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VfGH vom 04.12.2014, V88/2014

VfGH vom 04.12.2014, V88/2014

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit einer Verordnung betreffend die Aufhebung eines Bebauungsplanes mangels einer dem Oö RaumOG 1994 entsprechenden Begründung für die Aufhebung

Spruch

I. Die Verordnung des Gemeinderats der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen, mit welcher der Bebauungsplan Tolleterau OST Nr 1, später Nr 4, samt allen Einzeländerungen 1 bis 3 und 4.4 bis 4.9 aufgehoben wird, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen am , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom und kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit vom bis zum , wird als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Die Oberösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Landesgesetzblatt für Oberösterreich verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl B1163/2011 eine auf Art 144 B VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1. Mit Bescheid vom erteilte der Vizebürgermeister der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen als Baubehörde erster Instanz der beteiligten Partei des Ausgangsverfahrens die Baubewilligung für den Neubau der Wohnanlage Tolleterau II mit 20 Wohnungen samt Tiefgarage auf dem Grundstück Nr 1242/3, KG Tolleterau, und den Neubau der Wohnanlage Tolleterau II mit 13 Wohnungen samt Tiefgarage auf dem Grundstück Nr 1242/14, KG Tolleterau, nach Maßgabe der Projektunterlagen. Die Einwendungen der Nachbarn, unter anderen jene des Beschwerdeführers des Ausgangsverfahrens – dieser ist Eigentümer des vom zu bebauenden Grundstück durch eine Straße getrennten Grundstücks Nr 1245/2 –, wurden als unbegründet abgewiesen.

1.2. Der Gemeinderat der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen wies die dagegen vom Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens erhobene Berufung mit Bescheid vom als unbegründet ab.

1.3. Der Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens brachte gegen diese Entscheidung Vorstellung ein. Die Oberösterreichische Landesregierung wies die Vorstellung mit dem im Ausgangsverfahren angefochtenen Bescheid vom als unbegründet ab.

1.4. Die Oberösterreichische Landesregierung ging in ihrer Entscheidung davon aus, dass auf die Baugrundstücke kein Bebauungsplan anwendbar sei, weil mit der Verordnung des Gemeinderats der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen vom der bis dahin geltende Bebauungsplan Tolleterau OST aufgehoben wurde.

1.5. Dem Verfassungsgerichtshof stellte sich im Ausgangsverfahren die Sachlage hinsichtlich der Erlassung der Verordnung des Gemeinderats der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen vom , mit der der Bebauungsplan Tolleterau OST aufgehoben wurde, wie folgt dar:

1.5.1. In der Sitzung des Gemeinderats der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen vom stellte der Vizebürgermeister den Dringlichkeitsantrag auf "Aufhebung des Bebauungsplanes Tolleterau OST Nr 1, später abgeändert auf Nr 4, samt seinen 9 Änderungsplänen mit den Bezeichnungen 1 bis 3 und 4.4 bis 4.9". Er begründete diesen Antrag damit, dass "[d]ie Satzungen dieser Bebauungspläne" völlig veraltet seien und den "heutigen Anforderungen" nicht mehr entsprächen. Für eine geordnete Bebauung sollten zukünftig die Bestimmungen der Oberösterreichischen Bauordnung angewendet werden. Es lägen bereits wieder Bauvorhaben vor, "welche den rechtskräftigen Bebauungsplänen nicht entsprechen würden". Aus diesem Grund solle der bestehende Bebauungsplan rasch aufgehoben werden. Der Gemeinderat fasste einen Grundsatzbeschluss auf Aufhebung des Bebauungsplans.

1.5.2. Mit Schreiben vom verständigte die Gemeinde die betroffenen Grundeigentümer und weitere Betroffene gemäß § 36 Abs 4 iVm § 33 Abs 1 Oberösterreichisches Raumordnungsgesetz 1994 (OÖ ROG 1994) von der beabsichtigten Aufhebung des Bebauungsplans und räumte eine Stellungnahmefrist bis zum ein.

1.5.3. In seiner Sitzung vom verwies der Gemeinderat auf seinen Grundsatzbeschluss vom und auf das durchgeführte Verständigungsverfahren. Nach Verlesung der eingelangten Stellungnahmen beschloss der Gemeinderat die "Aufhebung des Bebauungsplanes Tolleterau OST Nr 1 später abgeändert auf Nr 4, samt seinen neun Änderungsplänen mit den Bezeichnungen 1 bis 3 und 4.4 bis 4.9".

1.5.4. Mit Bescheid vom erteilte die Oberösterreichische Landesregierung gemäß § 34 Abs 1 iVm § 36 Abs 4 OÖ ROG 1994 die aufsichtsbehördliche Genehmigung für die Aufhebung des Bebauungsplans.

1.5.5. Die Verordnung, mit welcher der Bebauungsplan aufgehoben wird, wurde mit Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen vom bis zum kundgemacht.

2. Bei der Behandlung der Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderats der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen, mit welcher der Bebauungsplan Tolleterau OST Nr 1, später Nr 4, samt allen Einzeländerungen 1 bis 3 und 4.4 bis 4.9 aufgehoben wird, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen am , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom und kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit vom bis zum , entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am beschlossen, diese Verordnung von Amts wegen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"3.1. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes stellt eine ersatzlose Aufhebung eines Bebauungsplanes eine 'Änderung' dieses Bebauungsplanes im Sinn der raumordnungsrechtlichen Bestimmungen dar (vgl. zum früheren § 23 OÖ ROG 1972 VfSlg 11.029/1986 und 19.710/2012). Bei der Aufhebung eines Bebauungsplanes sind daher die für eine Änderung eines Bebauungsplanes vorgesehenen Verfahrensbestimmungen einzuhalten. Diese Verfahrensbestimmungen scheinen nach vorläufiger Auffassung des Verfassungsgerichtshofes in Zusammenhang mit der in Prüfung gezogenen Verordnung verletzt worden zu sein.

3.1.1. Gemäß § 33 Abs 2 OÖ ROG 1994, LGBl 114/1993 idF LGBl 83/1997, der gemäß § 36 Abs 4 OÖ ROG 1994 in der Stammfassung für das Verfahren zur Änderung von Bebauungsplänen gilt, ist die Absicht der Änderung eines Bebauungsplanes vom Bürgermeister gleichzeitig mit der Aufforderung zur Stellungnahme durch vierwöchigen Anschlag an der Amtstafel kundzumachen. Gibt die Gemeinde regelmäßig ein amtliches Mitteilungsblatt heraus, hat die Kundmachung auch dort zu erfolgen.

3.1.2. Nach den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Unterlagen erfolgte die Verständigung der von der geplanten Aufhebung des Bebauungsplanes betroffenen Grundeigentümer mit Schreiben des Bürgermeisters vom . Aus dem von der Gemeinde vorgelegten Verwaltungsakt geht nicht hervor, dass gleichzeitig mit dieser Verständigung ein Anschlag an der Amtstafel im Sinn[e] des § 33 Abs 2 OÖ ROG 1994, LGBl 114/1993 idF LGBl 83/1997, erfolgte. Auch eine Kundmachung im amtlichen Mitteilungsblatt der Gemeinde ist nicht ersichtlich. Der Verfassungsgerichtshof geht daher vorläufig davon aus, dass der fehlende Anschlag an der Amtstafel bzw. die fehlende Kundmachung im amtlichen Mitteilungsblatt der Gemeinde die Verfahrensvorschrift des § 33 Abs 2 OÖ ROG 1994, LGBl 114/1993 idF LGBl 83/1997, verletzen dürfte.

Kleinere Verstöße gegen Formvorschriften bei der Auflage von Entwürfen und der Verständigung darüber bewirken nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dann (noch) keine Gesetzwidrigkeit des Zustandekommens des Planes, wenn dadurch die Unterrichtung der betroffenen Gemeindebürger über die beabsichtigten Planungsmaßnahmen nicht beeinträchtigt wird (vgl. VfSlg 8463/1978, 9150/1981, 10.208/1984, 12.785/1991 und 13.967/1994). Im Verordnungsprüfungsverfahren wird daher nicht nur zu klären sein, ob ein Verstoß gegen § 33 Abs 2 OÖ ROG 1994, LGBl 114/1993 idF LGBl 83/1997, vorliegt, sondern auch, ob durch diesen Verstoß angesichts der persönlichen Verständigung der betroffenen Grundeigentümer von der geplanten Aufhebung des Bebauungsplanes deren Unterrichtung von dem Projekt überhaupt beeinträchtigt wurde oder ob gegebenenfalls ein bloß unbeachtlicher Verstoß gegen eine Formvorschrift vorliegt.

3.2. Gemäß § 36 Abs 6 OÖ ROG 1994 ist die Änderung eines Bebauungsplanes durch den Gemeinderat zu begründen. Dieser Begründungspflicht scheint im vorliegenden Fall nicht entsprochen worden zu sein:

3.2.1. In der Verhandlungsschrift der Sitzung des Gemeinderates der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen vom verwies der Bürgermeister auf den am gefassten Grundsatzbeschluss und verlas die gemäß § 33 Abs 1 OÖ ROG 1994, LGBl 114/1993 idF LGBl 83/1997, im Verordnungserlassungsverfahren eingeholten Stellungnahmen. In der Folge beschloss der Gemeinderat die Aufhebung des Bebauungsplanes. In der Verhandlungsschrift der Gemeinderatssitzung vom scheint keine weitere Begründung auf.

3.2.2. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass § 36 Abs 6 OÖ ROG 1994 eine nachvollziehbare Begründung der Änderung eines Bebauungsplanes durch den Gemeinderat auch dann erfordert, wenn im Stellungnahmeverfahren keine substantiellen Einwendungen gegen die Änderung erhoben wurden. Der Verfassungsgerichtshof geht weiters vorläufig davon aus, dass sich eine solche Begründung unmittelbar aus der Verhandlungsschrift des Gemeinderates oder aus in dieser Verhandlungsschrift genannten Unterlagen erkennen lassen muss. Diese Anforderungen scheinen im vorliegenden Fall nicht erfüllt zu sein.

3.2.3. Die in der Gemeinderatssitzung vom getroffenen Ausführungen, wonach 'die Satzungen dieser Bebauungspläne […] völlig veraltert' seien und 'den heutigen Anforderungen bei weitem nicht mehr' entsprächen und zudem Bauvorhaben vorlägen, 'welche den rechtskräftigen Bebauungsplänen nicht entsprechen würden', sind nach vorläufiger Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht geeignet, um die in der Gemeinderatssitzung vom beschlossene Aufhebung des Bebauungsplanes im Sinne des § 36 Abs 6 OÖ ROG 1994 zu begründen. Die schlichte Behauptung, dass die 'Satzungen dieser Bebauungspläne' veraltet seien und den 'heutigen Anforderungen' nicht mehr entsprächen, wird nämlich weder in den Gemeinderatssitzungen vom oder vom substantiiert, noch finden sich in den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Unterlagen Hinweise, auf welche Umstände sich diese Einschätzung stützt und welche raumplanerischen Defizite daraus erwachsen, die durch eine Aufhebung des Bebauungsplanes beseitigt werden können.

3.2.3.1. Die Ausführungen in der Gemeinderatssitzung vom , wonach Bauvorhaben vorlägen, 'welche den rechtskräftigen Bebauungsplänen nicht entsprechen würden', lassen den Verfassungsgerichtshof nach vorläufiger Auffassung zudem an der Sachlichkeit der in Prüfung gezogenen Verordnung zweifeln.

Im Erkenntnis VfSlg 14.378/1995 traf der Verfassungsgerichtshof zum Oberösterreichischen Raumordnungsgesetz 1972 folgende Ausführungen:

'Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 12171/1989 zum OÖ ROG 1972 feststellte, ist eine Bebauungsplanänderung, die lediglich deshalb vorgenommen wird, um für ein, auf einem Grundstück im Widerspruch zum geltenden Bebauungsplan errichtetes Bauwerk eine gehörige Rechtsgrundlage zu schaffen, gleichheitswidrig. Es widerspricht dem Gleichheitssatz, wenn die Änderung eines Bebauungsplanes nicht durch sachliche Erwägungen begründet, sondern ausschließlich dazu bestimmt ist, entgegen der Aufgabe des Bebauungsplanes, Bauvorhaben in die durch öffentliche Rücksichten gebotenen Bahnen zu lenken, durch Anpassung des Bebauungsplanes den Bauführer zu begünstigen. Der Grundgedanke, der in diesem Erkenntnis für die nachträgliche, nach Errichtung eines Bauwerkes beschlossene Bebauungsplanänderung ausgeführt wurde, trifft in gleicher Weise auf eine Bebauungsplanänderung zu, die zwar vor Bauführung beschlossen, aber eben auch ausschließlich dazu erlassen wird, einen bestimmten Bauwerber im Vergleich zu den Eigentümern von Nachbargrundstücken im Hinblick auf die dafür geltenden baurechtlichen Grundlagen zu begünstigen. Wenn ein Bebauungsplan die Bebauung in die durch die öffentlichen Rücksichten gebotenen Bahnen zu lenken hat, ist es sachlich nicht gerechtfertigt, auf einem der vom Bebauungsplan erfaßten Grundstücke lediglich im Interesse des Bauwerbers eine vom sonstigen Bebauungsplan abweichende bauliche Nutzung zuzulassen.'

3.2.3.2. Diese Erwägungen dürften nach vorläufiger Auffassung des Verfassungsgerichtshofes auch auf die in Prüfung gezogene Verordnung, mit welcher der Bebauungsplan ersatzlos aufgehoben wurde, zutreffen und ihre Unsachlichkeit aufzeigen. Aus der Verhandlungsschrift des Gemeinderates vom ergibt sich, dass der Bebauungsplan – unter anderem – aufgehoben werden sollte, weil dieser konkret vorliegenden Bauvorhaben entgegenstehe, die mit dem bestehenden Bebauungsplan nicht realisierbar wären. Wie der Beschwerdeführer zutreffend darzulegen scheint, wäre auch das dem Beschwerdefall zugrunde liegende Bauvorhaben bei Geltung des Bebauungsplanes nicht bewilligungsfähig gewesen. Der Verfassungsgerichtshof geht daher vorläufig davon aus, dass die in Prüfung gezogene Verordnung dazu diente, im Interesse der Bauwerberin eine vom sonstigen Bebauungsplan abweichende bauliche Nutzung zuzulassen. Die Verordnung beruht damit möglicherweise auf unsachlichen Erwägungen, die mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar sind (vgl. zum Gleichheitsgebot im Raumordnungsrecht allgemein auch VfSlg 16.991/2003)."

4. Die Oberösterreichische Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, dass die in Prüfung gezogene Verordnung nicht gesetzwidrig sei. Sie tritt den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegen:

"Zunächst rügt der Verfassungsgerichtshof, dass gemäß § 33 Abs 2 Oö. ROG die Absicht der Änderung eines Bebauungsplans vom Bürgermeister gleichzeitig mit der Aufforderung zur Stellungnahme durch vierwöchigen Anschlag an der Amtstafel kundzumachen sei. Die Verständigung der von der geplanten Aufhebung des Bebauungsplans betroffenen Grundeigentümer sei mit Schreiben vom erfolgt. Allerdings sei der Anschlag an der Amtstafel nicht vorgenommen worden bzw. sei keine Kundmachung im amtlichen Mitteilungsblatt der Gemeinde erfolgt. Wie bereits vom Verfassungsgerichtshof erwähnt, bewirken kleinere Verstöße gegen Formvorschriften bei der Auflage von Entwürfen der Verständigung nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dann noch keine Gesetzwidrigkeit des Zustandekommens des Plans, wenn dadurch die Unterrichtung der betroffenen Gemeindebürger über die beabsichtigte Planungsmaßnahme nicht beeinträchtigt werde.

Mit der Verständigung vom wurden sämtliche Grundeigentümer darüber verständigt, dass beabsichtigt ist, den rechtskräftigen Bebauungsplan Tolleterau Ost Nr 1, später abgeändert auf Nr 4, samt den neuen rechtskräftigen Änderungsplänen mit den Bezeichnungen 1 bis 3 und 4.4 bis 4.9 aufzuheben. Da sämtliche Grundeigentümer diesbezüglich eine Verständigung erhalten haben, liegt ein bloß unbeachtlicher Verstoß gegen eine Formvorschrift vor.

Weiters rügt der Verfassungsgerichtshof, dass die Änderung eines Bebauungsplans durch den Gemeinderat zu begründen sei und dieser Begründungspflicht sei im vorliegenden Fall scheinbar nicht entsprochen worden. ln der Verhandlungsschrift der Sitzung des Gemeinderats der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen vom habe zwar der Bürgermeister auf den am gefassten Grundsatzbeschluss verwiesen und die im Verordnungserlassungsverfahren eingeholten Stellungnahmen verlesen. ln der Folge habe der Gemeinderat die Aufhebung des Bebauungsplans beschlossen, wobei in der Verhandlungsschrift keine weitere Begründung aufscheine.

Dem ist entgegenzuhalten, dass der Gemeinderat sehr wohl eine Begründung, die auch als solche bezeichnet ist, für die Aufhebung des Bebauungsplans Tolleterau OST Nr 1 in der Verhandlungsschrift vom angegeben hat. Zum einen wird angeführt, dass die Satzungen dieser Bebauungspläne völlig veraltet seien und bei weitem nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprechen. Für eine geordnete Bebauung sollen daher künftig die Bestimmungen der Oö. Bauordnung angewendet werden. Dezidiert wird in der Begründung auch darauf hingewiesen, dass bis auf einziges Grundstück dort in den letzten Jahren nur ortsübliche Baugrundstücke für die Errichtung von Ein- und Zweifamilienhäusern mit ca. 800 bis 1000 m² geschaffen wurden und ca. 80 % des gegenständlichen Wohngebiets bereits verbaut ist.

Weiters ist in der Verhandlungsschrift angeführt, dass auch der Bürgermeister, die angeführte Begründung bestätigte. Der Bürgermeister führte zudem aus, dass bereits wieder und somit wiederholt Bauvorhaben, welche den rechtskräftigen Bebauungsplänen nicht entsprechen, vorliegen, weshalb er sich für eine rasche Aufhebung des Bebauungsplanes samt seinen Änderungen einsetzt. Weiters wurde erwähnt, dass sich für die betroffenen Grundeigentümer durch diesen Eingriff keine Nachteile ergeben und für eine künftige Bebauung die Bestimmungen der Oö. Bauordnung gelten. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Bürgermeister als zuständige Baubehörde über eine umfangreiche Kenntnis der entsprechenden Bauvorhaben und Bauverfahren verfügt.

Der Gemeinderat konnte daher auch zum Schluss kommen, dass öffentliche Interessen der geplanten Änderung sicher nicht entgegenstehen, die Änderungen den Planungszielen voll entsprechen und Interessen Dritter nicht verletzt werden. Mit diesem Beschluss wurde vom Gemeinderat zum Ausdruck gebracht, dass die Umsetzung des Bebauungsplanes aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre obsolet geworden ist. Dies wird auch dadurch untermauert, dass von den verständigten Grundeigentümern keinerlei negative Stellungnahme gegen die Aufhebung des Bebauungsplanes vorgebracht wurde, weshalb man auch annehmen konnte, dass die Aufhebung zu keiner Verletzung von Interessen Dritter führt.

Auch dem Argument des Verfassungsgerichtshofes, dass eine Bebauungsplanänderung die lediglich deshalb vorgenommen worden sei, um für ein, auf einem Grundstück im Widerspruch zum geltenden Bebauungsplan errichtetes Bauwerk eine gehörige Rechtsgrundlage zu schaffen, eine Gleichheitswidrigkeit darstelle, ist entgegenzuhalten, dass vom Bürgermeister ausdrücklich angeführt wurde, dass wieder Bauvorhaben, somit offensichtlich mehrere, welche den rechtskräftigen Bebauungsplänen nicht entsprechen, vorliegen. Demnach kann nicht von einer Einzelbegünstigung ausgegangen werden, zumal ja auch die betroffenen Grundeigentümer keineswegs die Aufhebung des Bebauungsplanes bemängelten."

5. Der Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens erstattete eine Äußerung, in der er sich im Wesentlichen den vom Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken anschließt und die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Verordnung beantragt.

6. Die Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen und die Bauwerberin des Ausgangsverfahrens erstatteten eine gemeinsame Stellungnahme, in der sie beantragen, der Verfassungsgerichtshof möge die in Prüfung gezogene Verordnung "als gesetzes- und verfassungskonform einstufen". Dazu führen sie im Wesentlichen Folgendes aus:

"[…]

4. Zu den Bedenken gegen ausreichende Begründung der Bebauungsplanaufhebung:

Der VfGH hegt unter den Punkt 3.2.1 des Prüfungsbeschlusses Bedenken gegen die Begründung der Bebauungsplanaufhebung durch den Gemeinderat.

Dazu wird wie folgt ausgeführt:

Die Aufhebung des Bebauungsplanes Tolleterau-Ost samt sämtlicher Änderungen in den Gemeinderatssitzungen vom (Grundsatzbeschluss) und vom wurde vom Gemeinderat seinerzeitig wie folgt begründet:

Die Bebauungspläne waren im Jahr 2003 völlig veraltert und entsprachen nicht mehr den heutigen Anforderungen. Der Bebauungsplan stammt aus den Jahren 1975/1976/1977 und wurden damals die sehr strengen Vorgaben aus dem deutschen Rechtsraum zum Gutteil übernommen. Diese sehr strengen Vorgaben, vor allem was die Ausgestaltung der Gebäude angeht, erwiesen sich im Laufe der Jahrzehnte als nicht (mehr) praktikabel. Im Jahr 2003, als die Bebauungsplanaufhebung im Grundsatz beschlossen wurde, war im Wesentlichen nach wie vor trotz der Einzeländerungen der Bebauungsplan 1976 (Gemeinderatsbeschluss vom ) in Kraft. Die Grundeigentümer bzw. Bauwerber hätten sohin so bauen müssen, wie es im Jahr 1976 Mode war und konnte daher dieser Bebauungsplan aufgrund der architektonischen Weiterentwicklung nicht mehr aufrechterhalten werden.

So wäre es etwa nicht einmal möglich gewesen, Photovoltaikanlagen auf den Gebäuden zu errichten (!), was naturgemäß in keiner Weise mehr zeitgemäß war.

Bereits der Umstand, dass der Bebauungsplan seit dem Jahr 1976 insgesamt 9 mal (!) geändert werden musste, zeigt, dass die Aufrechterhaltung des Bebauungsplanes nicht mehr zeitgemäß war.

Zu betonen ist an dieser Stelle, dass über diese Umstände Einigkeit herrschte und diese Überlegungen auch während der Gemeinderatssitzungen vom und vom durch die Gemeinderatsmitglieder aller Fraktionen durchaus auch – wenn auch nur kursorisch – erörtert wurden. Nachdem Einigkeit über die Veralterung des Bebauungsplanes bestand, wurde diese Debatte auch nur Stichwortartig und zusammenfassend festgehalten.

In einem gelangen allerdings insgesamt 20 Eidesstättige Erklärungen zur Vorlage; und zwar jener Gemeinderatsmitglieder sowie des Amtsleiters als Schriftführer, die an den beiden Gemeinderatssitzungen teilgenommen haben. Daraus ergibt sich, dass die Aufhebung des Bebauungsplanes, und zwar bei beiden Gemeinderatssitzungen, sehr wohl überlegt und sehr wohl begründet war. Dass dies im Zusammenfassungsprotokoll nicht im Detail festgehalten wurde, ändert daran nichts. Die Gemeinderatsprotokolle entfalten aufgrund der Eigenschaft als öffentliche Urkunde zwar die Vermutung der Richtigkeit, der Beweis des Gegenteiles ist allerdings möglich. Durch die beiliegenden Eidesstättigen Erklärungen wird dieser Beweis erbracht.

Zu betonen ist auch, dass über sämtliche Fraktionen hinaus die Abstimmungen einstimmig ausfielen.

Zu betonen ist weiters, dass derartige Bebauungsplanaufhebungen in Oberösterreich durchaus an der Tagesordnung stehen. Sollte der VfGH diese Vorgangsweise als gesetzwidrig einstufen, so wäre eine Unzahl von Bebauungsplanaufhebungen davon betroffen.

Es wurde auch zwischenzeitig ein ergänzendes ortsplanerisches Gutachten eingeholt, aus dem sich ergibt, dass die seinerzeitige Vorgangsweise des Gemeinderates auch aus ortsplanerischer Sicht durchaus als sinnvoll einzustufen und zu befürworten ist.

Die oben dargestellte Begründung für die Bebauungsplanaufhebung lag bereits bei den beiden Gemeinderatssitzungen 2003/2004 vor und stellt daher keine Nachholung der Begründung im Rahmen des Verordnungsprüfungsverfahrens dar. Es wird aber der Beweis der damaligen Begründung angetreten.

5. Zum Vorwurf einer anlassbedingten Aufhebung des Bebauungsplanes:

Ganz entschieden ist der Vorwurf zurückzuweisen, dass der Bebauungsplan nur deswegen aufgehoben worden wäre, um der mitbeteiligten Gemeinnützige Donauländische Wohnungsgenossenschaft die Bebauung der Grundstücke Nr 1242/3 und 1242/14 zu ermöglichen. Dazu ist im Einzelnen wie folgt auszuführen:

5.1. Gänzlich unsubstantiiert und geradezu kreditschädigend wird vom Beschwerdeführer behauptet, dass auch die Bebauungsplanaufhebung ausschließlich deswegen vom Gemeinderat erlassen wurd[e], um die mitbeteiligte Bauwerberin in ihrem Bauvorhaben gleichheitswidrig zu begünstigen.

Bemerkenswert ist, dass auf Seite 22 (letzter Absatz) der Beschwerdeschrift angekündigt wird, dass 'tiefer stehend aufgezeigt' werde, warum hier die zweitmitbeteiligte Bauwerberin in gleichheitswidriger Weise begünstigt sein soll. In weiterer Folge werden – im Text verstreut – diese Behauptungen wiederholt, wobei jedoch die angekündigte 'tiefer stehende' Begründung dieser Behauptung nicht aufzufinden ist. Vielmehr bedient sich der Beschwerdeführer Scheinbegründungen wie 'eindeutig' (siehe Seite 33 Punkt .3) oder 'eindeutig gesetzwidrig' (Seite 27 vorletzter Absatz, letzter Satz).

5.2. Erstmals im Herbst 2007 ergab sich für die mitbeteiligte Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft die Möglichkeit die hier gegenständlichen Grundstücke anzukaufen und wird verwiesen auf das in einem vorgelegte Protokoll der DWG über die Aufsichtsrat- und Vorstandssitzung vom .

Die zweitmitbeteiligte Bauwerberin hat letztendlich Eigentum an der Bauliegenschaft mit Kaufvertrag vom 18.10./ erworben. Der Kaufvertrag wurde abgeschlossen am 18.10./ und im Grundbuch durchgeführt aufgrund des Beschlusses vom . Die Bebauungsplanaufhebung 2003/2004 erfolgten sohin Jahre vor dem Erwerb der Liegenschaft durch die zweitmitbeteiligte Bauwerberin, weswegen die Vorwürfe des Beschwerdeführers, wonach die raumordnungsrechtlichen Maßnahmen ausschließlich deswegen gesetzt worden seien, um der Bauwerberin einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen, völlig haltlos sind.

Der Beschwerdeführer behauptet allerdings auch, dass selbst die Erlassung des Flächenwidmungsplanes Nr 3 im Jahr 1987 (!) nur deswegen erfolgt wäre, um die mitbeteiligte Bauwerberin zu begünstigen.

5.3. Der Bürgermeister der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen, **** *********, war, als der Bebauungsplan in den Jahren 2003/2004 aufgehoben wurde, weder Vorstandsmitglied noch Obmann der Bauwerberin. Er stand mit der Bauwerberin in keinem wie immer gearteten Rechtsverhältnis. Es war auch zum damaligen Zeitpunkt in keiner Weise davon die Rede, dass die Bauwerberin planen würde, auf den baugegenständlichen Grundstücken einen Wohnbau zu errichten.

Vielmehr stand in Rede, dass der seinerzeitige Liegenschaftseigentümer, ******* ********, beabsichtigte, die Liegenschaft zu bebauen. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf die insgesamt 20 Eidesstättigen Erklärungen der Gemeinderatsmitglieder sowie des Schriftführers der beiden Gemeinderatssitzungen vom und vom , aus denen ebenfalls hervorgeht, dass eine Bebauung durch die Bauwerberin zum damaligen Zeitpunkt in keiner Weise zur Diskussion stand.

Bürgermeister **** ********* wurde erst mit Vorstandmitglied bei der gemeinnützigen Bauwerberin und erst mit Obmann.

Wie vom Beschwerdeführer hier ein Zusammenhang mit der Bebauungsplanaufhebung in den Jahren 2003/2004 gesehen werden kann, ist in keiner Weise nachvollziehbar.

5.4. Ganz unabhängig davon ist auch festzuhalten, dass ein mehrgeschoßiger Wohnbau auf den beiden baugegenständlichen Grundstücken auch ohne Aufhebung des Bebauungsplanes möglich gewesen wäre! Nach dem Bebauungsplan war sogar nur ein mehrgeschoßiger Wohnbau zulässig; nach der Bebauungsplanaufhebung war eine Bebauung in jedwede Richtung möglich. Der Beschwerdeführer wurde damit sogar durch die Bebauungsplanaufhebung bessergestellt.

5.5. Bei seinem Vorwurf, die zweitmitbeiteiligte Bauwerberin würde nur ihre privatrechtlichen wirtschaftlichen Interessen verfolgen, übergeht der Beschwerdeführer völlig die Tatsache, dass die zweitmitbeteiligte Bauwerberin eine gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft ist. Von wie immer gearteten rein privatrechtlichen Interessen kann sohin keinerlei Rede sein. Das hier gegenständliche Bauprojekt dient zur Abmilderung des mehr als dringenden Wohnbedürfnisses und ist bereits errichtet und bezogen."

II. Rechtslage

1. Die §§31 und 33 Oberösterreichisches Raumordnungsgesetz 1994 (OÖ ROG 1994), LGBl 114/1993 idF LGBl 83/1997, lauten auszugsweise:

"§31

Bebauungsplan

(1) Jede Gemeinde hat in Durchführung der Aufgaben der örtlichen Raumordnung durch Verordnung Bebauungspläne zu erlassen, soweit dies zur Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung oder zur Erreichung eines möglichst wirksamen Umweltschutzes erforderlich ist. Bebauungspläne dürfen den Raumordnungsgrundsätzen, den Raumordnungsprogrammen, Verordnungen gemäß § 11 Abs 6 und dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.

(2) Bei der Erlassung der Bebauungspläne ist die im Interesse der baulichen Ordnung erforderliche räumliche Verteilung der Gebäude und sonstigen Anlagen sowie gegebenenfalls das Maß der baulichen Nutzung möglichst so festzulegen, daß eine gegenseitige Beeinträchtigung vermieden wird. Insbesondere ist auf ein ausreichendes Maß an Licht, Luft und Sonne sowie auf die Erfordernisse des Umweltschutzes, der Hygiene und der Feuersicherheit Rücksicht zu nehmen.

(3) § 20 gilt sinngemäß.

[…]

§33

Verfahren in der Gemeinde

(1) Bei der Erlassung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes hat die Gemeinde

1. den in Betracht kommenden Bundesdienststellen,

2. der Landesregierung,

3. den benachbarten Gemeinden,

4. der Wirtschaftskammer Oberösterreich,

5. der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich,

6. der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich,

7. der O.ö. Umweltanwaltschaft, soweit Belange des Umweltschutzes in Frage stehen sowie

8. sonstigen Körperschaften öffentlichen Rechtes, von denen bekannt ist, daß ihre Interessen berührt werden,

innerhalb von acht Wochen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Landesregierung sind mit der Aufforderung zur Stellungnahme sechs Planentwürfe vorzulegen.

(2) Gleichzeitig ist die Absicht, einen Flächenwidmungsplan oder einen Bebauungsplan aufzustellen, vom Bürgermeister durch vierwöchigen Anschlag an der Amtstafel mit der Aufforderung kundzumachen, daß jeder, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist seine Planungsinteressen dem Gemeindeamt (Magistrat) schriftlich bekanntgeben kann. Gibt die Gemeinde regelmäßig ein amtliches Mitteilungsblatt heraus, so hat die Kundmachung auch dort zu erfolgen.

(3) Vor Beschlußfassung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes durch den Gemeinderat ist der Plan durch vier Wochen zur öffentlichen Einsichtnahme beim Gemeindeamt (Magistrat) aufzulegen. Die Eigentümer jener Grundstücke, an deren Flächenwidmung oder Bebaubarkeit sich Änderungen ergeben, sind von der Planauflage nachweislich zu verständigen. Auf die Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme und die Möglichkeit der Einbringung von Anregungen oder Einwendungen ist während der Auflagefrist durch Anschlag an der Amtstafel und im amtlichen Mitteilungsblatt hinzuweisen, wenn die Gemeinde ein solches regelmäßig herausgibt.

(4) Jedermann, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, ist berechtigt, während der Auflagefrist schriftliche Anregungen oder Einwendungen beim Gemeindeamt (Magistrat) einzubringen, die mit dem Plan dem Gemeinderat vorzulegen sind. Eine Beschlußfassung des Planes in einer anderen als der zur Einsichtnahme aufgelegten Fassung ist nur nach vorheriger Anhörung der durch die Änderung Betroffenen zulässig."

2. § 32 OÖ ROG 1994, LGBl 114/1993 idF LGBl 131/1997, lautet (auszugsweise):

"§32

Inhalt des Bebauungsplanes

(1) Der Bebauungsplan hat auszuweisen und festzulegen:

1. die genaue Abgrenzung des Planungsgebietes und die Darstellung seiner Lage im Gemeindegebiet;

2. die im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungen sowie die Darstellung von überörtlichen Planungen;

3. die Fluchtlinien (Abs3);

4. die Gebäudehöhe (Abs4);

5. den Verlauf und die Breite der Verkehrsflächen; nach Erfordernis auch die Angabe der Breite von Fahrbahnen und Gehsteigen;

6. die Art der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung und der Energieversorgung;

7. bestehende Bauten und Anlagen.

(2) Der Bebauungsplan kann nach Maßgabe des § 31 darüber hinaus insbesondere festlegen oder ausweisen:

1. die Bauplätze, ihre Mindestgröße und Höhenlage;

2. die Bauweise (Abs5) und das Maß der baulichen Nutzung (Abs6);

3. Baufluchtlinien, an die im Baufall angebaut werden muß;

4. Fluchtlinien für verschiedene übereinanderliegende Ebenen desselben Planungsgebietes;

5. Höhenlinien;

6. Zu(Aus)gangs- und Zu(Aus)fahrtsverbote gegen bestimmte Verkehrsflächen;

7. den Verlauf der Anlagen der Energieversorgung und der Fernmeldeeinrichtungen;

8. Abstellplätze für Kraftfahrzeuge;

9. Flächen für Gemeinschaftsanlagen wie Kinder- und Jugendspielplätze;

10. Bestimmungen über die Anpflanzung und Erhaltung von Bäumen und Sträuchern sowie Maßnahmen der Dach- und Gebäudebegrünung;

11. die äußere Gestalt von Bauten und Anlagen wie Schauseitenausbildungen, Arkaden, Überbauungen, Färbelung, Höhe, Form und Eindeckung der Dächer, Errichtung von Gemeinschaftsantennen;

12. Bestimmungen über Einfriedungen, Lärm- und Schallschutzwände sowie ähnliche Umwelteinrichtungen;

13. Bestimmungen über Nebengebäude;

14. abzutragende Bauten und Anlagen.

[…]

(6) Das Maß der baulichen Nutzung der Grundstücke ist durch die Gebäudehöhe, die Geschoßflächenzahl oder die Baumassenzahl auszudrücken. Darüber hinaus kann das Maß der baulichen Nutzung durch Festlegung der Anzahl der Geschosse näher bestimmt oder durch Angabe des Prozentsatzes der bebaubaren Fläche beschränkt werden. Die Geschoßflächenzahl ist das Verhältnis der Gesamtgeschoßfläche zur Fläche des Bauplatzes. Die Baumassenzahl ist das Verhältnis der Baumasse zur Fläche des Bauplatzes. Als Baumasse gilt der oberirdisch umbaute Raum bis zu den äußeren Begrenzungen des Baukörpers.

[…]"

3. Die §§34 und 36 OÖ ROG 1994, LGBl 114/1993, lauten:

"§34

Aufsichtsverfahren und Kundmachung

(1) Beschließt der Gemeinderat einen Flächenwidmungsplan, so ist dieser mit dem dazugehörigen Akt und den Planungsunterlagen vor Kundmachung des Beschlusses der Landesregierung als Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Ein Bebauungsplan ist der Landesregierung vor Kundmachung des Beschlusses nur dann zur Genehmigung vorzulegen, wenn überörtliche Interessen im besonderen Maß berührt werden. Überörtliche Interessen werden dann besonders berührt, wenn dies der Gemeinde von der Landesregierung anläßlich ihrer Stellungnahme gemäß § 33 Abs 1 mitgeteilt wurde.

(2) Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn der Plan

1. Raumordnungszielen und -grundsätzen oder festgelegten Planungen angrenzender Gemeinden oder

2. einem Raumordnungsprogramm oder einer Verordnung gemäß § 11 Abs 6 oder

3. dem örtlichen Entwicklungskonzept oder

4. sonstigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere den Verfahrensbestimmungen,

widerspricht oder

5. die geordnete wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung anderer Gemeinden oder des Landes wesentlich beeinträchtigen würde.

(3) Vor Versagung der Genehmigung hat die Landesregierung der Gemeinde den Versagungsgrund mitzuteilen und ihr Gelegenheit zu geben, hiezu binnen einer angemessenen, jedoch mindestens sechs Wochen betragenden Frist Stellung zu nehmen.

(4) Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn

1. der Gemeinde nicht innerhalb von vier Monaten nach Einlangen des genehmigungspflichtigen Planes und der nötigen Unterlagen (Abs1) beim Amt der Landesregierung ein Versagungsgrund mitgeteilt wird oder

2. der Gemeinde innerhalb von drei Monaten nach Einlangen ihrer Stellungnahme zu den mitgeteilten Versagungsgründen kein das Verfahren abschließender Bescheid zugestellt wird.

(5) Innerhalb von zwei Wochen nach Einlangen des genehmigten Planes bei der Gemeinde oder nach Fristablauf ist der Plan kundzumachen. Bei Versagung der Genehmigung hat eine Kundmachung des Planes zu unterbleiben. Zwei Ausfertigungen des kundgemachten Planes sind dem Amt der Landesregierung vorzulegen.

[…]

§36

Änderung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes

(1) Flächenwidmungspläne (einschließlich dem örtlichen Entwicklungskonzept) und Bebauungspläne sind

1. bei Änderung der maßgeblichen Rechtslage oder

2. wenn es das Gemeinwohl erfordert,

zu ändern.

(2) Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne können geändert werden, wenn

1. öffentliche Interessen, die nach diesem Landesgesetz bei der Erlassung von solchen Plänen zu berücksichtigen sind, dafür sprechen oder

2. diese Änderung den Planungszielen der Gemeinde nicht widerspricht und

3. Interessen Dritter nicht verletzt werden.

(3) Langen bei der Gemeinde Anregungen auf Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes ein, so hat der Gemeinderat binnen sechs Monaten zu entscheiden, ob die Voraussetzungen zu Änderungen gemäß Abs 1 oder 2 gegeben sind. Liegen die Voraussetzungen vor, ist das Verfahren zur Änderung des Planes einzuleiten.

(4) Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des § 33 und des § 34, jedoch ist benachbarten Gemeinden und Körperschaften öffentlichen Rechtes nur dann Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, wenn deren Interessen durch die beabsichtigten Planänderungen berührt werden. Eine Planauflage ist nicht erforderlich, wenn die von der beabsichtigten Planänderung Betroffenen vor der Beschlußfassung verständigt oder angehört werden. Die Eigentümer jener Grundstücke, an deren Flächenwidmung oder Bebaubarkeit sich Änderungen ergeben, sind von der Planauflage nachweislich zu verständigen.

(5) Auf Nutzungen, die der bisherigen Widmung entsprechen, ist bei Änderung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne möglichst Rücksicht zu nehmen.

(6) Die Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes ist durch den Gemeinderat zu begründen; bei der Änderung von Flächenwidmungsplänen muß der Begründung oder den Planungsunterlagen überdies die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung zu entnehmen sein."

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Verfahrens

Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Verordnung, insoweit diese den Bebauungsplan für die Baugrundstücke Nr 1242/3 und 1242/14 aufhebt, zweifeln ließe (vgl. in diesem Zusammenhang die Ausführungen zum Aufhebungsumfang in Pkt. III.2.4.); auch die Verfahrensparteien haben in ihren Äußerungen die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Verordnung nicht in Zweifel gezogen.

Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Verordnungsprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.

2. In der Sache

Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes konnten im Verordnungsprüfungsverfahren nicht zerstreut werden.

2.1. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Prüfungsbeschluss vom unter anderem davon aus, dass die Aufhebung des Bebauungsplans Tolleterau OST durch die in Prüfung gezogene Verordnung auf unsachlichen Erwägungen beruhten und der Gemeinderat seiner Begründungspflicht für die Aufhebung des Bebauungsplans gemäß § 36 Abs 6 OÖ ROG 1994 nicht entsprochen haben dürfte. Aus der Verhandlungsschrift des Gemeinderats vom ergebe sich nämlich offenbar, dass der Bebauungsplan deshalb aufgehoben werden sollte, weil dieser konkret vorliegenden Bauvorhaben entgegenstehe, die mit dem bestehenden Bebauungsplan nicht realisierbar wären und "die Satzungen dieser Bebauungspläne […] völlig veraltet" seien.

2.2. Die Oberösterreichische Landesregierung meint in ihrer Äußerung demgegenüber, den Ausführungen des Bürgermeisters der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen im Verordnungserlassungsverfahren lasse sich entnehmen, dass offensichtlich mehrere Bauvorhaben, welche "den rechtskräftigen Bebauungsplänen" nicht entsprächen, vorgelegen seien. Demnach könne nicht von einer Einzelbegünstigung ausgegangen werden. Aus der Verhandlungsschrift des Gemeinderats vom gehe eine ausreichende Begründung für die Aufhebung des Bebauungsplans hervor. Dort werde darauf hingewiesen, dass im Geltungsbereich des Bebauungsplans Tolleterau OST in den letzten Jahren nur ortsübliche Baugrundstücke für die Errichtung von Ein- und Zweifamilienhäusern mit ca. 800 bis 1000 m² geschaffen worden und ca. 80 % des Wohngebiets bereits verbaut seien. Der Bürgermeister habe ausgeführt, "dass bereits wieder und somit wiederholt Bauvorhaben, welche den rechtskräftigen Bebauungsplänen nicht entsprechen," vorliegen würden, weshalb er sich für eine rasche Aufhebung des Bebauungsplans einsetze. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Bürgermeister als zuständige Baubehörde über eine umfangreiche Kenntnis der entsprechenden Bauvorhaben und Bauverfahren verfüge. Im Übrigen hätten die betroffenen Grundeigentümer die Aufhebung des Bebauungsplans nicht bemängelt.

Die Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen und die Bauwerberin des Ausgangsverfahrens bringen in ihrer (gemeinsamen) Äußerung vor, der Aufhebung des Bebauungsplans sei eine umfassende Debatte im Gemeinderat vorangegangen. Da zwischen den Parteien im Gemeinderat Einhelligkeit erzielt worden sei, seien die Ergebnisse der Debatte nicht im Detail festgehalten worden. In der Zwischenzeit sei auch ein ortsplanerisches Gutachten eingeholt worden, das die ortsplanerische Notwendigkeit der Aufhebung des Bebauungsplans bestätige. Die Bauwerberin des Ausgangsverfahrens habe schließlich durch die Aufhebung des Bebauungsplans Tolleterau OST mit der in Prüfung gezogenen Verordnung aus 2004 gar nicht begünstigt werden können, weil sie die Baugrundstücke erst 2007 erworben habe.

2.3. In der Verhandlungsschrift des Gemeinderats der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen vom wird zur beantragten Aufhebung des Bebauungsplans Tolleterau OST ausgeführt, dass die Bebauungspläne "völlig veraltet seien und bei weitem nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprechen". Der Verhandlungsschrift des Gemeinderats ist weiters zu entnehmen, dass "bereits wieder Bauvorhaben, welche den rechtskräftigen Bebauungsplänen nicht entsprechen würden, vorliegen". Weitere Gründe für die Aufhebung des Bebauungsplans Tolleterau OST lassen sich der Verhandlungsschrift des Gemeinderats vom oder den sonstigen dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Unterlagen des Verordnungserlassungsverfahrens nicht entnehmen.

Hinsichtlich der Ausführungen, dass die Bebauungspläne "völlig veraltet seien und bei weitem nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprechen", ist für den Verfassungsgerichtshof – wie schon im Prüfungsbeschluss angenommen – auf Grund der Unterlagen der in Prüfung gezogenen Verordnung nicht erkennbar, auf welche Umstände der Gemeinderat eine solche Einschätzung stützte und welche konkreten raumplanerischen Defizite aus der Geltung des Bebauungsplans Tolleterau OST erwuchsen, denen nur durch seine Aufhebung begegnet werden konnte. Die unsubstantiierte Behauptung, dass die Bebauungspläne "völlig veraltet seien und bei weitem nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprechen", ist für den Verfassungsgerichtshof daher nicht geeignet, die Aufhebung des Bebauungsplans Tolleterau OST iSd § 36 Abs 6 OÖ ROG 1994 zu begründen.

Wenn der Gemeinderat der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen und die Bauwerberin des Ausgangsverfahrens in ihrer Äußerung im Verordnungsprüfungsverfahren näher darlegen, welche Erwägungen des Gemeinderats der Verordnungserlassung im Einzelnen zugrunde gelegen seien, ist festzuhalten, dass diese Erwägungen in den Akten des Verordnungserlassungsverfahrens keinen Niederschlag gefunden haben. Im verfassungsgerichtlichen Verordnungsprüfungsverfahren kann die Begründung der Änderung eines Bebauungsplans jedoch nicht mehr nachgeholt werden (vgl. VfSlg 17.223/2004; ua.; , V57-59/2014).

Die in Prüfung gezogene Verordnung erweist sich somit schon mangels einer dem § 36 Abs 6 OÖ ROG 1994 entsprechenden Begründung als gesetzwidrig. Auf die weiteren im Prüfungsbeschluss angeführten Bedenken ist daher nicht mehr einzugehen.

2.4. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Prüfungsbeschluss vom ausführte, lassen sich aus der planlichen Darstellung des – durch die in Prüfung gezogene Verordnung aufgehobenen – Bebauungsplans weder Grundstücksnummern noch Grundstücksgrenzen zweifelsfrei erkennen. Nach einer Aufhebung der in Prüfung gezogenen Verordnung, nur soweit sie die Baugrundstücke des Ausgangsverfahrens betrifft, ließe sich daher der Umfang des mit dieser Aufhebung wieder auflebenden – vgl. dazu VfSlg 11.024/1986 und 19.710/2012 – Bebauungsplans Tolleterau OST nicht mit der nach dem Rechtsstaatsprinzip erforderlichen Genauigkeit erkennen. In einem solchen Fall ist daher die gesamte Verordnung – über den im Anlassverfahren präjudiziellen Teil der Verordnung hinausgehend – aufzuheben (vgl. VfSlg 13.887/1994 und 17.514/2005).

IV. Ergebnis

1. Die Verordnung des Gemeinderats der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen, mit welcher der Bebauungsplan Tolleterau OST Nr 1, später Nr 4, samt allen Einzeländerungen 1 bis 3 und 4.4 bis 4.9 aufgehoben wird, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen am , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom und kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit vom bis zum , ist daher als gesetzwidrig aufzuheben.

2. Die Verpflichtung der Oberösterreichischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 139 Abs 5 erster Satz B VG und § 59 Abs 2 VfGG iVm § 2 Abs 1 Z 4 Oberösterreichisches Kundmachungsgesetz, LGBl 55/1998.

3. Kosten sind nicht zuzusprechen, weil in Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Verordnungen gemäß den §§57 bis 61 VfGG ein Kostenersatz nicht vorgesehen ist (und nur in dem – hier nicht gegebenen – Fall des § 61a VfGG in Betracht kommt). Die von der im Verfahren zu B1163/2011 beschwerdeführenden und im vorliegenden Verfahren beteiligten Partei verzeichneten Kosten für die Erstattung der Äußerung im Verordnungsprüfungsverfahren sind auch deshalb nicht zuzusprechen, weil Kosten für Interventionen im amtswegig eingeleiteten Normenprüfungsverfahren im Anlassverfahren durch den dort zuzusprechenden Pauschalsatz abgegolten werden.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2014:V88.2014