VfGH vom 10.06.2010, v7/10

VfGH vom 10.06.2010, v7/10

Sammlungsnummer

19082

Leitsatz

Aufhebung einer Bestimmung der Berufszugangsverordnung betreffend Mindestkapitalerfordernisse für die gewerbsmäßige Ausübung des Personenkraftverkehrs; vorgesehene Mindestbeträge im Hinblick auf die in der EU-Richtlinie vorgeschlagenen Beträge sachlich nicht gerechtfertigt und von der Verordnungsermächtigung des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes nicht gedeckt

Spruch

§ 2 Abs 2 Z 1 der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über den Zugang zum mit Kraftfahrzeugen betriebenen Personenbeförderungsgewerbe (Berufszugangsverordnung Kraftfahrlinien- und Gelegenheitsverkehr - BZP-VO), BGBl. Nr. 889/1994 in der Fassung BGBl. II Nr. 46/2001, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B305/09 eine

Beschwerde gegen den im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol (im Folgenden: UVS Tirol) anhängig, mit dem der beschwerdeführenden Gesellschaft die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol erteilte Gewerbeberechtigung zur Ausübung der gewerbsmäßigen Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen, Mietwagengewerbe mit 7 Omnibussen am Standort W., entzogen wurde.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht gelungen sei, die finanzielle Leistungsfähigkeit gemäß § 2 Abs 2 der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über den Zugang zum mit Kraftfahrzeugen betriebenen Personenbeförderungsgewerbe (Berufszugangsverordnung Kraftfahrlinien- und Gelegenheitsverkehr - BZP-VO), BGBl. 889/1994 idF BGBl. II 46/2001, nachzuweisen. Auch eine Haftungs- oder Garantieerklärung eines ausreichend solventen Dritten iSv § 3 BZP-VO sei nicht vorgelegt worden.

2. Aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des § 2 Abs 2 Z 1 BZP-VO entstanden, welche ihn veranlasst haben, diese Bestimmung mit Beschluss vom von Amts wegen in Prüfung zu ziehen.

3. Zur Rechtslage:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die nichtlinienmäßige gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 - GelverkG), BGBl. 112/1996 (Wiederverlautbarung) idF BGBl. I 153/2006, lauten wie folgt:

"Abschnitt I

Allgemeine Bestimmungen

Geltungsbereich

§1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen, ausgenommen die gewerbsmäßige Beförderung von Personen im Kraftfahrlinienverkehr auf Grund des Kraftfahrliniengesetzes, BGBl. I Nr. 203/1999.

(2) - (3) ...

ABSCHNITT II

Besondere Bestimmungen über die Konzession

...

Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession

§5. (1) Die Konzession darf nur erteilt werden, wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines reglementierten Gewerbes


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1.
die Zuverlässigkeit,
2.
die finanzielle Leistungsfähigkeit und
3.
die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis)

vorliegen. ... Sämtliche Voraussetzungen müssen während der gesamten

Dauer der Gewerbeausübung vorliegen. Werden diese Voraussetzungen vom Gewerbetreibenden nicht mehr erfüllt, so ist die Konzession zu entziehen. Die §§87 bis 91 GewO 1994 bleiben hievon unberührt. Die zuständige Gliederung der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft ist vor der Erteilung der Konzession aufzufordern, zur Frage der Leistungsfähigkeit des Betriebes ein Gutachten abzugeben.

(2) Für das Gästewagen-Gewerbe mit Personenkraftwagen sind die finanzielle Leistungsfähigkeit (Abs1 Z 2) und die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis) (Abs1 Z 3) nicht erforderlich.

(2a) Beim Ausflugswagen-Gewerbe, Stadtrundfahrten-Gewerbe und Mietwagen-Gewerbe mit Omnibussen sind die Voraussetzungen gemäß Abs 1 Z 1 bis 3 der zur Erteilung der Konzession zuständigen Behörde mindestens alle fünf Jahre ab Erteilung der Konzession nachzuweisen. Stellt die Behörde bei dieser Prüfung fest, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit nicht mehr gegeben ist, kann sie dem Konzessionsinhaber eine zusätzliche, ein Jahr nicht übersteigende Frist für den Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit setzen, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens annehmen lässt, dass die Voraussetzung der finanziellen Leistungsfähigkeit in absehbarer Zukunft auf der Grundlage eines Finanzplanes erneut und auf Dauer erfüllt wird. Überprüfungen im Rahmen der Erteilung einer Gemeinschaftslizenz gemäß Art 3a in Verbindung mit Art 3 der VO (EWG) Nr. 684/92 gelten als Überprüfung der Voraussetzungen gemäß Abs 1 Z 1 bis 3.

(3) Die Zuverlässigkeit ist insbesondere dann nicht gegeben, wenn ...

(4) Die finanzielle Leistungsfähigkeit ist gegeben, wenn die zur ordnungsgemäßen Inbetriebnahme und Führung des Unternehmens erforderlichen finanziellen Mittel verfügbar sind. Die zur Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit für die ordnungsgemäße Inbetriebnahme und Führung des Unternehmens heranzuziehenden Geschäftsdaten, aus denen die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ersichtlich ist, und die erforderlichen finanziellen Mittel sind durch Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie festzulegen.

(5) Die Voraussetzung der fachlichen Eignung (Befähigungsnachweis) wird nachgewiesen durch ...

(6) - (8) ..."

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über den Zugang zum mit Kraftfahrzeugen betriebenen Personenbeförderungsgewerbe (Berufszugangsverordnung Kraftfahrlinien- und Gelegenheitsverkehr - BZP-VO), BGBl. 889/1994 idF BGBl. II 46/2001 (die in Prüfung gezogene Verordnungsstelle ist hervorgehoben), lauten wie folgt:

"1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

Geltungsbereich

§1. (1) Die Bestimmungen über die finanzielle Leistungsfähigkeit und die fachliche Eignung gelten für:

1. den Betrieb von Kraftfahrlinien, das Ausflugswagen(Stadtrundfahrten-)Gewerbe und das mit Omnibussen betriebene Mietwagengewerbe (im weiteren kurz Personenkraftverkehr genannt) und


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2. a)
das Taxi-Gewerbe,
b)
das mit Personenkraftwagen betriebene Mietwagen-Gewerbe sowie
c)
das mit Omnibussen ausgeübte Gästewagen-Gewerbe (im weiteren kurz Z 2-Gewerbe genannt).

(2) ...

2. Abschnitt

Finanzielle Leistungsfähigkeit

Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit

§2. (1) Bei der Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit hat die zuständige Behörde insbesondere zu berücksichtigen:


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1.
den letzten Jahresabschluss des Unternehmens, falls ein solcher erstellt wurde;
2.
die verfügbaren Mittel einschließlich Bankguthaben, mögliche Überziehungskredite und Darlehen;
3.
als Sicherheit für das Unternehmen verfügbare Guthaben und Vermögensgegenstände;
4.
die Kosten einschließlich der gesamten Anschaffungskosten und der Anzahlungen für Fahrzeuge, Grundstücke und Gebäude, Anlagen und Ausrüstungen sowie
5.
das Betriebskapital.

(2) Das Unternehmen muss jedenfalls über Eigenkapital und unversteuerte Rücklagen verfügen, die sich


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1.
für den Personenkraftverkehr auf mindestens 18 000 Euro (247 685,40 S) für das erste und auf mindestens 10 000 Euro (137 603 S) für jedes weitere Fahrzeug belaufen, und
2.
für die Z 2-Gewerbe auf mindestens 7 500 Euro (103 202,25 S) für jedes Fahrzeug belaufen.

(3) Für die Berechnung nach Abs 2 sind hinsichtlich des Kraftfahrlinienverkehrs die einzusetzenden bzw. eingesetzten Fahrzeuge und hinsichtlich des Gelegenheitsverkehrs die beantragten bzw. die von der Konzession umfassten Fahrzeuge heranzuziehen.

Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit

§3. (1) Die finanzielle Leistungsfähigkeit ist für den Personenkraftverkehr durch Vorlage eines Gutachtens einer Bank oder eines anderen befähigten Kreditinstitutes, eines Steuerberaters, Wirtschaftstreuhänders oder Wirtschaftsprüfers nachzuweisen. Für das Gutachten ist das Formblatt gemäß Anlage 10 zu verwenden. Wenn sich aus dem Gutachten ergibt, dass kein ausreichendes Eigenkapital vorhanden ist, kann der Fehlbetrag durch eine Haftungs- oder Garantieerklärung von ausreichend solventen Dritten ersetzt werden.

(2) Alle Unternehmen, denen vor dem in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eine Berechtigung zur Ausübung des Berufes des Personenkraftverkehrsunternehmers erteilt wurde, müssen für


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1.
die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung in der Fassung BGBl. II Nr. 46/2001 für den Gelegenheitsverkehr bewilligten oder im Kraftfahrlinienverkehr eingesetzten Fahrzeuge spätestens bis zum und
2.
jede nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung in der Fassung BGBl. II Nr. 46/2001 vorgenommene Vergrößerung des Fahrzeugsparks die Anforderung des § 2 Abs 2 Z 1 erfüllen. Die Erfüllung dieser Anforderungen ist durch die Vorlage eines Gutachtens gemäß Abs 1 (Anlage 10)
nachzuweisen.

(3) Der Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit der Z 2-Gewerbe kann durch Vorlage eines Prüfungsberichts einer Bank oder eines anderen befähigten Kreditinstituts, eines Steuerberaters, Wirtschaftstreuhänders oder Wirtschaftsprüfers erbracht werden. Es müssen darin Angaben zu den in § 2 genannten Posten enthalten sein. Wenn sich aus dem Prüfungsbericht ergibt, dass kein ausreichendes Eigenkapital vorhanden ist, kann der Fehlbetrag durch eine Haftungs- oder Garantieerklärung von ausreichend solventen Dritten ersetzt werden. Abs 2 gilt mit der Maßgabe, dass die Anforderungen des § 2 Abs 2 Z 2 erfüllt werden müssen.

(4) Bei erheblichen Zweifeln an der finanziellen Leistungsfähigkeit des Antragstellers kann die Behörde zusätzlich den Nachweis verlangen, dass keine erheblichen Rückstände an Steuern oder an Beiträgen zur Sozialversicherung bestehen, die aus unternehmerischer Tätigkeit geschuldet werden.

(5) Alle Nachweise (mit Ausnahme des Jahresabschlusses) dürfen zum Zeitpunkt ihrer Vorlage an die Behörde nicht älter als drei Monate sein.

...

4. Abschnitt

Vorschriften für Angehörige und Unternehmen eines Staates, der
Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
ist

§15. (1) ...

(2) Als Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit im Sinne des § 3 Abs 1 gelten Bescheinigungen, die von Banken oder sonstigen von den Behörden des Heimat- oder Herkunftstaates des Antragstellers benannten Institutionen ausgestellt wurden. Unternehmer, die nachweisen, dass sie ab dem in einem Vertragsstaat des Abkommens des Europäischen Wirtschaftsraumes auf Grund einer nationalen Rechtsvorschrift den Beruf des Personenkraftverkehrsunternehmers ausgeübt haben, sind vom Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit gemäß § 2 befreit.

(3) - (4) ..."

3.3. Die angeführten Regelungen des GelverkG und der BZP-VO beruhen auf entsprechenden Vorgaben in Richtlinien der Europäischen Union. Maßgeblich ist insbesondere die Richtlinie 74/562/EWG über den Zugang zum Beruf des Personenkraftverkehrsunternehmers im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr (ABl. 1974 L 308, S 23 ff.), die durch die Richtlinie 89/438/EWG (ABl. 1989 L 212, S 101 ff.) geändert und sodann mit anderen Richtlinien in der Richtlinie 96/26/EG (ABl. 1996 L 124, S 1 ff.) zusammengefasst wurde. Diese wurde durch die Richtlinie 98/76/EG (ABl. 1998 L 277, S 17 ff.) geändert.

Artikel 3 und Artikel 6 der Richtlinie 96/26/EG über den Zugang zum Beruf des Güter- und Personenkraftverkehrsunternehmers im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr sowie über die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise für die Beförderung von Gütern und die Beförderung von Personen im Straßenverkehr und über Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit der betreffenden Verkehrsunternehmer (ABl. 1996 L 124, S 1 ff.) in der Fassung der Richtlinie 98/76/EG (ABl. 1998 L 227, S 17 ff.) lauten in ihren maßgeblichen Teilen wie folgt:

"Artikel 3

(1) Unternehmen, die den Beruf des Kraftverkehrsunternehmers ausüben wollen, müssen

a) zuverlässig sein,

b) die entsprechende finanzielle Leistungsfähigkeit besitzen,


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c) die Voraussetzung der fachlichen Eignung erfüllen.


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...

(2) ...

(3) a) Die Voraussetzung der finanziellen Leistungsfähigkeit ist gegeben, wenn die zur ordnungsgemäßen Inbetriebnahme und Führung des Unternehmens erforderlichen finanziellen Mittel verfügbar sind.

b) Bei der Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit berücksichtigt die zuständige Behörde den Jahresabschluß des Unternehmers, falls ein solcher erstellt wurde; die verfügbaren Mittel einschließlich Bankguthaben, mögliche Überziehungskredite und Darlehen, als Sicherheit für das Unternehmen verfügbare Guthaben und Vermögensgegenstände; die Kosten, einschließlich der Erwerbskosten oder Anzahlungen für Fahrzeuge, Grundstücke und Gebäude, Anlagen und Ausrüstungen, sowie das Betriebskapital.

c) Das Unternehmen muß über ein Eigenkapital und Reserven verfügen, die sich mindestens auf 9 000 Euro für das erste Fahrzeug und auf 5 000 Euro für jedes weitere Fahrzeug belaufen.

...

d) Die zuständige Behörde kann als Nachweis für die Zwecke der Buchstaben a), b) und c) die Bestätigung oder Versicherung einer Bank oder eines anderen entsprechend befähigten Instituts gelten lassen oder verlangen. Diese Bestätigung oder Versicherung kann in Form einer Bankgarantie, gegebenenfalls eines Pfandes oder einer Bürgschaft oder in gleichartiger Form gegeben werden.

e) ...

(4) ...

...

Artikel 6

(1) ...

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß sich die zuständigen Behörden regelmäßig und mindestens alle fünf Jahre vergewissern, daß die Unternehmen die Voraussetzungen der Zuverlässigkeit, der finanziellen Leistungsfähigkeit und der fachlichen Eignung noch erfüllen.

Sollte diese finanzielle Leistungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Beurteilung nicht gegeben sein, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens jedoch annehmen lassen, daß die Voraussetzung der finanziellen Leistungsfähigkeit in absehbarer Zukunft auf der Grundlage eines Finanzplans erneut und auf Dauer erfüllt wird, können die zuständigen Behörden eine zusätzliche Frist einräumen, die nicht länger als ein Jahr sein darf.

(2) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, daß die zuständigen Behörden die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers zurücknehmen, wenn sie feststellen, daß die Voraussetzungen nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a), b) oder c) nicht mehr erfüllt sind, wobei sie jedoch gegebenenfalls eine ausreichende Frist für die Einstellung einer Ersatzperson gewähren müssen.

(3) ..."

4. Der Verfassungsgerichtshof ging im Prüfungsbeschluss vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig ist, dass der UVS Tirol bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die Bestimmung des § 2 Abs 2 Z 1 BZP-VO angewendet hat und dass diese Bestimmung auch vom Verfassungsgerichtshof im Verfahren zu B305/09 anzuwenden ist. Darüber hinaus nahm er vorläufig an, dass der Anwendung dieser Regelung der Vorrang unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts nicht entgegensteht.

In der Sache hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass die in Prüfung gezogene Verordnungsstelle nicht von der Verordnungsermächtigung gemäß § 5 Abs 4 GelverkG gedeckt sei.

Er legte seine Erwägungen im Einzelnen wie folgt dar:

"4.1. Gemäß § 5 Abs 1 GelverkG darf eine Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen nur erteilt werden, wenn u.a. die finanzielle Leistungsfähigkeit (Z2) vorliegt. Ist diese Voraussetzung nicht mehr erfüllt, ist die Konzession zu entziehen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit ist darüber hinaus nach § 5 Abs 2a GelverkG beim Ausflugswagen-Gewerbe, Stadtrundfahrten-Gewerbe und Mietwagen-Gewerbe mit Omnibussen mindestens alle fünf Jahre ab Erteilung der Konzession der Behörde nachzuweisen, wobei dem Konzessionsinhaber unter bestimmten Voraussetzungen eine zusätzliche, ein Jahr nicht übersteigende Frist eingeräumt werden kann.

Die finanzielle Leistungsfähigkeit ist nach § 5 Abs 4 GelverkG grundsätzlich gegeben, wenn die zur ordnungsgemäßen Inbetriebnahme und Führung des Unternehmens erforderlichen finanziellen Mittel verfügbar sind. Die zur Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit heranzuziehenden Geschäftsdaten und die erforderlichen finanziellen Mittel sind durch Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie festzulegen.

Durch § 2 Abs 2 Z 1 BZP-VO sind die erforderlichen finanziellen Mittel im Sinne des § 5 Abs 4 GelverkG dahingehend konkretisiert, dass ein Unternehmen für den Personenkraftverkehr jedenfalls über Eigenkapital und unversteuerte Rücklagen verfügen muss, die sich auf mindestens 18.000 Euro für das erste und auf mindestens 10.000 Euro für jedes weitere Fahrzeug belaufen. Gemäß § 2 Abs 3 BZP-VO sind für die Berechnung hinsichtlich des Gelegenheitsverkehrs die beantragten bzw. die von der Konzession umfassten Fahrzeuge heranzuziehen.

4.2. Die gesetzliche Festlegung des Erfordernisses der finanziellen Leistungsfähigkeit als Voraussetzung für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen und dessen Konkretisierung durch das Gesetz sowie die Verordnung sind in Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Richtlinien ergangen (vgl. RV 680 18. GP, 6 ff.). § 5 Abs 4 GelverkG stellt die gesetzliche Grundlage für die BZP-VO dar, mit der die näheren Bestimmungen zum Erfordernis der finanziellen Leistungsfähigkeit unter Berücksichtigung der Richtlinienvorgaben getroffen wurden. Die in Prüfung gezogene Regelung des § 2 Abs 2 Z 1 BZP-VO orientiert sich an Art 3 Abs 3 litc der Richtlinie 96/26/EG in der Fassung der Richtlinie 98/76/EG, wonach ein Unternehmen (des Güter- und Personenkraftverkehrs) über Eigenkapital und Reserven verfügen muss, die sich mindestens auf 9.000 Euro für das erste Fahrzeug und auf 5.000 Euro für jedes weitere Fahrzeug belaufen.

4.3. Dem Verfassungsgerichtshof erscheint zweifelhaft, ob die in § 2 Abs 2 Z 1 BZP-VO vorgesehenen Mindestbeträge an Eigenkapital und unversteuerten Rücklagen im Hinblick auf ihre Höhe als iSd § 5 Abs 4 GelverkG 'zur ordnungsgemäßen Inbetriebnahme und Führung des Unternehmens erforderlich', dh. notwendig angesehen werden können. Der Verfassungsgerichtshof kann vorderhand nicht erkennen, aus welchen Gründen bei der gewerbsmäßigen Ausübung des Personenkraftverkehrs eine Eigenkapitalquote in dieser Höhe bei der Unternehmensinbetriebnahme sowie -führung vorhanden sein muss, zumal die Beträge der BZP-VO im Vergleich zu den von der Richtlinie 98/76/EG vorgesehenen Beträgen das Doppelte betragen.

Der Verweis der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf unterschiedliche Rahmenbedingungen in den wirtschaftlich schwächeren Mitgliedstaaten der EU und unterschiedliche Preisniveaus dürfte nach vorläufiger Ansicht des Verfassungsgerichtshofes die in der BZP-VO vorgenommene Verdoppelung der von der Richtlinie vorgesehenen Mindestbeträge nicht hinreichend rechtfertigen.

Die Stichhaltigkeit dieses Arguments erscheint dem Verfassungsgerichtshof vorderhand mit Blick darauf zweifelhaft, dass die in der Richtlinie vorgesehenen Mindestbeträge allein für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen, jedoch nicht für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern an das österreichische Preisniveau angepasst worden sind, obwohl auch diese von der Richtlinie 98/76/EG erfasst ist: In die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über den Zugang zum mit Kraftfahrzeugen betriebenen Güterbeförderungsgewerbe (Berufszugangs-Verordnung Güterkraftverkehr - BZGü-VO), BGBl. 221/1994 idF BGBl. II 280/2000, sind allein die in der Richtlinie 98/76/EG vorgesehenen Mindestbeträge (9.000 Euro bzw. 5.000 Euro) übernommen worden.

Weder in den Erläuterungen zur BZP-VO noch in den Verordnungsakten findet sich überdies ein Hinweis darauf, dass die verordnungserlassende Behörde Erhebungen über das Preisniveau in Österreich als Grundlage für die Erhöhung der Beträge angestellt hat. Die Erläuterungen zur BZP-VO, BGBl. II 46/2001, halten lediglich fest, dass die Beträge von zunächst (gerundet) € 22.000,-- für das erste und € 11.500,-- für jedes weitere Fahrzeug (die sodann in der kundgemachten Fassung der BZP-VO € 18.000,-- und € 10.000,-- betragen) 'gegenüber den in der Richtlinie 98/76/EG genannten Beträgen in gleicher Weise erhöht (worden seien), wie früher die in § 2 Abs 2 Z 1 der BZP-VO, BGBl. Nr. 889/1994, genannten Beträge gegenüber den in Artikel 2 Abs 3 litc. der Richtlinie 74/562/EWG in der Fassung der Richtlinie 89/438/EWG genannten Beträgen'. In den Erläuterungen zur BZP-VO, BGBl. 889/1994, wird festgestellt, dass die Abs 1 bis 3 des § 3, wonach für den Personenkraftverkehr letztlich

S 100.000,-- (= ca. 7.267 Euro) je eingesetztem Fahrzeug und

S 5.000,-- (= ca. 363 Euro) je Sitzplatz der eingesetzten Fahrzeuge

gefordert werden, dem Art 2 Abs 3 litb bis d der Richtlinie 74/562/EWG, in der Fassung der Richtlinie 89/438/EWG, (wo von 3000 Ecu je Fahrzeug oder 150 Ecu je Tonne zulässigem Gesamtgewicht der eingesetzten Fahrzeuge die Rede ist) entsprechen würden.

Im Übrigen wird im Verordnungsprüfungsverfahren der

9. Erwägungsgrund der Richtlinie 96/26/EG in konsolidierter Fassung zu berücksichtigen sein, wonach die vorgesehenen bestimmten Kriterien hinsichtlich der finanziellen Leistungsfähigkeit, denen die Kraftverkehrsunternehmer entsprechen müssen, vor allem dazu dienen, 'die Gleichbehandlung der Unternehmen der einzelnen Mitgliedstaaten' sicherzustellen.

Der Verfassungsgerichtshof kann sohin vorläufig keine sachlichen Gründe dafür erkennen, dass in Bezug auf Unternehmen im Bereich der gewerbsmäßigen Personenbeförderung finanzielle Mittel aus Eigenkapital in Höhe von mindestens 18.000 Euro für das erste Fahrzeug und mindestens 10.000 Euro für jedes weitere Fahrzeug vorhanden sein müssen, um das Unternehmen ordnungsgemäß in Betrieb zu nehmen und zu führen. Diese Vorgabe erscheint dem Verfassungsgerichtshof vor allem im Vergleich mit den entsprechenden Vorgaben für Unternehmen des gewerbsmäßigen Güterkraftverkehrs sachlich nicht gerechtfertigt.

Die vorgegebenen Mindestbeträge für Personenkraftverkehrsunternehmer erscheinen dem Verfassungsgerichtshof aber auch vor dem Hintergrund, dass diese Eigenkapitalausstattung gemäß § 5 Abs 1 und 2a GelverkG durchgehend gegeben sein muss (aus der Vorschrift, dass alle fünf Jahre eine diesbezügliche Überprüfung stattzufinden hat, dürfte nicht folgen, dass zwischen den Überprüfungen auch eine geringere Kapitalausstattung hinreicht), vorderhand unverhältnismäßig.

4.4. § 2 Abs 2 Z 1 BZP-VO dürfte sohin nicht von der Verordnungsermächtigung des § 5 Abs 4 GelverkG gedeckt sein.

4.5. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass - sollten sich die Bedenken als zutreffend erweisen - die Verfassungswidrigkeit durch Aufhebung der im Spruch genannten Verordnungsregelung beseitigt wäre.

Das gemäß § 3 Abs 1 2. Satz BZP-VO für das Gutachten zur finanziellen Leistungsfähigkeit zu verwendende Formblatt (Anlage 10 der BZP-VO) enthält zwar ebenfalls die Beträge von € 18.000,-- und € 10.000,--. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass sich eine Prüfung der Gesetzmäßigkeit auch des § 3 Abs 1 2. Satz BZP-VO und der Anlage 10 der BZP-VO (oder einzelner Wortfolgen darin) erübrigt, weil das Formblatt lediglich eine Vorlage für das gemäß § 3 Abs 1 BZP-VO vorgesehene Gutachten darstellen dürfte, das von der Behörde bei ihrer Entscheidung angemessen zu würdigen ist."

5. Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie erstattete eine Äußerung, in der sie den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes im Einzelnen wie folgt entgegentritt (Hervorhebungen im Original):

"1. Zum Bedenken des Verfassungsgerichtshofs, § 2 Abs 2 Z 1 der Berufszugangsverordnung Kraftfahrlinien- und Gelegenheitsverkehr - BZP-VO wäre durch § 5 Abs 4 GelverkG nicht gedeckt:

Gemäß § 2 Abs 2 Z 1 BZP-VO, BGBl. 46/2001, muss das Unternehmen zur Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit über Eigenkapital und Reserven verfügen, die sich für den Personenkraftverkehr auf mindestens 18.000 € (247.685,40 S) für das erste und auf mindestens 10.000 € (137.603 S) für jedes weitere Fahrzeug belaufen.

Die in den Richtlinien 96/26/EG beziehungsweise 98/76/EG normierten Beträge über Eigenkapital und Reserven, über die ein Unternehmen verfügen muss, sind Mindestbeträge und orientieren sich an den Rahmenbedingungen in den wirtschaftlich schwächeren Mitgliedstaaten der EU. Diese Beträge wurden an das österreichische Preisniveau (z.B. höhere Kosten für die Wartung der Fahrzeuge, höheres Lohnniveau für das Personal) angepasst. Aus diesem Grund wurde für die Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit eines Personenkraftverkehrsunternehmens gemäß § 2 Abs 2 Z 1 BZP-VO die Höhe für das erforderliche Eigenkapital und die unversteuerten Rücklagen mit mindestens 18.000 € (247.685,40 S) für das erste und mindestens 10.000 € (137.603 S) für jedes weitere Fahrzeug festgelegt.

In § 2 Abs 2 Z 1 der Verordnung des Bundesministers für vffentliche Wirtschaft und Verkehr über den Zugang zum mit Kraftfahrzeugen betriebenen Güterbeförderungsgewerbe (BerufszugangsVerordnung Güterkraftverkehr - BZGü-VO), BGBl. 221/1994 idF BGBl. II 280/2000, wurden zur Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit die Beträge für Eigenkapital und Reserven mit 9.000 € (123.843 S) für das erste Fahrzeug und 5.000 (68.802 S) für jedes weitere Fahrzeug festgelegt. Damit wurden die Mindestbeträge der Richtlinie 96/26/EG idF der Richtlinie 98/76/EG unverändert übernommen. Die Differenz zwischen den in der BZGü-VO, BGBl. 221/1994 idF BGBl. II 280/2000, und den in der BZP-VO, BGBl. 46/2001, normierten Mindestbeträgen für Eigenkapital und Reserven ist nach Ansicht des BMVIT gerechtfertigt, weil im Rahmen der gewerbsmäßigen Personenbeförderung die Wartung der Omnibusse von besonderer Bedeutung ist. Eine regelmäßige technische Prüfung und Wartung der Omnibusse, bei der strenge Sicherheitskriterien, wie zum Beispiel auch die Kontrolle der Funktionalität der Sitzgurte, einzuhalten sind [sic] gewährleistet die Sicherheit der Fahrgäste und wendet somit nicht nur Gefahren für den Straßenverkehr, sondern auch Gefahren für deren Leib und Leben ab. M.a.W., eine regelmäßige und sorgfältige Wartung und Instandhaltung der Fahrzeuge ist also gegenüber den für die gewerbsmäßige Güterbeförderung eingesetzten Fahrzeugen von noch höherer Bedeutung. Wäre im Bereich der gewerbsmäßigen Personenbeförderung die in § 2 Abs 2 Z 1 BZP-VO geregelte finanzielle Leistungsfähigkeit nicht gegeben, könnte dies nicht nur zu wirtschaftlich instabilen Unternehmen, sondern in der Folge etwa auch zu Sparmaßnahmen bei der Wartung führen und eine Gefährdung von Menschenleben nach sich ziehen. Gegenüber den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften erhöhte Mindestsummen für die finanzielle Leistungsfähigkeit tragen nach Ansicht des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie auch dazu bei, sich nicht nur mit dem gesetzlich geforderten Mindestmaß bei der Fahrzeugwartung und -instandhaltung zu begnügen, sondern in ein darüber hinausgehendes Sicherheitsniveau und insbesondere auch in eine kurzfristigere Erneuerung der Fahrzeugflotte zu investieren, was zweifellos der Sicherheit der Fahrgäste zu Gute kommt.

Nach Ansicht des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie handelt es sich bei den in der BZP-VO festgelegten Mindestsummen daher sehr wohl um finanzielle Mittel, die i.S. des § 5 Abs 4 GelverkG 'zur ordnungsgemäßen Inbetriebnahme und Führung des Unternehmens erforderlich' sind.

2. Zu den Bedenken, die Regelung der BZP-VO entspreche nicht den Intentionen des Gemeinschaftsrechts:

Der 9. Erwägungsgrund der Richtlinie 96/26/EG besagt, dass hinsichtlich der finanziellen Leistungsfähigkeit bestimmte Kriterien festzulegen sind, denen die Kraftverkehrsunternehmer entsprechen müssen, damit vor allem die Gleichbehandlung der Unternehmen der einzelnen Mitgliedstaaten sichergestellt ist. Konsolidiert wurde dies durch den 5. Erwägungsgrund der Richtlinie 98/76/EG, wonach es im Hinblick auf die finanzielle Leistungsfähigkeit für notwendig erachtet wird, für den Betrag des erforderlichen Eigenkapitals und der Reserven ein höheres Mindestniveau anzusetzen, um Ungleichgewichte auf dem Markt zu vermeiden.

Ziel der Richtlinie 96/26/EG idF der Richtlinie 98/76/EG ist es, für die finanzielle Leistungsfähigkeit von Kraftverkehrsunternehmern innerhalb der Europäischen Union einheitliche Mindestwerte festzulegen, die einerseits wirtschaftliche Stabilität für die gesamte Branche sicherstellen, andererseits aber auch ein Preisdumping durch wirtschaftlich schwächere Unternehmen verhindern sollen. Durch das Ziehen einer einheitlichen Grenze nach unten, die für alle Mitgliedstaaten gilt, wird vermieden, dass Unternehmen, die nur über geringe finanzielle Mittel verfügen und deshalb möglicherweise verleitet wären, (auch) an der Sicherheit zu sparen, weiter am Kraftverkehrsmarkt teilnehmen und durch Angebote zu Dumpingpreisen Ungleichgewichte auf dem Markt verursachen, was sich letztlich auch negativ auf die Verkehrssicherheit auswirken könnte.

Nach Ansicht des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie ist mit 'Gleichbehandlung der Unternehmen der einzelnen Mitgliedstaaten' gemäß dem 9. Erwägungsgrund der Richtlinie 96/26/EG nicht das Festlegen eines einheitlichen Euro-Betrags für die finanzielle Leistungsfähigkeit aller Kraftverkehrsunternehmer innerhalb der EU gemeint, sondern sollen durch die Festlegung eines Mindestbetrages faire Marktverhältnisse geschaffen werden. Hätte es der Intention der EU entsprochen, einheitliche Beträge für alle Mitgliedstaaten festzulegen, wären nach Ansicht des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie in der Richtlinie Fixbeträge normiert worden.

3. Zu den Bedenken hinsichtlich des Erfordernisses des dauernden Vorliegens der finanziellen Leistungsfähigkeit:

Im 11. Erwägungsgrund der Richtlinie 96/26/EG idF der Richtlinie 98/76/EG wurde festgehalten, dass in regelmäßigen Abständen zu prüfen ist, ob die zugelassenen Kraftverkehrsunternehmer die Voraussetzungen der Zuverlässigkeit, der finanziellen Leistungsfähigkeit und der fachlichen Eignung noch erfüllen. Spezifiziert wird dies in Artikel 6 Abs 1 durch die Anfügung, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass sich die zuständigen Behörden regelmäßig und mindestens alle fünf Jahre vergewissern, dass die Unternehmen die Voraussetzungen der Zuverlässigkeit, der finanziellen Leistungsfähigkeit und der fachlichen Eignung noch erfüllen. Dies kann nach Ansicht des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie nur so verstand[en] werden, dass nach dem Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers die finanzielle Leistungsfähigkeit immer vorliegen muss; um dies zu gewährleisten, muss ihr Vorliegen regelmäßig (un[d] zwar in Mindestabständen von fünf Jahren) überprüft werden. Letztere Anforderung stellt das Maximum dessen dar, was zur Kontrolle der Einhaltung der Zulassungsvorausetzungen vorgeschrieben werden konnte, ohne eine - praktisch nicht durchführbare - permanente Überwachung anzuordnen.

Es würde nach Ansicht des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie dem System der Richtlinie 96/26/EG idF der Richtlinie 98/76/EG widersprechen, wenn die finanzielle Leistungsfähigkeit, neben den beiden anderen Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession, nicht während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen müsste, da Artikel 6 Abs 1 normiert, dass die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten regelmäßig und mindestens alle fünf Jahre sicherzustellen haben, dass die Unternehmen die Voraussetzungen der finanziellen Leistungsfähigkeit noch erfüllen. ..."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

Bedenken gegen die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes, dass die Beschwerde, die Anlass zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens gegeben hat, zulässig ist und dass sowohl die belangte Behörde als auch der Verfassungsgerichtshof bei seiner Entscheidung über die Beschwerde den in Prüfung gezogenen § 2 Abs 2 Z 1 BZP-VO anzuwenden hätten, wurden weder vorgebracht noch sind solche beim Verfassungsgerichtshof entstanden. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2. In der Sache:

Der Verfassungsgerichtshof hegte im Prüfungsbeschluss vorläufig das Bedenken, dass § 2 Abs 2 Z 1 BZP-VO nicht von der Verordnungsermächtigung gemäß § 5 Abs 4 GelverkG gedeckt ist. Insbesondere sei nicht erkennbar, aus welchen Gründen bei der gewerbsmäßigen Ausübung des Personenkraftverkehrs Eigenkapital und unversteuerte Rücklagen in der Höhe von mindestens 18.000 Euro für das erste und mindestens 10.000 Euro für jedes weitere Fahrzeug bei der Unternehmensinbetriebnahme sowie -führung vorhanden sein müssen, zumal die Beträge der BZP-VO im Vergleich zu den von der Richtlinie 98/76/EG vorgesehenen Beträgen das Doppelte betragen.

2.1. Der Verfassungsgerichtshof geht zunächst - wie schon im Prüfungsbeschluss - mit der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie davon aus, dass die erforderlichen finanziellen Mittel dauernd verfügbar sein müssen. Eine andere Deutung der Richtlinie würde dem Ziel der Wahrung der finanziellen Leistungsfähigkeit nicht entsprechen.

2.2. Nicht zu folgen vermag der Verfassungsgerichtshof hingegen der Annahme der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, dass zwischen den Mindestkapitalerfordernissen in der Verordnung und der Qualität der Wartungsarbeiten und damit der Gewährleistung der Sicherheit der beförderten Personen ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehe. Denn weder gewährleistet ein höheres Kapital ein Mehr an Reparaturen und Wartungsarbeiten, noch bedeutet umgekehrt ein geringeres Ausmaß an zu haltendem "Eigenkapital", dass die Wartungsarbeiten vernachlässigt werden könnten. Dem Verfassungsgerichtshof ist ebenso unerfindlich, aus welchem Grund erhöhte Mindestsummen - wie die Bundesministerin meint - dazu beitragen würden, in eine kurzfristigere Erneuerung der Fahrzeugflotte zu investieren.

2.3. Aber auch soweit die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie geltend macht, dass die in den Richtlinien 96/26/EG bzw. 98/76/EG vorgesehenen Beträge Mindestbeträge seien, die sich an den Rahmenbedingungen in den wirtschaftlich schwächeren Mitgliedstaaten der Europäischen Union orientieren würden und an das österreichische Preisniveau (zB betreffend höhere Kosten für die Wartung der Fahrzeuge und das höhere Lohnniveau für das Personal) angepasst worden seien, vermag ihr der Verfassungsgerichtshof nicht zu folgen. Zum einen konnte die Behörde dem Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, wonach keine Hinweise für Erhebungen über das Preisniveau in Österreich (im Vergleich zu dem in anderen Mitgliedstaaten) zu finden seien, nicht mit entsprechendem Vorbringen entgegen treten. Zum anderen sprechen die rechtlichen Möglichkeiten des gemeinsamen Marktes, und insbesondere die Möglichkeit von Beförderungsunternehmen, im Rahmen der Niederlassungsfreiheit in bestimmten Grenzen den Sitz eines Unternehmens nach der Günstigkeit der rechtlichen Rahmenbedingungen zu wählen, für die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichthofes, dass die Richtlinie einheitliche Kapitalvorgaben intendiert. Art 3 Abs 3 litc der Richtlinie 98/76/EG, wonach Unternehmen über ein Eigenkapital und Reserven verfügen müssen, "die sich mindestens auf 9 000 Euro für das erste und auf 5 000 Euro für jedes weitere Fahrzeug belaufen", ist unter Bedachtnahme auf den 9. Erwägungsgrund der Richtlinie 96/26/EG im Zusammenhang mit dem 5. Erwägungsgrund der Richtlinie 98/76/EG nicht in dem Sinn zu interpretieren, dass die in der Richtlinie vorgeschlagenen Mindestbeträge von den Mitgliedstaaten beliebig erhöht werden können.

2.4. Schließlich vermochte der Verfassungsgerichtshof auch keine Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung zwischen Unternehmen der Personenbeförderung und jenen der Güterbeförderung zu erkennen. Angesichts dessen, dass kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Mindestkapitalhaltung und Qualität der Wartung von Fahrzeugen besteht (siehe Pkt. II.2.2.), kann sich der Verfassungsgerichtshof der Ansicht der Bundesministerin, dass die Vorschreibung höherer Mindestbeträge an Eigenkapital und unversteuerten Rücklagen mit Blick auf die Abwehr von Gefahren für Leib und Leben gerechtfertigt wäre, nicht anschließen, zumal auch hier nicht ersichtlich ist, warum dies allein für den Bereich der gewerbsmäßigen Personenbeförderung, nicht aber im Bereich der gewerbsmäßigen Güterbeförderung gelten soll, weil auch von Fahrzeugen der Güterbeförderung erhebliche Gefahren für Straßenverkehrsteilnehmer ausgehen können.

2.5. Der Hinweis der Bundesministerin auf die - in Umsetzung des Art 6 Abs 1 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 96/26/EG idF der Richtlinie 98/76/EG eingeführte - Bestimmung des § 5 Abs 2a zweiter Satz GelverkG, wonach dem Personenkraftunternehmer ohnehin die Möglichkeit eingeräumt werde, innerhalb einer Frist von maximal zwölf Monaten die finanzielle Leistungsfähigkeit erneut und auf Dauer wieder herzustellen und dadurch ein drohendes Konzessionsentziehungsverfahren abzuwenden, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern.

2.6. Die Höhe der in § 2 Abs 2 Z 1 BZP-VO vorgesehenen Mindestbeträge - vor allem im Hinblick darauf, dass diese im Vergleich zu den in der Richtlinie 98/76/EG vorgeschlagenen Beträgen das Doppelte betragen - erweist sich sohin als sachlich nicht gerechtfertigt und folglich als nicht von der Verordnungsermächtigung des § 5 Abs 4 GelverkG gedeckt.

3. Die im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes erweisen sich sohin als zutreffend. § 2 Abs 2 Z 1 BZP-VO ist als gesetzwidrig aufzuheben.

4. Die Bestimmung einer Frist für das Außer-Kraft-Treten der aufgehobenen Verordnungsstelle gründet sich auf Art 139 Abs 5 letzter Satz B-VG.

Die Verpflichtung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und des damit im Zusammenhang stehenden weiteren Ausspruchs erfließt aus Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG und § 60 Abs 2 VfGG iVm § 4 Abs 1 Z 4 BGBlG.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.