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VfGH vom 03.12.1996, V91/96

VfGH vom 03.12.1996, V91/96

Sammlungsnummer

14689

Leitsatz

Feststellung der Gesetzwidrigkeit einer Flächenwidmungsplanänderung mangels gehöriger Kundmachung durch Anschlag an der Amtstafel; Gesetzwidrigkeit der Festlegung von Auflagen hinsichtlich Abwasserbeseitigung und Vorlage von Lärm- und Umweltverträglichkeitsgutachten in der Flächenwidmung wegen Widerspruchs zum Stmk RaumOG 1974; Zulässigkeit der Widmung als Freiland für die Sondernutzung "Schotterzwischenlagerung und Schottersortieranlage"; kein verfassungswidriger Eingriff in das Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung durch die Sondernutzungswidmung

Spruch

Die 1.15 Flächenwidmungsplanänderung, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde Vasoldsberg am und , genehmigt mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Z 03-10 V4-93/132, kundgemacht durch Auflage zur öffentlichen Einsicht vom bis , war gesetzwidrig.

Die Steiermärkische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Verordnung vom und hat der Gemeinderat der Gemeinde Vasoldsberg die

1.15 Flächenwidmungsplanänderung beschlossen.

Laut Protokoll der Gemeinderatssitzung der Gemeinde Vasoldsberg vom lautet der vom Gemeinderat beschlossene Wortlaut der 1.15 Flächenwidmungsplanänderung wie folgt:

"Mit dem Gemeinderatsbeschluß vom wurde die gegenständliche Änderung samt dazugehörigem Wortlaut beschlossen. Demgemäß werden nachstehende Grundstücke bzw. Teilparzellen der Katastralgemeinde Premstätten b.V. im Sinne von § 25 Abs 2 STROG 1974 i.d.g.F. dem Freiland für Sondernutzung 'Schotterzwischenlagerung und Schottersortieranlage' zugeordnet.

Grundstücke-Nr. 260/2, 260/3, 260/4, 263/1, 263/2, 263/3, 266 und 267

Folgende Auflagen sind verbindlich einzuhalten:

1. Für Baumaßnahmen ist bei der Gemeinde planbelegt um die Erteilung einer Baugenehmigung anzusuchen.

2. Bei eventueller Errichtung von sanitären Anlagen sind die Abwässer in eine wasserundurchlässige Sammelgrube einzuleiten und mittels Grubendienst in die Kläranlage des Abwasserverbandes 'Grazer-Feld' einzubringen.

3. Im Rahmen des gewerberechtlichen Verfahrens wird sich die Gemeinde dafür einsetzen, daß durch ausreichende Auflagen die Beeinträchtigung der umliegenden Baulandsgebiete das ortsübliche Ausmaß nicht überschreitet. Hierbei ist die Einhaltung der im Erläuterungsbericht angeführten baulichen Maßnahmen von besonderer Bedeutung.

4. Der Erläuterungsbericht stellt einen Bestandteil dieser Änderung dar.

5. Weitere besondere Festlegungen sind nicht erforderlich.

ERLÄUTERUNGSBERICHT

zur Änderung Nr. 1.15

(Fa. H)

...

1. Die vorgenommene Ausweisung gilt vorerst für eine Planungsperiode und wird bei jeder Revision des Flächenwidmungsplanes neu überprüft und beschlossen. Die Firma H ist verpflichtet, vor jeder Revision des Flächenwidmungsplanes - beginnend mit ca. 1998 - der Gemeinde ein Lärm- und Umweltverträglichkeitsgutachten vorzulegen.

2. Aus Lärmschutzgründen ist an diesem Standort ein Erdwall zu errichten und zusätzlich zu bepflanzen.

3. Die Sortieranlage ist soweit erforderlich einzuhausen."

Ergänzt wird die 1.15. Flächenwidmungsplanänderung des Gemeinderates der Gemeinde Vasoldsberg ferner durch eine auf einer A4-Seite planlich dargestellten Gegenüberstellung des "Ist-Zustand(es)" und des "Soll-Zustand(es)", wobei für die im Text genannten Parzellennummern im Plan des "Soll-Zustand(es)" die "Sondernutzung Schotterzwischenlagerung u. Schottersortieranlage" ausdrücklich ausgewiesen ist.

Daß auch der planliche Änderungsentwurf, "bestehend aus Ist- und Soll-Zustand", einen Bestandteil des Beschlusses des Gemeinderates vom bildete und damit auch in den Änderungsbeschluß des Gemeinderates vom eingeflossen ist, ergibt sich schon aus dem Beschlußvorschlag, der dem Beschluß des Gemeinderates vom zugrundelag.

Die vom Gemeinderat der Gemeinde Vasoldsberg am und beschlossene 1.15. Flächenwidmungsplanänderung wurde - nach Genehmigung mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Z 03-10 V4-93/132 - vom bis im Gemeindeamt zur öffentlichen Einsicht aufgelegt, "da die Verordnung des Flächenwidmungsplanes (Wortlaut und planliche Darstellung) auf Grund ihres Umfanges den Anschlag an der Amtstafel nicht zuläßt". Dieser Umstand sowie die Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme wurde durch Anschlag an der Amtstafel kundgemacht.

Mit Beschlüssen des Gemeinderates vom , und wurde schließlich ein neuer (2.0.) Flächenwidmungsplan der Gemeinde Vasoldsberg erlassen, (genehmigt mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Z 03-10.10 V1-94/7, kundgemacht durch Auflage zur öffentlichen Einsicht vom bis ), der inhaltlich die 1.15. Flächenwidmungsplanänderung übernommen hat, jedoch mangels Präjudizialität nicht Gegenstand des Verordnungsprüfungsverfahrens ist.

2. Beim Verfassungsgerichtshof ist eine zu B2317/94 protokollierte Beschwerde anhängig, mit der der Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom in seinem Spruchteil II bekämpft wird. Darin wird die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen einen Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Vasoldsberg vom , mit dem der mitbeteiligten Partei die Widmungsbewilligung zur Schaffung eines Bauplatzes für die Schotterzwischenlagerung und Schottersortieranlage unter Vorschreibung von Auflagen erteilt wurde, abgewiesen.

3. Aus Anlaß dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am , B2317/94, beschlossen, gemäß Art 139 Abs 1 B-VG die 1.15. Flächenwidmungsplanänderung von Amts wegen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu überprüfen.

3.1. Der Verfassungsgerichtshof ging dabei vorläufig davon aus, daß der Beschwerdeführer im Anlaßbeschwerdeverfahren auf Grund seiner Parteistellung als Nachbar im vorangegangenen Administrativverfahren auch die Beschwerdelegitimation vor dem Verfassungsgerichtshof besitzt und daher die Beschwerde zulässig ist. Er nahm an, daß er bei seiner Entscheidung über die Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers und bei der Entscheidung über die Verletzung der Rechtssphäre des Beschwerdeführers durch Anwendung einer möglicherweise rechtswidrigen generellen Norm, nämlich der 1.15. Flächenwidmungsplanänderung, diese Verordnung heranzuziehen und damit anzuwenden hat.

3.2.1. Gegen die Gesetzmäßigkeit der 1.15. Flächenwidmungsplanänderung hegte er einerseits das Bedenken, daß die bloße Auflage der 1.15. Flächenwidmungsplanänderung zur öffentlichen Einsicht im Gemeindeamt, wobei lediglich der Hinweis auf die Auflegung, nicht aber der Verordnungstext selbst an der Amtstafel angeschlagen wurde, nicht dem Gesetz entspricht und die Verordnung daher nicht gehörig kundgemacht worden ist.

3.2.2. Andererseits hegte er auch das Bedenken, daß die

1.15. Flächenwidmungsplanänderung deshalb gesetzwidrig ist, weil darin, insbesondere unter den Z 2 und 4, Festlegungen unter der Bezeichnung "Auflagen", die "verbindlich einzuhalten" sind, erfolgten, die gemäß den Vorschriften des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes, LGBl. 127/1974, idgF, (Stmk. ROG 1974), nicht Inhalt eines Flächenwidmungsplanes gemäß den §§22 ff. dieses Gesetzes sein dürften. Er nahm an, daß es unzulässig sein dürfte, bei Festlegung von Flächenwidmungen abwasserrechtliche Vorschriften zu erlassen, wie dies in der Z 2 der 1.15. Flächenwidmungsplanänderung geschehen sei. Desgleichen hielt er es vorläufig für unzulässig, auf Grund des Stmk. ROG 1974 die regelmäßige Vorlage eines Lärm- und Umweltverträglichkeitsgutachtens, die Errichtung und Bepflanzung eines Erdwalles sowie die Einhausung einer bestimmten gewerblichen Betriebsanlage vorzuschreiben, (so der Erläuterungsbericht, der gemäß der Z 4 der 1.15. Flächenwidmungsplanänderung einen Bestandteil dieser Änderung darstellt).

3.2.3. Der Verfassungsgerichtshof hegte ferner das Bedenken, daß eine Sondernutzung von Grundstücken für eine "Schotterzwischenlagerung und Schottersortieranlage" gestützt auf § 25 Abs 2 Stmk. ROG 1974 als Flächenwidmung unzulässig ist. Er hielt es vorläufig für bedenklich, die spezielle Flächennutzungswidmung für eine Schotterzwischenlagerung und Schottersortieranlage als Ausfluß oder Bestandteil einer als Sondernutzung gesetzlich vorgesehenen "Bodenentnahme" zu betrachten, und nahm an, daß es dem § 25 Abs 2 Stmk. ROG 1974 widersprechen dürfte, einen besonders immissionsintensiven Teil der Schotterverarbeitung unter Vernachlässigung der für die Industrie- und Gewerbegebietswidmung notwendigen Immissionsschutzüberlegungen als spezifische Sondernutzung für Schotterzwischenlagerung und Schottersortieranlage zuzulassen.

Dieses Bedenken schien ihm vertieft durch den von der Gemeinde Vasoldsberg in ihrer Stellungnahme hervorgehobenen Umstand, daß sie auf Grund "des örtlichen und überörtlichen Bedarfes eine spezifische und einschränkende Ausweisung nur für einen schotterverarbeitenden Betrieb" vornehmen wollte, damit aber die Wirkung einer "Industrie- und Gewerbegebiets-"Widmung vermeiden wollte, "daß sich jeder beliebige Betrieb, der die Voraussetzungen für die Niederlassung auf einem Gebiet dieser Kategorie aufweist", entgegen den Zielsetzungen der Gemeinde hier ansiedeln könnte.

3.2.4. Die von der Gemeinde Vasoldsberg mit der 1.15. Flächenwidmungsplanänderung verfolgte Planungsabsicht, auf den davon betroffenen Grundflächen ausschließlich den Betrieb einer Schottersortieranlage und Schotterzwischenlagerung zuzulassen, schließe jede andere (gewerbliche) Betätigung auf jenen Grundflächen aus und dürfte - so nahm der Verfassungsgerichtshof an - demnach in die Freiheit der Erwerbsbetätigung nach Art 6 StGG eingreifen und diese auch verletzen. Unter Heranziehung der von der Gemeinde genannten Kriterien des örtlichen und überörtlichen Bedarfes dürfte nämlich dem Stmk. ROG 1974 schon aus kompetenzrechtlichen Gründen kein Inhalt zuzumessen sein, der die Festsetzung einer Sondernutzung für den Betrieb einer Schottersortieranlage und Schotterzwischenlagerung zuläßt. Insofern vermißte der Verfassungsgerichtshof die "gesetzlichen Bedingungen" für die konkrete Sondernutzungswidmung, welche eine Voraussetzung für die Einschränkung der Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art 6 StGG bilden.

4. Der Gemeinderat der Gemeinde Vasoldsberg hat eine Äußerung erstattet.

4.1. Darin vertritt er zunächst die Auffassung, daß dem Beschwerdeführer des Anlaßbeschwerdeverfahrens keine Beschwerdelegitimation zukomme, weil ihm im zugrundeliegenden Administrativverfahren die Parteistellung fehle. Zwar sei der Beschwerdeführer dem Verfahren beigezogen worden, zur Augenscheinsverhandlung geladen worden und sei ihm auch der Bescheid zugestellt worden, doch werde damit die Parteistellung nicht begründet.

Die Liegenschaft des Beschwerdeführers sei "rund 600 m" vom Widmungsstandort entfernt. Aus einer fachtechnischen Stellungnahme der "Firma H & H Umwelt- & Behördenengineering" vom Dezember 1992, Z 131-2-1393/1992/Ga, sei erkennbar, "daß im Immissionspunkt 1(IP 1) an der östlichen Grundgrenze des Grundstückes 72/3 der KG Premstätten (Wohnhaus ... des Beschwerdeführers) durch das Störmaß aus der geplanten Anlage in ihrer betriebstypenüblichen Ausstattung weder Grundgeräuschpegel noch Widmungsmaß berührt werden und solcherart die Möglichkeit von Einwirkungen auf das Nachbargrundstück des Beschwerdeführers ausgeschlossen ist". Die Beschwerde sei daher als unzulässig zurückzuweisen und dem Verordnungsprüfungsverfahren fehle die Prozeßvoraussetzung der Präjudizialität.

Selbst wenn man aber die Präjudizialität annehmen sollte, dann reiche diese nur soweit, als der Beschwerdeführer durch den Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, welche in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers eingreift, in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Somit könnten nicht alle, sondern nur solche Rechtswidrigkeiten einer generellen Norm zu deren Aufhebung führen, welche in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers eingreifen.

4.2.1. Zum Bedenken der nichtgehörigen Kundmachung der 1.15. Flächenwidmungsplanänderung wird in der Äußerung dargelegt, daß sich die Gemeinde an die Vorgaben der Aufsichtsbehörde gehalten habe. Die Kundmachung von Plandarstellungen erfolge grundsätzlich im Weg der Auflage zur öffentlichen Einsicht, "dies insbesondere rücksichtlich der mit der Dauer eines Anschlages verbundenen Qualitätseinbuße der zeichnerischen Darstellungen".

4.2.2. Zum Bedenken hinsichtlich der als "Auflagen" bezeichneten Festlegungen der 1.15. Flächenwidmungsplanänderung wird darauf verwiesen, daß diese vom Konsenswerber einzuhalten seien und es sich somit nicht um Befehle handle, die in die Rechtssphäre der Nachbarn eingreifen könnten.

4.3. Was das Bedenken betrifft, daß eine Sondernutzung von Grundstücken für eine "Schotterzwischenlagerung und Schottersortieranlage" in § 25 Abs 2 Stmk. ROG 1974 keine Deckung finde und diese Festlegung gegen Art 6 StGG verstoße, wird die Ansicht vertreten, daß eine solche Festsetzung keine "Beschränkung gegenüber sonstigen betrieblichen Tätigkeiten, sondern im Gegenteil ... (die) Ermöglichung einer betrieblichen Tätigkeit gegenüber dem sonstigen Ausschluß nach § 25 Abs 1 ROG" sei. § 25 Stmk. ROG 1974 schränke gleichförmig den Nutzungshorizont im Freiland ein. § 25 Abs 2 Stmk. ROG 1974 definiere nun keine wettbewerbsorientierte oder sonst kompetenzfeindliche Beschränkungsmöglichkeit für einzelne Betriebsformen im Bereich genereller Betriebsflächenausweisungen, sondern eröffne im Gegenteil die Möglichkeit standortspezifischer Nutzungen im ansonsten "betriebsfeindlichen" Freiland.

§ 25 Abs 2 Z 1 Stmk. ROG 1974 enthalte im übrigen nur eine demonstrative Aufzählung der als Sondernutzungen zulässigen Betriebsformen. Das vom Gesetzgeber breit definierte Spektrum der möglichen Nutzungsarten eröffne der Vollziehung einen entsprechend "breiten Ermessensspielraum".

Insbesondere sei zu bedenken, daß für den Fall, daß eine Schotterbehandlungsanlage als Bestandteil einer Schotterabbauanlage als zulässige Sondernutzung anerkannt wird, es unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes nicht nachvollziehbar wäre, eine Schotterbehandlungsanlage als Nachfolgenutzung einer ehemaligen Bodenentnahmestelle nicht anerkennen zu wollen. Die Regelung verfolge den Zweck, "daß Bodenentnahmeanlagen und Entnahmebehandlungsanlagen 'standortverschränkt' auch mit zeitlich unterschiedlicher Reihenfolge bestehen können".

Dem Einwand, daß es § 25 Abs 2 Stmk. ROG 1974 widerspreche, einen besonders immissionsintensiven Teil der Schotterverarbeitung unter Vernachlässigung der für die Industrie- und Gewerbegebietswidmungen notwendigen Immissionsschutzüberlegungen als spezifische Sondernutzung für Schotterzwischenlagerung und Schottersortieranlagen zuzulassen, sei entgegenzuhalten, daß weder § 4 Abs 3 Steiermärkische Bauordnung 1968, LGBl. 149/1968, (Stmk. BauO 1968), noch § 13 Abs 12 des geltenden Baugesetzes 1995, LGBl. 59, ein Verbot "das ortsübliche Ausmaß übersteigender Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen der Nachbarschaft" kannte bzw. kennt. Aus dieser flächenwidmungsneutralen Immissionsbegrenzung im Baugesetz erhelle, daß die Ausweisung einer solchen Anlage als Sondernutzung keinen Versuch eines "Immissionsbegrenzungsumweges" darstellen könne.

5. Die Steiermärkische Landesregierung hat als oberste zur Vertretung der in Prüfung gezogenen Verordnung berufene Behörde erst nach Ablauf der vom Verfassungsgerichtshof gesetzten Frist von acht Wochen eine Äußerung erstattet. Diese ist daher unbeachtlich.

II. 1. Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seiner bereits im Prüfungsbeschluß zu B2317/94 vertretenen Auffassung, daß der Beschwerdeführer in jenem Verfahren als Nachbar nicht nur die Stellung einer Partei im vorangegangenen Administrativverfahren, sondern auch die Beschwerdelegitimation vor dem Verfassungsgerichtshof besitzt, und daß daher, - da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen - , die Beschwerde zulässig ist.

Wie aus § 3 in Verbindung mit § 61 der (im Anlaßbeschwerdefall anzuwendenden) Stmk. BauO 1968 hervorgeht, bemißt sich der Kreis der als Parteien dem baurechtlichen Verfahren über ein Widmungsansuchen beizuziehenden Nachbarn danach, inwieweit diese bei der baulichen Verwirklichung einer Widmung mit Einwirkungen auf ihre Liegenschaft zu rechnen haben, ohne daß es für die Beurteilung der Parteistellung darauf ankommt, ob - etwa auf Grund eingeholter Sachverständigengutachten - tatsächlich eine nachteilige Auswirkung auf die Rechte der Parteien gegeben ist (vgl. etwa /0112 ua.). Angesichts der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten

(Dr. Dipl.Ing. E E sowie H & H) erweisen sich im Hinblick auf den Immissionsschutz des Beschwerdeführers bestimmte Maßnahmen als notwendig. Es kann schon im Hinblick darauf den Verwaltungsbehörden nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen sind, daß dem nunmehrigen Beschwerdeführer als Nachbarn Parteistellung im Widmungsbewilligungsverfahren zukam und er demzufolge auch die Beschwerdelegitimation vor dem Verfassungsgerichtshof besitzt.

Selbst wenn ferner dem Gemeinderat der Gemeinde Vasoldsberg darin zuzustimmen wäre, daß der Beschwerdeführer als Nachbar aus der durch die 1.15 Flächenwidmungsplanänderung bewirkten Sondernutzungswidmung für sich keine subjektiven öffentlichen Rechte ableiten kann, ist diese Widmung und damit auch die

1.15 Flächenwidmungsplanänderung im Beschwerdeverfahren schon deswegen präjudiziell, weil die Frage des Umfangs der subjektiven Rechtsposition des Beschwerdeführers nicht zuletzt von dieser Widmung und ihrer Gesetzmäßigkeit abhängt.

Da sohin die 1.15 Flächenwidmungsplanänderung des Gemeinderates der Gemeinde Vasoldsberg für die Entscheidung über die zu B2317/94 protokollierte Beschwerde präjudiziell ist und auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen des Verordnungsprüfungsverfahrens vorliegen, ist dieses zulässig.

2. Die 1.15 Flächenwidmungsplanänderung des Gemeinderates der Gemeinde Vasoldsberg war gesetzwidrig:

2.1.1. Gemäß § 31 Abs 1 in Verbindung mit § 29 Abs 11 Stmk. ROG 1974 sind Flächenwidmungsplanänderungen nach den Bestimmungen der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967, LGBl. 115/1967, zuletzt geändert durch LGBl. 75/1995, kundzumachen. § 92 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967 ordnet in seinem Abs 1 an, daß die Kundmachung der Verordnungen der Gemeinde "durch Anschlag an der Amtstafel durchzuführen" ist. Gemäß dem Abs 2 des § 92 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967 sind lediglich Verordnungen, "deren Umfang oder Art den Anschlag an der Amtstafel nicht zuläßt, ... im Gemeindeamt zur öffentlichen Einsicht während der Amtsstunden innerhalb der Kundmachungsfrist aufzulegen", wobei die Auflegung durch Anschlag an der Amtstafel kundzumachen ist.

Der Verfassungsgerichtshof hält vorerst fest, daß die Art und Weise der Kundmachung von Verordnungen einer Gemeinde verpflichtend durch die angeführten gesetzlichen Bestimmungen festgelegt sind, denen gegenüber die Hinweise und Richtlinien der Gemeindeaufsichtsbehörde, mögen sie auch der von dieser ausgesprochenen Genehmigung der Verordnung angefügt sein, ohne rechtliche Bedeutung sind.

Der Verfassungsgerichtshof bezweifelt nicht, daß planerische Darstellungen größeren Umfangs, - also etwa der Flächenwidmungsplan für die ganze Gemeinde - gemäß § 92 Abs 2 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 durch Auflage im Gemeindeamt zur öffentlichen Einsicht kundgemacht werden können. Dies allerdings entweder wegen ihres Umfangs oder deshalb, weil die planliche Darstellung ihrer Art nach auf die Veranschaulichung größerer Zusammenhänge abzielt, die bei einem, zwangsläufig in mehreren Teilen erfolgenden Anschlag an der Amtstafel beeinträchtigt würde. Hingegen hält der Gerichtshof eine mögliche "mit der Dauer eines Anschlages verbundene Qualitätseinbuße der zeichnerischen Darstellungen" anders als der Gemeinderat der Gemeinde Vasoldsberg meint, nicht für einen zureichenden Grund, die gesetzlich nur subsidiär zulässige Auflage zur öffentlichen Einsicht im Gemeindeamt als Kundmachungsform zu wählen. Könnte doch mit dieser Begründung die Kundmachung durch Anschlag an der Amtstafel stets umgangen werden, weil nicht nur bildliche Darstellungen, sondern auch jeder Text eine "mit der Dauer eines Anschlages verbundene Qualitätseinbuße" erleidet.

Die 1.15 Flächenwidmungsplanänderung umfaßt einschließlich der planlichen Darstellung des Ist- und des Soll-Zustandes zwei A4-Seiten. Sowohl dieser Umfang, als auch die im wesentlichen aus einem Textteil bestehende Art der Verordnung lassen den Anschlag an der Amtstafel zu. Die gesetzlichen Voraussetzungen des Auflageverfahrens nach § 92 Abs 2 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967 fehlten sohin für die Kundmachung der

1.15 Flächenwidmungsplanänderung der Gemeinde Vasoldsberg. Diese ist daher schon aus diesem Grunde gesetzwidrig.

2.1.2. Der Verfassungsgerichtshof betrachtet die Widmung der in der 1.15 Flächenwidmungsplanänderung genannten Grundstücke als Freiland für die Sondernutzung "Schotterzwischenlagerung und Schottersortieranlage" untrennbar mit den in der Verordnung als verbindlich einzuhaltende Auflagen bezeichneten Vorschriften verbunden. Bei der Bestimmung einer Sondernutzung nach § 25 Abs 2 Stmk. ROG 1974, (in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. 15/1989), aber auch bei einer anderen Flächenwidmung auf Grund dieses Gesetzes ist es aber unzulässig, Vorschriften über die Sammlung der von den gewidmeten Grundstücken ausgehenden Abwässer und ihre Einbringung in die Kläranlage eines bestimmten Abwasserverbandes zu treffen. Desgleichen ist es rechtswidrig, auf Grund des Stmk. ROG 1974 dem (momentanen) Eigentümer oder/und Nutzer der von einer Flächenwidmungsplanänderung betroffenen Liegenschaft im Zuge dieser Änderung die regelmäßige Vorlage eines Lärm- und Umweltverträglichkeitsgutachtens, die Errichtung und Bepflanzung eines Erdwalles sowie die Einhausung einer bestimmten gewerblichen Betriebsanlage (hier einer Sortieranlage) vorzuschreiben. Da gemäß der Z 4 der in Prüfung gezogenen Flächenwidmungsplanänderungen "der Erläuterungsbericht ... einen Bestandteil dieser Änderung dar(stellt)", im Erläuterungsbericht aber die angeführten Verpflichtungen in normativ verbindlicher Form formuliert wurden, zählen diese Verpflichtungen zum Inhalt der Flächenwidmungsplanänderung, mag auch der Gemeinderat der Gemeinde Vasoldsberg bei seiner wiederholten Beschlußfassung am einen Teil der genannten Verpflichtungen aus dem Text der Flächenwidmungsplanänderung selbst ausgeschieden und lediglich im Erläuterungsbericht belassen haben.

Entgegen der Auffassung der Gemeinde Vasoldsberg ist es belanglos, ob die genannten, als rechtswidrig erkannten "Auflagen" der 1.15 Flächenwidmungsplanänderung in die Rechtssphäre des Nachbarn eingreifen und ob es sich dabei um "Vorgaben der Aufsichtsbehörde im Rahmen des Genehmigungsverfahrens" handelt. Der Verfassungsgerichtshof hat vielmehr im Verordnungsprüfungsverfahren jede objektive Rechtswidrigkeit der angewendeten Norm, soweit sie Gegenstand des Prüfungsbeschlusses ist, aufzugreifen und darüber abzusprechen (VfSlg. 11774/1988). Die 1.15 Flächenwidmungsplanänderung der Gemeinde Vasoldsberg war sohin auch ihrem Inhalt nach rechtswidrig.

2.2. Was die Widmung selbst anlangt, vermag der Verfassungsgerichtshof sein ursprünglich geäußertes Bedenken, daß gemäß § 25 Abs 2 Stmk. ROG 1974 die Widmung von Grundflächen für deren Sondernutzung für eine "Schotterzwischenlagerung und Schottersortieranlage" unzulässig ist, nicht aufrechtzuerhalten.

Gemäß § 25 Abs 2 Stmk. ROG 1974, idF LGBl. 15/1989, (der auch durch die Novelle LGBl. 1/1995 nicht wesentlich geändert wurde), können Flächen des Freilandes als Sondernutzung festgelegt werden, soweit nicht eine Ersichtlichmachung auf Grund der überörtlichen Raumordnung (§6) zu erfolgen hat.

"Als Sondernutzungen gelten insbesondere Flächen für Gärtnereien, Kur-, Erholungs-, Spiel- und Sportzwecke, öffentliche Parkanlagen, Kleingartenanlagen, Ablagerungsplätze (für Müll, Altmaterial und deren Behandlung), Aufschüttungsgebiete, Bodenentnahmeflächen, Schießstätten, Schieß- und Sprengmittellager und ihre Gefährdungsbereiche, Energieerzeugungs- und -versorgungsanlagen, Hochwasserrückhalteanlagen, Wasserversorgungsanlagen, Abwasserbeseitigungs- und -reinigungsanlagen."

Wie ein Vergleich der demonstrativ (arg. "insbesondere") aufgezählten Sondernutzungswidmungen zeigt, können die meisten der als Sondernutzungswidmungen vorgesehenen Verwendungen von Grundstücken auch im Rahmen verschiedener Bauland(unter)widmungen gemäß § 23 Abs 5 Stmk. ROG 1974 zulässigerweise verwirklicht werden. Der Verfassungsgerichtshof kann sohin seine im Prüfungsbeschluß aufgestellte Vermutung, daß als Sondernutzungswidmungen nur Nutzungszwecke in Betracht kommen, die nicht im Rahmen einer Bauland- oder Verkehrsflächenwidmung verwirklicht werden dürfen, nicht aufrecht erhalten. Vielmehr sind Sondernutzungen kraft § 25 Abs 2 Stmk. ROG 1974 dann zulässig, wenn der Charakter einer größeren zusammenhängenden Fläche als Freiland zwar gewahrt bleiben soll, einzelne der im Freiland enthaltenen Grundstücke aber einem spezifischen Verwendungszweck, - wie er demonstrativ im § 25 Abs 2 Stmk. ROG 1974 aufgezählt ist, - zugeführt und diesem vorbehalten werden sollen.

Mit Rücksicht darauf, daß es sich bei der für eine Schotterzwischenlagerung und für die Errichtung einer Schottersortieranlage gewidmeten Fläche um eine aufgelassene Schottergrube handelt, die als "Bodenentnahmefläche" vom Gesetzgeber ausdrücklich für eine Sondernutzungswidmung vorgesehen ist, ist von Rechts wegen nichts dagegen einzuwenden, daß eine Grundfläche einzelnen Produktionsvorgängen vorbehalten wird, die einem Teil der mit einer Schottergrube verbundenen Produktionsbedingungen entsprechen.

Trotz der - mißverständlich - vom Gemeinderat der Gemeinde Vasoldsberg auf den "örtlichen und überörtlichen Bedarf" abgestellten Begründung für die Widmung bestimmter Grundflächen als Freiland mit der Sondernutzungswidmung für eine Schottersortieranlage und eine Schotterzwischenlagerung hält der Verfassungsgerichtshof auch seine Bedenken im Hinblick auf einen verfassungswidrigen Eingriff in das durch Art 6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung nicht länger aufrecht. Zwar ist es danach unzulässig, im Wege der raumordnungsrechtlichen Widmung bestimmter Grundstücke für einzelne von vornherein genau bestimmte Arten von Betrieben ein System der Zulassung von Wirtschaftsbetrieben einzurichten (vgl. , sowie ua.). Hingegen ist auch unter dem Aspekt des Art 6 StGG nichts dagegen einzuwenden, wenn auf Grund der besonderen Standortgunst einzelner Liegenschaften im Freiland eine raumplanerische Entscheidung im Wege einer Sondernutzungswidmung getroffen wird, die eine Verwendung der betreffenden Liegenschaften ausschließlich für einen wirtschaftlich relativ eng umgrenzten Verwendungszweck gestattet und die insofern eine Ausnahme von dem mit einer Freilandwidmung ansonsten verbundenen gänzlichen Verbot entsprechender baulicher Anlagen bedeutet.

3. Mit Rücksicht auf den mit Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Vasoldsberg vom , und beschlossenen Flächenwidmungsplan 2.0, genehmigt mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Z 03-10.10 V1-94/7, dessen § 12 litb zufolge der bis dahin rechtskräftige Flächenwidmungsplan 1.0 (samt allen Flächenwidmungsplanänderungen) außer Kraft trat, hatte sich der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 139 Abs 4 B-VG auf den Ausspruch zu beschränken, daß die 1.15 Flächenwidmungsplanänderung der Gemeinde Vasoldsberg (aus den unter 2.1.1. und 2.1.2. angeführten Gründen) gesetzwidrig war.

4. Die Verpflichtung zur Kundmachung stützt sich auf Art 139 Abs 5 B-VG.

Dies konnte vom Verfassungsgerichtshof gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.