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VfGH vom 12.12.2005, V64/05

VfGH vom 12.12.2005, V64/05

Sammlungsnummer

17733

Leitsatz

Aufhebung einer weiteren straßenpolizeilichen "Ortstafelverordnung" in Kärnten wegen Widerspruchs zum Minderheitenschutz im Staatsvertrag von Wien; Hinweis auf die Vorjudikatur; Rechtspflicht der Bezirkshauptmannschaft zur Festlegung der Ortsbezeichnungen sowohl in deutscher als auch in slowenischer Sprache

Spruch

In Abschnitt B) Punkt 3 lita und b des § 1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom , Zahl 4600/1/81, idF der Verordnung vom , Zahl 1830/1/98, werden die Worte "Bleiburg-Ebersdorf" und "Bleiburg" als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Die Kärntner Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu Zl. B1307/04 das Verfahren über eine auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zu Grund liegt:

Über den Beschwerdeführer wurde mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom wegen des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet von Bleiburg eine Geldstrafe verhängt.

Mit Schreiben vom 4. Feber 2003 beantragte der Beschwerdeführer die Zustellung der Strafverfügung in slowenischer Sprache. Unter einem erhob er - in slowenischer Sprache - Einspruch gegen diese Strafverfügung, wobei er die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung zugab, deren Strafbarkeit jedoch verneinte: Die zu Grunde liegende Verordnung, mit der das Ortsgebiet von Bleiburg bestimmt wird, sei nicht gehörig kundgemacht worden. Auf den Hinweiszeichen sei die Ortsbezeichnung nur in Deutsch und nicht - wie Art 7 Z 3 des Staatsvertrages von Wien 1955 (im Folgenden: StV Wien) gebiete - auch in Slowenisch angebracht. Der Verfassungsgerichtshof habe mit dem Erkenntnis VfSlg. 16.404/2001 näher genannte Bestimmungen des Volksgruppengesetzes und der Topographieverordnung aufgehoben, sodass ab dem Inkrafttreten dieser Aufhebung im Bezirk Völkermarkt Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien direkt anwendbar sei. Nach dieser Bestimmung müsse aber Bleiburg zweisprachige topographische Aufschriften haben, zumal die Volkszählung 2001 ergeben habe, dass 16,1% der Einwohner slowenischsprachig gewesen seien und auch die Resultate aller vorhergehenden Volkszählungen einen Anteil Slowenischsprachiger an der Wohnbevölkerung ergeben hätten, der zwischen 12,1% und 18,9% - somit immer über 9,9% (vgl. VfSlg. 16.404/2001) - gelegen sei.

Mit Schriftsatz vom 24. Feber 2003 erhob der Beschwerdeführer - nach Erhalt der beantragten slowenischen Ausfertigung - neuerlich Einspruch gegen die Strafverfügung, verwies auf die Ausführungen in seinem Schreiben vom 4. Feber 2003 und wiederholte den Antrag auf Einleitung eines ordentlichen Verfahrens.

Daraufhin erließ die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt am ein im Spruch mit der Strafverfügung identisches Straferkenntnis, das dem Beschwerdeführer am in deutscher und in slowenischer Sprache zugestellt wurde.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat für Kärnten, in der er iW die bereits in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung vorgebrachten Einwendungen wiederholte und beantragte, das Straferkenntnis aufzuheben.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die oben unter Pkt. 1. erwähnte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

3. Aus Anlass dieser Beschwerde beschloss der Verfassungsgerichtshof am , gemäß Art 139 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der im Spruch genannten Verordnungsbestimmungen einzuleiten.

Die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt legte die Verordnungsakten vor und teilte mit, dass eine schriftliche Äußerung zum Prüfungsbeschluss durch die Kärntner Landesregierung - im Einvernehmen mit der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt - erfolgen werde.

Die Kärntner Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den vom Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken entgegentritt.

Der Beschwerdeführer des eingangs genannten Bescheidprüfungsverfahrens nahm zur Äußerung der Kärntner Landesregierung Stellung.

II. Die für den vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1.1. Die Z 3 des im Verfassungsrang stehenden, mit "Rechte der slowenischen und kroatischen Minderheiten" überschriebenen Art 7 des Staatsvertrages von Wien (im Folgenden: StV Wien) lautet wie folgt:

"3. In den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens, des Burgenlandes und der Steiermark mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung wird die slowenische oder kroatische Sprache zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen. In solchen Bezirken werden die Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur sowohl in slowenischer oder kroatischer Sprache wie in Deutsch verfaßt."

1.2.1. Im Abschnitt I "Allgemeine Bestimmungen" des Volksgruppengesetzes, BGBl. 1976/396, sieht § 2 - nach Aufhebung der Wortfolge "wegen der verhältnismäßig beträchtlichen Zahl (ein Viertel) der dort wohnhaften Volksgruppenangehörigen" in Abs 1 Z 2 mit Erkenntnis VfSlg. 16.404/2001 (vgl. BGBl. I 2002/35) - insbesondere Folgendes vor:

"§2. (1) Durch Verordnungen der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates sind nach Anhörung der in Betracht kommenden Landesregierung festzulegen:

1. ...

2. Die Gebietsteile, in denen topographische Bezeichnungen zweisprachig anzubringen sind.

3. ...

(2) Bei Erlassung der in Abs 1 vorgesehenen Verordnungen sowie bei der Vollziehung des Abschnittes III dieses Bundesgesetzes sind bestehende völkerrechtliche Verpflichtungen zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist auf die zahlenmäßige Größe der Volksgruppe, die Verbreitung ihrer Angehörigen im Bundesgebiet, ihr größenordnungsmäßiges Verhältnis zu anderen österreichischen Staatsbürgern in einem bestimmten Gebiet sowie auf ihre besonderen Bedürfnisse und Interessen zur Erhaltung und Sicherung ihres Bestandes Bedacht zu nehmen. Hiebei sind die Ergebnisse amtlicher statistischer Erhebungen mitzuberücksichtigen."

1.2.2. § 12 des Volksgruppengesetzes lautet (samt Überschrift) wie folgt:

"ABSCHNITT IV

Topographische Bezeichnungen

§12. (1) Im Bereiche der gemäß § 2 Abs 1 Z. 2 bezeichneten Gebietsteile sind Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur, die von Gebietskörperschaften oder von sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts angebracht werden, in deutscher Sprache und in der Sprache von in Betracht kommenden Volksgruppen zu verfassen. Diese Verpflichtung gilt nicht für die Bezeichnung von Örtlichkeiten, die außerhalb des Bereiches solcher Gebietsteile liegen.

(2) In der Verordnung nach § 2 Abs 1 Z. 2 sind auch die Örtlichkeiten, die für eine zweisprachige Bezeichnung in Betracht kommen, sowie die topographischen Bezeichnungen in der Sprache der in Betracht kommenden Volksgruppen festzulegen, die neben der deutschsprachigen Bezeichnung anzubringen sind. Hiebei ist auf die örtliche Übung und auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung Bedacht zu nehmen.

(3) Topographische Bezeichnungen, die nur in der Sprache einer Volksgruppe bestehen, sind von Gebietskörperschaften unverändert zu verwenden."

1.2.3.1. Die Verordnung der Bundesregierung vom über die Bestimmung von Gebietsteilen, in denen topographische Bezeichnungen in deutscher und slowenischer Sprache anzubringen sind, BGBl. 306, lautet - nach Aufhebung der Wortfolge "In der Gemeinde Bleiburg in den Gebieten der ehemaligen Gemeinden Feistritz ob Bleiburg und Moos, in der Gemeinde Eisenkappel-Vellach im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Vellach, in der Gemeinde Globasnitz und in der Gemeinde Neuhaus im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Schwabegg." in § 1 Z 2 mit Erkenntnis VfSlg. 16.404/2001 (vgl. BGBl. II 2002/37) - wie folgt:

"Auf Grund des § 2 Abs 1 und des § 12 des Volksgruppengesetzes, BGBl. Nr. 396/1976, wird im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates verordnet:

§ 1. In folgenden Gebietsteilen (§2 Abs 1 Z. 2 des Volksgruppengesetzes, BGBl. Nr. 396/1976) sind Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur, die von Gebietskörperschaften oder von sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts angebracht werden, sowohl in deutscher als auch slowenischer Sprache anzubringen:

1. Im politischen Bezirk Klagenfurt Land:

In der Gemeinde Ebental im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Radsberg, in der Gemeinde Ferlach im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Windisch-Bleiberg, in der Gemeinde Ludmannsdorf in den Gebieten der ehemaligen Gemeinden Ludmannsdorf und Oberdörfl und in der Gemeinde Zell;

2. im politischen Bezirk Völkermarkt:

§ 2. Ehemalige Gemeinden im Sinne dieser Verordnung sind die von bestehenden Gemeinden (§1) erfaßten Gebiete von Gemeinden nach dem Stand zum .

§ 3. Diese Verordnung tritt mit in Kraft."

1.2.3.2. Gestützt auf § 2 Abs 1 Z 2 und § 12 Abs 2 VolksgruppenG wurden mit Verordnung der Bundesregierung vom , BGBl. 308, für bestimmte Ortschaften unter anderem in der im politischen Bezirk Völkermarkt gelegenen Gemeinde Bleiburg - nicht jedoch für die Ortschaften Bleiburg und Ebersdorf - slowenische Bezeichnungen festgelegt.

1.3.1.1. Der mit "Begriffsbestimmungen" überschriebene § 2 der Straßenverkehrsordnung 1960, in der hier maßgeblichen Fassung, enthält in Abs 1 Z 15 die folgende Regelung:

"15. Ortsgebiet: das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen 'Ortstafel' (§53 Z. 17a) und 'Ortsende' (§53 Z. 17b)."

1.3.1.2. Die - Hinweiszeichen betreffenden - Bestimmungen des § 53 (Abs1) Z 17a und Z 17b StVO, auf die in § 2 Abs 1 Z 15 leg. cit. verwiesen wird, sowie § 53 Abs 2 StVO lauten wie folgt:

"(1) Die Hinweiszeichen weisen auf verkehrswichtige Umstände hin. Hinweiszeichen sind die folgenden Zeichen:

...

17a. ORTSTAFEL

[Ortstafel nicht darstellbar !!!]

Dieses Zeichen gibt den Namen eines Ortes an und ist jeweils am Beginn des verbauten Gebietes anzubringen. Ein Gebiet ist dann verbaut, wenn die örtliche Zusammengehörigkeit mehrerer Bauwerke leicht erkennbar ist. Auf Autobahnen, ausgenommen am Ende einer Ausfahrtsstraße, darf dieses Zeichen nicht angebracht werden. Bei Orten, die berechtigt sind, die Bezeichnung Erholungsdorf zu führen, kann eine grüne Tafel mit der weißen Aufschrift 'Erholungsdorf' unterhalb der Ortstafel angebracht werden.

17b. ORTSENDE

[Ortstafel nicht darstellbar !!!]

Dieses Zeichen ist auf der Rückseite des Zeichens 'Ortstafel' anzubringen; dem Zeichen kann ein Hinweis auf die Entfernung bis zum nächsten Ort mit Verkehrsbedeutung beigefügt werden. ...

(2) Auf Vorwegweisern, Wegweisern und Orientierungstafeln sind die Namen von Orten, die im Ausland liegen, nach der offiziellen Schreibweise des betreffenden Staates anzugeben (zB Bratislava, Sopron, Maribor). Die zusätzliche Anführung einer allfälligen deutschsprachigen Ortsbezeichnung ist zulässig (zB Preßburg, Ödenburg, Marburg).

1.3.1.3. Abs 2 des mit "Fahrgeschwindigkeit" überschriebenen § 20 StVO lautet auszugsweise wie folgt:

"(2) Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren."

1.3.1.4. Abs 1 des mit "Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise" überschriebenen § 43 StVO sieht u. a. Folgendes vor:

"(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung,

...

b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,

1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen,

..."

1.3.1.5. Der die "Kundmachung der Verordnungen" regelnde § 44 StVO sieht im hier vorliegenden Zusammenhang u.a. Folgendes vor:

"(1) Die im § 43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten. Parteien im Sinne des § 8 AVG ist die Einsicht in einen solchen Aktenvermerk und die Abschriftnahme zu gestatten. Als Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung von im § 43 bezeichneten Verordnungen kommen die Vorschriftszeichen sowie die Hinweiszeichen 'Autobahn', 'Ende der Autobahn', 'Autostraße', 'Ende der Autostraße', 'Einbahnstraße', 'Ortstafel', 'Ortsende', 'Internationaler Hauptverkehrsweg', 'Bundesstraße mit Vorrang', 'Bundesstraße ohne Vorrang', 'Landes- oder Bezirksstraße', 'Straße für Omnibusse' und 'Fahrstreifen für Omnibusse' in Betracht. ..."

1.3.1.6. Gemäß § 94b StVO obliegt die Erlassung von Verordnungen auf Grund dieses Gesetzes grundsätzlich den Bezirksverwaltungsbehörden.

1.4. Am erließ die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt zu Zahl 4600/1/81 eine Verordnung betreffend Straßenverkehrszeichen im Verlauf der Bleiburger Bundesstraße B 81, die auszugsweise wie folgt lautet:

"Auf Grund der Bestimmung des § 96 Abs 2 in Verbindung mit § 94 b der StVO werden die seit dem Inkrafttreten der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, in der derzeit geltenden Fassung, verfügten und angebrachten Straßenverkehrszeichen generell neu erfaßt und der geltenden Gesetzeslage gemäß §§43 und 44 leg.cit. neu verordnet.

§1

Im Verlauf der Bleiburger Bundesstraße B 81 werden ab Sittersdorf - Bleiburg - Lavamünd nachstehende dauernde Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverbote verfügt:

...

B) HINWEISZEICHEN:

...

3. bei km 16,834 und km 18,615 'Ortstafel' und 'Ortsende' mit der Ortsbezeichnung 'Bleiburg' gemäß § 53, Zl. 17 a und 17 b leg.cit.;

...

§2

Diese Verordnung tritt betreffend der im § 1 angeführten und bereits angebrachten Verkehrszeichen am in Kraft.

Mit Inkrafttreten dieser Verordnung treten sämtliche Verordnungen gemäß §§43 und 44 der StVO in der derzeit geltenden Fassung im Verlauf der Bleiburger Bundesstraße B 81, die dauernd erlassen wurden, außer Kraft.

Temporär erlassene Verordnungen werden durch diese Verordnung nicht berührt.

§3

Übertretungen dieser Verordnung werden als Verwaltungsübertretungen in Entsprechung des § 99 der StVO 1960 in der derzeit geltenden Fassung bestraft."

Am erließ die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt zu Zahl 1830/1/98 eine weitere Verordnung, die auszugsweise wie folgt lautet (die hier in Prüfung gezogenen Ortsbezeichnungen sind hervorgehoben):

"Die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt verordnet gemäß §§43 Abs 1 und 44 Abs 1, in Verbindung mit § 94 b der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, in der derzeit geltenden Fassung, nachstehende Verkehrsbeschränkungen für die Bleiburger Bundesstraße im Bereich Bleiburg:

§1

Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom , Zahl 4600/1/81, wird hinsichtlich Abschnitt B), Punkt 3. wie folgt geändert:

Punkt 3 lautet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
Bei Straßenkilometer 16.708 'Ortstafel' gemäß § 53 Z 17 a leg. cit. und 'Ortsende' gemäß § 53 Z 17 b leg. cit. mit der Ortsbezeichnung 'Bleiburg-Ebersdorf'


Tabelle in neuem Fenster öffnen
b)
Bei Straßenkilometer 18.975 'Ortstafel' gemäß § 53 Z 17 a leg. cit. und 'Ortsende' gemäß § 53 Z 17 b leg. cit mit der Ortsbezeichnung 'Bleiburg'

§2

Diese Verordnung tritt mit der Anbringung der verfügten Verkehrszeichen in Kraft.

..."

(Aus den dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakten ergibt sich, dass die Hinweiszeichen am durch die Straßenmeisterei Lavamünd angebracht wurden.)

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zu den Prozessvoraussetzungen

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Prüfungsbeschluss - vorläufig - davon aus, dass die Beschwerde zulässig sei.

Ferner nahm der Verfassungsgerichtshof - unter Hinweis auf die entsprechenden Erwägungen im Erkenntnis VfSlg. 16.404/2001, S 1003 Pkt. 1.3.2.1., - vorläufig an, dass die im Spruch bezeichneten Verordnungsbestimmungen im vorliegenden Zusammenhang präjudiziell sind und - da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorzuliegen scheinen - das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig ist.

1.2. Der Auffassung, dass die Beschwerde zulässig ist, ist die Kärntner Landesregierung nicht entgegen getreten. Es ist auch sonst nichts hervorgekommen, was gegen diese Auffassung spräche.

1.3.1. Zur Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen äußert sich die Kärntner Landesregierung im Wesentlichen wie folgt:

"1. Zur Präjudizialität der im Spruch des bekämpften Bescheides bezeichneten Verordnungsbestimmungen ... erübrigt sich in Anbetracht [des] Hinweises [im Prüfungsbeschluss auf die diesbezügliche Begründung im Erkenntnis VfSlg. 16.404/2001, S 1003 Pkt. 1.3.2.1.] und der auch vom Verfassungsgerichtshof im Unterbrechungsbeschluss unter Pkt. 3.1. ausdrücklich hervorgehobenen weitgehenden Identität der Sachlage eine eingehende inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser Frage im Rahmen der vorliegenden Stellungnahme.

Auf folgende Ungereimtheit sei aber hingewiesen:

Prüfungsgegenstand im vorliegenden Verfahren sind die Worte 'Bleiburg-Ebersdorf' sowie 'Bleiburg' im Abschnitt B Pkt. 3 lita und b der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom , Zl. 4600/1/81 in der Fassung der Verordnung vom , Zl. 1830/1/98. Dieser Festlegung des Prüfungsgegenstandes liegt offensichtlich die Annahme zu Grunde, dass der Beschwerdeführer auf einer Zufahrtsstraße in das Ortsgebiet von Bleiburg eingefahren ist, auf der der Beginn des Ortsgebietes mit der Ortstafel 'Bleiburg-Ebersdorf' angezeigt ist. Aus der im Unterbrechungsbeschluss wiedergegebenen weiteren Begründung des Bescheides ist dies aber nicht ableitbar. Es ist daraus nur ersichtlich, dass der Berufungswerber auf der Höhe des Straßenkilometers 18,8 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km im Ortsgebiet laut Lasermessung, abzüglich der Messfehlergrenze, um 21 km überschritten hat. Er lenkte dabei sein Fahrzeug auf der B 81 der Bleiburgerstraße in Fahrtrichtung Einersdorf und zwar ca. 110 m vor dem Verkehrszeichen 'Ortsende' gemäß § 53 Z 17b StVO mit der Ortsbezeichnung 'Bleiburg'. Nachdem aus de[n] verfahrensgegenständlichen Unterlagen nicht entnommen werden kann, von welcher Richtung der Berufungswerber in das Ortsgebiet von Bleiburg eingefahren ist, ist die Präjudizialität des Verkehrszeichens gemäß § 53 Z 17a StVO mit der Ortsbezeichnung 'Bleiburg-Ebersdorf' bei Straßenkilometer 16.708 in Frage gestellt.

2. Das dem Verfassungsgerichtshof verfassungsrechtlich eingeräumte amtswegige Normprüfungsrecht nach den Art 139 Abs 1, 139a und 140 Abs 1 B-VG soll gewährleisten, dass dem Verfassungsgerichtshof Mittel und Wege offen stehen, Normen, auf die er sich in seinen Entscheidungen zu berufen hat, auf ihre Verfassungs- bzw. Gesetzmäßigkeit hin kontrollieren zu können. In diesem Sinne sind bei einem vom Verfassungsgerichtshof von Amts wegen einzuleitenden Normprüfungsverfahren jene Bestimmungen als präjudiziell anzusehen, die von der Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, bei der Erlassung dieses Bescheides in denkmöglicher Weise - wenn auch vielleicht zu Unrecht - angewendet wurden, oder die diese Behörde anzuwenden verpflichtet war und die darum auch der Verfassungsgerichtshof bei der Entscheidung über die gegen den Bescheid erhobene, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde anzuwenden hätte. Präjudiziell sind aber auch jene gesetzlichen Bestimmungen, die der Verfassungsgerichtshof anzuwenden hätte, obgleich sie von der belangten Behörde weder angewendet wurden noch anzuwenden waren (vgl. dazu ua. VfSlg. 16.241/2001).

Diese sehr weitreichende Prüfungsingerenz des Verfassungsgerichtshofes überträgt ihm aber auch den Auftrag, jeglichen Bedenken im Hinblick auf Verfassungs- oder Gesetzeskonformität gegenüber Rechtsvorschriften, die er in einem anhängigen Verfahren anzuwenden hätte, nachzugehen und diese zum Anlass einer Prüfung zu nehmen.

3. Im sog. Ortstafel-Erkenntnis (VfSlg. Nr. 16.404/2001) - dessen weitgehende Sachlagenidentität im Unterbrechungsbeschluss ausdrücklich hervorgehoben wurde - ist die Präjudizialität der Verordnung der Bundesregierung über die Bestimmung von Gebietsteilen, in denen topographische Bezeichnungen in deutscher und slowenischer Sprache anzubringen sind, BGBl. Nr. 306/1977 (im Folgenden: 'Topographieverordnung'), damit begründet worden, dass sie ua. für die - in der Gemeinde St. Kanzian am Klopeiner See im politischen Bezirk Völkermarkt gelegene - Ortschaft St. Kanzian eine Ortsbezeichnung in slowenischer Sprache ausschließt. Dieser Ausschluss wurde wegen des vergleichbaren Zusammenhangs mit einem Verweis auf Pkt. III.3.1.1. des Erkenntnisses VfSlg. 15.907/2000 begründet. In der genannten Stelle wurde die zitierte Bestimmung der Amtssprachenverordnung als eine 'abschließende Regelung' qualifiziert.

Die gesetzliche Grundlage der Topographieverordnung ist in den §§2 Abs 1 und 2 des Volksgruppengesetzes (VGG) normiert. Den aus diesen Gesetzesnormen ableitbaren, an die Bundesregierung gerichteten Umsetzungsauftrag im Verordnungswege ist die Bundesregierung aber nicht nur mit der Topographieverordnung, sondern zusätzlich mit der Erlassung einer weiteren Verordnung, nämlich mit der Verordnung, mit der die slowenischen Bezeichnungen für Ortschaften festgesetzt werden, BGBl. Nr. 308/1977 (im Folgenden: 'Ortsnamenverordnung') nachgekommen.

Die Wortwahl in § 12 Abs 2 VGG deutet zumindest ebenso deutlich, wenn nicht noch deutlicher auf die Absicht des Volksgruppengesetzgebers hin, der Bundesregierung bei der Festlegung der Örtlichkeiten den Auftrag zu einer taxativen Normierung zu geben (arg.: 'die für eine zweisprachige Bezeichnung in Betracht kommen').

Gleiches gilt für den Auftrag, die topographischen Bezeichnungen (Ortsnamen) in der Sprache der in Betracht kommenden Volksgruppe festzulegen.

Nachdem im Rahmen des sog. Ortstafel-Erkenntnisses eine aus der Präjudizialität erfließende Prüfkompetenz des Verfassungsgerichtshofes für die sog. Topographieverordnung abgeleitet wurde, stellt sich die Frage, warum das nicht auch für die auf der selben Rechtsgrundlage ergangene Ortsnamenverordnung in gleicher Weise gelten soll? Die Begründung, dass die in der Topographieverordnung vorgenommene Aufzählung für die Ortschaft St. Kanzian eine Ortsbezeichnung in slowenischer Sprache ausschließe, weil sie eine abschließende Regelung treffe, dürfte wohl in gleicher Weise für die Aufzählung in der Ortsnamenverordnung gelten. Beide Verordnungen beruhen auf der selben Gesetzesgrundlage und für beide gelten die selben Erzeugungsbedingungen, indem sie von der Bundesregierung nur im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates und nach Anhörung der in Betracht kommenden Landesregierung erlassen werden dürfen.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg 16.404/2001, S. 1004, die Ortsnamenverordnung mit der Begründung keiner näheren Prüfung unterzogen, dass 'die unterlassene Festsetzung einer slowenischen Bezeichnung ... erst die Folge des Umstandes ist, dass solche Gebietsteile nicht in die Verordnung BGBl. 19[7]7/306 aufgenommen wurden.' Geht man aber aufgrund der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes von einer abschließenden Regelung auch in der Ortsnamenverordnung aus, hatte die verordnungserlassende Behörde keinen Spielraum für eine - wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss meint - unmittelbare Anwendung des Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien, zumal nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Ortsnamenverordnung durch die Aufhebung des Wortlautes in § 2 Abs 1 Z 2 VGG durch das Ortstafel-Erkenntnis ihre gesetzliche Grundlage verloren hat. Hätte der Verfassungsgerichthofs nämlich eine Derogation angenommen, so hätte er selbst die Verordnung aufgehoben (vgl. ua. 14.256/1995)."

1.3.2. Dem ist Folgendes zu erwidern:

1.3.2.1. Der in erster Instanz ergangene Verwaltungsstrafbescheid lautet im hier maßgeblichen Zusammenhang wie folgt:

"Sie haben am um 13.51 Uhr als Lenker des Kraftfahrzeuges VK-210 AH auf der Bleiburgerstraße (B 81) in Bleiburg, auf Höhe des StrKm 18.8, Gemeinde Bleiburg, Bezirk Völkermarkt, in Fahrtrichtung Einersdorf, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h im Ortsgebiet laut Lasermessung abzüglich der Messfehlergrenze um 21 km/h überschritten."

Mit dem beim Verfassungsgerichtshof im Anlassbeschwerdeverfahren bekämpften Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen.

Das "Ortsgebiet" im Verlauf der Bleiburger Bundesstraße, von dem im oben wiedergegebenen erstinstanzlichen Bescheid die Rede ist, wird durch die in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen festgelegt, und zwar notwendiger Weise sowohl durch die lita als auch durch die litb des § 1 Abschnitt B) Punkt 3 der in Rede stehenden Verordnung. Anders ließe sich das Ortsgebiet iSd. § 2 Abs 1 Z 15 StVO, also "das Straßennetz, innerhalb der Hinweiszeichen 'Ortstafel' ... und 'Ortsende' ..." [Hervorhebungen nicht im Original] nicht festlegen.

Die Auffassung der Kärntner Landesregierung, Abschnitt B) Punkt 3 lita der in Rede stehenden Verordnung, und damit das Wort "Bleiburg-Ebersdorf", sei hier nicht präjudiziell, trifft somit nicht zu.

1.3.2.2. § 2 Abs 1 Z 2 VolksgruppenG sieht (nach Aufhebung der Wortfolge "wegen der verhältnismäßig beträchtlichen Zahl (ein Viertel) der dort wohnhaften Volksgruppenangehörigen" mit dem Erkenntnis VfSlg. 16.404/2001 vor, dass durch Verordnung der Bundesregierung festzulegen sind: "Die Gebietsteile, in denen topographische Bezeichnungen zweisprachig anzubringen sind." § 12 Abs 2 erster Satz VolksgruppenG sieht dazu Folgendes vor:

"In der Verordnung nach § 2 Abs 1 Z 2 sind auch die Örtlichkeiten, die für eine zweisprachige Bezeichnung in Betracht kommen, sowie die topographischen Bezeichnungen in der Sprache der in Betracht kommenden Volksgruppen festzulegen, die neben der deutschsprachigen Bezeichnung anzubringen sind."

Die im zweiten Satzteil getroffene Regelung betreffend die Festlegung der topographischen Bezeichnungen in der Sprache der in Betracht kommenden Volksgruppen gilt im Hinblick sowohl auf ihren eindeutigen Wortlaut als auch wegen ihres Zusammenhanges mit der restlichen Bestimmung des § 12 Abs 2 erster Satzteil sowie des § 2 Abs 1 Z 2 VolksgruppenG für solche Fälle, in denen durch eine auf das VolksgruppenG gestützte Verordnung ein Gebietsteil als ein solcher bestimmt wurde, in dem topographische Bezeichnungen zweisprachig anzubringen sind. Für die im vorliegenden Zusammenhang allein maßgebliche Frage, ob die in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen dem Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien widersprechen, weil in der Ortschaft Bleiburg die straßenpolizeilichen Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" - wie es in Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien heißt - "sowohl in slowenischer Sprache wie in Deutsch" zu verfassen gewesen wären, ist hingegen die Verordnung BGBl. 1977/308 ohne Bedeutung (in diesem Sinne schon VfSlg. 16.404/ 2001, S 1004, Pkt. 1.3.2.1., letzter Absatz). Insoferne ist aber aus dem diesbezüglichen Vorbringen der Kärntner Landesregierung für die Zulässigkeit des vorliegenden Verordnungsprüfungsverfahrens nichts zu gewinnen.

1.3.3. Damit erweisen sich aber die in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen im vorliegenden Zusammenhang als präjudiziell iSd. Art 139 Abs 1 B-VG.

1.4. Da sämtliche Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist das eingeleitete Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof stützte seine Bedenken gegen die in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen auf die folgenden Erwägungen:

"[a] In seiner - ua. Bestimmungen einer Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt über Straßenverkehrszeichen im Verlauf der St. Kanzianer Straße L 116, die in allen hier wesentlichen Belangen den im vorliegenden Verfahren in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen entsprachen, betreffenden - Entscheidung VfSlg. 16.404/2001 hat der Verfassungsgerichtshof in Bezug auf Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien iW das Folgende zu Recht erkannt:

'Das Anbringen [der Hinweiszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende'

iSd. § 53 Abs 1 Z 17a und 17b StVO unterfällt] in geradezu typischer

Weise dem Tatbestand des Verfassens von 'Bezeichnungen und

Aufschriften ... topographischer Natur' iSd. Art 7 Z 3 zweiter Satz des

Staatsvertrages von Wien. Nun besteht aber zwischen den ...

Bestimmungen der StVO und den ... gemeinderechtlichen Regelungen über

die (Unter-)Gliederung des Gemeindegebietes in Ortschaften bzw.

Gemeindeverwaltungsteile folgender normativer Zusammenhang: Gemäß § 53

Abs1 Z 17a StVO hat das Hinweiszeichen 'den Namen des Ortes'

anzugeben. Dabei handelt es sich um den 'amtlichen Namen' des

jeweiligen Ortes, der 'nicht identisch sein [muss] mit dem Namen der

... Gemeinde' (Messiner, Straßenverkehrsordnung10, 988). Damit ist

aber - gegebenenfalls - nichts anderes gemeint als die Bezeichnung

der jeweiligen (Unter-)Gliederung des Gemeindegebietes, die sich auf

Grund der ... gemeinderechtlichen Vorschriften ergibt.

...

[Ausgehend davon] ist dem Begriff 'Verwaltungsbezirk' gemäß

Art7 Z 3 zweiter Satz des Staatsvertrages von Wien, insoweit es um das

Verfassen von 'Bezeichnungen und Aufschriften ... topographischer

Natur' in Form der in Rede stehenden straßenverkehrsrechtlichen

Hinweiszeichen geht, ... ein Verständnis beizulegen, das sich an den

tatsächlichen, dh. - gegebenenfalls - ortschaftsbezogenen, Siedlungsschwerpunkten der betreffenden Volksgruppe orientiert. Demgemäß sind unter dem Begriff 'Verwaltungsbezirk' in diesem normativen Zusammenhang auch 'Ortschaften' oder 'Gemeindeverwaltungsteile' im mehrfach erwähnten gemeinderechtlichen Sinn zu verstehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. dazu zuletzt ) ist unter dem Begriff (des Verwaltungsbezirkes mit) 'gemischte[r] Bevölkerung' iSd. Art 7 Z 3 des Staatsvertrages von Wien ein Gebiet zu verstehen, in dem 'eine größere Zahl der dort wohnenden Personen zur Minderheit gehören müsse' bzw. für das ein 'nicht ganz unbedeutender (Minderheiten)Prozentsatz' vorliege, wobei den diesbezüglichen Feststellungen 'bloß eine vergröberte statistische Erfassung zugrundezulegen' sei, wie sie sich va. aus den einschlägigen statistischen Erhebungen im Rahmen der Volkszählungen ergebe.

Ausgehend davon hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis mit Bezug auf Art 7 Z 3 erster Satz des Staatsvertrages von Wien Folgendes ausgesprochen:

'Dem Begriff (des Verwaltungsbezirkes mit) 'gemischte[r] Bevölkerung' unterfällt ... auch (schon) eine Gemeinde, die ... bei der Volkszählung 1991 einen Anteil von 10,4% slowenisch sprechender österreichischer Wohnbevölkerung aufwies und in der dieser Anteil bzw. der Anteil slowenisch Sprechender an der Wohnbevölkerung insgesamt bei den vorhergehenden Volkszählungen 8,0% (1951), 10,0% (1961), 15,9% (1971) und 9,5% (1981) betrug. ... [A]ngesichts der oben angegebenen (Minderheiten)Prozentsätze [kann] am Vorliegen 'gemischter Bevölkerung' kein Zweifel bestehen.'

...

Der Verfassungsgerichtshof ist der Auffassung, dass dem Begriff (des Verwaltungsbezirkes mit) 'gemischte[r] Bevölkerung' in Art 7 Z 3 zweiter Satz des Staatsvertrages von Wien keine andere Bedeutung zukommt als im ersten Satz dieser Bestimmung.

...

Im Hinblick darauf ist auch noch eine Ortschaft, die ... über einen längeren Zeitraum betrachtet einen Minderheitenprozentsatz von mehr als 10% aufweist, als Verwaltungsbezirk mit gemischter Bevölkerung iSd. Art 7 Z 3 zweiter Satz des Staatsvertrages von Wien zu qualifizieren.'

[b] Der Verfassungsgerichtshof geht weiters - vorläufig - von Folgendem aus:

Die Ortschaft Bleiburg wies bei der Volkszählung 2001 einen Anteil von 16,1% slowenisch sprechender österreichischer Wohnbevölkerung auf; dieser Anteil bzw. der Anteil slowenisch Sprechender an der Wohnbevölkerung insgesamt betrug bei den vorhergehenden Volkszählungen, soweit dem Verfassungsgerichtshof ortschaftsweise Auswertungen vorliegen, 15,1% (1961), 17,5% (1971) und 14,8% (1991), wobei zu berücksichtigen ist, dass bei diesen Volkszählungen auf die windischsprachige Bevölkerung 4% (1961), 0,8% (1971) sowie 0,9% (1991) und auf die deutschsprachige Bevölkerung 80,9% (1961), 81,7% (1971), 84,3% (1991) und 83,9% (2001) entfielen.

Die Ortschaft Ebersdorf wies bei der Volkszählung 2001 einen Anteil von 12,2% slowenisch sprechender österreichischer Wohnbevölkerung auf; dieser Anteil bzw. der Anteil slowenisch Sprechender an der Wohnbevölkerung insgesamt betrug bei den vorhergehenden Volkszählungen, soweit dem Verfassungsgerichtshof ortschaftsweise Auswertungen vorliegen, 6,9% (1961), 17% (1971) und 18% (1991), wobei zu berücksichtigen ist, dass bei diesen Volkszählungen auf die windischsprachige Bevölkerung 6% (1961), 1,5% (1971) sowie 0% (1991) und auf die deutschsprachige Bevölkerung 87,1% (1961), 81,5% (1971), 82% (1991) und 87,8% (2001) entfielen.

[c] Nach der Aufhebung der Wortfolge 'In der Gemeinde Bleiburg in den Gebieten der ehemaligen Gemeinden Feistritz ob Bleiburg und Moos, in der Gemeinde Eisenkappel-Vellach im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Vellach, in der Gemeinde Globasnitz und in der Gemeinde Neuhaus im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Schwabenegg.' in § 1 Z 2 der Verordnung BGBl. 1977/306 könnte diese Bestimmung von ihrem Wortlaut her so verstanden werden, dass in sämtlichen, im vorliegenden Zusammenhang in Betracht kommenden Gebietsteilen (hier also 'Ortsgebieten' iSd. StVO) im politischen Bezirk Völkermarkt zweisprachige Ortstafeln anzubringen wären. (Rechts-)Systematische und teleologische Erwägungen dürften jedoch dafür sprechen, dass Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien nunmehr (wiederum) unmittelbar zur Geltung gelangt und sich die davon betroffenen Ortschaften nunmehr - implizit - (wieder) aus dieser unmittelbar anwendbaren staatsvertraglichen Bestimmung im Verfassungsrang ergeben (vgl. dazu VfSlg. 15.970/2000, S 480 Pkt. 3.4.).

[d] Auf Grund all dieser Überlegungen dürfte die Verfassungsbestimmung des Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien für die - in der Gemeinde Bleiburg gelegenen - Ortschaften 'Bleiburg' und 'Ebersdorf' gebieten, dass Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur, insbesondere auch die hier in Rede stehenden Straßenverkehrszeichen, sowohl in slowenischer Sprache wie in Deutsch zu verfassen sind. Die in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen scheinen somit dem Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien zu widersprechen, wobei es zur Beseitigung dieser Rechtswidrigkeit auszureichen scheint, bloß die Anordnung der - allein deutschsprachigen - Ortsbezeichnungen 'Bleiburg' bzw. 'Bleiburg-Ebersdorf' aufzuheben."

2.2. Die Kärntner Landesregierung äußert sich in ihrer Stellungnahme dazu wie folgt:

"1. Zur Bedeutung des Begriffes 'Verwaltungsbezirk mit gemischter Bevölkerung':

Im Unterbrechungsbeschluss hat der Verfassungsgerichtshof seine Entscheidung VfSlg. Nr. 16.404/2001 unter Pkt. 3.1. auszugsweise zitiert. In der Zitierung auf der Seite 14 3. Absatz wird dabei der Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes in der Entscheidung 15.970/2000 mit Bezug auf Art 7 Z 3 erster Satz des StV Wien zum Begriff des 'Verwaltungsbezirkes mit gemischter Bevölkerung' wiedergegeben. Danach fällt unter diesen Begriff 'auch (schon)' eine Gemeinde, die ... bei der Volkszählung 1991 einen Anteil von 10,4% slowenisch sprechender österreichischer Wohnbevölkerung aufwies und in der dieser Anteil bzw. der Anteil slowenisch Sprechender an der Wohnbevölkerung insgesamt bei den vorhergehenden Volkszählungen 8,0% (1951), 10,5% (1961), 15,9% (1971) und 9,5% (1981) betrug.

Im übernächsten Absatz dieser Zitatenfolge wird dem Begriff 'Verwaltungsbezirk mit gemischter Bevölkerung' im Sinne des Art 7 Z 3 zweiter Satz des StV von Wien die Bedeutung zugeordnet, dass darunter 'auch noch eine Ortschaft, die ... über einen längeren Zeitraum betrachtet einen Minderheitenprozentsatz von mehr als 10% aufweist' fällt.

Es muss nun hinterfragt werden, welches Verständnis dem zwischen den beiden genannten Absätzen wiedergegebenen Zitat aus dem Erkenntnis 16.404/2001 zuzuordnen ist, wonach der Verfassungsgerichtshof der Auffassung ist, 'dass dem Begriff (des Verwaltungsbezirkes mit) gemischte[r] Bevölkerung' in Art 7 Z 3 zweiter Satz des StV Wien keine andere Bedeutung zukommt, als im ersten Satz dieser Bestimmung. Welche Bedeutung auch immer dem Begriff 'Verwaltungsbezirk' zugeordnet werden mag, jedenfalls handelt es sich dabei um die Beschreibung einer territorialen Einheit. Mögen auch zwischen den einzelnen Gemeinden und ebenso den Ortschaften in Bezug auf das jeweilige Flächenausmaß markante Disparitäten bestehen, so muss doch vom Prinzip her festgehalten werden, dass die Ortschaften Untergliederungen der Gemeinden, also Gemeindeverwaltungsteile, darstellen. Insoferne wird keine Identität in der Bedeutung erkannt.

Sofern allerdings die im Erkenntnis 16.404/2001 hervorgehobene Identität des Begriffes 'Verwaltungsbezirk mit gemischter Bevölkerung' in Art 7 Z 3 erster und zweiter Satz des StV Wien gar nicht als Bezugnahme auf die territoriale Einheit, sondern die jeweils anspruchsbegründende Volksgruppenkonzentration gedacht war - wenn also die Begriffsidentität auf den Ausdruck 'gemischte Bevölkerung' beschränkt gesehen werden sollte, so müsste einem solchen Verständnis der untrennbare Zusammenhang zwischen der Größe der maßgeblichen territorialen Einheit und dem rechtfertigbaren Präsenzquorum der Volksgruppe entgegengehalten werden.

Sehr ausführlich hat sich mit dieser Frage die 'Studienkommission für Probleme der slowenischen Volksgruppe beim Bundeskanzleramt', in den Medien vereinfacht 'Ortstafelkommission' genannt, auseinandergesetzt, die im Dezember 1972 nach dem Scheitern der Umsetzung des Ortstafelgesetzes 1972 eingerichtet wurde. Diese aus Vertretern der politischen Parteien, Vertretern der römisch-katholischen und der evangelischen Kirche, sowie Experten verschiedener Fachgebiete (Staatsrechtler, Völkerrechtler, Historiker und Sprachwissenschaftler) zusammengesetzte Kommission, der ua. die Aufgabe übertragen wurde, den im Art 7 Z 3 des StV Wien enthaltenen Begriff 'slowenische oder gemischte Bevölkerung' in seiner Beziehung zum Begriff 'slowenische Minderheit', der in der Überschrift des Art 7 und in dessen Absätzen 1, 2 und 5 verwendet wird, abzuklären und der auch der Auftrag erteilt war, zu erörtern, wie das Gebiet abzugrenzen ist, auf das die Bestimmungen des Art 7 Z 3 des StV Wien anzuwenden sind und welche Quantität an slowenischer oder gemischter Bevölkerung für die Anwendung der Bestimmungen maßgebend sein soll, hat in ihrem Zwischenbericht aus dem Jahr 1974 jedenfalls Einvernehmen darüber gefunden, dass der für die Handhabung der Bestimmungen des Art 7 Z 3 des Staatsvertrags maßgebende Prozentsatz an slowenischer Bevölkerung umso kleiner sein muss, je größer die in Betracht gezogene Gebietseinheit ist (vgl. Theodor Veiter, Die Kärntner Ortstafelkommission. Arbeit und Ergebnisse der Studienkommission für Probleme der slowenischen Volksgruppe in Kärnten 1972 bis 1975, Klagenfurt 1980, S 134). In dieser Kommission blieb zwar die entscheidende Frage, wie groß der Prozentsatz sein sollte, letztlich unbeantwortet, weil man den Standpunkt vertrat, dass diese Frage eine wissenschaftlich nicht exakt lösbare, insoweit also eine politische sei (vgl. Schlussbericht der Kommission vom Juni 1975, wiedergegeben bei Veiter, Ortstafelkommission, S 343. Diese Einschätzung teilen auch: Hilpold, Der Ortsnamenstreit in Kärnten und in Südtirol, aus rechtsvergleichender und völkerrechtlicher Sicht, JBl 2003, S 94 und 103 und Kolonovits, 'Ortstafelerkenntnis' (, V62/63/01) - Umsetzung möglich? JAP 2001/2002, S 187 ff).

Wenngleich die heterogene Zusammensetzung der Studienkommission und die dadurch bedingte Meinungsvielfalt das Erreichen des Einvernehmens erschwerte, konnte doch zu einzelnen wichtigen Fragen eine grundsätzliche Abklärung erreicht werden. So wurde zur Frage der Bedeutung des Begriffes 'Verwaltungsbezirk' unter Heranziehung der völkerrechtlich authentischen Fassung in englischer, französischer und russischer Sprache des Staatsvertrages und unter Berücksichtigung der Bedeutung der dort verwendeten Begriffe in der Verwaltungspraxis festgestellt, dass darunter nicht der politische Bezirk zu verstehen sei und es wurde von der weitaus überwiegenden Mehrheit der Kommission die Gemeinde als die für die Anwendung des Art 7 Z 3 des Staatsvertrages maßgebende Gebietseinheit angesehen (vgl. Zwischenbericht der Studienkommission aus dem Jahr 1974, ebenfalls wiedergegeben bei Veiter, Ortstafelkommission,

S 133 ff).

Wenngleich zum maßgeblichen Prozentsatz, der im Sinne von Art 7 Z 3 des Staatsvertrags für die Volksgruppe anspruchsbegründend sein sollte, in der Kommission keine Einigung erzielt werden konnte, können den Kurzprotokollen der einzelnen Sitzungen durchaus wichtige Ansatzpunkte zu dieser Frage entnommen werden. So hat etwa laut dem Kurzprotokoll über die Sitzung der Unterkommission der Studienkommission vom , GZ 51.810-2A/74, Theodor Veiter für das gesamte gemischtsprachige Gebiet im Sinne der schulrechtlichen Regelungen eine Volksgruppenkonzentration von 5%, für die politischen Bezirke und Gerichtsbezirke 10% und für Gemeinden 20% zur Diskussion gestellt. Den Ausarbeitungen Matschers für die Studienkommission (ebenfalls wiedergegeben bei Veiter, Ortstafelkommission, S 181), kann entnommen werden, dass es durchaus als vertretbar erachtet wird, den einzelnen im Art 7 Z 3 StV Wien eingeräumten Rechten unterschiedliche Prozentsätze zu Grunde zu legen, weil die 'Intensität' der erforderlichen Minderheitenschutz-Maßnahmen auch vom prozentuellen Anteil der Minderheit im fraglichen Gebiet abhänge. Diese Meinung vertritt auch Hilpold, aa0. S 97.

In Anbetracht des Umstandes, dass die in dieser Studienkommission erzielten Ergebnisse für die im gegenständlichen Verfahren maßgeblichen Fragen durchaus wertvolle Entscheidungshilfen darstellen können, darf der Antrag gestellt werden, der Verfassungsgerichtshof möge seinen Beratungen die beim Bundeskanzleramt verwahrten Protokolle der Studienkommission zu Grunde legen.

2. Zur Erfassung der Volksgruppenangehörigen:

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Unterbrechungsbeschluss unter Pkt. 2.3 seiner Entscheidung - vorläufig - die in den Ortschaften Bleiburg und Ebersdorf bei den Volkszählungen 1961, 1971, 1991 und 2001 ermittelten Anteile slowenisch sprechender österreichischer Wohnbevölkerung sowie die Anteile der bei diesen Volkszählungen ermittelten windischsprachigen Bevölkerung und der deutschsprachigen Bevölkerung zugrunde gelegt. Diese Feststellungen sollten offensichtlich die Grundlage zur Beantwortung der Frage, ob die betreffenden Ortschaften als Verwaltungsbezirke mit gemischter Bevölkerung zu qualifizieren sind, dienen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. dazu zuletzt VfSlg. Nr. 15.970/2000) reicht es zur Beurteilung der Frage, ob ein ausreichender (Minderheiten-)Prozentsatz vorliegt, aus, dies auf der Basis einer vergröberten statistischen Erfassung, wie sie sich vor allem aus den einschlägigen statistischen Erhebungen im Rahmen der Volkszählung ergibt, zu beurteilen.

Abgesehen davon, dass das bei den Volkszählungen gewonnene Zahlenmaterial im Hinblick auf den dabei ermittelten Volksgruppenanteil von einigen slowenischen Historikern in der Vergangenheit unmissverständlich kritisiert wurde (vgl. insb. Vladimir Klemencic, Kritik der amtlichen österreichischen Volkszählungen 1951, 1961 und 1971 im Hinblick auf die slowenische Minderheit und das Slowenische als Umgangssprache, oder Bogo Grafenauer, Theorie und Praxis der Volkszählungen in Kärnten von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis Ende 1970) und Veiter die Ergebnisse der Volkszählung 1971 überhaupt als 'manipuliert' bezeichnete (vgl. Veiter, Ortstafelkommission S 73 und 338, dazu kritisch auch auf S 65), hat vor allem auch das Österreichische Statistische Zentralamt als Vorgänger der Statistik Austria Vorbehalte zur Verwendbarkeit der Umgangssprachenangaben als Messgröße für die Beurteilung des Volksgruppenanteiles geäußert. In einem Schreiben vom , Zl 99.027/01-GZ/91, hat das Österreichische Statistische Zentralamt ausdrücklich ausgeführt, dass bei der Erhebung auf Grund des Volkszählungsgesetzes die Umgangssprache, also jene Sprache ermittelt wird, welche 'gewöhnlich im privaten Bereich (Familie, Verwandte, Freunde usw.) gesprochen wird'. In diesem Zusammenhang hat das Österreichische Zentralamt 'Wert darauf (gelegt), festzustellen, dass die Auswertung der Frage nach der Umgangssprache keine Erhebung der Stärke der Volksgruppen ('Minderheitenzählung o.ä.') darstellt'. In weiterer Folge wird in diesem Schreiben ausgeführt, dass 'die Ergebnisse ... lediglich Aussagen zu(lassen), wie viele Personen (auch) Slowenisch als Umgangssprache benutzen.' Weiters wird vom Österreichischen Statistischen Zentralamt in diesem Zusammenhang angemerkt, dass die Volkszählung dazu dienen soll, 'ein Bild der Bevölkerung Österreichs wiederzugeben, der Altersverteilung, beruflichen und wirtschaftlichen Zugehörigkeit genauso wie der zu bestimmenden Sprachgruppen. Die Zuerkennung von Rechten und Pflichten hat damit nichts zu tun.'

Diese Klarstellung des Statistischen Zentralamtes gewinnt vor allem auch im Hinblick darauf Bedeutung, dass im Zuge der Vorbereitung der Minderheitenschutzbestimmungen des Staatsvertrages über Betreiben der russischen Seite ausdrücklich auf den Begriff 'sprachliche Minderheiten' verzichtet wurde und auf Betreiben des russischen Sonderbeauftragten 'Zarubin' im russischen Text der Begriff 'nationale Minderheit' beibehalten wurde (vgl. dazu die russische Fassung des endgültigen Staatsvertragstextes, BGBl. Nr. 152/1955, S 747).

Auch in der Studienkommission bestand Übereinstimmung darüber, dass für die Zugehörigkeit zur slowenischen Bevölkerung nicht nur sprachliche, sondern auch andere objektive und subjektive Kriterien (wie Abstammung, kulturelle Besonderheiten, Gefühl der Zusammengehörigkeit) maßgebend sind (vgl. Veiter, Ortstafelkommission, S. 66).

Es muss auch die Frage aufgeworfen werden, warum bei der statistischen Erfassung auf der Grundlage der einschlägigen statistischen Erhebungen im Rahmen der Volkszählungen im Unterbrechungsbeschluss und auch bereits im Ortstafel-Erkenntnis die Ergebnisse der geheimen Erhebung der Muttersprache vom - die einzige Erhebung auf der Basis des Volkszählungsgesetzes, bei der nicht nach der Umgangssprache, sondern tatsächlich nach der Muttersprache gefragt wurde - bei der Beurteilung unberücksichtigt bleibt?

Die Problematik der prioritären Heranziehung der Umgangssprachenangaben bei den Volkszählungen zur Ermittlung des Volksgruppenanteils unterstreichen aber auch die vereinzelt massiv feststellbaren Schwankungen in den Angaben. Solche Schwankungen zeigen sich auch bei den Volkszählungsergebnissen für die Ortschaft Ebersdorf, bei der sich der Volksgruppenanteil zwischen 1961 und 1971 von 6,9% auf 17% nahezu verdreifacht hätte! (Demgegenüber ist die Anzahl der österreichischen Staatsbürger in diesem Zeitraum sogar von 418 auf 385 gesunken). Diese eklatante Steigerung kann auch nicht durch den gleichzeitigen Rückgang der Angaben der Windischsprachigkeit von 6% auf 1,5% begründet werden. (Ob österreichische Staatsbürger, die damals die windische Sprache als Umgangssprache angegeben haben, aber auch tatsächlich der slowenischen Volksgruppe zugeordnet werden wollen, mag dabei dahingestellt bleiben [vgl. dazu auch Veiter, Ortstafelkommission, S 27 und 59, und Kolonovits, aaO, S 191].)

Es gibt im slowenischen Siedlungsgebiet aber noch weitere Ortschaften, in denen die Schwankungen der Angaben über die Umgangssprache sehr gravierend ausgefallen sind, beispielsweise in der Ortschaft Humtschach in der Gemeinde Eberndorf. Dort haben im Jahre 1971 noch 133 der 142 österreichischen Bewohner, also 93,7% slowenisch als Umgangssprache angegeben, 1981 nur noch 10 der 144 Bewohner, das sind 6,9%, im Jahre 1991 hat überhaupt nur noch ein einziger der 149 österreichischen Staatsbürger, also 0,7%, als Umgangssprache slowenisch angegeben, während im Jahre 2001 wieder drei Staatsbürger von 133, als 2,3%, slowenisch als Umgangssprache angegeben haben. Es gibt aber nicht nur Beispiele, bei denen sich der Anteil der österreichischen Wohnbevölkerung, die slowenisch als Umgangssprache angegeben hat, rasant reduziert hat, auch gegenteilige Fälle sind - neben der Ortschaft Ebersdorf in der Stadtgemeinde Bleiburg - zu nennen. Beispielsweise die Ortschaft Nageltschach in der Gemeinde St. Kanzian am Klopeiner See, in der im Jahr 1971 von 102 Staatsbürgern lediglich 33, das sind 32,4%, als Umgangssprache slowenisch angegeben haben, im Jahre 1981 waren es von 121 Staatsbürgern 43 (35,5%), im Jahre 1991 von 129 Staatsbürgern 53 (das waren 41,1%) und im Jahre 2001 von 121 Staatsbürgern überhaupt 63 (das sind 50,8%). Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich etwa in der Ortschaft Haimburgerberg in der Gemeinde Diex, in der im Jahre 1971 von 259 Staatsbürgern lediglich 10 als Umgangssprache Slowenisch angegeben haben (3,9%), trotz des Rückgangs der Staatsbürger in dieser Ortschaft bei der Volkszählung 1981 auf 218 stieg die Zahl der Bewohner, die als Umgangssprache Slowenisch angegeben haben, auf 15 (6,9%); im Jahre 1991 gab es in dieser Ortschaft ein weiteres Sinken der Staatsbürgeranzahl auf 177, jedoch 35 davon (19,8%) gaben als Umgangssprache slowenisch an; bei der Volkszählung im Jahre 2001 war eine weitere Reduktion der Staatsbürgeranzahl in dieser Ortschaft auf 157 festzustellen, wovon immerhin noch 17 (10,8%) als Umgangssprache Slowenisch angaben.

Diese teilweise massiven Schwankungen in den Umgangssprachenangaben bestätigen zumindest die Vorbehalte gegenüber einer ausschließlichen Anknüpfung der Beurteilung der Volksgruppenzugehörigkeit in einer bestimmten Gebietseinheit an diese Angaben.

Als weiteren Problempunkt bei der Ermittlung der Volksgruppenzugehörigkeit ausschließlich auf der Basis der Volkszählungsergebnisse über die Umgangssprachenangaben ist der Aspekt des Datenschutzes bzw. des Statistikgeheimnisses zu nennen, der eine Auswertung der Erhebungsergebnisse für Ortschaften mit weniger als 31 Einwohnern verbietet (vgl. § 14 Abs 1 des Volkszählungsgesetzes). Wenn man bedenkt, dass alleine in der Stadtgemeinde Bleiburg, in der die vom gegenständlichen Verfahren erfassten Ortschaften Bleiburg und Ebersdorf liegen, von insgesamt 23 Ortschaften nicht weniger als sieben diese Zahl von mindestens 30 Staatsbürgern unterschreiten und damit die Auswertung der Umgangssprachenangaben für dieser Gemeindeteile gesetzlich untersagt wird, so bestätigt das auch die Vorbehalte, sich bei der Ermittlung des Anteils der Volksgruppenangehörigen in einem bestimmten Gebietsteil ausschließlich auf die Umgangssprachenerhebungsergebnisse im Rahmen der Volkszählungen zu stützen.

3. Zur Verfassung der Ortschaftsbezeichnungen in slowenischer Sprache:

Im Pkt. 3.4. des Unterbrechungsbeschlusses spricht der Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die fehlende Verfassung der Ortschaftsbezeichnungen in slowenischer Sprache auf den in Rede stehenden Straßenverkehrszeichen (Ortstafeln) aus. Er deutet in diesem Zusammenhang an, dass er davon ausgeht, dass der vermutete Widerspruch zu den Vorgaben in Art 7 Z 3 zweiter Satz des StV Wien bloß durch die Aufhebung der allein deutschsprachigen Ortsbezeichnungen beseitigt werden könnte.

In diesem Zusammenhang ist noch einmal auf die bereits im Zusammenhang mit der Frage der Präjudizialität ... angesprochene Problematik näher einzugehen. Der Verfassungsgerichtshof hat im Unterbrechungsbeschluss unter Pkt. 3.3. aus (rechts-)systematischen und teleologischen Erwägungen seine Präferenz dafür erkennen lassen, dass nach der Aufhebung der Wortfolge 'in der Gemeinde Bleiburg in den Gebieten der ehemaligen Gemeinde Feistritz ob Bleiburg und Moos, in der Gemeinde Eisenkappel-Vellach im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Vellach, in der Gemeinde Globasnitz und in der Gemeinde Neuhaus im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Schwabegg.', Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien nunmehr (wiederum) unmittelbar zur Geltung gelange und sich die davon betroffenen Ortschaften nunmehr - implizit - (wieder) aus dieser unmittelbar anwendbaren staatsvertraglichen Bestimmung im Verfassungsrang ergeben würden. Die Umsetzung dieses möglicherweise aus der durch die Kundmachung BGBl. II Nr. 37/2002 modifizierten Fassung von § 1 Z 2 der Topographieverordnung ableitbaren Verständnisses wird aber faktisch durch das Fehlen normativer Grundlagen für die slowenischen Bezeichnungen für Ortschaften, die nicht bereits von der Topographieverordnung in der Fassung vor der erwähnten Kundmachung BGBl. II Nr. 37/2002 erfasst waren, vereitelt.

Das Volksgruppengesetz überantwortet in § 2 Abs 1 Z 2 in Verbindung mit § 12 der Bundesregierung im Verordnungswege (im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates und nach Anhörung der in Betracht kommenden Landesregierung) nicht nur die Festlegung der Gebietsteile, in denen topographische Bezeichnungen zweisprachig anzubringen sind, es ist der Bundesregierung in gleicher Weise auch aufgetragen und vorbehalten, die Örtlichkeiten festzulegen, die für eine zweisprachige Bezeichnung in Betracht kommen, sowie die Festlegung der topographischen Bezeichnungen in der Sprache der in Betracht kommenden Volksgruppe. Dabei wird der Bundesregierung ausdrücklich aufgetragen, 'auf die örtliche Übung und auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung Bedacht zu nehmen'.

Dieser Regelungsvorbehalt für die Bundesregierung blockiert die im Unterbrechungsbeschluss unter Pkt. 3.4. angedeutete Erwartung, dass die zuständige Vollzugsinstanz (Bezirkshauptmann des politischen Bezirkes Völkermarkt) durch entsprechende Modifikation der Verordnung über die Festlegung der Ortsgebiete und die Anbringung der Ortstafeln auf der Grundlage der Straßenverkehrsordnung die aus der Sicht des Verfassungsgerichtshofes angedeutete Rechtswidrigkeit beseitigen könnte.

Wenn der Verfassungsgerichtshof, wie im Unterbrechungsbeschluss unter Pkt. 3.4. angedeutet, die intendierte Rechtswidrigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt bloß durch die Aufhebung der Anordnung - der allein deutschsprachigen - Ortsbezeichnungen 'Bleiburg' bzw. 'Bleiburg-Ebersdorf' umsetzen sollte, wird wegen der oben dargestellten Sperrwirkung der Ortsnamenverordnung dem Bezirkshauptmann des politischen Bezirkes Völkermarkt weiterhin die unmittelbare Anwendung der Verfassungsbestimmung des Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien in gesetzeskonformer Weise nicht möglich sein. Sowohl eine Anordnung der allein deutschsprachigen wie auch der Ortsbezeichnungen in slowenischer und deutscher Sprache wäre mit Rechtswidrigkeit belastet.

Abgesehen von der eindeutig nicht gegebenen Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde sei auch auf die Problematik hingewiesen, die mit der definitiven Festlegung der slowenischen Bezeichnungen von Ortschaften immer wieder verbunden ist (vgl. dazu auch Veiter, Ortstafelkommission, S. 146f). Die slowenischen Bezeichnungen sind nämlich teilweise beeinflusst von den lokalen slowenischen Dialektformen und damit auch in ihrer Schreibweise abweichend von der slowenischen Hoch- oder Schriftsprache (vgl. dazu auch: Veiter, Ortstafelkommission, S. 51f). Dies findet auch im letzten Satz des § 12 Abs 2 des VGG Berücksichtigung, wonach die Bundesregierung bei der Festlegung der topographischen Bezeichnungen in der Sprache der in Betracht kommenden Volksgruppe 'auf die örtliche Übung und auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung Bedacht zu nehmen' hat.

Dass allerdings die 'ortsübliche' slowenische Bezeichnung bereits in einem fünfjährigen Zeitraum Modifikationen unterliegen kann, zeigt allein ein Vergleich des Verzeichnisses der slowenischen Bezeichnungen der Ortschaften, die in der Anlage zum sogenannten Ortstafelgesetz, BGBl. Nr. 270/1972 enthalten waren, das mit Erlass des Bundeskanzleramtes vom GZ 83.818-2a/72 zur Verwendung angeordnet wurde, mit den slowenischen Bezeichnungen, die in der Ortsnamenverordnung vom festgelegt wurden. Beispielhaft sei verwiesen auf die slowenische Bezeichnung der Ortschaft Fellersdorf in der Gemeinde Ludmannsdorf, die im Erlass aus dem Jahre 1972 mit 'Bilnjeva' bezeichnet wurde und in der Verordnung aus dem Jahre 1977 mit 'Bilnjovs'. Auch die Ortschaft Wellersdorf in der selben Gemeinde wurde 1972 slowenisch mit 'Vilnja Ves' bezeichnet und im Jahre 1977 in der Ortsnamenverordnung mit 'Velinja Ves'. Auch die Ortschaft Gonowetz in der Gemeine Feistritz ob Bleiburg wurde unterschiedlich slowenisch bezeichnet und zwar 1972 mit 'Konjevece' und im Jahr 1977 mit 'Konovece'. Gleiches gilt für die Ortschaft Hinterlibitsch, ebenfalls in der Gemeinde Feistritz ob Bleiburg, die 1972 slowenisch mit 'Podlibic' und 1977 mit 'Suha' bezeichnet wurde. Unterschiedliche slowenische Bezeichnungen gab es auch für die Ortschaft Draurain in der Stadtgemeinde Bleiburg, diese wurde 1972 slowenisch mit 'Breg' bezeichnet, 1977 mit 'Brege'. Auch für die Ortschaft Kömmel in der Stadtgemeine Bleiburg wurden unterschiedliche Bezeichnungen gewählt und zwar 1972 'Komel' und 1977 'Komelj'. Auch die Ortschaft Replach in der selben Gemeinde wurde unterschiedlich slowenisch bezeichnet und zwar 1972 mit 'Reple' und 1977 mit 'Replje'. In der Gemeinde Eisenkappel-Vellach wurden für die Ortschaft Koprein-Petzen die slowenischen Bezeichnungen 'Koprivna pod Peco' (1972), und 'Pod Peco' (1977) gewählt und für die Ortschaft Koprein Sonnseite 'Koprivna proti soncu' (1972) und 'Koprivna' (1977). Das ist nur ein Auszug aus den Mutationen, die in den slowenischen Bezeichnungen der Ortschaften zwischen 1972 und 1977 festzustellen sind.

Die teilweise heftigen Diskussionen über die gewählten topographischen Bezeichnungen in der Volksgruppensprache (vgl. dazu auch Pohl, Kärnten ... deutsche und slowenische Namen, S. 34) machen sogar vor den in der Ortsnamenverordnung bereits festgeschriebenen Namensformen nicht halt. So hat beispielsweise die slowenische Bezeichnung für die Ortschaft Windisch-Bleiberg 'Slovenji Plajberg' im Zuge der Aufstellung der zweisprachigen Ortstafeln für diese Ortschaft im Mai des heurigen Jahres von Seiten der Volksgruppenvertreter heftigen Widerspruch ausgelöst. Wie schwierig es ist, in dieser Frage unbestrittene Lösungen zu treffen, hat sich zuletzt auch im Antrag von 46 Antragstellern aus der Ortschaft Loibach in der Stadtgemeinde Bleiburg an den Verfassungsgerichtshof, auf der Ortstafel die Ortsbezeichnung 'Loibach' um die slowenische Bezeichnung 'Libuce' zu ergänzen, gezeigt. Auf den Hinweis der Kärntner Landesregierung in der Gegenschrift zu diesem Antrag, dass es keine normative Grundlage für diese slowenische Bezeichnung der Ortschaft Loibach gäbe, hat die antragstellende Gruppierung durch ihren Rechtsvertreter auf das Ortschaftenverzeichnis aus dem Jahr 1902, beruhend auf den Ergebnissen der Volkszählung vom , hingewiesen. Dort wurde für die Ortschaft Loibach allerdings die slowenische Bezeichnung 'Ljibuce' angegeben.

Es ist auch auffällig, dass der Antragsteller im gegenständlichen Verfahren zwar für die Ortschaft 'Bleiburg', die namengebend auch für die betreffende Stadtgemeinde ist, die slowenische Bezeichnung 'Pliberk' angibt, dem deutschen Namen der Ortschaft 'Ebersdorf' aber keine slowenische Bezeichnung beifügt. Auch für diese Ortschaft fehlt nämlich eine eindeutige amtliche slowenische Namensfassung, sie variiert zwischen 'Derbesa Ves' und 'Drvesa Vas'.

4. Zur straßenpolizeilichen Relevanz:

Nach einem allfälligen Wirksamwerden der im Rahmen des Unterbrechungsbeschlusses angedeuteten Aufhebung bloß der Anordnung der - allein deutschsprachigen - Ortsbezeichnungen 'Bleiburg' bzw. 'Bleiburg-Ebersdorf' wäre die zuständige Straßenverwaltung - solange die oben erwähnte Sperrwirkung besteht - angehalten, die derzeit verordneten Ortstafeln durch solche zu ersetzen, auf denen überhaupt keine Ortsbezeichnungen angebracht sind.

Offensichtlich würde das aber der straßenpolizeilichen Relevanz der Ortstafeln keinen Abbruch verleihen. Zumindest hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung VfSlg. 16.403/2001 zum Ausdruck gebracht, dass die mit dem vorausgegangenen sog. Ortstafel-Erkenntnis angeordnete Aufhebung der (allein deutschsprachigen) Ortsbezeichnungen 'St. Kanzian' und 'St. Kanzian, Klopein', die aber den sonstigen Regelungsgehalt der in Prüfung gezogenen Verordnung, der zufolge - somit auch mit Wirkung für den Anlassfall - das Ortsgebiet im Sinne des § 2 Abs 1 Z 15 in Verbindung mit § 20 StVO als solches unverändert bestehen blieb, an der Strafbarkeit des dem damaligen Beschwerdeführer vorgeworfenen Verhaltens nichts ändere."

2.3. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich durch dieses Vorbringen nicht veranlasst, von seiner im Erkenntnis VfSlg. 16.404/2001, das ua. ein Verordnungsprüfungsverfahren betraf, das in allen wesentlichen Belangen mit dem hier vorliegenden vergleichbar ist, vertretenen und dort ausführlich (insbesondere mit zahlreichen Hinweisen auf die Vorjudikatur) begründeten Rechtsauffassung abzugehen, der zu Folge eine Ortschaft, die über einen längeren Zeitraum betrachtet bei den Volkszählungen einen Minderheitenprozentsatz von mehr als 10% aufweist, als Verwaltungsbezirk mit gemischter Bevölkerung iSd. Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien zu qualifizieren ist.

Ergänzend dazu wird mit Blick auf die Äußerung der Kärntner Landesregierung auf Folgendes hingewiesen:

Dass im vorliegenden Zusammenhang auf "Ortschaften" und nicht auf "Gemeinden" oder "Verwaltungsbezirke" abzustellen ist, erklärt sich - wie im Erkenntnis VfSlg. 16.404/2001 ausführlich dargelegt wurde (s. S 1023 bis 1026) - aus Folgendem: Zum einen geht es hier - mit den Worten des Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien gesprochen: - um das Verfassen von Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur, die sich auf das "Ortsgebiet" iSd. straßenpolizeilichen Regelungen (bzw. auf die jeweils korrespondierende [Unter]Gliederung des Gemeindegebietes gemäß den gemeinderechtlichen Vorschriften) beziehen. Zum anderen ist auch in dieser Hinsicht - im Übrigen durchaus im Einklang mit der von der Kärntner Landesregierung im Normenprüfungsverfahren zu G213/01, V62/01 ua., das zum Erkenntnis VfSlg. 16.404/2001 führte, vertretenen Auffassung - wegen der spezifischen Siedlungsstruktur der slowenischen Volksgruppe bei der Auslegung des Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien von einem - wie es im genannten Erkenntnis heißt - "ortschaftsbezogenen Topographieregelungsansatz" auszugehen.

Der Minderheitenprozentsatz, der sich aus dem Begriff "gemischte Bevölkerung" iSd. Art 7 Z 3 StV Wien ergibt, ist - vor allem mangels einer diesbezüglich differenzierenden Regelung in der genannten Staatsvertragsbestimmung - ein einheitlicher, gleich, ob es um die Frage der Zulassung des Slowenischen als Amtssprache zusätzlich zum Deutschen geht (Art7 Z 3 erster Satz StV Wien) oder um das Verfassen von Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur sowohl in slowenischer Sprache als auch in Deutsch (Art7 Z 3 zweiter Satz StV Wien), und gleich welche territoriale Gliederung (auf Grund der vorstehend genannten Überlegungen) jeweils als "Verwaltungsbezirk" in Betracht kommt. Die dafür maßgeblichen Überlegungen sind vor allem im Erkenntnis VfSlg. 16.404/2001 (im Besonderen S 1027 bis 1030) ausführlich dargelegt, und zwar insbesondere auch unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der Beratungen der Studienkommission für Probleme der slowenischen Volksgruppe in Kärnten, Bundeskanzleramt GZ 601.167/43-VI/1/75, sowie unter Hinweis auf die bis in die 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück reichende Vorjudikatur.

Mit dem Vorbringen der Kärntner Landesregierung "[z]ur Erfassung der Volkgruppenangehörigen" wird nicht dargetan, dass die einschlägigen statistischen Erhebungen, die sich im Rahmen der Volkszählungen ergeben, von vornherein nicht geeignet wären, das Vorliegen "gemischter Bevölkerung" iSd. Art 7 Z 3 des StV Wien für ein bestimmtes Gebiet zu ermitteln. Nur darauf kommt es hier aber an - und nicht etwa darauf, ob es auch andere dafür geeignete Erhebungsmethoden gäbe.

Was die diesbezüglichen Ausführungen zur Ortschaft Ebersdorf anlangt, so ist die Kärntner Landesregierung der für die hier zu treffende Entscheidung maßgeblichen Annahme des Verfassungsgerichtshofes im Prüfungsbeschluss, dass nämlich der Anteil der slowenisch sprechenden (österreichischen) Wohnbevölkerung bei den Volkszählungen 1971 bis 2001 - somit über einen längeren Zeitraum betrachtet (vgl. VfSlg. 16.404/2001 S 1032) - mehr als 10% betrug, nicht entgegengetreten.

Den Ausführungen der Kärntner Landesregierung "[z]ur Verfassung der Ortschaftsbezeichnungen in slowenischer Sprache" ist Folgendes entgegenzuhalten: Im vorliegenden Zusammenhang ist die Verfassungsbestimmung des Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien unmittelbar anwendbar (vgl. dazu schon VfSlg. 16.404/2001, S 1032, Pkt. 4.3. und 6.) Daraus ergibt sich für die Bezirkshauptmannschaft die Rechtspflicht, bei Erlassung der hier in Rede stehenden verkehrspolizeilichen Verordnung die Ortsbezeichnung sowohl in deutscher als auch in slowenischer Sprache festzulegen. Was die slowenische Ortsbezeichnung anlangt, ist diese - solange eine diesbezügliche Verordnung der Bundesregierung gemäß § 12 Abs 2 VolksgruppenG nicht gilt - von der Bezirkshauptmannschaft in eigener Verantwortung festzulegen.

2.4. Das Bedenken, dass die in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen der Verfassungsbestimmung des Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien widersprechen, erweist sich somit als zutreffend. Diese Verordnungsbestimmungen sind daher als gesetzwidrig aufzuheben.

3. Der Ausspruch über das Inkrafttreten der Aufhebung stützt sich auf Art 139 Abs 5 letzter Satz B-VG. Die Setzung einer solchen Frist hält der Verfassungsgerichtshof für erforderlich, um der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt die rechtzeitige Erlassung einer der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes Rechnung tragenden und dem Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien entsprechenden (Ersatz-)Regelung zu ermöglichen und dem § 53 Abs 1 Z 17a StVO ("Dieses Zeichen gibt den Namen eines Ortes an ...") folgend durch Verordnung die Ortsbezeichnung in deutscher und slowenischer Sprache festzulegen.

4. Die Verpflichtung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung gründet sich auf Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG und § 60 Abs 2 VfGG.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.