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VfGH vom 26.11.2001, V85/01

VfGH vom 26.11.2001, V85/01

Sammlungsnummer

16344

Leitsatz

Aufhebung einer weiteren Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder mangels gesetzlicher Deckung der Einrichtung und Ausgestaltung eines kammereigenen Pensionsvorsorgesystems mit Pflichtmitgliedschaft und Beitragspflicht unter Verweis auf die Vorjudikatur

Spruch

Die Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, beschlossen am , kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. VII/2000, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Dem Beschwerdeführer zu B378/01, einem Mitglied der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, wurde mit Bescheid vom ein Beitrag für die Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder für das Jahr 2000 in der Höhe von ATS 45.000,-- vorgeschrieben. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Bescheid des Beschwerdeausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom keine Folge gegeben. Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer erneut Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom . Diese Beschwerde wurde wegen Verspätung gem. § 25 Abs 4 der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschafts-treuhänder zurückgewiesen.

Aus Anlaß der gegen diesen Bescheid erhobenen, zu B378/01 protokollierten Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der §§24 Abs 8 und 25 Abs 4 erster Satz der Satzung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in der im Spruch bezeichneten Fassung entstanden.

2. Er hat daher mit Beschluß vom diese Bestimmungen amtswegig in Prüfung gezogen.

Seine Bedenken umschrieb der Verfassungsgerichtshof wie folgt:

"... Das in Art 18 B-VG zum Ausdruck kommende Legalitätsprinzip verlangt u.a. eine ausreichende Determinierung des Verordnungsinhaltes durch das Gesetz. Damit eine Verordnung als ausreichend determiniert angesehen werden kann, muß ihr Inhalt im Gesetz hinreichend bestimmt sein, d.h. es müssen schon aus dem Gesetz selbst alle wesentlichen Merkmale der Verordnungs-Regelung ersehen werden können (vgl. z.B. VfSlg. 2294/1952, 4662/1964, 7945/1976, 10899/1986, 11938/1988); eine Verordnung hat nur zu präzisieren, was in den wesentlichen Konturen bereits im Gesetz selbst vorgezeichnet wurde (vgl. die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes: VfSlg. 7945/1976, 9226/1981 u.a.). Auch Organe der Selbstverwaltungskörper sind zur Erlassung von Verordnungen nur 'auf Grund der Gesetze' iS des Art 18 Abs 2 B-VG befugt (VfSlg. 3993/1961, 4886/1964, 7903/1976, 13464/1993; , V32-39/01).

... Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , V32-39/01 die Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, beschlossen am , kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. 2/2000, als gesetzwidrig mit der Begründung aufgehoben, daß es an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage für die mit der in Rede stehenden Satzung erfolgte Einrichtung und Ausgestaltung eines Pensionsvorsorgesystems mit Pflichtmitgliedschaft und Beitragspflicht fehle.

Auch die im vorliegenden Fall relevante, am in Kraft getretene Neufassung dieser Satzung scheint sich nur auf § 146 Abs 2 Z 5 WTBG zu stützen, sodaß es auch dieser Satzung an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage mangeln dürfte.

... Sollte sich dieses Bedenken des Verfassungsgerichtshofes

als zutreffend erweisen, dürften die bei Erlassung des bekämpften Bescheides angewendeten Bestimmungen der Satzung gesetzwidrig sein.

... Der Verfassungsgerichtshof hat daher die im

Bescheidprüfungsverfahren präjudiziellen Bestimmungen der Satzung in Prüfung gezogen (vgl. VfSlg. 11938/1988).

... Ob die Prozeßvoraussetzungen vorliegen und das Bedenken

zutrifft, wird im Verordnungsprüfungsverfahren zu klären sein. Dabei wird gegebenenfalls auch zu entscheiden sein, ob die gesamte Satzung als einer gesetzlichen Grundlage entbehrend aufzuheben sein wird (Art139 Abs 3 lita B-VG)."

3. Der Kammertag der Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat als verordnungserlassendes Organ eine Äußerung erstattet; er bringt darin folgendes vor:

"Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen

Der Verfassungsgerichtshof hat beschlossen, gemäß Art 139 Abs 1 B-VG die Gesetzmäßigkeit des § 24 Abs 8 sowie des § 25 Abs 4 1. Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, beschlossen vom Kammertag der Kammer der Wirtschaftstreuhänder am , kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. VII/2000, von Amts wegen zu prüfen. Anlass für den Prüfungsbeschluss vom war die Beschwerde des H S vom gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom .

Dieser Bescheid hatte die Beschwerde des Harald Schmidt vom gegen den Bescheid Zusatzpension, zugestellt am , zum Gegenstand. Gemeint ist wohl der Bescheid des Ausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom , mit welchem H S für das Jahr 2000 ein Beitrag zur Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in Höhe von S 45.000,00 vorgeschrieben wurde.

Gegen diesen Bescheid hatte Harald Schmidt bereits am Beschwerde erhoben, über welche der Beschwerdeausschuss der Kammer der Wirtschaftstreuhänder mit Bescheid vom entschieden hatte. Gegen diesen, die Beiträge für das Jahr 2000 betreffenden Bescheid hat H S vorerst keine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Stattdessen wandte sich H S mit einem als Beschwerde bezeichnenden Schreiben vom neuerlich an die Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Gegenstand dieser Beschwerde war wieder der Bescheid Zusatzpension, zugestellt am , also offenbar der Bescheid des Ausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom , mit welchem H S für das Jahr 2000 der Beitrag zur Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vorgeschrieben worden war.

Da der Beschwerdeausschuss den Bescheid vom bereits einmal überprüft hatte und die Beschwerde vom mehr als 7 Monate nach Zustellung des Bescheides verfasst wurde, wies der Beschwerdeausschuss diese Beschwerde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom zurück. Eine meritorische Behandlung dieser Beschwerde hätte gegen grundlegende Prinzipien der Rechtsordnung, insbesondere den Grundsatz der materiellen Rechtskraft, verstoßen. Der Beschwerdeausschuss hat die Entscheidung mit § 25 Abs 4 der Satzung begründet, wonach die Beschwerde binnen 2 Wochen nach Zustellung des angefochtenen Bescheides bei der Kammer der Wirtschaftstreuhänder einzubringen ist. Diese Bestimmung entspricht § 63 Abs 5 AVG und allgemeinen Verfahrensgrundsätzen.

Der Beschwerdeausschuss hat sich, ohne dies explizit darzulegen, in dem Bescheid vom auf die Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom , kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. 2/2000, bezogen, weil es im vorliegenden Fall um die Vorschreibung von Beiträgen für das Jahr 2000 ging. Erst zu einem späteren Zeitpunkt wurde diese Satzung vom Verfassungsgerichtshof einem Verordnungsprüfungsverfahren unterzogen und für gesetzwidrig erklärt.

Auf die für das Jahr 2000 vorgeschriebenen Beiträge haben aus systematisch-logischer Sicht die im Amtsblatt Nr. 2/2000 veröffentlichten Verordnungen zur Anwendung zu kommen. Die Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom , kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. VII/2000, unterscheidet sich in einigen wesentlichen Punkten von der früheren, im Amtsblatt Nr. 2/2000 kundgemachten Satzung. So wurde zum Beispiel in § 11 Abs 5 litc der Satzung festgelegt, dass als jährliche Einkünfte aus selbstständiger Arbeit jene Einkünfte gelten, die aus der selbstständigen berufsspezifischen Tätigkeit eines Wirtschaftstreuhänders/selbstständigen Buchhalters resultieren, unabhängig davon, ob diese Tätigkeiten in § 2 - 5 WTBG genannt sind. Weiters ist nun bei einer Bestellung während des Jahres der Antrag auf Ermäßigung innerhalb von 4 Wochen nach der Bestellung zu stellen. Schließlich wurde auch neu bestimmt, dass der Ausschuss einen ablehnenden Bescheid zu erlassen hat, wenn Mängel in den Anträgen innerhalb einer vom Ausschuss gesetzten Frist von zumindest 2 Wochen nicht behoben werden. Diese Änderungen der Satzung sollten für die im Jahr 2000 vorgeschriebenen Beiträge noch nicht zur Anwendung kommen, sondern erst für die Beitragsvorschreibungen des Jahres 2001.

Auch die Beitragsordnung wurde geändert. Die Beitragsordnung vom sieht höhere Beiträge vor als die bisherige Beitragsordnung vom . Müsste der Beschwerdeausschuss ab die im Amtsblatt Nr. VII/2000 kundgemachte Beitragsordnung und Satzung anwenden, so müssten entsprechend höhere Beiträge, zB S 46.800,00 statt S 45.0000,00 oder S 10.400,00 statt S 10.000,00, vorgeschrieben werden. Dies war von der verordnungserlassenden Behörde jedenfalls nicht beabsichtigt. Die im Jahr 2000 zu bezahlenden Beiträge müssen daher aufgrund der für das Jahr 2000 erlassenen Satzung und Beitragsordnung überprüft werden.

Da sich die Beschwerde des H S vom gegen die Vorschreibung des Jahresbeitrages 2000 wendete, hatte der Beschwerdeausschuss im konkreten Fall die vom Kammertag in der Sitzung vom beschlossene Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. 2/2000, anzuwenden.

Nur die von der Behörde im Anlassverfahren angewendeten Normen können vom Verfassungsgerichtshof einer Normprüfung unterzogen werden. Da der im Anlassverfahren angefochtene Bescheid des Beschwerdeausschusses nicht aufgrund der in Prüfung gezogenen Satzung des Kammertags vom gefasst wurde, fehlt dem vorliegenden Verordnungsprüfungsverfahren die erforderliche Präjudizialität.

Die im vorliegenden Fall angewendete Satzung vom wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , V32-39/01, für gesetzwidrig erklärt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine bereits aufgehobene oder als verfassungswidrig festgestellte Norm nicht neuerlich Gegenstand eines entsprechenden Aufhebungs- oder Feststellungsbegehrens sein.

2. Zu den Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen

Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof seine Prüfungskompetenz bejahen sollte, sei auf die im Verfahren V32-39/01 erstattete Gegenäußerung verwiesen, insbesondere darauf, dass die Satzung eines beruflichen Selbstverwaltungskörpers nicht mit einer Durchführungsverordnung im Sinn des Art 18 Abs 2 B-VG gleichgesetzt werden kann. Aus § 146 Abs 2 Z 5 WTBG ergibt sich, dass der Kammer der Wirtschaftstreuhänder die Satzungsautonomie zukommt, gemeinsame wirtschaftliche Einrichtungen zur Altersvorsorge ihrer Mitglieder und deren Hinterbliebenen zu errichten und zu betreiben. Mit der in Prüfung gezogenen Satzung hat der Kammertag von der Möglichkeit, eine gemeinsame Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zu schaffen, Gebrauch gemacht.

Um dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , V32-39/01, Rechnung zu tragen, ist eine Novellierung des WTBG erforderlich. Ein entsprechender Initiativantrag wurde bereits eingebracht, vom Wirtschaftsausschuss positiv behandelt und vom Nationalrat in der Sitzung vom beschlossen. Der Bundesrat wird den Initiativantrag am behandeln.

Aller Voraussicht nach wird also demnächst eine detaillierte gesetzliche Rechtsgrundlage für die Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in Kraft treten."

4. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat keine Äußerung erstattet.

II. 1. Die relevanten Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Wirtschaftstreuhandberufe (Wirtschaftstreuhandberufsgesetz - WTBG), BGBl. I Nr. 58/1999, lauten wie folgt:

"§146. (1) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat ihre Aufgaben entweder im eigenen oder im übertragenen Wirkungsbereich zu besorgen.

(2) In den eigenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder fallen insbesondere folgende Aufgaben:

1. ...

5. die Errichtung, der Betrieb und die Förderung gemeinsamer wirtschaftlicher Einrichtungen, die der Wohlfahrt, der Unterstützung und der Altersvorsorge der Mitglieder und deren Hinterbliebenen dienen,

...

Vorsorgeeinrichtungen

§173. (1) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder kann zur Vorsorge für den Fall der Krankheit ihrer ordentlichen Mitglieder und deren Angehörigen sowie sonstiger Personen auch Einrichtungen schaffen, welche die Voraussetzungen des § 5 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 560/1978, erfüllen. Diese Einrichtungen können auch in Form einer von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder abgeschlossenen vertraglichen Gruppenversicherung bestehen. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist berechtigt, derartige Einrichtungen auch für außerordentliche Mitglieder zu schaffen und aufrechtzuerhalten.

(2) Alle für die Vorsorgeeinrichtung erforderlichen Entscheidungen, insbesondere über die Vorschreibung von Beiträgen, über Anträge auf Befreiungen, Beitragsherabsetzungen und die Zuerkennung von Leistungen, hat der für die Vorsorgeeinrichtung zu bestellende Ausschuß zu treffen. Über einen Anspruch auf Leistungen aus der Vorsorgeeinrichtung ist längstens innerhalb von drei Monaten zu entscheiden.

(3) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat für die Deckung von Ruhe- und Versorgungsansprüchen des Personals der Kammer der Wirtschaftstreuhänder einen Pensionsfonds zu bilden. Die Höhe des Pensionsfonds hat versicherungsmathematischen Grundsätzen zu entsprechen. Die entsprechenden Beträge sind in den jährlichen Voranschlägen der Kammer der Wirtschaftstreuhänder anzusetzen. Soweit die Ruhe- und Versorgungsansprüche durch den Pensionsfonds nicht gedeckt sind, sind die zur Ergänzung notwendigen Beträge in den Voranschlägen anzusetzen."

2. Die erstmals am beschlossene Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder wurde im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. 3/1999 kundgemacht. Am beschloß der Kammertag die Satzung neu. Diese wurde im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. 2/2000 kundgemacht. Am wurde die Satzung abermals geändert und im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. VII/2000 kundgemacht. Diese Satzung trat gem. ihrem § 1 am in Kraft.

3. Jene Satzung der Vorsorgeeinrichtung, die der Kammertag am beschlossen hat, stellte sich in der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden, im Spruch bezeichneten Fassung folgendermaßen dar:

§ 3 regelt den persönliche Geltungsbereich der Satzung; demnach gilt diese "für alle natürlichen Personen, die ordentliche Mitglieder der Kammer der Wirtschaftstreuhänder sind und jene ordentliche Mitglieder, die ihre Befugnis ruhend gemeldet haben sowie die Leistungsberechtigten". § 4 regelt das Vorsorgeziel, d.i. den Anwartschaftsberechtigten und deren Hinterbliebenen einen Anspruch auf die ebenfalls in § 4 bestimmten Vorsorgeleistungen (u.a. Alterspension, vorzeitige Alterspension, Berufsunfähigkeitspension und verschiedene Pensionsleistungen, die im Todesfall für Hinterbliebene vorgesehen sind) zu sichern.

§ 5 regelt den Anspruch auf Vorsorgeleistungen.

§ 6 der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der

Wirtschaftstreuhänder bestimmt Höhe und Dauer der Vorsorgeleistungen;

§7 der Satzung regelt die Erbringung der Vorsorgeleistung, während sich in § 9 Regelungen betreffend den Anfall der Vorsorgeleistungen finden und § 10 die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Vorsorgeleistungen normiert. § 11 regelt die Beiträge.

Die Veranlagung der Beiträge ist in § 12 geregelt, wobei hinsichtlich der Finanzierung und der Kosten gem. § 15 ein Geschäftsplan aufzustellen ist. Der VI. Abschnitt (§§20 bis 22) regelt das Verfahren.

§ 24 lautet auszugsweise:

"Ausschuss

(1) ...

(8) Gegen die Beschlüsse des Ausschusses steht dem Betroffenen das Recht auf Beschwerde an den Beschwerdeausschuss zu."

§ 25 konstituiert den Beschwerdeausschuß; sein Absatz 4 lautet wie folgt:

"(4) Die Beschwerde ist binnen zwei Wochen nach Zustellung des angefochtenen Bescheides bei der Kammer der Wirtschaftstreuhänder einzubringen. Der Ausschuss kann zur Beschwerde eine Gegenschrift verfassen."

§ 26 regelt die Geschäftsführung; § 27 enthält Übergangsbestimmungen.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

Die Anlaßbeschwerde ist zulässig.

Entgegen den Ausführungen des Kammertages hat der Beschwerdeausschuß der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bei der Entscheidung über das Anbringen des nunmehrigen Beschwerdeführers § 25 Abs 4 erster Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in der im Spruch genannten Fassung angewendet; der Kammertag verkennt, daß der Beschwerdeausschuß keine inhaltliche Entscheidung über die zeitraumbezogene Höhe eines Beitrages innerhalb eines bestimmten Jahres getroffen hat, sondern lediglich eine verfahrensrechtliche Entscheidung, für die die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltende Satzung maßgeblich ist.

Zur Bejahung seiner Entscheidungskompetenz hat der Beschwerdeausschuß auch § 24 Abs 8 der Satzung in der genannten Fassung angewendet. Der Verfassungsgerichtshof hat daher diese Bestimmungen bei der Überprüfung des angefochtenen Bescheides anzuwenden.

Die Präjudizialität der amtswegig in Prüfung gezogenen Bestimmungen ist daher gegeben.

Da sich im Verfahren auch sonst keine Prozeßhindernisse ergeben haben, ist das Verordnungsprüfungsverfahren insgesamt zulässig.

2. In der Sache:

Das Bedenken des Verfassungsgerichtshofes ist auch begründet:

2.1. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind auch Organe der Selbstverwaltungskörper zur Erlassung von Verordnungen nur "auf Grund der Gesetze" iS des Art 18 Abs 2 B-VG befugt (vgl. VfSlg. 3993/1961, 4886/1964, 13464/1993; vgl. explizit ablehnend zum Gedanken eines "gelockerten Legalitätsprinzipes" für autonome Satzungen bereits VfSlg. 7903/1976).

2.2. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom , V32-39/01 zu einer früheren Fassung der Satzung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ausgesprochen hat, ist § 146 Abs 2 Z 5 WTBG als Grundlage für die Einrichtung und Ausgestaltung eines kammereigenen Pensionsvorsorgesystems mit Pflichtmitgliedschaft und Beitragspflicht nicht ausreichend. Der Verfassungsgerichtshof hält an dieser Auffassung fest.

3. Die amtswegig in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder können sich somit auf keine gesetzliche Grundlage stützen.

4. Da jedoch nicht nur jene Bestimmungen der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, hinsichtlich derer das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig ist, jeder gesetzlichen Grundlage entbehren, sondern vielmehr die gesamte Satzung, war gem. Art 139 Abs 3 lita B-VG auszusprechen, daß die gesamte Verordnung als einer gesetzlichen Grundlage entbehrend aufgehoben wird. Da zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes noch keine Novellierung des WTBG erfolgt ist, konnte der Verfassungsgerichtshof auf das diesbezügliche Vorbringen des Kammertages nicht eingehen.

5. Die Verpflichtung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG und § 60 Abs 2 VerfGG.

6. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Verordnungsstelle gründet sich auf Art 139 Abs 5 letzter Satz B-VG.

7. Dies konnte gem. § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.