zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VfGH vom 14.06.1995, V94/93

VfGH vom 14.06.1995, V94/93

Sammlungsnummer

14141

Leitsatz

Abweisung eines Individualantrags auf Aufhebung eines Flächenwidmungsplanes hinsichtlich der Rückwidmung eines Grundstücks von Bauland in Freiland anläßlich der erstmaligen Erlassung des Flächenwidmungsplanes nach dem Tir RaumOG 1972; kein Vorliegen von Verfahrensmängeln bei Erlassung des Flächenwidmungsplanes; Durchführung einer ausreichenden Grundlagenforschung; kein erhöhter Bestands- und Vertrauensschutz für die vor erstmaliger Erlassung des Flächenwidmungsplanes geltenden, einzelflächenbezogen beschlossenen Widmungen; keine Überschreitung der planerischen Gestaltungsfreiheit der Gemeinde angesichts der Zielvorstellungen des Verordnungsgebers, nämlich Abbau des Baulandüberhanges und Verhinderung weiterer Zersiedlung; keine Verletzung der Antragsteller im Gleichheitsrecht und im Eigentumsrecht durch die Freilandwidmung des in ihrem Eigentum stehenden Grundstücks

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit ihrem auf Art 139 Abs 1 B-VG gestützten Antrag begehren die Antragsteller die Aufhebung des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde St. Johann i.T. vom , genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , kundgemacht vom bis , insoweit, als für das Grundstück Nr. 1361/5, KG St. Johann i.T., die Widmung "Freiland" festgelegt wurde.

2. Ihre Antragslegitimation begründen die Antragsteller damit, daß sie je zur ideellen Hälfte Miteigentümer der "Liegenschaft EZ 1929, Grundbuch St. Johann i.T., bestehend aus Grundstück 1361/5" sind. Auf Grund der gegebenen Freilandwidmung sei den Antragstellern nach den Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, LGBl. 4/1984, (TROG 1984), die Errichtung eines Eigenheimes verwehrt. Durch "die erfolgte Rückwidmung" sei die Rechtssphäre der Antragsteller unmittelbar und aktuell beeinträchtigt. Es sei kein Bauverfahren anhängig und auch ein abweislicher Baubescheid liege nicht vor.

3. Hinsichtlich der Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Flächenwidmungsplanes bringen die Antragsteller vor:

a. Das Grundstück Nr. 1361/5 sei über Antrag des Rechtsvorgängers mit "Beschluß des Gemeinderates der Marktgemeinde St. Johann i.T. vom bzw. (richtig: ) von Freiland in Bauland" umgewidmet worden. Die Tiroler Landesregierung habe diesen Beschluß mit Bescheid vom aufsichtsbehördlich genehmigt. Zum Zeitpunkt des Erwerbes mit Kaufvertrag vom durch die Antragsteller habe dieses Grundstück also die Widmung "Bauland" nach dem damals gültigen Verbauungsplan der Marktgemeinde St. Johann i.T. aufgewiesen. Auf den in unmittelbarer Nähe befindlichen Grundstücken Nr. 1361/3, 1361/4 und 1361/2 befänden sich Eigenheime, auch die Grundstücke Nr. 193/1 und 192 seien bebaut. Durch eine allfällige Bauführung der Antragsteller werde somit ein bereits bestehender Siedlungsraum erweitert.

Mit Beschluß des Gemeinderates der Marktgemeinde St. Johann i. T. vom sei nach sieben vorangegangenen Auflagen der Entwurf des Flächenwidmungsplanes genehmigt worden. In

diesem "Flächenwidmungsplan ... ist das Grundstück 1361/5 KG

St. Johann i.T. ... als Freiland" ausgewiesen.

Mit Beschluß vom habe der Gemeinderat das Grundstück der Antragsteller von Freiland in Wohngebiet gemäß § 12 Abs 3 TROG 1984 gewidmet. Dieser Widmung habe die Tiroler Landesregierung jedoch mit Bescheid vom die aufsichtsbehördliche Genehmigung versagt.

b. Die "Rückwidmung" des Grundstückes Nr. 1361/5 widerspreche auf Grund der fehlenden Bedachtnahme auf die Interessenlage der Grundstückseigentümer dem Gleichheitssatz.

Es fehle eine sachliche Begründung, warum "ausgerechnet das Grundstück der Antragsteller" rückgewidmet wurde. Ein Planungsfehler bei der Widmung in Bauland im Jahre 1977 liege nicht vor. Schwerwiegende öffentliche Interessen, die die Rückwidmung allenfalls rechtfertigen könnten, seien nicht zu erkennen. Die Notwendigkeit einer Reduzierung des Baulandes rechtfertige jedoch keinesfalls eine "Rückwidmung".

c. Außerdem verstoße die vorgenommene entschädigungslose "Rückwidmung" gegen Art 11 der Tiroler Landesordnung 1989, LGBl. 61/1988, gegen das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums gemäß Art 5 StGG und das Recht auf Privatautonomie.

Nach der "Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte hätte 'ein billiger Ausgleich zwischen den Erfordernissen des Allgemeininteresses und denen des Grundrechtsschutzes des einzelnen hergestellt werden müssen' (vgl. insbesondere die Fälle Spörong und Lönroth, EuGRZ 1983, 523 ff)". Auch eine Verletzung des Art 1 1. ZP zur EMRK sowie des Art 14 EMRK liege vor. Der Verordnungsgeber habe das Grundstück der Antragsteller für die Rückwidmung ausgesucht und sei dabei nicht "von den Kriterien im Sinne der Bestimmungen des § 8 Abs 2 TROG 1984 ausgegangen". Letztlich hätte der Verordnungsgeber auch Maßnahmen des Rechtsschutzes zugunsten der Antragsteller, etwa in Form einer Entschädigungszahlung, vorsehen müssen.

d. Bei der Umwidmung von Bauland in Freiland habe die Tiroler Landesregierung auf den Verordnungsgeber Druck ausgeübt. Der Verordnungsgeber habe eine Baulandreduzierung vornehmen müssen, "ansonsten (hätte) er mit der aufsichtsbehördlichen Zustimmung der Tiroler Landesregierung nicht rechnen" können.

Anläßlich einer Begehung mit Beamten der Tiroler Landesregierung sei bestimmt worden, welche Grundflächen aus dem Baugebiet "herausfallen". Der Verordnungsgeber habe sohin das ihm gemäß Art 118 Abs 3 Z 9 B-VG eingeräumte Planungsermessen nicht selbst wahrgenommen.

e. Im übrigen stünden auch Aspekte der Rechtssicherheit und des Vertrauens auf die durch eine rechtsverbindliche Widmung geschaffene Nutzungsmöglichkeit der erfolgten Rückwidmung entgegen. Beim Verordnungsgeber habe "innerhalb kürzester Zeit ein Sinneswandel" stattgefunden, der sachlich nicht gerechtfertigt sei und dessen Ergebnisse den Zielen der örtlichen Raumordnung "im Sinne des geltenden Tiroler Raumordnungsgesetzes" widersprächen. Nach Inkrafttreten des Flächenwidmungsplanes sei viel weniger geeignetes bisheriges Grünland als Bauland gewidmet worden, um einem entsprechenden Bedarf nachzukommen.

f. Der Flächenwidmungsplan sei zudem gesetzwidrig, weil zwingende Bestimmungen über die rechtsgültige Kundmachung nicht eingehalten worden seien. In der "Sitzung vom hat der Gemeindrat der Marktgemeinde St. Johann i.T. beschlossen, den (geänderten) siebten Entwurf des Flächenwidmungsplanes aufzulegen". Aus der diesbezüglichen Kundmachung gehe jedoch nicht hervor, wann die Kundmachung an der Amtstafel angeschlagen und wann die Kundmachung wiederum abgenommen worden sei. Könne jedoch die erforderliche Kundmachung durch öffentliche Auflage nicht nachgewiesen werden, erweise sich der Flächenwidmungsplan als gesetzwidrig.

Ferner sehe "§26 Abs 1 TROG 1984 zwingend vor, daß in Gemeinden, die mehr als 5000 Einwohner aufweisen, der Auflegung des Flächenwidmungsplanes zusätzlich eine Verlautbarung in einem periodischen Druckwerk" vorauszugehen habe. Eine solche Verlautbarung sei nicht erfolgt.

Ein unlösbarer Widerspruch ergebe sich sodann zwischen dem Genehmigungsvermerk der Tiroler Landesregierung und dem Beschlußdatum durch den Gemeinderat der Marktgemeinde St. Johann i.T. Der Kundmachungsvermerk auf dem Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde St. Johann i.T. "(Anschlag am , Abnahme am )" betreffe die Kundmachung des Genehmigungsbescheides der Tiroler Landesregierung. Unter der Rubrik "Genehmigung der Landesregierung" fänden sich zwei Stempel der Tiroler Landesregierung. Jener "der Landesbaudirektion vom sowie jener der Abteilung Ve vom ". Dieser Genehmigungsvermerk könne jedoch nicht zutreffen, da der Gemeinderat den Flächenwidmungsplan am beschlossen hat.

g. Weiters seien die Entscheidungsgrundlagen des Verordnungsgebers nicht in ausreichendem Maße erkennbar. Der Verordnungsgeber habe eine entsprechende Grundlagenforschung nicht durchgeführt und eine Bestandsaufnahme sowie Prognoseschätzung nicht vorgenommen. Eine "Legende" bzw. ein Erläuterungsbericht zum Flächenwidmungsplan lägen bei der Marktgemeinde St. Johann i.T. nicht auf bzw. seien nicht erstellt worden.

h. Letztlich sei der Flächenwidmungsplan im angefochtenen Umfang deshalb gesetzwidrig, "weil er den Zielen der örtlichen Raumordnung im Sinne des § 8 Abs 2 TROG 1984" widerspreche. Zunächst sei ein dringender Bedarf für den beabsichtigten Verwendungszweck (Bauland) gegeben. Das in Rede stehende Grundstück sei voll erschlossen und entspreche der bestmöglichen Anordnung und Gliederung des Baulandes. Die Voraussetzungen für eine Bebauung seien weit günstiger als für eine weitere Nutzung zu landwirtschaftlichen Zwecken. Infrastrukturkosten für die Gemeinde würden im Falle einer Bebauung nicht entstehen. Auch Ortsbild- bzw. Landschaftsschutzkriterien sprächen nicht gegen eine Bebauung.

4. Die Tiroler Landesregierung beantragt in ihrer Äußerung die Abweisung des Antrags:

a. Die behaupteten Verstöße gegen den Gleichheitssatz und die bundes- und landesverfassungsgesetzlichen Eigentumsgarantien "liegen nach Ansicht der Tiroler Landesregierung schon deshalb nicht vor, weil die bis zur Erlassung des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde St. Johann i.T. bestandene Widmung des betreffenden Grundstückes als Bauland insofern gesetzwidrig war, als sie den Zielen der örtlichen Raumordnung nach einer bestmöglichen Anordnung und Gliederung des Baulandes und der Erhaltung zusammenhängender, unverbaut bleibender landwirtschaftlich nutzbarer Flächen und Erholungsräume widersprochen hat (§8 Abs 2 lita und b des Tiroler Raumordnungsgesetzes)". Es treffe zu, daß zwischen 1967 und 1972 - also noch vor Inkrafttreten des Tiroler Raumordnungsgesetzes, LGBl. 10/1972, (TROG 1972), - im betreffenden Gebiet einige wenige Grundstücke als Bauland gewidmet wurden. Außer zwei weiteren landwirtschaftlichen Hofstellen sei das Gebiet nach wie vor unbebaut.

Die Widmung des Grundstückes der Antragsteller als Bauland, die in die Anfangszeit der Raumordnung falle, lasse sich aus heutiger Sicht nur dadurch erklären, "daß den Raumordnungszielen damals in diesem Fall nicht der ihnen an sich zukommende Stellenwert beigemessen wurde". Das betreffende Gebiet liege nämlich weit entfernt vom eigentlichen Siedlungsgebiet der Marktgemeinde St. Johann i. T.. Es sei bis heute weder an die öffentliche Wasserversorgungsanlage noch an das öffentliche Kanalnetz der Gemeinde angeschlossen. Im Hinblick auf die geringe Siedlungsdichte und die großen Entfernungen sei eine Erschließung dieses Gebietes jedenfalls in absehbarer Zeit ausgeschlossen. Es könne der Gemeinde daher schon aus diesen Gründen nicht entgegengetreten werden, wenn sie anläßlich der erstmaligen Erlassung des Flächenwidmungsplanes im Jahre 1981 der aufgezeigten Fehlentwicklung gegengesteuert und von Baulandwidmungen im betreffenden Gebiet in gesetzentsprechender Weise gänzlich Abstand genommen habe.

Widerlegt sei damit auch das Vorbringen der Antragsteller, daß ihr Grundstück an eine "Baulandsiedlung" anschließe und voll erschlossen sei. Ebenso treffe es nicht zu, daß der einzige Grund für die Rückwidmung die beabsichtigte Reduzierung des Baulandüberhanges gewesen sei. Die Gemeinde sei in Wahrheit von einer umfassenden raumordnungsfachlichen Sicht ausgegangen, wobei der Schaffung von Siedlungsschwerpunkten im Hinblick auf die bestandenen Zersiedelungstendenzen und die Probleme bei der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung mit Recht besonderes Gewicht beigemessen worden sei.

Der Vorwurf der Antragsteller, die "Rückwidmung" sei nicht im öffentlichen Interesse erforderlich gewesen, erweise sich somit als unbegründet. Darüberhinaus seien die Widmungsfestlegungen bestehender Flächenwidmungspläne nunmehr an den Aufgaben und Zielen der örtlichen Raumordnung nach § 27 des am in Kraft getretenen Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl. 81/1993, (TROG 1994), zu messen. Diese Bestimmung enthalte einen "im Vergleich zur bisherigen Rechtslage ausführlicheren Zielkatalog".

Bei der Ausgangslage erübrige sich auch die von den Antragstellern geforderte Interessenabwägung. Eine solche komme nämlich dann nicht in Betracht, wenn eine "Rückwidmung in Freiland" deshalb erforderlich sei, weil die bestehende Baulandwidmung im Widerspruch zu den gesetzlichen Grundlagen stehe.

Die gegenständliche Rückwidmung erweise sich aber auch dann nicht als gesetzwidrig, wenn eine Interessenabwägung geboten wäre. Selbst im Falle der Beibehaltung der Baulandwidmung hätte das Grundstück nämlich nicht bebaut werden können, "weil die nach § 4 Abs 2 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989, geforderten Voraussetzungen nicht gegeben sind. Danach müssen neben der Energieversorgung auch die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung rechtlich sichergestellt und technisch möglich sein". Da ein Anschluß des Grundstückes an die Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlage der Marktgemeinde St. Johann i.T. in absehbarer Zeit nicht möglich sei, wäre eine private Abwasserbeseitigung praktisch nur in Form der Versickerung möglich, was jedoch aus Gründen des Grundwasserschutzes nicht in Betracht komme. Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung könne es bei dieser Ausgangslage nicht ernstlich zweifelhaft sein, daß hier jedenfalls das Interesse an der Erreichung der Raumordnungsziele überwiege und die verfahrensgegenständliche Rückwidmung daher auch unter diesem Gesichtspunkt gesetzmäßig sei.

Eine Verletzung des Art 11 Abs 3 der Tiroler Landesordnung 1989 komme schon deshalb nicht in Betracht, "weil die Tiroler Landesordnung 1989 erst am in Kraft getreten ist, wogegen die verfahrensgegenständliche Rückwidmung im Jahr 1981 erfolgt ist". Die damals als Landesverfassung in Geltung gestandene Tiroler Landesordnung 1953, LGBl. 24/1953, habe keine entsprechende Eigentumsgarantie gekannt.

b. Der Vorwurf der "Aufgabe des Planungsermessens der Gemeinde" werde schon durch den Bericht des planenden Architekten zum Flächenwidmungsplan widerlegt, in dem die planerischen Überlegungen der Gemeinde eingehend dargestellt seien. Auch seien in der Gemeinde zum Zweck der Erarbeitung des Flächenwidmungsplanes fünf Arbeitskreise gebildet worden. Ein eigener vom Gemeinderat eingesetzter Planungsausschuß habe die notwendige Koordination vorgenommen. Die Tiroler Landesregierung habe in diesem Zusammenhang keinen unzulässigen Druck auf die Gemeinde ausgeübt, sondern lediglich in Erfüllung ihrer Pflichten als Aufsichtsbehörde den Standpunkt vertreten, daß die Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung nur dann möglich sei, wenn der dem Tiroler Raumordnungsgesetz widersprechende Baulandüberhang zumindest auf ein vertretbares Maß reduziert werde.

c. Die behauptete Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit bzw. des Vertrauensschutzes treffen nach Ansicht der Tiroler Landesregierung nicht zu.

Die Antragsteller räumten selbst ein, "daß sie das gegenständliche Grundstück erworben haben, nachdem das Verfahren zur Erlassung des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde St. Johann i.T. bereits eingeleitet war. Sie mußten daher schon aus diesem Grund mit Änderungen gegenüber dem bisherigen Widmungsbestand rechnen. Die erstmalige Erlassung des Flächenwidmungsplanes stellt nämlich im Gegensatz zur Änderung eines bereits erlassenen Flächenwidmungsplanes eine gänzliche Neuplanung dar, die zwangsläufig die Gefahr von Widmungsänderungen im größeren Umfang mit sich bringt. Indem die Antragsteller mit dem Erwerb des Grundstückes nicht bis zum Inkrafttreten des Flächenwidmungsplanes zugewartet haben, haben sie eine mögliche Widmungsänderung in Kauf genommen."

d. Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller sei jedenfalls die der Beschlußfassung des Flächenwidmungsplanes vorangegangene siebente Auflage in der St. Johanner Rundschau verlautbart worden. In dieser Kundmachung sei auch die Zeit der Auflage enthalten. Es lägen daher auch die von den Antragstellern geltend gemachten Verletzungen von Verfahrensvorschriften nicht vor.

Eine Gesetzwidrigkeit ergebe sich auch nicht aus dem von den Antragstellern ins Treffen geführten Genehmigungsvermerk der Landesbaudirektion. Dabei handle es sich nur um einen amtsinternen Vermerk, der allgemein üblich sei und angebracht werde, nachdem der Entwurf von der zuständigen Fachabteilung begutachtet worden sei. Soweit dies von der Landesregierung erhoben werden konnte, sei am Flächenwidmungsplan auch der eigentliche auf den aufsichtsbehördlichen Genehmigungsbescheid bezughabende Genehmigungsvermerk angebracht. Dies könne letztlich jedoch dahingestellt bleiben, weil die §§26 f. des TROG 1972 die Anbringung eines Genehmigungsvermerkes nicht zwingend vorsähen.

5. Auch der Gemeinderat der Marktgemeinde St. Johann beantragt, den vorliegenden Antrag abzuweisen:

Die Beurteilung der gehörigen Kundmachung des gegenständlichen Flächenwidmungsplanes könne nur auf der Grundlage des TROG 1972 (idF LGBl. 12/1979) erfolgen. Soweit sich die Beschwerdeführer in ihrer Beschwerde auf die Bestimmungen des TROG 1984 stützen, sei dieses Vorbringen unbeachtlich.

Die Auflage des siebenten Entwurfes des Flächenwidmungsplanes sei gemäß § 26 TROG 1972 "durch ortsübliche Bekanntmachung an der Amtstafel, im 'Boten für Tirol' (und) im Amtsblatt der Marktgemeinde St. Johann in Tirol: 'St. Johanner Rundschau'" kundgemacht worden.

Die erforderliche Kundmachung durch ortsübliche Bekanntmachung sei durch die Datierung der Kundmachung mit und durch den mit datierten Kundmachungsvermerk, sowie durch das Gemeinderatssitzungsprotokoll vom bzw. nachgewiesen. Die erforderliche Kundmachung in der Lokalpresse sei durch den Auszug aus dem Amtsblatt

"St. Johanner Rundschau", Nr. 5/1981, nachgewiesen.

Aus dem Vorhandensein des Vordruckes "angeschlagen am:" und "abzunehmen am:" auf dem Kundmachungsformular ergebe sich nicht zwingend, daß die erfolgte Kundmachung nur durch das Ausfüllen dieses Vordruckes nachgewiesen werden könnte. Ein rechtsgültiger Nachweis über die erfolgte Kundmachung könne vielmehr auf Grund eines nachträglich angefertigten Aktenvermerkes erfolgen. Einem solchen Aktenvermerk sei jedenfalls die Datierung der Kundmachung mit , der Kundmachungsvermerk über die Anzahl der eingelangten Stellungnahmen vom und schließlich der Vermerk im Gemeinderatssitzungsprotokoll am über die Dauer der Auflage und die Anzahl der eingelangten Stellungnahmen gleichzuhalten.

In der Sache wird vorgetragen, daß das nächstgelegene Bauland "ca. 1,8 km entfernt" sei, und es sich bei der gegenständlichen Bauparzelle um "eine extreme Streulage" handle.

6. In einer Replik entgegnen die Antragsteller den Äußerungen der Tiroler Landesregierung sowie des Gemeinderates der Marktgemeinde St. Johann i.T.:

Es sei "geradezu absurd", daß angesichts des Genehmigungsbescheides der Tiroler Landesregierung vom nunmehr dieselbe Landesregierung von einem seinerzeit gesetzwidrigen Widmungsakt in Bauland spreche.

Die Wasserversorgung sei im Falle der Bebauung gesichert, da der Weiler, in dem das Grundstück liege, zur Gänze von einer privaten Wasserversorgungsanlage versorgt werde. Ferner könne durch die Errichtung einer vollbiologischen Kläranlage jederzeit die wasserrechtliche Bewilligung für eine Versickerung des Abwassers erreicht werden.

Die verordnungserlassende Behörde wäre gemäß "§26 Abs 1 TROG 1984" verhalten gewesen, die Nachbargemeinde Fieberbrunn, die Wohnsitzgemeinde der Antragsteller, von der Auflegung des siebenten Entwurfes des Flächenwidmungsplanes zu verständigen.

Die erforderliche Kundmachung des siebenten Entwurfes sei nach wie vor nicht erwiesen; der Hinweis auf Aktenvermerke genüge nicht.

7. In einer weiteren Äußerung weist die Tiroler Landesregierung darauf hin, daß die Antragsteller nicht darauf vertrauen konnten, "daß sich gegenüber der ersten Entwurfsauflage, die lediglich den anfänglichen Planungsstand repräsentiert, keine für sie nachteiligen Veränderungen mehr ergeben würden". Änderungen verbunden mit oft sogar mehreren weiteren Entwurfsauflagen seien zumindest bei gesamthaften Erstplanungen, wie dies in der Marktgemeinde St. Johann i.T. damals der Fall war, nämlich die Regel.

Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller sei "im Hinblick auf die §§105 und 106 des Wasserrechtsgesetzes 1959" keineswegs sicher, daß eine private biologische Kleinkläranlage im fraglichen Bereich wasserrechtlich bewilligt werden könnte.

Die durch die Auflage des siebenten Entwurfs vorgesehenen Änderungen hätten Raumordnungsinteressen der Gemeinde Fieberbrunn nicht berührt, sodaß eine Verständigung davon nicht mehr erforderlich gewesen sei. Auch eine Verständigungspflicht gegenüber den Antragstellern sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.

8. In einem zusätzlichen Schriftsatz weist der Gemeinderat der Marktgemeinde St. Johann i.T. auf "die ordnungsgemäße Kundmachung des Flächenwidmungsplanes samt Verständigung der Nachbargemeinden" hin.

9. Darauf replizieren die Antragsteller mit einem weiteren Schriftsatz vom :

Neu ist darin der Vorwurf, daß der in Geltung stehende Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde St. Johann i.T. unter Mißachtung des "§4 Abs 1 Planzeichenverordnung, LGBl. Nr. 40/1984" (vgl. auch "LGBl. Nr. 35/1973") nicht erkennen lasse, welche Änderungen des Flächenwidmungsplanes seit der Beschlußfassung vorgenommen wurden. Eine Planeinsicht gebe dem jeweils Betroffenen sohin keine aktuelle Übersicht darüber, ob sein Grundstück nun diese oder jene Widmung aufweise. Die konkrete Widmung einer Fläche könne in der Marktgemeinde St. Johann i.T. nur mittels spezifischer Ermittlungen in den Gemeinderatsprotokollen eruiert werden.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Antrag ist zulässig (vgl. die mit dem Erkenntnis VfSlg. 9260/1981 beginnende ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur unmittelbaren Anfechtbarkeit von Flächenwidmungsplänen in Tirol durch den Grundeigentümer).

2. Der Verfassungsgerichtshof teilt die Bedenken der Antragsteller gegen die Rechtmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde St. Johann i.T. vom , soweit er für das Grundstück der Antragsteller Nr. 1361/5, KG St. Johann i.T., die Widmung "Freiland" festlegt, nicht.

a. Die von den Antragstellern - in Anbetracht der Aktenlage völlig unbegründet - behaupteten Verfahrensmängel bei Erlassung des teilweise angefochtenen Flächenwidmungsplanes liegen nicht vor:

aa. Anders als die Antragsteller meinen erfolgten sowohl die Auflegung des Entwurfes des dann beschlossenen Flächenwidmungsplanes, deren Kundmachung und die Verständigung der Nachbargemeinden von der Auflegung, als auch die Kundmachung des vom Gemeinderat beschlossenen und von der Tiroler Landesregierung genehmigten Flächenwidmungsplanes gemäß den Vorschriften der §§26 und 27 des TROG 1972, LGBl. 10/1972 idF LGBl. 70/1973 und LGBl. 63/1976.

Es schadet nichts, daß auf der Kundmachung der Marktgemeinde St. Johann i.T. über die Auflage des siebenten Entwurfes des Flächenwidmungsplanes nicht vermerkt wurde, wann die Kundmachung an der Amtstafel angeschlagen und wiederum abgenommen wurde. Mit Rücksicht auf die Datierung der Kundmachung (vom ), ihrem nachgewiesenen Abdruck im "Boten für Tirol" vom und in der St. Johanner Rundschau vom Mai 1981 (S. 4) sowie die Verständigung der namentlich angeführten Nachbargemeinden laut Aktenvermerk über die "Auflagen des Flächenwidmungsplanes" (ON 25 des von der Marktgemeinde St. Johann i.T. vorgelegten Aktenverzeichnisses) erfolgte die Auflegung des Flächenwidmungsplanentwurfes dem Gesetz gemäß.

Dem Umstand, daß lediglich auf der Kundmachung der Auflegung der ersten fünf Entwürfe (, nicht jedoch auf der Kundmachung des sechsten sowie des letztendlich vom Gemeinderat beschlossenen siebenten Flächenwidmungsplanentwurfes) jeweils auf der Rückseite ein Vermerk über die Verständigung der Nachbargemeinden durch den Bürgermeister aufzufinden ist, beweist keinesfalls das Fehlen der Verständigung der Nachbargemeinden, wie sie von § 26 Abs 1 TROG 1972 gefordert (und vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 8330/1978 und 9659/1983 bestätigt) wurde. Dem Verfassungsgerichtshof erscheint auch die von der Marktgemeinde St. Johann i.T. in ihrem Schreiben vom angebotene Vernehmung des "für die ordnungsgemäße Kundmachung des Flächenwidmungsplanes samt Verständigung der Nachbargemeinden" verantwortlichen Gemeindebeamten als Zeugen angesichts der Aktenlage (vgl. den zitierten Aktenvermerk) entbehrlich.

Der Verpflichtung der Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohner, die Auflegung des Flächenwidmungsplanentwurfes zusätzlich in einem wenigstens einmal monatlich erscheinenden periodischen Druckwerk zu verlautbaren (§26 Abs 1 vierter Satz TROG 1972 idF LGBl. 63/1976), ist die Marktgemeinde St. Johann i.T. nachweislich durch die Kundmachung der Auflegung des Flächenwidmungsplanentwurfes in der St. Johanner Rundschau vom Mai 1981 nachgekommen.

Auch der angebliche, von den Antragstellern behauptete Widerspruch zwischen dem Genehmigungsvermerk der Tiroler Landesregierung und dem auf dem Flächenwidmungsplan angeführten Beschlußdatum des Gemeinderates der Marktgemeinde St. Johann i.T. wurde von der Tiroler Landesregierung in ihrer Äußerung hinlänglich aufgeklärt: Der Bearbeitungsvermerk der Landesbaudirektion des Amtes der Tiroler Landesregierung vom ging dem Beschluß des Gemeinderates vom voran. Am hat die Landesregierung dann gemäß § 26 Abs 4 und 5 TROG 1972 den Flächenwidmungsplan durch Bescheid genehmigt. Daraufhin erfolgte die Kundmachung durch die Gemeinde vom bis , wie der Kundmachungsvermerk am Flächenwidmungsplan belegt.

bb. Zu Unrecht bemängeln die Antragsteller auch das Fehlen einer vor Erlassung des Flächenwidmungsplanes durchgeführten Grundlagenforschung und den dadurch - vorgeblich - bedingten Mangel an Entscheidungsgrundlagen des Verordnungsgebers. Wie der vorgelegte "Bericht zum Flächenwidmungsplan" vom des Ortsplaners Architekt Dipl.-Ing. S Z sowie ergänzende Angaben zur Baulandnutzung der letzten fünf Jahre vom (im Anschluß an Seite 32 des Berichts) ebenso wie die Darstellung von "Planungszeitraum und Zielvorstellungen" in der St. Johanner Rundschau Nr. 8 vom August 1977 zeigen, hat die Marktgemeinde St. Johann i.T. unter Berücksichtigung der Ergebnisse von fünf mit der Entwicklung der gemeindlichen Zielvorstellung betrauten Arbeitskreisen sowie der Tätigkeit eines besonderen Planungsausschusses des Gemeinderates zur Koordination der Arbeitskreise eine besonders gründliche Erarbeitung der Planungsgrundlagen betrieben. In diesem Erläuterungsbericht finden sich folgende Zielvorstellungen der Flächenwidmungsplanung (Seite 27/28):

"3.9. Die Anordnung und Gliederung des Baulandes soll so erfolgen, daß Siedlungsschwerpunkte mit tragbaren Erschließungs- und Folgekosten entstehen. Damit sollen zusammenhängende, unverbaut bleibende landwirtschaftliche Flächen und Erholungsräume erhalten und vor weiterer Zersiedlung verschont werden.

3.10. Für die künftige Siedlungstätigkeit in der Gemeinde sollte auch das Ziel verfolgt werden, ortsnahe Gebiete aufgrund ihrer Versorgungsgunst und ihrer bereits vorhandenen Infrastruktur dichter zu bebauen.

Um eine weitere Zersiedlung zu stoppen, ...

3.11. Erhaltung des Orts- und Landschaftsbildes:

Unterbindung jeder weiteren Zersiedlung, d.h. Unterbindung jeder Bautätigkeit, die ohne sinnvollen Zusammenhang mit einer bestehenden Besiedlung stehen und deren Grundlfäche sich weder in technischer und wirtschaftlicher sowie in gesundheitlicher Hinsicht zur Verbauung eignen. ...

3.12. Eine große Anzahl bereits bebauter Parzellen sind im Entwurf des Flächenwidmungsplanes als Freiland ausgewiesen. Damit soll verhindert werden, daß sich ausgehend von diesen Punkten eine Weiterentwicklung vollzieht, die sich gegen die Zielvorstellungen des Flächenwidmungsplanes und des TROG richtet.

..."

In Zusammenhalt mit dem sonstigen Inhalt des Erläuterungsberichts ist damit hinlänglich dargetan, von welchen Zielvorstellungen der Gemeinderat der Marktgemeinde St. Johann i.T. bei der Widmung des Grundstücks der Antragsteller ausgegangen ist, und daß die Entscheidungsgrundlagen auch für die Rückwidmung von Baulandwidmungen, die diesen Zielen widersprachen, in Freilandwidmungen in hinreichendem Maße erhoben wurden.

cc. Es erübrigt sich ferner für den Verfassungsgerichtshof, auf die von den Antragstellern in ihrem Schriftsatz vom neu erhobenen Vorwürfe gegen die formale Gestaltung des Flächenwidmungsplanes, die die Mißachtung der Planzeichenverordnung, LGBl. 35/1973 bzw. LGBl. 40/1984, und angebliche Widersprüche zwischen Flächenwidmungsplan und Gemeinderatsbeschlüssen, welche die Trennung von "Bauland" und "Bauland-Aufschließungsgebiet" betreffen, einzugehen. Diesen Einwänden genügt es entgegenzuhalten, daß die allein streitgegenständliche Widmung des Grundstücks der Antragsteller seit der Erlassung des Flächenwidmungsplanes vom rechtsgültig nicht geändert wurde (- dem Beschluß des Gemeinderates der Marktgemeinde St. Johann i.T. vom , betreffend die Änderung des Flächenwidmungsplanes im Bereich des Grundstücks der Antragsteller wurde mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom die Genehmigung versagt -), sodaß sich diesbezüglich die Frage einer der Planzeichenverordnung entsprechenden korrekten Bezeichnung einer Widmungsänderung im Flächenwidmungsplan von vornherein nicht stellt. Auch die auf die Trennung zwischen "Bauland" und "Bauland-Aufschließungsgebiet" gefaßten Beschlüsse des Gemeinderates der Marktgemeinde St. Johann i.T. sind hier belanglos, weil sie in Anbetracht der Freilandwidmung der Liegenschaft der Antragsteller für deren Rechtmäßigkeit von vornherein keine Bedeutung besitzen.

b. Zur inhaltlichen Rechtmäßigkeit der von den Antragstellern bekämpften Freilandwidmung ist vorerst festzustellen, daß auf Grund der in VfSlg. 9951/1984 vom Verfassungsgerichtshof dargestellten Rechtslage nach dem TROG 1972, trotz der Änderung der vorher (kraft Verbauungsplan) geltenden Baulandwidmung des Grundstücks der Antragsteller in eine (kraft Flächenwidmungsplan) geltende Freilandwidmung die Vorschriften des § 28 des TROG 1972, über die Änderung eines Flächenwidmungsplanes keine Anwendung finden, weil die Freilandwidmung anläßlich der erstmaligen Erlassung des Flächenwidmungsplanes nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz verordnet wurde (ebenso schon VfSlg. 10277/1984 und 10278/1984). Das bedeutet, daß die Argumente der Antragsteller, soweit sie auf den Schutz ihres Vertrauens in die früher bestehende Baulandwidmung abzielen, von vornherein nicht durchschlagen können: Wie der Verfassungsgerichtshof (etwa in VfSlg. 13354/1993) dargetan hat, zielen nur die in § 28 TROG 1972 vom Gesetzgeber aufgestellten erschwerten Voraussetzungen für die Änderung oder Neuerlassung eines Flächenwidmungsplanes darauf ab, "die Abänderung einer einmal erfolgten Planung nicht zuletzt im Interesse der auf diese Planung vertrauenden Grundeigentümer gewissen Einschränkungen zu unterwerfen", sodaß den "nach dem System des TROG in einem ordnungsgemäßen Verfahren erlassenen Plänen (wobei dem Verordnungsgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung steht, vgl. zB VfSlg. 11850/1988) durch die Bestimmung des § 28 eine erhöhte Bestandsgarantie gegeben werden soll; die Pläne dürfen - entgegen sonstigen Verordnungen - nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen abgeändert werden, und zwar nicht zuletzt aus Gründen der Rechtssicherheit (vgl. dazu zB VfSlg. 11374/1987)".

Es ist dem Gesetzgeber aber nicht entgegenzutreten, wenn er einen besonderen Vertrauensschutz erst für die Widmungen des Flächenwidmungsplanes einräumt, die ein bestimmtes Gemeindegebiet oder zumindest einen größeren Teil davon in seiner Gesamtheit betreffen. Ein gleicher Bestands- und Vertrauensschutz kommt von Rechts wegen den vor der erstmaligen Erlassung des Flächenwidmungsplanes geltenden, einzelflächenbezogen beschlossenen Widmungen nach dem Tiroler Raumordnungsrecht nicht zu. Zwar ist die bisherige Widmung eines Grundstücks bei dessen Bestandsaufnahme im Sinne des § 9 Abs 1 TROG 1972 zu berücksichtigen; dies bedeutet aber nicht, daß die in der Folge im Flächenwidmungsplan auf Grund entsprechender, in sich konsistenter Zielvorstellungen für das gesamte Gemeindegebiet vorzunehmenden Widmungen diesen früheren Widmungen gleichsam automatisch und in jedem Fall entsprechen müssen (ebenso schon , unter Verweis auf die Vorjudikatur).

aa. Der Verfassungsgerichtshof kann angesichts der Zielvorstellungen des § 8 Abs 2 lita ("bestmögliche Anordnung und Gliederung des Baulandes"), litb ("Erhaltung zusammenhängender, unverbaut bleibender landwirtschaftlicher Flächen und Erholungsräume") und lite ("Schutz des Landschaftsbildes ...") des TROG 1972, sowie der Ziele der örtlichen Raumordnung gemäß § 27 Abs 2 TROG 1994 (vgl. insbesondere dessen lita, b, e, f, g, h), an denen der Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde St. Johann i.T. in inhaltlicher Sicht derzeit zu messen ist (vgl. VfSlg. 9659/1983 unter Hinweis auf VfSlg. 8330/1978) nicht finden, daß die Gemeinde im Zuge der von ihr vorgenommenen Interessenabwägung durch die Freilandwidmung des Grundstücks der Antragsteller im Flächenwidmungsplan die von ihr zu beachtende Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit verletzt hat. Wie die Marktgemeinde St. Johann i.T. in ihrer Sachverhaltsdarstellung dartut, befindet sich die Liegenschaft der Antragsteller in ca. 5 km Entfernung vom Ortszentrum, in einem ganz überwiegend landwirtschaftlich genutzten Gebiet, ca. 1,8 km vom nächsten Bauland entfernt, sodaß es sich "um eine extreme Streulage weit außerhalb des geschlossenen Baulandes der Marktgemeinde St. Johann in Tirol" in einem Gemeindebereich handelt, der weder eine öffentliche Kanalisation noch eine öffentliche Wasserversorgungsanlage aufweist, die beide in diesem Gebiet auch in absehbarer Zukunft aus wirtschaftlichen Gründen nicht errichtet werden können.

Auch der Umstand, daß in unmittelbarer Nähe des Grundstücks der Antragsteller bereits drei Einfamilienhäuser errichtet wurden, zwingt den Gemeinderat nicht, bei Ausübung seiner planerischen Gestaltungsfreiheit in Anbetracht der aufgezählten, gegen die Baulandwidmung sprechenden Umstände im erstmals erlassenen Flächenwidmungsplan die seinerzeitige Baulandwidmung der Liegenschaft der Antragsteller aufrechtzuerhalten.

Der Verfassungsgerichtshof hegt jedenfalls keinen Zweifel, daß es angesichts der konkreten, aus den gesetzlichen Raumordnungszielen abgeleiteten und oben (a.bb.) aus dem Erläuterungsbericht zum Flächenwidmungsplan wiedergegebenen Raumplanungsziele der Marktgemeinde St. Johann i.T. gerechtfertigt ist, daß das Grundstück der Antragsteller zum Freiland gewidmet wurde. Dem Verordnungsgeber kann nicht entgegengetreten werden, wenn er durch entsprechende Freilandwidmungen im neuen Flächenwidmungsplan verhindern wollte, daß sich ausgehend von einzelnen bebauten Parzellen im ansonsten landwirtschaftlich genutzten Gebiet der Marktgemeinde St. Johann i.T. eine Weiterentwicklung der Siedlungstätigkeit vollzieht, die mit den bestehenden Siedlungsschwerpunkten einschließlich den von der Gemeinde geplanten, möglichst wirtschaftlichen Aufschließungsmaßnahmen im Widerspruch steht. Wenn der Gemeinderat der Verhinderung weiterer Zersiedlung des Gemeinderaumes größeres Gewicht beigemessen hat als der bisherigen Widmung des Grundstückes, für die wie gezeigt ein besonderer Vertrauensschutz vom Gesetz nicht eingeräumt wurde, ist ihm von Rechts wegen nicht entgegenzutreten.

bb. Auch von einer rechtswidrigen Mitwirkung der Tiroler Landesregierung bei der, verfassungsrechtlich der Gemeinde vorbehaltenen Aufgabe der örtlichen Raumplanung (vgl. VfSlg. 12169/1989) kann keine Rede sein. Anders als in dem vom Verfassungsgerichtshof zu VfSlg. 12169/1989 entschiedenen Fall steht die Eigenständigkeit der planerischen Zielvorstellungen der Marktgemeinde St. Johann i.T. und die daraus folgende Freilandwidmung des Grundstücks der Antragsteller nicht in Zweifel. Mögen auch Bedienstete der zuständigen Fachabteilung des Amtes der Tiroler Landesregierung beim Planungsprozeß, insbesondere bei der Verwirklichung des von der Gemeinde selbst angestrebten Zieles einer Reduzierung übermäßiger Baulandreserven, deren Erschließung für die Gemeinde mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden gewesen wäre, mitgewirkt haben, und mag auch darauf hingewiesen worden sein, "daß bei Nichtberücksichtigung bestimmter Aspekte eine Genehmigung des Flächenwidmungsplanes durch die Landesregierung nicht zu erwarten sei" (so VfSlg. 10278/1984), so schadet dies nichts. Der bereits dargestellte, von der Gemeinde selbst in fünf Arbeitskreisen und einem Planungsausschuß betriebene Planungsprozeß, auf dem letztlich auch die Freilandwidmung des Grundstücks der Antragsteller beruht, schließt es aus, in der fachlichen Beratung durch Bedienstete des Amtes der Tiroler Landesregierung mehr als eine sachverständige, vor dem Hintergrund des abschließenden Genehmigungsverfahrens naturgemäß besondere Bedeutung genießende Mitwirkung bei der Erstellung des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde St. Johann i.T. zu sehen. Es trifft also nicht zu, daß die Marktgemeinde St. Johann i.T. bei der Freilandwidmung der Liegenschaft 1361/1, KG St. Johann i.T., (deren Teil das nunmehrige Grundstück 1361/5 bildet) das ihr gesetzlich eingeräumte und durch Art 118 Abs 3 Z 9 B-VG verfassungsgesetzlich als Ausfluß der örtlichen Raumplanung vorbehaltene "Planungsermessen" nicht selbst geübt hätte.

cc. Die durch den Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde St. Johann i.T. bewirkte Freilandwidmung des Grundstücks der Antragsteller verletzt - entgegen deren Behauptungen - auch die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums nicht.

Die sachliche Rechtfertigung der Freilandwidmung, die eine Gleichheitsverletzung ausschließt, ist in den zureichend akzentuierten Zielvorstellungen des Verordnungsgebers, also im Abbau des Baulandüberhanges, der Verhinderung der Zersiedelung und (weiterer) Siedlungssplitter in dem von der Gemeinde nicht aufgeschlossenen, abgesehen von drei Einfamilienhäusern ausschließlich landwirtschaftlich genutzten Gebiet zu sehen.

Desgleichen bedeutet die Freilandwidmung auch keinen verfassungswidrigen Eingriff in das Eigentumsrecht: Die in dieser Widmung liegende Eigentumsbeschränkung ist verfassungsrechtlich unbedenklich, weil sie vom öffentlichen Interesse geboten ist. Die oben (b. aa.) ausführlich wiedergegebenen Überlegungen und Zielvorstellungen des Verordnungsgebers beweisen die Erforderlichkeit der Freilandwidmung zur Verhinderung einer weiteren Zersiedelung des landwirtschaftlich genutzten Gebietes. Darin liegt aber auch kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Eigentum der Antragsteller, weil jeden Eigentümer unbeschadet der im Verbauungsplan zum Zeitpunkt seines Grundeigentumserwerbs ausgewiesenen Baulandwidmung des von ihm erworbenen Grundstücks das Risiko traf, daß die zu jenem Zeitpunkt erst beginnende gesamthafte Flächenwidmungsplanung der Marktgemeinde St. Johann i.T. auf Grund des TROG 1972 zu einer davon abweichenden (nämlich Freiland-)Widmung führen konnte und ihm eine Entschädigung lediglich unter den Voraussetzungen des § 30 des TROG 1972 bei Verhinderung der Bebauung auf Grund eines Flächenwidmungsplanes zusteht.

3. Da die Bedenken der Antragsteller gegen den angefochtenen Teil des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde St. Johann i.T. nicht zutreffen, war ihr Antrag abzuweisen.

4. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 VerfGG ohne mündliche Verhandlung vom Verfassungsgerichtshof beschlossen werden, weil die ausführlichen Schriftsätze der Parteien des verfassungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Akten erkennen ließen, daß die von den Antragstellern begehrte mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.