VfGH vom 08.10.2002, V82/01

VfGH vom 08.10.2002, V82/01

Sammlungsnummer

16674

Leitsatz

Aufhebung einer durch die Novelle 2000 geänderten Bestimmung der Verpackungszielverordnung für Getränkeverpackungen betreffend Herabsetzung der zu erreichenden Abfallvermeidungsziele wegen Widerspruchs zum Abfallwirtschaftsgesetz infolge fehlender Entscheidungsgrundlagen

Spruch

I. 1. § 2 der Verordnung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Festsetzung von Zielen zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen von Getränkeverpackungen und sonstigen Verpackungen, BGBl. Nr. 646/1992, idF BGBl. II Nr. 426/2000 wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

2. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Bundesgesetzblatt II kundzumachen.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Gestützt auf Art 139 Abs 1 zweiter Satz B-VG beantragt die Wiener Landesregierung, § 2 sowie die darauf Bezug habenden Wortfolgen "die Quoten gemäß § 2 unterschritten oder" in § 5 Abs 1 und "der Ziele gemäß § 2 erfolgt erstmals für das Jahr 2004 und danach alle drei Jahre für das jeweilige Kalenderjahr sowie" in § 6 der Verordnung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Festsetzung von Zielen zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen von Getränkeverpackungen und sonstigen Verpackungen, BGBl. 646/1992, idF BGBl. II 426/2000 als gesetzwidrig aufzuheben.

1. Die für die Beurteilung des Antrages maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

a) Bereits die Stammfassung des (noch bis zum Ablauf des geltenden) Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG), BGBl. 325/1990, ermächtigte den (nunmehrigen) Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, im Einvernehmen mit dem (nunmehrigen) Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Verordnungen zu erlassen, mit denen die Verringerung der Mengen und der Schadstofffrachten der entsorgungsbedürftigen Abfälle bezweckt wird (vgl. die Zielvorgaben in § 6 Abs 1 AWG).

Die §§6, 7 und 8 lauten auszugsweise wie folgt (die wiedergegebenen Bestimmungen des § 7, insb. dessen Abs 4a, gehen auf die Novelle BGBl. 434/1996 zurück):

"Ziele der Abfallvermeidung und

Pflichten der öffentlichen Hand

§6. (1) Durch die Verwendung von geeigneten Herstellungsformen, Be- und Verarbeitungsformen und Vertriebsformen, durch die Entwicklung geeigneter Arten und Formen von Waren und durch ein abfallbewußtes Verhalten der Letztverbraucher sollen die Mengen und die Schadstofffrachten der entsorgungsbedürftigen Abfälle verringert werden; im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Möglichen sind daher insbesondere

1. Waren so herzustellen, zu be- und verarbeiten oder sonst zu gestalten, daß die übrigbleibenden Stoffe weitgehend wiederverwertet werden können,

2. Vertriebsformen durch Rücknahme- und Pfandsysteme so zu gestalten, daß der Anfall von Abfällen beim Letztverbraucher so gering wie möglich gehalten wird,

3. Waren so zu gestalten, daß bei ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung möglichst wenige und möglichst schadstoffarme Abfälle übrigbleiben,

4. Waren so zu gebrauchen, daß der Abfall so gering wie möglich gehalten wird.

...

Maßnahmen zur Abfallvermeidung

§7. (1) Soweit dies zur Erreichung der Ziele gemäß § 6 Abs 1 zur Verringerung der Mengen und Schadstofffrachten der üblicherweise bei Letztverbrauchern anfallenden Abfälle und zur Förderung der Kreislaufwirtschaft erforderlich ist und soweit nicht nach § 8 vorzugehen ist, hat der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie [nunmehr: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft] im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten [nunmehr: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit], in den Fällen des Abs 6 auch im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen, Maßnahmen gemäß Abs 2 anzuordnen.

(2) Als Maßnahmen können angeordnet werden die Pflicht


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1.
zur Kennzeichnung von Waren, die auf die Notwendigkeit einer Rückgabe oder sonstigen besonderen Verwertung oder Entsorgung hinweist,
2.
zur Kennzeichnung der Beschaffenheit, insbesondere des Schadstoffgehaltes von Waren und der bei ihrer Entsorgung zu beachtenden Vorsichtsmaßnahmen,
3.
zur Rücknahme, zur Wiederverwendung oder Verwertung der nach der bestimmungsgemäßen Verwendung einer Ware verbleibenden Abfälle, wie Warenreste, Gebinde, Verpackungsmaterial u.a. durch Hersteller und Vertreiber von Waren solcher Art oder durch bestimmte Dritte (insbesondere durch Sammel- und Verwertungssysteme gemäß § 7a) sowie die entsprechende Pflicht der Abfallbesitzer zur Rückgabe, Wiederverwendung oder Verwertung,
4.
zur Einhebung eines Pfandbeitrages durch den Abgeber,
5.
als inländischer Produzent (Abfüller) oder als Importeur für die im Inland in Verkehr gesetzten Waren und Umschließungen einen Verwertungs- und Entsorgungsbeitrag abzuführen; der Verwertungs- und Entsorgungsbeitrag muß dem Wert der Ware und der Umschließungen sowie den Verwertungs- und Entsorgungskosten angemessen sein, er darf jedoch die Höhe beider Beträge nicht übersteigen,
6.
zur Abgabe von Waren sowie von Gebinden und Verpackungen nur in einer die Abfallsammlung und -behandlung wesentlich entlastenden Form und Beschaffenheit,
7.
zur Überlassung bzw. Sammlung von Abfällen, insbesondere getrennt von anderen Abfällen, mit dem Ziel, ihre Behandlung in einer möglichst umweltverträglichen Weise zu ermöglichen oder zu erleichtern,
8.
zur Unterlassung des Inverkehrsetzens von Waren, wenn diese Waren nach ihrem Gebrauch oder Verbrauch bei der Entsorgung geeignet sind gefährliche Stoffe freizusetzen und dies nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand verhindert werden kann.


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...

(4) Für Waren, die Gegenstand einer Zielverordnung sind, können innerhalb der Fristen gemäß § 8 AbsZ 2 nur Verordnungen nach Abs 2 Z 1, 2 und 6 in Kraft gesetzt werden.

(4a) Abweichend von Abs 1 und 4 sowie § 8 Abs 1 können auch gleichzeitig zu einer Zielverordnung nach § 8 Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 94/62/EG des Rates über Verpackungen und Verpackungsabfälle mit Verordnung gemäß Abs 2 geregelt werden.

...

Zielverordnung

§8. (1) Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie [nunmehr: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft] kann von der Erlassung einer Verordnung gemäß § 7 absehen und im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten [Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit] durch Verordnung Ziele gemäß § 6 Abs 1 festsetzen, soweit anzunehmen ist, daß innerhalb vertretbarer Frist durch die Selbstgestaltung der Wirtschaft die notwendige Verringerung der Mengen oder Schadstofffrachten der üblicherweise bei Letztverbrauchern anfallenden Abfälle erreicht werden kann.

(2) Die Zielverordnung gemäß Abs 1 hat insbesondere zu enthalten:


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1.
das zu erreichende Abfallvermeidungsziel;
2.
eine angemessene Frist zur Zielerreichung oder Fristen im Rahmen eines Stufenplanes;
3.
das Verfahren zur Feststellung der Zielerreichung;
4.
regelmäßige Informationspflichten des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie [nunmehr: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft] über das Ausmaß bzw. die Abschätzung der Zielerreichung;
5.
Maßnahmen gemäß § 7 Abs 2 der Art nach, die angeordnet werden, wenn das Ziel im Rahmen eines Stufenplanes nicht erreicht wird."

b) Gestützt auf § 7 bzw. § 8 erließ der zuständige Bundesminister im Jahr 1992 sowohl eine Maßnahmen- als auch eine Zielverordnung zur Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen, nämlich die Verordnungen des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen und bestimmten Warenresten (VerpackVO), BGBl. 645/1992 (welche in der Folge durch die derzeit in Geltung stehende VerpackVO 1996, BGBl. 648/1996, ersetzt wurde), einerseits und über die Festsetzung von Zielen zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen von Getränkeverpackungen und sonstigen Verpackungen, BGBl. 646/1992, anderseits.

c) Die zuletzt genannte Verordnung (im Folgenden auch VerpackungszielVO genannt) legte in der Stammfassung BGBl. 646/1992 für Getränkeverpackungen folgende Quoten fest:

"§2. (1) Zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen von Getränkeverpackungen sind bis zum , , und bis zum bei Getränkeverpackungen folgende Anteile durch die Wiederbefüllung und umweltgerechte Verwertung von Getränkeverpackungen, bezogen auf die im Inland an diesem Füllvolumen abgesetzten Abfüllmengen, zu erreichen:

Anteile in %

1993 1994 1997 2000

Mineralwasser, Tafelwasser, Sodawasser ... 90 92 94 96

Bier ..................................... 90 91 92 94

alkoholfreie Erfrischungsgetränke (wie

Limonaden) einschließlich alkoholfreie

Hopfen- und Malzgetränke ................. 80 80 82 83

Fruchtsäfte, Fruchtsaftgetränke, Nektare . 40 45 60 80

Milch und flüssige Milchprodukte ......... 25 40 60 80

Wein ..................................... 60 65 70 80

Sekt und Spirituosen ..................... 60 65 70 80"

Durch die Novelle BGBl. 649/1996 wurden die Quoten für 1997 bei Mineralwässer auf 92 und bei alkoholfreien Erfrischungsgetränken auf 80 herab- sowie bei Wein auf 80 % hinaufgesetzt. Die Mittel zur Zielerreichung wurden um die energetische Nutzung ergänzt. Die Novelle BGBl. II 232/1997 ordnete sodann das Außer-Kraft-Treten sowohl der VerpackVO 1996 als auch der VerpackungszielVO mit Ablauf des und deren neuerliches In-Kraft-Treten mit an.

Mit der Verpackungszielverordnungsnovelle 2000, BGBl. II 426/2000, erhielt § 2 jene Fassung, deren Aufhebung von der Wiener Landesregierung beantragt wird:

"§2. Zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen von Getränkeverpackungen sind ab dem in jedem Kalenderjahr 80% aller Getränkeverpackungen wiederzubefüllen, umweltgerecht zu verwerten oder energetisch zu nutzen. Diese Quote errechnet sich als Summe des Anteils der in Mehrweggebinden in Verkehr gesetzten Getränke, bezogen auf die im Inland insgesamt in Verkehr gesetzte Abfüllmenge (Füllvolumen), und des Anteils der umweltgerecht verwerteten oder energetisch genutzten Getränkeverpackungen, bezogen auf die Masse der im Inland in Verkehr gesetzten Getränkeverpackungen, die nicht wiederbefüllt werden. Verpackungen von folgenden Getränkearten sind davon umfasst:


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1.
Mineralwasser, Tafelwasser, Sodawasser, sonstige abgefüllte Wässer;
2.
Bier und Biermischgetränke (wie insbesondere Radler) und alkoholfreie Biere;
3.
alkoholfreie Erfrischungsgetränke (wie Limonaden) einschließlich aromatisierte Wässer, Fruchtsaft und Gemüsesaftgetränke,
isotonische Getränke, Energydrinks, Eistee, Kombucha, Sojamilch, Molkegetränke, Malzgetränke und ähnliche Erfrischungsgetränke;
4.
Fruchtsäfte, Gemüsesäfte, Nektare;
5.
Milch und flüssige Milchprodukte;
6.
Wein;
7.
Sekt, Schaumwein, Perlwein und Spirituosen (einschließlich mit Fruchtsäften versetzte Sekte, Schaumweine, Perlweine und Spirituosen) und sonstige alkoholhaltige Getränke."

Die unter den Überschriften "Weitergehende Maßnahmen" bzw. "Feststellung der Zielerreichung" stehenden §§5 und 6 lauten wie folgt:

"§5. (1) Werden die Quoten gemäß § 2 unterschritten oder die Restmengen gemäß § 3 überschritten, wird der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten auf der Grundlage des Abfallwirtschaftsgesetzes unverzüglich die zur Verringerung des Abfallaufkommens erforderlichen Verkehrs- und Abgabebeschränkungen erlassen.

(2) Als Verkehrs- und Abgabebeschränkung gemäß Abs 1 kommt insbesondere in Betracht die Anordnung der Pflicht zur


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1.
Einhebung eines Pfandbeitrages durch den Abgeber,
2.
Abgabe von Waren sowie von Gebinden und Verpackungen nur in einer die Abfallsammlung und -behandlung wesentlich entlastenden Form und Beschaffenheit,
3.
Überlassung bzw. Sammlung von Verpackungsabfällen, insbesondere getrennt von anderen Abfällen, mit dem Ziel, ihre Behandlung in einer möglichst umweltverträglichen Weise zu ermöglichen oder zu erleichtern,
4.
Unterlassung des Inverkehrsetzens von Waren, wenn diese Waren nach ihrem Gebrauch oder Verbrauch bei der Entsorgung geeignet sind, gefährliche Stoffe freizusetzen, und dies nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand verhindert werden kann und
5.
Einhebung eines Verwertungs- und Entsorgungsbeitrages.

(3) Bei der Erlassung der erforderlichen Verkehrs- und Abgabebeschränkungen ist auf die Ursachen der Zielverfehlung sowie die spezifischen Produktanforderungen und die damit verbundenen Anforderungen an Verpackungen Bedacht zu nehmen."

"§6. Die Feststellung der Zielerreichung der Ziele gemäß § 2 erfolgt erstmals für das Jahr 2004 und danach alle drei Jahre für das jeweilige Kalenderjahr sowie der Ziele gemäß § 3 erfolgt für das Jahr 2001 und danach alle drei Jahre für das jeweilige Kalenderjahr durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft durch Abfallmengenerhebungen sowie durch von den betroffenen Wirtschaftskreisen vorzulegende Daten und allenfalls notwendige korrespondierende Marktanalysen."

Während § 6 und § 5 Abs 3 ihre derzeitige Fassung ebenfalls durch die Novelle 2000 erhielten, stehen die Abs 1 und 2 des § 5 (abgesehen von einer Bezeichnungsänderung durch die Novelle BGBl. 335/1995) seit der Stammfassung unverändert in Geltung.

2. Die antragstellende Landesregierung hält die angefochtenen Verordnungsbestimmungen aus folgenden Gründen für gesetzwidrig:

Den Abfallvermeidungsregelungen der §§6 ff. AWG liege eine an Bindungsintensität zunehmende "dreistufige Normpyramide" zugrunde. Nach dem Konzept des AWG soll das der Abfallvermeidung dienende Verhalten vom Verordnungsgeber nicht sofort zwingend vorgegeben werden; an erster Stelle stehe die Erwartung einer Abfallverminderung durch freiwillige Verhaltensweise (§6 Abs 1 AWG). Sodann sollten in einer Zielverordnung gemäß § 8 leg.cit. konkrete Zielsetzungen zur Verringerung des Abfallaufkommens vorgegeben werden, die durch die Selbstgestaltung der Wirtschaft erreicht werden sollen. Dem Instrument der Zielverordnung als gelindestem Mittel werde in diesem Fall der Vorrang vor Verordnungen nach § 7 AWG zur Vorschreibung verpflichtender Maßnahmen eingeräumt. Zweck dieser Regelung sei es, die Auferlegung von Verpflichtungen nur für den Fall der Zielverfehlung vorsehen zu müssen.

Dementsprechend sei in § 2 der VerpackungszielVO idF vor der Verpackungszielverordnungsnovelle 2000, BGBl. II 426, Quoten für Getränkeverpackungen festgelegt worden, die bis durch Wiederbefüllung, umweltgerechte Verwertung und energetische Nutzung dieser Verpackungen zu erreichen gewesen wären. Ob diese Quoten erreicht worden sind, hätte der Verordnungsgeber gemäß § 6 der VerpackungszielVO idF vor der genannten Novelle im Jahre 2001 festzustellen gehabt.

Durch die Verpackungszielverordnungsnovelle 2000 seien die §§2 und 6 der VerpackungszielVO aber derart geändert worden, dass eine Überprüfung der Erreichung der durch die Stammfassung dieser Verordnung für festgesetzten Quotenziele nicht (mehr) stattgefunden habe: Der mit endende Stufenplan sei aufgehoben und ein neues Ziel für die Zeit ab gesetzt worden, ohne die Erreichung des bisherigen Zieles zu überprüfen. Eine solche Überprüfung würde aber eine wesentliche Grundlage für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit weiterer auf das AWG gestützter Schritte darstellen. Eine Zielverordnung dürfe nur erlassen werden, "soweit anzunehmen ist, dass innerhalb vertretbarer Frist durch die Selbstgestaltung der Wirtschaft die notwendige Verringerung der Mengen oder Schadstofffrachten ... erreicht werden kann". Sei dies nicht zu erwarten oder habe sich die Fruchtlosigkeit dieses Instruments herausgestellt, so sei von der Erlassung einer Zielverordnung abzusehen (Kneihs, Aus Anlaß der Neuregelung: Sinn und Unsinn des Systems von Ziel- und Maßnahmenverordnung nach den §§7 und 8 AWG, ZfV 1996, 682). Nur dann, wenn festgestellt worden sei, dass das Abfallvermeidungsziel erreicht worden ist, könnten verpflichtende Maßnahmen nach § 7 Abs 1 AWG unterbleiben und dürfte der Verordnungsgeber neuerlich mit einer Zielverordnung nach § 8 AWG vorgehen.

Zum Zeitpunkt der Erlassung der Verpackungszielverordnungsnovelle 2000 sei bereits klar gewesen, dass die Quotenziele des § 2 der VerpackungszielVO idF vor der Verpackungszielverordnungsnovelle 2000 bis nicht erreicht worden wären. In der vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, vom Verband der Getränkehersteller Österreichs und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit in Auftrag gegebene Studie "Volkswirtschaftlicher Vergleich von Einweg- und Mehrwegsystemen" der Gesellschaft für umfassende Analysen GmbH (Dezember 2000) werde festgehalten, dass die Erfüllung der für das Jahr 2000 festgesetzten Getränkezielquoten praktisch ausgeschlossen sei; dies entspreche der in Fachkreisen längst einhelligen Auffassung, dass die bis Ende 2000 zu erreichenden Zielquoten des § 2 der VerpackungszielVO idF vor der Novelle 2000 aufgrund der rasanten Zunahme an Einwegverpackungen, insbesondere der PET-Flaschen, und der damit verbundenen Verdrängung der Mehrwegsysteme nicht erreicht würden. Auch der vom Technischen Büro H Umweltwirtschaft in Zusammenarbeit mit der

S Unternehmensberatung und Forschungsgesellschaft für Umweltfragen mbH verfassten Projektbericht vom Jänner 2000 über die vom (damaligen) Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie in Auftrag gegebene Studie "Argumente: Einweggebinde - Mehrweggebinde" zeichne ein ähnliches Bild, sodass für den Verordnungsgeber die Nichterfüllung der Quotenziele zum Zeitpunkt der Erlassung der Verpackungszielverordnungsnovelle 2000 erkennbar gewesen sei.

Durch die Beseitigung des mit endenden Stufenplanes und der Bestimmung über die Feststellung, ob das Ziel im Rahmen dieses Stufenplanes erreicht wurde, habe der Verordnungsgeber jedoch die Feststellung der Verfehlung der gesteckten Quotenziele vereitelt, die vom Gesetzgeber für diesen Fall vorgesehene Rechtsfolge der Erlassung einer Maßnahmenverordnung ignoriert und im § 2 der Verordnung neue Ziele für einen Zeitraum nach dem gesetzt, ohne dass die Voraussetzungen für die neuerliche Erlassung einer Zielverordnung nach § 8 AWG vorgelegen seien. § 2 und die auf diese Bestimmung Bezug habenden Wortfolgen in § 5 Abs 1 und § 6 seien daher gesetzwidrig.

3. Der zur Vertretung der angefochtenen Verordnung vor dem Verfassungsgerichtshof berufene Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat die auf die angefochtene Verordnung Bezug habenden Akten vorgelegt und in seiner Äußerung die Abweisung des Antrages begehrt.

a) Dem "Vorwurf der Nichtüberprüfung" der Ziele hält der Bundesminister entgegen, dass die Zielerreichung zum Stichtag zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung noch nicht zu überprüfen gewesen sei; eine derartige Überprüfung wäre erst im ersten Halbjahr 2001 möglich gewesen. Da die Festlegung der Methode sowie des Zeitpunkts der Prüfung der Zielerreichung dem Verordnungsgeber obliege (vgl. § 8 Abs 2 Z 3 AWG), könne dieser folglich auch deren Modalitäten ändern.

Da die Ziele für Getränkeverpackungen nur bis zum Jahr 2000 festgelegt gewesen seien, sei aus der Sicht der verordnungserlassenden Behörde eine neuerliche Festlegung sogar erforderlich gewesen.

Eine Überprüfung der Situation am Getränkesektor sei - nicht zuletzt aufgrund der Diskussion über mögliche künftige Zielverfehlungen - bereits im Vorfeld der Erlassung der Zielverordnungsnovelle 2000 erfolgt.

b) Was die von der Wiener Landesregierung in ihrem Antrag angesprochene "dreistufige Normenpyramide" anlange, so passe diese im Fall der Verpackungsregelungen nicht. Der Antrag gehe von der Rechtslage vor der AWG-Novelle 1996, BGBl. 434, aus und berücksichtige daher den durch diese Novelle dem § 7 eingefügten Abs 4a nicht hinreichend.

Gerade im Verpackungsbereich erfordere die Umsetzung der Richtlinie 94/627/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle, ABl. 1994 L 365, 10, sowohl eine Ziel- als auch eine Maßnahmenverordnung.

Zusammenfassend ist der Bundesminister der Auffassung, dass im Verpackungsbereich ein "flexibler Mix" von Maßnahmen- und Zielverordnungen (und anderer Maßnahmen wie zB die Förderung freiwilliger Maßnahmen der Wirtschaft) jederzeit möglich sei und die von der Wiener Landesregierung skizzierte "Normenpyramide" nicht zum Tragen komme.

c) Zur behaupteten "Zielverfehlung" führt der Bundesminister aus:

"§5 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Festlegung von Zielen zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen von Getränkeverpackungen und sonstigen Verpackungen, BGBl. 646/1992 idF BGBl II 232/1997 bestimmt, dass im Fall, dass die Quoten gemäß § 2 unterschritten oder die Restmengen gemäß § 3 überschritten werden, der Bundesminister für Umwelt im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten auf der Grundlage des Abfallwirtschaftsgesetzes unverzüglich die zur Verringerung des Abfallaufkommens erforderlichen Verkehrs- und Abgabebeschränkungen erlassen wird. Dabei ist gemä[ß] § 5 Abs 3 der ZielVO (idF BGBl II 232/1997) überdies auf die Ursachen der Zielverfehlung Bedacht zu nehmen.

Eine Zielverfehlung der Quoten des § 2 ist im Zeitpunkt der Erlassung der Zielverordnungsnovelle 2000 nicht erfolgt und ist auch, entgegen der Behauptung der Antragstellerin (vgl. Seite 9 des Antrags) nicht 'erkennbar' gewesen:

Die Verpackungszielverordnung vor der gegenständlichen Novelle sah die Feststellung der Zielerreichung im Falle des § 2 zum Stichtag vor. Bis zu diesem Zeitpunkt war ein Erreichen der Ziele durch Wiederbefüllung, umweltgerechte Verwertung und energetische Nutzung vorgeschrieben.

Von der Antragstellerin wird nun behauptet, dass die Quotenziele bereits zum Zeitpunkt der Novellierung nicht erreicht worden wären. Diese Behauptung wird offensichtlich für alle Getränkearten aufgestellt, da eine Differenzierung für bestimmte Getränkearten nicht getroffen wird. ...

Die Feststellung der Zielerreichung (oder -verfehlung) setzt die Kenntnis der relevanten wesentlichen Marktdaten voraus:

* Gesamtabsatzmengen der einzelnen Getränkearten

(unterteilt sowohl in Einweg- als auch in Mehrweggebinde)

* Mehrwegquoten je Getränkeart

* Sammel- und Verwertungsquote je Getränkeart und je

Packstoff.

Zur Zielfeststellung sind gemäß § 6 der Verpackungszielverordnung Daten von den betroffenen Wirtschaftskreisen vorzulegen sowie allenfalls erforderliche korrespondierende Marktanalysen durchzuführen.

Zu den jeweiligen Absatzmengen:

Allgemein bekannt ist, dass der Marktinput der Getränke saisonalen Schwankungen unterliegt und auch die Gesamtabsatzmenge einzelner Getränkearten, wie insbesondere Mineralwasser, Bier und Limonaden stark vom Wetter und den Temperaturen abhängig ist. In den bisherigen Zielüberprüfungen wurden daher zur besseren Vergleichbarkeit neben den Zielfeststellungen zum Bemessungszeitraum auch die Kalenderjahresergebnisse für die einzelnen Getränkearten erhoben. Dabei ist ein deutlicher Unterschied der Jahreswerte zu den Werten des Bemessungszeitraumes festzustellen.

Als wesentliche Grundlage der Zielüberprüfung sind die Absatzmengen in Mehrweggebinden für Österreich gesamt, und weiters die Absatzmenge in Einweggebinden für die einzelnen Getränkearten heranzuziehen. Für jede Getränkeart müssen die unterschiedlichsten Einweggebinde erhoben werden. Die Abfüllmengen sind in Gebindemengen und verwendete Packstoffmassen umzurechnen. Entscheidend sind dabei auch die verwendeten Gebindegrößen, da die eingesetzte Verpackungsmenge pro Liter Getränk bei kleineren Gebindegrößen größer wird.

Die Aussage der Marktstudie für Wien und hier begrenzt auf die Monate April und Mai und nur für Mineralwässer kann daher bestenfalls als ein Indiz für einen groben Trend innerhalb der Getränkeart Mineralwasser, Tafelwasser und Sodawasser herangezogen werden, niemals aber als Beleg für eine Zielverfehlung für alle Getränkearten.

Nur am Rande sei hier auch darauf verwiesen, dass das Kaufverhalten von Wien deutliche Unterschiede zu anderen Regionen Österreichs aufweist. Als Beispiel darf erwähnt werden, dass nach Aussagen von Vertretern der Brauwirtschaft in Wien 50% der Gesamtverkaufsmenge von Dosenbier abgesetzt werden. Für die Zielfeststellung ist allerdings auf das gesamte österreichische Bundesgebiet abzustellen.

Ebenfalls kann die Studie von H-S, die im Jänner 2000 (!) publiziert wurde, marktbestimmende Rahmenbedingungen wie Wettersituationen nicht vorhersagen, wobei diese Studie sich vorwiegend auf die Abfüllung in Mehrweggebinden bezieht und keinerlei Aussagen zur Sammel- und Verwertungsmenge trifft. Gerade die Sammlung und Verwertung stellt aber ein entscheidendes Kriterium der Zielerreichung dar und entscheidet oftmals über die Erreichung oder Verfehlung der Quoten. Als Beispiel sei hier auf Sekt und Spirituosen verwiesen, die ausschließlich in Einweggebinde abgefüllt werden und wo die Zielerreichung bislang nur auf die hohen Sammelraten und Verwertungsquoten zurückzuführen war.

Zusammenfassend kann auch diese Studie nicht als Beleg einer Beurteilung der Zielerreichung herangezogen werden, da weder die Marktdaten in Form der Prognose verlässlich genug erscheinen, noch die Sammlung und Verwertungsbeiträge abgeschätzt werden.

Zur Sammlung und Verwertung:

Als weiterer Faktor der Zielerreichung ist die Sammlung und Verwertung zu berücksichtigen. Dabei ist zu beachten, dass mehrere Getränkearten in gleichartigen Gebinden abgefüllt werden und diese Gebinde daher auch gemeinsam gesammelt und verwertet werden (Beispiel Dosen für Bier und Limonaden). Gleichzeitig ist aber der Rückschluss, dass die Sammelmengen sich im gleichen Verhältnis zueinander befinden wie die Marktabsatzmengen, nicht zwingend gegeben. Es ist aus Analysen bekannt, dass soziale (Käuferschicht und deren Umweltbewusstsein) und gebindespezifische Faktoren (unterschiedliche Geruchsemissionen aufgrund der Füllgüter bei Milch und Saft in Getränkeverbundkartons) einen deutlichen Einfluss ausüben.

Ebenfalls ist allgemein bekannt, dass z.B. bei der Metallsammlung nicht nur Getränkedosen, sondern auch andere Verpackungen und sogar Metalle aus dem Nicht-Verpackungsbereich gemeinsam gesammelt und verwertet werden. Dies gilt auch für Kunststoffe, Glas und Verbundkartons.

Es sind daher periodisch Analysen über die Zusammensetzung der einzelnen Sammelfraktionen durchzuführen, wobei in Abhängigkeit der Stichproben und Analysentiefen, die Sammel- und Verwertungsmengen als Mittelwert mit bestimmten Vertrauensgrenzen zu ermitteln sind. Auch dies ist bei einer Feststellung der Zielerreichung oder Zielverfehlung zu berücksichtigen.

Zu den jeweiligen Getränkearten:

Marktinputseitig ist eine Zuordnung der am Markt befindlichen Getränke zu den Getränkearten der Verordnung erforderlich. Dies ist aber insofern schwierig als übliche Kategorisierungen der Getränkewirtschaft nach Lebensmittelkodex - und die vorliegenden Studien gehen von diesen Kategorisierungen aus - für die Verpackungszielverordnung nicht zwingend Anwendung finden. Als Beispiel sei hier nur auf die Zuordnung von alkoholfreien Bieren verwiesen, die in der Verordnung anders als im Lebensmittelkodex den alkoholfreien Erfrischungsgetränken zugeordnet werden. Weitere Beispiele sind Energydrinks und Eistees, die im Lebensmittelkodex nicht als Getränk geführt werden.

Festzuhalten ist, dass nach Angaben der ArgeV die Erfassungsquote von PET-Flaschen 1995 und 1996 bei 70% lag und seitdem zwischen 75 und 82% liegt. Dies völlig ungeachtet der Tatsache, dass die Marktinputmengen gestiegen sind. Berücksichtigt man neben der getrennten Erfassung und Verwertung die energetische Nutzung in Müllverbrennungsanlagen als Beitrag zur Zielerreichung so liegt die zur Zielerreichung anrechenbare Beitragsquote weit über 80% des Einweganteils. Vor allem ist die Einbringung in die Müllverbrennungsanlagen von Wien und Wels heranzuziehen, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass die Absatzmenge von Einweggebinden besonders in Ballungsgebieten höher liegt als in ländlichen Regionen (siehe dazu auch die Anmerkungen der Verkaufsanteile für Dosenbier).

Die Behauptung der erkennbaren Zielverfehlung begründet sich letztlich auch auf die Studie der GUA. Dabei ist hervorzuheben, dass diese Studie nur 4 Getränkearten (Wässer, Bier, Milch und alkoholfreie Erfrischungsgetränke) und bestimmte dabei eingesetzte Gebinde genauer untersucht. Der Untersuchungsgegenstand ist dabei der volkswirtschaftliche Vergleich auf Basis eines Modells und bestimmter Szenarienannahmen, wobei nicht einmal alle für diese Getränke eingesetzten Gebindetypen untersucht wurden.

Abweichend vom Zitat im vorliegenden Antrag wird eine Zielverfehlung in dieser Studie nicht für alle Getränkearten prognostiziert, sondern nur für einige Getränkearten und lautet korrekt wie folgt:

'Im Jahr 1997 wurden diese Zielquoten noch erfüllt. Da entgegen der derzeit stattfindenden Entwicklung für das Jahr 2000 aber zum Teil deutlich höhere Getränkezielquoten vorgesehen sind, ist für einige Getränkearten eine Quotenerfüllung im Jahr 2000 derzeit praktisch ausgeschlossen.'

Welche Getränkearten dies sind wird im Übrigen nicht näher ausgeführt, es ist aber wohl anzunehmen, dass es sich auf einzelne der untersuchten Getränkearten bezieht.

Wie bereits ausgeführt, beruht die Studie auf bestimmten Szenarien und trifft dafür Marktannahmen. Es wurden allerdings keine Marktanalysen durchgeführt. Genauso wenig wurden Erhebungen der Sammel- und Verwertungsmengen durchgeführt, da dies auch nicht Aufgabe und Zielsetzung der Studie war.

Die Begründung der zitierten Aussage liegt daher einerseits in Trendannahmen der Entwicklung des Einweg- bzw. Mehrweganteils, die zu Beginn der Studie getroffen wurden, der erreichten Ergebnisse zum Stichtag und der Tatsache, dass eine Zielquotensteigerung bei Mineralwasser (+4% gegenüber 1997), Bier (+2%), alkoholfreie Erfrischungsgetränke (+3%) und Milch (+20%) in der Verordnung festgelegt ist.

Im veröffentlichten Bericht zur Zielüberprüfung 1997 (vgl. Beilage 2) wird festgehalten, dass die Zielquote für Mineralwässer um 3,1%, für Bier um 2,3%, für alkoholfreie Erfrischungsgetränke um 5% und für Milch um 12% überschritten wurde.

Daraus ist in erster Linie wohl der Schluss zu ziehen, dass eine mögliche Gefährdung der Zielerreichung im Bereich der Getränkeart Milch gegeben war, wobei hier keinerlei Änderungen im Abfüllverhältnis zwischen Einweg und Mehrweg zwischen 1997 und 2000 festzustellen waren. Es war klar, dass in diesem Bereich vor allem Steigerungen der Sammel- und Verwertungsmengen erreicht werden mussten. Seit 1997 wurden daher entsprechende Maßnahmen durch das Sammel- und Verwertungssystem ÖKO Box GesmbH, das Getränkeverbundkartons (also Verpackungen in denen Milch hauptsächlich abgefüllt wird) sammelt und verwertet, gesetzt.

Auch für die anderen Getränkearten ergibt sich aus den herangezogenen Fakten kein zwingender Schluss einer Zielverfehlung. Selbst bei einem Szenario mit einer deutlichen Steigerung des Einweganteils war davon auszugehen, dass eine Zielerreichung im Bereich des Möglichen lag. Die Behauptung des Studienverfassers ist daher aufgrund der geschilderten Beurteilungsgrundlagen sachlich nicht nachvollziehbar.

Da im Rahmen des vorliegenden Antrags insbesondere Mineralwasserverpackungen angesprochen werden, bei denen eine Quotenverfehlung als wahrscheinlich angegeben wird, darf diesbezüglich folgende grobe Rechnung aufgestellt werden:

Der Mehrweganteil lag laut Bericht der Wirtschaftskammer Österreich zur freiwilligen Selbstverpflichtung bei 64,5%. Der Einweganteil setzt sich aus einer Abfüllmenge in Glas und PET zusammen. In den letzten Jahren lag der Glaseinweganteil relativ konstant bei ca. 2%. Der PET Anteil wird daher mit 33,4% angenommen.

Die Verwertungsquote von Glas liegt laut vorliegendem Bericht der AGR für das Jahr 2000 bei 88,4%. Daraus ergibt sich ein Quotenbeitrag von 1,8%.

Nimmt man den Verwertungsanteil von PET mit ca. 85% an (die getrennte Erfassungsquote betrug 1998 82% und 1999 80%; der Beitrag der energetischen Nutzung bemessen an der in Müllverbrennungsanlagen Wien und Wels eingebrachten PET Menge wird auf 5% geschätzt), so ergibt sich ein Quotenbeitrag von 28,4%.

Insgesamt ergibt sich daraus eine Quote von 94,7%.

Zu berücksichtigen ist dabei der Vertrauensgrad jedes einzelnen Ergebnisses, wobei Abweichungen von +/- 2% bereits als sehr exaktes Ergebnis zu werten sind. Daraus nun zwingend ableiten zu wollen, dass eine Zielverfehlung vorgelegen haben muss, ist aus technischer Sicht als nicht seriös abzulehnen."

Der Antrag auf Aufhebung des gesamten § 2 der VerpackungszielVO sei - so der Bundesminister weiter - jedenfalls als zu weit anzusehen. Selbst wenn man bei einer oder mehreren Getränkearten eine Zielverfehlung feststellen hätte können, wäre eine Aufhebung des gesamten § 2 jedenfalls überschießend. Ungeachtet dessen würde die Zielverfehlung eines Getränkezieles nicht unbedingt zu einer Maßnahmenverordnung führen, weil auch in diesem Fall auf die Ursachen der Zielverfehlung (vgl. § 5 Abs 3 der VerpackungszielVO) und die sonstigen Rahmenbedingungen (volkswirtschaftliche Auswirkungen, Rahmenbedingungen der EU etc.) Bedacht zu nehmen sei.

Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass eine sachlich und rechtlich zweifelsfreie Feststellung, dass Ziele gemäß § 2 VerpackungszielVO nicht erreicht worden seien oder nicht erreicht hätten werden können, zum Zeitpunkt der Novellierung nicht vorgelegen sei. Wohl sei aber im Rahmen der Diskussionen zu den vorgenannten Studien im Vorfeld der Verpackungszielverordnungsnovelle 2000 klar zutage getreten, welche Rahmenbedingungen bestehen, die als Entscheidungsgrundlage für die gewählte Vorgangsweise heranzuziehen seien.

e) Aufgrund der bestehenden Regelungsintensität der VerpackVO 1996, welche insbesondere die Pflicht der Rücknahme und Verwertung von Verpackungen durch Hersteller, Importeure und Vertreiber festlege, bleibe zwar nur wenig Spielraum für weitergehende Maßnahmen, jedoch könne der antragstellenden Regierung nicht gefolgt werden, wenn sie behauptet, dem Bundesminister sei im Fall einer Zielverfehlung kein Ermessen eingeräumt, wie vorzugehen ist:

"Der Text und die wechselseitige Bezugnahme der §§6, 7 und 8 AWG lassen zweifelsfrei erkennen dass der Gesetzgeber dem VO-Geber ein flexibles, an die jeweiligen Rahmenbedingungen (Umwelt-, technische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen) angepasstes Vorgehen ermöglichen will, wobei vor dem Hintergrund des EU-Rechts das jeweils gelindeste zum Ziel führende Mittel zu wählen ist.

Der Verordnungsgeber hat seine Entscheidung hinsichtlich des 'ob' und des 'wie' einer Zielverordnung auf Grund einer Prognose zu treffen, in die neben Umweltgesichtspunkten (Abfallvermeidung) natürlich auch technische und wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Nicht zuletzt sind alle geforderten Maßnahmen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu treffen.

Weder die von der Antragstellerin genannten Pfandregelungen noch die Festlegung von Verwertungs- und Entsorgungsbeiträgen, die allenfalls als ergänzende Maßnahmen zur bereits existierenden Verpackungsverordnung (VerpackVO 1996, BGBl. Nr. 648/1996 idF BGBl. II Nr. 232/1997) denkmöglich wären, wären sachgerecht und könnten darüber hinaus im EU-Kontext zu (insbesondere wettbewerbsrechtlichen und Binnenmarkt-) Problemen führen.

Dass gerade ein Pfand auf Einweg nicht zur Stabilisierung und schon gar nicht zur Erhöhung des Mehrweganteiles beiträgt, beweist die in diesem Zusammenhang zitierte Studie. Demnach würden '85 Prozent der Befragten weiterhin gleich viele Getränke in Dosen oder Flaschen kaufen'. Dies bedeutet, dass das Lenkungsziel 'Steigerung der Mehrweganteile' und damit ein Beitrag zur Abfallvermeidung nicht durch ein Pflichtpfand auf Einwegverpackungen erreicht werden kann.

Erreicht würde durch ein Pfand jedoch eine Kapitalbindung und eine Kaufkraftschwächung. Allein aus dem Dosenbereich (7 ATS pro Dose) bei Bier und Limonaden würden ca. 750 Mio. ATS Pfand gebunden. Aus gleichheitsrechtlichen Überlegungen müssten jedoch auch andere Einweggebinde als Dosen mit einem Pfand belegt werden, wodurch die Mehraufwendungen für einen Haushalt bei Pfand auf Einweg generell bei ca. 1.300 bis 1.500 ATS pro Jahr liegen würden.

Aufgrund der vorgenommenen Untersuchungen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft war die Marktlage am Getränkesektor so weit untersucht, um entsprechend dem § 8 AWG neuerlich Ziele festsetzen zu können. Selbst wenn eine Zielverfehlung vorgelegen hätte, wäre keine andere Vorgangsweise gewählt worden."

Abschließend begehrt der Bundesminister, den Antrag der Wiener Landesregierung als unbegründet abzuweisen; für den Fall der Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen wolle der Verfassungsgerichtshof für deren Inkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimmen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwogen:

1. Der Antrag ist nur zum Teil zulässig:

a) Gemäß Art 139 Abs 1 (zweiter Satz) B-VG ist jede Landesregierung berechtigt, die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Bundesbehörde beim Verfassungsgerichtshof geltend zu machen. Gemäß § 57 Abs 1 VfGG muss ein derartiger Antrag begehren, dass entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalt nach oder bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden, (Satz 1) und hat die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung bzw. der Verordnungsstellen sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen (Satz 2).

b) Der zuletzt genannten Voraussetzung wird der Antrag der Wiener Landesregierung nur insoweit gerecht, als mit ihm die Aufhebung des § 2 der VerpackungszielVO begehrt wird; nicht jedoch, soweit er sich (auch) auf näher bezeichnete Teile der §§5 und 6 bezieht: Anders als gegen § 2 trägt die Wiener Landesregierung gegen die Wortfolgen "die Quoten gemäß § 2 unterschritten oder" in § 5 Abs 1 und "der Ziele gemäß § 2 erfolgt erstmals für das Jahr 2004 und danach alle drei Jahre für das jeweilige Kalenderjahr sowie" in § 6 der Verordnung keine spezifischen Bedenken vor; das auf Aufhebung (auch) dieser Verordnungsstellen gerichtete Begehren der Wiener Landesregierung stützt sich vielmehr lediglich darauf, dass in diesen Bestimmungen auf den ebenfalls - und zulässigerweise - zur Aufhebung beantragten § 2 der Verordnung Bezug genommen wird.

Da jene Vorschriften auch in keinem untrennbaren Zusammenhang mit § 2 der VerpackungszielVO stehen, mögen sie nach dessen allfälliger Aufhebung auch teilweise unanwendbar sein, war der Antrag, insoweit er die oben genannten Wortfolgen in § 5 Abs 1 und in § 6 zum Gegenstand hat, als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 14.802/1997, S. 398, mit weiteren Hinweisen).

2. In seinem zulässigen Teil ist der Antrag auch begründet:

a) Der Verfassungsgerichtshof hält vorerst fest, dass er bei seiner Prüfung der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnungsbestimmung auf die Bedenken beschränkt ist, welche die Wiener Landesregierung vorträgt.

b) Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seiner früheren Judikatur (VfSlg. 14.319/1995, 14.498/1996 und 15.203/1998) zur auch hier maßgeblichen Rechtslage nach den §§6, 7 und 8 AWG festgestellt hat, legt § 6 Abs 1 AWG "Ziele der Abfallvermeidung", sowohl was die Mengen als auch die Schadstofffrachten der entsorgungsbedürftigen Abfälle anlangt, fest. Zur Erreichung dieser Ziele sieht § 7 Abs 1 AWG in Verbindung mit dessen Abs 2 die Anordnung bestimmter Maßnahmen zur Abfallvermeidung vor. § 8 Abs 1 AWG ermächtigt ferner den zuständigen Bundesminister, die Ziele der Abfallvermeidung (gemäß § 6 Abs 1) durch Verordnung weiter zu konkretisieren, "soweit anzunehmen ist, daß innerhalb vertretbarer Frist durch die Selbstgestaltung der Wirtschaft die notwendige Verringerung der Mengen oder Schadstofffrachten der üblicherweise bei Letztverbrauchern anfallenden Abfälle erreicht werden kann". Notwendiger Inhalt einer derartigen Zielverordnung ist gemäß § 8 Abs 2 AWG u.a. "das zu erreichende Abfallvermeidungsziel" (Z1), "eine angemessene Frist zur Zielerreichung oder Fristen im Rahmen eines Stufenplanes" (Z2), "das Verfahren zur Feststellung der Zielerreichung" (Z3) sowie für den Fall, dass "das Ziel im Rahmen eines Stufenplanes nicht erreicht wird", gemäß § 7 Abs 2 der Art nach anzuordnende "Maßnahmen" (Z5).

Im Hinblick auf die Bedenken der Wiener Landesregierung stellt sich die Frage, was rechtens ist, wenn das einer Zielverordnung zufolge geltende, innerhalb angemessener Frist zu erreichende Abfallvermeidungsziel nicht erreicht wird, zumal eine ausdrückliche Vorschrift über die Abänderung einer Zielverordnung gemäß § 8 AWG fehlt.

Nach Meinung der Wiener Landesregierung steht dem Verordnungsgeber diesbezüglich kein Spielraum offen, vielmehr ist er kraft § 8 Abs 2 Z 5 AWG diesfalls verpflichtet, Maßnahmen gemäß § 7 Abs 2 AWG anzuordnen, die in der Zielverordnung der Art nach in Aussicht genommen werden, "wenn das Ziel im Rahmen eines Stufenplanes nicht erreicht wird". Derartige Maßnahmen (wie etwa die Einhebung eines Pfandbeitrages oder eines Verwertungs- und Entsorgungsbeitrages) wurden vom Verordnungsgeber entsprechend dem gesetzlichen Auftrag in § 5 Abs 2 der VerpackungszielVO auch tatsächlich vorgesehen.

Der Verfassungsgerichtshof ist jedoch anders als die Wiener Landesregierung der Auffassung, dass die gesetzlich vorgesehene Vorkehrung von Maßnahmen gemäß § 7 Abs 2 AWG in einer Zielverordnung nicht schlechtweg ausschließt, das oder die zu erreichende(n) Abfallvermeidungsziel(e) durch Änderung der Zielverordnung neu zu bestimmen. Dies ist geradezu selbstverständlich und rechtlich unproblematisch, wenn dadurch dem Ziel der Abfallvermeidung und -verringerung, wie es § 6 Abs 1 AWG ganz allgemein formuliert, besser Rechnung getragen wird: wenn also das zu erreichende Abfallvermeidungsziel vom Verordnungsgeber hinaufgesetzt wird und plausible Gründe für die Annahme sprechen, dass die zusätzliche Verringerung der Abfallmenge im Wege der Selbstgestaltung der Wirtschaft erreicht werden kann.

Falsch wäre es aber auch, § 2 der VerpackungszielVO idF vor der Novelle BGBl. II 426/2000 so zu verstehen, dass diese Bestimmung für die Zeit nach dem keine Zielfestlegung verordnet hätte. Vielmehr muss § 2 der zitierten Verordnung in ihrer Stammfassung mit Rücksicht auf ihre gesetzliche Grundlage dahin gedeutet werden, dass die für Ende 2000 angestrebten Abfallvermeidungs- und -verwertungsquoten auch für die darauffolgende Zeit gelten, der zeitliche Geltungsbereich der VerpackungszielVO idF vor der Novelle 2000 sohin nicht mit begrenzt war.

Wird das durch eine Zielverordnung festgelegte Abfallvermeidungsziel nicht erreicht, scheidet die für diesen Fall kraft der Z 5 des § 8 Abs 2 AWG in der Zielverordnung vorgesehene Anordnung von Maßnahmen gemäß § 7 Abs 2 AWG nur dann aus, wenn diese Maßnahmen gemäß § 6 Abs 1 AWG nicht "im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Möglichen" liegen. Die Herabsetzung der Abfallvermeidungsziele in der Zielverordnung selbst bildet dann eine notwendige rechtliche Konsequenz einer derartigen Sachlage.

Soll somit das Abfallvermeidungsziel durch Änderung der Zielverordnung herabgesetzt werden, so setzt diese Änderung voraus, dass das gesetzlich vorgesehene, in der Zielverordnung zu benennende "Verfahren zur Feststellung der Zielerreichung" (§8 Abs 2 Z 3 AWG) gehörig beobachtet wurde und eine Zielverfehlung indiziert; dass ferner die Erlassung von Maßnahmenverordnungen gemäß § 7 Abs 2 AWG in Verbindung mit § 6 Abs 1 AWG "im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Möglichen" nicht in Betracht kommt. Gesetzliche Voraussetzung für die in einer geänderten Zielverordnung reduzierten Abfallvermeidungsziele ist schließlich, dass die neu festgelegten Abfallvermeidungsmengen oder -quoten im Wege der "Selbstgestaltung der Wirtschaft" innerhalb vertretbarer Frist wahrscheinlich erreicht werden, sohin eine rechtmäßige Prognoseentscheidung vom Verordnungsgeber getroffen wird.

Die Änderung ebenso wie die Erlassung einer Zielverordnung bedarf schon mit Rücksicht auf ihre finale Normstruktur (vgl. in diesem Zusammenhang VfSlg. 8280/1978 uva.) für ihre Rechtmäßigkeit einer gehörigen Erarbeitung der Entscheidungsgrundlagen (vgl. auch VfSlg. 12.687/1991 und 14.941/1997). Auch in der Literatur wird in diesem Sinn die Beobachtung des Zielfeststellungsverfahrens nach § 8 Abs 2 Z 3 AWG als "Entscheidungsgrundlage für die Änderung oder Aufhebung einer Zielverordnung" ausdrücklich gefordert (Kind/List/Schmelz, AWG 1999, S. 278). Rechtlich erforderlich sind gehörige Entscheidungsgrundlagen vor allem auch zum Beleg dafür, dass die gemäß § 8 Abs 2 Z 5 AWG in einer Zielverordnung vorgesehene Anordnung von Maßnahmen wegen technischer oder/und wirtschaftlicher Schwierigkeiten ausscheidet, und ferner dass die neuen, reduzierten Ziele im Wege der Selbstgestaltung der Wirtschaft erreicht werden können.

c) Angesichts der dargestellten gesetzlichen Anforderungen an die Herabsetzung der zu erreichenden Abfallvermeidungsziele durch Änderung einer Zielverordnung erweist sich § 2 der VerpackungszielVO idF der Verpackungszielverordnungsnovelle 2000 als gesetzwidrig. Den Bedenken der Wiener Landesregierung ist insoweit zu folgen:

Mit der im novellierten § 2 der VerpackungszielVO enthaltenen Anordnung, jährlich 80 % aller Getränkeverpackungen wiederzubefüllen, umweltgerecht zu verwerten oder energetisch zu nutzen, wurde die Abfallvermeidungsquote ab dem im Vergleich zur vordem geltenden Abfallvermeidungsquote für drei Gruppen von Getränken (Mineralwasser u.ä., Bier und alkoholfreie Erfrischungsgetränke) - teilweise erheblich - herabgesetzt. Auch der Bezug "auf die Masse der im Inland in Verkehr gesetzten Getränkeverpackungen, die nicht wiederbefüllt werden" im neuen § 2 der VerpackungszielVO dürfte im Ergebnis eine Herabsetzung der entsprechenden Quoten bewirken. Soweit in der mündlichen Verhandlung auf die Notwendigkeit einer im Interesse einfacherer Datenermittlung durchgeführten Änderung des Berechnungssystems für die Getränkeverpackungsquoten hingewiesen wurde, ändert diese jedenfalls nichts an der im Ergebnis durch den novellierten § 2 der VerpackungszielVO bewirkten Herabsetzung der Abfallvermeidungs- und -verwertungsquote bei Getränkeverpackungen.

Als einzige Entscheidungsgrundlage wurde dem Verfassungsgerichtshof vom zuständigen Bundesminister dazu eine mit "Wiederbefüllung, Verwertung und energetische Nutzung von Getränkeverpackungen 1997" betitelte und somit nur das Jahr 1997 betreffende Kontrolluntersuchung zur Zielverordnung (erschienen als Band 5/1999 in der Schriftenreihe des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie) vorgelegt. Soweit sich der zuständige Bundesminister darüber hinaus in seiner Äußerung bemüht, den von der Wiener Landesregierung erhobenen Vorwurf der Zielverfehlung zu widerlegen, übersieht er, dass die in einem gehörigen Verfahren nach § 8 Abs 2 Z 3 AWG in Verbindung mit § 6 der VerpackungszielVO festgestellte Nichterreichung der verordneten Ziele geradezu eine Voraussetzung für die Herabsetzung der Abfallvermeidungsquote bildet. Im Übrigen begnügt er sich in seiner Äußerung mit allgemeinen Bemerkungen "zu den jeweiligen Absatzmengen", "zur Sammlung und Verwertung" und "zu den jeweiligen Getränkearten" sowie mit Hinweisen auf die - vermeintliche - Mangelhaftigkeit der von der Wiener Landesregierung vorgelegten Studien. Abgesehen von der nur auf das Jahr 1997 bezogenen, bereits zitierten Kontrolluntersuchung fehlt es an ausreichenden neueren Daten als Entscheidungsgrundlage, die in einem gehörigen "Verfahren zur Feststellung der Zielerreichung" (§8 Abs 2 Z 3 AWG), und zwar gemäß § 6 der VerpackungszielVO "durch Abfallmengenerhebungen sowie durch von den betroffenen Wirtschaftskreisen vorzulegende Daten und allenfalls notwendige korrespondierende Marktanalysen" zu gewinnen gewesen wäre.

Es kann angesichts derart mangelhafter Entscheidungsgrundlagen auch nicht verwundern, dass, wie dem vorgelegten Verordnungsakt (GZ: 32 3510/9-III/2 U/00) zu entnehmen ist, eine Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen zum Entwurf der Verpackungszielverordnungsnovelle 2000 unterblieben ist, wiewohl in diesen Stellungnahmen § 2 der dann verordneten Novelle zur VerpackungszielVO u.a. von allen Bundesländern (mit Ausnahme Kärntens), dem Österreichischen Gemeindebund und dem Österreichischen Städtebund zum Teil nachhaltig kritisiert und abgelehnt wurde. Dem mit der Regelung des § 2 idF der Novelle bewirkten, allseits befürchteten Absenken der Mehrweganteile an Getränkeverpackungen wurde lediglich eine "freiwillige Selbstverpflichtung" der Getränkewirtschaft und des Handels entgegengehalten. Erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof wurde die von der Wirtschaftskammer Österreich eingegangene "Freiwillige Selbstverpflichtung zur Wiederbefüllung und umweltgerechten Verwertung von Getränkeverpackungen" (o.D.) vorgelegt, in der sich die Wirtschaftskammer Österreich ausdrücklich für die Zukunft verpflichtet, jährlich einen Bericht über die Erhaltung der Mehrwegsysteme und über die umweltgerechte Verwertung von Getränkeverpackungen vorzulegen. Dem ist die Wirtschaftskammer mit dem ebenfalls dem Verfassungsgerichtshof in der mündlichen Verhandlung vorgelegten "Zweiten Umsetzungsbericht" vom Juni 2002 auch nachgekommen. Auch aus diesen Unterlagen geht jedoch nicht hervor, dass und aus welchen mit § 6 Abs 1 AWG zu vereinbarenden Gründen es erforderlich war, die Getränkeabfallvermeidungs- bzw. -wiederverwertungsquote des § 2 VerpackungszielVO herabzusetzen, ohne Maßnahmen nach § 5 VerpackungszielVO anzuordnen.

Insgesamt fehlen sohin die notwendigen Entscheidungsgrundlagen für die Festsetzung neuer Abfallvermeidungsquotenziele durch den Verordnungsgeber in § 2 idF der Verpackungszielverordnungsnovelle 2000 in einem Ausmaß, das das Verfahren zur Erlassung dieser Verordnungsbestimmung als mangelhaft erscheinen lässt und daher die angefochtene Bestimmung des § 2 der VerpackungszielVO mit Gesetzwidrigkeit behaftet.

§ 2 der Verordnung über die Festsetzung von Zielen zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen von Getränkeverpackungen und sonstigen Verpackungen, BGBl. 646/1992, idF BGBl. II 426/2000 war sohin als gesetzwidrig aufzuheben.

d) Der Anregung des zuständigen Bundesministers folgend wurde für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Bestimmung eine Frist bis gesetzt, um nicht bis zum Inkrafttreten einer neuen Regelung eine Abfallvermeidungsquote für Getränkeverpackungen zur Gänze zu entbehren, da die ursprüngliche Regelung des § 2 der VerpackungszielVO auch nach Aufhebung ihrer novellierten Fassung nicht wieder in Kraft tritt.

e) Die Verpflichtung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft zur Kundmachung der Aussprüche des Verfassungsgerichtshofes stützt sich auf Art 139 Abs 5 B-VG.