VfGH vom 29.11.2010, v88/10
Sammlungsnummer
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Leitsatz
Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Geschäftsverteilung der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres für das Kalenderjahr 2007; Kundmachungsmangel durch fehlenden Hinweis auf das verordnungserlassende Organ
Spruch
Die Verordnung "Zusammensetzung der Senate und Geschäftsverteilung, gültig für das Jahr 2007 ab " der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres war gesetzwidrig.
Die Bundesministerin für Inneres ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Die beim Verfassungsgerichtshof zur Zahl B46/08
protokollierte Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt, mit dem die Berufung des nunmehrigen Beschwerdeführers gegen die von der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 1, über den Beschwerdeführer wegen Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs 2 iVm § 91,§ 92 Abs 1 Z 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979 verhängte Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von € 200,-- und den im Übrigen verfügten Freispruch des Beschwerdeführers abgewiesen wurde.
1.2. Die beim Verfassungsgerichtshof zur Zahl B1250/08 protokollierte Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt, mit dem der Berufung des nunmehrigen Beschwerdeführers gegen die von der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 1, über den Beschwerdeführer wegen Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs 2,§ 44 Abs 1,§ 46 Abs 1,§ 56 Abs 3,§ 92 Abs 1 Z 3 iVm § 93 BDG 1979 verhängte Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe eines Monatsbezuges teilweise Folge gegeben und die Bemessung der Disziplinarstrafe der im zweiten Rechtsgang zu treffenden Entscheidung der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vorbehalten wurde.
2. Aus Anlass dieser Beschwerden entstand beim Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass die Bestimmungen über den Senat 1 mit dem Standort Wien der Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres für das Jahr 2007, gültig ab , gesetzwidrig sind. Der Verfassungsgerichtshof leitete daher mit Beschluss vom - vorläufig davon ausgehend, dass es sich dabei um Verordnungsbestimmungen iSd Art 139 Abs 1 B-VG handle - gemäß dieser Verfassungsbestimmung ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der genannten Verordnungsbestimmungen ein.
3. Der Vorsitzende der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres als - nach der Aktenlage - verordnungserlassende Behörde legte die Akten betreffend die Erlassung der Geschäftseinteilung vor, erstattete eine Äußerung und beantragte, "der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, dass die geprüfte Verordnung nicht gesetzwidrig ist".
Auch die Bundesministerin für Inneres als oberste zur Vertretung der Verordnung berufene Behörde und der Beschwerdeführer des zu B1250/08 protokollierten Anlassverfahrens als im Verordnungsprüfungsverfahren beteiligte Partei erstatteten jeweils eine Äußerung; der Beschwerdeführer des zu B1250/08 protokollierten Anlassverfahrens beantragte dabei die Zuerkennung des "Aufwandersatze[es] der gegenständlichen Äußerung" in Höhe von € 2.400,--.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die maßgebliche Rechtslage:
1.1.1. Gemäß § 98 Abs 1 BDG 1979, BGBl. 333 idgF, sind bei jeder obersten Dienstbehörde eine Disziplinarkommission und gemäß § 99 Abs 1 leg.cit. beim Bundeskanzleramt eine Disziplinaroberkommission einzurichten. Die Disziplinarkommission ist gemäß § 97 Z 2 BDG 1979 u. a. zur Erlassung von Disziplinarerkenntnissen hinsichtlich der Beamten des Ressorts, in dem sie eingerichtet ist, die Disziplinaroberkommission gemäß § 97 Z 3 BDG 1979 zur Entscheidung über Berufungen gegen die genannten Disziplinarerkenntnisse der Disziplinarkommission zuständig.
1.1.2. Für die Disziplinarkommissionen (und die Disziplinaroberkommission) sehen die §§98, 100 und 101 BDG 1979 (§100 in der hier noch maßgeblichen Fassung BGBl. I 30/1998) - auszugsweise - Folgendes vor:
"Disziplinarkommissionen
§98. (1) ...
(2) Die Disziplinarkommission besteht aus dem Vorsitzenden, den erforderlichen Stellvertretern und weiteren Mitgliedern. Der Vorsitzende und die Stellvertreter müssen rechtskundig sein.
(3) Der Vorsitzende, seine Stellvertreter und die Hälfte der weiteren Mitglieder der Disziplinarkommission sind vom Leiter der Zentralstelle mit Wirkung vom 1. Jänner auf die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Die zweite Hälfte der weiteren Mitglieder ist von dem (den) zuständigen Zentralausschuß (Zentralausschüssen) zu bestellen.
(4) Bestellt der Zentralausschuß innerhalb eines Monats nach Aufforderung durch den Leiter der Zentralstelle keine oder zu wenige Mitglieder für die Disziplinarkommission, so hat der Leiter der Zentralstelle die erforderlichen Mitglieder selbst zu bestellen.
(5) Stehen dem Leiter der Zentralstelle oder dem zuständigen Zentralausschuss zu wenige geeignete Beamte seines Ressorts für die Bestellung zu Kommissionsmitgliedern zur Verfügung, können geeignete Beamte eines anderen Ressorts bestellt werden. Vor der Bestellung von Beamten anderer Ressorts ist das Einvernehmen mit den Leitern, im Falle des Abs 3 letzter Satz mit den Zentralausschüssen, der betreffenden Ressorts schriftlich herzustellen."
"Mitgliedschaft zu den Disziplinarkommissionen und der
Disziplinaroberkommission
§100. (1) Zu Mitgliedern der Disziplinarkommissionen und der Disziplinaroberkommission dürfen nur Beamte des Dienststandes bestellt werden, gegen die kein Disziplinarverfahren anhängig ist.
(2) Der Beamte hat der Bestellung zum Mitglied einer Disziplinarkommission oder der Disziplinaroberkommission Folge zu leisten.
(3) Die Mitgliedschaft zu den Disziplinarkommissionen und der Disziplinaroberkommission ruht vom Zeitpunkt der Einleitung eines Disziplinarverfahrens bis zu dessen rechtskräftigem Abschluß, während der Zeit der (vorläufigen) Suspendierung, der Außerdienststellung, der Erteilung eines Urlaubes von mehr als drei Monaten und der Leistung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes.
(4) Die Mitgliedschaft zu den Disziplinarkommissionen und der Disziplinaroberkommission endet mit dem Ablauf der Bestellungsdauer, mit der rechtskräftigen Verhängung einer Disziplinarstrafe, mit der Versetzung ins Ausland sowie mit dem Ausscheiden aus dem Dienststand.
(5) Im Bedarfsfalle sind die Kommissionen durch Neubestellung von Kommissionsmitgliedern für den Rest der Funktionsdauer zu ergänzen.
Disziplinarsenate
§101. (1) Die Disziplinarkommissionen und die Disziplinaroberkommission haben in Senaten zu entscheiden. Die Senate haben aus dem Vorsitzenden der Kommission oder einem seiner Stellvertreter als Senatsvorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern zu bestehen. Jedes Kommissionsmitglied darf mehreren Senaten angehören.
(2) Ein Mitglied des Senates der Disziplinarkommission muß vom Zentralausschuß oder gemäß § 98 Abs 4 bestellt worden sein.
(3) ...
(4) Der Vorsitzende jeder Kommission hat jeweils bis zum Jahresschluß für das folgende Kalenderjahr die Senate zu bilden und die Geschäfte unter diese zu verteilen. Gleichzeitig ist die Reihenfolge zu bestimmen, in der die weiteren Kommissionsmitglieder bei der Verhinderung eines Senatsmitgliedes als Ersatzmitglieder in die Senate eintreten. Die Zusammensetzung der Senate darf nur im Falle unbedingten Bedarfes abgeändert werden."
1.1.3. § 106 BDG 1979 lautet wie folgt:
"Parteien
§ 106. Parteien im Disziplinarverfahren sind der Beschuldigte und der Disziplinaranwalt. Die Stellung als Partei kommt ihnen mit dem Zeitpunkt der Zustellung der Disziplinaranzeige zu."
1.2. Die Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres für das Jahr 2007, gültig ab , lautet - auszugsweise - wie folgt (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"DISZIPLINARKOMMISSION
BEIM
BUNDESMINISTERIUM FÜR INNERES
Vorsitzender:
SC Mag. Dr. Mathias VOGL
Zusammensetzung der Senate und Geschäftsverteilung, gültig
für das Jahr 2007
ab
Senat 1 mit dem Standort Wien
1. Für alle BeamtInnen des Allgemeinen Verwaltungsdienstes bzw. der Allgemeinen Verwaltung (der Sicherheitsverwaltung), in handwerklicher Verwendung und des Exekutivdienstes bzw. WachebeamtInnen, die dem Planstellenbereich der Sicherheitsdirektion Niederösterreich, den Bundespolizeidirektionen St. Pölten, Wiener Neustadt und Schwechat oder dem Landespolizeikommando Niederösterreich angehören, soweit nicht die Zuständigkeit des Senates 4 gegeben ist.
2. Für BeamtInnen in Disziplinarfällen, in denen der nach dieser Geschäftseinteilung zuständige Senat nicht tätig werden kann.
Der Senat besteht aus:
a) Senatsvorsitzende/r: ...
b) Mitglied: ...
c) Mitglied: ...
Im Falle der Verhinderung treten in folgender Reihenfolge ein:
Für die/den unter a) genannten Senatsvorsitzende/n:
...
Für das unter b) genannte Mitglied:
...
Für das unter c) genannte Mitglied:
...
...
Die in den Senaten unter b) angeführten Mitglieder sind jene, die von der/vom Leiterin/Leiter der Zentralstelle, die unter c) angeführten jene, die vom jeweils zuständigen Zentralausschuss bestellt worden sind.
Der/Dem Senatsvorsitzenden obliegt es, die Mitglieder bzw.
bei Verhinderung die Ersatzmitglieder... der festgesetzten
Reihenfolge einzuberufen. Jede Verhinderung ist aktenkundig zu machen.
Hinsichtlich der Zuständigkeit gilt Nachstehendes in der angeführten Reihenfolge:
1. Für die Zuständigkeit der Senate ist der Zeitpunkt des Anfalles der Rechtssache (Datum des Einlangens bei der Disziplinarkommission) maßgebend.
2. Der dadurch bestimmte Senat bleibt bis zur rechtskräftigen Erledigung der Rechtssache zuständig, selbst wenn inzwischen Veränderungen in der Geschäftsverteilung oder in der Zuweisung der Mitglieder oder Ersatzmitglieder zu den einzelnen Senaten eingetreten sein sollte[n].
3. Sind Mitglieder der Disziplinarkommission ausgeschieden bzw. ist Ruhen der Mitgliedschaft eingetreten, so rückt jenes Ersatzmitglied nach, das im Zeitpunkt des Anfalles der Rechtssache nachgerückt wäre.
4. Erweist sich die Anwendung von Ziffer 2. tatsächlich unmöglich oder kann bei Anwendung von Ziffer 3. ein ordnungsgemäßer Senat nicht gebildet werden, so ist jener Senat heranzuziehen, der in Ansehung der dienstrechtlichen Stellung und des Namens der/s Beamtin/Beamten nach der Geschäftsverteilung des aktuellen Jahres zuständig ist.
5. Wenn ein Senat wegen Verhinderung aller Vorsitzenden oder von weiteren Mitgliedern nicht zusammengesetzt werden kann, treten die Vorsitzenden und weiteren Mitglieder der nachfolgenden Senate in der dort vorgesehenen Reihenfolge ein, wobei für den Senat 4 der Senat 1 als nachfolgend gilt.
6. Bei Verhinderung aller Senatsvorsitzenden und deren Stellvertreter ist die Zuständigkeit des Kommissionsvorsitzenden als Senatsvorsitzender gegeben.
Für die Protokollierung von Geschäftsstücken, die organisatorisch - administrative Belange der Disziplinarkommission beim BM.I betreffen, wurde in der Ministerialkanzlei der Aktenstand
36.108 ('Disziplinarkommission') eingerichtet.
Die Protokollierung der Disziplinarfälle hingegen erfolgt bei den jeweils zuständigen Disziplinarsenaten durch fortlaufende Zahl (entsprechend dem Einlangen des Disziplinarfalles), der nach einem Schrägstrich die zum Disziplinarfall einlangenden Schriftstücke mittels Unterzahl zugeordnet werden; nach einem Gedankenstrich werden die Bezeichnung DK (für Disziplinarkommission), Schrägstrich und ziffernmäßige Bezeichnung des Senates sowie Schrägstrich und die Jahreszahl angefügt.
2/5-DK/3/03 bezeichnet den zweiten Disziplinarfall, fünftes einlangendes Schriftstück hiezu, der Disziplinarkommission drei im BM.I im Jahr 2003.
Es wird ausdrücklich auf die Vorgaben des § 124 BDG verwiesen, wonach über die mündliche Verhandlung eine Verhandlungsschrift aufzunehmen ist. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung zieht sich der Senat zu Beratungen zurück und verkündet den Beschluss unmittelbar danach mündlich.
Dem Gesetz ist somit die Intention zu entnehmen, die Verhandlungsschrift sofort zu verfassen, die Beratungen unmittelbar nach Ende der mündlichen Verhandlung durchzuführen und unmittelbar anschließend den Beschluss zu verkünden; diese Vorgaben sind strikt einzuhalten."
2.1. Zur Frage der Zulässigkeit des Verordnungsprüfungsverfahrens führte der Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss Folgendes aus:
"Die Beschwerden scheinen zulässig zu sein.
Die in Rede stehende Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres dürfte als Rechtsverordnung zu qualifizieren sein (vgl. zB das Erkenntnis VfSlg. 17.771/2006 und den zu Grunde liegenden Prüfungsbeschluss , das Erkenntnis VfSlg. 18.287/2007 und den zu Grunde liegenden Prüfungsbeschluss , sowie das Erkenntnis , und den zu Grunde liegenden Prüfungsbeschluss ).
Diese Geschäftseinteilung dürfte auch Eingang in die Rechtsordnung gefunden haben; so scheint sie insbesondere durch die Weiterleitung an die Vorsitzenden, Mitglieder und Stellvertreter der Vorsitzenden und Mitglieder der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres sowie durch ihre Einsehbarkeit im Intranet ein gewisses Mindestmaß an Publizität erlangt zu haben (vgl. zB auch das Erkenntnis VfSlg. 17.771/2006 und den zu Grunde liegenden Prüfungsbeschluss , das Erkenntnis VfSlg. 18.287/2007 und den zu Grunde liegenden Prüfungsbeschluss , sowie das Erkenntnis , und den zu Grunde liegenden Prüfungsbeschluss ).
Weiters geht der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, dass er die im Spruch genannten Regelungen bei Überprüfung der angefochtenen Bescheide (in Beurteilung der Frage, ob der Senat 1 der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres zur Erlassung der erstinstanzlichen Bescheide zuständig war) anzuwenden hätte; daher dürften diese Bestimmungen hier präjudiziell in der Bedeutung des Art 139 Abs 1 B-VG sein."
2.2. Dem treten der Vorsitzende der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres und die Bundesministerin für Inneres in ihren im Verordnungsprüfungsverfahren erstatteten Äußerungen nicht entgegen. Es ist auch sonst nichts hervorgekommen, was gegen die Zulässigkeit des Verordnungsprüfungsverfahrens spräche. Das Verfahren ist daher zulässig.
3.1. In der Sache äußerte der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss die folgenden Bedenken:
"[Es besteht] das Bedenken, dass die in Prüfung gezogenen Regelungen mangelhaft kundgemacht worden sind:
...1. Als Rechtsverordnung des Vorsitzenden der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres hätte die in Rede stehende Geschäftseinteilung - da besondere Kundmachungsvorschriften im Gesetz nicht enthalten sind - ortsüblich kundgemacht werden müssen (vgl. , und den zu Grunde liegenden Prüfungsbeschluss ; ; zur erforderlichen 'gehörigen' Kundmachung von Verordnungen bei Fehlen gesetzlicher Kundmachungsvorschriften zB VfSlg. 4865/1964; 16.281/2001; 18.323/2007), dh. in einer solchen Art, dass alle Adressaten von der Verordnung Kenntnis erhalten können (vgl. VfSlg. 3714/1960; , und den zu Grunde liegenden Prüfungsbeschluss ; ). Eine solche Kundmachung dürfte nicht erfolgt sein.
Mit Verfügung vom ersuchte der Verfassungsgerichtshof in den bei ihn anhängigen Bescheidprüfungsverfahren die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, die der Erlassung der hier in Rede stehenden Geschäftsverteilung zu Grunde liegenden Akten vorzulegen und mitzuteilen, ob und in welcher Weise die Geschäftseinteilung kundgemacht wurde.
Mit Schreiben vom legte der Vorsitzende des Senates 1 der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres dem Verfassungsgerichtshof eine Kopie der Bestimmungen über den Senat 1 der Geschäftsverteilung vor und teilte u.a. Folgendes mit:
'Die Liste der Beisitzer wurde ... dem Beschuldigten, dem
Verteidiger (sofern der Beschuldigte vertreten ist), dem Disziplinaranwalt und den Beisitzern übermittelt. Die den Senat bildenden Beisitzer werden farblich unterlegt.
...
Der Akt, dem ebenso die damals in Geltung stehende Geschäftseinteilung entnommen werden kann, liegt bei der Disziplinarkommission nicht auf, da dieser zur Gänze der Disziplinaroberkommission zur Weiterleitung an den Verfassungsgerichtshof am übermittelt wurde.'
Der Vorsitzende des Senates 3 der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres legte dem Verfassungsgerichtshof mit Schreiben vom eine Kopie der gesamten Geschäftsverteilung vor und brachte u.a. vor, dass
'[d]ie Geschäftsverteilung der Disziplinarsenate ... an alle
Vorsitzenden, Mitglieder und Stellvertreter per E-Mail übermittelt [werden]. Gleichzeitig steht die aktuelle Version im BM.I-Intranet zur Verfügung.'
Der Verfassungsgerichtshof ersuchte die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres mit Schreiben vom um Übermittlung eines Ausdruckes der in Rede stehenden Geschäftsverteilung aus dem Intranet und um Mitteilung, ob alle von der Geschäftseinteilung potentiell betroffenen Personen Zugang zum Intranet haben und in welcher Form dieser gewährleistet ist.
Mit Schreiben vom legte der Vorsitzende des Senates 3 der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres dem Verfassungsgerichtshof erneut eine Kopie der Geschäftsverteilung sowie eine Dokumentation über den Zugang zur Geschäftsverteilung im Intranet anhand der 'Zusammensetzung der Senate für das Geschäftsjahr 2010' vor und teilte u.a. Folgendes mit:
'Alle Bediensteten des BMI, die Zugang zu einem BAKS-Arbeitsplatz haben, können auch auf das Intranet zugreifen. Lt. Auskunft des BM, Abteilung I/2, wurde auch die GO 2007 bereits im Intranet veröffentlicht.'
Der Verfassungsgerichtshof hat das Bedenken, dass die Übermittlung des Verordnungstextes an ausgewählte Empfänger mit dem Wesen der Kundmachung einer generellen Norm nicht vereinbar ist, zumal die im vorliegenden Fall gewählte Vorgangsweise auch nicht geeignet war, alle Normadressaten vom Inhalt der Verordnung in Kenntnis zu setzen (vgl. VfSlg. 16.281/2001; , und den zu Grunde liegenden Prüfungsbeschluss ). Daran ändert jedenfalls der Umstand nichts, dass - wie der Vorsitzende des Senates 1 der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres in seinem Schreiben vom
vorbringt -, '[d]ie Liste der Beisitzer ... dem Beschuldigten, dem
Verteidiger ..., dem Disziplinaranwalt und den Beisitzern übermittelt [wurde]'.
Auch aus dem - durch die Vorlage der Dokumentation über den Zugang zur Geschäftsverteilung im Intranet anhand der 'Zusammensetzung der Senate für das Geschäftsjahr 2010' nicht nachgewiesenen - Argument des Vorsitzenden des Senates 3 der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, die in Rede stehende Geschäftseinteilung sei im Intranet des Bundesministeriums für Inneres einsehbar gewesen, scheint sich für die Gesetzmäßigkeit der Verordnung nichts zu ergeben, weil diese Form der 'Publikation' nicht gewährleistet, dass - wie für eine ortsübliche Kundmachung erforderlich - sämtliche Normadressaten Zugang zum Intranet des Bundesministeriums für Inneres haben. Selbst wenn - wie der Vorsitzende des Senates 3 der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres meint - '[a]lle Bediensteten des BMI,
die Zugang zu einem BAKS-Arbeitsplatz haben, ... auch auf das
Intranet zugreifen' könnten, dürfte das nichts daran ändern, dass damit nicht gewährleistet ist, dass alle betroffenen Bediensteten - auch solche, die keinen Zugang zu einem BAKS-Arbeitsplatz haben - von der Geschäftseinteilung Kenntnis erlangen können (vgl. auch VfSlg. 17.944/2006; 18.035/2006 und den zu Grunde liegenden Prüfungsbeschluss ).
Der 'Verordnungsakt' wurde - ungeachtet des diesbezüglichen Ersuchens des Verfassungsgerichtshofes vom - bisher nicht vorgelegt. Er ist - entgegen der Behauptung des Vorsitzenden des Senates 1 der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres in dessen Schreiben vom - auch in den dem Verfassungsgerichtshof von der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vorgelegten Verwaltungsakten nicht enthalten. Es ist daher auch nicht aktenmäßig nachzuvollziehen, ob alle von der Geschäftseinteilung potentiell betroffenen Personen von der Geschäftseinteilung Kenntnis erlangen konnten.
...2. Weiters hegt der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass die Verordnung nicht in der gesetzlich gebotenen Weise erlassen wurde. Mangels Vorlage des die Geschäftsverteilung der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres für das Jahr 2007, gültig ab , betreffenden 'Verordnungsaktes' ist auch nicht aktenmäßig nachzuvollziehen, ob bzw. wann die in Rede stehende Verordnung von dem dafür zuständigen Organ(walter), nämlich vom Vorsitzenden der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres (§101 Abs 4 BDG 1979), erlassen wurde.
...3. Schließlich dürften die in Prüfung gezogenen Regelungen deshalb gesetzwidrig sein, weil ihre Kundmachung keinen Hinweis darauf enthält, dass sie vom Vorsitzenden der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres erlassen worden sind.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist die Nennung des verordnungserlassenden Organs ein Essential einer ordnungsgemäßen Kundmachung einer Verordnung (vgl. zB VfSlg. 7281/1974; 7903/1976; 16.591/2002 und den dem Erkenntnis , zu Grunde liegenden Prüfungsbeschluss ). Es muss nämlich aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit dem Normunterworfenen auf Grund der Kundmachung einer Verordnung möglich sein, die Einhaltung der Zuständigkeitsvorschriften zu kontrollieren (vgl. VfSlg. 6555/1971 und den dem Erkenntnis , zu Grunde liegenden Prüfungsbeschluss ).
Aus der bloßen Anführung des Namens des Vorsitzenden der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres am Beginn der in Rede stehenden Geschäftsverteilung und der Nennung der Namen der Senatsmitglieder in der Geschäftsverteilung ergibt sich nicht, welches Organ diese Geschäftsverteilung erlassen hat."
3.2. Der Vorsitzende der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres und die Bundesministerin für Inneres äußern sich dazu - gleichlautend - wie folgt:
"[I]. Zu[r] ordnungsgemäßen Kundmachung
Da für die Kundmachung der als Rechtsverordnung des Vorsitzenden der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres zu qualifizierenden Geschäftseinteilung keine besonderen gesetzlichen Kundmachungsvorschriften bestehen, muss diese nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs wie auch des Verwaltungsgerichtshofs 'ortsüblich kundgemacht' werden, wobei dieses Erfordernis dann erfüllt ist, wenn alle Adressaten die Möglichkeit haben, von der Verordnung Kenntnis zu erlangen (so auch Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10, Rz 602 mwN). Dieses Erfordernis war entgegen dem Bedenken des Verfassungsgerichtshofes bei der gegenständlichen Verordnung erfüllt.
1.
Auf Grund der massiven Belastung des Senates 1 der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres war es nach Ansicht des Vorsitzenden der Disziplinarkommission erforderlich, die Geschäftsverteilung für das Jahr 2007 mit Wirksamkeit vom zu ändern. Vom stellvertretenden Leiter der Abteilung I/2 (Organisation und Verwaltungsreform) wurde in Absprache mit dem Vorsitzenden der Disziplinarkommission ein Entwurf erstellt und im Wege der Aktenvorschreibung vom Vorsitzenden der Disziplinarkommission am genehmigt. Die Aussendung an die Dienststellen, die Verständigung der Zentralausschüsse und der Mitglieder der Disziplinarkommission erfolgte mit Akt Zahl BMI-PA1700/0005-I/2/2007 (die administrativen Belange der Disziplinarkommission werden laut der Geschäftsverteilung des Bundesministeriums für Inneres von der Sektion I wahrgenommen; dies erklärt die Geschäftszahl und das Genehmigungsverfahren). ...
Durch die Versendung an die Dienststellen wurde veranlasst, dass die in Betracht kommenden Bediensteten vom Vorliegen der Geschäftsverteilung der Disziplinarkommission in Kenntnis gesetzt wurden und die Möglichkeit hatten, vom Inhalt der Geschäftsverteilung Kenntnis zu erlangen. Im Gegensatz zu den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs erfolgte die Aussendung auch nicht nur 'an die Vorsitzenden, Mitglieder und Stellvertreter der Vorsitzenden und Mitglieder der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres'[,] sondern an alle Dienststellen. Die Versendung an jeden einzelnen Bediensteten ist nicht zuletzt dadurch sichergestellt, dass die Unterlassung der Weiterleitung durch den Dienstvorgesetzten eine Dienstpflichtverletzung gem. §§43 und 45 BDG darstellen würde. Der Leiter einer Dienststelle ist sowohl gegenüber seinem Dienstvorgesetzten verpflichtet, eine ihm mit dem Auftrag der Verteilung übermittelte Verordnung an die Bediensteten seines Wirkungsbereichs weiterzuleiten, als auch in seiner Rolle als Dienstvorgesetzter verpflichtet, seiner Leitungsfunktion entsprechend seine Mitarbeiter von diese betreffenden wichtigen Informationen in Kenntnis zu setzen.
2.
Im Unterschied zum vom Verfassungsgerichtshof zitierten Verfahren VfGH V49/10 zur Disziplinarkommission beim Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz für das Jahr 2006 erfolgte die Kundmachung der hier gegenständlichen Verordnung somit nicht nur durch Aussendung, sondern auch durch Veröffentlichung im Intranet.
Der vorliegende Prüfungsbeschluss wurde zum Anlass genommen, noch einmal zu erheben, ob das Datum der Verlautbarung im Intranet eruiert werden kann. Von der zuständigen Fachabteilung wurde der gesamte E-Mail Verkehr hinsichtlich des seinerzeitigen Ersuchens um Verlautbarung geprüft und festgestellt, dass die Verlautbarung im Intranet des Bundesministeriums für Inneres am um ca.
19.30 Uhr erfolgt ist. ...
Durch die Verlautbarung im Intranet bestand für alle Bedienstete[n] des Ressorts die Möglichkeit der Kenntnisnahme. Die Bediensteten, welche über keine eigene BAKS-Station (Computer Terminal) verfügen, haben dennoch einen BAKS Account, d.h. sie können bei jeder BAKS Station mit ihrem Kennwort in das System und sohin in das Intranet einsteigen. ...
Es war sohin der gleiche Zugang aller Normadressaten gewährleistet, zumal die Ausstattung aller Dienststellen mit genügend BAKS-Stationen gegeben war und ist. Das Bedenken des VfGH, dass manche Normadressaten somit keinen Zugang zum Intranet hätten, erweist sich somit als unbegründet.
Es ist anerkannt, dass der Anschlag einer Verordnung im Amtsgebäude, auf dem auf den Ort des Aufliegens der Verordnung hingewiesen wird, als gehörige Kundmachung anzusehen ist (vgl VwGH 97/02[/]0498 vom ). Es ist in Zeiten der elektronischen Kommunikation nicht ersichtlich, wie der Aushang an der Amtstafel einen höheren Grad an Publizität gewährleisten soll als die Versendung sowie die Veröffentlichung im Intranet, in das jeder Bedienstete täglich Einsicht nimmt. Die Möglichkeit der Einsichtnahme durch jeden Bediensteten als entscheidendes Kriterium der ortsüblichen Kundmachung ist auf diese Weise unzweifelhaft erfüllt. Der Umstand der Veröffentlichung im für alle Bediensteten zugänglichen Intranet gewährleistet ein mindestens gleich hohes Maß an Publizität wie der Aushang im Amtsgebäude, sodass eine ortsübliche und damit gehörige Kundmachung der Verordnung anzunehmen ist.
[II]. Zur gesetzmäßigen Erlassung
Die geänderte Geschäftsverteilung wurde im Wege der Aktenvorschreibung vom Vorsitzenden der Disziplinarkommission am genehmigt. ...
Die administrativen Belange der Disziplinarkommission werden laut der Geschäftsverteilung des Bundesministeriums für Inneres von der Sektion I wahrgenommen. Dies erklärt wie bereits ausgeführt die Geschäftszahl und das Genehmigungsverfahren. Die im Akt ersichtliche Genehmigung durch einen Bediensteten der Abt. I/2 betrifft lediglich die elektronische Verteilung der Verordnung und ist durch technische Vorgaben des elektronischen Aktes bedingt.
Die Erlassung der Verordnung durch den Vorsitzenden der Disziplinarkommission ist im Übrigen durch die namentliche Nennung auf dem Deckblatt der Verordnung erkennbar.
[III].
Die gemäß Art 139 Abs 1 B-VG geprüften Bestimmungen über den Senat 1 mit Standort Wien der Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres für das Jahr 2007 wurden somit gehörig kundgemacht und in der gesetzlich
vorgeschriebenen Weise erlassen ... ."
3.3. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, jenes oben, unter Pkt. II.3.1. wiedergegebene Bedenken des Verfassungsgerichtshofes zu zerstreuen, dass die in Prüfung gezogenen Regelungen deshalb gesetzwidrig sind, weil ihre Kundmachung keinen Hinweis darauf enthält, dass sie vom Vorsitzenden der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres erlassen worden sind.
Vielmehr räumen der Vorsitzende der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres und die Bundesministerin für Inneres damit ein, dass die in Rede stehende Geschäftseinteilung nicht im Namen des Vorsitzenden der Disziplinarkommission veröffentlicht wurde. Wenn die genannten Behörden meinen, dass
"[d]ie geänderte Geschäftsverteilung ... vom Vorsitzenden der
Disziplinarkommission ... genehmigt [wurde und] ... [d]ie im Akt
ersichtliche Genehmigung durch einen Bediensteten der Abt. I/2 ...
lediglich die elektronische Verteilung der Verordnung [betrifft] und
... durch technische Vorgaben des elektronischen Aktes bedingt
[ist]",
so übersehen sie, dass es darauf für die hier zu beurteilende Frage nicht ankommt. Das - unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung im Prüfungsbeschluss dargelegte - Bedenken des Verfassungsgerichtshofes geht nämlich dahin, dass die Kundmachung der Geschäftseinteilung keinen Hinweis darauf enthält, dass sie vom Vorsitzenden der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres erlassen wurde (vgl. auch ). Dass, wie der Vorsitzende der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres und die Bundesministerin für Inneres vorbringen,
"[d]ie Erlassung der Verordnung durch den Vorsitzenden der
Disziplinarkommission ... durch die namentliche Nennung auf dem
Deckblatt der Verordnung erkennbar [ist]",
ändert an der Gesetzwidrigkeit der in Rede stehenden Verordnungsbestimmungen nichts. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss nämlich ausgeführt hat, ergibt sich aus der bloßen Anführung des Namens des Vorsitzenden der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres am Beginn der in Rede stehenden Geschäftsverteilung nicht, welches Organ diese erlassen hat; vielmehr ist aus ihrer Kundmachung lediglich ersichtlich, dass der Vorsitzende der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres SC Mag. Dr. Mathias Vogl ist (arg.
"DISZIPLINARKOMMISSION BEIM BUNDESMINISTERIUM FÜR INNERES,
Vorsitzender: SC Mag. Dr. Mathias VOGL"), nicht jedoch, dass dieser die als Verordnung zu qualifizierende Geschäftsverteilung erlassen hat.
Im Verordnungsprüfungsverfahren ist auch sonst nichts hervorgekommen, was das oben unter Pkt. II.3.1. wiedergegebene Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, dass die in Prüfung gezogenen Regelungen deshalb gesetzwidrig sind, weil ihre Kundmachung keinen Hinweis darauf enthält, dass sie vom Vorsitzenden der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres erlassen worden sind, zerstreut hätte.
Die in Prüfung gezogenen Regelungen der Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres für das Jahr 2007, gültig ab , erweisen sich daher schon aus diesem Grund als gesetzwidrig, ohne dass den übrigen Bedenken gegen diese Bestimmungen weiter nachgegangen werden musste.
4. Gemäß Art 139 Abs 3 litc B-VG hat der Verfassungsgerichtshof dann, wenn er im Verordnungsprüfungsverfahren zur Auffassung gelangt, dass die ganze Verordnung in gesetzwidriger Weise kundgemacht wurde, die ganze Verordnung aufzuheben. Art 139 Abs 4 B-VG bestimmt, dass der Verfassungsgerichtshof, wenn die Verordnung im Zeitpunkt der Fällung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bereits außer Kraft getreten ist und das Verfahren von Amts wegen eingeleitet wurde, auszusprechen hat, ob die geprüfte Verordnung gesetzwidrig war; dabei gilt Abs 3 sinngemäß.
4.1. Der festgestellte Kundmachungsmangel betrifft nicht nur die - in den Anlassfällen präjudiziellen - Bestimmungen der in Rede stehenden Verordnung, sondern in gleicher Weise auch die übrigen Verordnungsbestimmungen; es ist daher hinsichtlich der ganzen Verordnung auszusprechen, dass sie gesetzwidrig war. Umstände, die dem iSd Art 139 Abs 3 letzter Satz B-VG entgegenstünden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
4.2. Die im Spruch genannte - mit "Zusammensetzung der Senate und Geschäftsverteilung, gültig für das Jahr 2007 ab " überschriebene - Verordnung galt im Jahr 2007. Mit der mit "Zusammensetzung der Senate und Geschäftsverteilung, gültig für das Jahr 2008 ab " übertitelten Geschäftsverteilung der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres wurde der in Prüfung gezogenen Verordnung materiell derogiert. Im Hinblick darauf hat der Verfassungsgerichtshof den Ausspruch darauf zu beschränken, dass die Verordnung gesetzwidrig war.
5. Die Verpflichtung der Bundesministerin für Inneres zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches gründet sich auf Art 139 Abs 5 zweiter Satz B-VG und auf § 60 Abs 2 (iVm § 61) VfGG iVm § 4 Abs 1 Z 4 BGBlG.
6. Die von der im Verfahren zu B1250/08 beschwerdeführenden und im vorliegenden Verfahren beteiligten Partei verzeichneten Kosten für die Erstattung der Äußerung im Verordnungsprüfungsverfahren waren nicht zuzusprechen, weil Kosten für Interventionen im amtswegig eingeleiteten Normenprüfungsverfahren im Anlassverfahren durch den dort zuzusprechenden Pauschalsatz abgegolten werden.
7. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.