VfGH vom 19.06.2006, v8/06

VfGH vom 19.06.2006, v8/06

Sammlungsnummer

17872

Leitsatz

Aufhebung der Festlegung einer Pauschalgebühr für Bauaufträge im Vergabenachprüfungsverfahren in Hinblick auf den im Oberschwellenbereich gelegenen Wert des Gesamtauftrags einerseits, im Gegensatz zum im Unterschwellenbereich gelegenen Auftragswert des angefochtenen Bauloses; denkmögliche Anwendung auch der Berechnungsgrundlage trotz bereits vorgenommener Wertanpassungen;

kein Verordnungscharakter der Verlautbarungen über die Wertanpassung;

Unsachlichkeit der Verpflichtung zur Entrichtung der höheren Gebühr für den Gesamtwert; Hinweis auf die Vorjudikatur

Spruch

1. Die Wortfolge "Bauaufträge ....... 3.600 Euro" im § 1 Abs 1 lite der Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über das Ausmaß der Verwaltungsabgaben und über die Art der Einhebung der Verwaltungsabgabe in Vergabenachprüfungsverfahren, LGBl. Nr. 4/2003, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Die Vorarlberger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg (im Folgenden: UVS) stellte ein übergangener Bieter einen Antrag auf Nichtigerklärung von Vergabeentscheidungen der Dornbirner Messe GmbH sowie einen Eventualantrag auf Feststellung von Rechtsverstößen betreffend einen Bauauftrag. Mit Erkenntnis des UVS vom wurden diese sowie Anträge des Auftraggebers zurückgewiesen.

Aus diesem Anlass stellt der UVS den Antrag, die im Spruch ersichtliche Wortfolge in § 1 Abs 1 lite der Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über das Ausmaß der Verwaltungsabgaben und über die Art der Einhebung der Verwaltungsabgaben in Vergabenachprüfungsverfahren (Verwaltungsabgabenverordnung für Vergabenachprüfungsverfahren), LGBl. Nr. 4/2003 (im Folgenden: VerwaltungsabgabenVO), als gesetzwidrig aufzuheben.

2. Zur Präjudizialität der angefochtenen Wortfolge führt der UVS aus, dass für einen Bescheid, der auf Grund eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages ergeht, der jeweilige Antragsteller eine Verwaltungsabgabe gemäß § 18 Abs 1 des Vorarlberger Landesgesetzes über die Nachprüfung der Vergabe von Aufträgen (Vergabenachprüfungsgesetz), LGBl. Nr. 1/2003 (im Folgenden: VergNPG), zu entrichten habe. Mit Zurückweisung der Anträge im Anlassverfahren sei ein solcher Bescheid ergangen; der Ausspruch über die vom Antragsteller zu entrichtenden Verwaltungsabgaben sei einer gesonderten Entscheidung vorbehalten worden.

Dann führt der UVS aus:

"Der Oberschwellenbereich iSd BVergG 2002 liegt bei Bauaufträgen nach dessen § 9 Abs 1 Z 3 vor, wenn der geschätzte Auftragswert ohne Umsatzsteuer mindestens 5 923 000 Euro beträgt. Der geschätzte Auftragswert des gegenständlichen (gesamten) Bauauftrages beträgt 15 808 000 Euro. Da es sich im vorliegenden Fall somit um einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich handeln würde, hätte der Verwaltungssenat ua die angefochtene Wortfolge des § 1 Abs 1 lite der Verwaltungsabgabenverordnung für Vergabenachprüfungsverfahren anzuwenden.

Im vorliegenden Fall beträgt der geschätzte Auftragswert nur für die hier gegenständlichen Schwarzdecker- und Spenglereiarbeiten beim Neubau der Halle 13 inklusive Büro ca 350.000 Euro (ohne Umsatzsteuer). Würde dieser Auftrag allein vergeben werden, so würde dieser im Unterschwellenbereich liegen. Dies hätte zur Folge, dass nur die Abgabe für ein Vergabekontrollverfahren im Unterschwellenbereich anfiele; es wären daher nur (bei Berücksichtigung der Wertanpassung für das Jahr 2006, vgl Amtsblatt Nr 50/2004) 1.811,25 Euro zu entrichten.

Der Umstand, dass der Auftrag im Rahmen eines Gesamtauftrags vergeben wird, der im Oberschwellenbereich liegt, bewirkt somit nach der derzeitigen Rechtslage, dass allein deshalb (bei Berücksichtigung der oberwähnten Wertanpassung) 3.726 Euro, somit mehr als die doppelte Abgabe anfällt."

3. Unter Hinweis auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B1417/03, mit dem die amtswegige Prüfung nach Art 139 Abs 1 und 140 Abs 1 B-VG hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "Bauaufträge ... 5 000 Euro" in der vorletzten Zeile des Anhanges X des Bundesvergabegesetzes 2002 sowie die Gesetzmäßigkeit der gleichnamigen Wortfolge in der Verordnung der Bundesregierung betreffend die Gebühren für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes, eingeleitet wurde, führte der UVS aus, dass er die darin dargelegten Bedenken des Gerichtshofes im Hinblick auf die seiner Ansicht nach vergleichbare Bestimmung der VerwaltungsabgabenVO teile.

4. Die Vorarlberger Landesregierung hat im Verordnungsprüfungsverfahren den Verordnungsakt vorgelegt und mitgeteilt, von der Erstattung einer Äußerung Abstand zu nehmen.

II. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

Gemäß § 18 Abs 1 VergNPG hat der Antragsteller für einen Bescheid, der auf Grund eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages gemäß § 4 Abs 2 oder 3 in einem Nachprüfungsverfahren ergeht oder in dem über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, eine Verwaltungsabgabe zu entrichten. Die Höhe dieser Verwaltungsabgabe hat die Landesregierung durch Verordnung festzulegen, wobei die Verwaltungsabgabe im Einzelfall € 3.600,-- nicht übersteigen dürfte (§18 Abs 3). § 18 VergNPG lautet folgendermaßen:

"§18

Verwaltungsabgaben

(1) Für einen Bescheid, der aufgrund eines Antrags gemäß § 4 Abs 2 oder 3 in einem Nachprüfungsverfahren ergeht oder in dem über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, hat der Antragsteller eine Verwaltungsabgabe zu entrichten.

(2) Für einen Bescheid, in dem über einen Antrag auf Teilnahme am Nachprüfungsverfahren entschieden wird, hat der den Teilnahmeantrag stellende Antragsteller eine Verwaltungsabgabe zu entrichten.

(3) Die Landesregierung hat die Höhe der gemäß Abs 1 und 2 zu entrichtenden Verwaltungsabgaben in festen Sätzen (Tarifen), die nach sachlichen Merkmalen abgestuft sein können, durch Verordnung festzulegen. Die Verwaltungsabgabe darf im Einzelfall 3.600 Euro nicht übersteigen. Verwaltungsabgaben gemäß Abs 2 dürfen in einem Ausmaß von höchstens 50% der im jeweiligen Nachprüfungsverfahren gemäß Abs 1 erhobenen Sätze festgesetzt werden. Die Landesregierung kann vorsehen, dass sich die Gebührensätze jeweils zu Beginn eines Kalenderjahres in dem Ausmaß ändern, in dem sich der vom Amt der Vorarlberger Landesregierung kundgemachte durchschnittliche Lebenshaltungskostenindex des jeweils zweitvorangegangenen Jahres gegenüber dem der Gebührenfestsetzung zweitvorangegangenen Jahr geändert hat.

(4) Die Verpflichtung zur Entrichtung dieser Verwaltungsabgabe tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der die Abgabenpflicht auslösende Bescheid gegenüber dem Abgabepflichtigen erlassen wird.

(5) Die Verwaltung dieser Abgabe obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat. Die Festsetzung dieser Abgabe ist tunlichst in den Spruch des die Abgabepflicht auslösenden Bescheides aufzunehmen. Die Abgabe fließt dem Land zu.

(6) Die §§3 Abs 1, 5 Abs 2 und 3 sowie der § 9 Abs 1 und 2 lita des Verwaltungsabgabengesetzes gelten sinngemäß."

Die Vorarlberger Landesregierung erließ unter Inanspruchnahme der Verordnungsermächtigung des § 18 Abs 3 VergNPG die entsprechende VerwaltungsabgabenVO, deren §§1 f. folgendermaßen lauten (die angefochtene Wortfolge ist durch Fettdruck hervorgehoben):

"§1

Ausmaß der Verwaltungsabgaben

(1) Für einen Bescheid, der auf Grund eines Nichtigerklärungsantrags (§4 Abs 2 Vergabenachprüfungsgesetz) oder auf Grund eines Feststellungsantrags (§4 Abs 3 Vergabenachprüfungsgesetz) in einem der nachfolgenden Nachprüfungsverfahren ergeht, ist folgender Tarif maßgebend:

a) in Direktvergabeverfahren 140 Euro

b) in Verhandlungsverfahren ohne

vorherige Bekanntmachung gemäß

§ 26 Abs 3 und 4 BVergG 2002

betreffend Bauaufträge 280 Euro

Liefer- und Dienstleistungsaufträge 210 Euro

Geistig-schöpferische Dienstleistungen 245 Euro

c) in nicht offenen Verfahren ohne

vorherige Bekanntmachung gemäß

§ 26 Abs 1 BVergG 2002

betreffend Bauaufträge 420 Euro

Liefer- und Dienstleistungsaufträge 245 Euro

d) in allen sonstigen Verfahren im

Unterschwellenbereich

betreffend Bauaufträge 1.750 Euro

Liefer- und Dienstleistungsaufträge 560 Euro

e) in allen Verfahren im Oberschwellenbereich

betreffend Bauaufträge 3.600 Euro

Liefer- und Dienstleistungsaufträge 1.120 Euro

(2) Für einen Bescheid, in dem über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung (§15 Vergabenachprüfungsgesetz) betreffend ein Nachprüfungsverfahren gemäß Abs 1 entschieden wird, ist der im jeweiligen Nachprüfungsverfahren festgesetzte Tarif gemäß Abs 1 maßgebend.

"§2

Indexanpassung der Verwaltungsabgaben

Die im § 1 angeführten Tarife ändern sich jeweils zu Beginn eines Kalenderjahres in dem Ausmaß, in dem sich der vom Amt der Vorarlberger Landesregierung kundgemachte durchschnittliche Lebenshaltungskostenindex des jeweils zweitvorangegangenen Jahres gegenüber dem Jahr 2001 geändert hat."

Bezug nehmend auf §§1 und 2 VerwaltungsabgabenVO wurden die indexierten Beträge im Amtsblatt für das Land Vorarlberg Nr. 51 vom in folgender Weise bekannt gegeben:

"Verwaltungsabgaben - Wertanpassung für das Jahr 2004

Gemäß §§1 und 2 der Verwaltungsabgabenverordnung für Vergabenachprüfungsverfahren, LGBl. Nr. 4/2003, beträgt die Höhe der Verwaltungsabgaben ab dem :

a) in Direktvergabeverfahren 142,80 Euro

b) in Verhandlungsverfahren ohne

vorherige Bekanntmachung gemäß

§ 26 Abs 3 und 4 BVergG 2002

betreffend Bauaufträge 285,60 Euro

Liefer- und Dienstleistungsaufträge 214,20 Euro

Geistig-schöpferische Dienstleistungen 249,90 Euro

c) in nicht offenen Verfahren ohne

vorherige Bekanntmachung gemäß

§ 26 Abs 1 BVergG 2002

betreffend Bauaufträge 428,40 Euro

Liefer- und Dienstleistungsaufträge 249,90 Euro

d) in allen sonstigen Verfahren im

Unterschwellenbereich

betreffend Bauaufträge 1.785,00 Euro

Liefer- und Dienstleistungsaufträge 571,20 Euro

e) in allen Verfahren im

Oberschwellenbereich

betreffend Bauaufträge 3.672,00 Euro

Liefer- und Dienstleistungsaufträge 1.142,40 Euro

Für die Vorarlberger Landesregierung

im Auftrag

Dr. Wolfgang Hämmerle"

Im Amtsblatt für das Land Vorarlberg Nr. 50 vom wurden - nach entsprechender Wertanpassung - die Beträge für das Jahr 2005 unter der Überschrift

"Verwaltungsabgabenverordnung

für Vergabenachprüfungsverfahren

Verwaltungsabgaben - Wertanpassung für das Jahr 2005"

bekannt gegeben. In gleicher Weise wurden im Amtsblatt Nr. 48 vom die neuen Beträge für das Jahr 2006 bekannt gegeben.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung den antragstellenden UVS an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieser Behörde in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 140 B-VG bzw. des Art 139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden UVS im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003).

Die angefochtene Wortfolge der VerwaltungsabgabenVO enthält jenen Betrag, dessen Wert gemäß § 18 Abs 3 letzter Satz VergNPG an den Änderungen des Lebenshaltungskostenindex des jeweils zweitvorangegangenen Jahres angepasst werden kann und der sich gemäß § 2 VerwaltungsabgabenVO entsprechend dem vom Amt der Vorarlberger Landesregierung kundgemachten durchschnittlichen Lebenshaltungskostenindex ändert.

Im Hinblick auf die im Amtsblatt für das Land Vorarlberg kundgemachten Wertanpassungen erstattete der UVS nach Aufforderung durch den Verfassungsgerichtshof zur Frage der Präjudizialität der angefochtenen Wortfolge eine Äußerung, in der er ausführte

"dass im Jahre 2003 der Tarif in der Höhe von 3.600 Euro maßgeblich war, während in den darauffolgenden Jahren jeweils ein indexierter Betrag heranzuziehen war und ist. Im Anlassverfahren wäre eine Verwaltungsabgabe in der Höhe von 3.796,56 Euro vorzuschreiben.

Die Präjudizialität der angefochtenen Wortfolge ist auch dann gegeben, wenn der wertangepasste Betrag vorzuschreiben ist. Dies deshalb, da bei einer allfälligen Stattgebung des Verordnungsprüfungsantrages die Grundlage für eine Indexierung wegfallen würde.

Bei den Verlautbarungen im Amtsblatt zur Wertanpassung handelt es sich nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht um Verordnungen iSd Art 18 Abs 2 B-VG.

Vielmehr handelt es sich hiebei lediglich um Informationen für die Bürger über eine Rechenoperation. Den Verlautbarungen kommt keine Normativität zu.

Die Höhe der jeweiligen Abgabe ergibt sich nämlich schon aufgrund des § 1 Abs 1 iVm § 2 der gegenständlichen Verordnung.

Im Falle der Stattgebung des vorliegenden Antrages würde - wie bereits erwähnt - die Grundlage für eine Indexierung wegfallen. Es könnte somit nicht an die Stelle der aufgehobenen Wortfolge einer der Verlautbarungen, die lediglich die deklarative Information über die wertangepassten Beträge enthalten, treten."

Der Verfassungsgerichtshof hält diese Ansicht des antragstellenden UVS im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung zur Präjudizialität für denkmöglich und geht daher davon aus, dass der UVS im Anlassverfahren (zumindest auch) die angefochtene Wortfolge in denkmöglicher Weise anzuwenden hatte, sodass die (mit den jeweils im Amtsblatt für das Land Vorarlberg kundgemachten Verlautbarungen der Landesregierung vorgenommenen) Wertanpassungen, wie jene für Bauaufträge im Oberschwellenbereich für das Jahr 2006 (€ 3.796,56), nach Aufhebung der angefochtenen Wortfolge ihre Berechnungsgrundlage verlieren. Die Bekanntmachungen im Amtsblatt dienen bloß der Information sind aber keine Verordnungen. Das in den Überschriften verwendete Wort "Verwaltungsabgabeverordnung" ist auch nur als Hinweis auf die Rechtsquelle für die neuen Gebührensätze zu verstehen.

Da auch sonst im Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen sind, die gegen die Zulässigkeit des vorliegenden Antrages sprechen, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2. In der Sache:

2.1 Dem bereits erwähnten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes B1417/03 lag die Vergabe eines Bauauftrages im Wege eines offenen Verfahrens zugrunde, dessen Gesamtauftragswert im Oberschwellenbereich lag, wogegen der geschätzte Auftragswert des Loses (Gewerk) für das sich der Nachprüfungsantragsteller des Anlassverfahrens beteiligte, im Unterschwellenbereich lag. Da sich aus dem in § 177 Bundesvergabegesetz 2002 sowie dessen Anhang X grundgelegten Pauschalgebührensystem für Anträge im Vergabekontrollverfahren ergab, dass in solchen Fällen der Nachprüfungsantragsteller die gleiche Gebühr, wie für ein Verfahren im Oberschwellenbereich, zu entrichten hat, hatte der Gerichtshof folgende Bedenken gegen die dort präjudiziellen Bestimmungen:

"Der Gerichtshof hat zwar in ständiger Rechtsprechung betont, dass es der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber nicht verbiete, bei der Normsetzung von einer auf den Regelfall abstellenden Durchschnittsbetrachtung auszugehen und zu typisieren (zB. VfSlg. 10.455/1985, 13.659/1993, 16.048/2000) sowie auch pauschalierende Regelungen zu treffen (VfSlg. 9624/1983). Der Gerichtshof hat allerdings auch die Grenzen dieser Maßnahmen aufgezeigt und festgehalten, dass pauschalierende Regelungen, auch wenn sie im Interesse der Verwaltungsökonomie getroffen werden, nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprechen dürfen (zB. VfSlg. 4930/1965, 5022/1965, 9608/1983, 13.726/1994); die gewählten Maßstäbe müssten den wirtschaftlichen Erfahrungen entsprechen (VfSlg. 4409/1963, 5160/1965, zuletzt VfSlg. 16.048/2000). Diesen Anforderungen scheinen die in Prüfung zu ziehenden Bestimmungen nach vorläufiger Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht zu entsprechen.

Wird ein Auftrag in Losen (Gewerken) vergeben und beteiligen sich Bieter nur an einzelnen Losen, so kann der geschätzte Auftragswert des einzelnen Loses im Unterschwellenbereich liegen und innerhalb dieses ganz geringfügig sein. Dennoch dürfte die selbe Gebühr, wie für ein Verfahren im Oberschwellenbereich mit einem ganz bedeutenden Auftragswert, zu entrichten sein.

Der Anlassfall scheint die Konsequenzen einer solchen Regelung deutlich aufzuzeigen: Der geschätzte Auftragswert des Loses, für das die beschwerdeführende Partei angeboten hat, betrug € 108.480,--, die Nettoanbotssumme lag bei € 61.808,50. Für den Antrag auf Nachprüfung und Erlassung einer einstweiligen Verfügung waren € 10.000,-- zu entrichten, was 16 % der tatsächlichen Nettoauftragssumme entspricht.

Der Verfassungsgerichtshof vermag vorläufig keine Rechtfertigung dafür zu finden, dass für ein Kontrollverfahren betreffend einen Auftrag, der, würde er allein vergeben, im Unterschwellenbereich läge (so dass auch die Gebühr für ein Vergabekontrollverfahren im Unterschwellenbereich anfiele), allein deshalb eine doppelte Gebühr anfällt, weil der Auftrag im Rahmen eines Gesamtauftrags vergeben wird, der im Oberschwellenbereich liegt. Dies erscheint dem Verfassungsgerichtshof vorläufig als unsachlich, weshalb er die Einleitung eines Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahrens beschließt.

Dem Gesetzgeber kann an sich nicht entgegen getreten werden, wenn er mit Einführung einer Gebührenpflicht auch die Schaffung einer Verfahrensbarriere für vollkommen aussichtslose Rechtsschutzanträge bezweckt; dies kann jedoch nicht so weit führen, dass ganz allgemein gerade kleinere Unternehmen ein beachtliches Gebührenrisiko zu tragen haben."

In seinem Erk. vom , G91/05, V69/05, bestätigte der Verfassungsgerichtshof seine Bedenken und erkannte, dass die Wortfolge "Bauaufträge ... 5.000 €" in der vorletzten Zeile des Anhanges X des Bundesvergabegesetzes 2002 verfassungswidrig und die gleichnamige Wortfolge in der Verordnung der Bundesregierung betreffend die Gebühren für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes gesetzwidrig war.

2.2 Im vorliegenden Verfahren lag ebenfalls der Gesamtauftragswert im Oberschwellenbereich und der Auftragswert des Loses, das den Gegenstand der durch den Antragsteller beantragten Vergabekontrolle bildet, im Unterschwellenbereich, sodass - wie der UVS zutreffend erkannt hat - der Antragsteller ungeachtet dessen den doppelt so hohen Tarifsatz für Bauaufträge im Oberschwellenbereich als Verwaltungsabgabe zu entrichten hat. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erk. vom erkannt hat, ist eine derartige Regelung unsachlich und daher gesetzwidrig.

Daran vermag auch nichts zu ändern, dass die Rechtslage im vorliegenden Verfahren sich von jener im Erk. vom insofern unterscheidet, als der Tarif nach der VerwaltungsabgabenVO für im Oberschwellenbereich liegende Bauaufträge "nur" € 3.600,-- beträgt und somit niedriger als jener im Anhang X des Bundesvergabegesetzes ist.

Dem Antrag des UVS war daher stattzugeben und die angefochtene Wortfolge als gesetzwidrig aufzuheben.

IV. 1. Der Ausspruch der Kundmachungspflicht im Landesgesetzblatt gründet sich auf Art 139 Abs 5 B-VG.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.