VfGH vom 18.06.2015, V68/2015

VfGH vom 18.06.2015, V68/2015

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplans der Gemeinde Waldneukirchen hinsichtlich der Umwidmung eines Grundstücks von „Wohngebiet“ in „eingeschränkt gemischtes Baugebiet“ mangels Begründung, Grundlagenforschung und Interessenabwägung

Spruch

I. 1. Der Flächenwidmungsplan der Gemeinde Waldneukirchen in der Fassung der Beschlüsse des Gemeinderats der Gemeinde Waldneukirchen vom und vom , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel am , soweit er für jene Fläche, welche im Osten von dem im Plan als "Steyrtalstraße" ausgewiesenen Straßenzug begrenzt und von einer in west-östlicher Richtung verlaufenden, als "OKA 30 kV" ausgewiesenen Hochspannungsleitung durchzogen wird, die Widmung als eingeschränktes gemischtes Baugebiet ("MB") vorsieht, war gesetzwidrig.

2. Die Oberösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Landesgesetzblatt für Oberösterreich verpflichtet.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

1. Mit dem vorliegenden, auf Art 139 Abs 1 Z 1 B VG gestützten Antrag begehrt der Verwaltungsgerichtshof die Feststellung, "dass die Verordnung betreffend die Änderung des Flächenwidmungsplanes der [Gemeinde Waldneukirchen] (Flächenwidmungsplan Nr 3) gemäß den Beschlüssen des Gemeinderates der [Gemeinde Waldneukirchen] vom bzw. , aufsichtsbehördlich genehmigt durch den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-P 417034/10-1998/Gm/Ef, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der [Gemeinde Waldneukirchen] vom bis , rechtswirksam ab ," gesetzwidrig war.

2. Mit seinem ersten Eventualantrag begehrt der Verwaltungsgerichtshof die Feststellung, dass die im Hauptantrag angeführte Verordnung "betreffend die Änderung des Flächenwidmungsplanes der [Gemeinde Waldneukirchen] (Flächenwidmungsplan Nr 3) insoweit, als sie das westlich der Steyrtalstraße gelegene eingeschränkte gemischte Baugebiet ('MB'), durch das nördlich eine Hochspannungsfreileitung OKA 30 kV mit Schutzbereich von Westen nach Osten quer verläuft, betrifft," gesetzwidrig war.

Mit seinem zweiten Eventualantrag begehrt der Verwaltungsgerichtshof die Feststellung, dass die im Hauptantrag angeführte Verordnung "betreffend die Änderung des Flächenwidmungsplanes der [Gemeinde Waldneukirchen] (Flächenwidmungsplan Nr 3) insoweit, als sie das westlich der Steyrtalstraße gelegene eingeschränkte gemischte Baugebiet ('MB') und das nördlich unmittelbar anschließende Wohngebiet ('W'), durch welchen Bereich eine Hochspannungsfreileitung OKA 30 kV mit Schutzbereich von Westen nach Osten quer verläuft, betrifft," gesetzwidrig war.

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl 114/1993, (OÖ ROG 1994) lauten:

"§33

Verfahren in der Gemeinde

(1) Bei der Erlassung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes hat die Gemeinde

1. den in Betracht kommenden Bundesdienststellen,

2. der Landesregierung,

3. den benachbarten Gemeinden,

4. der Wirtschaftskammer Oberösterreich,

5. der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich,

6. der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich,

7. der zuständigen Grundverkehrskommission,

8. der O.ö. Umweltanwaltschaft, soweit Belange des Umweltschutzes in Frage stehen sowie

9. sonstigen Körperschaften öffentlichen Rechtes, von denen bekannt ist, daß ihre Interessen berührt werden,

innerhalb von acht Wochen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Landesregierung sind mit der Aufforderung zur Stellungnahme sechs Planentwürfe vorzulegen.

(2) Gleichzeitig ist die Absicht, einen Flächenwidmungsplan oder einen Bebauungsplan aufzustellen, vom Bürgermeister durch vierwöchigen Anschlag an der Amtstafel mit der Aufforderung kundzumachen, daß jeder, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist seine Planungsinteressen dem Gemeindeamt (Magistrat) schriftlich bekanntgeben kann. Gibt die Gemeinde regelmäßig ein amtliches Mitteilungsblatt heraus, so hat die Kundmachung auch dort zu erfolgen.

(3) Vor Beschlußfassung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes durch den Gemeinderat ist der Plan durch vier Wochen zur öffentlichen Einsichtnahme beim Gemeindeamt (Magistrat) aufzulegen. Die Eigentümer jener Grundstücke, an deren Flächenwidmung oder Bebaubarkeit sich Änderungen ergeben, sind von der Planauflage nachweislich zu verständigen. Auf die Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme und die Möglichkeit der Einbringung von Anregungen oder Einwendungen ist während der Auflagefrist durch Anschlag an der Amtstafel und im amtlichen Mitteilungsblatt hinzuweisen, wenn die Gemeinde ein solches regelmäßig herausgibt.

(4) Jedermann, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, ist berechtigt, während der Auflagefrist schriftliche Anregungen oder Einwendungen beim Gemeindeamt (Magistrat) einzubringen, die mit dem Plan dem Gemeinderat vorzulegen sind. Eine Beschlußfassung des Planes in einer anderen als der zur Einsichtnahme aufgelegten Fassung ist nur nach vorheriger Anhörung der durch die Änderung Betroffenen zulässig.

[…]

§36

Änderung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes

(1) Flächenwidmungspläne (einschließlich dem örtlichen Entwicklungskonzept) und Bebauungspläne sind

1. bei Änderung der maßgeblichen Rechtslage oder

2. wenn es das Gemeinwohl erfordert,

zu ändern.

(2) Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne können geändert werden, wenn

1. öffentliche Interessen, die nach diesem Landesgesetz bei der Erlassung von solchen Plänen zu berücksichtigen sind, dafür sprechen oder

2. diese Änderung den Planungszielen der Gemeinde

nicht widerspricht und

3. Interessen Dritter nicht verletzt werden.

(3) Langen bei der Gemeinde Anregungen auf Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes ein, so hat der Gemeinderat binnen sechs Monaten zu entscheiden, ob die Voraussetzungen zu Änderungen gemäß Abs 1 oder 2 gegeben sind. Liegen die Voraussetzungen vor, ist das Verfahren zur Änderung des Planes einzuleiten.

(4) Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des § 33 und des § 34, jedoch ist benachbarten Gemeinden und Körperschaften öffentlichen Rechtes nur dann Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, wenn deren Interessen durch die beabsichtigten Planänderungen berührt werden. Eine Planauflage ist nicht erforderlich, wenn die von der beabsichtigten Planänderung Betroffenen vor der Beschlußfassung verständigt oder angehört werden. Die Eigentümer jener Grundstücke, an deren Flächenwidmung oder Bebaubarkeit sich Änderungen ergeben, sind von der Planauflage nachweislich zu verständigen.

(5) Auf Nutzungen, die der bisherigen Widmung entsprechen, ist bei Änderung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne möglichst Rücksicht zu nehmen.

(6) Die Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes ist durch den Gemeinderat zu begründen; bei der Änderung von Flächenwidmungsplänen muß der Begründung oder den Planungsunterlagen überdies die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung zu entnehmen sein."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Beim Verwaltungsgerichtshof ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom anhängig. Diesem Bescheid liegt ein Bauverfahren zugrunde, in welchem der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof die baurechtliche Bewilligung für einen Dachgeschoßausbau auf dem Grundstück Nr 710/1, KG Waldneukirchen, beantragt hatte. Der Antrag auf Baubewilligung wurde im Instanzenzug durch den Gemeinderat der Gemeinde Waldneukirchen abgewiesen, weil das Bauprojekt im Widerspruch zu der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Widmung stehe. Der Flächenwidmungsplan sehe für das Grundstück die Widmung eingeschränktes gemischtes Baugebiet "MB" vor und ermögliche daher ausschließlich Betriebswohnungen. Dagegen richtete sich die Vorstellung des Beschwerdeführers (vor dem Verwaltungsgerichtshof), welche die Oberösterreichische Landesregierung mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid abwies.

Der Verwaltungsgerichtshof legt in seinem Antrag die von ihm gehegten Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Flächenwidmungsplans wie folgt dar:

"Mit dieser Verordnung wurde für das Grundstück des Beschwerdeführers mit Wirksamkeit vom die Widmung eingeschränktes gemischtes Baugebiet ('MB') ausgewiesen. Vor Erlassung dieser Verordnung war das gegenständliche Grundstück des Beschwerdeführers gemäß dem Flächenwidmungsplan Nr 2 (Beschlüsse des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom und vom , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom ) als Wohngebiet 'W' gewidmet. Der Flächenwidmungsplan Nr 3 war vom Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Berufung des Beschwerdeführers am anzuwenden, zumal die in der Folge vom Gemeinderat beschlossene Verordnung betreffend die Änderung des Flächenwidmungsplanes der mitbeteiligten Gemeinde (Flächenwidmungsplan Nr 4) erst ab Rechtswirksamkeit erlangt hat. Die im Antrag angeführte Verordnung (Flächenwidmungsplan Nr 3) ist somit im vorliegenden Beschwerdeverfahren präjudiziell.

[…]

Aus dem Verordnungsakt betreffend die Erlassung des Flächenwidmungsplanes Nr 3 ergibt sich, dass für das verfahrensgegenständliche, mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück im Zuge der Vorbereitung dieses Flächenwidmungsplanes eine Änderung der damals bestehenden Widmung Wohngebiet 'W' nicht vorgesehen war. Vielmehr war für das südlich unmittelbar benachbarte, unbebaute Grundstück Nr 708, KG. W., mit einer Größe von 6.675 m² die Umwidmung von Wohngebiet in eingeschränktes gemischtes Baugebiet im Hinblick auf den gegenüber der Steyrtalstraße gelegenen großen Betrieb beabsichtigt. Die Eigentümer dieses Grundstückes wurden in diesem Verfahren befragt (insbesondere dazu, welche Nutzung von ihnen in den nächsten fünf Jahren geplant sei). Dies fand im Verordnungsakt als beabsichtigte Änderung Nr 51 entsprechenden Niederschlag (dazu erfolgten etwa auch die Stellungnahme des Regionsbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz vom oder die Stellungnahmen der Oberösterreichischen Landesregierung vom und vom ). In der Gemeinderatssitzung vom wurde unter anderem auch diese Änderung Nr 51 betreffend das Nachbargrundstück zum Grundstück des Beschwerdeführers beschlossen. Auch der weitere zu dieser Verordnungserlassung ergangene Beschluss des Gemeinderates vom enthält keine vorgeschlagene und beschlossene Änderung der bestehenden Widmung des Grundstückes des Beschwerdeführers.

Bemerkt wird in diesem Zusammenhang, dass auch in der Niederschrift über die Sitzung des Gemeinderates vom , in der ein Antrag des Beschwerdeführers auf Änderung der Widmung seines Grundstückes behandelt wurde, festgehalten wird, dass das Grundstück des Beschwerdeführers durch einen Planungsfehler irrtümlich von einer 'Wohngebietsausweisung' in 'Mischbaugebiet' umgewidmet worden sei. Beantragt seien damals nur die Grundstücke von Herrn F.E. gewesen, 'vom Ortsplaner ist aber fälschlicherweise auch die damals bereits bebaute Liegenschaft [ des Beschwerdeführers ] in MB ausgewiesen worden'.

Auch in der Gegenschrift der mitbeteiligten Gemeinde wird ausgeführt, es werde nicht bestritten, dass die Liegenschaft des Beschwerdeführers im Zuge der generellen Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes durch einen Übertragungsfehler von 'Wohngebiet' in 'eingeschränktes gemischtes Baugebiet' (unter Ausschluss betriebsfremder Wohnungen) umgewidmet worden sei. Durch diesen Übertragungsfehler des Ortsplaners sei die Umwidmung (von 'W' in 'MB') nicht nur auf dem vorgesehenen Grundstück Nr 708 planlich dargestellt worden, sondern auch auf dem angrenzenden Grundstück Nr 710/1.

Der Entwurf eines Flächenwidmungsplanes Nr 3 wurde vom Planverfasser am erstellt und in der Folge mehrmals – jeweils vor Beschlussfassung durch den Gemeinderat am bzw. – korrigiert. Darüber hinaus wurde der Flächenwidmungsplan Nr 3 – offenbar vom Planverfasser und ohne neuerliche Befassung des Gemeinderates – auch noch am und am korrigiert, wobei nicht ersichtlich ist, welche Änderungen oder Korrekturen vorgenommen wurden.

Sollte, wie die Ausführungen des Gemeinderats in seiner Sitzung vom und auch die Ausführungen der mitbeteiligten Gemeinde in der Gegenschrift nahelegen, die Ausweisung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes des Beschwerdeführers als eingeschränktes gemischtes Baugebiet ausschließlich auf eine von den Beschlüssen des Gemeinderates nicht gedeckte, nach diesen Beschlüssen erfolgte planliche Darstellung des Flächenwidmungsplanes Nr 3 durch den Planverfasser zurückzuführen sein, wäre der Flächenwidmungsplan Nr 3 insoweit gesetzwidrig, wobei für den Verwaltungsgerichtshof aus den vorgelegten Akten nicht nachvollziehbar ist, wann diese planliche Umsetzung durch den Planverfasser erfolgt wäre. Die angeführte Ausweisung der Widmung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes als eingeschränktes gemischtes Baugebiet 'MB' im Flächenwidmungsplan Nr 3 wäre somit gesetzwidrig zustande gekommen (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg 14.501, und vom , VfSlg 15.192, vgl. auch Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer , Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts 10 , S. 302, Rz 602, vorletzter Absatz).

Ist die falsche Umsetzung der planlichen Fassung des Flächenwidmungsplanes Nr 3 durch den Planverfasser nach der diesbezüglich zweiten Sitzung des Gemeinderates am erfolgt und ist der Flächenwidmungsplan in der Folge im November 1998 so kundgemacht worden, könnte dies vom Verfassungsgerichtshof auch als Kundmachungsmangel bzw. nicht gesetzmäßige Kundmachung der Verordnung qualifiziert werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , VfSlg 13.910), auf Grund dessen gemäß Art 139 Abs 3 litc B VG die gesamte Verordnung als gesetzwidrig festzustellen wäre. Ein derartiger Kundmachungsmangel mit der Konsequenz der Rechtswidrigkeit der gesamten präjudiziellen Verordnung wäre im Übrigen auch dann gegeben, wenn sich die Änderungen im kundgemachten Plan gegenüber dem Gemeinderatsbeschluss auf andere Liegenschaften als die verfahrensgegenständliche beziehen sollten.

Aber auch für den Fall, dass die Ausweisung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes des Beschwerdeführers als eingeschränktes gemischtes Baugebiet bereits in der vom Gemeinderat beschlossenen planlichen Fassung des Flächenwidmungsplanes Nr 3 enthalten war, wäre dieser aus nachfolgenden Gründen gesetzwidrig:

Da, wie oben dargestellt, die Umwidmung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes des Beschwerdeführers nicht Gegenstand des Verfahrens zur Erlassung des Flächenwidmungsplanes Nr 3 gewesen ist, lässt sich zum einen dem vorgelegten Verordnungsakt auch nicht entnehmen, dass entsprechend § 33 Abs 3 zweiter Satz ROG auch der damalige Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstückes von der Planauflage nachweislich verständigt wurde. Sollte dessen Verständigung tatsächlich unterblieben sein, würde sich der

Flächenwidmungsplanes Nr 3 im beantragten Umfang gleichfalls als gesetzwidrig erweisen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg 19.780).

Zum anderen fehlt es in Bezug auf die erfolgte Umwidmung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes an einer dem § 36 Abs 6 ROG entsprechenden Begründung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde und damit auch an der erforderlichen Interessenabwägung. Auch aus diesem Grund erweist sich der Flächenwidmungsplan Nr 3 insoweit als gesetzwidrig (vgl. auch dazu das oben zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom ).

Zu Umfang und Inhalt der Anträge:

Für den Fall, dass der Flächenwidmungsplan Nr 3 in der dargestellten Weise gesetzwidrig zustande gekommen ist und der Verfassungsgerichtshof dies nicht nur im Sinn der bereits angeführten Erkenntnisse als ein gesetzwidriges Zustandekommen eines Teiles dieser Verordnung, sondern im Hinblick darauf, dass dadurch der im November 1998 kundgemachte Flächenwidmungsplan Nr 3 von den originalen Beschlüssen des Gemeinderates abgewichen ist (wobei sich weitere Abweichungen aus den am Plan vermerkten Korrekturen vom 3. April und , die nach der zweiten Sitzung des Gemeinderates zum verfahrensgegenständlichen Flächenwidmungsplan Nr 3 erfolgt sind, ergeben können), als Kundmachungsmangel dieser Verordnung insgesamt qualifiziert (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg 13.910), wird im ersten Eventualantrag gemäß Art 139 Abs 3 litc B VG die Feststellung der Gesetzwidrigkeit des gesamten angeführten Flächenwidmungsplanes Nr 3 beantragt.

Geht der Verfassungsgerichtshof hingegen im Hinblick auf einen allfälligen nachträglichen Planungsfehler des Planverfassers betreffend das verfahrensgegenständliche Grundstück – wie bereits dargelegt – von einem gesetzwidrigen Zustandekommen des Flächenwidmungsplanes Nr 3 aus oder werden die Bedenken gemäß § 33 Abs 3 bzw. § 36 Abs 6 ROG als zutreffend erachtet, ist zum Umfang der beantragten Feststellung der Gesetzwidrigkeit von Teilen des Flächenwidmungsplanes Nr 3 betreffend die Eventualanträge 2. und 3. Folgendes auszuführen:

Im Flächenwidmungsplan Nr 3 sind die Parzellennummern der einzelnen Grundstücke nicht erkennbar, weshalb das von der beantragten Feststellung der Gesetzwidrigkeit betroffene Gebiet unter Verwendung anderer im Plan enthaltener Merkmale zu umschreiben war (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg 12.401 und vom , VfSlg 12.582). Das verfahrensgegenständliche Grundstück und das südlich unmittelbar benachbarte Grundstück Nr 708 liegen unmittelbar westlich der Steyrtalstraße. Die Grenze des Nachbargrundstückes Nr 708 zum Grundstück des Beschwerdeführers ist im Flächenwidmungsplan Nr 3 nicht ersichtlich gemacht. Die nächste erkennbare nördliche Grundstücksgrenze dürfte die nördliche Grenze des verfahrensgegenständlichen Grundstückes des Beschwerdeführers sein. In diesem nördlichen Bereich des vorgesehenen eingeschränkten gemischten Baugebietes quert die im Antrag angeführte Hochspannungsfreileitung OKA 30 kV mit Schutzbereich von Westen nach Osten bzw. von Osten nach Westen verlaufend dieses Gebiet. Das in Frage stehende eingeschränkte gemischte Baugebiet kann daher einerseits durch die Lage westlich der Steyrtalstraße, andererseits durch die nördlich quer durch dieses Gebiet verlaufende Hochspannungsfreileitung OKA 30 kV mit Schutzbereich näher bestimmt werden. Dies liegt dem zweiten Eventualantrag zu Grunde.

Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof es als fraglich ansieht, dass die nördliche Grenzlinie des verfahrensgegenständlichen Grundstückes des Beschwerdeführers jene Grenzlinie nach dem Flächenwidmungsplan Nr 3 sein soll, nach der für die nachfolgenden Grundstücke die Widmung Wohngebiet weiter zu gelten hat, wird 3. in eventu der Antrag gestellt, dass das westlich der Steyrtalstraße vorgesehene eingeschränkte gemischte Baugebiet und das nördlich unmittelbar folgende Wohngebiet vom Prüfungsantrag erfasst sind, wobei eine weitere Bestimmung dieses Gebietes durch die dazu quer verlaufende Hochspannungsfreileitung OKA 30 kV mit Schutzbereich erfolgt."

Zuletzt führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass mit Inkrafttreten des Flächenwidmungsplans Nr 4 der Gemeinde Waldneukirchen am der Flächenwidmungsplan Nr 3 außer Kraft getreten sei, die Berufungsbehörde und die Vorstellungsbehörde im Bauverfahren aber noch den im jeweiligen Entscheidungszeitpunkt in Kraft stehenden Flächenwidmungsplan Nr 3 anzuwenden gehabt hätten.

2. Der Bürgermeister der Gemeinde Waldneukirchen erstattete eine Äußerung, in welcher er den im Antrag dargelegten Bedenken wie folgt entgegentritt:

"Es ist unbestritten, und dies wurde auch schon in der Gegenschrift der Gemeinde [Anm.: vor dem Verwaltungsgerichtshof] vom dargelegt, dass das Grundstück Nr 710/1, KG Waldneukirchen, 'damals' durch einen planlichen Übertragungsfehler von 'Wohngebiet' in 'eingeschränktes gemischtes Baugebiet' (unter Ausschluss betriebsfremder Wohnungen) umgewidmet worden ist.

In den Neunzigerjahren war die Digitalisierung der Flächenwidmungspläne noch nicht so weit fortgeschritten wie heute. Die Drucktechnik war außerdem in 'schwarz-weiß', weiters in relativ großem Maßstab (1:5.000) – und daher mangels farblicher Unterscheidbarkeit manchmal nicht zweifelsfrei lesbar.

Aus diesen Gründen blieb dieser Planungsfehler jahrelang unbemerkt.

Und, da die Umwidmung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes des Beschwerdeführers nicht Gegenstand des Verfahrens zur Erlassung des Flächenwidmungsplanes war, gab es auch keine nachweisliche Verständigung des damaligen Eigentümers, bzw. natürlich auch keine Interessensabwägung […]. Es gab ja keinen Antrag des damaligen Eigentümers der Liegenschaft Parz. 710/1.

Der Beschwerdeführer hat die gegenständliche Liegenschaft im Jahre 2006 gekauft; zu diesem Zeitpunkt war die MB-Ausweisung im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan bereits gegeben.

Zum Thema 'allfälliger Kundmachungsmangel':

Die planliche Grundlage für den Flächenwidmungsplan Nr 3 wurde vom Ortsplaner ** **** ******, *********, am erstellt und im Zuge des Verfahrens mehrmals ergänzt bzw. korrigiert.

Allerdings wurde der Plan in der Gemeinderatssitzung am bzw. am in der Fassung beschlossen, in der er auch zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung eingereicht worden ist.

Die nun aufgezeigten nachträglichen Korrekturen ( bzw. […]) betreffen ausschließlich formelle Änderungen.

Laut Auskunft unseres Ortsplaners ** **** ****** wurde damals nach Rücksprache mit der Aufsichtsbehörde (Amt der OÖ. Landesregierung) am ein 'Planzeichen' in der Legende nachgetragen.

Und am gab es nochmals eine Korrektur, da sich bei der Vervielfältigung der Pläne ein Problem mit der Folie ergab. Die Aufsichtsbehörde verlangte nämlich damals, dass für jede Änderung am Plan ein Korrekturdatum aufgenommen werden muss.

Wir unterstreichen nochmals ausdrücklich, dass es sich bei diesen angeführten 'nachträglichen Korrekturen' um keinerlei inhaltliche Änderungen (keinerlei Widmungsveränderungen) handelte, sondern ausschließlich um kleinste formelle Ergänzungen bzw. Korrekturen.

Der letztlich rechtskräftig gewordene Plan ist der Gemeinderatssitzung am zugrunde gelegen und wurde nach der GR-Sitzung inhaltlich NICHT MEHR geändert – weder hinsichtlich der Liegenschaft des Beschwerdeführers, noch andere Liegenschaften betreffend !!!

Wir teilen somit nicht die Ansicht, dass es sich hierbei um eine 'falsche Umsetzung der planlichen Fassung des Flächenwidmungsplanes Nr 3 als Ganzes' bzw. um einen 'Kundmachungsmangel' handelt.

Aus diesem Grunde stellt die Gemeinde Waldneukirchen das Ersuchen, ihrer Ansicht zu folgen und den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf 'Feststellung einer Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes Nr 3' abzulehnen."

3. Die Oberösterreichische Landesregierung legte weitere Unterlagen des Verordnungserlassungsverfahrens vor und erstattete folgende Äußerung mit dem Antrag auf Feststellung, dass der Flächenwidmungsplan Nr 3 gesetzwidrig war, soweit er sich auf das Grundstück Nr 710/1, KG Waldneukirchen, erstreckt:

"In der Gemeinderatssitzung vom bzw. vom wurde die Änderung Nr 51 beschlossen, die auch das Grundstück Nr 710/1 von Wohngebiet in gemischtes Baugebiet umfasst hat, ohne dass es dazu je eine Anregung auf Umwidmung noch eine Anhörung des betroffenen Eigentümers noch eine Grundlagenforschung samt Interessenabwägung und auch keine Begründung gegeben hat.

Wie sich aus dem Akt ergibt, wurde auch von der Aufsichtsbehörde nur die geplante Änderung hinsichtlich des Grundstücks Nr 708 geprüft, sodass das Fehlen der erforderlichen Grundlagenforschung und auch der Interessenabwägung sowie der Einhaltung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen aufsichtsbehördlich nicht beanstandet wurde. In der Folge wurde der Flächenwidmungsplan mit der Widmungsänderung beim Grundstück Nr 710/1 von Wohngebiet in eingeschränktes gemischtes Baugebiet von der Aufsichtsbehörde auch genehmigt.

Dieses Versehen hat aber zur Folge, dass ein Teil des Flächenwidmungsplans Nr 3 gesetzwidrig zustande gekommen ist. Es handelt sich dabei aber nicht um eine falsche Umsetzung der planlichen Fassung durch den Planverfasser nach der zweiten Sitzung des Gemeinderats am , sondern um einen Verfahrensfehler, da das Grundstück Nr 710/1 versehentlich zur beantragten Änderung des Grundstückes Nr 708 von Wohngebiet in eingeschränktes gemischtes Baugebiet zugefügt wurde. Dieses Versehen begründet jedoch weder einen Kundmachungsmangel noch eine nicht gesetzmäßige Kundmachung einer Verordnung, da ja das betroffene Grundstück in der vom Gemeinderat beschlossenen Fassung des Flächenwidmungsplans Nr 3 enthalten war und so gesehen auch ordnungsgemäß kundgemacht wurde.

Zu den am Plan vermerkten weiteren Abweichungen wird festgehalten, dass es sich um keine inhaltlichen Korrekturen des vom Gemeinderat beschlossenen Flächenwidmungsplans handelt, sondern bloße erläuternde Einfügungen des Ortsplaners von gesetzlichen Definitionen ohne inhaltliche Auswirkungen auf den beschlossenen Flächenwidmungsplan."

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrags

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B VG bzw. des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre ihre Gesetzmäßigkeit hin zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Prüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Verordnungsstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Verordnungsprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg 15.964/2000). Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Verordnungsbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (vgl. zB VfSlg 19.624/2012).

Eine zu weite Fassung des Antrags macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. VfSlg 19.746/2013; ua.). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrags (siehe VfSlg 18.298/2007, 18.486/2008; ua.; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr – vgl. noch VfSlg 14.342/1995, 15.664/1999, 15.928/2000, 16.304/2001, 16.532/2002, 18.235/2007 – zur Zurückweisung des gesamten Antrags).

1.2. Der Hauptantrag des Verwaltungsgerichtshofs bezieht sich seinem Anfechtungsumfang nach auf den gesamten Flächenwidmungsplan der Gemeinde Waldneukirchen in der Fassung der Beschlüsse des Gemeinderats der Gemeinde Waldneukirchen vom und vom , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel am (ab hier: Flächenwidmungsplan Nr 3). Wie sich aus der Darstellung des Verfahrensgangs in der Begründung des Antrags und aus den mit dem Antrag vorgelegten Verwaltungsakten des Bauverfahrens ersehen lässt, betrifft das vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängige Verfahren jedoch nur das Baugrundstück Nr 710/1, KG Waldneukirchen. Der vom Verwaltungsgerichtshof gestellte Hauptantrag ist daher insofern zu weit gezogen, als er den gesamten Flächenwidmungsplan Nr 3 umfasst. Dies führt jedoch nicht zur Zurückweisung des gesamten Antrags:

Wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausführt, lässt sich aus der planlichen Darstellung des Flächenwidmungsplans Nr 3 das Baugrundstück Nr 710/1, KG Waldneukirchen, nicht ersehen. Es ist daher nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg 14.759/1997, 14.968/1997; ua.) der unmittelbar aus der planlichen Darstellung – ohne Heranziehung weiterer technischer Hilfsmittel, etwa eines Katasterplans – kleinste planlich abgrenzbare Bereich zur Ermittlung des vor dem Verfassungsgerichtshof zulässigen Anfechtungsumfangs heranzuziehen. Nach der planlichen Darstellung des Flächenwidmungsplans Nr 3 handelt es sich dabei um jene als eingeschränktes gemischtes Baugebiet ("MB") ausgewiesene Fläche, die im Osten von dem im Plan als "Steyrtalstraße" ausgewiesenen Straßenzug begrenzt und von einer in west-östlicher Richtung verlaufenden, als "OKA 30 kV" ausgewiesenen Hochspannungsleitung durchzogen wird. Hinsichtlich dieser Fläche ist der Hauptantrag zulässig.

Insoweit der Hauptantrag jedoch über diese Fläche hinausgeht, ist er mangels Präjudizialität und mangels Zusammenhangs dieser Flächen mit dem präjudiziellen Teil des Flächenwidmungsplans Nr 3 zurückzuweisen.

Der in diesem Zusammenhang vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Ansicht, dass die Anfechtung des gesamten Flächenwidmungsplans Nr 3 zulässig sei, weil dieser fehlerhaft kundgemacht worden sei und sich deshalb die Feststellung der Gesetzwidrigkeit durch den Verfassungsgerichtshof gemäß "Art139 Abs 3 litc B VG" auf den gesamten Flächenwidmungsplan Nr 3 zu erstrecken habe, kann nicht gefolgt werden. Gemäß Art 139 Abs 3 Z 3 B VG darf der Verfassungsgerichtshof eine Verordnung nur insoweit als gesetzwidrig aufheben, als ihre Aufhebung ausdrücklich beantragt wurde oder als er sie in der bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte. Gelangt der Verfassungsgerichtshof jedoch zur Auffassung, dass die ganze Verordnung in gesetzwidriger Weise kundgemacht wurde, hat er die ganze Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben. Eine solche Ausdehnung des Aufhebungsumfangs über den präjudiziellen Teil einer Verordnung hinaus kann jedoch nur von Amts wegen durch den Verfassungsgerichtshof erfolgen und hat keine Auswirkung auf den zulässigen Anfechtungsumfang für ein antragstellendes Gericht.

1.3. Angesichts der (teilweisen) Zulässigkeit des Hauptantrags erübrigt es sich, auf die – einen gegenüber dem Hauptantrag geringeren Anfechtungsumfang ziehenden – Eventualanträge einzugehen.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art 139 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl. VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrags dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof begründet seinen Antrag – unter anderem – damit, dass im Zuge der Erlassung des Flächenwidmungsplans Nr 3 eine Änderung der Widmung als Wohngebiet ("W") für das Baugrundstück Nr 710/1, KG Waldneukirchen, nicht vorgesehen gewesen sei. Eine Änderung der Widmung in eingeschränktes gemischtes Baugebiet ("MB") sei nur für das südlich gelegene, unbebaute Grundstück Nr 708, KG Waldneukirchen, vorgesehen gewesen. Bei der in der Gemeinderatssitzung vom beschlossenen Änderung Nr 51 habe es sich um einen "Übertragungsfehler" gehandelt, es fehle daher naturgemäß an einer entsprechenden Begründung und Interessenabwägung.

Der Bürgermeister der Gemeinde Waldneukirchen führt in seiner Stellungnahme aus, es sei unbestritten, dass das Grundstück Nr 710/1, KG Waldneukirchen, durch einen "planlichen Übertragungsfehler" von "Wohngebiet" in "eingeschränktes gemischtes Baugebiet" umgewidmet worden sei. In den Neunzigerjahren sei die Digitalisierung der Flächenwidmungspläne "noch nicht so weit fortgeschritten wie heute" gewesen. Die Drucktechnik sei nur in "schwarz-weiß" und relativ großem Maßstab und daher nicht immer zweifelsfrei lesbar gewesen.

2.3. Gemäß § 36 Abs 6 OÖ ROG 1994 ist die Änderung eines Flächenwidmungsplans oder eines Bebauungsplans durch den Gemeinderat zu begründen; bei der Änderung von Flächenwidmungsplänen muss den Akten überdies die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung zu entnehmen sein.

Wie sich aus den Ausführungen des Bürgermeisters der Gemeinde Waldneukirchen und aus den Akten des Verordnungserlassungsverfahrens übereinstimmend ergibt, wurde die Änderung der Widmungskategorie von "Wohngebiet" in "eingeschränktes gemischtes Baugebiet" hinsichtlich des Baugrundstücks Nr 710/1, KG Waldneukirchen, im Flächenwidmungsplan Nr 3 durch den Gemeinderat weder begründet noch wurde im Verordnungserlassungsverfahren eine entsprechende Grundlagenforschung oder Interessenabwägung vorgenommen. Der angefochtene Flächenwidmungsplan Nr 3, soweit er für jene Fläche, welche im Osten von dem im Plan als "Steyrtalstraße" ausgewiesenen Straßenzug begrenzt und von einer in west-östlicher Richtung verlaufenden, als "OKA 30 kV" ausgewiesenen Hochspannungsleitung durchzogen wird, die Widmung als eingeschränktes gemischtes Baugebiet ("MB") vorsieht, widerspricht daher § 36 Abs 6 OÖ ROG 1994.

Vor diesem Hintergrund ist auf das sonstige Antragsvorbringen betreffend die fehlende Verständigung des Grundeigentümers im Verordnungserlassungsverfahren nicht mehr einzugehen und auszusprechen, dass der angefochtene Flächenwidmungsplan Nr 3 im eben genannten Umfang gesetzwidrig war.

2.4. Der Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Antrag weiters aus, der Entwurf des Flächenwidmungsplans Nr 3 sei vom Planverfasser am erstellt und in der Folge mehrmals korrigiert worden. Solche Korrekturen seien auch noch am und am , also nach der Beschlussfassung durch den Gemeinderat, erfolgt, wobei nicht ersichtlich sei, welche Änderungen oder Korrekturen vorgenommen worden seien. Dies könne als Kundmachungsmangel qualifiziert werden, weil die kundgemachte Fassung des Flächenwidmungsplans Nr 3 von der im Gemeinderat beschlossenen abweiche.

Der Bürgermeister der Gemeinde Waldneukirchen führt dazu aus, der Flächenwidmungsplan Nr 3 sei vom Ortsplaner erstellt und mehrmals ergänzt bzw. korrigiert worden. Zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung sei jedoch die vom Gemeinderat beschlossene Fassung eingereicht worden. Am bzw. am vorgenommene nachträgliche Korrekturen hätten "ausschließlich formelle Änderungen" betroffen. So sei am ein "Planzeichen" in der Legende nachgetragen worden. Am sei es zu einer Korrektur gekommen, weil sich bei der Vervielfältigung der Pläne "ein Problem mit der Folie" ergeben habe. Es seien jedoch keine inhaltlichen Änderungen erfolgt.

2.5. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf ein Verordnungsbeschluss im Zuge der Kundmachung weder ergänzt noch sonst verändert werden. Jede Änderung des Inhalts des Verordnungsbeschlusses obliegt allein der zur Willensbildung zuständigen Behörde (vgl. VfSlg 13.910/1994 mwN). Eine Verordnung ist gesetzwidrig, wenn die vom Gemeinderat beschlossene normative Festlegung nicht mit dem kundgemachten Text übereinstimmt (VfSlg 15.192/1998). Weist ein kundgemachter Plan im Vergleich zu der dem Beschluss des Gemeinderats formal zugrunde liegenden Fassung des Plans im Interesse seiner besseren Verständlichkeit zeichnerische Ergänzungen auf und wird mit diesen "Korrekturen" keine inhaltliche Änderung der normativen Aussagen des Plans vorgenommen, liegt jedoch keine rechtswidrige Abweichung des kundgemachten Plans vom Inhalt der vom Gemeinderat beschlossenen Verordnung vor (VfSlg 14.757/1997).

Im vorliegenden Fall ist für den Verfassungsgerichtshof nicht erkennbar, dass die kundgemachte planliche Darstellung des Flächenwidmungsplans Nr 3 von den vom Gemeinderat beschlossenen normativen Anordnungen abweicht: Die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Antrag in den Raum gestellten, nach dem Gemeinderatsbeschluss vorgenommenen "Korrekturen" des Ortsplaners am und am werden vom Verwaltungsgerichtshof nicht näher konkretisiert, weil nicht ersichtlich sei, "welche Änderungen oder Korrekturen vorgenommen wurden". Der Bürgermeister der Gemeinde Waldneukirchen führt in seiner Stellungnahme zu diesen nachträglichen Änderungen aus, es handle sich um die Ergänzung eines "Planzeichens" in der Legende bzw. eine Korrektur, "da sich bei der Vervielfältigung der Pläne ein Problem mit der Folie" ergeben habe. Aus diesem Vorbringen, wie auch aus den vorgelegten Akten des Verordnungserlassungsverfahrens, lässt sich für den Verfassungsgerichtshof keine rechtswidrige Abweichung der kundgemachten planlichen Darstellung des Flächenwidmungsplans Nr 3 vom Inhalt der vom Gemeinderat beschlossenen Verordnung erkennen.

Der Flächenwidmungsplan ist daher nicht zur Gänze wegen fehlerhafter Kundmachung gemäß Art 139 Abs 3 Z 3 B VG aufzuheben.

V. Ergebnis

1. Es ist daher auszusprechen, dass der Flächenwidmungsplan der Gemeinde Waldneukirchen in der Fassung der Beschlüsse des Gemeinderats der Gemeinde Waldneukirchen vom und vom , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel am , soweit er für jene Fläche, welche im Osten von dem im Plan als "Steyrtalstraße" ausgewiesenen Straßenzug begrenzt und von einer in west-östlicher Richtung verlaufenden, als "OKA 30 kV" ausgewiesenen Hochspannungsleitung durchzogen wird, die Widmung als eingeschränktes gemischtes Baugebiet ("MB") vorsieht, gesetzwidrig war.

2. Soweit sich der Antrag des Verwaltungsgerichtshofs auf darüber hinausgehende Flächen bezieht, ist er zurückzuweisen.

3. Da die genannte Verordnung nicht mehr in Kraft ist, hat sich der Verfassungsgerichtshof auf den oben bezeichneten Ausspruch zu beschränken (Art139 Abs 4 B VG).

4. Die Verpflichtung der Oberösterreichischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung dieser Feststellung erfließt aus Art 139 Abs 5 erster Satz B VG und § 59 Abs 2 VfGG iVm § 2 Abs 1 Z 4 Oberösterreichisches Kundmachungsgesetz, LGBl 55/1998.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2015:V68.2015