VfGH vom 12.03.2003, v77/02

VfGH vom 12.03.2003, v77/02

Sammlungsnummer

16835

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit der Widmung eines Grundstücks als Bauland im Landschaftsschutzgebiet; Beiziehung des naturschutzfachlichen Sachverständigen im aufsichtsbehördlichen Verfahren zur Genehmigung der Verordnung ausreichend; Gesetzwidrigkeit hingegen der Bebauungsplanänderung wegen fehlender Bewilligung der Aufsichtsbehörde nach dem Naturschutzgesetz

Spruch

I. Die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Gars am Kamp betreffend eine Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes, Beschluss des Gemeinderates vom , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Z RU1-R-151/018, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von bis , soweit damit für das Grundstück Nr. 155/1, KG Gars am Kamp, gemäß § 16 Abs 1 Z 6 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 die Widmungs- und Nutzungsart "Bauland-Sondergebiet-Hotel" festgelegt wird, wird nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Gars am Kamp betreffend die Erlassung des Bebauungsplanes, Beschluss des Gemeinderates vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von bis und in Kraft getreten am , wird als gesetzwidrig aufgehoben.

III. Die Niederösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist eine zu B1975/99 protokollierte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1. Mit Eingabe vom beantragte die W Hotel KG die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Sport-, Tagungs- und Schulungshotels auf dem im Eigentum der Marktgemeinde Gars am Kamp stehenden Grundstück Nr. 155/1, EZ 1177, KG Gars am Kamp. An das vorbezeichnete Grundstück grenzt im Westen das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Grundstück Nr. 155/2, EZ 116, KG Gars am Kamp, an. Das Grundstück Nr. 155/1 der Marktgemeinde Gars am Kamp ist im rechtsgültigen Flächenwidmungsplan, Beschluss des Gemeinderates vom , als "Bauland-Sondergebiet-Hotel" ausgewiesen.

Im Rahmen der mündlichen Bauverhandlung vom sprach sich der Beschwerdeführer gegen die Erteilung der Baubewilligung für das geplante Projekt auf dem Grundstück Nr. 155/1 aus und brachte diverse Einwendungen vor.

1.2. Mit Bescheid vom , Zahl 19990042, erteilte der Bürgermeister der Marktgemeinde Gars am Kamp der W Hotel KG gemäß § 14 in Verbindung mit § 23 der NÖ Bauordnung 1996 die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Sport-, Tagungs- und Schulungshotels auf dem vorgenannten Grundstück Nr. 155/1; gleichzeitig wurde dieses Grundstück gemäß § 23 Abs 3 der NÖ Bauordnung 1996 zum Bauplatz erklärt und die Erfüllung der vom nichtamtlichen Sachverständigen aus dem Fachbereich des Bauwesens im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom vorgeschlagenen Auflagen aufgetragen. Die im Rahmen der mündlichen Bauverhandlung vorgebrachten Einwendungen des Beschwerdeführers wurden zum Teil zurückgewiesen und zum Teil als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid am Berufung, in welcher er die bereits im Rahmen der Bauverhandlung vorgetragenen Einwände um mehrere ergänzende Einwendungen erweiterte.

1.3. Der Gemeinderat der Marktgemeinde Gars am Kamp als Baubehörde II. Instanz gab der Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom , Zahl 19990042/B-1/99, keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters vom .

1.4. Die vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung wies die Niederösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom als unbegründet ab.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde, in der der Beschwerdeführer die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen (Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan des Gemeinderates des Marktgemeinde Gars am Kamp vom bzw. vom ) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Mit Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Gars am Kamp vom sei das im Gemeindeeigentum stehende Grundstück Nr. 155/1 von "Grünland-Park" (ausgewiesen als Parkplatz) in "Bauland-Sonderfläche-Hotel" umgewidmet worden. Es sei jedoch keine wesentliche Änderung der Grundlagen eingetreten, aufgrund derer der Gemeinderat von der Wertung des Jahres 1994, als die gegenständliche Fläche als "Grünland-Park" ausgewiesen worden sei, wieder abweichen hätte dürfen. Die bekämpfte, das Grundstück Nr. 155/1 betreffende Änderung des Flächenwidmungsplanes werde ausschließlich mit einem massiven Bedarf an Hotelzimmern in Gars am Kamp begründet. Die Marktgemeinde Gars am Kamp liege weiters im Landschaftsschutzgebiet "Kamptal". Gemäß § 6 Abs 2 Z 1 des NÖ Naturschutzgesetzes bedürfe in Landschaftsschutzgebieten die Widmung von Grundstücken als Bauland der Bewilligung durch die Landesregierung. Eine solche sei für die Änderung des Flächenwidmungsplanes vom von der Marktgemeinde Gars am Kamp nicht eingeholt worden.

Das Grundstück Nr. 155/1 liege weiters im direkten hydrologischen Einfluss des Kamp und im Überflutungsgebiet; es weise einen hohen Grundwasserspiegel auf und die notwendige Tragfähigkeit des Untergrundes sei nicht gegeben. Der bekämpfte Flächenwidmungsplan enthalte keine Grundlagenforschung bezüglich der Bodenverhältnisse und der Auswirkungen des Hotelbaues auf die angrenzende Parkanlage.

Gegen den Bebauungsplan der Marktgemeinde Gars am Kamp vom bringt der Beschwerdeführer schließlich vor, dass auch dieser durch die Lage der Marktgemeinde Gars am Kamp im Landschaftsschutzgebiet Kamptal einer Bewilligung der Landesregierung gemäß § 6 Abs 2 NÖ Naturschutzgesetz bedurft hätte. Eine solche sei von der Gemeinde vor Erlassung des Bebauungsplanes nicht eingeholt worden.

3. Die Niederösterreichische Landesregierung legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die in Prüfung gezogenen Verordnungen verteidigt und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Sie führt ua. aus, das Grundstück Nr. 155/1 habe in der Flächenwidmungsplanänderung im Jahr 1994 nicht die Widmung "Grünland-Parkanlage" mit der Ausweisung als Parkplatz erhalten, sondern sei bereits im Zuge dieser Erlassung des örtlichen Raumordnungsprogrammes im Jahr 1994 mit der Widmungsart "Verkehrsfläche" belegt worden. Hinsichtlich des vom Beschwerdeführer behaupteten Erfordernisses einer naturschutzrechtlichen Bewilligung für die bekämpften Verordnungen durch die Landesregierung bringt sie vor, dass im Verfahren zur Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes im Jahr 1997 ein naturschutzfachlicher Amtssachverständiger beigezogen worden sei und die aus dem NÖ Naturschutzgesetz erfließenden Beurteilungskriterien in die bescheidmäßige Genehmigung des Flächenwidmungsplanes durch die Niederösterreichische Landesregierung vom eingeflossen seien. Bezüglich des vom Beschwerdeführer bekämpften Bebauungsplanes sei zuzugeben, dass diese Verordnung keiner Bewilligung nach dem NÖ Naturschutzgesetz zugeführt worden sei. Die belangte Behörde verweist daraufhin auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die naturschutzrechtliche Bewilligung einer Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes im Landschaftsschutzgebiet, Z 89/10/0116, in welchem der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt habe, dass die in § 6 Abs 2 Z 1 NÖ Naturschutzgesetz umschriebenen Vorgänge ("die Widmung von Grundstücken als Bauland und als Verkehrsfläche, sowie die Festlegung von Nutzungsarten im Grünland, mit Ausnahme jener, die der Land- und Forstwirtschaft vorbehalten sind, nach Maßgabe der Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes") weder Gegenstand einer Bewilligung noch einer Versagung nach den Bestimmungen des NÖ Naturschutzgesetzes seien. Dass der Bebauungsplan der Marktgemeinde Gars am Kamp vom keiner naturschutzrechtlichen Bewilligung der Niederösterreichischen Landesregierung zugeführt worden sei, liege daher nicht in einem Versehen der verordnungserlassenden Gemeinde.

4. Die Marktgemeinde Gars am Kamp legte die Verordnungsakten vor, erstattete jedoch keine Äußerung.

5. Die mitbeteiligte Partei erstattete mehrere Stellungnahmen.

II. 1. Aus Anlass dieser zu B1975/99 protokollierten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am beschlossen, gemäß Art 139 Abs 1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der Verordnung betreffend eine Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes der Marktgemeinde Gars am Kamp, Beschluss des Gemeinderates vom , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Z RU1-R-151/018, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von bis , soweit damit für das Grundstück Nr. 155/1, KG Gars am Kamp, gemäß § 16 Abs 1 Z 6 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 die Widmungs- und Nutzungsart "Bauland-Sondergebiet-Hotel" festgelegt wird, sowie die Gesetzmäßigkeit der Verordnung betreffend die Erlassung des Bebauungsplanes der Marktgemeinde Gars am Kamp, soweit sie sich auf das Grundstück Nr. 155/1, KG Gars am Kamp, bezieht, Beschluss des Gemeinderates vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von bis und in Kraft getreten am , von Amts wegen zu prüfen.

Der Verfassungsgerichtshof ist im Einleitungsbeschluss vorläufig davon ausgegangen, dass die Beschwerde zulässig ist, die belangte Behörde die beiden in Rede stehenden Verordnungen bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendet hat und er zur Beurteilung der Beschwerde die in Prüfung gezogenen Verordnungen anzuwenden hätte.

2. Aus folgenden Gründen hegte der Verfassungsgerichtshof jedoch Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanes vom sowie des örtlichen Raumordnungsprogrammes der Marktgemeinde Gars am Kamp vom :

"2.1. Gemäß § 2 Abs 8 der Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung über die Landschaftsschutzgebiete, LGBl. Nr. 5500/35-5, liegt das Gebiet der KG Gars am Kamp im Landschaftsschutzgebiet Kamptal.

2.2. § 6 Abs 2 NÖ Naturschutzgesetz in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 5500-3 lautete:

'§6

Landschaftsgebietsschutz

[...]

(2) In Landschaftsschutzgebieten bedürfen der Bewilligung durch die Landesregierung

1. die Widmung von Grundstücken als Bauland und als Verkehrsfläche, sowie die Festlegung von Nutzungsarten im Grünland, mit Ausnahme jener, die der Land- und Forstwirtschaft vorbehalten sind, nach Maßgabe der Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes;

2. die Erlassung von Bebauungsplänen nach Maßgabe der Bestimmungen der NÖ Bauordnung, LGBl. 8200;

[...]'

2.3. Mit der Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes der Marktgemeinde Gars am Kamp vom , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Z RU1-R-151/018, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von bis , wurde für das Grundstück Nr. 155/1, KG Gars am Kamp, die Widmung "Bauland-Sondergebiet-Hotel" festgelegt; der Bebauungsplan, Beschluss des Gemeinderates vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von bis und in Kraft getreten am , sieht für dieses Grundstück die offene Bebauungsweise, Bauklasse I,II und keine Festlegung einer maximal zulässigen Bebauungsdichte vor.

2.4. Der Verfassungsgerichtshof geht - da die belangte Behörde dies in ihrer Gegenschrift auch ausdrücklich ausführt - vorläufig davon aus, dass die Marktgemeinde Gars am Kamp im Verfahren zur Erlassung des Bebauungsplanes vom keine Bewilligung der Niederösterreichischen Landesregierung gemäß § 6 Abs 2 NÖ Naturschutzgesetz eingeholt hat. Wegen des Fehlens dieser Bewilligung scheint der Bebauungsplan mit Gesetzwidrigkeit belastet zu sein (vgl. VfSlg. 11.303/1987).

Daran dürfte auch das von der belangten Behörde zur Verteidigung des in Prüfung gezogenen Bebauungsplanes herangezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Z 89/10/0116, nichts ändern:

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in diesem Erkenntnis betreffend die naturschutzrechtliche Bewilligungspflicht einer Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes im Landschaftsschutzgebiet die Rechtsansicht, die in § 6 Abs 2 Z 1 NÖ Naturschutzgesetz, LGBl. Nr. 5500-3, umschriebenen Vorgänge seien nicht Gegenstand einer Bewilligung oder einer Versagung nach den Bestimmungen des NÖ Naturschutzgesetzes; derartige Verordnungen unterlägen vielmehr der Genehmigung durch die Landesregierung 'nach Maßgabe der Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes'.

Jene Argumente aber, die unter Zugrundelegung einer derartigen Rechtsauffassung allenfalls auf die Erlassung oder Änderung eines örtlichen Raumordnungsprogrammes im Landschaftsschutzgebiet zutreffen mögen, dürften nach der vorläufigen Ansicht des Verfassungsgerichtshofes jedenfalls nicht für die Erlassung eines Bebauungsplanes nach §§68 ff NÖ Bauordnung 1996 gelten: während nämlich die Erlassung bzw. Abänderung eines örtlichen Raumordnungsprogrammes gemäß § 21 Abs 6 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 grundsätzlich einer (raumordnungsrechtlichen) Genehmigung durch die Landesregierung bedarf, und es der Verfassungsgerichtshof vorläufig nicht für ausgeschlossen hält, dass eine derartige Genehmigung der Landesregierung unter entsprechender Berücksichtigung der Bestimmungen des NÖ Naturschutzgesetzes auch als Bewilligung nach diesem Gesetz angesehen werden kann, scheint eine solche Auslegung für das Verfahren zur Erlassung eines Bebauungsplanes jedenfalls nicht in Frage zu kommen. Denn für Bebauungspläne gilt nach den Bestimmungen der NÖ Bauordnung von vorneherein keine Genehmigungspflicht durch die Aufsichtsbehörde, diese unterliegen vielmehr gemäß § 72 Abs 6 NÖ Bauordnung 1996 - bloß - dem allgemeinen Verordnungsprüfungsverfahren im Sinne des § 88 NÖ Gemeindeordnung 1973. Es scheint somit für die Erlassung von Bebauungsplänen in Landschaftsschutzgebieten keine gesonderte Genehmigungspflicht (nach der NÖ Bauordnung 1996) zu existieren, anlässlich derer bei entsprechender Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Bestimmungen die naturschutzrechtliche Bewilligung im Sinne des § 6 Abs 2 Z 2 NÖ Naturschutzgesetz als miterteilt gelten könnte. Der Bebauungsplan des Gemeinderates der Marktgemeinde Gars am Kamp vom scheint daher wegen der fehlenden Bewilligung der Niederösterreichischen Landesregierung nach dem NÖ Naturschutzgesetz gesetzwidrig zu sein (vgl. VfSlg. 11.303/1987).

Ungeachtet der Tatsache, dass sich die dargestellten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes auf den gesamten Bebauungsplan der Marktgemeinde Gars am Kamp vom beziehen, war nur die im Bescheidprüfungsverfahren präjudizielle Festlegung der Verordnung in Prüfung zu nehmen. Im Verordnungsprüfungsverfahren wird jedoch zu erwägen sein, ob im Falle des Zutreffens der Bedenken im Sinne des Art 139 Abs 3 B-VG vorzugehen wäre.

2.5. Auch das in Prüfung gezogene örtliche Raumordnungsprogramm der Marktgemeinde Gars am Kamp dürfte nach der vorläufigen Ansicht des Verfassungsgerichtshofes jedoch mit Gesetzwidrigkeit belastet sein: den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten zufolge erteilte die Niederösterreichische Landesregierung der Umwidmung des Grundstückes Nr. 155/1 zwar mit Bescheid vom , Z RU1-R-151/018, die aufsichtsbehördliche Genehmigung gemäß § 21 Abs 6 und 9 sowie § 22 Abs 3 NÖ ROG 1976. Selbst unter Zugrundelegung einer wie oben unter 2.4. geschilderten Rechtsansicht scheint aber im vorliegenden Fall den Bestimmungen des NÖ Naturschutzgesetzes insofern jedenfalls nicht Genüge getan worden zu sein, als weder aus der raumordnungsrechtlichen Genehmigung vom selbst noch aus dem Verwaltungsakt betreffend deren Zustandekommen ein Bescheidwille der Landesregierung erkennbar zu sein scheint, dass sie bei deren Erteilung unter einem eine Bewilligung im Sinne des § 6 Abs 2 Z 1 NÖ Naturschutzgesetz in der Fassung LGBl. Nr. 5500-3 beabsichtigt hätte. Die im vorliegenden Fall zur Gänze fehlende Berücksichtigung des NÖ Naturschutzgesetzes zumindest anlässlich der raumordnungsrechtlichen Genehmigung vom scheint den Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Gars am Kamp vom daher ebenfalls gesetzwidrig zu machen."

3. Die Niederösterreichische Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, dass die beiden in Prüfung genommenen Verordnungen nicht als gesetzwidrig aufgehoben werden. Sie führt ua. aus:

"[...] Zur Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes:

[...]

Wie bereits im Verfahren B1975/99 in der Gegenschrift vom , RU1-V-99141/01, ausgeführt wurde, wurde die Verwaltungspraxis dem oben angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes [gemeint: /0116] angepasst. In der Folge wurden die in § 6 NÖ NSchG angeführten Schutzgüter im Rahmen des aufsichtsbehördlichen Genehmigungsverfahrens gemäß §§21 f NÖ ROG 1976, LGBl. 8000, geprüft.

Aus dem Akt RU1-R-151/018, Aktenstück 3, ergibt sich, dass die nach der Geschäftseinteilung des Amtes der NÖ Landesregierung für die Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung des örtlichen Raumordnungsprogrammes zuständige Abteilung Bau- und Raumordnungsrecht (RU1) bereits am aus dem Grund, da 'sich die Marktgemeinde Gars am Kamp im Landschaftsschutzgebiet Kamptal befindet', die Abteilung Baudirektion-Naturschutz um eine Stellungnahme aus der Sicht des Naturschutzes ersucht hat.

Der naturschutzfachliche Amtssachverständige hat in der Folge eine Begutachtung durchgeführt. So ergibt sich aus dem 'Aktenvermerk über die Begutachtung zur Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes durch Herrn Dipl. Ing. G (Naturschutz) am ' von OS H V (RU1-R-151/018, Aktenstück 4), dass keine Beeinträchtigungen der vom NÖ NSchG geschützten Rechtsgüter vorlagen.

Im raumordnungsfachlichen 'Gutachten vor Beschluß des Änderungsentwurfes durch den Gemeinderat' vom November 1997 von DI K, RU2-0-151/068 (RU1-R-151/018, Aktenstück 4) wird zu Punkt 1, zur Umwidmung des gegenständlichen Grundstücks Nr. 155/1, KG Gars am Kamp, u.a. auf Seite 3 ausgeführt:

'Zu den naturschutzfachlichen Belangen wurden vom Amtssachverständigen des Amtes der NÖ Landesregierung, Dipl. Ing. Mag. G, Abteilung Baudirektion-Naturschutz, zu der beabsichtigten Änderung der in der Kernrandlage gelegenen Fläche, von der Widmungsart Verkehrsfläche-Parkplatz in Bauland-Sondergebiet-Hotel, keine Widersprüche zu naturschutzgesetzlichen Bestimmungen festgestellt. Aus dieser Feststellung kann kein raumordnungsfachlicher Widerspruch zu Naturschutzbelangen gefolgert werden.'

Im Anschreiben vom , RU2-O-151/068 (Akt RU1-R-151/018, Aktenstück 7), an die Abteilung RU1 wird vom raumordnungsfachlichen Amtssachverständigen DI K ausgeführt:

'Das Einvernehmen mit dem ASV für Naturschutz wurde hergestellt. Gemäß Rücksprache mit D.I. G im März 98 bestehen gegen den vom GR beschlossenen Änderungsentwurf keine Einwendungen, da Naturschutzinteressen berücksichtigt - an D.I. G je 1 Gutachten der RU2 vom Nov. 97 und übergeben.'

Der Amtssachverständige DI K führte im raumordnungsfachlichen 'Gutachten nach Beschluß des Gemeinderates' vom , RU2-O-151/068 (Akt RU1-R-151/018, Aktenstück 7) u.a. aus:

'An Hand der Unterlagen des Ortsplaners, der Ergebnisse der zuvor genannten Erhebungen, Besprechung und Begutachtung, wurde vom Amtssachverständigen für örtliche Raumordnung im November 1997 ein zusammenfassendes Gutachten, vor Beschluß der Änderungspunkte durch den Gemeinderat, verfaßt (siehe Beilage RU2-0-151/068 vom November 1997). In diesem Gutachten wurden in der Zusammenfassung jene Punkte aufgelistet, bei denen keine Widersprüche zu raumordnungsfachlichen oder naturschutzrechtlichen Bestimmungen aufgezeigt wurden. Es handelte sich dabei um die Punkte

1,3,6,9,12,13,14,15,16,19,20,21 und 22.

Dieses Gutachten wurde der Gemeinde von der Abteilung RU2 am per FAX zur Information und Beratung im Gemeinderat übermittelt.

In der Sitzung des Gemeinderates der Marktgemeinde Gars am Kamp am wurden die fachlichen Einwände des Naturschutzes und der Raumordnung vollinhaltlich berücksichtigt und nur die zuvor genannten, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden, Punkte beschlossen.'

Weiters befindet sich auf dem oben bereits genannten Anschreiben vom , RU2-O-151/018 (Akt RU1-R-151/018, Aktenstück 7) an die Abteilung RU1 eine handschriftliche Notiz vom zuständigen Sachbearbeiter der Abteilung RU1:

'Mag. G hat tel. erklärt, daß Akt pos. erledigt werden kann. Abschließende Stellungnahme erfolgt in Kürze. '

Auch wenn diese abschließende Stellungnahme vom naturschutzfachlichen Amtssachverständigen nicht mehr abgegeben wurde, so geht nach Ansicht der NÖ Landesregierung - im Gegensatz zur vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes im Prüfungsbeschluss - aus dem Verwaltungsakt eindeutig hervor, dass bei der aufsichtsbehördlichen raumordnungsrechtlichen Genehmigung der Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes die Prüfung der in § 6 NÖ NSchG genannten naturschutzrechtlichen Schutzgüter bewusst stattgefunden hat. In diesem Zusammenhang vertritt die NÖ Landesregierung die Auffassung, dass eine fehlende Zitierung dieser naturschutzrechtlichen Rechtsgrundlagen im raumordnungsrechtlichen Genehmigungsbescheid vom keinen wesentlichen Verfahrensmangel darstellt, da es sich nach § 6 Abs 2 Z. 1 NÖ NSchG um eine Bewilligungspflicht 'nach Maßgabe der Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes' handelt.

Die aufgrund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes geänderte Verwaltungspraxis hat sich bewährt. Nunmehr bestimmt § 8 Abs 2 NÖ Naturschutzgesetz 2000, dass in Landschaftsschutzgebieten die Landesregierung vor Genehmigung des örtlichen Raumordnungsprogramms oder seiner Änderungen (§§21 und 22 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1996, LGBl. 8000), mit Ausnahme der Änderung der Widmungsart innerhalb des Wohnbaulandes und der Festlegung der Widmungsart Land- und Forstwirtschaft im Grünland, ein Gutachten eines Naturschutzsachverständigen zur Auswirkung auf die in Abs 4 genannten Schutzgüter sowie eine Stellungnahme der NÖ Umweltanwaltschaft einzuholen hat.

[...] Zur Änderung des Bebauungsplanes:

Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, VwSlg 13.031/1989, hatte zwar nur die Bewilligung einer Änderung eines örtlichen Raumordnungsprogrammes zum Gegenstand. Die in diesem Erkenntnis angeführten Entscheidungsgründe ließen es aus folgenden Gründen jedoch für die NÖ Landesregierung als Aufsichtsbehörde nicht zu, örtliche Raumordnungsprogramme und Bebauungspläne derart unterschiedlich zu behandeln, dass für Bebauungspläne weiterhin eine eigene Bewilligung nach § 6 Abs 2 Z. 2 NÖ NSchG erteilt wurde, wie sie u. a. auch VfSlg 11.303/1987 zu Grunde lag:

Die Aussage des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein örtliches Raumordnungsprogramm, eine Verordnung, nicht zu einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes usw. führen kann, sondern allenfalls die Realisierung eines auf der Grundlage eines solchen Programmes und des einen Bestandteil desselben bildenden Flächenwidmungsplanes erstellten Projektes, muss in gleicher Weise auch für einen Bebauungsplan gelten, der ebenfalls eine Verordnung ist und ebenfalls eine gleichartige Funktion aufweist.

Auch die weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes 'Aus diesen Erwägungen folgt, daß unter 'Maßnahmen und Vorhaben gem Abs 2' iSd § 6 Abs 4 nö NSchG allein die Tatbestände der Z 3 bis 5, somit nicht (auch) der Tatbestand der im Beschwerdefall relevanten Z 1 des § 6 Abs 2 nö NSchG zu verstehen sind. Dies wiederum hat zur Folge, daß die in der zuletzt genannten Norm umschriebenen, durch V einer Gd zu verwirklichenden Vorgänge weder Gegenstand einer Bewilligung noch Gegenstand der Versagung einer solchen nach den Bestimmungen des nö NSchG sind. Derartige V unterliegen vielmehr der Genehmigung durch die LReg 'nach Maßgabe der Bestimmungen des nö ROG'.' ließen der Aufsichtsbehörde aufgrund der Gleichartigkeit von örtlichen Raumordnungsprogrammen und Bebauungsplänen als Verordnung keinen Spielraum, für die in § 6 Abs 2 Z. 2 NÖ NSchG angeführten Bebauungspläne weiterhin eine naturschutzrechtliche Bewilligung zu erteilen. Denn entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes handelte es sich bei Bebauungsplänen dann ebenfalls nicht um eine Bewilligung gemäß § 6 Abs 4 NÖ NSchG, sondern um eine 'nach Maßgabe der Bestimmungen der NÖ Bauordnung, LGBl. 8200', somit baurechtliche aufsichtsbehördliche Genehmigung, soweit eine solche in der NÖ Bauordnung normiert gewesen wäre.

Des im Prüfungsbeschluss angesprochenen Problems, dass weder die NÖ Bauordnung 1976 noch die NÖ Bauordnung 1996 eine Genehmigung von Bebauungsplänen vor Kundmachung vorsahen bzw. vorsehen - im Gegensatz z.B. zu § 5 Bauordnung 1883, welcher VfSlg 10.719/1985 zu Grunde lag-, war man sich bewusst. Damit § 6 Abs 2 Z. 2 NÖ NSchG jedoch nicht inhaltsleer wurde, wurde als entsprechender Anknüpfungspunkt in der NÖ Bauordnung § 7 Abs 2 NÖ Bauordnung 1976 bzw. § 72 Abs 6 NÖ Bauordnung 1996, jeweils LGBl. 8200, gesehen. Fortan wurde im Rahmen des aufsichtsbehördlichen Verfahrens nach § 88 NÖ Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000, - wie auch im vorliegenden Fall - ein naturschutzfachliches Gutachten von der Aufsichtsbehörde eingeholt. Bei Verstößen gegen die Bestimmung des § 6 NÖ NSchG wäre daher entsprechend § 88 Abs 1 NÖ Gemeindeordnung 1973 eine gesetzwidrige Verordnung durch Verordnung aufzuheben gewesen. Dies war in der Praxis jedoch nicht notwendig, da allfällige Bedenken des naturschutzfachlichen Sachverständigen von den Gemeinden bereits vor Erlassung der jeweiligen Verordnung beachtet wurden.

Auch diese Verwaltungspraxis hat sich bewährt, sodass nunmehr § 8 Abs 2 NÖ NSchG 2000, LGBl. 5500, vorsieht, dass die Landesregierung im Verordnungsprüfungsverfahren von Bebauungsplänen (§88 der NÖ Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000) in Landschaftsschutzgebieten ein Gutachten eines Naturschutzsachverständigen zur Auswirkung auf die in Abs 4 genannten Schutzgüter sowie eine Stellungnahme der NÖ Umweltanwaltschaft einzuholen hat.

[...] Vereinbarkeit der aufgrund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes gebotenen Vorgangsweise mit der bisherigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes:

1. In VfSlg 9156/1981 stellte der Verfassungsgerichtshof fest, dass bei verfassungskonformer Interpretation des § 6 NÖ Naturschutzgesetz davon auszugehen ist, dass die Bewilligung durch die Landesregierung eine Maßnahme des Aufsichtsrechts im Sinne des Art 119a B-VG darstellt.

Bei der vorliegenden Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes wurden im Rahmen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung gemäß §§21 f NÖ ROG 1976 die im § 6 NÖ NSchG angeführten Schutzgüter geprüft. Somit ergibt sich hier kein Widerspruch zu dieser Judikatur des Verfassungsgerichtshofes.

Dies trifft ebenso bei der Änderung des Bebauungsplanes für die Prüfung der naturschutzrechtlichen Schutzgüter im Rahmen des aufsichtsbehördlichen Verfahrens nach § 88 NÖ Gemeindeordnung 1973 zu. In das verfassungsgesetzlich gewährleistete Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde wurde auch hier nicht eingegriffen.

2. Die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in 2.4. des Prüfungsbeschlusses '...und es der Verfassungsgerichtshof vorläufig nicht für ausgeschlossen hält, dass eine derartige Genehmigung der Landesregierung unter entsprechender Berücksichtigung der Bestimmungen des NÖ Naturschutzgesetzes auch als Bewilligung nach diesem Gesetz angesehen werden kann, ...' lassen den Schluss zu, dass der Verfassungsgerichtshof nicht von vorne herein die aufgrund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes gebotene Verwaltungspraxis für örtliche Raumordnungsprogramme verwirft.

Der Verfassungsgerichtshof verweist in seinem Prüfungsbeschluss jedoch darauf, dass bei der Erlassung eines Bebauungsplanes nach den Bestimmungen der NÖ Bauordnung von vorne herein keine Genehmigungspflicht durch die Aufsichtsbehörde existiert und eine solche Auslegung, wie sie bei der Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes getroffen wurde, jedenfalls nicht in Frage komme. Unter Heranziehung von VfSlg. 11.303/1987 scheint daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes der Bebauungsplan wegen fehlender Bewilligung der NÖ Landesregierung nach dem NÖ NSchG gesetzwidrig zu sein.

Wie bereits oben ausgeführt, erscheint es der NÖ Landesregierung nicht möglich, bloß aufgrund des Umstandes, dass im Gegensatz zu örtlichen Raumordnungsprogrammen nach den baurechtlichen Bestimmungen keine aufsichtsbehördliche Genehmigung von Bebauungsplänen vor deren Erlassung vorgesehen ist, derart zu differenzieren, dass die vom Verwaltungsgerichtshof für örtliche Raumordnungsprogramme judizierte Auslegung von § 6 Abs 4 NÖ NSchG für Bebauungspläne deshalb nicht zur Anwendung gelangen kann.

Sollte der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis kommen, dass für Bebauungspläne entsprechend VfSlg 11.303/1987 weiterhin eine explizite naturschutzrechtliche Bewilligung nach § 6 Abs 2 Z. 2 NÖ NSchG vor der Kundmachung erforderlich gewesen wäre, so müsste dies wohl aufgrund der gleichen Rechtsnatur - als Verordnung - auch für örtliche Raumordnungsprogramme gem. Z. 1 leg cit. gegolten haben. In diesem Fall würde sich dann eine Judikaturdivergenz zwischen den Höchstgerichten ergeben."

4. Die mitbeteiligte Partei W Hotel KG erstattete eine Äußerung, in der sie den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die beiden in Prüfung gezogenen Verordnungen ebenfalls entgegentritt.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes, dass die zu B1975/99 protokollierte Beschwerde zulässig ist und die in Prüfung gezogenen Verordnungen bei ihrer Behandlung präjudiziell sind, haben sich als zutreffend erwiesen.

2. Zur Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Gars am Kamp vom betreffend eine Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes, soweit damit für das Grundstück Nr. 155/1, KG Gars am Kamp, die Widmungs- und Nutzungsart "Bauland-Sondergebiet-Hotel" festgelegt wird:

2.1. Aus den Akten betreffend das Zustandekommen der genannten Verordnung ergibt sich folgendes Verwaltungsgeschehen:

2.1.1. Am richtete die nach der Geschäftseinteilung des Amtes der NÖ Landesregierung für die Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung eines örtlichen Raumordnungsprogrammes zuständige Abteilung Bau- und Raumordnungsrecht an die Abteilung Baudirektion ein Schreiben folgenden Inhalts:

"Betrifft: Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes

der MG Gars am Kamp

Die Mg. Gars am Kamp beabsichtigt das örtl. Raumordnungsprogramm abzuändern. Die Auflage des Entwurfes erfolgt in der Zeit vom bis .

Da sich die Gemeinde im Landschaftsschutzgebiet Kamptal befindet, wird um Stellungnahme aus der Sicht des Naturschutzes ersucht."

2.1.2. Laut Aktenvermerk vom erfolgte an diesem Tag eine Begutachtung zur geplanten Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes der Marktgemeinde Gars am Kamp durch den Amtssachverständigen für Naturschutz, in welcher dieser hinsichtlich des in Rede stehenden Grundstückes ausführte:

"Pkt. 1 Umwidmung der Parzelle 155/1 von P (Parkplatz) in BS (Bauland-Sondergebiet). Fällt nicht direkt in die Kompetenz des Naturschutzes, da Parkplatz-Widmung. DI G.[...] rät jedoch zu einer geohydrologischen Untersuchung."

2.1.3. In Pkt. 1 des raumordnungsfachlichen "Gutachten[s] vor Beschluß des Änderungsentwurfes durch den Gemeinderat" vom November 1997 führte der Amtssachverständige zur Umwidmung des betreffenden Grundstücks Nr. 155/1, KG Gars am Kamp, ua. aus:

"Zu den naturschutzfachlichen Belangen wurden vom Amtssachverständigen des Amtes der NÖ Landesregierung, Dipl. Ing. Mag. G.[...], Abteilung Baudirektion-Naturschutz, zu der beabsichtigten Änderung, der in der Kernrandlage gelegenen Fläche, von der Widmungsart Verkehrsfläche-Parkplatz in Bauland-Sondergebiet-Hotel, keine Widersprüche zu naturschutzgesetzlichen Bestimmungen festgestellt. Aus dieser Feststellung kann kein raumordnungsfachlicher Widerspruch zu Naturschutzbelangen gefolgert werden."

2.1.4. Im raumordnungsfachlichen "Gutachten nach Beschluß des Gemeinderates" vom finden sich folgende Aussagen desselben Amtssachverständigen:

"An Hand der Unterlagen des Ortsplaners, der Ergebnisse der zuvor genannten Erhebungen, Besprechung und Begutachtung, wurde vom Amtssachverständigen für örtliche Raumordnung im November 1997 ein zusammenfassendes Gutachten, vor Beschluß der Änderungspunkte durch den Gemeinderat, verfaßt (siehe Beilage RU2-0-151/068 vom November 1997). In diesem Gutachten wurden in der Zusammenfassung jene Punkte aufgelistet, bei denen keine Widersprüche zu raumordnungsfachlichen oder naturschutzrechtlichen Bestimmungen aufgezeigt wurden. Es handelte sich dabei um die Punkte

1,3,6,9,12,13,14,15,16,19,20,21 und 22.

Dieses Gutachten wurde der Gemeinde von der Abteilung RU2 am per FAX zur Information und Beratung im Gemeinderat |bermittelt.

In der Sitzung des Gemeinderates der Marktgemeinde Gars am Kamp am wurden die fachlichen Einwände des Naturschutzes und der Raumordnung vollinhaltlich berücksichtigt und nur die zuvor genannten, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden, Punkte beschlossen."

2.1.5. Im Schreiben vom an die Abteilung Bau- und Raumordnungsrecht führte der Amtssachverständige hinsichtlich des naturschutzrechtlichen Aspektes Folgendes aus:

"Das Einvernehmen mit dem ASV für Naturschutz wurde hergestellt. Gemäß Rücksprache mit D.I. G. [...] im März 1998 bestehen gegen den vom GR beschlossenen Änderungsentwurf keine Einwendungen, da Naturschutzinteressen berücksichtigt - an D.I. G.[...] je 1 Gutachten der RU2 vom Nov. 97 und übergeben."

Auf demselben Schriftstück findet sich der handschriftliche Aktenvermerk "Mag. G.[...] hat tel. erklärt, dass Akt pos. erledigt werden kann. Abschließende Stellungnahme erfolgt in Kürze."

2.1.6. Die aufsichtsbehördliche Genehmigung für die Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes der Marktgemeinde Gars am Kamp, Beschluss des Gemeinderates vom , erfolgte mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom .

2.2. Im Hinblick auf das beschriebene - im Übrigen auch von der NÖ Landesregierung in ihrer im Verordnungsprüfungsverfahren erstatteten Äußerung zutreffend geschilderte - Verwaltungsgeschehen hält der Verfassungsgerichtshof seine im Prüfungsbeschluss vorläufig geäußerte Ansicht, bei der vorliegenden Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes der Marktgemeinde Gars am Kamp sei den Bestimmungen des NÖ Naturschutzgesetzes in der Fassung LGBl. Nr. 5500-3 nicht Genüge getan worden, nicht aufrecht; offensichtlich ausgelöst durch das bereits genannte - ebenfalls die Änderung eines örtlichen Raumordnungsprogrammes einer niederösterreichischen Gemeinde betreffende - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Z 89/10/0116, erfolgte die Prüfung der Übereinstimmung der geplanten Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes der Marktgemeinde Gars am Kamp mit den Bestimmungen des NÖ Naturschutzgesetzes durch den naturschutzfachlichen Amtssachverständigen im Rahmen der Genehmigung der genannten Verordnung nach dem NÖ ROG 1976. Einerseits ist es weder dem Verordnungsgeber noch der Aufsichtsbehörde anzulasten, wenn sie durch die Beiziehung und Zustimmung eines naturschutzfachlichen Sachverständigen im Verfahren zur Genehmigung der genannten Verordnung nach dem NÖ ROG 1976 im Hinblick auf die genannte Rechtsprechung von einem rechtmäßigen Zustandekommen der Verordnung ausgingen; andererseits ist die Formulierung des § 6 Abs 2 Z 1 NÖ NschG, LGBl. 5500-3, im Hinblick auf die Sicherung der durch das NÖ NschG normierten Schutzgüter im Zusammenhalt mit den Bestimmungen des NÖ ROG 1976 über die aufsichtsbehördliche Genehmigung von örtlichen Raumordnungsprogrammen auch in der beschriebenen Weise auslegbar.

Die in Prüfung genommene Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Gars am Kamp betreffend die Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes war daher im Ergebnis nicht als gesetzwidrig aufzuheben.

3. Zur Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Gars am Kamp betreffend die Erlassung des Bebauungsplanes, Beschluss des Gemeinderates vom :

3.1. In seinem Erkenntnis vom , VfSlg. 11.303/1987, hat der Verfassungsgerichtshof zum Bebauungsplan der Stadtgemeinde Gloggnitz ausgeführt:

"Die in Prüfung gezogene V ist vor Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung kundgemacht worden. Auch ist eine (rückwirkende) Bewilligung der im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Anlaßbeschwerdeverfahrens maßgeblichen Fassung der V nicht erteilt worden.

Wie der VfGH wiederholt ausgesprochen hat, [...] ist die Kundmachung eines zustimmungsbedürftigen Aktes vor Erteilung der Zustimmung nicht als ordnungsgemäße Kundmachung anzusehen. Wegen des Mangels einer ordnungsgemäßen Kundmachung ist die in Prüfung gezogene V gesetzwidrig."

3.2. Der Verfassungsgerichtshof sieht im vorliegenden Fall keine Veranlassung, von dieser zur gleichen Rechtslage nach dem NÖ NschG ergangenen Rechtsprechung abzuweichen. Wenn die NÖ Landesregierung nämlich zur Verteidigung der in Prüfung gezogenen Verordnung unter Hinweis auf das bereits mehrfach zitierte Erkenntnis des vorbringt, die Ausführungen dieses höchstgerichtlichen Erkenntnisses "ließen der Aufsichtsbehörde aufgrund der Gleichartigkeit von örtlichen Raumordnungsprogrammen und Bebauungsplänen als Verordnung keinen Spielraum, für die in § 6 Abs 2 Z 2 NÖ NschG angeführten Bebauungspläne weiterhin eine naturschutzrechtliche Bewilligung zu erteilen" so ist ihr zweierlei entgegenzuhalten:

3.2.1. Die Möglichkeit der Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung für die in Rede stehende Änderung des Bebauungsplanes der Marktgemeinde Gars am Kamp wäre der Aufsichtsbehörde in jedem Fall offen gestanden. Selbst die vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis 89/10/0116 zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht wäre einer trotzdem erteilten naturschutzbehördlichen Bewilligung nicht hinderlich gewesen. Insbesondere vor dem Hintergrund des - bereits zweieinhalb Jahre vor dem Erkenntnis des VwGH zu Z 89/10/0116 ergangenen Erkenntnisses VfSlg. 11.303/1987 kann daher von einem fehlenden "Spielraum" der Aufsichtsbehörde für eine Bewilligung der Änderung des Bebauungsplanes nach dem NÖ NschG keine Rede sein und wäre die im Erkenntnis VfSlg. 11.303/1987 zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes bei der Änderung des Bebauungsplanes im Landschaftsschutzgebiet zu berücksichtigen gewesen.

3.2.2. Dazu kommt noch, dass im vorliegenden Fall auch nicht, wie bei der Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes, von einer Berücksichtigung der naturschutzfachlichen Gesichtspunkte im Rahmen einer nach einer sonstigen Rechtsvorschrift zu erteilenden aufsichtsbehördlichen Genehmigung der Verordnung gesprochen werden kann. Eine Interpretation im Sinne der Ausführungen der NÖ Landesregierung, die Überprüfung des Bebauungsplanes auf seine Vereinbarkeit mit dem NÖ NSchG im Rahmen der - bloß eine etwaige Aufhebung, jedoch keine Bewilligung der Verordnung vorsehenden - Verordnungsprüfung nach § 88 NÖ Gemeindeordnung durchzuführen, widerspricht jedenfalls auch dem Wortlaut des § 6 Abs 2 NÖ NschG, LGBl. 5500-3.

3.3. Der Verfassungsgerichtshof bleibt daher hinsichtlich der Bebauungsplanänderung des Gemeinderates der Marktgemeinde Gars am Kamp bei seiner im Prüfungsbeschluss vorläufig geäußerten Ansicht, dass dieser wegen der fehlenden Bewilligung der Niederösterreichischen Landesregierung nach dem NÖ NschG als gesetzwidrig aufzuheben ist.

Da nicht bloß der im Anlassfall präjudizielle Teil der Verordnung, sondern in gleicher Weise auch die übrigen Verordnungsbestimmungen von der genannten Gesetzwidrigkeit betroffen sind, war gemäß Art 139 Abs 3 litc B-VG die ganze Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben.

3.4. Die Verpflichtung der Niederösterreichischen Landesregierung zur Kundmachung der Aufhebung stützt sich auf Art 139 Abs 5 B-VG.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.