VfGH vom 13.12.2005, v67/05
Sammlungsnummer
17736
Leitsatz
Gesetzwidrigkeit eines Bebauungsplanes wegen Unterlassung einer objektiven Nachprüfung eines vom Bauwerber beauftragten raumplanerischen Gutachtens als Entscheidungsgrundlage durch die Gemeinde; nachprüfende Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde nicht ausreichend
Spruch
Die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Kufstein, mit der ein allgemeiner und ergänzender Bebauungsplan erlassen wurde, Beschluss des Gemeinderates vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom bis , wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Tiroler Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl B927/03 eine Beschwerde gemäß Art 144 B-VG anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Kufstein erteilte der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom die Baubewilligung zur Errichtung einer Wohnhausanlage mit Tiefgarage auf dem Grundstück Nr. 738/6, KG Kufstein und wies die Einwendungen der Nachbarn als unbegründet ab bzw. verwies sie auf den Zivilrechtsweg. Der beschwerdeführende Nachbar wendete sich in der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung insbesondere gegen den Bebauungsplan. Der Stadtrat der Stadtgemeinde Kufstein wies diese Berufung mit Bescheid vom ab. Die Tiroler Landesregierung gab der Vorstellung mit Bescheid vom keine Folge. Sie verwies darauf, dass der "allgemeine und ergänzende Bebauungsplan" in der Zeit vom bis ordnungsgemäß kundgemacht worden und sie an eine ordnungsgemäß kundgemachte Verordnung gebunden sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu B927/03 protokollierte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung ("ergänzender Bebauungsplan") behauptet wird.
II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlass dieser Beschwerde am beschlossen, gemäß Art 139 Abs 1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Kufstein, mit der ein allgemeiner und ergänzender Bebauungsplan erlassen wurde, Beschluss des Gemeinderates vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom bis , von Amts wegen zu prüfen.
2. Im Einleitungsbeschluss ist der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon ausgegangen, dass die zu B927/03 protokollierte Beschwerde zulässig ist, die belangte Behörde die in Rede stehende Verordnung bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendet hat und dass auch er sie zur Beurteilung des vorliegenden Falles anzuwenden hätte.
Er ging vorläufig davon aus, dass durch den Anschlag an der Amtstafel vom bis des angewendeten allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplans vom eine Verordnung mit diesem Inhalt jedenfalls jenes Mindestmaß an Publizität erreicht hat, das der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zufolge (zB VfSlg. 7375/1974, 8351/1978, 9247/1981, 11.624/1988, 14.985/1997, 16.188/2001, V8/04) vorliegen muss, damit dieser Rechtsakt als Prüfungsobjekt für ein Verordnungsprüfungsverfahren im Sinne des Art 139 B-VG in Betracht kommt (vgl. § 56 Abs 3 TROG 2001).
Der Verfassungsgerichtshof vertrat weiters die vorläufige Ansicht, dass es für die Präjudizialität unerheblich ist, ob die Gemeinde auch ohne Erlassung dieses Bebauungsplans gemäß der Ausnahmebestimmung des § 55 TROG 2001 eine Baubewilligung erteilen hätte dürfen, da die Stadtgemeinde Kufstein jedenfalls einen Bebauungsplan erlassen hat und diesen im Verfahren auch angewendet hat.
3. Den dem Verfassungsgerichtshof im Verfahren vorgelegten Akten ist folgendes Verwaltungsgeschehen zu entnehmen:
Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Kufstein hat am gemäß § 65 Abs 2 iVm Abs 1 erster Satz TROG 2001 gleichzeitig mit der Beschlussfassung über die Auflegung des Entwurfes des "ergänzenden Bebauungsplans" zur allgemeinen Einsicht im Gemeindeamt während vier Wochen den Beschluss über die Erlassung des dem Entwurf entsprechenden "ergänzenden Bebauungsplans" für das Grundstück Nr. 738/6, KG Kufstein gefasst. Die Entwurfsauflage und der Beschluss über die Erlassung des dem Entwurf entsprechenden "ergänzenden Bebauungsplans" wurden durch Anschlag an der Amtstafel vom bis kundgemacht. Der dem Gemeinderatsbeschluss zugrunde gelegte und während der gesamten Auflagefrist im Gemeindeamt aufgelegte Entwurf des Bebauungsplanes umfasste jedoch sowohl einen allgemeinen als auch einen ergänzenden Bebauungsplan. Innerhalb der Auflagefrist gaben hiezu berechtigte Anrainer Stellungnahmen ab, weshalb der Beschluss vom gemäß § 65 Abs 2 TROG 2001 nicht rechtswirksam wurde. Der Gemeinderat beschloss am , den aufgelegten Entwurf nicht zu ändern und den "ergänzenden Bebauungsplan mit allen nach den Bestimmungen des Raumordnungsgesetzes 2001 vorgesehenen Festlegungen" zu erlassen. Der gleich lautende Beschluss wurde "gemäß § 60 TGO 2001" durch öffentlichen Anschlag an der Amtstafel vom bis kundgemacht.
4. Aus folgenden Gründen hegte der Verfassungsgerichtshof im Einleitungsbeschluss Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Stadtgemeinde Kufstein:
"[...] Zur Grundlagenforschung:
Im vorliegenden Fall dürfte der Bauwerber die Erlassung des 'ergänzenden Bebauungsplanes' angeregt und der Gemeinde gleichzeitig den von einem Raumplaner erstellten Entwurf des 'ergänzenden und allgemeinen' Bebauungsplanes einschließlich eines von diesem verfassten Gutachtens vorgelegt haben. Aus einem Schreiben des Bürgermeisters vom an den Landesvolksanwalt ergibt sich, dass der Raumplaner bereits mit der Ausarbeitung des örtlichen Raumordnungskonzepts und des Flächenwidmungsplans der Stadtgemeinde Kufstein befasst gewesen sein dürfte. Die Gemeinde dürfte gemäß diesem Schreiben seine Beauftragung durch den Bauwerber zur Bedingung gemacht haben, um einen 'ergänzenden Bebauungsplan' zu erlassen. Sie vertritt demnach den Standpunkt, dass ihr im Falle der Umsetzung von im privaten Interesse stehenden Planungen nicht auch noch die Kosten für ein Gutachten und die Ausarbeitung von Plänen zumutbar seien. Man habe den Plan erst dem Gemeinderat zur Beschlussfassung über die Auflage vorgelegt, 'als nach zahlreichen Vorgesprächen und Verhandlungen die meisten Wünsche und Vorstellungen der Gemeinderatsausschüsse und der Stadtplanung berücksichtigt wurden.'
Aus dem Gutachten selbst ergibt sich, dass 'die Erstellung eines allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplanes durch die Firma B. Wohnbau in Absprache mit dem Stadtbauamt Kufstein beauftragt' wurde.
Die Gemeinde hat gemäß § 28 TROG 2001 die für die örtliche Raumordnung bedeutsamen Gegebenheiten und deren voraussehbare Änderungen zu erheben und in einer Bestandsaufnahme festzuhalten sowie unter Berücksichtigung der Grundlagenforschung einen allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplan zu erlassen (vgl. § 54 Abs 1 TROG 2001).
Für die Ausarbeitung eines Bebauungsplanes dürfen gemäß § 29 Abs 5 TROG 2001 nur staatlich befugte und beeidete Ziviltechniker und Technische Büros im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnis (lita) oder Bedienstete von Gemeinden, die eine den nach lita Befugten vergleichbare fachliche Qualifikation aufweisen, im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit, herangezogen werden.
Die Gemeinde hat zwar sichergestellt, dass der über besondere Kenntnisse über die örtlichen Planungsverhältnisse verfügende Ortsplaner beauftragt wurde; dennoch dürften infolge des Auftragsverhältnisses zwischen dem Ortsplaner und dem Bauwerber und den sich daraus ergebenden gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen Zweifel an der Objektivität des Beauftragten bestehen.
Wenn es die Gemeinde dem Bauwerber anheim stellt, den Ortsplaner mit einem Planungsentwurf zu beauftragen, dann dürfte die Gemeinde dazu verpflichtet sein, den Entwurf einer Überprüfung durch eine von ihr beauftragte, gemäß § 29 Abs 5 TROG 2001 befugte Person zu unterziehen.
Dass die Gemeinde eine solche Nachprüfung unterlassen hat, dürfte einen Verfahrensfehler darstellen, der zur Gesetzwidrigkeit der Verordnung führt.
[...] Zur Auflage des Entwurfs des Bebauungsplans:
Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits mehrfach ausgesprochen, dass (kleinere) Verstöße gegen Formvorschriften bei der Auflage von Flächenwidmungs- oder Bebauungsplänen oder deren Entwürfe und der Verständigung darüber dann (noch) keine Gesetzwidrigkeit des Zustandekommens des Planes bewirken, wenn dadurch die Unterrichtung der betroffenen Gemeindebürger über die beabsichtigten Planungsmaßnahmen nicht beeinträchtigt wird (siehe hiezu VfSlg. 8463/1978 S 497, 9150/1981 S 528f, 10.208/1984 S 383 sowie 12.785/1991 S 983, ). Wenn aber eine derartige Beeinträchtigung eintritt, dann hat der ihr zugrunde liegende Verstoß gegen Verfahrensvorschriften die Gesetzwidrigkeit der Verordnung zur Folge.
Der Gemeinderat hat mit Beschluss vom die Auflage eines Entwurfs, der einen 'allgemeinen und ergänzenden' Bebauungsplan enthielt, zum Beschluss erhoben und ihn in der Kundmachung der Auflegung als 'ergänzenden Bebauungsplan' bezeichnet.
Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass es das TROG 2001 zulässt, den allgemeinen und den ergänzenden Bebauungsplan sowohl in einer gemeinsamen als auch in zwei getrennten Verordnungen zu erlassen (vgl. insbesondere § 56 Abs 3 TROG 2001). Infolge der Kundmachung des Entwurfs als 'ergänzender Bebauungsplan' dürfte für die betroffenen Gemeindebürger nicht erkennbar gewesen sein, dass die Gemeinde die Erlassung eines allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplans beabsichtigt hat. Ein Hinweis auf die Erlassung eines 'allgemeinen Bebauungsplans' wäre aber nach der - vorläufigen - Auffassung des Verfassungsgerichtshofes erforderlich gewesen, damit die Betroffenen beurteilen können, ob sie durch die Erlassung eines allgemeinen Bebauungsplans in ihren Interessen möglicherweise verletzt werden (etwa durch die Festlegung von Bauweisen) und entsprechende Schritte (Einsichtnahme in den Bebauungsplanentwurf, Erhebung von Einwendungen) ergreifen können, um ihre Interessen zur Geltung zu bringen.
[...] Zur Kundmachung des Beschlusses vom :
[...] Die Kundmachungsbestimmung des § 60 TGO 2001 gilt nur, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. § 67 TROG geht daher als speziellere Regelung über die Kundmachung den Bestimmungen der Gemeindeordnung vor. Der Beschluss über die Erlassung des Bebauungsplanes ist gemäß § 67 Abs 1 TROG innerhalb von zwei Wochen nach Beschlussfassung durch öffentlichen Anschlag während zweier Wochen kundzumachen. Der Bebauungsplan tritt mit Ablauf der Kundmachungsfrist in Kraft. Der Bebauungsplan ist gemäß Abs 3 im Gemeindeamt zur allgemeinen Einsicht während der Amtsstunden aufzulegen.
[...] Das dem Verfassungsgerichtshof vorgelegte Original des allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplans SITRO Nummer 513 enthält zwar den vom Bürgermeister unterfertigten Hinweis darauf, dass der Plan dem Gemeinderatsbeschluss vom '27.2./' zugrunde gelegen und vom bis gemäß § 65 Abs 1 TROG 2001 zur allgemeinen Einsicht aufgelegen ist, den Prüfungsvermerk des Amtes der Tiroler Landesregierung 'ZU Ic 5.201.513/17.02' vom und den Hinweis der Tiroler Landesregierung vom über die aufsichtsbehördliche Prüfung gemäß § 122 TGO 2001. Das Feld 'Kundmachung ... gem. § 68 Abs 1 TROG 97' ist nicht ausgefüllt. Die im vorgelegten Akt enthaltene Kopie einer Kundmachung des Beschlusses vom trägt den Vermerk 'Angeschlagen am:
, abgenommen am: '. Die Kundmachung hat folgenden Wortlaut:
'Gemäß § 60 der TGO. 2001 wird nachstehender, in der 05. ordentlichen Gemeinderatssitzung am gefasster Beschluss öffentlich kundgemacht:
Erlassung des ergänzenden Bebauungsplanes für das Gst 738/6, KG Kufstein, im Bereich der Feldgasse; Antragstellerin Ing. H. B. W. GmbH; Kufstein; Behandlung der zum Entwurf eingelangten Stellungnahmen und Beschlussfassung.
Vom Gemeinderat wird beschlossen:
Es wird beschlossen, den aufgelegten Entwurf nicht zu ändern und den ergänzenden Bebauungsplan mit allen nach den Bestimmungen des Raumordnungsgesetzes 2001 vorgesehenen Festlegungen zu erlassen.'
Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass nur diese Kundmachung in der Zeit vom bis und nicht auch der allgemeine und ergänzende Bebauungsplan an der Amtstafel angeschlagen war. Gemäß § 67 Abs 3 TROG 2001 sind das örtliche Raumordnungskonzept, der Flächenwidmungsplan und die Bebauungspläne im Gemeindeamt zur allgemeinen Einsicht während der Amtsstunden aufzulegen. Betrachtet man diese Bestimmung im Zusammenhang mit § 67 Abs 1 TROG 2001, so könnte ihr die Bedeutung beizumessen sein, der Plan sei nicht an der Amtstafel kundzumachen, sondern während der Kundmachungsfrist des § 67 Abs 1 TROG 2001 im Gemeindeamt zur allgemeinen Einsicht während der Amtsstunden aufzulegen. Die Verpflichtung des § 67 Abs 3 TROG 2001 dürfte jedenfalls auch über die Kundmachung hinaus wirken und die Einsicht in geltende Raumordnungspläne während der Amtsstunden allgemein sicherstellen.
Da sich die Pflicht zur Auflage der Bebauungspläne im Gemeindeamt zur allgemeinen Einsicht während der Amtsstunden gemäß Abs 3 jedoch nicht ausdrücklich auf den Kundmachungszeitraum beziehen dürfte, geht der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, dass der Normunterworfene dem Gesetz die Pflicht zur Auflage des Planes zur allgemeinen Einsicht im Gemeindeamt nicht eindeutig entnehmen kann. Entsprechend der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 3809/1960, 5321/1966, 6949/1972, 8256/1978 mwH), nach der dem Erfordernis der ordnungsgemäßen Kundmachung von allgemeinen Rechtsvorschriften, die in Form von Karten, Plänen und dgl. dargestellt sind, bei Verordnungen durch den Hinweis auf aufliegende Pläne und Unterlagen hinreichend Rechnung getragen ist, hätte daher die Gemeinde einen Hinweis in die Kundmachung aufnehmen müssen, dass der Plan zur allgemeinen Einsicht während der Amtsstunden im Gemeindeamt aufliegt. Da der Hinweis fehlt, dürfte die Kundmachung der Erlassung des allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplans in gesetzwidriger Weise erfolgt sein."
5. Die Tiroler Landesregierung erstattet eine Äußerung, in der sie den in Prüfung gezogenen Bebauungsplan wie folgt verteidigt:
"Hinsichtlich der im [...] Beschluss geäußerten höchstgerichtlichen Bedenken, wonach aufgrund des Auftragsverhältnisses zwischen Ortsplaner und Bauwerber und den sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Interessen Zweifel an der Objektivität des Beauftragten bestünden, welche zumindest eine nachprüfende Kontrolle durch eine gemäß § 29 Absatz 5 TROG 2001 befugte Person erfordere, darf zunächst repliziert werden, dass der im gegenständlichen Fall tätig gewordene raumplanerische Sachverständige DI A. L. langjähriger Ortsplaner der Stadtgemeinde Kufstein ist und somit - unabhängig von allfällig bestehenden Auftragsbeziehungen zu Privaten - geradezu Garant dafür sein sollte, dass ein ausgewogener Interessensausgleich auf individueller und kommunaler örtlicher Planungsebene stattfindet.
Grundsätzlich handelt es sich bei im Zusammenhang mit der Erlassung von Verordnungen resultierenden ortsplanerischen Kosten, wie bspw. die gegenständliche Erstellung eines Bebauungsplanes, um Planungsaufwand der Gemeinde. Dies erscheint auch insofern konsequent und sachgerecht, als sämtliche Planungsinstrumente der örtlichen Raumordnung Aufgaben und Ziele iSd § 27 TROG 2001 zum Gegenstand haben und damit primär auf die Wahrung öffentlicher Interessen abstellen.
Das vom Höchstgericht ins Treffen geführte Auftragsverhältnis zwischen Bauwerber und beauftragtem Raumplaner dient offenbar der Kostenüberwälzung der Planungskosten von der Gemeinde auf den Bauwerber.
Fußend auf der oa Gesetzesbestimmung, welche kaum Eingangspforten für partikuläre private Interessen enthält, vermag die Argumentation, dass zwischen Ortsplaner und Bauwerber gemeinsame wirtschaftliche Interessen bestehen, welche Zweifel an der Objektivität des Beauftragten entstehen ließen, selbst dann nicht zu überzeugen, wenn (ausnahmsweise) ein Auftragsverhältnis zwischen Bauwerber und beauftragtem Raumplaner (= Ortsplaner) besteht. Auch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Erlassung derartiger Verordnungen auf der Basis verfassungsmäßig verankerter Erledigung in kommunaler Selbstverwaltung organisationsbedingt in einem verstärkten politischen Spannungsfeld steht, in dem rechtliche Erwägungen eher in den Hintergrund treten. Die nachprüfende Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden soll dabei dieses 'Legalitätsmanko' der kommunalen Selbstverwaltung kompensieren helfen.
Im Gegenstandsfall wurde vom beauftragten Raumplaner mit Schreiben vom ein detaillierter neunseitiger Erläuterungsbericht über Ausgangs- und Rahmenbedingungen des gegenständlichen Bebauungsplanes abgegeben. Auch finden sich im Akt weit über den gewöhnlichen Aufwand eines Raumplaners hinausgehende akribische planliche Bestandsanalysen des vom Bebauungsplan umfassten Areals. Die Schlüssigkeit und Richtigkeit dieser Unterlagen wurde mit Schreiben der Abteilung Raumordnung - Statistik/örtliche Raumordnung vom ausdrücklich bestätigt. Es sind daher im gesamten Verfahren - über den äußeren Anschein einer Auftragsbeziehung zwischen Raumplaner und Bauwerber hinaus - nicht die geringsten sachlichen Zweifel an der Objektivität des Raumplaners zu Tage getreten, die eine Befangenheit iSd § 53 iVm § 7 AVG darzutun vermögen.
Schließlich hegt die belangte Behörde auch Zweifel, ob eine allfällige Befangenheit im oa Sinn bei der Beratung und Beschlussfassung von Verordnungen überhaupt geltend gemacht werden kann, das Erkenntnis des Zahl V97/00, in welchem die Befangenheit eines Gemeinderatsmitgliedes geltend gemacht wurde, lässt diese Frage ausdrücklich dahingestellt.
Würde man schließlich die im Gegenstandsfall gehegten höchstgerichtlichen Zweifel an der Objektivität des Raumplaners konsequent weiter spinnen, so würden diese auch gegenüber sämtlichen Planungsmaßnahmen der Stadtgemeinde Kufstein durchschlagen, zumal auch dort planerische und wirtschaftliche Interessen zwischen Ortsplaner und Auftraggeber zusammentreffen.
Nach Ansicht der belangten Behörde besteht daher keine faktische und rechtliche Notwendigkeit, die Objektivität des ortsplanerischen Sachverständigen in Zweifel zu ziehen und eine einen Systembruch und einen immensen administrativen Aufwand verursachende 'nachprüfende Kontrolle' durch einen iSd § 29 Absatz 5 TROG 2001 befugten Sachverständigen bereits auf Gemeindeebene vorzusehen. Zusammenfassend vertritt die belangte Behörde daher die Auffassung, dass eine Gesetzwidrigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnung in diesem Punkt nicht gegeben ist."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die vorläufigen - bereits im Prüfungsbeschluss näher dargestellten - Annahmen des Gerichtshofes, dass das Beschwerdeverfahren, das Anlass zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens gegeben hat, zulässig ist, und dass der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung genommene Verordnungsbestimmung bei seiner Entscheidung über die Beschwerde anzuwenden hätte, haben sich zur Gänze als zutreffend erwiesen.
2. Auch die vorläufigen Bedenken des Gerichtshofes gegen die Gesetzmäßigkeit des in Rede stehenden allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplanes treffen hinsichtlich der fehlerhaften Grundlagenforschung zu:
2.1. Die Tiroler Landesregierung vertritt die Auffassung, dass einerseits aufgrund der umfangreichen und schlüssigen Bestandsanalysen und Erläuterungen anlässlich der Erlassung des Bebauungsplans und dessen Prüfung durch die Aufsichtsbehörde kein Zweifel an der Objektivität des Planers bestehe; andererseits sei fraglich, ob dessen Befangenheit allein die Gesetzwidrigkeit der Verordnung bewirken könnte (vgl. VfSlg. 16.926/2003). Verordnungen wie Bebauungspläne stünden in einem "politischen Spannungsfeld, in dem rechtliche Erwägungen eher in den Hintergrund treten. Die nachprüfende Kontrolle der Aufsichtsbehörden soll dabei dieses 'Legalitätsmanko' der kommunalen Selbstverwaltung kompensieren helfen." Eine "nachprüfende Kontrolle" durch einen iSd § 29 Abs 5 TROG 2001 befugten Sachverständigen "bereits auf Gemeindeebene" stelle einen "Systembruch" dar und bedeute einen immensen administrativen Aufwand.
2.2. Die Gemeinde hat gemäß § 29 Abs 1 TROG 2001 aufgrund der Ergebnisse einer Grundlagenforschung Bebauungspläne zu erlassen (zur Bestandsaufnahme vgl. § 28 TROG 2001). Für die Ausarbeitung eines Bebauungsplanes dürfen gemäß § 29 Abs 5 TROG 2001 nur staatlich befugte und beeidete Ziviltechniker und Technische Büros im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnis (lita) oder Bedienstete von Gemeinden, die eine den nach lita Befugten vergleichbare fachliche Qualifikation aufweisen, im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit, herangezogen werden.
Die nachprüfende Kontrolle der Landesregierung in ihrer Funktion als Aufsichtsbehörde kann die gesetzmäßige Vorgangsweise der Gemeinde zur Gewinnung einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage dabei in keiner Weise ersetzen.
Um die Objektivität eines raumplanerischen Gutachtens sicherzustellen, muss die Gemeinde selbst eine Sachverständigenauswahl treffen und den Auftrag zum Entwurf eines Bebauungsplanes samt Grundlagenforschung erteilen. Es mag zulässig sein, dass ein Dritter die Kosten der Änderung des Planes einschließlich jener der Erstellung eines raumplanerischen Gutachtens trägt (vgl. den hier nicht anzuwendenden § 29 TROG 2001 idF LGBl. Nr. 35/2005). Ein Gutachten jedoch, das ein Raumplaner - und sei es auch der Ortsplaner der Gemeinde - im Auftrag eines Bauwerbers erstellt, kann die Gemeinde ihrer Entscheidung nicht ohne Beurteilung unter ihrer Verantwortung zugrunde legen, weil die Objektivität des Gutachters infolge des Auftragsverhältnisses zwischen dem Gutachter und dem Auftraggeber und den sich daraus ergebenden gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen nicht zweifelsfrei gegeben ist. Der Verfassungsgerichtshof begründete bereits im Erkenntnis VfSlg. 16.049/2000 die Verfassungswidrigkeit des § 70a (Abs1) BO f Wien ua. damit, dass das Rechtsstaatsgebot ausdrückliche Vorkehrungen erfordere, um zu verhindern, dass der mit dem Bauwerber durch gemeinsame wirtschaftliche Interessen verbundene Planverfasser im Baubewilligungsverfahren gleichzeitig ein Gutachten darüber abgibt, ob der von ihm erstellte Plan unter Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften verfasst wurde, insbesondere jener, die subjektiv-öffentliche Nachbarrechte (§134a) begründen.
Das von der Tiroler Landesregierung zur Frage der Maßgeblichkeit der Objektivität des Gutachters angeführte Zitat aus VfSlg. 16.926/2003 geht ins Leere. Der Gerichtshof hat sich in diesem Erkenntnis lediglich mit der Frage auseinander gesetzt, ob die sich auf die Mitglieder des Gemeinderats beziehende (Befangenheits-)Regelung des § 33 GemO - nach dem Willen des Gesetzgebers - auch auf die Beratung und Beschlussfassung von Verordnungen anzuwenden ist.
Der Verfassungsgerichtshof bleibt daher dabei, dass die Unterlassung einer objektiven Nachprüfung eines vom Bauwerber beauftragten raumplanerischen Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene durch die Gemeinde einen Verfahrensfehler darstellt, der zur Gesetzwidrigkeit der Verordnung führt.
2.3. Da sich die unter Punkt 2.1. und 2.2. dargestellten Bedenken als zutreffend erweisen, erübrigt es sich, auf die weiteren Bedenken einzugehen.
3. Die Verpflichtung der Tiroler Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung ergibt sich aus Art 139 Abs 5
4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.