VfGH vom 14.03.1988, V88/87
Sammlungsnummer
11661
Leitsatz
Aufhebung des § 2 Abs 2 infolge Aufhebung des ihrer (einzigen) gesetzlichen Grundlage mit Erk. VfSlg. 11558/1987
Spruch
§ 2 Abs 2 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom über die Regelung des Ladenschlusses an Werktagen (Tiroler Ladenschlußverordnung 1965), LGBl. Nr. 19/1965, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.
Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Bundesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.a) Beim VwGH sind zwei Verfahren anhängig, in denen der VwGH über die Rechtmäßigkeit von Strafbescheiden zu erkennen hat. Mit diesen Bescheiden wurden die Bf. beim VwGH einer Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs 2 Tiroler Ladenschlußverordnung 1965 schuldig erkannt; nach § 5 dieser V wurden über sie gemäß § 368 Z 17 GewO 1973 Geld- bzw. Ersatzarreststrafen verhängt, weil sie ihre Verkaufsstellen an Samstagen über die vorgeschriebene Sperrzeit hinaus offengehalten hatten.
Aus Anlaß dieser Verfahren stellte der VwGH zu V36/86 und V22/8 Anträge an den VfGH, § 2 Abs 2 der Tiroler Ladenschlußverordnung 1965 als gesetzwidrig aufzuheben.
b) Der Landeshauptmann von Tirol verteidigte die Gesetzmäßigkeit der vom VwGH angefochtenen Bestimmungen der V und stellte den Antrag, diese nicht als gesetzwidrig aufzuheben, in eventu für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistitischen Vorkehrungen zu ermöglichen.
Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten erstattete eine Äußerung, enthielt sich jedoch einer Antragsellung.
2.a) Auch beim VfGH ist ein Verfahren zur Prüfung eines Bescheides des Landeshauptmanns von Tirol anhängig, mit dem die Bf. Übertretungen des § 2 Abs 2 Tiroler Ladenschlußverordnung 1965 schuldig erkannt wurde und über sie nach § 5 dieser V gemäß § 368 Z 17 GewO 1973 mehrere
Geldstrafen verhängt wurden, weil sie ihre Verkaufsstelle wiederholt an Samstagen über die vorgeschriebene Sperrzeit hinaus offengehalten hatte. Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu B 383/87 protokollierte Beschwerde, in welcher die Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, Unverletzlichkeit des Eigentums und Erwerbsausübungsfreiheit verletzt worden zu sein. Im besonderen rügt sie die Gesetzwidrigkeit des § 2 Abs 2 der Tiroler Ladenschlußverordnung 1965 und die Verfassungswidrigkeit des Ladenschlußgesetzes.
Aus Anlaß dieser Beschwerdesache leitete der VfGH gemäß Art 139 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Abs 2 des § 2 der Tiroler Ladenschlußverordnung 1965 ein. Dieses Verfahren it zu V88/87 protokolliert.
b) Der Landeshauptmann von Tirol teilte mit Schriftsatz vom mit, daß er in diesem Verfahren von der Erstattung einer Äußerung absieht. Auch der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nahm - im Hinblick auf das Erkenntnis des - von einer Äußerung Abstand.
3. Mit hat der VwGH aus Anlaß eines weitren bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahrens den (hier zu V22/88 protokollierten) Antrag gestellt, § 2 Abs 2 Tiroler Ladenschlußverordnung 1965 als gesetzwidrig aufzuheben. Der Landeshauptmann von Tirol und der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten haben erklärt von einer Äußerung Abstand zu nehmen.
II. 1. Die V des Landeshauptmannes von Tirol vom über die Regelung des Ladenschlusses an Werktagen (Tiroler Ladenschlußverordnung 1965) erging auf Grund des Ladenschlußgesetzes, BGBl. 156/1958, in der Fassung der Ladenschlußgesetz-Nov., BGBl. 203/1964.
Sie enthält in § 2 Bestimmungen über "Allgemeine Ladenschlußzeiten". Nach § 2 Abs 1 sind Verkaufsstellen an Werktagen außer Samstagen zu bestimmten Zeiten geschlossen zu halten. Sodann bestimmt der in Prüfung stehende § 2 Abs 2:
"An Samstagen gelten die im Abs 1 bestimmten Aufsperrzeiten, jedoch sind alle Verkaufsstellen, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, an Samstagen ab 13.00 Uhr geschlossen zu halten."
2. Aus Anlaß der zu V36/86 und V22/87 protokollierten Anträge des VwGH sowie aus Anlaß der zu B383/87
protokollierten Beschwerdesache leitete der VfGH gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen das Verfahren G132/87 (und Folgezahlen) zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Absätze 1 und 3 des § 3 des Ladenschlußgesetzes, BGBl. 156/1958, ein; er hob diese Gesetzesstellen mit Erkenntnis vom als verfassungswidrig auf und bestimmte, daß die Aufhebung mit in Kraft tritt (BGBl. 18/1988).
III. 1. Die Verordnungsprüfungsverfahren sind - wie sich aus den Entscheidungsgründen des Erkenntnisses im Gesetzesprüfungsverfahren ergibt - zulässig.
2. Die in Prüfung stehende Verordnungsstelle findet ihre Grundlage - wie ebenfalls im Erkenntnis im Gesetzesprüfungsverfahren dargelegt wurde - in der als verfassungswidrig erkannten Bestimmungen des § 3 Abs 1 und 3 LSchG und kann sich materiell auf keine andere Bestimmung des Ladenschlußgesetzes stützen. Da nach der Rechtsprechung des VfGH (VfSlg. 5373/1966) eine V als ohne gesetzliche Deckung erlassen anzusehen ist, wenn ihre gesetzliche Grundlage in einem Verfahren nach Art 140 B-VG aufgehoben worden ist, war spruchgemäß zu entscheiden.
3. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Verordnungsstelle war im Hinblick darauf erforderlich, daß der VfGH für das Außerkrafttreten der zugrundeliegenden Gesetzesbestimmungen eine Fri
Fundstelle(n):
RAAAE-29979