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VfGH vom 07.10.1996, V67/96

VfGH vom 07.10.1996, V67/96

Sammlungsnummer

14631

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit der Verordnung der Stadt Bregenz über die Festsetzung des Hebesatzes für die Fremdenverkehrsbeiträge für das Jahr 1991 infolge analoger Anwendung der Übergangsbestimmung in der Vlbg FremdenverkehrsG-Nov 1991 betreffend Ermittlung der für die Berechnung des Hebesatzes erforderlichen Daten auf nicht ausdrücklich erfaßte Sachverhalte

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verwaltungsgerichtshof ist zur Zl. 94/17/0375 ein Verfahren über eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Vorarlberger Landesregierung anhängig, mit dem die Vorstellung gegen einen Beschluß der Abgabenkommission der Stadt Bregenz betreffend die Vorschreibung des Fremdenverkehrsbeitrages für das Jahr 1991 als unbegründet abgewiesen wurde. Aus Anlaß des bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahrens stellt der Verwaltungsgerichtshof nunmehr den auf Art 139 Abs 1 iVm. Art 89 Abs 2 B-VG gestützten Antrag,

"in der Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vom über die Festsetzung des Hebesatzes für das Jahr 1991, kundgemacht an der Amtstafel der Landeshauptstadt Bregenz am , den Satz:

'Für das Jahr 1991 wird der Hebesatz für die Fremdenverkehrsbeiträge gemäß § 6 leg.cit. mit 1,86 von Tausend der Bemessungsgrundlagen festgesetzt.'

als gesetzwidrig aufzuheben".

2. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Bregenz hat die die Verordnungserlassung betreffenden Verwaltungsakten vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in welcher er mit näherer Begründung begehrt, der Verfassungsgerichtshof möge die Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vom über die Festsetzung des Hebesatzes für das Jahr 1991 als gesetzmäßig erkennen.

3. Die Vorarlberger Landesregierung hat in ihrer Äußerung vorgebracht, die vom Verwaltungsgerichtshof angefochtene Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz sei gesetzmäßig, weshalb dem Antrag keine Folge gegeben werden möge.

4. In einem Schriftsatz vom tritt die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beschwerdeführende Partei dem vorliegenden Antrag des Verwaltungsgerichtshofes "voll" bei und den "komplizierten Überlegungen der Landeshauptstadt Bregenz" entgegen. Darüber hinaus hält sie der Vorarlberger Landesregierung vor, sich in ihrer Stellungnahme "teilweise diametral" zu widersprechen.

II. Die zur Beurteilung des vorliegenden Antrages des Verwaltungsgerichtshofes maßgeblichen Vorschriften, Anlage zur Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über die Neukundmachung des Vorarlberger Fremdenverkehrsgesetzes, Vorarlberger LGBl. 9/1978, idF der Novelle LGBl. 5/1991 (im folgenden: FremdenverkehrsG), haben folgenden Wortlaut:

"§1a

Erklärung zur Fremdenverkehrsgemeinde

Gemeinden, in denen der Fremdenverkehr von besonderer Bedeutung ist oder die sich die Förderung des Fremdenverkehrs in besonderem Maße zur Aufgabe machen, können durch Beschluß der Gemeindevertretung zu Fremdenverkehrsgemeinden erklärt werden.

...

§3

Ermächtigung zur Einhebung

Gemeinden, die sich gemäß § 1a zu Fremdenverkehrsgemeinden erklärt haben, sind ermächtigt, zur Deckung ihres Aufwandes für fremdenverkehrsfördernde Maßnahmen und Einrichtungen Fremdenverkehrsbeiträge einzuheben.

§4

Abgabenschuldner

(1) Abgabepflichtig sind alle Personen, die von einem in der Gemeinde gelegenen Standort aus eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben.

...

§4a

Höhe der Abgabe, Bemessungsgrundlage

(1) Die Höhe des Fremdenverkehrsbeitrages ergibt sich aus der Vervielfachung der Bemessungsgrundlage mit dem Hebesatz.

(2) Die Bemessungsgrundlage des Abgabenschuldners richtet sich

danach, in welche Abgabegruppe er aufgrund seiner Zugehörigkeit

zu einem bestimmten Erwerbszweig und der Einreihung der Gemeinde

in eine von drei Ortsklassen fällt. Sie beträgt für

Abgabenschuldner der

Abgabegruppe 1 90 v.H.

Abgabegruppe 2 70 v.H.

Abgabegruppe 3 50 v.H.

Abgabegruppe 4 30 v.H.

Abgabegruppe 5 15 v.H.

Abgabegruppe 6 10 v.H.

Abgabegruppe 7 5 v.H.

des abgabepflichtigen Umsatzes des zweitvorangegangenen

Kalenderjahres. ...

§5

Abgabepflichtiger Umsatz

(1) Der abgabepflichtige Umsatz ergibt sich aus der Summe der Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein selbständig Erwerbstätiger im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit gegen Entgelt ausführt, sowie dem Eigenverbrauch. Der § 1 Abs 1 Z. 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1972 ist sinngemäß anzuwenden. Ausgenommen sind:

...

§ 6

Hebesatz

(1) Die Gemeindevertretung hat durch Verordnung jährlich den Hebesatz festzusetzen. Dieser ergibt sich aus dem veranschlagten Gesamtaufkommen, geteilt durch die Summe der Bemessungsgrundlagen der für das vorangegangene Kalenderjahr zu entrichtenden Fremdenverkehrsbeiträge.

(2) Das veranschlagte Gesamtaufkommen darf die Summe der Beträge, die unter Zugrundelegung der Ergebnisse des dem Beitragszeitraum zweitvorangegangenen Jahres zu ermitteln sind aus


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a)
der Anzahl der Gästenächtigungen in der Gemeinde, vervielfacht mit der Hälfte des in diesem Zeitraum für die Gästetaxe gemäß § 11 Abs 3 höchstzulässigen Betrages;
b)
dem Fünfzigfachen des Getränkesteuerertrages je Einwohner, deren Zahl sich nach dem jeweils letzten Volkszählungsergebnis bestimmt;
c)
0,5 v.H. des Ertrages an gemeindeeigenen Steuern mit Ausnahme der Getränkesteuer zuzüglich 0,5 v.H. der Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben und der von der Landesregierung nach einem festen Schlüssel verteilten Bedarfszuweisungen,
nicht überschreiten."

ArtII der Novelle LGBl. 5/1991 - herausgegeben und versendet am - lautet wie folgt:

"ArtII

Übergangsbestimmungen, Inkrafttreten

(1) Zur Berechnung des Hebesatzes für das Jahr 1991 haben die Abgabenschuldner bis spätestens der Gemeinde jenen Umsatz bekanntzugeben, der, unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des ArtI, für die Beitragsbemessung des Jahres 1990 maßgebend gewesen wäre.

(2) Der ArtI Z. 1 bis 4 tritt am in Kraft. Auf die zu diesem Zeitpunkt noch anhängigen Verfahren sind die bisher geltenden Vorschriften anzuwenden."

Die Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vom über die Erklärung zur Fremdenverkehrsgemeinde und über die Einhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen, kundgemacht an der Amtstafel der Landeshauptstadt Bregenz am , hat folgenden Wortlaut:

"Die Landeshauptstadt Bregenz hat sich mit Beschluß der Stadtvertretung vom gemäß § 1a Fremdenverkehrsgesetz, LGBl. Nr. 9/1978 i.d.F. LGBl. Nr. 5/1991, zur Fremdenverkehrsgemeinde erklärt und gleichzeitig beschlossen, aufgrund der Bestimmungen des § 3 leg.cit.

Fremdenverkehrsbeiträge einzuheben."

Die Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vom über die Festsetzung des Hebesatzes für das Jahr 1991, kundgemacht an der Amtstafel der Landeshauptstadt Bregenz am , lautet wie folgt:

"Die Landeshauptstadt Bregenz hat sich mit Beschluß der Stadtvertretung vom gemäß § 1a Fremdenverkehrsgesetz, LGBl. Nr. 9/1978, i.d.F. LGBl. Nr. 5/1991, zur Fremdenverkehrsgemeinde erklärt und gleichzeitig beschlossen, aufgrund der Bestimmungen des § 3 leg.cit.

Fremdenverkehrsbeiträge einzuheben.

Für das Jahr 1991 wird der Hebesatz für die Fremdenverkehrsbeiträge gemäß § 6 leg.cit. mit 1,86 von Tausend der Bemessungsgrundlagen festgesetzt."

III. Der Verfassungsgerichtshof

hat erwogen:

A. Zur Zulässigkeit:

1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag im Sinne des Art 140 B-VG bzw. des Art 139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, daß die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlaßfall bildet (zB VfSlg. 9811/1983, 10296/1984, 11565/1987, 11576/1987, 12189/1989, 12947/1991, 13634/1993, u.a. Zlen. u.v.a.).

2. Dem antragstellenden Verwaltungsgerichtshof kann nicht entgegengetreten werden, wenn er davon ausgeht, daß er in dem bei ihm anhängigen Verfahren die bekämpfte Regelung anzuwenden hätte.

3. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, erweist sich der Antrag sohin als zulässig.

B. In der Sache ist er jedoch nicht begründet:

1.1. Der Verwaltungsgerichtshof begründet seinen Antrag wie folgt:

"Gemäß § 6 Abs 1 FremdenverkehrsG ist einer der Parameter für die Berechnung des Hebesatzes die Summe der Bemessungsgrundlagen der für das vorangegangene Kalenderjahr zu entrichtenden Fremdenverkehrsbeiträge. ArtII Abs 1 der Novelle LGBl. Nr. 5/1991 bestimmt nun, daß zur Berechnung des Hebesatzes für das Jahr 1991 die Abgabenschuldner bis spätestens der Gemeinde jenen Umsatz bekanntzugeben haben, der, unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des ArtI, für die Beitragsbemessung des Jahres 1990 maßgebend gewesen wäre. Aus dem Grunde des § 4 Abs 1 FremdenverkehrsG sind alle Personen, die von einem in der Gemeinde gelegenen Standort aus eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, abgabepflichtig. Aus dem Systemzusammenhang mit §§1a und 3 FremdenverkehrsG ergibt sich, daß mit 'der Gemeinde' nur eine solche gemeint sein kann, die sich gemäß § 1a leg.cit. zur Fremdenverkehrsgemeinde erklärt und gemäß § 3 leg.cit. die Einhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen beschlossen hat.

In Ansehung der mitbeteiligten Landeshauptstadt wurde die Erklärung zur Fremdenverkehrsgemeinde und der Einhebungsbeschluß am , also nach dem , kundgemacht. Aus der Anordnung des ArtII Abs 1 der Novelle LGBl. Nr. 5/1991 ergibt sich aber unzweifelhaft, daß die Gemeindevertretung der Berechnung des Hebesatzes die von den Abgabenschuldnern bis bekanntzugebenden, für die Beitragsbemessung des Jahres 1990 hypothetisch maßgebend gewesenen Umsätze, zugrundezulegen hatte. Da jedoch zwischen und in Bregenz keine Abgabenpflicht nach dem FremdenverkehrsG bestand, gab es auch keine zur Bekanntgabe von Umsätzen verpflichtete Abgabenschuldner. Nur Umsätze solcher wären aber für die Ermittlung der Summe der Bemessungsgrundlagen im Sinne des § 6 Abs 1 FremdenverkehrsG heranzuziehen. Der Verwaltungsgerichtshof hegt daher Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Ermittlung der dem Hebesatz zugrundegelegten Summe der Bemessungsgrundlagen der für das vorangegangene Kalenderjahr zu entrichtenden Fremdenverkehrsbeiträge durch die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Landeshauptstadt, welche ihn veranlassen, den eingangs formulierten Antrag zu stellen."

1.2.1. Dem steht die Auffassung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Bregenz gegenüber, der Übergangsbestimmung des ArtII Abs 1 FremdenverkehrsG könne keinesfalls der Sinn beigemessen werden, daß die Verpflichtung zur Umsatzbekanntgabe nur bis zum gegeben wäre; würde der Einhebungsbeschluß nach dem erfolgen, entstünde die Verpflichtung zur Umsatzbekanntgabe ab dem Zeitpunkt des Einhebungsbeschlusses. Folgte man bei Auslegung der Übergangsbestimmung dem Verwaltungsgerichtshof, würde die novellierte Fassung des FremdenverkehrsG für sämtliche Gemeinden, die bis zum noch keinen Einhebungsbeschluß gefaßt hätten, unvollziehbar, da nach Ablauf dieser Frist eine erstmalige Festsetzung des Hebesatzes nicht mehr möglich wäre.

Die Landeshauptstadt Bregenz habe die Umsatzmeldungen, zu deren Einreichung die Beitragspflichtigen ab verpflichtet gewesen seien, nach ihrer Erklärung zur Fremdenverkehrsgemeinde auf die Vollständigkeit und sachliche Richtigkeit hin amtswegig überprüft und die Summe der auf diese Weise festgestellten Bemessungsgrundlagen in Höhe von S 1,558.460.284,-- der Hebesatzberechnung für das Jahr 1991 (Beschluß vom ) zugrundegelegt. Die vom Verwaltungsgerichtshof gehegten Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Hebesatzermittlung wären nur dann zutreffend, wenn die Festsetzung des Hebesatzes vor der Erklärung zur Fremdenverkehrsgemeinde erfolgt wäre. Die Landeshauptstadt Bregenz hätte nach ihrer Erklärung zur Fremdenverkehrsgemeinde jedenfalls ausreichend Zeit (ca. einen Monat) gehabt, ihrer amtswegigen Ermittlungs- und Kontrollpflicht nachzukommen und somit den Hebesatz gesetzesgemäß zu beschließen.

1.2.2. Die zur Stellungnahme eingeladene Vorarlberger Landesregierung hat sich zu den Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes wie folgt geäußert:

" ... Die Einhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen setzt voraus, daß die Gemeindevertretung den Hebesatz festsetzt. Der § 6 des Fremdenverkehrsgesetzes in der Fassung LGBl. Nr. 5/1991 ist so formuliert, daß er nur die Festsetzung des Hebesatzes für die Jahre, die dem ersten Jahr der Einhebung der Fremdenverkehrsbeiträge folgen, regelt. Er trifft für die erstmalige Festsetzung keine hinreichende Vorsorge (arg.: '...die Summe der Bemessungsgrundlagen der für das vorangegangene Kalenderjahr zu entrichtenden Fremdenverkehrsbeiträge.')

3. Das Gesetz über eine Änderung des Fremdenverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 5/1991, ist in jenen Teilen, die für die Prüfung der Gesetzmäßigkeit der gegenständlichen Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz maßgeblich sind, am in Kraft getreten. Es enthält in seinem ArtII Abs 1 folgende Übergangsbestimmung: 'Zur Berechnung des Hebesatzes für das Jahr 1991 haben die Abgabenschuldner bis spätestens der Gemeinde jenen Umsatz bekanntzugeben, der, unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des ArtI, für die Beitragsbemessung des Jahres 1990 maßgebend gewesen wäre.'

Diese Bestimmung nimmt nicht - jedenfalls nicht ausdrücklich - auf Gemeinden Bedacht, die im Jahre 1991 erstmals Fremdenverkehrsbeiträge einheben. In ihren sachlichen Anwendungsbereich fallen vielmehr all jene Gemeinden, die bereits nach dem Fremdenverkehrsgesetz in der alten Fassung Fremdenverkehrsbeiträge eingehoben haben und die dies erstmals in der durch die Novelle 5/1991 vorgeschriebenen Art zu tun haben.

4. Das Fremdenverkehrsgesetz in der Fassung LGBl. Nr. 5/1991 hat die Gemeinden hinsichtlich des Zeitpunktes, bis zu dem sie sich zur Fremdenverkehrsgemeinde erklären müssen und ab welchem Zeitpunkt sie Fremdenverkehrsbeiträge einheben können, keinen Beschränkungen unterworfen. Insbesondere ist aus den Wortmeldungen im Landtag (siehe Sitzungsbericht über die 9. Sitzung des XXV. Vorarlberger Landtages im Jahre 1990, S. 587 - 604) nicht zu entnehmen, daß Zweifel darüber bestanden hätten, daß sowohl die Erklärung zur Fremdenverkehrsgemeinde als auch der Beschluß über die Einhebung des Fremdenverkehrsbeitrags nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt möglich wäre.

5. Würde das Fremdenverkehrsgesetz in der Fassung LGBl. Nr. 5/1991 nach der Auffassung, die offenbar der Verwaltungsgerichtshof seinem Antrag zugrunde legt, interpretiert werden, so hätten die Gemeinden, die bisher noch keine Fremdenverkehrsbeiträge eingehoben haben, solche nach Ablauf des März 1991 nicht mehr einheben können, weil der ArtII Abs 1 des Gesetzes über eine Änderung des Fremdenverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 5/1991, nur bis zum Ablauf dieses Zeitpunktes die erstmalige Festsetzung des Hebesatzes ermöglicht.

Diese Auslegung widerspricht dem Sinn des Gesetzes aber auch seinem Wortlaut insofern, als der Gesetzgeber die vom Verwaltungsgerichtshof anscheinend angenommene Norm viel einfacher und klarer hätte ausdrücken können und vernünftigerweise auch ausgedrückt hätte. Eine befriedigende Lösung des anstehenden Interpretationsproblems ist nur möglich, wenn anerkannt wird, daß das Fremdenverkehrsgesetz hinsichtlich der erstmaligen Einhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen nach Ablauf des März 1991 lückenhaft ist.

Im Gesetz wurde keine Regelung dahingehend getroffen, wie bei der Ermittlung des Hebesatzes vorzugehen ist, wenn eine Fremdenverkehrsgemeinde erst nach dem beschließt, einen Fremdenverkehrsbeitrag einzuheben.

Es war jedenfalls nicht beabsichtigt, Fremdenverkehrsgemeinden, die erst zu einem späteren Zeitpunkt einen Fremdenverkehrsbeitrag ausschreiben wollen, diese Möglichkeit zu nehmen. Die Ermächtigung des Gesetzgebers beschränkt sich nicht auf einen konkreten Zeitpunkt, sondern er überläßt es der Gemeinde, wann sie von dieser Ermächtigung Gebrauch machen möchte. Auch in anderen vergleichbaren Landesgesetzen (z.B. Getränkesteuergesetz, LGBl. Nr. 51/1993, Gemeindevergnügungssteuergesetz, LGBl. Nr. 49/1969, Reklamesteuergesetz, LGBl. Nr. 50/1969, und Parkabgabegesetz, LGBl. Nr. 2/1987) wird die Ermächtigung zur Einhebung der Steuer ebenfalls generell und nicht für einen bestimmten Zeitpunkt erteilt.

6. Die Lücke ist durch Analogie zu schließen. Weder der Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwSlg. 10.163 A/1980) noch der Verfassungsgerichtshof (vgl. VfSlg. 6874/1972 und 7915/1976) haben ein allgemeines Analogieverbot für die Verwaltungsbehörden - abgesehen vom Verwaltungsstrafrecht - ausdrücklich ausgesprochen. Auch in der Lehre (vgl. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1982, S. 477 ff. und Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, Zweite Auflage, 1986, S. 91 ff) wird die Ansicht vertreten, daß Rechtsnormen nach den Bestimmungen der §§6 und 7 des ABGB auszulegen sind. Eine Analogie ist daher grundsätzlich zulässig.

7. Im konkreten Fall ist der ArtII Abs 1 des Gesetzes über eine Änderung des Fremdenverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 5/1991, heranzuziehen, verbunden mit der Verpflichtung des Abgabenschuldners, der Gemeinde jenen Umsatz bekanntzugeben, der für die Beitragsbemessung des Vorjahres maßgebend gewesen wäre.

8. Die Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz hat diese Gesetzeslücke erkannt. In sinngemäßer Anwendung des ArtII Abs 1 des Gesetzes über eine Änderung des Fremdenverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 5/1991, in Verbindung mit den Bestimmungen des II. Abschnitts des Fremdenverkehrsgesetzes hat sie entsprechende Ermittlungen durchgeführt und den Hebesatz festgesetzt.

9. Die Landesregierung ist daher der Ansicht, daß die vom Verwaltungsgerichtshof angefochtene Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz gesetzmäßig ist, weshalb dem Antrag keine Folge gegeben werden sollte."

2. Die vom Verwaltungsgerichtshof vorgetragenen Bedenken am Zustandekommen der Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vom über die Festsetzung des Hebesatzes für das Jahr 1991 erweisen sich im Ergebnis als nicht gerechtfertigt.

Vor der Novelle zum Vorarlberger Fremdenverkehrsgesetz, LGBl. 5/1991, war jede Gemeinde gemäß § 3 des FremdenverkehrsG, Anlage zur Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über die Neukundmachung des Vorarlberger Fremdenverkehrsgesetzes, LGBl. 9/1978, ermächtigt, zur Deckung ihres Aufwandes für fremdenverkehrsfördernde Maßnahmen und Einrichtungen Fremdenverkehrsbeiträge einzuheben. Eine Erklärung zur Fremdenverkehrsgemeinde - wie sie gemäß § 1a FremdenverkehrsG in der Fassung der Novelle LGBl. 5/1991 vorgesehen ist - war hiezu nicht erforderlich. Nach § 6 FremdenverkehrsG idaF waren die Fremdenverkehrsbeiträge nach dem wirtschaftlichen Nutzen zu bemessen, den der Beitragspflichtige aus dem Aufenthalt von Gästen zog. Der Bürgermeister und der ihm als Beratungsorgan zur Seite stehende Einschätzungsbeirat hatten alljährlich den Kreis der Beitragspflichtigen und das Anteilsverhältnis derselben am Gesamtaufkommen der Fremdenverkehrsbeiträge festzusetzen und hierüber ein Verzeichnis anzulegen.

Da dieses Modell der Beitragsbemessung immer wieder auf Kritik stieß, wurde das FremdenverkehrsG durch das Landesgesetz LGBl. 5/1991 novelliert. In der Regierungsvorlage (XXV. LT: RV 36/1990, 9. Sitzung 1990) wird hiezu ausgeführt:

"... Probleme ergeben sich vor allem durch die Einschätzung des mittelbaren und unmittelbaren Nutzens sowie des Anteilsverhältnisses des Beitragspflichtigen am Gesamtaufkommen. Durch die unbestimmten, nur durch ein aufwendiges Ermittlungsverfahren konkretisierbaren Regelungen sind die Abgabenbehörde und der Einschätzungsbeirat bei der Festsetzung des Fremdenverkehrsbeitrags oft überfordert. ... Ziel des vorliegenden Entwurfs ist es, durch Festlegung bestimmter, objektiver Kriterien ein sachgerechtes Verhältnis zwischen Besteuerungsgrundlagen und Besteuerungsgegenstand herzustellen. Beitragspflichtige mit dem gleichen, aus dem Fremdenverkehr gezogenen Nutzen sollen gleich besteuert werden. ..."

Durch das Anknüpfen an den Umsatz als Bemessungsgrundlage (also nicht mehr an den "geschätzten" wirtschaftlichen Nutzen, den der Beitragspflichtige aus dem Aufenthalt von Gästen zieht) sollte die Beitragsbemessung objektiviert werden. Den Übergang von der alten zur neuen Berechnungsmethode regelt die Übergangsbestimmung des ArtII Abs 1 der Novelle, wonach zur Berechnung des Hebesatzes für das Jahr 1991 die Abgabenschuldner bis spätestens der Gemeinde jenen Umsatz bekanntzugeben haben, der, unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des ArtI, für die Beitragsbemessung des Jahres 1990 maßgebend gewesen wäre. Dazu heißt es in der Regierungsvorlage:

"Zur Berechnung des Hebesatzes wird die Summe der Bemessungsgrundlagen der für das vorangegangene Kalenderjahr zu entrichtenden Fremdenverkehrsbeiträge herangezogen. Da im ersten Jahr, in dem die Fremdenverkehrsbeiträge nach der neuen Berechnungsart bemessen werden, entsprechende Angaben über die Summe der Bemessungsgrundlagen des vorangegangenen Jahres nicht vorliegen, ist eine Übergangsregelung notwendig, die die Ermittlung dieser Angaben ermöglicht. ..."

Der Gesetzgeber ging also davon aus, daß im ersten Jahr der Ermittlung der Fremdenverkehrsbeiträge nach der neuen Berechnungsmethode die hiezu erforderlichen Daten noch nicht vorliegen, sondern zuerst von den Fremdenverkehrsgemeinden ermittelt werden müssen. ArtII Abs 1 der Novelle 1991 sollte dazu die entsprechende gesetzliche Grundlage bieten. Allerdings ist der antragstellende Verwaltungsgerichtshof im Recht, wenn er meint, diese Bestimmung sei so formuliert, daß sie nur jene Gemeinden, die sich bereits zu Beginn des Jahres 1991 durch Verordnung zu Fremdenverkehrsgemeinden erklärt und beschlossen hatten, Fremdenverkehrsbeiträge einzuheben, zu letzterem ermächtigte. Danach würde all jenen Gemeinden, die erst nach dem von der Ermächtigung, Fremdenverkehrsbeiträge einzuheben, Gebrauch machen möchten, die Ermächtigung fehlen, die zur Erlassung einer Verordnung zur Festsetzung des Hebesatzes erforderlichen Entscheidungsgrundlagen gesetzmäßig zu ermitteln und mithin auch den Hebesatz festzusetzen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind bei Ermittlung des Inhaltes einer gesetzlichen Regelung alle der Auslegung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. (Erst wenn auch nach Heranziehung sämtlicher Interpretationsmethoden noch nicht beurteilt werden kann, wozu das Gesetz die Verwaltungsbehörde ermächtigt, verletzt die Regelung die in Art 18 B-VG enthaltenen rechtsstaatlichen Erfordernisse) (vgl. VfSlg. 4139/1962, 5923/1969, 5993/1969, 7163/1973, 7521/1975, 8209/1977, 8395/1978, 11499/1987, u.a. Zlen).

Eine solche Nutzung aller Auslegungsmöglichkeiten ist auch bei Beurteilung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung geboten und liegt hier umso näher, als die allein am Wortlaut orientierte Auslegung des ArtII Abs 1 der mehrfach zitierten Novelle LGBl. 5/1991 diese Bestimmung als unsachlich und somit im Sinne des Art 7 Abs 1 B-VG iVm. Art 2 StGG als gleichheitswidrig erscheinen ließe. Es wäre nämlich nicht einzusehen, warum ab 1991 nur bestimmte Gemeinden, nämlich solche, die schon bis dahin Fremdenverkehrsbeiträge eingehoben hatten, solches auch weiterhin dürften, andere aber davon ausgeschlossen würden. Auch das Erfordernis, eine Gesetzesbestimmung gegebenenfalls einer - soweit möglich - verfassungskonformen Auslegung zuzuführen (vgl. VfSlg. VfSlg. 12469/1990, 13336/1993, 13805/1994), legt es deshalb nahe, folgendes mitzubedenken:

Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn der übrigen Bestimmungen der Novelle 1991 bzw. des FremdenverkehrsG insgesamt noch aus den Materialien geht die Absicht des Gesetzgebers hervor, die Möglichkeit zur Einhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen zeitlich zu befristen bzw. überhaupt für die Zukunft auszuschließen.

Vielmehr ist - im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Vorarlberger Landesregierung - ArtII Abs 1 der Novelle zum FremdenverkehrsG, LGBl. 5/1991, dahingehend zu verstehen, daß er auch auf nicht ausdrücklich erfaßte Sachverhalte, wie jenen, der dem Antrag des Verwaltungsgerichtshofes zugrundeliegt, analog anzuwenden ist.

Die Landeshauptstadt Bregenz hat sich mit Beschluß der Stadtvertretung vom gemäß § 1a FremdenverkehrsG zur Fremdenverkehrsgemeinde erklärt und gleichzeitig beschlossen, aufgrund der Bestimmung des § 3 leg.cit. Fremdenverkehrsbeiträge einzuheben (s. die Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vom über die Erklärung zur Fremdenverkehrsgemeinde und über die Einhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen). Sodann wurde mit Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vom - somit nach dem - der Hebesatz für das Jahr 1991 mit 1,86 von Tausend der Bemessungsgrundlagen festgesetzt. Für die Ermittlung der erforderlichen Daten zur Berechnung des Hebesatzes war die Bestimmung des ArtII Abs 1 der Novelle zum FremdenverkehrsG, LGBl. 5/1991, insofern sinngemäß heranzuziehen, als die Abgabepflichtigen binnen vergleichbarer Frist jenen Umsatz bekanntzugeben hatten, der (unter sinngemäßer Anwendung des ArtI) für die Beitragsbemessung des vorangegangenen Kalenderjahres maßgebend gewesen wäre.

3. Die vom antragstellenden Verwaltungsgerichtshof vorgetragenen Bedenken treffen sohin nicht zu. Dem Antrag war daher nicht Folge zu geben.

4. Kosten waren den Beteiligten - soweit sie für abgegebene Nußerungen begehrt wurden - nicht zuzusprechen, da es im Falle eines - wie hier - aufgrund eines Gerichtsantrages eingeleiteten Normenprüfungsverfahrens Aufgabe des antragstellenden Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (vgl. zB VfSlg. 13634/1993).

IV. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4, erster Satz, VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.