der Beschlüsse und der dazugehörigen Planbeilagen sowie weiters gegebenenfalls der Erklärung über die Berücksichtigung der Umwelterwägungen verlangen.

(2) Bei der Festsetzung und Abänderung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne ist insbesondere auf folgende Ziele Bedacht zu nehmen:

1. Vorsorge für Flächen für den erforderlichen Wohnraum unter Beachtung der Bevölkerungsentwicklung und der Ansprüche der Bevölkerung an ein zeitgemäßes Wohnen;

2. Vorsorge für die erforderlichen Flächen für Arbeits- und Produktionsstätten des Gewerbes, der Industrie und zur Erbringung von Dienstleistungen jeder Art unter Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Entwicklung, auf räumlich funktionelle Nahebeziehungen und die zeitgemäßen Bedürfnisse der Bevölkerung;

3. angemessene Vielfalt und Ausgewogenheit der Nutzungen unter Berücksichtigung der räumlichen Gegebenheiten und Zusammenhänge;

4. Erhaltung, beziehungsweise Herbeiführung von Umweltbedingungen, die gesunde Lebensgrundlagen, insbesondere für Wohnen, Arbeit und Freizeit, sichern, und Schaffung von Voraussetzungen für einen möglichst sparsamen und ökologisch verträglichen Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen sowie dem Grund und Boden;

5. größtmöglicher Schutz vor Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Staub und Gerüche;

6. Vorsorge für der Erholung dienende Grün- und Wasserflächen, insbesondere des Wald- und Wiesengürtels, und Erhaltung solcher Flächen, wie des Praters, der Lobau und der Alten Donau;

7. Erhaltung des Wienerwaldes;

8. Vorsorge für zeitgemäße Verkehrsflächen zur Befriedigung des Verkehrsbedürfnisses der Bevölkerung und der Wirtschaft;

9. Vorsorge für zeitgemäße Einrichtungen zur Ver- und Entsorgung, insbesondere in bezug auf Wasser, Energie und Abfall;

10. Vorsorge für Flächen zur Gewinnung von Rohstoffen;

11. Sicherstellung der zeitgemäßen Rahmenbedingungen für die Stellung Wiens als Bundeshauptstadt, als Standort internationaler Einrichtungen und Organisationen, als Konferenz- und Wirtschaftsstandort sowie Sicherstellung der zeitgemäßen Rahmenbedingungen für den Fremdenverkehr;

12. Vorsorge für Flächen für der Öffentlichkeit dienende Einrichtungen, insbesondere für Bildungs-, Sport-, kulturelle, religiöse, soziale, sanitäre und Sicherheitszwecke sowie für Zwecke der öffentlichen Verwaltung;

13. Vorsorge für angemessene, der Land- und Forstwirtschaft dienende Grundflächen;

14. Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes und Gewährleistung des Bestandes von Gebieten, die wegen ihres örtlichen Stadtbildes in ihrem äußeren Erscheinungsbild erhaltungswürdig sind;

15. Berücksichtigung der Grundsätze des barrierefreien Planens und Bauens.

(3)-(5) […]"

"Zulässige Nutzungen

§6. (1)-(5) […]

(6) In Wohngebieten dürfen nur Wohngebäude und Bauten, die religiösen, kulturellen oder sozialen Zwecken oder der öffentlichen Verwaltung dienen, errichtet werden. Die Errichtung von Gast-, Beherbergungs-, Versammlungs- und Vergnügungsstätten, von Büro- und Geschäftshäusern sowie die Unterbringung von Lagerräumen, Werkstätten oder Pferdestallungen kleineren Umfanges und von Büro- und Geschäftsräumen in Wohngebäuden ist dann zulässig, wenn sichergestellt ist, daß sie nicht durch Rauch, Ruß, Staub, schädliche oder üble Dünste, Niederschläge aus Dämpfen oder Abgasen, Geräusche, Wärme, Erschütterungen oder sonstige Einwirkungen, Gefahren oder den Wohnzweck beeinträchtigende Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen geeignet sind.

(7)- (18) […]"

"Bauweisen; Ausnützbarkeit der Bauplätze

§76. (1) In den Bebauungsplänen können folgende Bauweisen ausgewiesen werden:


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a)
offene Bauweise,
b)
gekuppelte Bauweise,
c)
offene oder gekuppelte Bauweise,
d)
Gruppenbauweise und
e)
geschlossene Bauweise.

(2)-(7) […]

(8) In der geschlossenen Bauweise müssen die Gebäude an Baulinien oder Verkehrsfluchtlinien oder dort, wo gegen die Verkehrsflächen Baufluchtlinien festgesetzt sind, an diesen von der einen seitlichen Bauplatzgrenze zu der anderen durchgehend errichtet werden. Die Behörde hat ein freiwilliges Zurückrücken einzelner Gebäudeteile hinter die Baulinie, Verkehrsfluchtlinie oder Baufluchtlinie dann zuzulassen, wenn hiedurch keine Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes eintritt.

(9)-(13) […]"

2. § 9 BO für Wien in der geltenden Fassung lautet:

"Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen

§9. (1) Bei der Behörde kann für eine bestimmte Liegenschaft vom Eigentümer (jedem Miteigentümer) oder von Personen, denen ein Baurecht zusteht, eine Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen beantragt werden.

(2)-(3) […]

(4) Gegen den Bescheid über einen Antrag auf Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen ist eine abgesonderte Beschwerde (§136 Abs 1) nicht zulässig. Eine Beschwerde kann nur mit der Beschwerde gegen einen Bescheid verbunden werden, der sich auf die Bekanntgabe oder Verweigerung der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen stützt."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Den Anträgen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Antrag vom und mit dem parallel gestellten Antrag (mit veränderter Höhenlage eingereicht) vom begehrte die Bauwerberin (die LBV Liegenschafts-, Beteiligungs- und Verwertungsgesellschaft mbH, infolge Bauwerberwechsels nunmehr die LDV Liegenschafts-, Dienstleistungs- und Vermögensverwaltungs GmbH) die Bewilligung zur Errichtung eines "Zubau[s] Hofgebäude[s]" auf dem in ihrem Eigentum stehenden Gst. Nr 496, EZ163, KG Mariahilf (Liegenschaft Esterhazygasse 6, 1060 Wien, in der Folge: Bau-Gst.), konkret im nordöstlichen Hofbereich des Bau-Gst., unmittelbar angrenzend an das Gst. Nr 498, EZ 634, KG Mariahilf (Liegenschaft Magdalenenstraße 26, 1060 Wien).

1.1.1. Mit Bescheiden des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom und vom (für den 2. Antrag) wurde der Bauwerberin letzten Endes die Bewilligung für die Errichtung eines Wohngebäudes mit drei Hauptgeschossen, einem Kellergeschoss und einem Dachgeschoss gemäß § 70 des Wiener Stadtentwicklungs-, Stadtplanungs- und Baugesetzbuches (Bauordnung für WienBO für Wien), LGBl 11/1930, erteilt, in dem sich eine Wohnung mit zwei Erkern vorgesehen ist.

1.1.2. Auf Grund der gegen diese Bescheide von den Miteigentümern des – an das Bau-Gst. angrenzenden – Gst. Nr 498 erhobenen Berufungen hob die Bauoberbehörde für Wien mit Berufungsbescheiden beide vom die angefochtenen Bescheide gemäß § 66 Abs 2 AVG auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung sowie Erlassung neuer Bescheide an die erstinstanzliche Behörde zurück, weil der Sachverhalt derart mangelhaft geblieben sei, dass eine Entscheidung zulässigerweise nicht darauf gestützt werden könne.

1.1.3. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erteilte die Magistratsabteilung 37 der Bauwerberin mit Bescheiden vom und vom gemäß § 70 BO für Wien erneut die Baubewilligungen für die Errichtung eines solchen Wohngebäudes unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen.

1.1.4. Gegen diese Bescheide erhoben die Miteigentümer des Gst. Nr 498; EZ 634, KG Mariahilf (Liegenschaft Magdalenenstraße 26, 1060 Wien, an welche der bewilligte Zubau direkt angebaut werden soll) Beschwerden an das Verwaltungsgericht Wien.

1.2. Im mit Beschluss des Gemeinderates der Stadt Wien vom festgesetzten Flächenwidmungs- und Bebauungsplan (Plandokument 7735), in der Folge: PD 7735, war das Bau-Gst. im nordöstlichen Bereich mit der Widmung W II 11 m g (Bauland - Wohngebiet, Bauklasse II, mit einer maximal zulässigen Gebäudehöhe von 11,00 m in geschlossener Bauweise) bzw. im nordwestlichen Bereich als G BB1 (Anordnung der gärtnerischen Ausgestaltung mit der Versagung der Errichtung unterirdischer Bauten) ausgewiesen und die hintere Baufluchtlinie mit einem Abstand von 12,00 m zur Baulinie festgelegt. Ausgehend von der Baulinie an der Magdalenenstraße ist die Bebaubarkeit in der Tiefe daher auf 12,00 m begrenzt (gerechnet von der am Nachbargrundstück verlaufenden, zur Straße gelegenen vorderen Baulinie bis zur hinteren, auf dem Bau-Gst liegenden Baufluchtlinie); an bebaubarer Fläche entfallen auf das Bau-Gst. 2,40 m und auf das Nachbargrundstück 9,60 m Tiefe.

Nach der mit Beschluss des Gemeinderates der Stadt Wien vom erfolgten – für die vorliegenden Verfahren nicht relevante – Abänderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes Plandokument 7735E kommt die hintere Baufluchtlinie nunmehr auf der Grenze zwischen dem Bau-Gst. und dem Gst. Nr 498 zu liegen.

1.3. Der Gemeinderat der Stadt Wien stellt die Widmungsgeschichte für den Eckbereich Magdalenenstraße 26/Esterhazygasse 6 wie folgt dar:

Die erstmalige Festlegung der Bebauubarkeit mit einer Tiefe von 12,00 m erfolgte durch das Plandokument 3272 mit Gemeinderatsbeschluss vom , wobei für die Hofflächen nur die Errichtung von ebenerdigen Objekten erlaubt war. Die Festlegung mit 12,00 m Bebauungstiefe wurde in den darauffolgenden Plandokumenten bis zum Plandokument 7735 im Jahr 2006 übernommen. In dem im Jahr 1990 beschlossenen Plandokument 6018 wurde für den südöstlichen Teil der innenliegenden Baublockflächen die gärtnerische Ausgestaltung angeordnet. Im Jahr 2013 wurde für den Eckbereich eine zeitlich begrenzte Bausperre gemäß § 8 Abs 2 BO für Wien verordnet, um den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan unter Berücksichtigung der im § 1 Abs 2 Z 1,2,3,4 und 14 BO für Wien angeführten Ziele zu überarbeiten. Erst mit dem am – nach Einreichung des Bauprojektes – beschlossenen Plandokument 7735E erfolgte eine bestandsorientierte Festsetzung der hinteren Baufluchtlinie im Bereich der Liegenschaft Magdalenenstraße 26.

2. Mit Beschlüssen vom und (im Verfassungsgerichtshof in den Verfahren zu V98/2015 und V127/2015 protokolliert) stellte das Verwaltungsgericht Wien gemäß Art 139 Abs 1 Z 1 iVm Art 89 Abs 2 B VG die Anträge auf Feststellung, dass das PD 7735 in den Anträgen genannten Umfang gesetzwidrig war. Das Verwaltungsgericht Wien legt die Bedenken, die es zu den Antragsstellungen beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, in seinen – weitgehend wortidenten – Anträgen im Wesentlichen wie folgt dar:

2.1. Eingangs hält das Verwaltungsgericht Wien zur Frage der Präjudizialität fest, dass zu den Zeitpunkten der Antragstellungen der Bauwerberin zur Errichtung eines Zubaus auf den Bau-Gst. das Plandokument 7735, gegolten habe. Das Verwaltungsgericht Wien habe im Rahmen der bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahren gegen die erteilten Baubewilligungsbescheide das PD 7735 anzuwenden.

2.2. Das PD 7735 stehe soweit dieses im nordöstlichen Bereich des Bau-Gst. (auf einer Länge von 25,32 m und einer Breite von 2,40 m) die Errichtung eines Wohngebäudes mit einer maximalen Gebäudehöhe von 11 m in geschlossener Bauweise eröffne, nicht im Einklang mit § 1 Abs 2 Z 1 und Z 6 bzw. § 6 Abs 6 BO für Wien, bzw. sei die im PD 7735 für die Bau-Gst. festgelegte Widmung nicht zur Zielerreichung geeignet.

Gemäß § 76 Abs 8 BO für Wien müsse die Bauwerberin auf Grund der geschlossenen Bauweise grundsätzlich das Wohngebäude innerhalb bzw. an den durch die Fluchtlinien begrenzten Bereich von der einen seitlichen Bauplatzgrenze zur anderen durchgehend errichten; die projektgegenständliche Liegenschaft sei im nordöstlichen Bereich nicht durch Verkehrsflächen und Verkehrsbänder, sondern nur durch die Grundstücksgrenzen der Nachbarliegenschaft (Magdalenenstraße 26) begrenzt. Auf Grund der Grundstücksgrenzen zu dieser Nachbarliegenschaft verbleibe der Bauwerberin lediglich eine Fläche von 25,32 x 2,40 m zur Errichtung eines in geschlossener Bebauungsweise (also unmittelbar an das Gebäude auf der Nachbarliegenschaft) auszuführenden Gebäudes mit maximaler Gebäudehöhe von 11,00 m. Das Gebäude auf der Nachbarliegenschaft sei teils direkt an der hofseitigen Grundstücksgrenze zur projektgegenständlichen Liegenschaft (bereits) errichtet und weise teilsweise von der hofseitigen Grundstücksgrenze um ca. 1,5 m eingerückte Außenfassaden auf.

Durch die der Bauwerberin auf Grund des PD 7735 ermöglichte Bebauung des Bau-Gst. werde die im Vorlagebericht zu PD 7735 zum Ausdruck kommende Zielsetzung der Vorsorge für die der Erholung der Bewohner der Nachbarliegenschaft dienenden Grünflächen nicht nur nicht erreicht, sondern durch die eröffnete Gebäudehöhe schlicht konterkariert, weil den Bewohnern der Nachbarliegenschaft der Ausblick auf die mit gärtnerischer Ausgestaltung festgelegten Flächen in den Hofinnenbereich verbaut werden dürfe. Zudem erscheine mit der durch die eröffnete Bebaubarkeit des Bau-Gst. einhergehenden Beeinträchtigung der Belichtung der zum Bau-Gst. auf eine Entfernung bis zu ca. 1,5 m errichteten Fenster bzw. Wohnungen nicht im Einklang mit dem Ziel der Vorsorge mit Wohnraumflächen, die den Ansprüchen der Bevölkerung auf zeitgemäßes Wohnen entsprächen.

Der Verfassungsgerichtshof habe in VfSlg 19.647/2012 unter Hinweis auf VfSlg 12.468/1990 ausgesprochen, dass § 6 Abs 8 BO für Wien der allgemeine Grundsatz der Sicherstellung der Wohnverhältnisse bzw. der Grundsatz der möglichsten Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigung innewohne. Die genannte Bestimmung, eine Vorschrift, die in gemischten Baugebieten die Errichtung von Betrieben beschränke, sei vom Wortlaut und Telos mit der Bestimmung des § 6 Abs 6 leg.cit. vergleichbar, welcher in Wohngebieten die Errichtung von Wohngebäuden und Bauwerken beschränke; nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien wohne § 6 Abs 6 leg.cit. auch der Grundsatz der Sicherstellung der Wohnverhältnisse bzw. der Grundsatz der möglichsten Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigung inne. Der Verfassungsgerichtshof habe im genannten Erkenntnis u.a. ausgesprochen, dass der Verordnungsgeber in den vergleichsweise wohl seltenen Fällen, dass ein Widmungsgebiet mit geschlossener Bauweise nicht von Verkehrsflächen und Verkehrsbändern umgeben ist, verpflichtet sei, die Verbauung dem Grundsatz der Sicherstellung der Wohnverhältnisse bzw. dem Grundsatz der möglichsten Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigung entsprechend zu beschränken. Ein solcher seltener Fall liege nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien hinsichtlich des PD 7735 vor, weshalb, im Hinblick darauf, dass hinsichtlich des nordöstlichen Bereichs des Bau-Gst. die Verbauung auf Grund des FWP/BBP nicht beschränkt sei, auch nicht dem Grundsatz der Sicherstellung der Qualität der Wohnverhältnisse entsprochen sei. Dies zum einen, weil das angestrebte Ziel der Versorgung mit den der Erholung dienenden Grünflächen auf der angrenzenden Nachbarliegenschaft letztlich nicht erreicht werde.

Auch die im Vorlagebericht zur mit Beschluss des Gemeinderates der Stadt Wien vom erfolgten Abänderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes PD 7735E dargelegten Erwägungen würden dafür sprechen, dass der Verordnungsgeber die Gesetzwidrigkeit des PD 7735 beseitigen habe wollen, indem er die ursprüngliche Festlegung der hinteren Baufluchtlinie auf 12,00 m ab der Baulinie Magdalenenstraße zwecks Sicherung bestehender bzw. beabsichtigter Wohnqualitäten und zur Vermeidung einer Feuermauer abgeändert und die Grenzen der zulässigen Verbauung mit der Liegenschaftsgrenze Esterhazygasse 6/Magdalenenstraße 26 beschränkt habe. Eine Baubewilligung für das den Anlassverfahren zugrunde liegende Projekt dürfte nach dem nunmehr geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan daher nicht mehr erteilt werden.

3. Die Bauwerberin in den Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien hat im vor dem Verfassungsgerichtshof zu V98/2015 protokollierten Verfahren eine Äußerung erstattet. In dieser führt sie v.a. aus, mit Bescheid der Magistratsabteilung 64 vom sei gemäß § 9 BO für Wien bekannt gegeben worden, dass für die Gst. Nr 496 und 497, KG Mariahilf, das PD 7735 maßgeblich sei. Dieser rechtskräftige Bescheid sei nicht anfechtbar bzw. aufhebbar und stelle die Grundlage für das geführte Baubewilligungsverfahren dar. Sollte – entgegen der Auffassung der Bauwerberin – des PD 7735 schließlich aufgehoben werden, hätte dies auf Folgeakte, nicht aber auf den bereits rechtskräftigen "Flächenwidmungs- und Bebauungsbescheid" und den darauf aufbauenden und diesem Verfahren zugrunde liegenden Baubewilligungsbescheid Einfluss.

4. Die Magistratsabteilung 37 hat im vor dem Verfassungsgerichtshof zu V98/2015 protokollierten Verfahren eine Äußerung erstattet, in der sie insbesondere auf die von den Beschwerdeführern im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten getätigten Beschwerdevorbringen eingeht und im Hinblick auf die behauptete Gesetzwidrigkeit des PD 7735 auf die Bindung der Verwaltungsbehörden an gehörig kundgemachte und in Geltung stehende Verordnungen verweist.

5. Die Beschwerdeführer im Anlassverfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien haben zwei wortidente Äußerungen erstattet, in denen sie sich den im Antrag des Verwaltungsgerichts Wien dargelegten Bedenken anschließen:

Abgesehen davon, dass das projektierte Gebäude hinsichtlich der Raumgröße, der geringen Dämmung, der mangelnden Barrierefreiheit (insgesamt fünf Geschosse ohne Aufzug), der mangelnden Fluchtwege etc. keinerlei Wohnqualität bieten könne, werde bereits durch eine bebaubare Fläche mit einer Länge von 25,32 m und einer Breite von 2,40 m (was selbst bei geringster Dämmung eine Innenraumbreite von lediglich 1,90 m bedeute) den Zielsetzungen der BO für Wien, insbesondere den Ansprüchen der Bevölkerung auf einen für zeitgemäßes Wohnen erforderlichen Wohnraum nicht entsprochen.

Weiters bedeute die durch das PD 7735 ermöglichte Bebauung zugleich auch, dass die weitere sinnvolle Nutzung und das weitere qualitätsvolle Bewohnen des Nachbargebäudes auf dem Gst. Nr 498 verunmöglicht werde. Durch das im Anlassfall bewilligte Bauprojekt könnte ein Gebäude unmittelbar angrenzend zum Gebäude der Beschwerdeführer errichtet werden, womit die Belichtung der rechtmäßig bestehenden Fenster für das Gebäude der Beschwerdeführer nahezu gänzlich entzogen würde. Den Zielsetzungen und Ansprüchen der BO für Wien, insbesondere den Ansprüchen der Bevölkerung auf einen für zeitgemäßes Wohnen erforderlichen Wohnraum, werde daher nicht nur hinsichtlich des projektierten Gebäudes selbst, sondern auch für das Gebäude der Beschwerdeführer nicht entsprochen.

Schließlich werde auch der Zielsetzung der Vorsorge für die der Erholung der Bewohner des Grundstücks der Beschwerdeführer dienenden Grünflächen (vgl. hiezu den Vorlagebericht zu PD 7735) nicht entsprochen, weil durch die ermöglichte Bebauung der Ausblick auf die mit gärtnerische Ausgestaltung festgelegten Flächen verbaut werden dürfe. Anstelle der Zielsetzung, nämlich der Sicherstellung des Ausblicks auf die mit gärtnerischer Ausgestaltung festgelegten Grünflächen, trete ein "Ausblick" auf eine lediglich 1,25 m entfernte Feuermauer.

In der Folge haben die Beschwerdeführer des Anlassverfahrens eine Gegenäußerung erstattet. Der von der Bauwerberin angeführte Bescheid stamme vom , wobei sich von diesem Zeitpunkt bis zu jenem der Antragsstellung im Baubewilligungsverfahren am die relevanten Bestimmungen des Bebauungsplanes nicht geändert hätten, womit es letztlich irrelevant sei, ob dem Bauvorhaben eine Bekanntgabe von Bebauungsbestimmungen angeschlossen gewesen sei oder nicht. In beiden Fällen sei für das Baubewilligungsverfahren das gesetzwidrige PD 7735 maßgebend. Entsprechend der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes liege, selbst wenn sich eine Beschwerde anscheinend nur gegen einen Baubewilligungsbescheid richte, die Kritik jedoch – wie im vorliegenden Baubewilligungsverfahren erfolgt – auch die bekanntgegebenen Bebauungsbestimmungen mitumfasse, gleichzeitig auch eine gegen den Bekanntgabebescheid gerichtete Beschwerde/Berufung an die Baubehörde zweiter Instanz vor (VfSlg 12.743/1991). Den Ausführungen der Bauwerberin, wonach eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die Gesetzmäßigkeit des PD 7735 keine Relevanz für das vorliegende Baubewilligungsverfahren hätte, sei daher nicht zuzustimmen. Der Bekanntgabebescheid würde bei Feststellung, dass die Verordnung gesetzwidrig gewesen sei, ebenfalls mit Gesetzwidrigkeit behaftet sein, womit letztlich nicht nur der Baubewilligungsbescheid, sondern auch der Bekanntgabebescheid aufzuheben sein werde.

6. Der Gemeinderat der Stadt Wien hat im zu V98/2015 protokollierten Verfahren ebenfalls eine Äußerung erstattet, in der er zunächst ausführt, dass das Wohngebäude auf dem – an das Bau-Gst. angrenzenden – Gst. Nr 498 (Liegenschaft Magdalenenstraße 26) aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stamme, wobei zum Zeitpunkt seiner Errichtung die Bestimmungen der Bauordnung für Wien aus dem Jahr 1883 heranzuziehen gewesen seien. Da die dem nunmehrigen Bau-Gst. zugewandten Lichthöfe dieses Wohngebäudes auf dem Gst. Nr 498 lediglich eine Größe von ca. 6 m 2 aufweisen würden, handle es sich nicht um Hauptfenster, die der Belichtung von Aufenthaltsräumen dienen würden, sondern lediglich um Nebenfenster (§56 Abs 1 leg.cit.: "Lichthöfe, durch welche Wohnräume oder Küchen erhellt werden, müssen mindestens 12 m 2 Grundfläche erhalten." Abs 2: "Dienen aber solche bloß zur Beleuchtung von Korridoren, Aborten oder sonstigen unbewohnten Räumen, so genügt für selbe eine Fläche von mindestens 6 m 2 ."). Den in den Anträgen des Verwaltungsgerichtes Wien dargelegten Bedenken tritt der Gemeinderat der Stadt Wien folgendermaßen entgegen:

Der vom Verwaltungsgericht Wien vermutete Widerspruch zwischen dem Ziel, Vorsorge für der Erholung dienende Grünflächen zu treffen, und der ausgewiesenen Bebauungsmöglichkeit entlang der hinteren Grundstücksgrenze der Liegenschaft Magdalenenstraße 26 (weil ihren Bewohnern der Ausblick von ihren Fenstern auf die gärtnerisch auszugestaltenden Flächen verbaut werden dürfe), könne nicht gegeben sein, weil schon zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes auf der Liegenschaft Magdalenenstraße 26 im 19. Jahrhundert auf Grund der Orientierung der Fenster in einen ca. 6 m 2 großen Lichthof lediglich Nebenfenster von Aborten, Korridoren und anderen unbewohnten Räumen zulässig gewesen seien. Auch der durch die Belichtungssituation hervorgerufene – vom antragstellenden Gericht behauptete – Konflikt mit dem Planungsziel, den Ansprüchen der Bevölkerung auf zeitgemäßes Wohnen zu entsprechen, sei unbegründet, weil die bestehenden Fenster einen Abstand von nicht mehr als 1,50 m zur Nachbargrenze aufweisen würden und schon seit dem Inkrafttreten der neuen Bauordnung für Wien im Jahr 1930 ein Mindestabstand von 2,00 m für Fenster, die zu Nachbargrenzen gerichtet seien, vorgeschrieben sei (vgl. § 79 Abs 2 BO für Wien). Der vom Verwaltungsgericht Wien geforderten Berücksichtigung der bestehenden Belichtungssituation im Bebauungsplan könne daher in diesem Fall im Zusammenhang mit zeitgemäßen Wohnraumflächen überhaupt nicht nachgekommen werden, weil – unabhängig von den Festlegungen der Bebaubarkeit – die erforderlichen Abstände der Fenster zur Nachbargrenze tatsächlich nicht vorhanden seien und ausschließlich durch Grunderwerb und Errichtung eines Neubaus sichergestellt werden könnten. Die dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan zu Grunde gelegten Planungsziele hinsichtlich der Vorsorge von Erholungsflächen und der Ansprüche der Bevölkerung an ein zeitgemäßes Wohnen würden daher durch die vom Verwaltungsgericht Wien beanstandete Lage der Baufluchtlinie überhaupt nicht berührt.

Zum Vorbringen, dass dem gemäß § 6 Abs 6 BO für Wien geltenden allgemeinen Grundsatz der Sicherstellung von angemessenen Wohnverhältnissen durch Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen im PD 7735 nicht entsprochen worden sei, sei entgegenzuhalten, dass im dichtbebauten Wiener Stadtgebiet v.a. auch in jenen Bereichen, die auf Grund des Ortsbildes erhaltenswert seien, dem oft gründerzeitlichen Baubestand, entsprechend den historischen Regelungen aus der Entstehungszeit, auch in aktuellen Bebauungsplänen durch die Festlegung einer geschlossenen flächigen Bebauung Rechnung getragen werde (so zB im Plandokument 7735 im Bereich der Liegenschaften Dürergasse 17-19 bzw. 20-26 oder Eggerthgasse 1-11). Unter Hinweis auf führt der Gemeinderat aus, dass diese Vorgangsweise von dem Grundsatz und der vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung getragen werde, dass "für die gehörige Lichtversorgung eines Baues jeder Eigentümer selbst Sorge tragen muss, ihm jedoch kein Rechtsanspruch darauf zusteht, dass der Bauwerber bei einer rechtskonformen Bebauung seines Bauplatzes die Licht- und Luftverhältnisse des Nachbarn nicht beeinträchtigt". Zu den vom Verwaltungsgericht Wien zitierten Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes sei darauf hinzuweisen, dass sich VfSlg 19.647/2012 auf eine grundlegend andere Situation, nämlich auf ein Betriebsbaugebiet mit betrieblich genutzten Liegenschaften in einer Größe von bis zu 8000 m 2 , beziehe. Vielmehr werde auch vom Verfassungsgerichtshof (vgl. VfSlg 12.468/1990) ausgeführt, dass "die im bezogenen Verordnungsprüfungsfall gegeben gewesene Lage nicht gleichsam schematisch auf die Situation im regelmäßig eng verbauten großstädtischen Bereich übertragen werden kann, welche das Nebeneinanderbestehen verschiedener Nutzungsformen des Grund und Bodens in weitaus intensiverer Weise erfordert". Exakt diese Situation treffe auf den vorliegenden Fall zu, betrage die Größe der Liegenschaft Magdalenenstraße 26 doch nicht mehr als 220 m 2 und somit weniger als die Hälfte der gemäß § 16 Abs 2 BO für Wien festgesetzten Sollgröße eines Bauplatzes von 500 m 2 .

Wenn das Verwaltungsgericht Wien der Ansicht sei, die für eine Bebauung offen stehende Fläche von 25,32 m x 2,40 m könne dem Ziel qualitätsvollen Wohnens zu ermöglichen nicht gerecht werden, sei dem entgegenzuhalten, dass eine Bebauung nicht ausschließlich durch die Errichtung eines Wohngebäudes erfolgen müsse, sondern diese Fläche ebenso für die notwendigen und teilweise auch gesetzlich vorgeschriebenen (§119 BO für Wien) ergänzenden Räumlichkeiten wie Kinderwagen- und Fahrradabstellräume, Müllräume etc., aber auch für die Bereitstellung von Stellplätzen, herangezogen werden könne. Vor allem in Gebieten innerhalb von Schutzzonen, wo insbesondere die Erhaltung, Sanierung und Modernisierung des erhaltenswerten Baubestandes vorrangiges Ziel der Stadtentwicklung sei, könne zeitgemäßes Wohnen oft nur durch Zubauten sichergestellt werden. Diese Nutzungen hätten jedenfalls in Übereinstimmung mit den Regelungen des § 75 Abs 2 BO für Wien (Bauklasse II, Gebäudehöhe mindestens 2,50 m und höchstens 12,00 m) auch in ein- bis zweigeschoßigen Gebäuden auf dieser Grundfläche untergebracht werden können. Dem Verwaltungsgericht Wien sei insofern zuzustimmen, dass eine Bebauung mit einem Wohngebäude, wie es das gegenständliche Projekt vorsieht, auch vom Verordnungsgeber nicht in Betracht gezogen worden sei.

Wenn das Verwaltungsgericht Wien schließlich die Auffassung vertrete, dass die mit dem Plandokument 7735E vorgenommenen Änderungen zum Ziel gehabt hätten, eine offensichtliche Gesetzwidrigkeit zu beseitigen, sei dem entgegenzuhalten, dass auch durch die geänderte Lage der Baufluchtlinie die Herstellung von Fenstern an der Hoffassade des Gebäudes Magdalenenstraße 26 nicht ermöglicht werden könne und somit für diese Liegenschaft das Planungsziel der Sicherung zeitgemäßer Wohnqualitäten für den Gebäudebestand nicht von Relevanz gewesen sei, sondern lediglich die bestehende Belichtungssituation von Nebenräumen erhalten werden könne. Dieses Ziel sei daher, so wie auch die der Bausperre zu Grunde gelegten Planungsziele, v.a. für die in den Hofbereich des Baublockes Gumpendorfer Straße, Corneliusgasse, Magdalenenstraße und Esterhazygasse orientierten Wohngebäude von Bedeutung, werde doch im nunmehr geltenden Plandokument 7735E für die betreffenden Höfe ausschließlich der wertvolle Baumbestand durch das Verbot unterirdischer Bauten geschützt (vgl. Vorlagebericht an den Gemeinderat zu Plandokument 7735E, S 8). Ebendieses gelte auch für die Abänderung der Baufluchtlinie im Bereich der Liegenschaft Magdalenenstraße 26, befinde sich doch exakt auf dieser gemäß Plandokument 7735 bebaubaren Fläche beachtenswerter Baumbestand. Für die daran anschließenden Hofflächen der Liegenschaft Esterhazygasse 6 sollen durch eine gleichfalls vorgenommene Änderung unterirdische Bauten nunmehr zugelassen werden, um die Errichtung von Räumlichkeiten (§119 BO für Wien) zu ermöglichen.

Den im Plandokument 7735E vorgenommenen Änderungen (modifizierte Lage der Baufluchtlinie im Bereich der Liegenschaft Magdalenenstraße 26) sei daher nicht eine – vom Verwaltungsgericht Wien vermutete – Gesetzwidrigkeit zu Grunde gelegen, sondern das Bestreben, den Vegetationsbestand im Hofbereich zu schützen und so eine Verschlechterung der Belichtungsverhältnisse durch eine Bebauung für den Gebäudebestand Magdalenenstraße 26 abzuwenden. Insgesamt sei daher festzuhalten, dass die gegenständlichen Festsetzungen des PD 7735 gemäß den Vorgaben der Bauordnung für Wien sachlich begründet und gesetzeskonform erfolgt seien.

7. Daraufhin haben die Beschwerdeführer in den Anlassverfahren eine Gegen-äußerung im Hinblick auf die vom Gemeinderat der Stadt Wien eingebrachte Äußerung erstattet, in der sie hinsichtlich des Vorbringens, wonach es sich bei dem dem nunmehrigen Bau-Gst. zugewandten Mauerrücksprüngen samt Fenstern des Gst. Nr 498 nur um Lichthöfe handeln könne, festhalten, dass es sich bei dem Gebäude auf dem Gst. Nr 498 tatsächlich um ein Vorstadthaus aus der Bauepoche des Klassizismus handle, das weit vor 1883 errichtet worden sei. Im "Der Cataster" (Handbuch für Ämter, Architekten, Baumeister, Capitalisten, Hausbesitzer, etc. über sämtliche Häuser der k.k. Reichs- und Residenzhauptstadt Wien …) sei betreffend der Liegenschaftsadresse des heutigen Gst. Nr 498 die Rubrik "erbaut im Jahre" unausgefüllt geblieben, was bedeute, dass das Gebäude vor dem Jahre 1801 erbaut worden sei. Der älteste das Gebäude betreffende Plan im Bauakt der Magistratsabteilung 37 stamme vom 17. Juni 1882 und beziehe sich bereits auf einen Umbau. Abgesehen davon, dass die Bauordnung für Wien aus dem Jahr 1883 daher gar nicht heranzuziehen sei, habe bereits damals das Fenster in den Garten bzw. Hof der Belichtung des Küchenraums des ersten Obergeschosses gedient, wobei auch auf sämtlichen sonst im Bauakt befindlichen späteren Planunterlagen hofseitige Küchen und deren Fenster verzeichnet seien. Zudem sei das Gebäude auf dem Gst. Nr 498 auf der dem nunmehrigen Bau-Gst. zugewandten Hofseite – mit Ausnahme einer kleinen, ebenerdigen Garage mit Flachdach – nie verbaut worden, weshalb der Gemeinderat der Stadt Wien die Rücksprünge an der Rückwand des Wohngebäudes auf dem Gst. Nr 498 unrichtigerweise als Lichthöfe bezeichne.

Soweit der Gemeinderat der Stadt Wien in seiner Äußerung darauf verweise, dass der vorgeschriebene Mindestabstand von Fenstern, die zu Nachbargrenzen gerichtet seien, nachträglich gar nicht eingehalten werden könne, möge dies für das Wohngebäude auf dem Gst. Nr 498 zwar richtig sein, bedeute jedoch nicht, dass auf die Belichtungssituation keinerlei Rücksicht zu nehmen sei.

Im Hinblick auf die höchstgerichtliche Judikatur, mit der sich der Gemeinderat der Stadt Wien in seiner Äußerung auseinandersetzt, sei festzuhalten, dass die vom Gemeinderat herangezogene Argumentation an der Sache vorbeigehe. Aus den zitierten Erkenntnissen sei abzuleiten, dass § 6 Abs 8 BO für Wien ein allgemeiner Grundsatz zu entnehmen sei, der insbesondere die Qualität der Wohnverhältnisse sicherstellen wolle (VfSlg 12.468/1990), sodass sich bei Widmungsgebieten mit geschlossener Bauweise in besonderen Fällen eine Verpflichtung des Verordnungsgebers ergebe, die Verbauung diesem "Grundsatz der möglichsten Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen" entsprechend zu beschränken (VfSlg 19.647/2012). Ein derart besonderer Fall liege hier vor, weil einerseits die geschlossene Bauweise festgelegt sei und sich andererseits rechtmäßige Fenster (und nicht nur "Nebenfenster") zwar nicht in der Feuermauer des Wohngebäudes auf dem Gst. Nr 498 selbst, aber in einem Abstand zur Grundgrenze befänden, die den gesetzlichen Mindestabstand unterschreiten würden, denen aber v.a. bei anlassfallentsprechender Verbauung die Belichtung nahezu gänzlich entzogen würde. Offensichtlich seien lediglich ergänzende Räumlichkeiten wie Kinderwagen- und Fahrradabstellräume, Müllräume etc. in Betracht gezogen worden, welche in einem Zubau untergebracht werden könnten; sollte die Möglichkeit bei Verordnungserlassung tatsächlich eine Rolle gespielt haben, habe es der Verordnungsgeber aber unterlassen, etwa durch entsprechende Höhenbeschränkung (auf ein ebenerdiges Gebäude) auf die Situation des Nachbargebäudes Rücksicht zu nehmen.

8. In der Folge hat die Bauwerberin in den Anlassverfahren eine Gegenäußerung erstattet, in der sie sich den Ausführungen des Gemeinderates der Stadt Wien anschließt (Pkt. III.6.) und den Ausführungen der Beschwerdeführer im Anlassverfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien (Pkt. III.7.) entgegentritt.

IV. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 Abs 1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:

1. Zur Zulässigkeit der Anträge

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B VG bzw. des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Durch die Aufhebung des angefochtenen Flächenwidmungsplanes und Bebauungsplanes durch den Verfassungsgerichtshof würde die für den angefochtenen Bescheid maßgebliche Rechtsgrundlage beseitigt werden. Hebt der Verfassungsgerichtshof ein Plandokument anlässlich einer Beschwerde gegen eine Baubewilligung auf, ist auch die Bekanntgabe der Baubewilligung gemäß § 9 BO für Wien Anlassfall und folglich rechtswidrig (VfSlg 14.629/1996; ). Wenn das Verwaltungsgericht Wien in seinem Antrag behauptet, dass es das PD 7735 im Anlassverfahren anzuwenden hat, ist dies keinesfalls denkunmöglich.

1.2. Die Ausführungen der mitbeteiligten Bauwerberin hinsichtlich der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen gemäß § 9 BO für Wien laufen ins Leere: Auf Antrag der Bauwerberin wurden mit Bescheid vom von der Magistratsabteilung 64 die Bebauungsbestimmungen bekannt gegeben. Dieser Bescheid stelle nach Ansicht der Bauwerberin die Grundlage für das Baubewilligungsverfahren dar und hätte eine etwaige Aufhebung des Flächenwidmungsplans nur auf Folgeakte Einfluss, jedoch nicht auf bereits rechtskräftig ergangene Bescheide. Auf Grund der Rechtskraft des Grundlagenbescheides vom seien die darauffolgenden Baubewilligungsbescheide für sich nicht mehr bekämpfbar. Der Verfassungsgerichtshof könne im Rahmen einer Verordnungsprüfung den bereits rechtskräftigen Bescheid nicht beheben.

1.3. Dem ist entgegenzuhalten, dass entgegen den Ausführungen der Bauwerberin gemäß § 9 Abs 4 BO für Wien eine abgesonderte Beschwerde gegen die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen nicht zulässig ist. Wie der Verfassungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis VfSlg 12.743/1991 zur vergleichbaren Bestimmung des § 9 Abs 7 BO für Wien in damals geltender Fassung entschied, bedeutet dies, dass der Bekanntgabebescheid nur gemeinsam mit der auf ihn gestützten Baubewilligung für den Neubau mit Berufung angefochten werden kann. In diesem Sinn sieht der Verfassungsgerichtshof den Instanzenzug im Hinblick auf die Möglichkeit eines Individualantrages nicht erschöpft, solange die Möglichkeit gegeben ist, den Bekanntgabebescheid im Wege einer Berufung gegen eine Entscheidung über ein Ansuchen um Abteilungsbewilligung oder Baubewilligung zu bekämpfen (VfSlg 4145/1962; ).

Richtet sich in einem Rechtsmittel die an der Baubewilligung geübte Kritik entweder ausdrücklich oder auch bloß der Sache nach gegen die Bebauungsbestimmungen, so liegt hierin auch eine gegen die Bekanntgabebescheid gerichtete Berufung. In der Entscheidung der Berufungsbehörde über die Baubewilligung ist der Bekanntgabebescheid mitumfasst. Die Entscheidung der Berufungsbehörde entfaltet in jede Richtung, sowohl für die Baubewilligung als auch für den Bekanntgabebescheid ihre Wirkung (VfSlg 12.743/1991). Somit ist der der Baubewilligung zugrunde liegende Flächenwidmungsplan präjudiziell.

Mit dem gestellten Hauptantrag grenzt das Verwaltungsgericht Wien den Aufhebungsumfang in örtlicher Sicht unter Heranziehung der Nennung der Straßenbezeichnungen samt Haus- bzw. Ordnungsnummer ab. Das maßgebliche Plandokument 7735 weist zwar die Straßenbezeichnung aus, jedoch nicht die von der Antragstellerin verwendeten Haus- bzw. Ordnungsnummern, weshalb der Hauptantrag im Sinne der ständigen Rechtsprechung als unzulässig anzusehen ist (VfSlg 11.592/1987, 11.807/1988, 12.231/1989, 12.582/1990, 13.911/1994, 15.764/2000).

Mit dem Eventualantrag grenzt das Verwaltungsgericht Wien den Aufhebungsumfang hingegen in örtlicher Hinsicht unter Bezugnahme auf die im Plandokument enthaltenen Himmelsrichtungen, die Straßenbezeichnungen und die festgelegte Widmung ("soweit darin für im nordöstlichen Schnittstellenbereich der Straßen Esterhazygasse/Magdalenenstraße für den mit der Widmung W II 11 m g und 12.00 hintere Baufluchtlinie ausgewiesenen Bereich festgelegt waren") ab.

Der Eventualantrag erweist sich daher zulässig.

2. In der Sache

2.1. Das Verwaltungsgericht Wien bringt zunächst vor, das angefochtene PD 7735 stehe nicht im Einklang mit dem in § 1 Abs 2 Z 1 BO für Wien festgelegten Ziel der Vorsorge für Flächen für den erforderlichen Wohnraum unter Beachtung der Bevölkerungsentwicklung und der Ansprüche der Bevölkerung an ein zeitgemäßes Wohnen.

Die der Bauwerberin auf Grund des PD 7735 ermöglichte Bebauung des Bau-Gst. stehe dem Ziel der Vorsorge für der Erholung der Bewohner dienende Grünflächen entgegen, weil den Bewohnern der Nachbarliegenschaft der Ausblick auf die mit gärtnerischer Ausgestaltung festgelegten Flächen verbaut werden dürfe. Zudem stehe die eröffnete Bebaubarkeit des Bau-Gst., wegen der damit einhergehenden Beeinträchtigung der Belichtungssituation der zum Bau-Gst. auf eine Entfernung bis zu ca. 1,5 m errichteten Fenster bzw. Wohnungen, nicht im Einklang mit dem Ziel der Vorsorge für Wohnraumflächen, die den Ansprüchen der Bevölkerung auf zeitgemäßes Wohnen entsprechen. Darüber hinaus erscheine auch die Bebauung einer Fläche von 25,32m x 2,40m zur Errichtung eines Gebäudes von 11,00 m Höhe, welches seinerseits qualitätsvolles Wohnen ermöglicht, nicht geeignet.

Dieselbe Auffassung sei auch dem Vorlagebericht zum nachfolgenden Plandokument PD 7735E zu entnehmen. Dieses habe zur Sicherung bestehender bzw. beabsichtigter Wohnqualitäten und zur Vermeidung einer Feuermauer die ursprüngliche Festlegung der hinteren Baufluchtlinie (12,00 m) geändert und die zulässige Verbauung mit der Liegenschaftsgrenze Esterhazygasse 6/Magdalenen-straße 26 begrenzt.

2.2. Allgemein legt der Verfassungsgerichthof an Flächenwidmungspläne die Anforderung, dass diese geeignet sein müssen, die jeweils angestrebten Ziele zu erreichen (VfSlg 14.143/1995); dabei muss nicht zwingend die bestmögliche und zweckmäßigste Lösung getroffen werden, doch jedenfalls eine solche, die mit dem Gesetz im Einklang steht (VfSlg 18.162/2007, 18.823/2009). Welchen Zielen Vorrang zukommt, liegt nach ausreichender Interessenabwägung im planerischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (VfSlg 18.823/2009).

Der Vorlagebericht des Plandokumentes 7735 enthält eine Interessenabwägung, in der der Verordnungsgeber umfangreich auf die angestrebten Ziele und Entwicklungen und ihre Umsetzung eingeht. Dem Vorlagebericht zum Plandokument 7735 ist ausdrücklich eine Abwägung zwischen der Bedachtnahme auf den Bau- und Nutzungsbestand sowie der Vorsorge für der Erholung dienender Grünflächen durch entsprechende Widmungen und durch Entkernung und Begrünung der Innenhöfe zu entnehmen. Das maßgebliche Ziel für die Entwicklung des vom Flächenwidmungsplan erfassten Gebiets war die Schaffung und Erhaltung von Grünflachen und von urbanen Qualitäten. Um dieser Zielsetzung gerecht zu werden, legte der Verordnungsgeber unter Berücksichtigung des entsprechenden Baubestandes eine prozentuelle Beschränkung der Bebaubarkeit auf 60% fest. In den Bereichen des Plandokumentes, wo keine Baufluchtlinien festgelegt wurden, sah der Verordnungsgeber eine Beschränkung der Bebaubarkeit auf 75% bzw. 85% vor.

2.3. Der Festlegung der Baufluchtlinie auf dem Bau-Gst. liegen – wie der Gemeinderat der Stadt Wien gestützt auf die Verordnungsakten ausführt – folgende Überlegungen zugrunde:

"Im Jahr 1993 (PD 6412) wurde für weitere Teilbereiche des 6. Bezirks, so auch für die beiden betreffenden Liegenschaften, eine Schutzzone gemäß § 7 BO für Wien festgesetzt. Schließlich wurde am (Pr.Z 2122GSV/06) das bis heute gültige, in Teilbereichen abgeänderte PD 7735 vom Gemeinderat beschlossen. Auf Grund der im Jahr 1993 festgesetzten Schutzzone und der damit verbundenen Zielsetzung der Erhaltung des ortsbildprägenden Gebäudebestandes wurde der Baulinienverlauf auf diesen Bestand abgestimmt und die Widmung Wohngebiet, Bauklasse II, geschlossene Bauweise ausgewiesen. Die Bebauungstiefe wurde wiederum, den vorangegangenen Plandokumenten folgend, mit 12,00 m festgelegt. Für die unbebaubaren Hofflächen wurde so wie bisher die gärtnerische Ausgestaltung angeordnet, jedoch auch die Errichtung unterirdischer Bauten untersagt."

2.4. Aus dem Plandokument und aus der Betrachtung der umliegenden Widmungen ist ersichtlich, dass in großen Teilen des Gebietes des PD 7735 eine Baufluchtlinie von 12,00 m vorgesehen ist. Diese ist, wie die Verordnungsakten belegen, aus historischen Entwicklungen hervorgegangen. Darüber hinaus weist das Plangebiet auch in anderen Teilen – so im Bereich der Liegenschaften Dürergasse 17-19 oder Eggerthgasse 1-11 – eine historisch gewachsene, dichtbebaute Struktur auf.

Legt der Verordnungsgeber aus Gründen des Ortsbildschutzes eine Widmung fest, dann ist es schon aus Gründen der Widmungskontinuität grundsätzlich nicht rechtswidrig, wenn er in nachfolgenden Änderungen des Bebauungsplans diese Art der Bebauung unverändert lässt. Es muss sich der Verordnungsgeber bei der Festlegung und Zielfindung eines Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes auch nicht an den bestehenden Eigentumsverhältnissen zu orientieren. Die Raumordnung ist definitionsgemäß die planmäßige und vorausschauende Gesamtgestaltung eines bestimmten Gebietes (VfSlg 2674/1954). Eine von den Nachbarn als nachteilig empfundene konkrete Bebauung ist hingegen im Wege des Baubewilligungsverfahrens anhand der einfachgesetzlichen Bestimmungen der jeweiligen BO für Wien zu beurteilen.

Der Verordnungsgeber hat seinen planerischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten, wenn er nach umfangreicher Interessenabwägung (festgehalten im Vorlagebericht) und wegen der erhöhten Bestandskraft von Flächenwidmungen (VfSlg 11.990/1989, 13.503/1993) die bereits bestehenden Festlegungen beibehält und somit eine Fortschreibung der bestehenden Widmung vornimmt (VfSlg 18.823/2009). Schreibt der Verordnungsgeber nach umfangreicher Interessenabwägung bereits bestehende Festlegungen fort, liegt dies in seinem planerischen Gestaltungsspielraum und ist daher nicht als rechtswidrig anzusehen.

2.5. Ferner leitet das Verwaltungsgericht Wien aus § 6 Abs 6 BO für Wien in Anlehnung an die Judikatur zu § 6 Abs 8 BO für Wien den Grundsatz der möglichsten Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigung ab. Diesem Grundsatz werde hinsichtlich der Möglichkeit der Bebauung des nordöstlichen Bereiches der projektgegenständlichen Liegenschaft nicht Rechnung getragen.

§6 BO für Wien behandelt die zulässigen Nutzungen der einzelnen Widmungsgebiete. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 12.468/1990 erkannt hat, ist dem seither unverändert gebliebenen § 6 Abs 8 BO für Wien, einer Vorschrift, die in gemischten Baugebieten die Errichtung von Betrieben beschränkt, ein allgemeiner Grundsatz zu entnehmen, der insbesondere die Qualität der Wohnverhältnisse sicherstellen will. Dieser Grundsatz ist nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht gleichsam schematisch auf die Situation im regelmäßig eng verbauten großstädtischen Bereich zu übertragen. Somit kann der Grundsatz der für gemischte Wohngebiete nach § 6 Abs 8 BO für Wien gilt, bei dem es weitestgehend um den Immissionsschutz gegen bestimmte Betriebstypen geht, nicht allgemein auf die Situation in Wohngebieten gemäß § 6 Abs 6 BO für Wien übertragen werden. Auch stellt die Bestimmung keine Anforderung an die inhaltliche Ausgestaltung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen dar.

Sehr wohl könnte sich aber unter bestimmten Voraussetzungen – so wie in VfSlg 12.468/1990 – eine Beschwerde aus diesem Grund gerechtfertigt erweisen.

V. Ergebnis

1. Die Anträge sind daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2016:V98.2015