VfGH vom 12.12.2007, V8/07
Sammlungsnummer
18318
Leitsatz
Aufhebung einer weiteren straßenpolizeilichen "Ortstafelverordnung" in Kärnten wegen Widerspruchs zum Minderheitenschutz im Staatsvertrag von Wien; Angabe des Ortsnamens durch Anbringung von Zusatztafeln mit der slowenischen Ortsbezeichnung zur Festlegung des Ortsgebietes im Sinne der Straßenverkehrsordnung ausgeschlossen
Spruch
1. In § 1 Punkt 1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom , Zahl VK6-STV-924/1-2005, idF der Verordnung vom , Zahl VK6-STV-924/1-2005 (006/2006), werden in der Rubrik "Schwabegg" die Wortfolgen "Zusatztafel gemäß § 54 Abs 1 leg.cit. mit der Aufschrift" sowie "Zusatztafel gemäß § 54 Abs 1 mit der Aufschrift" als gesetzwidrig aufgehoben.
2. Die Kärntner Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung dieser Verordnungsbestimmungen im Kärntner Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. In ihrem zu V8/07 protokollierten Schriftsatz vom stellt die Volksanwaltschaft unter Berufung auf Art 148e und Art 148i B-VG iVm. Art 72a Abs 1 K-LVG den Antrag
"auf Aufhebung der Wortfolgen
I. 'Zusatztafel gemäß § 54 Abs 1 leg.cit. mit der Aufschrift' sowie
II. 'Zusatztafel gemäß § 54 Abs 1 mit der Aufschrift'
jeweils in § 1 Punkt 1 in der Rubrik Schwabegg der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom , Zl. VK6-STV-924/1-2005, in der Fassung der Verordnung vom , Zl. VK6-STV-924/1-2005 (006/2006),
in eventu
auf Aufhebung der Wortfolgen
III. ''Schwabegg' sowie Zusatztafel gemäß § 54 Abs 1 leg.cit. mit der Aufschrift 'Zvabek''
sowie
IV. ''Schwabegg' sowie Zusatztafel gemäß § 54 Abs 1 mit der Aufschrift 'Zvabek''
jeweils in § 1 Punkt 1 in der Rubrik Schwabegg der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom , Zl. VK6-STV-924/1-2005, in der Fassung der Verordnung vom , Zl. VK6-STV-924/1-2005 (006/2006),
jeweils wegen Gesetzwidrigkeit infolge Widerspruchs zu Art 7 Z 3 zweiter Satz Staatsvertrag von Wien, §§2 Abs 1 Z 2 und 12 Abs 1 und 2 Volksgruppengesetz, BGBl. Nr. 396/1976 idF BGBl. I Nr. 35/2002, zu § 1 Z 2 lite Topographieverordnung-Kärnten, BGBl. II Nr. 245/2006, und §§53 Abs 1 Z 17a und b sowie 54 Abs 4 StVO."
1.2. Begründend führt die Volksanwaltschaft dazu ua. Folgendes aus:
"Sachverhalt:
1. Mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom , Zl. VK6-STV-924/1-2005, wurde - in Erfüllung der aus der Verfassungsbestimmung des Art 7 Z 3 zweiter Satz Staatsvertrag von Wien sowie aus § 12 Abs 2 Volksgruppengesetz und den damals dem Rechtsbestand angehörenden Verordnungen der Bundesregierung BGBl. Nr. 306 und 308/1977 erfliessenden Rechtspflichten - unter Bezugnahme auf die §§53 Abs 1 Z 17 a und b StVO hinsichtlich Schwabegg/Zvabek die Anbringung der Hinweiszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende' mit der Bezeichnung 'Schwabegg/Zvabek' an näher bestimmten Standorten verfügt.
2. Mit Verordnung der Bundesregierung vom , BGBI. II Nr. 245/2006 (Topographieverordnung-Kärnten), wurde für Schwabegg/Zvabek die Ortsbezeichnung (neuerlich) sowohl in deutscher als auch in slowenischer Sprache festgelegt.
3. Aufgrund angeblich vorliegender Beschwerden (in dem der Volksanwaltschaft vorliegendem Verwaltungsakt findet sich dazu nichts), wonach zufolge der Anbringung der Ortstafel unmittelbar im Sichtbereich der Einmündung zu einer anderen Straße eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit zu befürchten sei, wurde die Abteilung 7 des Amtes der Kärntner Landesregierung mit der Erstellung eines verkehrstechnischen Gutachtens beauftragt. Darin wurden gewisse Sicherheitsbedenken geäußert und die Verlegung der Ortstafeln auf zwei andere näher bezeichnete Standorte vorgeschlagen.
4. In dem von Dr. A K namens der Abteilung 7 des Amtes der Kärntner Landesregierung unterfertigten Mail an die geschäftsführende Bezirkshauptfrau von Völkermarkt vom wird hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise wörtlich festgehalten:
'Aus diesem Grund hat Herr Landeshauptmannstellvertreter D als zuständiges Mitglied der Landesregierung mündlich aufgetragen, diese vom verkehrstechnischen Sachverständigen empfohlene Variante mit der Maßgabe umzusetzen, dass die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt bis in der Textierung der Zweisprachigkeit auf Zusatztafeln analog z.B. zum Ortsgebiet von Bleiburg zu erlassen ist, um eine einheitliche Ausprägung der zweisprachigen Anbringung von Ortstafeln mit der slowenischen Ortsbezeichnung auf der Zusatztafel in der Region umzusetzen.'
5. Im Zuge einer Besprechung in der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt am wurde sowohl vom Bürgermeister der Gemeinde Neuhaus, vom Kommandanten der PI Bleiburg, als auch vom Vertreter der Wirtschaftskammer Völkermarkt übereinstimmend festgehalten, dass ihnen keine Beschwerden über durch die Ortstafeln hervorgerufene Sichtbehinderungen bekannt sind.
6. Noch am selben Tag wurde in Entsprechung der Weisung des Landeshauptmannstellvertreters ein Verordnungsentwurf erstellt, in dem - analog der Vorgangsweise betreffend Bleiburg/Pliberk und Ebersdorf/Drvesa vas - die Ortsbezeichnung in slowenischer Sprache als gesondertes Straßenverkehrszeichen nur nachrangig in Form einer 'Zusatztafel' im Sinne des § 54 Abs 1 StVO zum Ausdruck gebracht wurde. Am wurde die entsprechende Verordnung von der geschäftsführenden Bezirkshauptfrau erlassen.
7. Mit dem Bleiburg/Pliberk und Ebersdorf/Drvesa vas betreffenden Erkenntnis vom , V81/06, hat der Verfassungsgerichtshof die Gesetzwidrigkeit der Angabe des Namens des Ortes in slowenischer Sprache in Form von Zusatztafeln iSd § 54 StVO festgestellt.
8. Die zufolge Art 72a Abs 1 K-LVG auch für den Bereich der Verwaltung des Landes Kärnten zuständige Volksanwaltschaft ist aus den nachfolgend noch näher darzulegenden Gründen der Auffassung, dass die nunmehr angefochtenen Verordnungsteile insbesondere schon aus jenen Gründen gesetzwidrig sind, die den Verfassungsgerichtshof zur Aufhebung von Verordnungsteilen in dem vorstehend zitierten Erkenntnis bewogen haben.
...
Darlegung der Bedenken:
Die angefochtenen Verordnungsteile sind nach Auffassung der Volksanwaltschaft aus folgenden Gründen gesetzwidrig im Sinne des Art 148e B-VG:
1.1. Mit dem Bleiburg/Pliberk und Ebersdorf/Drvesa vas betreffenden Erkenntnis vom , V81/06, auf dessen Ausführungen in seiner Gesamtheit an dieser Stelle ausdrücklich verwiesen wird, hat der Verfassungsgerichtshof die Gesetzwidrigkeit der Angabe des Namens des Ortes in Form von Zusatztafeln iSd § 54 StVO mit folgenden Ausführungen begründet:
'Gemäß § 53 Abs 1 Z 17a StVO gibt das Hinweiszeichen 'Ortstafel' den 'Namen eines Ortes' an. Dasselbe gilt für das Hinweiszeichen 'Ortsende' iSd § 53 Abs 1 Z 17b StVO. Für Orte, in denen topographische Bezeichnungen und Aufschriften sowohl in slowenischer Sprache als auch in Deutsch zu verfassen bzw. anzubringen sind ... folgt aus den genannten Bestimmungen der StVO das gesetzliche Gebot, sowohl den deutschen als auch den slowenischen 'Namen des Ortes' auf dem Hinweiszeichen 'Ortstafel' bzw. 'Ortsende' anzugeben. ... Die Angabe des Namens eines Ortes in der einen Sprache auf den Hinweiszeichen 'Ortstafel' bzw. 'Ortsende', in der anderen Sprache aber auf Zusatztafeln iSd § 54 StVO, ist schon im Hinblick auf diese völlig eindeutigen Regelungen des § 53 Abs 1 Z 17a und 17b StVO ausgeschlossen. Zudem wird auch aus § 54 StVO deutlich, dass 'Zusatztafeln' für die Angabe des 'Namens des Ortes' zur Festlegung des 'Ortsgebietes' nicht in Betracht kommen. Das ergibt sich sowohl aus den Abs 1 und 5 des § 54 StVO als auch aus dessen Abs 4, der ausdrücklich vorsieht, dass Zusatztafeln nicht verwendet werden dürfen, wenn ihre Bedeutung durch ein anderes Straßenverkehrszeichen, darunter jene gemäß § 53 StVO - also auch die Hinweiszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende' iSd Abs 1 Z 17a und b leg.cit -, zum Ausdruck gebracht werden kann. Außerdem kann eine unterhalb des Hinweiszeichens 'Ortstafel' bzw. 'Ortsende' angebrachte Tafel mit der slowenischen Ortsbezeichnung auch keinesfalls eine 'die Gemeinde näher beschreibende Tafel' iSd § 53 Abs 1 Z 17a vierter Satz StVO sein.'
1.2. Für die Volksanwaltschaft sind keine Umstände erkennbar, welche in der Frage der Rechtmäßigkeit des Anbringens der slowenischen Ortsbezeichnung in Form einer Zusatztafel im Sinne des § 54 StVO für Schwabegg/Zvabek eine andere Beurteilung als zulässig erscheinen lassen als sie der Verfassungsgerichtshof in dem vorstehend zitierten Erkenntnis hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Anbringens der slowenischen Ortsbezeichnung in Form einer Zusatztafel im Sinne des § 54 StVO für Bleiburg/Pliberk und Ebersdorf/Drvesa vas vorgenommen hat.
Da alle drei in Rede stehenden Ortschaften in der Topographieverordnung-Kärnten, BGBl. II Nr. 245/2006, ausdrücklich genannt sind und auch sonst kein Anhaltspunkt für die Zulässigkeit einer rechtlichen Differenzierung besteht, kann nicht in Zweifel gezogen werden, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des Anbringens der slowenischen Ortsbezeichnung in Form einer Zusatztafel im Sinne des § 54 StVO hinsichtlich aller drei Ortschaften nach denselben rechtlichen Kriterien zu beurteilen ist.
1.3. Die Volksanwaltschaft ist daher zusammenfassend der Ansicht, dass die mit Erkenntnis vom , V81/06, aufgehobenen Verordnungsbestimmungen und die nunmehr bekämpften Verordnungsbestimmungsteile in entscheidungswesentlicher Hinsicht materiellrechtlich identisch sind, wobei alle ausschließlich dem Zweck dienen, die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln in gesetzes- und verfassungswidriger Weise zu verhindern. Auch die Gründe, die den Verfassungsgerichtshof zur seinerzeitigen Aufhebung der (ebenfalls von der Volksanwaltschaft) angefochtenen Bestimmungen bewogen haben, sind auf die nunmehr angefochtenen Verordnungsbestimmungsteile ohne weiteres zur Gänze zu übertragen. Die angefochtenen Verordnungsteile erweisen sich daher infolge Widerspruchs zu den §§53 Abs 1 Z 17a und b sowie 54 Abs 4 StVO als gesetzwidrig.
2.1. Dazu kommt, dass der Verfassungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom , V64/05, bei der Begründung des Ausspruchs über das Inkrafttreten der Aufhebung von als gesetzwidrig erkannten Verordnungsbestimmungen festgehalten hat, dass die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt damit in die Lage versetzt werden soll, eine Art 7 Z 3 zweiter Satz Staatsvertrag von Wien entsprechende Regelung zu erlassen 'und dem § 53 Abs 1 Z 17a und b StVO folgend durch Verordnung die Ortsbezeichnung in deutscher und slowenischer Sprache festzulegen.'
Die zitierte Textpassage dieses verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses kann nach Auffassung der Volksanwaltschaft nur dahingehend verstanden werden, dass aus Art 7 Z 3 zweiter Satz Staatsvertrag von Wien ein verfassungsrechtliches Gebot des Aufstellens zweisprachiger Ortstafeln abzuleiten ist (in diesem Sinne auch das Erkenntnis vom , V20-22/06), dem ausschließlich durch Aufstellung zweisprachiger Hinweiszeichen im Sinne des § 53 Abs 1 Z 17a und b StVO hinreichend Rechnung getragen werden kann.
2.2. Nichts anderes ergibt sich aber auch aus den - in Ausführung dieser verfassungs- und völkerrechtlichen Verpflichtung erlassenen - Vorschriften der §§2 Abs 1 Z 2 und 12 Abs 1 und 2 Volksgruppengesetz, BGBl. Nr. 396/1976 idF BGBl. I Nr. 35/2002, sowie § 1 Z 2 lite Topographieverordnung-Kärnten, BGBl. II Nr. 245/2006:
Zufolge § 2 Abs 1 Z 2 Volksgruppengesetz sind topographische Bezeichnungen 'zweisprachig anzubringen'. Zufolge § 12 Abs 1 leg.cit. sind im Bereiche der gemäß der vorzitierten Bestimmung bezeichneten Gebietsteile näher bestimmte Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur 'in deutscher Sprache und in der Sprache von in Betracht kommenden Volksgruppen zu verfassen.' § 12 Abs 2 Volksgruppengesetz spricht sogar wörtlich davon, dass die topographischen Bezeichnungen 'in der Sprache der in Betracht kommenden Volksgruppen festzulegen [sind], die neben der deutschsprachigen Bezeichnung anzubringen sind.' Schon aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der genannten Gesetzesvorschriften ist nach Auffassung der Volksanwaltschaft zwingend zu folgern, dass die Verpflichtung zur Anbringung topographischer Bezeichnungen in der Volksgruppensprache rechtskonform nur dadurch erfüllt werden kann, dass sie gemeinsam mit der deutschen Bezeichnung erfolgt (arg: 'neben').
Auch § 1 Z 2 lite Topographieverordnung-Kärnten, BGBl. II Nr. 245/2006, ist im Sinne dieses Verständnisses gesetzeskonform auszulegen. Wie das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst in seiner gegenüber dem Verfassungsgerichtshof im Verfahren V81/06 abgegebenen Stellungnahme vom , GZ BKA-603.797/0028-V/7/2006, zutreffend festhält, war es gerade im Hinblick auf diese Rechtslage 'nicht erforderlich, in der StVO Sonderregelungen für die Anbringung topographischer Bezeichnungen in der Volksgruppensprache zu treffen:
Wenn die deutschsprachigen Ortsnamen etwa auf den Hinweiszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende' anzubringen sind, so hat dies auf Grund der volksgruppenrechtlichen Vorschriften ohne weiteres auch für die Ortsnamen in der Sprache der Volksgruppe zu gelten.'
Die angefochtenen Verordnungsteile erweisen sich daher zusätzlich auch infolge Widerspruchs zu in Rede stehenden Rechtsvorschriften als gesetzwidrig.
3. Angesichts der Diktion der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom scheint es zur Beseitigung der vorstehend aufgezeigten Gesetz- bzw. Verfassungswidrigkeit ausreichend, in den angefochtenen Verordnungsbestimmungsteilen bloß die mit dem gegenständlichen Primärantrag angefochten Wortfolgen aufzuheben, weil der verbleibende Verordnungsteil diesfalls die verfassungsrechtlich gebotene zweisprachige Aufstellung von sich aus anordnen würde."
2. Die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt legte die Verordnungsakten vor und teilte mit, dass eine "allfällige Stellungnahme" von der Kärntner Landesregierung abgegeben werde.
3. Seitens der Kärntner Landesregierung langte jedoch keine Stellungnahme ein.
4. Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes, dem der Verfassungsgerichtshof Gelegenheit gab, zu den im Antrag der Volksanwaltschaft aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen Stellung zu nehmen, äußerte sich wie folgt:
"In der Ortschaft Schwabegg sind Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur gemäß § 1 der - als Ausführungsbestimmung zu Art 7 Z 3 zweiter Satz des Staatsvertrages von Wien zu wertenden - Topographieverordnung-Kärnten, BGBl. I [richtig: II] Nr. 245/2006, sowohl in deutscher als auch in slowenischer Sprache anzubringen. Zu der Frage, in welcher Form der Verpflichtung zum Anbringen zweisprachiger topographischer Bezeichnungen und Aufschriften auf den Hinweiszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende' iSd. § 53 Abs 1 Z 17a und 17b StVO nachzukommen ist, wird auf die beiliegende Stellungnahme des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof V81/06 (GZ BKA-603.797/0028-V/7/2006) verwiesen."
In der zitierten Stellungnahme führte das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst Folgendes aus:
"1. Die Ortschaften Bleiburg und Ebersdorf sind nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wegen des dort bestehenden Minderheitenanteils von mehr als 10% über einen längeren Zeitraum Verwaltungsbezirke mit gemischter Bevölkerung im Sinne des Art 7 Z 3 des Staatsvertrages von Wien (im Folgenden: StV Wien). Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur wären daher in diesen Ortschaften schon auf Grund des Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien sowohl in slowenischer Sprache als auch in Deutsch zu verfassen. Der StV Wien ist aber im vorliegenden Fall nicht unmittelbar anwendbar, weil mit der - am in Kraft getretenen - Topographieverordnung-Kärnten, BGBl. II Nr. 245/2006, eine Ausführungsbestimmung erlassen worden ist, die (staatsvertragskonform) anordnet, dass in den Ortschaften Bleiburg und Ebersdorf Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur sowohl in slowenischer Sprache als auch in Deutsch zu verfassen sind.
2. Fraglich ist, auf welche Weise dieser Verpflichtung hinsichtlich der Beschriftung von Ortstafeln nachzukommen ist.
2.1 Die StVO regelt in ihrem § 53 Abs 1 Z 17a und 17b die Anbringung der Hinweiszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende'. Diese sind nach § 53 Abs 1 Z 17a StVO jeweils am Beginn des verbauten Gebietes anzubringen und haben den 'Namen des Ortes' zu enthalten; das ist grundsätzlich der amtliche Name, wie er in den Straßenkarten aufscheint (vgl. Pürstl/Somereder, StVO11 [2003] § 53 Anm 20). Die Anbringung zweisprachiger Bezeichnungen - sei es auf Ortstafeln, sei es auf sonstigen (Verkehrs-)Schildern - ist hingegen nicht in der StVO, sondern in Art 7 Z 3 StV Wien bzw. im Volksgruppengesetz (im Folgenden: VoGrG) und den dazu erlassenen Durchführungsverordnungen geregelt. Dass im Einzelfall eine zweisprachige Ortstafel aufzustellen ist, folgt also nie allein aus der StVO oder allein aus dem StV Wien, dem VoGrG oder einer Durchführungsverordnung zum VoGrG, sondern aus der gemeinsamen Anwendung sowohl der straßenpolizeilichen als auch der volksgruppenrechtlichen Regelungen, die einander in diesem Punkt ergänzen (und nicht etwa widersprechen). Die zur Vollziehung der StVO berufenen Organe haben die volksgruppenrechtlichen Vorschriften 'mitzuvollziehen', ebenso wie die Regelungen über die (zusätzliche) Amtssprache von allen Staatsorganen mitzuvollziehen sind (vgl. hiezu Kolonovits, Sprachenrecht in Österreich [1999] 193 f).
2.2 In welcher Form der Verpflichtung zum Verfassen topographischer Bezeichnungen in der Volksgruppensprache nachzukommen ist, wird weder im StV Wien noch im VoGrG oder den dazu ergangenen Durchführungsverordnungen ausdrücklich geregelt. Es ist aber davon auszugehen, dass die deutschsprachigen Bezeichnungen und die Bezeichnungen in der Volksgruppensprache gleichrangig und nicht-diskriminierend zu verwenden sind. So spricht der StV Wien von der Verfassung der Bezeichnungen 'sowohl in slowenischer oder kroatischer Sprache wie in Deutsch', und nach § 2 Abs 1 Z 2 VoGrG sind topographische Bezeichnungen 'zweisprachig' anzubringen; dieser Verpflichtung kann schon nach ihrem Wortlaut schwerlich dadurch nachgekommen werden, dass eine topographische Bezeichnung einsprachig angebracht wird und bloß auf einer Zusatztafel die Bezeichnung in der Volksgruppensprache folgt.
Auch aus § 12 Abs 2 VoGrG, der festlegt, dass Namen in der Volksgruppensprache 'neben der deutschsprachigen Bezeichnung' anzubringen sind, und aus den Durchführungsverordnungen zum VoGrG, in denen die deutschen und die slowenischen bzw. kroatischen oder ungarischen Ortsbezeichnungen jeweils nebeneinander gestellt werden (vgl. die Topographieverordnung-Kärnten und die Topographieverordnung-Burgenland, BGBl. II Nr. 170/2000, aber auch schon die 'Ortsnamenverordnung' BGBl. Nr. 308/1977), sowie nicht zuletzt aus der bisherigen Praxis wird deutlich, dass die Verpflichtung zur Anbringung von Bezeichnungen in der Volksgruppensprache stets so verstanden worden ist, dass sie gemeinsam mit der deutschen Bezeichnung (und nicht auf Zusatztafeln oder sonst abgesondert) zu erfolgen hat. Gerade deshalb war es auch nicht erforderlich, in der StVO Sonderregelungen für die Anbringung topographischer Bezeichnungen in der Volksgruppensprache zu treffen:
Wenn die deutschsprachigen Ortsnamen etwa auf den Hinweiszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende' anzubringen sind, so hat dies auf Grund der volksgruppenrechtlichen Vorschriften ohne weiteres auch für die Ortsnamen in der Sprache der Volksgruppe zu gelten.
Die Zusatztafeln nach § 54 Abs 1 StVO sind hingegen gar nicht für die Anbringung von Ortsnamen vorgesehen, sondern für 'das Straßenverkehrszeichen oder Lichtzeichen erläuternde oder wichtige, sich auf das Straßenverkehrszeichen oder Lichtzeichen beziehende, dieses erweiternde oder einschränkende oder der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs dienliche Angaben'. Die topographische Bezeichnung in der Sprache der Volksgruppe soll aber nach dem StV Wien offenkundig nicht die deutschsprachige Bezeichnung 'erläutern' oder 'erweitern', sondern (gleichberechtigt) zu dieser hinzutreten.
3. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst teilt daher die Auffassung der Volkanwaltschaft, dass die Verpflichtung zur Anbringung zweisprachiger topographischer Bezeichnungen gemäß Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien nicht durch die Anbringung von Zusatztafeln erfüllt werden kann; das Gleiche gilt für die entsprechende Verpflichtung auf Grund der Topographieverordnung-Kärnten. Soweit die angefochtene Verordnung die Anbringung der Ortsbezeichnungen in slowenischer Sprache nur auf Zusatztafeln vorsieht, ist sie daher nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst gesetzwidrig.
Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst geht jedoch davon aus, dass diese Gesetzwidrigkeit im Widerspruch zu den §§2 Abs 1 Z 2 und 12 VoGrG iVm. der Topographieverordnung-Kärnten (sowie möglicherweise zur StVO) und nicht im Widerspruch zum - im Geltungsbereich der Topographieverordnung-Kärnten nicht unmittelbar anwendbaren - Art 7 Z 3 StV Wien liegt:
Wenn Art 148e (ebenso wie Art 139) B-VG von der 'Gesetzwidrigkeit' von Verordnungen spricht, so wird dieser Begriff nach hM in der Literatur materiell verstanden. Gesetzwidrig im Sinne der Art 139 und 148e B-VG kann eine Verordnung demnach auch wegen Widerspruchs zu einer übergeordneten Verordnung (oder, wenn es sich um eine verfassungsunmittelbare Verordnung handelt, zu einer Verfassungsbestimmung) sein (vgl. Mayer, Die Verordnung [1977] 37;
Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 [2000] Rz 1107; Aichlreiter, Art 139 B-VG, in: Rill/Schäffer [Hrsg.], BVR Komm [1. Lfg. 2001] Rz 8;
Mayer, B-VG3 [2002] Art 139 B-VG II.1. und II.2.; zweifelnd noch Jabloner, Die Mustersatzung im Sozialversicherungsrecht, ZAS 1977, 91 [100]). Aus der Sicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst ist davon auszugehen, dass sich die Gesetzwidrigkeit in solchen Konstellationen abstrakt betrachtet aus der determinierenden Verordnung in Verbindung mit ihrer gesetzlichen Grundlage ergibt. Im vorliegenden Fall resultiert daher die Gesetzwidrigkeit der in Rede stehenden Verordnung aus den §§2 Abs 1 Z 2 und 12 VoGrG iVm. der Topographieverordnung-Kärnten. Verordnungen auf Grund der zitierten Bestimmungen des VoGrG sind gegenüber straßenpolizeilichen Verordnungen insoweit 'höherrangig', als sie diese hinsichtlich der zu verwendenden topographischen Bezeichnungen determinieren und eine Nichtbeachtung bei der Erlassung straßenpolizeilicher Verordnungen zur Gesetzwidrigkeit wegen Verstoßes gegen §§2 Abs 1 Z 2 und 12 VoGrG iVm. mit der Topograpieverordnung-Kärnten führt."
II. 1.1. Die mit dem vorliegenden Antrag der Volksanwaltschaft teilweise bekämpfte Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom , Zahl VK6-STV-924/1-2005, idF der Verordnung vom , Zahl VK6-STV-924/1-2005 (006/2006), lautet wie folgt (die im Hauptantrag der Volksanwaltschaft bekämpften Bestimmungen sind hervorgehoben):
"Die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt verordnet gemäß §§43 Abs 1 und 44 Abs 1 in Verbindung mit § 94 b der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 152/2006, sowie der Topographieverordnung-Kärnten, BGBl. II Nr. 245/2006, nachstehende Verkehrsbeschränkungen für das Ortsgebiet von Schwabegg in der Gemeinde Neuhaus:
§1
Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom , Zahl VK6-STV-924/1-2005, wird hinsichtlich § 1, Punkt 1. auf Seite 5. wie folgt geändert:
Punkt 1. unter Schwabegg lautet:
1. Für die Ortschaft Schwabegg wird ein Ortsgebiet nach § 53 Z 17 a der StVO verfügt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Die Hinweiszeichen 'Ortstafel' gemäß § 53 Z 17 a leg.cit. mit der Bezeichnung 'Schwabegg' sowie Zusatztafel gemäß § 54 Abs 1 leg.cit. mit der Aufschrift 'Zvabek' und 'Ortsende' gemäß § 53 Z 17 b leg.cit. mit der Bezeichnung 'Schwabegg' sowie Zusatztafel gemäß § 54 Abs 1 mit der Aufschrift 'Zvabek' und einem Schrägbalken sind an nachstehenden Standorten anzubringen: |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
a) An der östlichen Gemeindestraße nach Schwabegg auf der rechten Straßenseite im Bereich der Parz. Nr. 1477, KG Schwabegg, ca. 5 m vor der gegenüber liegenden Parzellengrenze zwischen den Parzellen 1436/3 und 1435, KG Schwabegg, |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
b) Am Verbindungsweg Upa-Straße, ca. 35 m von der Abzweigung von der Gemeindestraße nach Schwabegg am Beginn des Grundstückes mit dem ersten Objekt, Parzelle 1440/3, KG Schwabegg, |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
c) Ca. 20 m südlich des Objektes Schwabegg 29. |
§2
Diese Verordnung tritt durch Anbringen der Verkehrszeichen in Kraft.
§3
Übertretungen dieser Verordnung werden als Verwaltungsübertretungen in Entsprechung des § 99 der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 152/2006, bestraft."
1.2. Die in § 1 dieser Verordnung zitierte, am zu Zahl VK6-STV-924/1-2005 erlassene Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt betreffend Verkehrsbeschränkungen für Gemeindestraßen, Ortschafts- und Verbindungswege in der Gemeinde Neuhaus lautete auszugsweise wie folgt:
"Die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt verordnet gemäß §§43 Abs 1, 44 Abs 1 und § 94 b der Straßenverkehrsordnung 1960 ... in Verbindung mit § 12 Abs 1 Volksgruppengesetz, BGBl. Nr. 396/1976, sowie den Verordnungen der Bundesregierung BGBl. Nr. 306/1977 und 308/1977 nachstehende Verkehrsbeschränkungen für Gemeindestraßen, Ortschafts- und Verbindungswege in der Gemeinde Neuhaus:
§1
Im Verlauf der Gemeindestraßen, Ortschafts- und Verbindungswege der Gemeinde Neuhaus werden nachstehende Straßenverkehrszeichen generell neu erfasst und verordnet:
...
S c h w a b e g g :
1. Für die Ortschaft Schwabegg wird ein Ortsgebiet nach § 53 Z 17 a der StVO verfügt:
Die Hinweiszeichen 'Ortstafel' mit der Bezeichnung 'Schwabegg/Zvabek' gemäß § 53 Z 17 a leg.cit. und 'Ortsende' gemäß § 53 Z 17 b leg.cit. sind an nachstehenden Standorten anzubringen:
a) An der östlichen Gemeindestraße nach Schwabegg auf der rechten Straßenseite im Bereich der Parz. Nr. 1477, KG Schwabegg, ca. 5 m vor der gegenüber liegenden Parzellengrenze zwischen den Parzellen 1436/3 und 1435, KG Schwabegg,
b) An der westlichen Gemeindestraße nach Schwabegg - ca. 15 m südlich des Bildstockes 'Hafner Kreuz'.
...
§2
Diese Verordnung tritt am in Kraft.
Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom , Zahl: VK7-STV-97/1-2003, außer Kraft.
§3
Übertretungen dieser Verordnung werden als Verwaltungsübertretungen in Entsprechung des § 99 der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 19/2005, bestraft."
2. Die für die Beurteilung des Verordnungsprüfungsantrages maßgebliche Rechtslage stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:
2.1. Die Z 3 des im Verfassungsrang stehenden, mit "Rechte der slowenischen und kroatischen Minderheiten" überschriebenen Art 7 des Staatsvertrages von Wien lautet wie folgt:
"3. In den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens, des Burgenlandes und der Steiermark mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung wird die slowenische oder kroatische Sprache zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen. In solchen Bezirken werden die Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur sowohl in slowenischer oder kroatischer Sprache wie in Deutsch verfaßt."
2.2.1. Im Abschnitt I "Allgemeine Bestimmungen" des Volksgruppengesetzes, BGBl. 396/1976, sieht § 2 insbesondere Folgendes vor:
"§2. (1) Durch Verordnungen der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates sind nach Anhörung der in Betracht kommenden Landesregierung festzulegen:
1. ...
2. Die Gebietsteile, in denen topographische Bezeichnungen zweisprachig anzubringen sind.
3. ...
(2) Bei Erlassung der in Abs 1 vorgesehenen Verordnungen sowie bei der Vollziehung des Abschnittes III dieses Bundesgesetzes sind bestehende völkerrechtliche Verpflichtungen zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist auf die zahlenmäßige Größe der Volksgruppe, die Verbreitung ihrer Angehörigen im Bundesgebiet, ihr größenordnungsmäßiges Verhältnis zu anderen österreichischen Staatsbürgern in einem bestimmten Gebiet sowie auf ihre besonderen Bedürfnisse und Interessen zur Erhaltung und Sicherung ihres Bestandes Bedacht zu nehmen. Hiebei sind die Ergebnisse amtlicher statistischer Erhebungen mitzuberücksichtigen."
§ 12 des Volksgruppengesetzes lautet (samt Überschrift) wie folgt:
"ABSCHNITT IV
Topographische Bezeichnungen
§12. (1) Im Bereiche der gemäß § 2 Abs 1 Z. 2 bezeichneten Gebietsteile sind Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur, die von Gebietskörperschaften oder von sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts angebracht werden, in deutscher Sprache und in der Sprache von in Betracht kommenden Volksgruppen zu verfassen. Diese Verpflichtung gilt nicht für die Bezeichnung von Örtlichkeiten, die außerhalb des Bereiches solcher Gebietsteile liegen.
(2) In der Verordnung nach § 2 Abs 1 Z. 2 sind auch die Örtlichkeiten, die für eine zweisprachige Bezeichnung in Betracht kommen, sowie die topographischen Bezeichnungen in der Sprache der in Betracht kommenden Volksgruppen festzulegen, die neben der deutschsprachigen Bezeichnung anzubringen sind. Hiebei ist auf die örtliche Übung und auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung Bedacht zu nehmen.
(3) Topographische Bezeichnungen, die nur in der Sprache einer Volksgruppe bestehen, sind von Gebietskörperschaften unverändert zu verwenden."
2.2.2. Die Verordnung der Bundesregierung über die Bestimmung von Gebietsteilen, in denen topographische Bezeichnungen und Aufschriften sowohl in deutscher als auch in slowenischer Sprache anzubringen sind (Topographieverordnung-Kärnten), BGBl. II Nr. 245/2006, lautet auszugsweise wie folgt:
"Auf Grund des § 2 Abs 1 Z 2 und des § 12 Abs 2 des Volksgruppengesetzes, BGBl. Nr. 396/1976, in der Fassung der Kundmachung BGBl. I Nr. 35/2002, wird im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates verordnet:
§ 1. In folgenden Gebietsteilen sind Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur, die von Gebietskörperschaften oder von sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts angebracht werden, sowohl in deutscher als auch in slowenischer Sprache wie folgt anzubringen:
...
2. im politischen Bezirk Völkermarkt
...
e) in der Gemeinde Neuhaus
in den Ortschaften
...
Schwabegg Zvabek
..."
2.3. Die maßgeblichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960, BGBl. Nr. 159, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 152/2006, (im Folgenden kurz: StVO) lauten:
2.3.1. Der mit "Begriffsbestimmungen" überschriebene § 2 enthält in Abs 1 Z 15 die folgende Regelung:
"15. Ortsgebiet: das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen 'Ortstafel' (§53 Z. 17a) und 'Ortsende' (§53 Z. 17b);"
2.3.2. Abs 2 des mit "Fahrgeschwindigkeit" überschriebenen § 20 StVO lautet:
"(2) Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren."
2.3.3. Abs 1 des mit "Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise" überschriebenen § 43 StVO sieht u.a. Folgendes vor:
"(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung
...
b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,
1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen,
..."
2.3.4. Der die "Kundmachung der Verordnungen" regelnde § 44 StVO sieht im hier vorliegenden Zusammenhang u.a. Folgendes vor:
"(1) Die im § 43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten. Parteien im Sinne des § 8 AVG ist die Einsicht in einen solchen Aktenvermerk und die Abschriftnahme zu gestatten. Als Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung von im § 43 bezeichneten Verordnungen kommen die Vorschriftszeichen sowie die Hinweiszeichen 'Autobahn', 'Ende der Autobahn', 'Autostraße', 'Ende der Autostraße', 'Einbahnstraße', 'Ortstafel', 'Ortsende', 'Internationaler Hauptverkehrsweg', 'Straße mit Vorrang', 'Straße ohne Vorrang', 'Straße für Omnibusse' und 'Fahrstreifen für Omnibusse' in Betracht. ..."
2.3.5. Die - Hinweiszeichen betreffenden - Bestimmungen des § 53 Abs 1 Z 17a und Z 17b StVO, auf die in § 2 Abs 1 Z 15 leg. cit. verwiesen wird, sowie § 53 Abs 2 StVO lauten wie folgt:
"(1) Die Hinweiszeichen weisen auf verkehrswichtige Umstände hin. Hinweiszeichen sind die folgenden Zeichen:
...
17a. 'ORTSTAFEL'
[Ortstafel nicht darstellbar !!!]
Dieses Zeichen gibt den Namen eines Ortes an und ist jeweils am Beginn des verbauten Gebietes anzubringen. Ein Gebiet ist dann verbaut, wenn die örtliche Zusammengehörigkeit mehrerer Bauwerke leicht erkennbar ist. Auf Autobahnen, ausgenommen am Ende einer Ausfahrtsstraße, darf dieses Zeichen nicht angebracht werden. Die Anbringung einer grünen Tafel mit der weißen Aufschrift 'Erholungsdorf' - bei Orten, die berechtigt sind, die Bezeichnung Erholungsdorf zu führen - oder einer ähnlichen, die Gemeinde näher beschreibenden Tafel unterhalb der Ortstafel ist zulässig, wenn dadurch die leichte Erkennbarkeit der Ortstafel nicht beeinträchtigt und die Sicherheit des Verkehrs nicht gefährdet wird; eine solche Tafel darf die Ortstafel seitlich nicht überragen.
17b. 'ORTSENDE'
[Ortstafel nicht darstellbar !!!]
Dieses Zeichen ist auf der Rückseite des Zeichens 'Ortstafel' anzubringen; dem Zeichen kann ein Hinweis auf die Entfernung bis zum nächsten Ort mit Verkehrsbedeutung beigefügt werden. ...
(2) Auf Vorwegweisern, Wegweisern und Orientierungstafeln sind die Namen von Orten, die im Ausland liegen, nach der offiziellen Schreibweise des betreffenden Staates anzugeben (zB Bratislava, Sopron, Maribor). Die zusätzliche Anführung einer allfälligen deutschsprachigen Ortsbezeichnung ist zulässig (zB Preßburg, Ödenburg, Marburg)."
2.3.6. Der "Zusatztafeln" regelnde § 54 StVO lautet:
"(1) Unter den in den §§50, 52 und 53 genannten Straßenverkehrszeichen sowie unter den in § 38 genannten Lichtzeichen können auf Zusatztafeln weitere, das Straßenverkehrszeichen oder Lichtzeichen erläuternde oder wichtige, sich auf das Straßenverkehrszeichen oder Lichtzeichen beziehende, dieses erweiternde oder einschränkende oder der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs dienliche Angaben gemacht werden.
(2) Die Angaben und Zeichen auf Zusatztafeln müssen leicht verständlich sein. Insbesondere kann auch durch Pfeile in die Richtung der Gefahr oder des verkehrswichtigen Umstandes gewiesen werden.
(3) Die Zusatztafeln sind Straßenverkehrszeichen. Sie sind, sofern sich aus den Bestimmungen des § 53 Z 6 nichts anderes ergibt, rechteckige, weiße Tafeln; sie dürfen das darüber befindliche Straßenverkehrszeichen seitlich nicht überragen.
(4) Zusatztafeln dürfen nicht verwendet werden, wenn ihre Bedeutung durch ein anderes Straßenverkehrszeichen (§§50, 52 und 53) zum Ausdruck gebracht werden kann.
(5) Die nachstehenden Zusatztafeln bedeuten:
a)
[Zusatztafel nicht darstellbar !!!]
Eine solche Zusatztafel gibt die Entfernung bis zu der Straßenstelle an, auf die sich das betreffende Straßenverkehrszeichen bezieht.
b)
[Zusatztafel nicht darstellbar !!!]
Eine solche Zusatztafel gibt die Länge eines Straßenabschnittes an, für den das betreffende Straßenverkehrszeichen gilt, wie etwa eine längere Gefahrenstelle, die Länge einer Verbots- oder Beschränkungsstrecke u.dgl.
c)
[Zusatztafel nicht darstellbar !!!]
Eine solche Zusatztafel unter dem Zeichen 'Vorrang geben' kündigt das Zeichen 'Halt' an (§48 Abs 6).
d)
[Zusatztafel nicht darstellbar !!!]
Eine solche Zusatztafel unter den Zeichen 'Vorrang geben' oder 'Halt' zeigt an, daß die Querstraße eine Vorrangstraße ist.
e)
[Zusatztafel nicht darstellbar !!!]
Eine solche Zusatztafel unter den Zeichen 'Vorrang geben', 'Halt' oder 'Vorrangsstraße' zeigt an, daß eine Straße mit Vorrang einen besonderen Verlauf nimmt (§19 Abs 4).
f)
[Zusatztafel nicht darstellbar !!!]
Diese Zusatztafel weist darauf hin, daß das Straßenverkehrszeichen bei Schneelage oder Eisbildung auf der Fahrbahn zu beachten ist.
g)
[Zusatztafel nicht darstellbar !!!]
Diese Zusatztafel weist darauf hin, daß das Straßenverkehrszeichen bei nasser Fahrbahn zu beachten ist. Die Symbole der Zusatztafeln nach litf und g dürfen auch auf einer Zusatztafel nebeneinander angebracht werden.
h)
[Zusatztafel nicht darstellbar !!!]
Eine solche Zusatztafel unter dem Zeichen 'Halten und Parken verboten' zeigt an, daß das Halte- und Parkverbot nicht für Fahrzeuge gilt, die nach der Bestimmung des § 29b Abs 4 gekennzeichnet sind.
i)
[Zusatztafel nicht darstellbar !!!]
Eine solche Zusatztafel unter dem Zeichen 'Überholen verboten' zeigt an, dass Zugmaschinen, Motorkarren, selbstfahrende Arbeitsmaschinen und vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge überholt werden dürfen.
j)
[Zusatztafel nicht darstellbar !!!]
Eine solche Zusatztafel unter dem Zeichen 'Halten und Parken verboten' zeigt eine Abschleppzone (§89a Abs 2 litb) an.
k)
[Zusatztafel nicht darstellbar !!!]
Diese Zusatztafel darf nur verwendet werden, wenn auf einer Fahrbahn mit mehreren Fahrstreifen für dieselbe Fahrtrichtung Straßenverkehrszeichen oberhalb eines Fahrstreifens angebracht sind; sie zeigt an, dass das Straßenverkehrszeichen nur für diesen Fahrstreifen gilt.
l)
[Zusatztafel nicht darstellbar !!!]
Diese Zusatztafel darf nur in Verbindung mit einem Straßenverkehrszeichen verwendet werden, das auf einer Verkehrsinsel, einem Fahrbahnteiler oder einer ähnlichen baulichen Einrichtung, die die Fahrbahn in mehrere Fahrstreifen für dieselbe Fahrtrichtung aufteilt, angebracht ist. Sie zeigt an, dass das Straßenverkehrszeichen nur für den Fahrstreifen gilt, der links an der Trennungseinrichtung vorbeiführt."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über den - zulässigen (vgl. Art 148e und Art 148i B-VG iVm. Art 72a Abs 1 K-LVG) - Antrag erwogen:
1. Die Volksanwaltschaft bringt in ihrer Anfechtung ua. vor, dass die von ihr bekämpften Verordnungsbestimmungen im Hinblick auf § 53 Abs 1 Z 17a und 17b sowie § 54 Abs 4 StVO gesetzwidrig sind.
Dazu vertrat der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , V81/06, das Verordnungsbestimmungen betraf, die in allen für das vorliegende Verfahren wesentlichen Belangen den hier angefochtenen gleichen, die folgende Rechtsauffassung: Gemäß § 53 Abs 1 Z 17a StVO gebe das Hinweiszeichen "Ortstafel" den "Namen eines Ortes" an. Dasselbe gelte für das Hinweiszeichen "Ortsende" iSd. § 53 Abs 1 Z 17b StVO. Für Orte, in denen topographische Bezeichnungen und Aufschriften auf Grund der Verfassungsbestimmung des Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien und - in Berücksichtigung dieser verfassungs- und völkerrechtlichen Verpflichtung - des § 2 Abs 1 Z 2 Volksgruppengesetz bzw. der jeweils in Betracht kommenden Bestimmung der Topographieverordnung-Kärnten sowohl in slowenischer Sprache als auch in Deutsch zu verfassen bzw. anzubringen sind, folge aus den genannten Bestimmungen der StVO das gesetzliche Gebot, sowohl den deutschen als auch den slowenischen "Namen des Ortes" auf dem Hinweiszeichen "Ortstafel" bzw. "Ortsende" anzugeben (dass es sich beim "Namen eines Ortes" um eine topographische Bezeichnung iSd. Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien und daher bei den in Rede stehenden Hinweiszeichen um "Aufschriften" iS dieser Bestimmung handelt, ist evident; vgl. zB VfSlg. 16.404/2001 S 1022f.). Die Angabe des Namens eines Ortes in der einen Sprache auf den Hinweiszeichen "Ortstafel" bzw. "Ortsende", in der anderen Sprache aber auf Zusatztafeln iSd. § 54 StVO, sei schon im Hinblick auf diese völlig eindeutigen Regelungen des § 53 Abs 1 Z 17a und 17b StVO ausgeschlossen. Zudem werde auch aus § 54 StVO deutlich, dass "Zusatztafeln" für die Angabe des "Namens des Ortes" zur Festlegung des "Ortsgebietes" nicht in Betracht kommen. Das ergebe sich sowohl aus den Abs 1 und 5 des § 54 StVO als auch aus dessen Abs 4, der ausdrücklich vorsehe, dass Zusatztafeln nicht verwendet werden dürfen, wenn ihre Bedeutung durch ein anderes Straßenverkehrszeichen, darunter jene gemäß § 53 StVO - also auch die Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" iSd. Abs 1 Z 17a und 17b leg.cit -, zum Ausdruck gebracht werden kann. Außerdem könne eine unterhalb des Hinweiszeichens "Ortstafel" bzw. "Ortsende" angebrachte Tafel mit der slowenischen Ortsbezeichnung auch keinesfalls eine "die Gemeinde näher beschreibende Tafel" iSd. § 53 Abs 1 Z 17a vierter Satz StVO sein.
Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei dieser Rechtsansicht. Die von der Volksanwaltschaft angefochtenen Verordnungsbestimmungen sind daher schon im Hinblick darauf als gesetzwidrig aufzuheben.
2. Die Verpflichtung der Kärntner Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung beruht auf Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG und § 60 Abs 2 VfGG.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.