VfGH vom 23.02.2017, V73/2016

VfGH vom 23.02.2017, V73/2016

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit einer Bausperreverordnung mangels Darlegung der beabsichtigten Änderungen des Raumplanes

Spruch

I. Die Verordnung der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Bischofshofen vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von 4. bis , wird, soweit sie sich auf das Grundstück Nr 69/3 bezieht, als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Die Salzburger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt für Salzburg verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art 139 Abs 1 Z 1 B VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Salzburg, die Verordnung der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Bischofshofen vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von 4. bis , "zu prüfen und deren Gesetzwidrigkeit festzustellen."

II. Rechtslage

1. § 21 des Gesetzes vom über die Raumordnung im Land Salzburg (Salzburger Raumordnungsgesetz 2009ROG 2009), LGBl 30/2009, lautet:

"Behördliche Bausperre

§21

(1) Die Gemeindevertretung kann durch Verordnung für genau zu bestimmende Gebiete eine Bausperre erlassen, wenn

1. die Änderung des Räumlichen Entwicklungskonzepts, des Flächenwidmungsplans oder eines Bebauungsplans beabsichtigt ist und

2. eine Bausperre notwendig ist, um die Durchführung der Planung nicht erheblich zu erschweren oder unmöglich zu machen.

(2) Während der Geltung einer Bausperre ist die Erteilung von Bauplatzerklärungen und nach baurechtlichen Vorschriften des Landes erforderlichen Bewilligungen nur zulässig, wenn das Vorhaben der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht nicht entgegensteht. Bauliche Maßnahmen, für die zwar eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt, mit deren rechtmäßiger Ausführung aber im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bausperre noch nicht begonnen worden ist, bedürfen zu ihrer Ausführung einer besonderen Bewilligung der Baubehörde, die unter derselben Voraussetzung zu erteilen ist.

(3) Eine Bausperre tritt außer Kraft:

1. mit Wirksamkeit der geänderten Planung für die davon erfassten Gebiete,

2. spätestens aber drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten.

Eine Bausperre ist jedenfalls außer Kraft zu setzen, wenn die Voraussetzungen für ihre Erlassung weggefallen sind."

2. Die Verordnung der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Bischofshofen vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von 4. bis , lautet (ohne die Hervorhebungen im Original):

"Die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Bischofshofen erlässt gemäß § 21 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 i.d.g.F. folgende

Verordnung

Aufgrund des Beschlusses der Gemeindevertretung vom wird gemäß § 21 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 i.d.g.F. für die Grundparzellen 66/1 und 69/3, je Grundbuch 55501 Bischofshofen, eine Bausperre erlassen.

Die gegenständliche Verordnung tritt mit Ablauf der Kundmachungsfrist in Kraft[.] Gemäß § 21 (3) Raumordnungsgesetz 2009 tritt die Verordnung spätestens drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

Bischofshofen, am

Für die Gemeindevertretung

Der Bürgermeister:

[…]"

III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Beim Landesverwaltungsgericht Salzburg ist ein Verfahren anhängig, welches eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Bischofshofen vom betrifft, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht, das Grundstück Nr 69/3, EZ 471, KG 55501 Bischofshofen, zum Bauplatz zu erklären, versagt wurde. Die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Bischofshofen hatte ihren vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg in Beschwerde gezogenen Bescheid mit einem Hinweis auf die mit Verordnung der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Bischofshofen vom erlassene Bausperre begründet.

2. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof veranlasst haben, wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):

"Die Verordnung vom , mit welcher unter anderem für die GRST-NR 69/3 eine Bausperre verordnet worden ist, wurde von der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Bischofshofen ohne weitere Begründung pauschal auf § 21 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 gestützt.

Gemäß § 21 Abs 1 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 kann die Gemeindevertretung durch Verordnung für genau zu bestimmende Gebiete eine Bausperre erlassen, wenn die Änderung des Räumlichen Entwicklungskonzepts, des Flächenwidmungsplans oder eines Bebauungsplans beabsichtigt ist und eine Bausperre notwendig ist, um die Durchführung der Planung nicht erheblich zu erschweren oder unmöglich zu machen.

In der Regierungsvorlage zu LGBl Nr 30/2009 (Blg LT 13. GP: RV 86, 6. Sess) heißt es dazu: 'Wiederum werden Bestimmungen des ROG 1998 (§§26 und 42) zusammengefasst. Gleichzeitig ist eine Erweiterung auf die Änderung des Räumlichen Entwicklungskonzeptes vorgesehen. Die Bindung an einen bestimmten Verfahrensschritt (Auflage eines Entwurfs) wird aufgegeben. Wesentlich ist aber, dass die beabsichtigten Änderungen dargelegt werden und das Erfordernis der Bausperre ausreichend begründet wird. Das besondere Bewilligungserfordernis für zwar bewilligte Vorhaben, mit deren Ausführung aber noch nicht begonnen worden ist, soll zur Absicherung der Verwirklichbarkeit neuer Planungen allgemein gelten, ohne Beschränkung wie bisher auf mehr als drei Jahre alte Baubewilligungen (Abs2). Eine Verlängerung der Bausperre ist nicht mehr vorgesehen (Abs3); die neuen Planungen werden dem entsprechend zügig vorzunehmen sein .' […]

Dieses Ziel des Gesetzgebers deckt sich mit dem Leitsatz des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom (V29/01), wonach dann von der Gesetzwidrigkeit einer Bausperrenverordnung auszugehen ist (hier § 23 Nö ROG 1976), wenn die 'Darstellung der anzustrebenden Ziele' nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht werden."

3. Die Stadtgemeinde Bischofshofen erstattete eine Äußerung, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:

"Aufgrund eines Beschlusses der Gemeindevertretung vom wurde mit Verordnung vom gemäß den Bestimmungen des § 21 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 i.d.g.F. für die Grundparzellen 66/1 und 69/3, je Grundbuch 55501 Bischofshofen, eine Bausperre erlassen.

Die Bausperre trat am in Kraft.

Am (eingegangen am ) wurde von Frau und Herrn [E.] und Ing. [H.] [E.] der Antrag auf Bauplatzerklärung der Grundparzelle 69/3, KG 55501 gestellt. Mit Schreiben vom wurde Frau [E.] [E.] und Herr Ing. [H.] [E.] gemäß § 37 i.V.m. § 45 (3) Allgemeines Verwaltungsgesetz (AVG) die Gelegenheit zur Wahrung des Parteiengehörs binnen 14 Tagen nach Erhalt dieses Schreibens gegeben.

In Wahrung Ihres Rechtes auf Parteigehör wurde am fristgerecht eine Stellungnahme von Frau und Herrn [E.] und Ing. [H.] [E.], vertreten durch die Kanzlei Haslauer, Eberl, Hubner, Krivanec Partner, Nonntaler Hauptstraße 44, 5020 Salzburg dem Bauamt der Stadtgemeinde Bischofshofen zugestellt.

In der Stellungnahme wird angeführt, dass die gegenständliche Verordnung der Gemeindevertretung vom verfassungswidrig se[i]. Insbesondere wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G20/98; V93/98 eingegangen, wonach der hinsichtlich der Eigentumsbeschränkung zum gleichen Ergebnis führende ehemalige § 24 Abs 3 litb des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1995 wegen Verletzung des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes und Verletzung des aus dem Gleichheitssatz resultierenden Sachlichkeitsgebotes aufgehoben wurde.

Gemäß § 21 Abs. 1 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 i.d.g.F. kann die Gemeindevertretung durch Verordnung für genau zu bestimmende Gebiete eine Bausperre erlassen, wenn die Änderung des Räumlichen Entwicklungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes beabsichtigt ist und eine Bausperre notwendig ist, um die Durchführung der Planung nicht erheblich zu erschweren oder unmöglich zu machen. Zur Beurteilung für die Gemeindevertretung, ob hier die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß dem erwähnten § 21 Abs 1 ROG, vorliegen, wurde durch das Bauamt der Stadtgemeinde eine Stellungnahme vom Ortsplaner, Herrn DI [Z.] eingeholt. Diese Stellungnahme bestätigt, dass sich die Vorstellungen der Gemeinde über die Nutzung und Gestaltung des Bereiches südlich der Kirche seit Erstellung des REK 1997 geändert haben und dieser Bereich einer überwiegenden Grünraumnutzung zugeführt werden soll. Weiters wird vom Ortsplaner auch erwähnt, dass die gegenständlichen Flächen die einzigen zusammenhängenden, noch unverbauten Flächen im unmittelbaren Zentrumsbereich sind, und dies[e] sollen gemäß seiner fachlichen Meinung entsprechend ihrer Wichtigkeit für das historische Ortsbild von Bischofshofen (geprägt von der Pfarrkirche und Kastenturm) als solche erhalten werden.

Da im oben angeführten Bereich zwischen Pestalozzigasse und Molkereistraße zwei Parzellen (66/1, 69/3) im Flächenwidmungsplan als Bauland ausgewiesen sind und durch eine Bebauung dieser die erwähnte Durchführung der Planung zumindest erheblich erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht worden wäre, wurde seitens der Gemeindevertretung in Erfüllung der formalrechtlichen Voraussetzungen der Zif.1 und Zif2. des § 21 Abs 1 ROG 2009 die Bausperre verordnet.

Auf Grund der Erfüllung der formalen Voraussetzungen für die Erlassung einer Bausperre und der daraufhin in Übereinstimmung mit § 21 Abs. 1 ROG 2009 rechtmäßig ergangenen Verordnung ist für die rechtliche Beurteilung der Bewilligung oder Versagung einer beantragten Bauplatzerklärung für die Grundparzelle 69/3, Grundbuch 55501 Bischofshofen der § 21 Abs 2 ROG 2009 maßgeblich.

Gemäß § 21 Abs 2 ROG 2009 ist die Erteilung von Bauplatzerklärungen und der nach baurechtlichen Vorschriften des Landes erforderlichen Bewilligungen während der Geltung einer Bausperre nur zulässig, wenn das Vorhaben der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht nicht entgegensteht. Es ist dem Antrag auf Bauplatzerklärung von Frau und Herrn [E.] und [H.] [E.] zwar grundsätzlich kein konkretes Vorhaben zu entnehmen, da aber die gesetzmäßig verordnete Bausperre den Zweck verfolgt, diesen Bereich einer öffentlichen, überwiegenden Grünraumnutzung zuzuführen, würde jegliche Bautätigkeit den Planungsabsichten entgegenstehen. Das notwendige Vorliegen eines Entwurfes oder einer Einreichplanung zum Erkennen eines Vorhabens kann dem § 21 ROG nicht entnommenen werden, da im Abs 2 ausdrücklich auch auf die Bauplatzerklärung Bezug genommen wird '... ist die Erteilung von Bauplatzerklärungen ... ... nur zulässig, wenn ...'.

Im Gegensatz zur Rechtsansicht des Beschwerdeführers, wonach im Verordnungstext selbst die Begründung enthalten sein solle, vertritt die verordnungserlassende Behörde die Rechtsansicht, dass die Verordnung zur Wahrung der nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichte des öffentlichen Rechts nur auf Grundlage einer fundierten Begründung erlassen werden kann. Diese Begründung liegt im gegenständlichen Fall in der Stellungnahme des Ortsplaners, Herrn DI [Z.] Ortsplaners, vom .

In der öffentlichen Sitzung der Gemeindevertretung vom 18.02.1014 wurde die Erlassung einer Bausperre unter Tagesordnungspunkt 13 unter Anschluss der Stellungnahme des Ortsplaners sowie unter fachlicher Aufarbeitung des Stadtbaudirektors im Amtsbericht diskutiert sowie von Herrn Bürgermeister [O.] als Ziel die Teilabänderung des REK definiert. Der entsprechende Beschluss erfolgte einstimmig. Auf Grund eines Bearbeitungsfehlers war dem Amtsbericht aber keine entsprechende Verordnung beigelegt, sohin die Gemeindevertretung in der öffentlichen Sitzung vom unter Bezug auf den Beschluss zur Erlassung einer Bausperre in der Sitzung vom die entsprechende Verordnung einstimmig beschlossen."

4. Der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg erstattete eine Äußerung, in der er den vom Landesverwaltungsgericht Salzburg erhobenen Bedenken beitritt.

5. Die Salzburger Landesregierung sah von der Erstattung einer Äußerung ab, weil es Aufgabe der Stadt Bischofshofen sei, das Erfordernis der Bausperre und die der Verordnungserlassung zugrunde liegende Planungsabsicht zu begründen.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Im Verfahren ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität der angefochtenen Verordnung zweifeln ließe. Da die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Bischofshofen ihren vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg bekämpften Bescheid ausdrücklich auf die angefochtene Verordnung gestützt hat, ist es für den Verfassungsgerichtshof offenkundig, dass das antragstellende Gericht diese im Hinblick auf die Frage, ob der bekämpfte Bescheid in rechtmäßiger Weise ergangen ist, anzuwenden hat.

1.2. Ungeachtet der Formulierung des Antrages, "die Verordnungen […] zu prüfen und deren Gesetzwidrigkeit festzustellen", ist der Antrag als Aufhebungsbegehren zu verstehen (VfSlg 17.695/2005; V18 19/2016).

1.3. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag als zulässig.

2. In der Sache

Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art 139 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl. VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

Der Antrag ist begründet.

2.1. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg führt in seinem Antrag aus, die angefochtene, auf § 21 Sbg. ROG 2009 gestützte Verordnung enthalte keine Begründung dahingehend, warum die Erlassung einer Bausperre erforderlich sei.

2.2. Gemäß § 21 Abs 1 Sbg. ROG 2009 kann die Gemeindevertretung durch Verordnung für genau zu bestimmende Gebiete eine Bausperre erlassen, wenn die Änderung des Räumlichen Entwicklungskonzepts, des Flächenwidmungs-plans oder eines Bebauungsplans beabsichtigt ist und eine Bausperre notwendig ist, um die Durchführung der Planung nicht erheblich zu erschweren oder unmöglich zu machen. Gemäß Abs 2 leg.cit. ist die Erteilung von Bauplatzerklärungen und nach baurechtlichen Vorschriften des Landes erforderlichen Bewilligungen während der Geltung einer Bausperre nur zulässig, wenn das Vorhaben der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht nicht entgegensteht. Bauliche Maßnahmen, für die zwar eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt, mit deren rechtmäßiger Ausführung aber im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bausperre noch nicht begonnen worden ist, bedürfen zu ihrer Ausführung einer besonderen Bewilligung der Baubehörde, die ebenso nur bei Übereinstimmung mit der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht zu erteilen ist.

2.3. Die Auffassung der Stadtgemeinde Bischofshofen, wonach § 21 Abs 1 Sbg. ROG 2009 lediglich "formalrechtliche Voraussetzungen" statuiere und der Text einer Bausperrenverordnung selbst keine Begründung enthalten müsste, steht im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach anlässlich der Verhängung einer Bausperre die beabsichtigten Änderungen des Raumplanes in der kundgemachten Verordnung soweit zum Ausdruck zu bringen sind, dass die Verordnung über die Bausperre einen Maßstab für die baubehördliche Entscheidung im Einzelfall liefert und die nachprüfende Kontrolle ermöglicht (vgl. VfSlg 7287/1974, 10.953/1986, 11.743/1988, 13.150/1992, 14.376/1995, 15.347/1998, 16.233/2001, 17.325/2004). Dieser Rechtsprechung liegen nach den Ausführungen im Erkenntnis VfSlg 14.376/1995 folgende Erwägungen zugrunde:

"Wenn der Gemeinderat einerseits unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des VwGH […] die Meinung vertritt, daß die Änderungsabsichten der planenden Behörde als Maßstab für die Bewilligungsfähigkeit eines Bauvorhabens als ein Sachverhalt zu ermitteln seien, so beruht diese Ansicht auf einer Betrachtungsweise, welche die Situation der Baubehörde in Ansehung eines ihr schon vorliegenden Projektes in den Vordergrund stellt, die in der Vorjudikatur des VfGH betonten Rechtsschutzinteressen des potentiellen Bauwerbers hingegen weitgehend vernachlässigt. Ein künftiger Bauwerber ist — anders als die Baubehörde, die sich bloß mit dem ihr vorliegenden konkreten Projekt auseinanderzusetzen hat — regelmäßig gehalten, verschiedene Möglichkeiten der Bebauung eines bestimmten Grundstücks ins Auge zu fassen, und es kommt zu diesem höheren Informationsbedarf der evidente Nachteil hinzu, bloß behördenintern festgehaltene beabsichtigte Änderungen des Bebauungsplanes nicht in der gleichen Weise ermitteln zu können wie die zur wechselseitigen Amtshilfe verpflichteten Dienststellen derselben Behörde. Der VfGH ist daher der Meinung, daß ein potentieller Bauwerber nicht in diesem Sinn mit einer ungewissen, von ihm nicht zureichend genau erkennbaren generellen Rechtslage konfrontiert und dazu verleitet werden darf, die Bewilligung eines Projektes gleichsam aufs Geratewohl zu beantragen. Den Parteien eines Baubewilligungsverfahrens muß vielmehr — wie der Gerichtshof bereits im Erk. VfSlg 7287/1974 betont hat — die Verfolgung ihrer durch die Bausperre mitgestalteten subjektiven Rechte möglich sein, was aber nur dann wirklich gewährleistet ist, wenn die beabsichtigten Änderungen des Bebauungsplanes in der V über die Bausperre zum Ausdruck gebracht werden."

Diesen Anforderungen wird die angefochtene Verordnung nicht gerecht, zumal sie nicht einmal im Ansatz die ihrer Erlassung zugrunde liegenden Planungsabsichten beinhaltet. Wenn die Stadtgemeinde Bischofshofen auf in einer nicht kundgemachten Stellungnahme eines Ortsplaners bzw. in einem nicht kundgemachten Gemeinderatsprotokoll enthaltene Erwägungen verweist, verkennt sie die oben dargestellte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes.

V. Ergebnis

1. Die Verordnung der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Bischofshofen vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von 4. bis , ist daher, soweit sie sich auf das Grundstück Nr 69/3 bezieht, als gesetzwidrig aufzuheben.

2. Die Verpflichtung der Salzburger Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 139 Abs 5 erster Satz B VG und § 59 Abs 2 VfGG iVm § 2 Abs 1 liti Sbg. VerlautbarungsG.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2017:V73.2016