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VfGH vom 01.12.1999, V65/98

VfGH vom 01.12.1999, V65/98

Sammlungsnummer

15671

Leitsatz

Aufhebung einer wiederverlautbarten Bestimmung der GewO 1994 betreffend die Weitergeltung einer Ladenschlußvorschrift für den Großhandel wegen Überschreitung der Grenzen der erteilten Ermächtigung; Rechtswidrigkeit der Wiederverlautbarung einer - angesichts der Aufhebung der normativen Grundlage der Ladenschlußvorschrift durch das ArbeitsruheG - außer Kraft getretenen Bestimmung; Zulässigkeit des (Individual-)Antrags auf Aufhebung der Wiederverlautbarung; Zurückweisung des Gesetzesprüfungsantrags nach Aufhebung der wiederverlautbarten Bestimmung mangels eines tauglichen Prüfungsgegenstandes

Spruch

I. Die Ziffer 46 des § 376 der Gewerbeordnung 1994, Anlage 1 zur Kundmachung BGBl. Nr. 194/1994 über die Wiederverlautbarung der Gewerbeordnung 1973, BGBl. Nr. 50/1974, wird wegen Überschreitung der Grenzen der erteilten Ermächtigung aufgehoben.

Die aufgehobene Bestimmung ist nicht mehr anzuwenden.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, der antragstellenden Gesellschaft die mit 27.000 S bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

II. Der Antrag, die Ziffer 46 des § 376 der Gewerbeordnung 1994 als verfassungswidrig aufzuheben, wird zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die antragstellende Gesellschaft mbH betreibt den Großhandel mit Waren aller Art einschließlich von Lebensmitteln in Form eines Großhandelsmarktes. Sie begehrt in zwei Anträgen die Aufhebung der Z 46 des § 376 der als Gewerbeordnung 1994 wiederverlautbarten Gewerbeordnung 1973: In einem auf Art 139a B-VG gestützten Antrag (V65/98) wegen Überschreitung der Grenzen der erteilten Ermächtigung zur Wiederverlautbarung und in einem auf Art 140 B-VG gestützten Antrag (G128/98) wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz und die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf freie Erwerbsausübung und Privatautonomie.

Die angegriffene Bestimmung lautet seit der Wiederverlautbarung:

"(1) Bis zur Neuregelung der einschlägigen Bestimmungen des Öffnungszeitengesetzes 1991, BGBl. Nr. 50/1992, bleibt § 96 e Abs 4 der Gewerbeordnung in der bis zum Inkrafttreten der Gewerbeordnung 1973 geltenden Fassung weiterhin aufrecht.

(2) Wer die gemäß Abs 1 aufrechterhaltende Bestimmung nicht einhält, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 20 000 S zu ahnden ist."

In der Gewerbeordnung 1973 lautete diese Bestimmung:

"(1) Bis zur Neuregelung der einschlägigen Bestimmungen des Ladenschlußgesetzes, BGBl. Nr. 156/1958, in der Fassung der Ladenschlußgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 203/1964, bleibt § 96 e Abs 4 der Gewerbeordnung in der bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geltenden Fassung weiterhin aufrecht.

(2) Wer die gemäß Abs 1 aufrechterhaltene Bestimmung nicht einhält, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 20.000.- oder mit einer Arreststrafe bis zu vier Wochen zu ahnden ist."

Der in beiden Fassungen genannte § 96e Abs 4 der Gewerbeordnung in der bis zum Inkrafttreten der Gewerbeordnung 1973 geltenden Fassung (Gewerbeordnung 1859 in der Fassung des Gesetzes über die Mindestruhezeit, den Ladenschluß und die Sonntagsruhe in Handelsgewerben und anderen Betrieben, StGBl. 282/1919) lautete:

"Bei Handelsgewerben, welche Waren vornehmlich oder ausschließlich nicht unmittelbar an Verbraucher absetzen (Großhandel), ferner bei solchen Verkaufsniederlagen der Erzeugungsgewerbe, welche nicht vornehmlich oder ausschließlich Kleinhandel betreiben, endlich bei Vermittlungs- und Kommissionsgeschäften sowie beim Speditionsgewerbe sind die Betriebsräumlichkeiten für den Parteienverkehr spätestens um 6 Uhr abends zu schließen."

1. Die antragstellende Gesellschaft legt dar, daß die angefochtene Bestimmung (in Verbindung mit § 96e Abs 4 GewO 1859) sie zwinge, ihre Betriebsräume spätestens um 6 Uhr abends für den Parteienverkehr zu schließen. Da ihr die Erwartung einer vor dem Verfassungsgerichtshof anfechtbaren Entscheidung (durch ein strafbares Verhalten) nicht zugemutet werden könne, sei sie unmittelbar und aktuell betroffen.

a) Die Ermächtigung zur Wiederverlautbarung sei überschritten worden, weil eine Gesetzesbestimmung wiederverlautbart worden sei, die - wie Grabenwarter, Ladenschluß im Großhandel: Zur Geltung des § 96e Abs 4 GewO 1859, ZfV 1990, 129, und Ladenschlußrecht (1992) 106 ff., darlege - im Zeitpunkt der Wiederverlautbarung nicht mehr geltendes Recht gewesen sei:

Den Text des § 96e Abs 4 GewO habe Art 1 des (oben genannten) Gesetzes vom , StGBl. 282, in die Gewerbeordnung eingefügt. § 374 Z 40 GewO 1973, BGBl. 50/1974, habe verfügt, daß mit dem Inkrafttreten des Gesetzes "nach Maßgabe des § 376 Z. 46 der Art 1 des Gesetzes vom , StGBl. Nr. 282, ... soweit er den Ladenschluß zum Gegenstand hat" außer Kraft trete; nur § 96e Abs 4 GewO 1859 sei demnach noch in Kraft geblieben.

Das am in Kraft getretene Arbeitsruhegesetz, BGBl. 144/1983, setze in § 31 Abs 1 Z 8 ausdrücklich "das Gesetz vom , StGBl. Nr. 282, über die Mindestruhezeit, den Ladenschluß und die Sonntagsruhe in Handelsgewerben und anderen Betrieben, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 50/1974" außer Kraft. Es könne nun

"kein Zweifel daran bestehen, daß § 31 Abs 1 Z. 8 ArbeitsruheG das Gesetz aus 1919 schlechthin und zur Gänze aufhebt und damit auch den durch die GewO 1973 noch in Geltung belassenen Teil des Art 1 nunmehr aus dem Rechtsbestand beseitigt. Damit ist aber auch unzweifelhaft, daß § 96e Abs 4 GewO 1859 beseitigt wurde. Denn § 96e Abs 4 GewO 1859 wurde durch die GewO 1973 ja in der Weise von der Aufhebung ausgenommen, daß Art 1 des Gesetzes StGBl. 1919/282 nur nach Maßgabe des § 376 Z. 46 aufgehoben wurde und damit - nur - insoweit in Kraft blieb, als er die Fassung des § 96e Abs 4 GewO 1859 normiert.

Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, daß § 96e Abs 4 GewO 1859 nach dem klaren Wortlaut des § 31 Abs 1 Z. 8 ArbeitsruheG aufgehoben wurde. Die Gesetzesmaterialien zeigen deutlich, daß der Gesetzgeber des ArbeitsruheG auch das Ziel verfolgte, die unübersichtliche Rechtslage auf diesem Gebiet zu bereinigen. In den Gesetzesmaterialien wird mehrfach - und zutreffend - auf die Unübersichtlichkeit der damaligen Rechtslage hingewiesen (vgl. 1289 BlgNR, 15. GP, 13). Übereinstimmend wird als Ziel ua. die 'Aufhebung und Überleitung von Rechtsvorschriften, deren Bestand zufolge der mehrfachen Rechtsüberleitungen zum Teil fraglich geworden ist' festgelegt (1289 BlgNR, 15. GP, 14; 1444 BlgNR,

15. GP, 1). In den Erl. zur RV zu § 31 Abs 1 ArbeitsruheG wird deutlich, daß der Gesetzgeber von der Entbehrlichkeit des Gesetzes StGBl 1919/282 ausgegangen ist (1289 BlgNR, 15. GP, 27). Weder im Gesetzestext selbst noch in den Gesetzesmaterialien findet sich irgendein Anhaltspunkt dafür, daß der Gesetzgeber irgendeinen Teil des Gesetzes StGBl 1919/282 von der Aufhebung ausnehmen wollte; die ausdrückliche Bezugnahme auf die GewO 1973 ('BGBl 50/1974') im Gesetzestext zeigt auch, daß dem Gesetzgeber klar bewußt war, daß das G StGBl 1919/282 durch § 374 Z. 40 GewO 1973 geändert wurde. Daß sich § 31 Abs 1 Z. 8 ArbeitsruheG jedenfalls auch auf § 374 Z. 40 GewO 1973 bezieht, ergibt sich - wie Grabenwarter (ZfV 1990, 134) zutreffend betont - auch aus einer systematischen Interpretation im Hinblick auf die Z. 7 und 16 des § 31 Abs 1."

An diesem Ergebnis habe auch die Novelle zum Ladenschlußgesetz, BGBl. 421/1988, nichts geändert, deren ArtIII wie folgt laute:

"§96 e Abs 4 der Gewerbeordnung in der bis zu dem am erfolgten Inkrafttreten der Gewerbeordnung 1973, BGBl. Nr. 50/1974, geltenden Fassung gilt nicht für Räumlichkeiten, die der Ausübung der in dieser Bestimmung genannten Gewerbe im Rahmen von Messen und messeähnlichen Veranstaltungen im Sinne des § 17 des Arbeitsruhegesetzes, BGBl. Nr. 144/1983, dienen."

Die in dieser Bestimmung zutage tretende Absicht, den sachlichen Geltungsbereich des § 96e Abs 4 GewO 1859 einzuschränken, sei mißlungen, weil § 96e Abs 4 GewO 1859 seit nicht mehr in Geltung gestanden sei. Wenn es im Ausschußbericht zum Initiativantrag (691 BlgNR 17. GP) heiße,

"Der durch das Ladenschlußgesetz unberührt gebliebene § 96 e Abs 4 der 'alten' Gewerbeordnung regelt den Ladenschluß für die Verkaufsstellen des Großhandels in der Richtung, daß dessen 'Betriebsräumlichkeiten für den Parteienverkehr um 6 Uhr abends zu schließen' sind. Mit der Regelung des ArtIII soll im Sinne der bisherigen Praxis klargestellt werden, daß diese Regelung nicht für Messen und messeähnliche Veranstaltungen, wie sie im § 17 des Arbeitsruhegesetzes definiert sind, gelten.",

so sei zwar richtig, daß das Ladenschlußgesetz § 96e Abs 4 GewO 1859 unberührt gelassen habe; der Handelsausschuß habe aber übersehen, daß das (im Sozialausschuß vorbereitet wordene) Arbeitsruhegesetz diese Bestimmung bereits aufgehoben habe. Dem Irrtum komme aber keine normative Bedeutung zu (wörtliche Übernahme von H. Mayer, Ladenschluß im Großhandel, ecolex 1998, 519 ff., 521 f.):

"Der Irrtum des Ausschusses und in der Folge des Plenums des NR hat damit zu einem 'Gesetz' geführt, das zwar keinerlei normative Bedeutung hat - das also, wie man zu sagen pflegt, 'ins Leere geht' -, das aber auch am Ergebnis, das vorhin erarbeitet wurde, nichts ändert.

Dagegen könnte man zwei Einwände vortragen:

* zum einen könnte man sagen, daß man dem Gesetzgeber nicht unterstellen dürfe, er habe eine Regelung ohne Inhalt erlassen. Man müsse daher aus ArtIII der Ladenschlußgesetz-Novelle 1988 ableiten, daß § 96e Abs 4 'alte GewO' im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Novelle doch noch in Geltung war;

* zum anderen könnte man auch die Auffassung vertreten, § 96e Abs 4 sei durch die Novellierung, die er durch ArtIII erfahren habe, wieder in Kraft gesetzt worden.

Beide Einwände sind im Ergebnis unzutreffend:

* zum ersten Argument ist zu sagen, daß es zwar richtig ist, daß man dem Gesetzgeber im Zweifel nicht unterstellen darf, er habe eine inhaltsleere Norm geschaffen. Dieses Argument wiegt gewiß schwer und wird auch von der Lehre (vgl. z.B. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff2 (1991) 444f; vgl. auch Mayer, Verstöße bei Zusatzstoff-Deklaration - Bestrafung verfassungswidrig? ernährung/nutrition 1992, 231ff) und von der Judikatur vertreten (VfSlg 12002; VwSlgNF 9771A, 12.567A, 12.787A; Zl. 85/06/0139). Freilich ist beizufügen, daß dieser Interpretationsgrundsatz nur im Zweifel gilt; dies wird auch in der Jud. des VfGH deutlich. Im Erk. VfSlg 2746 sagt der VfGH im Jahre 1954, daß aus der ausdrücklichen Aufhebung bereits derogierten Gesetzesbestimmungen durch den Gesetzgeber 'nicht unbedingt' folge, 'daß diese Vorschriften vor der Aufhebung in Geltung gestanden sind'. Was für die 'Aufhebung' derogierter Gesetzesbestimmungen gilt, muß auch für deren Einschränkung, die ja eine partielle Aufhebung ist, gelten.

Ein Zweifel besteht im vorliegenden Zusammenhang nicht; der Gesetzgeber ist bei der Schaffung des ArtIII der LadenschlußG-Novelle 1988 einem Irrtum erlegen. Aus dieser Bestimmung kann nicht abgeleitet werden, daß § 96e Abs 4 der 'alten GewO' nach dem noch in Kraft war.

* Zum zweiten Einwand, ArtIII habe - als Novelle - zur Neuerlassung des § 96e Abs 4 GewO 1859 geführt, ist zunächst zu sagen, daß eine solche Auslegung im Widerspruch zum Text des Gesetzes steht und auch aus den Materialien nicht begründbar ist. Sie wäre schon aus diesen Gründen verfehlt. ArtIII enthält keine Anordnung, die dahin deutbar wäre, daß sie irgendeine Regelung in Kraft setzt; es ist klar erkennbar, daß diese Bestimmung eine Einschränkung - d.h. also ein außer Kraft setzen - anordnet.

Zu diesem Ergebnis kommt man schließlich auch aufgrund der Judikatur des VfGH; dieser hat mehrfach judiziert, daß die Novellierung eines Gesetzes gleichzeitig auch die Neuerlassung des alten - vom Novellentext nicht erfaßten - Gesetzestextes bedeute; freilich nur insoweit, als die Bestimmungen der Novelle ohne den bestehenden Gesetzestext nicht vollziehbar sind und somit 'zwischen dem bestehenden Gesetzestext und der Novelle ein untrennbarer Zusammenhang' besteht. (VfSlg 3685, 4838, 4883, 5996; vgl. Mayer Staatsmonopole (1976) 54, vgl. auch die Darstellung bei Grabenwarter, ZfV 1990, 146f; Grabenwarter, Ladenschlußrecht 120ff). Ein solcher - vom VfGH geforderter - Zusammenhang besteht im vorliegenden Fall offenkundig nicht.

Als weiteres Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, daß ArtIII der LadenschlußG-Novelle 1988 (BGBl. 421) für die normative Existenz des bereits am außer Kraft getretenen § 96e Abs 4 GewO 1859 keine - wie immer geartete - Bedeutung hat.

Dieses Ergebnis wurde nicht nur bereits von Grabenwarter in den vorhin zit. Arbeiten vertreten. Sehr deutlich wird dies auch vom VfGH zum Ausdruck gebracht: In einem Erk. vom (VfSlg 13567) spricht der VfGH im Zusammenhang mit der Umschreibung der Funktion des Großhandels davon, daß der ehemalige § 96e Abs 4 ... die Funktion des Großhandels in gewisser Weise umschrieb. Die vom VfGH wörtlich wiedergegebene Wendung fand sich nur in § 96e Abs 4 GewO 1859 idF StGBl. 282/1919; wenn der VfGH vom ehemaligen § 96e spricht, so kann dies nur so verstanden werden, daß der VfGH im Jahr 1993 der Auffassung war, daß § 96e Abs 4 GewO 1859 idF StGBl 1919/282 im damaligen Zeitpunkt nicht mehr in Geltung stand."

b) Die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung sieht die antragstellende Gesellschaft aus dem Blickwinkel der jüngeren Rechtsprechung zum Ladenschlußrecht darin, daß es dem Unternehmer unmöglich gemacht werde, auf die Bedürfnisse der Nachfrager zu reagieren. Seit VfSlg. 6621/1971 hätten sich die Anschauungen geändert und sei auch die Gesetzgebung differenzierter geworden.

2. Der Bundeskanzler hält den Verordnungsprüfungsantrag für unzulässig, weil nicht Verordnungs- und Gesetzesprüfung zugleich begehrt werden könnten. Von einer Äußerung in der Sache sieht er - wie er ausführt: aus rechtspolitischen Erwägungen - ab, führt aber (offenbar auf die im Vorverfahren gemachte Anregung des Gerichtshofs hin) zur Wiederverlautbarung allgemein folgendes aus:

"1. Seit der B-VG-Novelle 1981, BGBl. Nr. 350, ermächtigt Art 49a B-VG - ähnlich wie schon zuvor § 1 des BVG über die Wiederverlautbarung von Rechtsvorschriften (Wiederverlautbarungsgesetz - WVG.), BGBl. Nr. 114/1947 - den Bundeskanzler gemeinsam mit den zuständigen Bundesministern (zuvor: Bundesregierung), ua. einfache Bundesgesetze 'mit verbindlicher Wirkung in der geltenden Fassung durch Kundmachung im Bundesgesetzblatt wiederzuverlautbaren'. Hiebei dürfen, zusammengefaßt, die Bestimmungen den legistischen Anforderungen angepaßt und - vor allem - 'Bestimmungen, die durch spätere Rechtsvorschriften aufgehoben oder sonst gegenstandslos geworden sind, als nicht mehr geltend festgestellt', nicht jedoch ihrem Inhalt nach verändert werden. Dh. also, daß bestehendes Recht - bloß - neu festgestellt werden soll. Wiederverlautbarungen stellen Verwaltungsakte dar, die von dem der Herausgabe der Wiederverlautbarung folgenden Tag an alle Gerichte und Verwaltungsbehörden 'für die danach verwirklichten Tatbestände' binden.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs in bezug auf Wiederverlautbarungen ist im Verfahren nach Art 139a B-VG die Frage wesentlich, ob bei der Wiederverlautbarung einer Rechtsvorschrift die Grenzen der (durch Art 49a B-VG bzw. die Wiederverlautbarungsgesetze der Länder) erteilten Ermächtigung überschritten wurden (vgl. VfSlg. 10739/1985). Dabei wurde wiederholt betont, Wiederverlautbarungen seien insoweit gesetz- bzw. verfassungswidrig, als sie nicht mehr bestehende Rechtsvorschriften enthalten (vgl. VfSlg. 3774/1960, 3918/1961, 4885/1964; vgl. ferner VfSlg. 5415/1966, 5996/1969, 9597/1982; s. zur Unterscheidung zwischen den einzelnen Fallgruppen 'gegenstandslos gewordener Bestimmungen' Jabloner, in FS Adamovich, Betrachtungen zur österreichischen Verfassungsgerichtsbarkeit, Wien - New York 1992, 189ff. (198ff.)). Jede Änderung des Inhaltes, also auch die Herausnahme einer geltenden Vorschrift unter dem Titel der Verfassungswidrigkeit oder selbst eine unwesentliche Änderung durch eine Wiederverlautbarung überschreitet die Ermächtigung zur Wiederverlautbarung, da diese Ermächtigungen doch 'als Durchbrechung des Gesetzgebungsmonopols' des Gesetzgebers eng auszulegen sind (VfSlg. 12382/1990; vgl. auch VfSlg. 3178/1957, 3446/1958). Die Wiederverlautbarung dient nämlich ihrem Wesen nach ausschließlich dazu, den unübersichtlich gewordenen Text einer Rechtsnorm auf den letzten Stand zu bringen, sie enthält daher nicht die Ermächtigung, Normen neu zu erlassen (vgl. VfSlg. 3719/1960, 4885/1964).

Eine an sich rechtmäßige Wiederverlautbarung ist rechtsverbindlich, die wiederverlautbarte Vorschrift stellt die endgültige Fassung dieser Vorschrift dar und ist in Hinkunft allein anwendbar (VfSlg. 5849/1968, 5996/1969), während die frühere Fassung bedeutungslos geworden (vgl. VfSlg. 3446/1958, 4497/1963, 12282/1990) bzw. 'nicht mehr vorhanden' ist (VfSlg. 6281a/1970, 6282/1970). Die wiederverlautbarte Norm ist identisch mit der früheren Fassung, sie ist gerade nicht neu erlassen (VfSlg. 6281a/1970; s. auch VfSlg. 14187/1995). Daraus wurde nach der älteren Rechtsprechung der Schluß gezogen, daß sich Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer wiederverlautbarten Gesetzesstelle nur gegen diese richten könnten, nicht auch gegen die nicht mehr vorhandene entsprechende Fassung des Stammgesetzes (vgl. VfSlg. 5849/1968, 5996/1969, 6281a/1970, 6282/1970, 12282/1990; vgl. auch ; s. weitere Fundstellen bei Novak, Eine Neuorientierung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Wiederverlautbarung, ÖJZ 1973, 456ff. (456)). Demgegenüber hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 14187/1995 unter Berufung auf VfSlg. 6281a/1970 und 6282/1970 ausgesprochen, daß infolge dieser Normidentität ein Gesetzesprüfungsantrag trotz der - bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung (es stand bereits die Wiederverlautbarung in Geltung) - 'fehlsamen Bezeichnung der angefochtenen Gesetzesbestimmung' zulässig sei.

Verfassungsrechtliche Mängel, die einem Gesetz infolge eines Verstoßes gegen Erzeugungsregeln im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens anhaften, schlagen auf die wiederverlautbarten Bestimmungen durch (s. ua., vgl. VfSlg. 4497/1963, 5996/1969).

Allerdings ist auch eine fehlerhafte Wiederverlautbarung bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof verbindlich. Läßt eine Wiederverlautbarung in fehlerhafter Anwendung der Wiederverlautbarungsermächtigung eine Bestimmung weg, so ist die fehlerhafte Wiederverlautbarung zur Gänze zu beseitigen (vgl. VfSlg. 3719/1960). Wird die Wiederverlautbarung durch den Verfassungsgerichtshof beseitigt, so erlangt die verdrängte Fassung wieder Bedeutung (vgl. VfSlg. 3178/1957, 3446/1958, 9597/1982, 12282/1990).

Der Gesetzgeber ist freilich nicht an eine Wiederverlautbarung gebunden, er kann vielmehr die betreffende Gesetzesstelle - auch in Form einer Novellierung - neu erlassen (vgl. VfSlg. 3918/1961).

2. Aus der dargestellten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und vor allem aus Art 49a B-VG ist abzuleiten, daß die Wiederverlautbarung nicht mehr, aber auch nicht weniger als einen neuen, zusätzlichen Grund der Rechtsverbindlichkeit schafft (vgl. etwa VfSlg. 11662/1988; vgl. ferner Novak, Eine Neuorientierung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Wiederverlautbarung, ÖJZ 1973, 456ff., (457)). Eine Wiederverlautbarung darf jedoch nur innerhalb des engen, verfassungsrechtlich vorgezeichneten Rahmens erfolgen. Es besteht kein Anzeichen dafür, daß der Verfassungsgesetzgeber das Gesetzgebungsmonopol des Gesetzgebers mit Ausnahme der Ermächtigung zur Setzung eines Kurztitels und Buchstabenabkürzungen der Titel (Art49a Abs 2 Z 4 B-VG) in irgendeiner Weise beschränken wollte, wird doch dem Bundeskanzler (und dem jeweiligen Bundesminister) bei dieser Möglichkeit, dem Gesetzestext etwas hinzuzufügen, kaum Spielraum eröffnet.

Daher ist davon auszugehen, daß der Akt der Wiederverlautbarung nicht als Neuerlassung eines Gesetzes angesehen werden darf. Wenngleich zuzugeben ist, daß jegliche Wiederverlautbarung, so auch eine fehlerhafte, gemäß Art 49a Abs 3 B-VG bis zu ihrer Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof allgemein verbindlich ist, so findet dies nach Ansicht der Bundesregierung seinen Grund in der damit verbundenen Rechtssicherheit als einem Aspekt der Rechtsstaatlichkeit. Dies ist in Zusammenhang mit dem System der österreichischen Verfassungsgerichtsbarkeit zu sehen, wonach nur in einem Normenkontrollverfahren sowohl der Inhalt als auch das Zustandekommen von ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen zu prüfen ist. Gerade diese Funktion des Verfassungsgerichtshofes dient dem Prinzip der Gewaltenteilung und garantiert die Rechtmäßigkeit der Funktion der verschiedenen Organe (vgl. mit weiteren Hinweisen Korinek in FS Adamovich, Betrachtungen zur österreichischen Verfassungsgerichtsbarkeit, Wien - New York 1992, 253ff. (269ff.)). Das Verfahren gemäß Art 139a B-VG zur Prüfung von Wiederverlautbarungen ist dem Normenkontrollverfahren nachgebildet, sodaß der vorläufige Bestand eines allgemein verbindlichen, wenngleich möglicherweise fehlerhaften Wiederverlautbarungsaktes in diesem System grundgelegt ist. Damit ist jedoch verbunden, daß ein Wiederverlautbarungsakt zwar in mancher Hinsicht Wirkungen gleich einer Neuerlassung eines Gesetzes nach sich zieht und insoweit eine - systemimmanente - Beschränkung der Prärogative des Parlaments bewirkt, als er über die verfassungsrechtliche Ermächtigung hinausgeht, indem der Inhalt des 'wiederverlautbarten' Gesetzes nicht korrekt wiedergegeben wird, und gegebenenfalls diese unkorrekte Fassung Vorrang genießt.

Daraus ist aber nicht zwingend zu schließen, daß die Wiederverlautbarung die Neuerlassung eines Gesetzes schlechthin bewirkte: Die Erlassung von Gesetzen behält die Bundesverfassung jedenfalls dem Gesetzgeber vor, in dessen Belieben es liegt, eine fehlerhafte, jedoch vom Verfassungsgerichtshof noch nicht aufgehobene (oder als fehlerhaft festgestellte) Wiederverlautbarung in Form einer Novelle zu 'sanieren' also neuzuerlassen (vgl. VfSlg. 3918/1961), oder auch eine bereits vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Wiederverlautbarung in Gesetzesform neuzuerlassen."

Die Äußerung der Bundesregierung im Gesetzesprüfungsverfahren gleicht jener des Bundeskanzlers im Verordnungsprüfungsverfahren nahezu wörtlich.

II. Der Antrag auf Aufhebung der Wiederverlautbarung (Art139a B-VG) ist zulässig.

Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Prüfung im Verfahren nach Art 139a B-VG ist die Rechtmäßigkeit der Wiederverlautbarung. Ziel eines Antrages nach Art 140 B-VG ist die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des wiederverlautbarten Gesetzes ohne Rücksicht auf die Rechtmäßigkeit der Wiederverlautbarung. Es steht einem Antragsteller frei, nur die Wiederverlautbarung oder nur das wiederverlautbarte Gesetz oder aber beides anzufechten. Er kann freilich nicht in beiden Verfahren gleichzeitig Erfolg haben: Erweist sich nämlich die Wiederverlautbarung als rechtswidrig, verliert der bekämpfte Text seine Qualität als Gesetz und ist nicht mehr tauglicher Gegenstand eines Gesetzesprüfungsverfahrens.

Die antragstellende Gesellschaft ist durch die wiederverlautbarte Bestimmung in ihrer Rechtssphäre unmittelbar betroffen. Auch sonst sind keine Prozeßhindernisse hervorgekommen.

III. Der Antrag auf Aufhebung der Wiederverlautbarung ist auch begründet. Die Wiederverlautbarung der Z 46 des § 376 Gewerbeordnung überschreitet die Grenzen der erteilten Ermächtigung.

1. Die an die Stelle der GewO 1859 getretene GewO 1973 bedient sich für die Aufhebung der früher geltenden Rechtsvorschriften in § 374 der Technik, sämtliche - insgesamt 106 - zum Gegenstand ergangene Gesetze sowie ihre Novellen im einzelnen aufzuheben, die außer Kraft treten sollen, soweit sie noch in Geltung stehen und nichts anderes bestimmt wird (Abs1), und außerdem alle nicht aufgehobenen, diesem Bundesgesetz entgegenstehenden Rechtsvorschriften außer Kraft zu setzen (Abs2). In Abs 1 Z 2 ist die GewO 1859, RGBl. 227, genannt, in Z 35 das Gesetz vom , RGBl. 19, betreffend die Dauer der Arbeitszeit und den Ladenschluß in Handelsgewerben und verwandten Geschäftsbetrieben (mit dessen ArtI die Gewerbeordnung um die §§96d bis 96i ergänzt wurde) und in Z 40 ("nach Maßgabe des 376 Z 46") der Art 1 des Gesetzes vom , StGBl. 282, über die Mindestruhezeit, den Ladenschluß und die Sonntagsruhe in Handelsgewerben und anderen Betrieben, "soweit er den Ladenschluß zum Gegenstand hat".

§ 96e Abs 4 der GewO 1859 in der bis 1973 geltenden Fassung hat bei dieser Betrachtungsweise seinen Geltungsgrund in Art 1 des Gesetzes 1919. Eben deshalb hebt die Übergangsbestimmung des § 374 Abs 1 Z 40 GewO 1973 die ladenschlußrechtlichen Bestimmungen des Art 1 des Gesetzes aus 1919 nur "nach Maßgabe des § 376 Z 46" auf. Z 46 des § 376 beschränkt sich darauf, § 96e Abs 4 der GewO bis zur Neuregelung einschlägiger Bestimmungen des Ladenschlusses in Geltung zu belassen. Aus der Sicht der Übergangsvorschriften der GewO 1973 bleibt somit jener Teil des Gesetzes aus 1919 in Kraft, der in dessen Art 1 als § 96e Abs 4 (Gewerbeordnung 1859) bezeichnet ist, und zwar mit der Maßgabe, daß dies nur bis zur Neuregelung einschlägiger Bestimmungen des Ladenschlusses gilt. Art 1 des Gesetzes von 1919 hatte sich zwar in der Neufassung der §§96d (betreffend Mindestruhezeit), 96e (betreffend Ladenschluß) und 96h (betreffend Ausnahmen davon) der Gewerbeordnung in der Fassung des sogenannten Ladenschlußgesetzes RGBl. 19/1910 erschöpft. Eben deshalb ist aber seine Aufhebung nur vor dem Hintergrund der geschilderten Aufhebungstechnik des § 374 GewO 1973 verständlich, wonach als Geltungsgrund des novellierten Textes die Novelle (aus 1919) und nicht das novellierte Gesetz (die Gewerbeordnung in der Fassung der Novelle aus 1919) erscheint.

Diese Technik der Bezugnahme auf den geltenden Text eines Gesetzes durch Betrachtung der einzelnen Entstehungsschritte ist unüblich, aber zulässig und nachvollziehbar.

Sie hat freilich zur Folge, daß kraft des so gearteten Gesetzgebungsaktes § 96e Abs 4 GewO 1859 nicht mehr als Rest der GewO 1859, sondern als Teil des Art 1 des Gesetzes aus 1919 mit der bloßen Bezeichnung "§96e Abs 4" (der Gewerbeordnung) in Kraft geblieben ist. Demgemäß verstehen Mache/Kinscher (Die Gewerbeordnung5 1982, 755 Note 18) die Formulierung der Z 40 auch dahin, daß "die in § 374 Abs 1 vorgesehene Aufhebung nach Maßgabe der dort jeweils angegebenen Übergangsbestimmungen des § 376 eingeschränkt" wird (Hervorhebung nicht im Original).

Dem steht auch der Umstand nicht entgegen, daß § 376 Z 46 schlechthin "§96 e Abs 4 der Gewerbeordnung in der bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geltenden Fassung weiterhin aufrecht" hält, denn die Formulierung des Gesetzes aus 1919 entspricht eben dieser geltenden Fassung und der aufrecht bleibende Teil des Art 1 dieses Gesetzes kann gar nicht anders als "§96e Abs 4" (der Gewerbeordnung) bezeichnet werden. Aus dieser Formulierung ist daher nicht abzuleiten, daß der Vorbehalt bei der Aufhebung der Novelle bloß auf das Weitergelten des novellierten Gesetzes aufmerksam macht; der Vorbehalt beläßt vielmehr seinem Wortlaut und Sinn nach den allein in Betracht kommenden Teil des Art 1 der Novelle in Kraft.

Ob die Z 46 des § 376 GewO 1973 einer Wiederverlautbarung fähig war und ihre - veränderte - Wiederverlautbarung richtig ist, hängt nun davon ab, ob diese Vorschrift im Zeitpunkt der Wiederverlautbarung noch Rechtswirkungen entfaltet hat und worin diese allenfalls bestehen.

Die Rechtswirkungen der Z 46 des § 376 GewO 1973 sind nämlich mangels "Neuregelung der einschlägigen Bestimmungen des Ladenschlußgesetzes" nur dann noch dieselben, wenn § 31 Abs 1 Z 8 des Arbeitsruhegesetzes nicht die normative Grundlage des § 96e Abs 4 GewO 1859 durch die vorbehaltlose Aufhebung des Gesetzes vom , das schon in seinem Titel nicht nur die Mindestruhezeit und die Sonntagsruhe, sondern auch den Ladenschluß nennt - und zwar ausdrücklich in der Fassung der Gewerbeordnung 1973, somit bezüglich des Ladenschlusses mit dem auf § 96e Abs 4 eingeschränkten Inhalt - mit Wirkung vom beseitigt hat.

Genau davon ist aber in der Tat auszugehen:

Die Übergangsregelung des Arbeitsruhegesetzes 1983 (ArbRG) bedient sich wieder der herkömmlichen Technik:

§ 31 Abs 1 reiht die außer Kraft tretenden Gesetze in ihrer jeweils zuletzt geltenden Fassung aneinander, darunter (in Z 7) das Gesetz vom 16. Jänner 1895, RGBl. 21, betreffend die Regelung der Sonn- und Feiertagsruhe im Gewerbebetriebe in der Fassung der Gesetze RGBl. 125/1905 und StGBl. 282/1919 (!) usw. "hinsichtlich seiner arbeitsrechtlichen Bestimmungen". Nun hatte sich Art 2 des Gesetzes aus 1919 (ebenso wie Art 1 in der Novellierung der Gewerbeordnung 1859) in der Novellierung des Sonn- und Feiertagsruhegesetzes 1895 erschöpft, und nur Art 3 hatte dessen Geltung auf Banken und die in § 2 HandlungsgehilfenG unter Z 2, 3, 5 und 7 angeführten Unternehmungen und Anstalten mit der Maßgabe erstreckt, daß für ihren Betrieb, insoweit er nicht die Erzeugung von Waren zum Gegenstand hat, die für das Handelsgewerbe geltenden Bestimmungen und für den Beginn der Sonntagsruhe die Bestimmungen des Art 2 Punkt I des Gesetzes - das sind vereinfacht gesagt die gleichzeitig für den Großhandel neu gefaßten Bestimmungen - anzuwenden sind (Abs1) und daß außer den schon vorgesehenen Fällen für sie Ausnahmen vom Verbot der Sonntagsarbeit bewilligt (Abs2) und auch Ausnahmen oder Einschränkungen des Beginnes der Sonntagsruhe verfügt werden können (Abs3; Art 4 enthielt sodann Strafbestimmungen für Übertretungen des Art 3).

Die in § 31 ArbRG gewählte Technik der Aufhebung früherer Vorschriften bewirkt also, daß die in Art 2 des Gesetzes von 1919 geänderten Vorschriften des Sonn- und Feiertagsruhegesetzes mit dessen Aufhebung (Z7) beseitigt werden, während den Geltungsgrund der Art 3 und 4 weiterhin das Gesetz aus 1919 (iVm § 374 Abs 1 Z 40 GewO 1973) bildet. Folgerichtig wird (in Z 8) das Gesetz aus 1919, nunmehr allerdings nicht mit Beschränkung auf dessen Art 3 und 4, sondern zur Gänze aufgehoben. Der Wortlaut der Z 8 des § 31 Abs 1 ArbRG läßt auch nicht die Annahme zu, der Gesetzgeber hätte ohne ausdrückliche Beschränkung auf die Art 3 und 4 etwa - wie in Z 7 nur die arbeitsrechtlichen - nur die Bestimmungen "betreffend die Arbeitsruhe" beseitigt. Vielmehr läßt die Textierung keinen Zweifel, daß das Gesetz "in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 50/1974", also genau in jener Fassung, die den Abs 4 der Vorschrift "§96e" (der Gewerbeordnung) des Art 1 des Gesetzes in vorläufiger Geltung belassen hat - eine Fassung, die sich keineswegs auf Bestimmungen betreffend die Arbeitsruhe beschränkt, sondern nur genannt werden muß, wenn wirklich das ganze Gesetz einschließlich des den Ladenschluß betreffenden Teiles gemeint ist -, ohne Einschränkung aufgehoben wird.

Indem das ArbRG solcherart ausdrücklich an die GewO 1973 und die darin gewählte Technik der Aufhebung früherer Vorschriften anknüpft, übernimmt es folgerichtig auch das Ergebnis dieser Regelungstechnik. Sonach ist es vom Wortsinn des § 31 Abs 1 Z 8 ArbRG geradezu ausgeschlossen, die Aufhebung des Gesetzes aus 1919 dahin zu verstehen, daß nur noch Art 3 oder 4 oder allgemein: nur der die Arbeitsruhe betreffende Teil aufgehoben werden soll. Durch die GewO 1973 war ja nur Art 1 dieses Gesetzes - mit Ausnahme des "§96e Abs 4" - aufgehoben worden.

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1289 BlgNR 15. GP) führen zu Z 8 des § 31 Abs 1 ArbG folgendes aus (27):

"Die Bestimmungen über den Ladenschluß wurden bereits durch das Ladenschlußgesetz vom , BGBl. Nr. 156, und durch § 374 Abs 1 Z 40 der Gewerbeordnung 1973 außer Kraft gesetzt. Den Bestimmungen über die Mindestruhezeit wurde durch das Arbeitszeitgesetz, BGBl. Nr. 461/1969, materiell derogiert. Da die Sonntagsruhe nunmehr im Arbeitsruhegesetz geregelt ist, können auch diese Bestimmungen des Gesetzes StGBl. Nr. 282/1919 aufgehoben werden."

Die Verfasser des Entwurfes halten somit die 1919 erfolgte Novellierung der alten Gewerbeordnung punkto Ladenschluß durch § 374 Abs 1 Z 40 GewO 1973 - und nicht etwa durch das Außerkrafttreten der novellierten GewO 1859 oder das Inkrafttreten der GewO 1973 - für außer Kraft gesetzt, ohne sich über das Ausmaß des Außerkrafttretens Rechenschaft zu geben, und wollen nunmehr die verbliebenen Vorschriften dergestalt (arg.

"auch diese ...") aufheben, daß das Gesetz aus 1919 restlos außer

Kraft tritt. Ob sie den Vorbehalt (die "Maßgabe") in § 374 Abs 1

Z40 GewO 1973 übersehen haben oder in der - richtigen -

Überzeugung, es handle sich nicht um eine Arbeitsruhebestimmung,

verkannten, daß sie gleichwohl ihren Geltungsgrund jetzt im

Gesetz aus 1919 hat, bzw. der - irrigen - Meinung waren, die

Weitergeltung des § 96e Abs 4 des Art 1 des Gesetzes aus 1919 sei

eine Frage der Weitergeltung eines Paragraphen der GewO 1859 (idF

der Novelle 1919, die sich mit der Novellierung insoweit

verbraucht hätte) und daher mit der Annahme vereinbar, das Gesetz

aus 1919 sei in Ansehung des Ladenschlusses zur Gänze außer Kraft

getreten, läßt sich nur raten. Die allgemeine Motivierung des

Entwurfs mit der "Unübersichtlichkeit der die Arbeitsruhe

regelnden gesetzlichen Vorschriften" und der Hinweis auf "die auf

diesem Gebiet des Arbeitsrechtes bestehende Rechtsunsicherheit"

(1289 BlgNR 15. GP, 12) läßt - freilich nur in bezug auf die

Arbeitsruhe - die Tendenz erkennen, das Gesetz anstelle aller

einschlägigen älteren Vorschriften zu setzen. Daß unter den

"Argumente(n) ... für eine alsbaldige Neuordnung dieses

komplizierten Rechtsgebietes" (1289 BlgNR 15. GP, 13 li Sp) auch die

"Ablösung ... all jene(r) im Laufe der Zeit entstandenen

Sonderregelungen, die eine Ausdehnung der Vorschriften über die Sonntagsruhe auf weitere Wirtschaftszweige außerhalb der Gewerbeordnung (Banken und andere Geldinstitute, Apotheken, Kanzleien der Rechtsanwälte und Notare ua.) brachten oder in arbeitsrechtlichen Sondergesetzen enthalten sind (zB Bergarbeitergesetz, Regiebautenarbeitergesetz ua.)"

aufscheint, zeigt zwar, daß die Aufmerksamkeit des Gesetzgebers in der Sache den Vorschriften über die Arbeitsruhe gegolten hat, kann aber das beschriebene Ergebnis weder erklären noch herbeiführen. Spricht doch auf der anderen Seite die kurze Zusammenfassung der wesentlichen Regelung (1289 BlgNR 15. GP, 14 re Sp) von der Absicht der

"j) Aufhebung und Überleitung von Rechtsvorschriften, deren Bestand zufolge der mehrfachen Rechtsüberleitungen zum Teil fraglich geworden ist".

Nach all dem bleibt klar, daß der Gesetzgeber die Aufhebung des gesamten restlichen Teiles des Gesetzes aus 1919 gewollt und dieses Ziel mit dem gewählten Wortlaut im Einklang mit der Überleitungstechnik der GewO 1973 auch erreicht hat, es bleibt nur ungewiß, ob er den Vorbehalt der Z 40 des § 374 Abs 1 GewO 1973 übersehen oder seine Bedeutung falsch eingeschätzt hat oder aber die Rechtslage um den Preis der Aufhebung der Ladenschlußvorschrift für den Großhandel bereinigen wollte. Unter diesen Umständen ist der Gesetzgeber an dem festzuhalten, was er gesagt hat. Den Wortlaut des Gesetzes und den normativen Willen des Gesetzgebers im Rückgriff auf einen mutmaßlichen (erst 1988 manifest gewordenen) Willensmangel des Gesetzgebers zu korrigieren, § 96e Abs 4 GewO 1859 nunmehr als (durch § 376 Z 46 in Geltung belassener) Rest der novellierten Gewerbeordnung zu werten und den 1973 nicht aufgehobenen Teil des Art 1 des Gesetzes aus 1919 ungeachtet seiner dem damals aufgehobenen Rest des Art 1 gleichartigen Bedeutung als nicht von diesem Gesetz getragene und daher 1983 nicht aufgehobene Bestimmung zu deuten, ist dem durch die ungewohnte Aufhebungstechnik der GewO 1973 einschließlich ihrer Maßgaben, Ausnahmen und Einschränkungen bereits hinreichend verwirrten Rechtsunterworfenen nicht zumutbar.

Durch die vollständige Aufhebung des Gesetzes aus 1919 hat folglich die Z 46 des § 376 GewO 1973 ihre Rechtswirkungen verloren; sie ist durch den Wegfall der Norm, deren Fortgeltung sie anordnete, gegenstandslos geworden.

Daran hat auch ArtIII der Ladenschlußgesetz-Novelle 1988 fünf Jahre später nichts mehr geändert. Diese Vorschrift schließt bestimmte Fälle aus dem (angenommenen) Geltungsbereich des § 96e Abs 4 GewO 1859 aus. Sie fördert möglicherweise einen Fehler zutage, dem der Gesetzgeber des Jahres 1983 unterlegen ist. Die Einschränkung des Geltungsbereichs eines Gesetzes, das seine Geltung schon zur Gänze verloren hat, ist aber kein positiver, das Wiederinkrafttreten außer Kraft getretener Normen voraussetzender und daher allenfalls auch ohne ausdrückliche (weil - von einer unzutreffenden Annahme ausgehend - für entbehrlich gehaltene) Anordnung bewirkender Gesetzgebungsakt. Nur die Anordnung der Geltung von Teilen eines außer Kraft getretenen Gesetzes könnte auch die neuerliche Geltung anderer Teile als für ihre Anwendung notwendige Folge nach sich ziehen (vgl. VfSlg. 4883/1964, 9419/1982). Nicht so die Ausnahme von einer angenommenen Geltung. Sie ist nur überflüssig: Die vom Gesetzgeber gewünschte Rechtslage - Nichtgelten von Ladenschlußvorschriften für Messen und messeähnliche Veranstaltungen - besteht bereits. Die falsche Annahme der Geltung des § 96e Abs 4 GewO 1859 außerhalb dieses Bereichs bleibt normativ unbeachtlich.

Im Zeitpunkt der Wiederverlautbarung der Gewerbeordnung 1973 stand die Z 46 ihres § 376 folglich nicht mehr in Geltung.

2. Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob die unveränderte Wiederverlautbarung einer durch die Rechtsentwicklung überholten Vorschrift unter allen Umständen die erteilte Ermächtigung überschreitet. Die Wiederverlautbarung stellt nämlich nur den geltenden, im Sinne seiner Entstehungszeit zu deutenden Gesetzestext fest und ist kein Akt der Gesetzgebung. Ergibt sich die Gegenstandslosigkeit einer Vorschrift aber schon aus ihrem Inhalt, so mag die Aufnahme in die Wiederverlautbarung unter Umständen eine mehr oder weniger zweckmäßige (klarstellende) Information darstellen; durch die bloße Wiederverlautbarung wird ihr Inhalt nicht verändert (vgl. VfSlg. 6881a/1970) und auch unanwendbare Vorschriften werden durch sie nicht wieder anwendbar. Ermöglicht aber die Wiederverlautbarung eine andere Auslegung als der gegenstandslos gewordene Text (indem die Fortdauer einer Rechtswirkung nahegelegt wird, die - etwa durch inhaltliche Derogation - schon beseitigt wurde), ist sie einer Neuerlassung der Norm gleichzuhalten und als Überschreitung der erteilten Ermächtigung zu werten (vgl. VfSlg. 9597/1982).

Ein solcher Fall liegt hier vor:

Die wiederverlautbarte Bestimmung ist zwar nicht durch formelle oder materielle Derogation, aber auch nicht durch den in ihr selbst als Ende ihrer Wirksamkeit bezeichneten Gesetzgebungsakt im Bereiche des Ladenschlußrechts, sondern (wenn vielleicht auch irrtümlich) durch förmliche Aufhebung der normativen Grundlage des in Wirksamkeit belassenen § 96e Abs 4 GewO 1859 in einem die Arbeitsruhe regelnden Gesetz gegenstandslos gemacht worden. Über diesen Umstand wird aber ein Leser der wiederverlautbarten Vorschrift hinweggetäuscht.

Dazu kommt, daß die Wiederverlautbarung den Wortlaut geändert hat und statt auf das Ladenschlußgesetz nunmehr auf das daraus hervorgegangene erst 1989 erlassene (das Ladenschlußgesetz freilich ersetzende), 1992 wiederverlautbarte Öffnungszeitengesetz hinweist und so den Eindruck erweckt, erst eine dem Öffnungszeitengesetz nachfolgende Neuregelung könne die Fortgeltung des § 96e Abs 4 GewO 1859 beenden.

Durch diese Wiederverlautbarung einer bereits außer Kraft getretenen Bestimmung ist die erteilte Ermächtigung zur Wiederverlautbarung überschritten worden. Die in Prüfung stehende Bestimmung der GewO 1994 ist deshalb aufzuheben.

Der Ausspruch über die Nichtanwendung stützt sich auf Art 139 Abs 6, die Verpflichtung zur Kundmachung auf Art 139 Abs 5 B-VG (beide iVm Art 139a B-VG).

3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 61a VerfGG. Im zugesprochenen Betrag ist Umsatzsteuer in der Höhe von 4500 S enthalten.

IV. Der Gesetzesprüfungsantrag ist unzulässig.

Es steht nach dem Gesagten fest, daß die Z 46 des § 376 GewO 1994 unter Überschreiten der erteilten Ermächtigung wiederverlautbart wurde. § 96e Abs 4 GewO 1859 ist seit durch das Arbeitsruhegesetz aufgehoben, die Z 46 des § 376 GewO 1973 wurde damit gegenstandslos. Die rechtswidrige Wiederverlautbarung ist durch die Aufhebung der Z 46 der GewO 1994 beseitigt. Es mangelt dem Gesetzesprüfungverfahren nunmehr an einem tauglichen Gegenstand.

Der Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Eine mündliche Verhandlung war entbehrlich (§19 Abs 4 Satz 1 VerfGG).