VfGH vom 18.12.1993, V94/90
Sammlungsnummer
13663
Leitsatz
Zulässigkeit eines Individualantrags auf Aufhebung eines Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes der Stadt Wien; Aufhebung der in einem Plandokument enthaltenen Festlegung "Grundfläche für öffentliche Zwecke" hinsichtlich eines Grundstücks wegen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot infolge gleichzeitig vorgenommener Widmung des Grundstücks als Wohngebiet mit Bauklasse IV und geschlossener Bauweise
Spruch
I. Die in der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom 24. Feber 1989, Pr. Zl. 449/89 (Plandokument 6115), (Beschlußfassung bekanntgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 10/1989) enthaltene Festlegung "Grundfläche für öffentliche Zwecke" wird insoweit, als sie sich auf das Grundstück Wielandgasse ONr. 19 bezieht, als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Wiener Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Landesgesetzblatt verpflichtet.
II. Die Stadt Wien ist schuldig, dem Antragsteller zuhanden seines Rechtsvertreters die mit 15.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Einschreiter ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 1894 KG Favoriten mit dem (unverbauten) Grundstück Nr. 545 im Ausmaß von 234 m2 und der Grundstücksadresse (Wien 10) Wielandgasse
19. Er begehrt mit dem vorliegenden Individualantrag nach Art 139 Abs 1 letzter Satz B-VG, die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom 24. Feber 1989, Pr. Zl. 449/89 (Plandokument 6115), insoweit als gesetzwidrig aufzuheben, als dieses Grundstück für öffentliche Zwecke gewidmet wird. Der Antragsteller weist darauf hin, daß das Grundstück an eine bestehende Volksschule angrenzt, Planungen für eine Erweiterung der Volksschule jedoch weder durchgeführt worden noch beabsichtigt seien; die Schülerzahl sei rückläufig. Soweit sich aber ein Bedarf an Sport- oder Spielplätzen bei der Schule ergäbe, so wäre dieser "durch eine Verlegung der Grundgrenze der Volksschule nach Norden unter Einbeziehung von Teilen der als Gartenfläche gewidmeten Grundstücke Wielandplatz 3 und 2 zu decken".
Der Einschreiter bezweifelt weiters die Verfassungsmäßigkeit der §§1 bis 11 der BauO f Wien unter dem Aspekt der Erfordernisse des Art 18 Abs 2 B-VG und führt sodann aus:
"Da diese Widmung eine Eigentumsbeschränkung darstellt und damit an den Maßstäben für die Zulässigkeit einer Enteignung zu messen ist, hätte der Verordnungsgeber zu prüfen gehabt:
a) Besteht für diese Widmung ein konkreter Bedarf bereits in der Gegenwart, sodaß sich dieser konkret auf die Zukunft projizieren lassen kann.
Ein solcher besteht zweifellos nicht, wie die Vergangenheit bewiesen hat, da ja schon die Verhängung der Bausperre nach § 8 BauO im Jahre 1968 als Vorbereitung für die konkrete Planungsmaßnahme im Jahre 1974 anzusehen war, da sie sonst nicht gesetzmäßig gewesen wäre. Innerhalb der letzten fünfzehn Jahre hat sich ein solcher konkreter Bedarf nicht nur nicht ergeben, sondern er hat sich, wie in der Sachverhaltsdarstellung dargestellt ist, durch die ständig sinkenden Schülerzahlen verringert und ist durch den Verkauf der Komensky-Schule Quellenstraße 72 zusätzlich dokumentiert.
b) Die Behörde hätte ferner zu ermitteln gehabt, daß, falls sie einen solchen konkreten Bedarf hätte feststellen können, eine andere Form der Bedarfsdeckung nicht möglich wäre.
Eine solche Feststellung war unmöglich, weil gerade durch die angrenzenden Liegenschaften Wielandplatz 1, 2, 3 und 4 dieser konkrete Bedarf wesentlich leichter und ohne Eingriff in mein Eigentumsrecht hätte gedeckt werden können, umso mehr als diese Liegenschaften für Schulzwecke wesentlich besser geeignet sind, als selbst die derzeitige Lage der Volksschule, die immerhin an der stark befahrenen Quellenstraße gelegen ist, wohingegen sich die Liegenschaften am Wielandplatz in einer verkehrsberuhigten Zone befinden.
Es darf als gerichtsbekannt gelten, daß Verkehrslärm für die Konzentrationsfähigkeit der Schüler nicht gerade förderlich ist.
c) Ferner hätte der Verordnungsgeber festzustellen gehabt, daß das gegenständliche von der Eigentumsbeschränkung betroffene Objekt gerade als solches zur Deckung des konkreten Bedarfes geeignet ist. Dies ist völlig unzutreffend, da es sich beim gegenständlichen Grundstück lediglich um ein solches im Ausmaß von 234 m2 handelt, durch dessen Miteinbeziehung in eine Volksschulplanung überhaupt nichts gewonnen werden kann.
2. Der Verordnungsgeber hat jedoch trotzdem und obwohl es auf der Hand liegt, daß diese Planung bereits im Jahre 1974 verfehlt war, da sie ja nie zur Durchführung gelangte, diese gerade im Hinblick auf mein Grundstück und nur auf mein Grundstück beibehalten, was eine Perpetuierung der bisherigen Ineffizienz der Planungsgrundlagen darstellt und damit schon allein im Sinne des Erkenntnisses VfGH Slg. 7382 eine Verfassungswidrigkeit darstellt.
3. Damit verstößt aber die angefochtene Verordnung auch eindeutig gegen das Gleichheitsgebot des Art 7 B-VG.
Offensichtlich ist es dem Verordnungsgeber nicht darum gegangen, eine effiziente sinnvolle Planung durch diese nur mehr mein Grundstück betreffende Sonderplanung in dem im übrigen als Wohngebiet Bauklassen IV und III, geschlossen, ausgewiesenen Planungsgebiet zu erreichen, sondern eine durch nichts begründete und damit gesetzlose Eigentumsbeschränkung des jeweiligen Eigentümers des Grundstückes EZ. 545 Wielandgasse 19 KG. Favoriten, herbeizuführen.
Gerade in solchen Fällen einer einseitigen Beschwer hat aber der VfGH zu Recht auch einen Verstoß des Verordnungsgebers gegen Art 7 B-VG und damit auch gegen Art 18 Abs 2 B-VG erblickt, wobei auf Erkenntnisse Slg. 7395 und vor allen Dingen Slg. 5794 zu verweisen ist, welch letzteres Erkenntnis einen gleichartigen Fall behandelte und den Verbauungsplan der Stadtgemeinde Solbad Hall mit der auch hier voll zutreffenden Begründung aufgehoben hat: ..."
2. Der Gemeinderat der Stadt Wien erstattete eine Äußerung mit welcher der Sache nach begehrt wird, dem Antrag keine Folge zu geben. Im einzelnen legt der Gemeinderat folgendes dar:
"Bis zur Aufhebung und Neufestsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes durch das angefochtene Plandokument Nr. 6115 stand für das hier interessierende Gebiet das Plandokument Nr. 5241 in Geltung, welches auf dem Gemeinderatsbeschluß vom , Pr.Zl. 1297/74, beruhte. Dieses sah in dem von den öffentlichen Verkehrsflächen Wielandgasse - Wielandplatz - Herndlgasse - Quellenstraße umschlossenen Baublock überwiegend die Widmung Wohngebiet, die Bauklasse IV und die geschlossene Bauweise vor. Es wies große Teile des Baublockes als Grundfläche für öffentliche Zwecke aus. Lediglich die Liegenschaften Wielandgasse 13 bis 17, sowie Herndlgasse 16 - 20 (ident Quellenstraße 50) waren nicht als Grundflächen für öffentliche Zwecke ausgewiesen. Als vorhandener Bestand war im Plandokument Nr. 5241 eine Volksschule im Bereich der Liegenschaften Quellenstraße 52 - 54 angegeben.
Durch den Gemeinderatsbeschluß vom , Pr.Zl. 449/89 (Plandokument Nr. 6115), mit dem der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan für das Gebiet zwischen Laxenburger Straße - Favoritenstraße - Sonnwendgasse - Herndlgasse - Quellenstraße und Quellenplatz aufgehoben und neu festgesetzt wurde, ist das Ausmaß der für öffentliche Zwecke ausgewiesenen Fläche in dem Baublock Wielandgasse - Wielandplatz - Herndlgasse - Quellenstraße beträchtlich verringert worden. Der dem Wielandplatz näher gelegene Teil des Baublocks verlor diese Zweckbestimmung, während die Liegenschaften Quellenstraße 52 - 56 (letztere ident mit Wielandgasse 21) und die an der Front Wielandgasse anschließende Liegenschaft ONr. 19 weiterhin als für öffentliche Zwecke bestimmt ausgewiesen blieben. Die sonstigen Änderungen der Bebauungsbestimmungen sind im gegebenen Zusammenhang ohne Bedeutung.
Auf den Liegenschaften Quellenstraße 52 - 54 besteht ein Schulgebäude, was im Plandokument Nr. 6115 wiederum als Tatsache festgehalten ist ('Volksschule').
Die an der Ecke Wielandgasse (ONr. 21) gelegene Liegenschaft ist als der Schule zugeordneter Spielplatz ausgebaut. An diese Liegenschaft schließt die nach dem Plandokument Nr. 6115 weiterhin für öffentliche Zwecke bestimmte Liegenschaft Wielandgasse 19 unmittelbar an. Für letztere gilt im übrigen die Widmung Wohngebiet, die Bauklasse IV mit einer Beschränkung der Gebäudehöhe auf 18 m und die geschlossene Bauweise. Die unmittelbar bebaubare Fläche ist durch eine innere Baufluchtlinie beschränkt und die nicht bebaubare Fläche in der linken hinteren Ecke der Liegenschaft ist gärtnerisch auszugestalten.
Grundflächen, die der Bebauungsplan gemäß § 5 Abs 4 litl der Bauordnung für Wien als Grundflächen für öffentliche Zwecke ausweist, sind gemäß § 5 Abs 5 leg.cit. für die Errichtung von Bauten oder Anlagen des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben bestimmt. Durch die Auszeichnung von Grundflächen für öffentliche Zwecke werden die sonstigen Bebauungsbestimmungen für die betroffenen Grundflächen nicht berührt.
Die Einschränkung der Bebauungsmöglichkeiten, die sich aus dem 2. Satz des § 5 Abs 5 der Bauordnung für Wien ergibt, trifft diejenigen Rechtssubjekte, die als Bauwerber für Grundflächen mit der Signatur 'ÖZ' überhaupt in Frage kommen, somit Gebietskörperschaften. Auch sie dürfen nur Bauten errichten, die gemäß § 6 Abs 6 der Bauordnung für Wien im Wohngebiet zulässig sind und sie sind dabei auch an die weiteren Bestimmungen des Bebauungsplanes (Gebäudehöhe, Fluchtlinien, Bauweise) gebunden. Den möglichen Bauwerbern bleibt jedoch im Wohngebiet ein weiter Spielraum für die Errichtung von Bauten zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben, weil neben Wohngebäuden jedenfalls auch Bauten zulässig sind, die religiösen, kulturellen oder sozialen Zwecken oder der öffentlichen Verwaltung dienen. Die Errichtung von Schulgebäuden im Wohngebiet ist somit zulässig.
Wer Eigentümer einer Grundfläche ist, die für öffentliche Zwecke bestimmt ist, wird in der Nutzungsmöglichkeit dadurch beschränkt, daß er nicht selbst ein den sonstigen Bebauungsbestimmungen entsprechendes Bauwerk errichten darf. Es kann dahingestellt bleiben, ob als Bauwerber für Baulichkeiten auf Grundflächen für öffentliche Zwecke ausschließlich Bund, Länder und Gemeinden auftreten können, oder ob die Baulichkeiten bloß für diese Gebietskörperschaften bestimmt sein müssen. In jedem Fall ist die Dispositionsfreiheit des Grundeigentümers in bezug auf Bauführungen beseitigt. Die Bauordnung für Wien trägt dem auch durch die Einräumung eines Rechtsanspruches auf Einlösung von Bauplätzen Rechnung, die nach einer Änderung des Bebauungsplanes zur Gänze in eine Grundfläche für öffentliche Zwecke fallen (§59 Abs 1 der Bauordnung). Dieser Einlösungsanspruch steht der Enteignungsmöglichkeit gegenüber, die durch § 40 der Bauordnung für Wien geschaffen wird.
Der betroffene Liegenschaftseigentümer hat somit die Möglichkeit, den wirtschaftlichen Nachteilen einer Bestimmung seiner Grundfläche für öffentliche Zwecke zu entgehen, doch treten solche Nachteile durch die Beschränkung der Bebauungsmöglichkeit zunächst ein. Die Wirkung ergibt sich unmittelbar aus den Bebauungsbestimmungen und damit aus einer Verordnung. Die Konkretisierung der mit der Verordnung bewirkten Verwertungsbeschränkung durch einen baubehördlichen Bescheid erfordert vom betroffenen Grundeigentümer einen erheblichen Aufwand, da er zunächst die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen beantragen und sodann ein vollständig belegtes Bauansuchen einbringen müßte, um schließlich einen letztinstanzlichen Bescheid zu erlangen, mit dem ihm eine Baubewilligung mit der Begründung verweigert wird, die Grundfläche sei für öffentliche Zwecke bestimmt. Der Auffassung des Antragstellers, es sei ihm nicht zumutbar, einen verwaltungsbehördlichen Bescheid zu erwirken, um diesen dann einschließlich seiner Rechtsgrundlage zu bekämpfen, tritt der Gemeinderat der Stadt Wien nicht entgegen.
Der Antragsteller sieht den Grund der von ihm behaupteten Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnung nicht in der Bestimmung seiner Liegenschaft für öffentliche Zwecke, sondern in der Nichtaufhebung dieser Bestimmung. Diese Betrachtung ist formal unzutreffend, weil sich die angefochtene Verordnung nicht mit der teilweisen Aufhebung (Abänderung) eines geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes begnügt, sondern nach dessen gänzlicher Aufhebung einen neuen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan festgesetzt hat. Ungeachtet dieser Rechtstechnik, die eine unklare Rechtslage verhindern soll, liegt jedoch bei einem Vergleich der früheren mit der durch das Plandokument Nr. 6115 geschaffenen Rechtslage eine Abänderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes im Sinne des § 1, 3. Satz der Bauordnung für Wien vor.
Der Antragsteller meint, die Beschränkung der noch im Plandokument Nr. 5241 vorgesehenen Erweiterungsflächen für die Schule hätte unter Anwendung sachlicher Kriterien auch zum Entfall der Bestimmung der Liegenschaft Wielandgasse 19 für öffentliche Zwecke führen müssen.
Darauf erwidert der Gemeinderat der Stadt Wien als Verordnungsgeber, daß die mit dem angefochtenen Plandokument Nr. 6115 vorgenommene Verringerung der für öffentliche Zwecke (Volksschule) bestimmten Fläche tatsächlich auf einer Neueinschätzung des Bedarfs an Schulraum beruht. Wie der Antragsteller selbst zur Erwägung stellt (Punkt I, 2, litc seines Antrages) ergibt sich jedoch ungeachtet der Revision des Planungszieles ein Bedarf an Sport- und Spielplätzen bei der Schule, für dessen Deckung die Liegenschaft Wielandgasse 19 besonders geeignet erscheint, weil sich auf der anschließenden Liegenschaft ONr. 21 bereits ein Spielplatz befindet, der erweitert werden soll. Darüberhinaus ist die Liegenschaft Wielandgasse 19, wie der Antragsteller selbst ausführt, unbebaut, was nach einem allfälligen Erwerb der Liegenschaft durch die Stadt Wien eine Ausgestaltung des Spielplatzes erleichtern würde. Die vom Antragsteller als besser geeignete Erweiterungsflächen bezeichneten, dem Wielandplatz zugekehrten Grundflächen sind dagegen bebaut. Sie wären im übrigen mangels eines räumlichen Zusammenhangs mit dem vorhandenen Spielplatz für dessen Erweiterung ebenso ungeeignet, wie die vom Antragsteller genannte Liegenschaft Quellenstraße 72 (ehemalige Komenskyschule).
Es sprechen somit durchaus sachliche Gründe dafür, die Liegenschaft Wielandgasse 19 weiterhin für öffentliche Zwecke zu reservieren, obwohl andere Grundflächen in demselben Baublock diese Zweckbestimmung anläßlich der Neueinschätzung des Flächenbedarfs für die Schule verloren haben."
II. Der Antrag ist zulässig.
Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung Individualanträge auf Verordnungsprüfung, mit denen die Aufhebung von Bestimmungen eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes begehrt wurde, dann als unzulässig erachtet, wenn es dem betroffenen Liegenschaftseigentümer nach der in Betracht kommenden baurechtlichen Gesetzeslage ohne erheblichen Kostenaufwand (insbesondere den Aufwand für die Anfertigung der für eine Baubewilligung erforderlichen kostspieligen Planunterlagen) möglich und daher zumutbar war, in einem besonderen Verfahren einen nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges - bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bekämpfbaren Bescheid zu erwirken, dessen Anfechtung im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Geltendmachung der Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung und zur Anregung ihrer von Amts wegen zu veranlassenden Überprüfung bietet (s. etwa VfSlg. 11227/1987 in Ansehung der behördlichen Vorprüfung nach der Kärntner Bauordnung oder VfSlg. 11348/1987 hinsichtlich des Antrags auf Widmungsbewilligung nach der Steiermärkischen BauO 1968). Ein derartiger zumutbarer Weg steht - wie auch der Wiener Gemeinderat in seiner Äußerung vorbehaltlos einräumt - dem Antragsteller, der die Aufhebung von Bestimmungen eines nach der BauO f Wien erlassenen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes (Plandokumentes) begehrt, nicht zur Verfügung. Im gegebenen Zusammenhang kommt insbesondere die Erwirkung eines Bescheides, durch den die Bebauungsbestimmungen bekanntgegeben werden, im Sinne des § 9 der BauO f Wien nicht in Betracht, weil gemäß Abs 7 dieses Paragraphen eine abgesonderte Berufung nicht zulässig ist, eine Berufung gegen einen solchen Bescheid vielmehr nur mit der Berufung gegen einen Bescheid verbunden werden kann, der sich auf die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen stützt (vgl. dazu VfSlg. 12743/1991).
Der meritorischen Erledigung des Antrags stehen auch sonst keine Verfahrenshindernisse entgegen.
III. Der Antrag erweist sich im Ergebnis auch als gerechtfertigt.
1. Wie aus dem vorgelegten, das Plandokument 6115 betreffenden Verwaltungsakt hervorgeht, teilte die für die städtische Schulverwaltung zuständige Magistratsabteilung (MA) 56 der MA 21 ("Flächenwidmungs- und Bebauungsplan") - aufgrund einer Aufforderung durch diese Magistratsabteilung - mit Schreiben vom unter der Gegenstandsbezeichnung "Widmung von Schulbauplätzen im 10.
Bezirk - Bearbeitungsgebiet 'Inner-Favoriten'" (ua.) folgendes mit:
"Bezugnehmend auf die Besprechung über das Bearbeitungsgebiet 'Inner-Favoriten' vom gibt die MA 56, wie vereinbart, jene Schulstandorte bekannt, wo eine Erweiterung der Schulgrundstücke auf längere Sicht notwendig ist bzw. bestehende Widmungen im derzeitigen Umfang aufrecht bleiben sollen:
...
Schulen 10, Quellenstraße 52 und 54
Ankauf des Grundstückes Wielandgasse 19 als Erweiterung des Schulspielplatzes
..."
In dem von der MA 21 verfaßten, dem Stellungnahmeverfahren nach § 2 der BauO f Wien zugrundegelegten "Entwurfs- und Diskussionsbericht" sind die Ziele der Neufestsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes wie folgt aufgezählt:
"+ Vorsorge für das Wohnen
+ Sicherung von Handelseinrichtungen und Gewerbebetrieben + Reduzierung der baulichen Ausnützbarkeit
+ Festsetzung differenzierter Gebäudehöhen, unter
besonderer Berücksichtigung des Bestandes
+ Sicherung und Vorsorge für öffentliche Einrichtungen + Vorsorge für öffentliche und private Grünflächen"
Im einzelnen wird hinsichtlich der öffentlichen Einrichtungen ausgeführt:
"Die im Plangebiet vorhandenen öffentlichen Einrichtungen wie Bezirksamt, Schulen, Feuerwache und Umspannwerk sollen mit den erforderlichen Erweiterungsflächen wieder als Grundflächen für öffentliche Zwecke ausgewiesen werden."
Bereits im korrespondierenden Entwurfsplan war für das Grundstück des Antragstellers die Widmung Wohngebiet, Bauklasse IV mit einer Beschränkung der Gebäudehöhe auf 18 m und geschlossene Bauweise sowie die Auszeichnung für öffentliche Zwecke vorgesehen.
Der Einschreiter trat in einer Stellungnahme vom der Absicht, das Grundstück für öffentliche Zwecke auszuzeichnen, entgegen und nahm mit näherer Begründung den Standpunkt ein, daß ein Bedarf für Schulzwecke nicht gegeben sei, "wobei es durchaus auch bei einer Neuerrichtung hinreichende Flächen für die benötigten Volksschulklassen gäbe und darüberhinaus bei einer sinnvollen Aufschließung der Flächen für Sport- und Erholungszwecke die dahinter zum Wielandplatz orientierten Grundstücke mit den ON. 2 und 3, die jetzt als Wohngebiet Bauklasse III gewidmet sind, viel besser geeignet wären als die Liegenschaft" (des Antragstellers).
Zu dieser Stellungnahme äußerte sich die MA 21 in ihrem "Bericht gemäß § 2 (4) BO für Wien" vom folgendermaßen:
"Mit vorliegendem Planentwurf soll die Ausweisung einer Grundfläche für öffentliche Zwecke in Übereinstimmung mit den Zielsetzungen, den örtlichen Erfordernissen und beabsichtigten Planungen, auf die schon derzeit für schulische Zwecke genutzten, Stadt Wien eigenen Grundflächen (Quellenstraße ONr. 52 - ONr. 54, Wielandgasse ONr. 21) und die unbebaute Liegenschaft Wielandgasse ONr. 19 beschränkt werden. Die Liegenschaft Wielandgasse ONr. 19 wird für die unbedingt erforderlichen Erweiterungen der vorhandenen schulischen Einrichtungen benötigt.
Seitens der Magistratsabteilung 21 kann daher eine weitere Reduzierung der als Grundfläche für öffentliche Zwecke ausgewiesenen Fläche nicht empfohlen werden."
Im "Vorlagebericht" an den Gemeinderatsausschuß für
Stadtentwicklung und Stadtplanung, den Stadtsenat und den
Gemeinderat vom wurde insbesondere ausgeführt,
daß "... der überwiegende Teil des Blockes Quellenstraße,
Wielandgasse, Wielandplatz, Herndlgasse ... als Grundfläche für
öffentliche Zwecke ausgewiesen" (sei).
Im Planentwurf wurde die vorgesehene Widmung und Auszeichnung für öffentliche Zwecke beibehalten.
Die Beschlußfassung in der Gemeinderatssitzung vom 24. Feber 1989 erfolgte antragsgemäß.
2. Das eben dargestellte Verwaltungsgeschehen bis zur Beschlußfassung über den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan erweist den - in der Äußerung des Wiener Gemeinderates bekräftigten - Umstand, daß die Ausweisung des Grundstücks des Beschwerdeführers für öffentliche Zwecke ausschließlich auf die Absicht zurückzuführen ist, es - dem Verlangen der städtischen Schulverwaltung entsprechend - zur Erweiterung des (auf dem benachbarten Grundstück) bestehenden Schulspielplatzes zu verwenden (im anschließenden Gebäudekomplex Quellenstraße 52 und 54 befanden sich - wie aus dem Österreichischen Amtskalender 1989/1990 S. 519 hervorgeht - (bereits damals) zwei Schulen der Stadt Wien, nämlich eine Volksschule und eine Allgemeine Sonderschule). Daß die der Ausweisung für öffentliche Zwecke zugrundeliegende Absicht mit der gleichzeitig vorgenommenen Widmung des Grundstücks als Wohngebiet mit Bauklasse IV (höchstzulässige Gebäudehöhe 18 m) und geschlossener Bauweise schlechthin unvereinbar ist, bedarf nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs keiner weiteren Erörterung. Im Hinblick auf diesen offenkundigen Widerspruch erweist sich die in Rede stehende Auszeichnung des Grundstücks ("Grundfläche für öffentliche Zwecke") als völlig sachfremd, sie steht mit dem dem Gleichheitsgebot (welches auch den Verordnungsgeber bindet - s. zB VfSlg. 12171/1989 oder VfSlg. 12013/1989) immanenten Sachlichkeitsgebot (s. dazu zB VfSlg. 9901/1983 sowie die umfassende Judikaturdarstellung in Holoubek, Die Sachlichkeitsprüfung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes, ÖZW 1991 S. 72 ff) nicht im Einklang.
Die angefochtene Verordnungsstelle ist daher wegen des Verstoßes gegen den Gleichheitssatz als gesetzwidrig aufzuheben (wobei die Grundstücksbezeichnung - entgegen dem Antragsbegehren - bloß mit der Grundstücksadresse einschließlich der Ordnungsnummer, nicht aber mit der Grundstücksnummer des Grundbuchs vorzunehmen war, weil nur die erstangeführte Zahl im Plan aufscheint).
Bei diesem Ergebnis war es entbehrlich, auf das weitere Antragsvorbringen einzugehen, so insbesondere auf die vom Antragsteller an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Grundlagen des Plandokumentes geübte Kritik (zu der bloß auf die § 1 Abs 1 der BauO f Wien betreffenden Erk. VfSlg. 3297/1957 und 3809/1960 hingewiesen sei). Der Gerichtshof hielt es auch nicht für erforderlich, die (im Antrag nicht ausdrücklich aufgeworfene) Frage zu erörtern, ob sich eine langwährende Reservierung einer Grundfläche für bestimmte öffentliche Zwecke dann als gesetzwidrig erweist, wenn keinerlei Schritte zur Verwirklichung des Planungszieles gesetzt werden (vgl. in diesem Zusammenhang VfSlg. 11849/1988).
3. Die Entscheidung über die Verpflichtung, die ausgesprochene Aufhebung kundzumachen, stützt sich auf Art 139 Abs 5 erster Satz
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 61a VerfGG; vom zugesprochenen Betrag entfallen 2.500 S auf die Umsatzsteuer.
IV. Dieses Erkenntnis wurde gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung gefällt.