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VfGH vom 07.03.1987, V87/86

VfGH vom 07.03.1987, V87/86

Sammlungsnummer

11283

Leitsatz

Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom (Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Plandokument 5640) zweiter Satz im Punkt II ZI; Kundmachungsmangel der Verordnungsstelle aus den in VfSlg. 11074/1986 dargelegten Gründen; Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Verordnungsstelle bis zum

Spruch

Der zweite Satz im Punkt II Z 1 der V des Gemeinderates der Stadt Wien vom , Pr.Z. 2822/85 (Plandokument Nr. 5640), (Beschlußfassung bekanntgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 41/1985) war bis zum Ablauf des gesetzwidrig.

Die Wiener Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die Bauoberbehörde für Wien das Ansuchen der Beteiligten um Verlängerung der Baubeginnsfrist für das mit Bescheid vom bewilligte Bauvorhaben (Errichtung einer Wohnhausanlage) auf dem Grundstück Wien ..., gemäß § 74 Abs 1 BauO für Wien ab. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Verlängerung der Baubeginnsfrist der neu erlassene Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Plandokument Nr. 5640 (V des Gemeinderates der Stadt Wien vom , Pr.Z. 2822/85) entgegenstehe. Gegen diesen Bescheid richtet sich die unter B734/86 eingetragene Verfassungsgerichtshofbeschwerde, in welcher die Beteiligte ua. die Gesetzwidrigkeit des von der bel. Beh. herangezogenen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes geltend macht.

II. Der VfGH leitete aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens gemäß Art 139 Abs 1 B-VG von Amts wegen das gegenwärtige Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des zweiten Satzes im Punkt II Z 1 der bezogenen V (im folgenden auch bloß: PD 5640) ein und legte zu den Verfahrensvoraussetzungen und den Bedenken folgendes dar:

"Wie der Gerichtshof vorläufig annimmt, resultiert der normative Gehalt der in Betracht kommenden Stellen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes Plandokument Nr. 5640 aus im Plan verwendeten Planzeichen, und zwar den Zeichen SpkBB2 (dh. Parkschutzgebiet, Gebäudehöhe bis maximal 7,5 m) sowie einer mit Punkten versehenen durchgehenden Linie als Zeichen für die Straßenfluchtlinie, gemäß der (nicht kundgemachten, beim Magistrat gesondert gegen Entgelt erhältlichen) 'Zeichenerklärung für den Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan' vom , bezüglich der die V Plandokument Nr. 5640 unter Punkt II Z 1 (im zweiten Satz) folgendes bestimmt:

'1. Die roten Planzeichen gelten als neu festgesetzt.

Für die rechtliche Bedeutung der Planzeichen ist die 'Zeichenerklärung für den Flächenwidmungsplan und den Bebauungsplan' vom maßgebend, die einen Bestandteil dieses Beschlusses bildet.'

Der VfGH geht weiters vorläufig davon aus, daß er bei der Behandlung der Beschwerde insbesondere zu klären haben wird, ob die in Betracht kommenden Stellen des Plandokuments überhaupt als Verordnungsbestimmungen qualifiziert werden können. Er hegt diesbezüglich aus den gleichen wie den im Erk. , dargelegten Gründen Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des zweiten Satzes im wiedergegebenen Punkt II Z 1."

III. Der Gemeinderat der Stadt Wien erstattete eine Äußerung und führte im wesentlichen folgendes aus:

"Das Vorliegen der Prozeßvoraussetzungen wird nicht bestritten.

Ob die Zeichenerklärung zum Plandokument Nr. 5640 Interessenten gleichzeitig mit den sonstigen Teilen dieser V ausgefolgt wurde, ist nachträglich nicht mehr feststellbar. Grundsätzlich wurden die Zeichenerklärungen von der mit dem Verkauf der Plandokumente befaßten Magistratsabteilung 20 auf Verlangen der Interessenten kostenlos den Plandokumenten beigelegt. Diese Vorgangsweise wurde gewählt, weil viele Käufer von Plandokumenten bereits über Zeichenerklärungen verfügten.

Die Abgabe der Zeichenerklärung zu dem Plandokument Nr. 5640 ist damit in einer Art erfolgt, die nach dem Erkenntnis des , die Annahme der gehörigen Kundmachung ausschließt. Der erwähnte Kundmachungsmangel ist jedoch derzeit nicht mehr gegeben. Auf Grund des Erkenntnisses vom wurden sofort Maßnahmen ergriffen, die sicherstellen, daß Plandokumente nicht mehr ohne gleichzeitige Abgabe der Zeichenerklärung an Interessenten ausgefolgt werden können.

Ab dem wird die Zeichenerklärung mit dem Plandokument fest verbunden und ein Rundsiegel teils auf den Plan, teils auf die Zeichenerklärung aufgedrückt. Vom Käufer wird die schriftliche Bestätigung des Empfanges sowohl des Plandokumentes, als auch der zugehörigen Zeichenerklärung gefordert.

Von den beschriebenen Maßnahmen ist auch das Plandokument Nr. 5640 betroffen. Spätestens ab dem liegt somit eine vollständig in gesetzmäßiger Weise (§1 Abs 3 der Bauordnung für Wien) kundgemachte V vor. Die Heilung des Kundmachungsmangels wirkt zwar nicht zurück, hat aber zur Folge, daß auf Grund des eingeleiteten Normenprüfungsverfahrens allenfalls auszusprechen wäre, Teile der V des Gemeinderates der Stadt Wien vom , Pr.Zl. 2822/85 (Plandokument Nr. 5640), seien gesetzwidrig gewesen."

IV. Der VfGH hat erwogen:

1. Die - auch vom Gemeinderat nicht in Zweifel gezogenen - Prozeßvoraussetzungen des eingeleiteten Prüfungsverfahrens sind gegeben.

2. Die Bedenken des Gerichtshofs erweisen sich im Ergebnis als gerechtfertigt.

Der VfGH bleibt auf dem im Erk. V50/86 vom eingenommenen Standpunkt. Wie der Gemeinderat selbst einräumt, ist die Abgabe der Zeichenerklärung zum PD 5640 an die Interessenten in einer Art erfolgt, die nach dem eben zitierten hg. Erkenntnis die Annahme der gesetzmäßigen Kundmachung ausschließt. Die in Prüfung genommene Verordnungsstelle ist sohin mit der im Einleitungsbeschluß (unter Bezugnahme auf das Erk. V50/86) dargelegten Gesetzwidrigkeit belastet.

Der VfGH stimmt dem Gemeinderat aber auch darin zu, daß die in der Äußerung geschilderten Maßnahmen ab eine gesetzmäßige Kundmachung bewirkte. Hiedurch erscheint die Gesetzwidrigkeit, welche dem zweiten Satz im Punkt II Z 1 der V anhaftete, ab diesem Zeitpunkt geheilt, wobei der Gerichtshof in diesem Zusammenhang im Hinblick auf die Aktenlage des Verordnungsgebungsverfahrens annimmt, daß die Zeichenerklärung anläßlich der Beschlußfassung des Gemeinderates über das Plandokument mitbeschlossen wurde.

3. Es war aus den dargelegten Gründen auszusprechen, daß die in Prüfung genommene Verordnungsstelle bis zum Ablauf des gesetzwidrig war.

Die Verpflichtung der Wiener Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs ist in Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG und § 60 Abs 2 VerfGG begründet.

4. Diese Entscheidung wurde gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung getroffen.

Fundstelle(n):
ZAAAE-29972