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VfGH vom 29.06.1995, V62/94

VfGH vom 29.06.1995, V62/94

Sammlungsnummer

14200

Leitsatz

Aufhebung einer Regelung der DurchführungsV zum PunzierungsG über die Ermächtigung der Punzierungsbehörde zur Zurückleitung eingeführter Edelmetallgegenstände über die Zollgrenze im Fall der Nichtbeachtung einer gesetzwidrigen Beschaffenheit dieser Gegenstände wegen Widerspruchs zum PunzierungsG (auch nach bereinigter Rechtslage)

Spruch

§ 25 Abs 4 der Durchführungsverordnung zum Punzierungsgesetz, BGBl. Nr. 385/1967, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Der Bundesminister für Finanzen ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Verwaltungsgerichtshof beantragt aus Anlaß eines bei ihm anhängigen Bescheidbeschwerdeverfahrens gemäß Art 139 Abs 1 B-VG, § 25 Abs 4 der Durchführungsverordnung zum Punzierungsgesetz, BGBl. 385/1967, (idF bezeichnet als: DV) als gesetzwidrig aufzuheben.

Die Beschwerdeführerin des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hatte am zehn Stück Goldgegenstände (Ringe) mit einem Feingehalt von 333 Tausendstel, die mit Anmeldung 501/014164/00/91 am zollamtlich abgefertigt worden waren, beim Punzierungsamt Linz zur Punzierung eingereicht.

Mit seinem an die Beschwerdeführerin gerichteten Bescheid vom sprach das Punzierungsamt Linz aus, gemäß § 14 Abs 2 Punzierungsgesetz, BGBl. 68/1954, (idF bezeichnet als: PunzierungsG) in Verbindung mit § 25 Abs 4 DV, "in der jeweils geltenden Fassung," seien die mit Anmeldung 501/014164/00/91 zollamtlich abgefertigten zehn Stück "24 Gramm Goldgegenstände" zurückzusenden. Hiefür werde der Beschwerdeführerin eine Frist bis gesetzt. Zur Begründung führte das Punzierungsamt Linz aus, die zur Punzierung vorgelegten Gegenstände entsprächen nicht den Bestimmungen des § 40 Abs 2 PunzierungsG. Die gesetzwidrige Beschaffenheit könne nicht behoben werden. Die Rücksendung sei somit erforderlich.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit dem beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom wies das Hauptpunzierungs- und Probieramt die Berufung ab. Die Abs 2 und 3 des Spruches des angefochtenen Bescheides lauten:

"Die Einfuhr von 10 Ringen aus einer Goldlegierung im Feingehalt von 333 Tausendstel (Gesamtgewicht 24 g) widerspricht sowohl § 40 Abs 2 PG (Punzierungsgesetz BGBl. Nr. 68/1954 in der derzeit gültigen Fassung), als auch § 1 Abs 1 und 3 PG, der den Mindestfeingehalt für über die Zollgrenze eingeführte Edelmetallgegenstände aus Gold mit 585 Tausendstel festlegt.

Die Ringe sind vom Empfänger gemäß § 14 Abs 2 PG in Verbindung mit § 25 Abs 4 DV (Durchführungsverordnung zum PG BGBl. Nr. 385/1967 in der derzeit gültigen Fassung) und § 59 Abs 2 AVG innerhalb von 2 Tagen nach der Abholung am Punzierungsamt Linz wieder über die Zollgrenze zurückzuleiten. Der Austritt der Waren ist entsprechend den zollgesetzlichen Bestimmungen entweder mit Einheitspapier/AT oder mit Anmeldung/EX zu erbringen und dem Punzierungsamt Linz nachzuweisen."

Zur Begründung führte die beim Verwaltungsgerichtshof belangte Behörde im wesentlichen aus, gemäß § 40 Abs 2 PunzierungsG sei die Herstellung und die Einfuhr von Gegenständen aus einer Goldlegierung im Feingehalt von 333 Tausendstel untersagt. Alle zehn Ringe wiesen diesen Feingehalt auf. Edelmetallgegenstände, die den Mindestfeingehalt nicht erreichten, seien bei Einfuhr gemäß § 14 Abs 2 PunzierungsG im Zusammenhang mit § 25 Abs 4 DV im Falle der Nichtbehebung einer gesetzwidrigen Beschaffenheit durch den Empfänger wieder über die Zollgrenze zurückzuleiten. Es sei rechtlich nicht relevant, ob (wie die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung behauptet hatte) die Absicht bestanden habe, die in Beschwerde gezogenen Gegenstände zu verarbeiten und wieder auszuführen, da bereits deren Einfuhr untersagt sei.

2. Seine Bedenken gegen die angefochtene Verordnungsstelle legt der Verwaltungsgerichtshof wie folgt dar:

"Gemäß § 1 Abs 1 des Punzierungsgesetzes sind Edelmetallgegenstände im Sinne dieses Bundesgesetzes aus Platin, Gold oder Silber oder aus Legierungen dieser Edelmetalle mit anderen Metallen verfertigte Gegenstände, die - vorbehaltlich der in diesem Bundesgesetz bezeichneten Ausnahmen - sowohl im Ganzen als auch in ihren einzelnen Teilen folgenden Mindestfeingehalt haben:

Platingegenstände ........................... 950 Tausendstel

Goldgegenstände ............................. 585 Tausendstel

Silbergegenstände ........................... 800 Tausendstel.

Gemäß § 14 Abs 2 leg.cit. sind Edelmetallgegenstände, die den Mindestfeingehalt (§1) nicht erreichen, bei denen eine andere gesetzwidrige Eigenschaft sich nicht beheben läßt oder an denen der Einreicher die Vornahme der im Abs 1 erwähnten Änderungen verweigert, zu zerschlagen und dem Einreicher zurückzustellen.

Gemäß § 40 Abs 2 erster Satz leg.cit. ist die Herstellung und die Einfuhr von Gegenständen aus einer Goldlegierung im Feingehalt von 333 Tausendstel untersagt.

§ 25 Abs 4 der Durchführungsverordnung zum Punzierungsgesetz, Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen vom über den Feingehalt der Edelmetallgegenstände, BGBl. Nr. 385/1967, hat folgenden Wortlaut:

'(4) Die Bestimmungen des § 14 des Punzierungsgesetzes finden auf Edelmetallgegenstände, die über die Zollgrenze eingeführt werden, mit der Maßgabe Anwendung, daß sie im Falle der Nichtbehebung einer gesetzwidrigen Beschaffenheit durch den Empfänger wieder über die Zollgrenze zurückzuleiten sind.'

Die belangte Behörde hat die in Abs 3 des Spruches des angefochtenen Bescheides enthaltene Anordnung, die gegenständlichen Ringe innerhalb von zwei Tagen nach der Abholung am Punzierungsamt Linz wieder über die Zollgrenze zurückzuleiten, ausdrücklich auf '§14 Abs 2 PG in Verbindung mit § 25 Abs 4 DV' gestützt. Auch der Verwaltungsgerichtshof wird daher die zuletzt genannte Verordnungsstelle bei seiner Entscheidung über die Beschwerde anzuwenden haben. Sie ist daher im Sinne des Art 135 Abs 4 in Verbindung mit Art 89 Abs 2 B-VG präjudiziell.

Der Verwaltungsgerichtshof hat das Bedenken, daß die zitierte Vorschrift des § 25 Abs 4 der Durchführungsverordnung im Gesetz, insbesondere im dort zitierten § 14 des Punzierungsgesetzes keine Deckung findet. § 14 Abs 2 leg.cit. ordnet ausdrücklich an, daß Edelmetallgegenstände, die unter anderem den Mindestfeingehalt nach § 1 leg. cit. nicht erreichen, zu zerschlagen und dem Einreicher zurückzustellen sind. Mit dieser Vorschrift steht § 25 Abs 4 der Verordnung in unlösbarem Widerspruch und verstößt daher gegen Art 18 Abs 2 B-VG."

3. Im Verordnungsprüfungsverfahren hat das Hauptpunzierungs- und Probieramt, vertreten durch die Finanzprokuratur, als belangte Behörde des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens mitgeteilt, daß laut Rücksprache mit dem Bundesministerium für Finanzen die auf die angefochtene Verordnung bezughabenden Akten bereits skartiert worden seien und daher nicht vorgelegt werden könnten. Das Hauptpunzierungs- und Probieramt begehrt in seiner Äußerung, den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes abzuweisen, und führt zu den vom Verwaltungsgerichtshof geäußerten Bedenken aus:

"§14 Abs 2 PG normiert, daß Edelmetallgegenstände, die den Mindestfeingehalt (§1) nicht erreichen, bei denen eine andere gesetzwidrige Eigenschaft sich nicht beheben läßt oder an denen der Einreicher die Vornahme der in Abs 1 erwähnten Änderungen verweigert, zu zerschlagen und dem Einreicher zurückzustellen sind.

Wie den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (204 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen des Nationalrates VII GP) zu § 14 PG zu entnehmen ist, bezweckt die Bestimmung primär die Behebung des gesetzwidrigen Zustandes und soll das Zerschlagen des Gegenstandes aus Edelmetall nur die äußerste Abhilfe sein.

Gem. § 40 Abs 2, 1. Satz, PG ist die Herstellung und die Einfuhr von Gegenständen aus einer Goldlegierung im Feingehalt von 333tausendstel untersagt.

Nach § 25 Abs 4 DV sind die Bestimmungen des § 14 PG auf Edelmetallgegenstände, die über die Zollgrenze eingeführt werden, mit der Maßgabe anzuwenden, daß sie im Fall der Nichtbehebung einer gesetzwidrigen Beschaffenheit durch den Empfänger wieder über die Zollgrenze zurückzuleiten sind.

Die in § 25 Abs 4 DV normierte Verpflichtung des Empfängers, gesetzwidrig beschaffene Edelmetallgegenstände wieder über die Zollgrenze zurückzuleiten, ist die logische rechtliche Konsequenz des in § 40 Abs 2 PG normierten Einfuhrverbotes und findet daher im Gesetz Deckung.

Darüberhinaus entspricht § 25 Abs 4 DV dem aus dem Wortlaut des § 14 Abs 2 PG sowie den vorstehend zitierten Erläuterungen zum Punzierungsgesetz klar ersichtlichen Willen des Gesetzgebers, daß die Zerschlagung von Edelmetallgegenständen nur die äußerste Abhilfe sein soll, d.h. nur dann stattzufinden hat, wenn der gesetzwidrige Zustand nicht anders beseitigt werden kann. Ein solches anderes gelinderes Mittel ist zweifellos die Verpflichtung zur Wiederausfuhr des verbotswidrig eingeführten Edelmetallgegenstandes.

Der vom Gesetz vorgesehenen Rangordnung wird daher durch die Bestimmung des § 25 Abs 4 DV voll entsprochen.

§ 25 Abs 4 DV findet sohin in den Bestimmungen des Punzierungsgesetzes (insbesondere in dessen §§14 Abs 2 und 40 Abs 2) Deckung, und wäre die Verordnung im übrigen entsprechend der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu Art 139 B-VG im Zweifel gesetzeskonform auszulegen (VfSlg. 4758, 6598 u.a.)."

4. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlaß dieses Verordnungsprüfungsverfahrens gem. Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Worte "zu zerschlagen und" in § 14 Abs 2 PunzierungsG eingeleitet. Mit Erkenntnis vom , G294/94 (G11/95), hat er diese Wortfolge als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten.

II. Zur Rechtslage:

Die als verfassungswidrig aufgehobene Wortfolge des § 14 Abs 2 PunzierungsG ist im Verordnungsprüfungsverfahren nicht mehr anzuwenden.

1. Bestimmungen des PunzierungsG:

"Edelmetallgegenstände.

§1. (1) Edelmetallgegenstände im Sinne dieses Bundesgesetzes sind aus Platin, Gold oder Silber oder aus Legierungen dieser Edelmetalle mit anderen Metallen verfertigte Gegenstände, die - vorbehaltlich der in diesem Bundesgesetz bezeichneten Ausnahmen (§10, § 15, § 16, § 23) - sowohl im ganzen als auch in ihren einzelnen Teilen folgenden Mindestfeingehalt haben:

Platingegenstände ................ 950 Tausendstel

Goldgegenstände .................. 585 Tausendstel

Silbergegenstände ................ 800 Tausendstel.

(2) Dem Platin beigemengtes Iridium ist diesem gleichzuhalten.

(3) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten für Edelmetallgegenstände, die im Inland erzeugt, feilgehalten, gewerbsmäßig oder öffentlich (zum Beispiel durch Gerichte oder Verwaltungsbehörden) veräußert oder über die Zollgrenze eingeführt werden ...

§2. (1) - (6) ...

(7) Gegenstände, die nach ihrer Beschaffenheit den Anforderungen dieses Paragraphen nicht entsprechen, dürfen weder im Inland erzeugt, feilgehalten, gewerbsmäßig oder öffentlich veräußert noch über die Zollgrenze eingeführt werden.

Feingehaltsprüfung und Punzierung.

§ 9. ...

§ 10. ...

§ 11. ...

§ 12. ...

§ 13. ...

§ 14. (1) Gold- und Silbergegenstände, bei denen die Probe

ergibt, daß sie zwar einen gesetzlich zulässigen Feingehalt haben, aber den in Ziffern aufgeschlagenen nicht erreichen, sind erst nach Richtigstellung der Ziffern zu punzieren. Alle Edelmetallgegenstände, deren sonstige Beschaffenheit nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspricht, sind erst zu punzieren, wenn die gesetzwidrige Beschaffenheit unter punzierungsamtlicher Überwachung behoben worden ist.

(2) Edelmetallgegenstände, die den Mindestfeingehalt (§1) nicht erreichen, bei denen eine andere gesetzwidrige Eigenschaft sich nicht beheben läßt oder an denen der Einreicher die Vornahme der im Abs 1 erwähnten Änderungen verweigert, sind dem Einreicher zurückzustellen.

Übergangs- und Schlußbestimmungen.

§ 39. ...

§ 40. (1) Die auf Grund früherer Gesetze vollzogenen

Feingehalts- und Vorratspunzierungen behalten weiterhin ihre Rechtsgültigkeit, wenn sie innerhalb des Bundesgebietes vorgenommen worden sind.

(2) Die Herstellung und die Einfuhr von Gegenständen aus einer Goldlegierung im Feingehalt von 333 Tausendstel ist untersagt. Die Vorräte an diesen Waren sind von den in § 19 und § 22 genannten Personen binnen drei Monaten vom Tage der Kundmachung dieses Bundesgesetzes an dem zuständigen Punzierungsamt zur Bezeichnung mit der Feingehaltspunze für Drittelgoldgegenstände vorzulegen. Nach Ablauf der Frist sind nicht bezeichnete Gegenstände dieser Art als nicht probhältig zu behandeln."

2. Die maßgebenden Bestimmungen der DV lauten:

"ABSCHNITT V

Feingehaltsprüfung und Punzierung

(Zu §§9 bis 14 des Punzierungsgesetzes)

§ 19. (1) - (2) ...

§ 20. ...

§ 21. ...

§ 22. ...

§ 23. Feingehaltspunzen

(1) Ein Edelmetallgegenstand ist im Sinne des § 12 des

Punzierungsgesetzes probhältig, wenn er den Mindestfeingehalt

(§1 Abs 1 des Punzierungsgesetzes) oder irgendeinen höheren

Feingehalt aufweist.

(2) bis (6) ...

§ 24. ...

§ 25. Behebung einer gesetzwidrigen Beschaffenheit vor der

Punzierung

(1) Ergibt die Schmelzprobe von einem unfertigen, mehrfach gelöteten Gold- oder Silbergegenstand, dessen massive Teile den niedrigsten gesetzlichen Feingehalt besitzen, die Unprobhältigkeit (§23 Abs 1 dieser Verordnung) des gesamten Gegenstandes, so ist der betreffende Gegenstand dem Erzeuger zur 'Versäuberung', das heißt zur Entfernung des überschüssigen Lotes, des Messings, Eisens, Kupfers u. dgl., auszufolgen, falls die Unprobhältigkeit durch eine offensichtlich unbeabsichtigte übermäßige Verwendung von Lot - bei Scharnierwaren durch den unbeabsichtigt zurückgebliebenen Rest der Ausfüllung - verursacht wurde und die entsprechende Sicherheit für die Wiedervorlage des Gegenstandes an das Punzierungsamt gewährleistet ist (§14 Abs 1 des Punzierungsgesetzes). In derselben Weise können auch alle anderen gleichartigen Gegenstände behandelt werden, die mit derselben punzierungsamtlichen Warenerklärung (§15 dieser Verordnung) vorgelegt wurden.

(2) Gegenstände, bei denen der Feingehalt der einzelnen durch Lötung verbundenen Teile nicht festgestellt werden kann, deren Durchschnittsfeingehalt aber zu gering ist und die den in § 3 dieser Verordnung festgesetzten Mindestfeingehalt aufweisen, können auf Antrag des Erzeugers zum Färben oder Weißsieden ausgefolgt werden, wenn die Sicherheit vorhanden ist, daß diese Gegenstände in gefärbtem oder weißgesottenem Zustand in den Verkehr gelangen.

(3) In allen Fällen ist nach dem 'Versäubern', Färben und Weißsieden eine neuerliche Schmelzprobe vorzunehmen. Ein Anspruch auf Ersatz der hiebei entstehenden Schäden besteht nicht (§9 Abs 2 des Punzierungsgesetzes; § 20 dieser Verordnung).

(4) Die Bestimmungen des § 14 des Punzierungsgesetzes finden auf Edelmetallgegenstände, die über die Zollgrenze eingeführt werden, mit der Maßgabe Anwendung, daß sie im Falle der Nichtbehebung einer gesetzwidrigen Beschaffenheit durch den Empfänger wieder über die Zollgrenze zurückzuleiten sind."

III. Der Verfassungsgerichtshof

hat erwogen:

1. Wie bereits im Verfahren zu G294/94 dargetan, ist der Antrag zulässig.

2. Die vorgebrachten Bedenken sind berechtigt; § 25 Abs 4 DV widerspricht § 14 Abs 2 PunzierungsG (auch nach der nunmehr bereinigten Rechtslage).

Nach dem klaren Wortlaut von § 14 Abs 2 PunzierungsG erstreckt sich der sachliche Anwendungsbereich dieser Bestimmung (unterschiedslos) auf alle "Edelmetallgegenstände, die den Mindestfeingehalt (§1) nicht erreichen".

Das Hauptpunzierungs- und Probieramt vertritt in seiner Äußerung die Auffassung, § 25 Abs 4 DV sei einer gesetzeskonformen Auslegung zugänglich. Mit seinen Ausführungen ist das Hauptpunzierungs- und Probieramt jedoch nicht im Recht.

§ 14 Abs 2 PunzierungsG gebietet ohne Unterschied (nach der nunmehr bereinigten Rechtslage) die Zurückstellung von - unter anderen - unprobhältigen Edelmetallgegenständen an den Einreicher. § 25 Abs 4 DV findet weder in § 14 Abs 2 noch in einer anderen Bestimmung des Punzierungsgesetzes eine gesetzliche Grundlage; er ist sohin gesetzwidrig.

Auch die Erläuternden Bemerkungen zu § 14 PunzierungsG führen aus, daß sowohl im Inland erzeugte als auch aus dem Ausland eingeführte Gegenstände "vollkommen gleichmäßig" behandelt werden sollen. Dies bestätigt, daß der Gesetzgeber bei Vorliegen einer Unprobhältigkeit gerade nicht zwischen im Inland hergestellten und aus dem Ausland eingeführten Edelmetallgegenständen differenzieren wollte; ebendies tut aber § 25 Abs 4 DV, indem er die Punzierungsbehörde ausdrücklich ermächtigt, bei über die Zollgrenze eingeführten Edelmetallgegenständen auch im Falle der Nichtbehebung einer gesetzwidrigen Beschaffenheit diese Gegenstände über die Zollgrenze zurückzuleiten.

Weshalb schließlich die in § 25 Abs 4 DV normierte Verpflichtung des Empfängers, gesetzwidrig beschaffene Edelmetallgegenstände wieder über die Zollgrenze zurückzuleiten, die "logische rechtliche Konsequenz" des in § 40 Abs 2 PunzierungsG enthaltenen Einfuhrverbotes sein soll, vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen: § 40 Abs 2 PunzierungsG normiert lediglich, daß nicht bezeichnete Gegenstände aus einer Goldlegierung im Feingehalt von 333 Tausendstel nach Ablauf einer dreimonatigen Übergangsfrist als "nicht probhältig zu behandeln" sind, wobei auch diese Bestimmung auf der Rechtsfolgenseite nicht zwischen im Inland hergestellten und eingeführten Gegenständen differenziert. Nach § 40 Abs 2 PunzierungsG soll also erkennbar auf alle Gegenstände dieser Art die allgemeine Regelung des § 14 PunzierungsG über die Vorgangsweise der Behörde bei Unprobhältigkeit von Edelmetallgegenständen Anwendung finden; auch § 40 Abs 2 PunzierungsG erlaubt somit keine spezielle Behandlung von (über die Zollgrenze) eingeführten Gegenständen.

IV. 1. Die geltend gemachten Bedenken treffen zu. § 25 Abs 4 DV wird daher als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Die Verpflichtung des Bundesministers für Finanzen zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG und § 60 Abs 2 VerfGG.

3. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Fundstelle(n):
IAAAE-29742