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VfGH vom 30.09.1989, V6/89

VfGH vom 30.09.1989, V6/89

Sammlungsnummer

12169

Leitsatz

Aufhebung von Teilen eines Flächenwidmungsplanes wegen Nichtwahrnehmung des Planungsermessens durch die Gemeinde; verfassungswidrige Annahme einer Bindung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde und des Planungsfachbeirates; Verstoß gegen die Selbstverwaltungsgarantie

Spruch

Gemäß Art 139 Abs 1 B-VG wird der Flächenwidmungsplan der Gemeinde Adnet vom in der Fassung der Beschlüsse der Gemeindevertretung Adnet vom , und , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit vom 6. August bis , insoweit er für die Grundstücke Nr. 984/6 und 984/7, KG Spumberg, die Widmung "Gewerbegebiet" ausweist, als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Salzburger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Volksanwaltschaft beantragt gemäß Art 148 e in Verbindung mit Art 148 i Abs 1 B-VG die Aufhebung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Adnet vom in der Fassung der Beschlüsse der Gemeindevertretung Adnet vom , und , der mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom aufsichtsbehördlich genehmigt und als Verordnung durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit vom 6. August bis kundgemacht wurde, hinsichtlich der Festlegung der Nutzungsart "Gewerbegebiet" für die Grundparzellen Nr. 984/6 und 984/7, KG Spumberg, wegen Gesetzwidrigkeit.

Nach Meinung der Volksanwaltschaft sind die der betreffenden Flächenwidmung zugrundegelegten fachlichen Grundlagen "teils mangelhaft geblieben, teils in sich widersprüchlich". In dem gemäß § 9 Abs 2 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977, LGBl. 26, in der Fassung LGBl. 52/1977, 112/1977, 87/1982, 32/1983, 52/1984 und 57/1987 (kurz: ROG 1977) die Grundlage für die Aufstellung des Flächenwidmungsplanes bildenden räumlichen Entwicklungskonzept der Gemeinde seien zu dem die Grundparzellen Nr. 984/6 und 984/7, KG Spumberg, betreffenden Konfliktfall keine hinreichenden Aussagen enthalten. In Abschnitt IV.2. werde unter Zielen und Maßnahmen lediglich festgehalten, "daß darauf zu achten sei, daß vor allem bei noch nicht verbauten Gebieten ein ausreichender Abstand der Gewerbegebietsgrenzen von den Baulandsgrenzen anderer Widmungskategorien sichergestellt werde; weiters solle das bestehende Mischgebiet im Bereich Waidach im Flächenwidmungsplan entsprechend den gegebenen Strukturverhältnissen aufgelöst werden."

Es sei nicht nachvollziehbar, "wie diese Strukturverhältnisse beschaffen sind". Im Abschnitt V(Besiedlung und Bebauung) werde Waidach als Zone intensiver Siedlungsentwicklung bezeichnet. Dies läßt nach Ansicht der Volksanwaltschaft

"eindeutig den Schluß zu, daß in Waidach jedenfalls der Wohnentwicklung der Vorrang eingeräumt werden sollte. Dementsprechend wurde auch in der ersten Beschlußfassung des Flächenwidmungsplanes am der gesamte Bereich Waidach von der Gemeindevertretung einstimmig als erweitertes Wohngebiet ausgewiesen und sogar in Stattgebung einer Einwendung des Beschwerdeführers und der Interessengemeinschaft Waidach noch der nordostwärtige Teil als reines Wohngebiet ausgewiesen. In diesem Zusammenhang wurde von der Gemeindevertretung ausdrücklich protokolliert, daß der so im erweiterten Wohngebiet situierte Sägewerksbetrieb F die Möglichkeit habe, sich nach Norden - also Richtung Adnet - zu erweitern, wofür eine Ausnahmegenehmigung in Aussicht gestellt wurde.

Offenbar erst aufgrund der vom Planungsfachbeirat unter falschen Voraussetzungen beschlossenen Empfehlung vom , den Bereich vom Sägewerk bis zum Landmaschinenhändler R in Gewerbegebiet umzuwidmen, faßte die Gemeindevertretung am mehrheitlich einen dementsprechenden Beschluß, obwohl diese Empfehlung des Fachbeirates im Verfahren in ausführlicher Weise fachlich widerlegt worden ist."

Für die Volksanwaltschaft sei nicht nachvollziehbar, "welche sachlichen, nach räumlich-funktionellen Überlegungen maßgeblichen Gesichtspunkte für das Abgehen von der ursprünglich vorgesehenen Widmung der beiden Grundstücke 984/6 und 984/7, KG Spumberg, maßgeblich waren."

Darüber hinaus ist die Volksanwaltschaft der Auffassung, daß die Nutzungsart "Gewerbegebiet" für die Grundparzellen Nr. 984/6 und 984/7, KG Spumberg, auch inhaltlich rechtswidrig ist, weil sie den Bestimmungen der §§24 Abs 1 und 12 Abs 4 ROG 1977 widerspreche. Gemäß § 24 Abs 1 ROG 1977 seien bei der Festlegung von Nutzungsarten für bereits ganz oder teilweise verbaute Gebiete die der Hauptsache nach bestehenden Widmungsverhältnisse zu berücksichtigen. Nach § 12 Abs 4 ROG 1977 solle die Lage der Gebiete mit unterschiedlicher Widmung im Bauland (zu dem nach § 12 Abs 1 Z 5 - richtig wohl Z 4 - auch Gewerbegebiete zählen würden), so aufeinander abgestimmt werden, daß eine gegenseitige Beeinträchtigung oder Gefährdung möglichst vermieden werde. Die Nutzung des Mischgebietes Waidach erfolge in Form einer Durchmischung von Betrieben und Wohnbauten. An Betrieben befänden sich dort ein Sägewerk, ein Landmaschinenhandel mit Reparatur, ein kleines Transportunternehmen, eine Weberei und ein Installateur. Die übrigen Flächen seien mit Wohnhäusern bebaut, einzelne Flächen - wie die Grundparzelle Nr. 984/7, KG Spumberg - seien noch leer. Im Einklang mit der zuständigen Fachabteilung 7 des Amtes der Salzburger Landesregierung (Landesplanung und Raumordnung) seien unter "Gebieten" in § 24 Abs 1 ROG 1977 und in § 12 Abs 4 ROG 1977 größere zusammenhängende Flächen zu verstehen, sodaß in einer Mischstruktur nicht eine parzellenweise Widmung je nach Nutzung erfolgen könne, sondern eben der Hauptnutzung eines größeren zusammenhängenden Gebietes der Vorrang eingeräumt werden müsse. Nur bei Beschränkung des "Gewerbegebietes" auf die Grundstücke Nr. 145/2 und 984/8 der KG Spumberg werde gewährleistet, daß einerseits durch die Straße 984/9 eine deutliche Zäsur gegenüber den übrigen Flächen erfolge und andererseits die gerade an der Grenze des Grundstückes Nr. 984/7 zum Grundstück Nr. 984/16 entstehende gravierende Verzahnung von Wohn- und Gewerbegebiet vermieden würde. Dagegen spreche auch nicht, daß bei diesem Vorschlag zwischen den Grundstücken Nr. 984/8 und Nr. 984/10, also nördlich der Straße, ebenfalls eine Verzahnung von Wohn- und Gewerbegebiet bewirkt würde, da auf dem als erweitertes Wohngebiet ausgewiesenen Grundstück Nr. 984/10 eine Weberei, also ein ausnehmend umweltfreundlicher Betrieb etabliert sei, der gleichsam als Puffer zwischen der Manipulationsfläche des Sägewerkes F und dem Wohngebiet fungieren würde. Daß die Landmaschinenwerkstatt auf Grundstück Nr. 984/6 - dann - im Wohngebiet zu liegen käme, bringe im Hinblick auf die Bestimmung des § 24 Abs 1 ROG 1977 keine Beeinträchtigung für den Bestand und die Weiterentwicklung dieses Betriebes mit sich.

2. Der vom Bürgermeister der Gemeinde Adnet abgegebenen schriftlichen Äußerung zum Gegenstand (die Gemeindevertretung hat trotz entsprechender Einladung des Verfassungsgerichtshofes keine Äußerung abgegeben) ist zu entnehmen, daß die Gemeindevertretung Adnet in ihrem einstimmig am beschlossenen Flächenwidmungsplan die Waidach-Siedlung rechtsufrig des Pumbaches, beginnend mit der Säge rechts und links der Straße als erweitertes Wohngebiet bis einschließlich der Parzelle Nr. 984/22 und der Parzelle Nr. 984/15, KG Spumberg, widmete. Da für den so beschlossenen Flächenwidmungsplan von der Salzburger Landesregierung keine aufsichtsbehördliche Genehmigung zu erreichen gewesen sei, hätte die Gemeindevertretung "sogenannte Planungsmängel ändern" müssen. Nach nochmaligen Beratungen am und am , bei denen es "zu keinem Verhandlungsergebnis" gekommen sei, sei die Gemeindevertretung der Meinung gewesen, daß nach aufsichtsbehördlicher Prüfung die Salzburger Landesregierung entscheiden sollte. "Nach nochmaliger Aufforderung durch die Aufsichtsbehörde, die Genehmigungshindernisse zu beheben, kam es in der Gemeindesitzung am zur Beschlußfassung über die vorgeschlagenen Änderungen."

In der Äußerung der Salzburger Landesregierung wird die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Flächenwidmungen verteidigt.

Zur behaupteten Mangelhaftigkeit bzw. Widersprüchlichkeit der fachlichen Grundlagen des überarbeiteten Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Adnet wird auf Punkt 4.2.1. des räumlichen Entwicklungskonzeptes der Gemeinde hingewiesen, wo unter dem Titel "Auflösung der gemischten Baugebiete" ausdrücklich ausgeführt sei:

"Im bestehenden Flächenwidmungsplan der Gemeinde Adnet sind an mehreren Stellen gemischte Baugebiete ausgewiesen. Diese sollen im neuen Flächenwidmungsplan wie folgt aufgelöst werden:

Mischgebiet Waidach: Dieses gemischte Baugebiet ist im äußersten Osten unmittelbar an der dort vorbeiführenden Erschließungsstraße mit mehreren Betrieben bebaut, im westlichen Anschluß an diese Betriebe kann von einer überwiegenden Wohnnutzung gesprochen werden. Dieses Gebiet ist so aufzulösen, daß die Betriebe, die sich im Osten dieses Bereiches an der Straße befinden, im Flächenwidmungsplan als Gewerbegebiet und der Bereich im westlichen Anschluß als erweitertes Wohngebiet ausgewiesen werden soll."

Im Zusammenhalt mit der im Gegenstand abgegebenen Empfehlung des Planungsfachbeirates könne darin eine taugliche Grundlage für den Verordnungsgeber gesehen werden.

Ein Widerspruch der fraglichen Widmungen zu § 24 Abs 1 ROG 1977 wird mit Rücksicht darauf verneint, daß unter Verweis auf VfSlg. 8701/1979 unter dem Rechtsbegriff "Gebiete" in dieser Gesetzesbestimmung größere zusammenhängende Flächen zu verstehen seien. Da die Ausweisung der Grundstücke Nr. 145/2 und 984/8 als Gewerbegebiet sowohl von der für Raumordnungsfragen zuständigen Fachabteilung des Amtes der Salzburger Landesregierung als auch von der Volksanwaltschaft als richtig anerkannt worden sei, ferner bezüglich des Grundstücks Nr. 984/6 (Landmaschinenwerkstatt R) davon auszugehen sei, "daß eine nach den tatsächlichen Verhältnissen zutreffende Nutzungsartfestlegung nicht 'erweitertes Wohngebiet', sondern 'Gewerbegebiet' ... zu sein hätte", erscheine eine Zusammenfassung der Grundstücke Nr. 145/2, 984/8, 984/7 und 984/6 bei der in diesem Gebiet vorzunehmenden Ausweisung eines Gewerbegebietes folgerichtig, wobei diese Widmung hinsichtlich des noch unbebauten Grundstückes Nr. 984/7 lediglich die Schließung einer Lücke zwischen den Grundstücken Nr. 984/8 und 984/6 bedeute.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß Art 148 e B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof auf Antrag der Volksanwaltschaft über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Bundesbehörde. Gemäß Art 148 i Abs 1 B-VG ist Art 148 e B-VG sinngemäß anzuwenden, sofern die Volksanwaltschaft auch für den Bereich der Verwaltung des betreffenden Landes durch Landesverfassungsgesetz für zuständig erklärt wird. Mit Landesverfassungsgesetz vom , LGBl. 86, wurde die Volksanwaltschaft für den Bereich der Verwaltung des Landes Salzburg für zuständig erklärt. In sinngemäßer Anwendung des Art 148 e B-VG ist der Verfassungsgerichtshof sohin auch zuständig, auf Antrag der Volksanwaltschaft über die Gesetzwidrigkeit einer Verordnung zu erkennen, die dem Land Salzburg zuzurechnen ist.

Der Antrag der Volksanwaltschaft auf teilweise Aufhebung des gemäß Art 15 Abs 1 B-VG als Verordnung einer Landesbehörde im Sinne des Art 139 Abs 1 B-VG geltenden Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Adnet wegen Gesetzwidrigkeit ist sohin zulässig.

2. Der Antrag ist auch begründet. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

a) Gemäß Art 118 Abs 3 Z 9 B-VG obliegt der Gemeinde die örtliche Raumplanung zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich. Wie der Verfassungsgerichtshof mehrfach (vgl. zB VfSlg. 8227/1977; VfGH

v. , B890/86) ausgesprochen hat, fällt die Erlassung des Flächenwidmungsplanes als eine Angelegenheit der örtlichen Raumplanung in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Die Gemeinde hat somit die Flächenwidmungsplanung "im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung frei von Weisungen" (Art118 Abs 4 B-VG) zu besorgen. Daher ist es verfassungsrechtlich ausgeschlossen, daß das Land auf den Inhalt eines Flächenwidmungsplanes Einfluß nimmt, soweit es nicht im Wege des Aufsichtsrechts gemäß Art 119 a B-VG die Rechtmäßigkeit der örtlichen Raumplanung und unter Umständen auch die Durchsetzung überörtlicher Interessen (vgl. ) sicherzustellen hat. Insbesondere ist der Gemeinde verfassungsgesetzlich die Ausübung des ihr in Angelegenheiten der "örtlichen Raumplanung" durch das jeweilige Raumplanungsgesetz eingeräumten Planungsermessens (Korinek, Rechtliche Probleme der Anwendung von Raumordnungsgesetzen, 1975, 16 ff., 32 f.; Fröhler-Oberndorfer, Österreichisches Raumordnungsrecht, 1975, 33 f.; vgl. zum Planungsermessen auch VfSlg. 10839/1986, 11374/1987) in eigener Verantwortung - ohne Einflußnahme überörtlicher Behörden - gewährleistet.

Das ROG 1977 ist auf den vorliegenden Fall gemäß ArtII Abs 2 der Raumordnungsgesetz-Novelle 1984, LGBl. 52, noch ohne Berücksichtigung der durch diese Novelle bewirkten Gesetzesänderungen anzuwenden, weil die Kundmachung der Absicht zur Erstellung des Flächenwidmungsplanes Adnet gemäß § 16 ROG 1977 bereits am erfolgte und die ROG-Novelle 1984 gemäß ArtII Abs 1 der Novelle erst am in Kraft trat.

Auch nach dem ROG 1977 in der angegebenen Fassung ist den Gemeinden Planungsermessen eingeräumt. Der örtlichen Raumplanung obliegt nach den Vorschriften des III. Abschnittes dieses Gesetzes "die räumliche Ordnung und Planung des Gemeindegebietes nach den Raumordnungsgrundsätzen und -zielen" (§9 Abs 1 ROG 1977). Auf der Grundlage eines "räumlichen Entwicklungskonzepts" gemäß § 9 Abs 2 ROG 1977, das die Ergebnisse einer Strukturuntersuchung und die unter Bedachtnahme darauf abgefaßten Entwicklungsziele der Gemeinde (darunter insbesondere auch grundsätzliche Aussagen über "die Anordnung und Gliederung des Baulandes" gemäß § 9 Abs 3 lita ROG 1977), enthalten soll, hat die Gemeinde gemäß § 10 Abs 1 ROG 1977 "als wesentliches Instrument zu dessen Verwirklichung durch Verordnung einen Flächenwidmungsplan aufzustellen". In diesem ist laut Gesetz "die geordnete Art der Nutzung des gesamten Gemeindegebietes" dadurch zu regeln, daß Bauland in einer der Widmungen gemäß den Z. 1. bis 7. des § 12 Abs 1 ROG 1977 auszuweisen ist. Dabei soll gemäß § 12 Abs 4 ROG 1977 die Lage der Gebiete mit unterschiedlicher Widmung im Bauland so abgestimmt werden, daß eine gegenseitige Beeinträchtigung oder Gefährdung möglichst vermieden wird. Ferner sind gemäß § 24 Abs 1 erster Satz ROG 1977 "bei der Festlegung von Nutzungsarten (§§11 ff.) für bereits ganz oder teilweise verbaute Gebiete ... die der Hauptsache nach bestehenden widmungsmäßigen Verhältnisse zu berücksichtigen".

b) Wie der Verfassungsgerichtshof dem diesbezüglich unwidersprochen gebliebenen Antrag der Volksanwaltschaft sowie den vorgelegten Verwaltungsakten entnommen hat, beschloß die Gemeindevertretung Adnet in ihrer Sitzung vom eine Änderung des aus dem Jahre 1969 stammenden rechtswirksamen Flächenwidmungsplans u.a. dahin, "die Waidach-Siedlung rechtsufrig des Pumbaches, beginnend mit der Säge rechts und links der Straße als erweitertes Wohngebiet bis einschließlich der Parzelle 984/22, KG Spumberg, und der Parzelle 984/15, KG Spumberg, zu widmen". Im Zuge des aufsichtsbehördlichen Prüfungsverfahrens wurden der Gemeinde Verbesserungen empfohlen, ohne die nach Meinung der Aufsichtsbehörde eine aufsichtsbehördliche Genehmigung unmöglich wäre. Unter Punkt 16 des Schreibens vom wurde zu "Waidach-West" ausgeführt:

"Für die vom Gesetz her vorgeschriebene Auflösung des bisher ausgewiesenen gemischten Baugebietes fehlen sowohl im räumlichen Entwicklungskonzept, in der Strukturuntersuchung als auch im Erläuterungsbericht zum Flächenwidmungsplan jedwede Hinweise."

In der Sitzung des Planungsfachbeirates vom wurde unter Punkt 2.16. beschlossen, der Gemeinde Adnet zu empfehlen, im Bereich Waidach-West einen Streifen entlang der Straße Adnet-Waidach vom Sägewerk F bis zum Landmaschinenhändler R als "Gewerbegebiet" auszuweisen. Von diesem Vorschlag waren auch die antragsgegenständlichen Grundstücke Nr. 984/6 und 984/7, KG Spumberg, erfaßt. Dementgegen empfahl die zuständige Fachabteilung des Amtes der Salzburger Landesregierung mit Schreiben vom unter Berufung auf die §§24 Abs 1 und 12 Abs 4 ROG 1977, die Ausweisung als "Gewerbegebiet" auf die Betriebsfläche des Sägewerkes F, sohin auf die Grundstücke Nr. 145/2 und 984/8, KG Spumberg, zu beschränken, um eine "neuerliche, ohne entsprechende Schutzmaßnahmen vorgesehene Durchmischung von Widmungskategorien hintan(zu)halten und das Gewerbegebiet auf die nördliche Peripherie des Ortes (zu) beschränken".

Durch Beschluß der Gemeindevertretung Adnet vom wurde der Flächenwidmungsplan im Sinne der Empfehlung des Planungsfachbeirates geändert; sohin würden nicht nur die Grundstücke Nr. 145/2 und 984/8, sondern auch die antragsgegenständlichen Grundstücke Nr. 984/6 und 984/7, KG Spumberg, als "Gewerbegebiet" ausgewiesen. Trotz neuerlicher Einwendungen der Fachabteilung des Amtes der Salzburger Landesregierung (vom ) hielt die Gemeindevertretung Adnet am hinsichtlich der Gewerbegebietsausweisung in Waidach an ihrem Beschluß vom mit dem Bemerken fest: "Die Landesregierung sollte darüber entscheiden". Nach Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes wegen anderer Änderungswünsche des Amtes der Salzburger Landesregierung erfolgte am eine neuerliche Beschlußfassung der Gemeindevertretung Adnet, die jedoch die Widmung des Gewerbegebietes Waidach nicht mehr änderte. Ausdrücklich wurde im Protokoll dazu festgehalten: "Eine Beharrungsmitteilung wegen Gewerbegebiet wird nicht beschlossen, da diesbezüglich schon mehrere Beschlüsse gefaßt worden sind." Im Erläuterungsbericht zum Flächenwidmungsplan vom ist bezüglich des antragsgegenständlichen Gewerbegebietes in Waidach-West festgehalten:

"Das Mischgebiet wurde in seinen westlichsten Parzellen in reines Wohngebiet, im Mittelbereich in erweitertes Wohngebiet und im östlichsten Bereich in Gewerbegebiet aufgelöst. Die Auflösung erfolgte im ursprünglichen Entwurf in einer anderen Art und Weise, daß nur noch die bestehende Säge als Gewerbegebiet ausgewiesen wurde und die übrigen Bereiche als erweitertes bzw. reines Wohngebiet. Mit derzeit vorliegender Abgrenzung wurde seitens der Gemeinde einer Empfehlung des Planungsbeirates (richtig wohl: Planungsfachbeirates) Rechnung getragen."

Mit Beschluß der Salzburger Landesregierung vom wurde dem überarbeiteten Flächenwidmungsplan der Gemeinde Adnet in der Fassung der Beschlüsse der Gemeindevertretung Adnet vom , , und die aufsichtsbehördliche Genehmigung erteilt.

c) Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, daß es im vorliegenden Fall Aufgabe der örtlichen Raumplanung der Gemeinde Adnet war, gemäß § 24 Abs 12 ROG 1977 als gemischtes Baugebiet (im Sinne des § 14 Abs 1 litd ROG 1968) gewidmete Grundflächen "in Gebiete einer diesem Gesetz (d.i. das ROG 1977) entsprechenden Widmung aufzulösen". Wie sich nicht zuletzt dem letzten Satz dieser Bestimmung entnehmen läßt (- wonach in den gemischten Baugebieten bis zu deren Auflösung mit bestimmten Ausnahmen Bauten gemäß § 12 Abs 1 Z 1 bis 5 ROG 1977 zulässig sind -), kommen als neue Widmungen für die antragsgegenständlichen Liegenschaften sowohl die ursprünglich von der Gemeindevertretung am festgelegte Widmung als "erweitertes Wohngebiet" gemäß § 12 Abs 1 Z 2 ROG 1977 als auch die nunmehr geltende, auf dem Beschluß der Gemeindevertretung vom beruhende Widmung als "Gewerbegebiet" gemäß § 12 Abs 1 Z 4 ROG 1977 in Betracht. Es oblag dem wohlerwogenen Ermessen der Gemeindevertretung, entweder die eine oder die andere Widmung festzulegen. Als gesetzliche Richtlinie für die Ausübung dieses Planungsermessens hatte sie dabei sowohl die Vorschrift des § 12 Abs 4 ROG 1977 (demzufolge bei unterschiedlichen Widmungen im Bauland eine gegenseitige Beeinträchtigung oder Gefährdung der Gebiete möglichst vermieden werden soll), als auch die Übergangsbestimmung des § 24 Abs 1 ROG 1977 (derzufolge bei der Festlegung von Nutzungsarten für zumindest teilweise verbaute Gebiete die der Hauptsache nach bestehenden widmungsmäßigen Verhältnisse zu berücksichtigen sind) gehörig zu berücksichtigen. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg.

10377/1985 (zum oberösterreichischen Raumordnungsrecht)

ausgesprochen hat, kann dem raumordnungsrechtlichen Gebot, "die

Lage der verschiedenen Kategorien von Baugebieten so aufeinander

abzustimmen, daß eine gegenseitige Beeinträchtigung möglichst

vermieden wird, ... bei gewachsenen Strukturen und vorhandenen

örtlichen Gegebenheiten ... nicht immer voll Rechnung getragen

werden (worauf auch das Wort 'möglichst' - hier in § 12 Abs 4 ROG 1977 - hindeutet)".

Es muß angesichts dieser Rechtslage nach Meinung des Verfassungsgerichtshofes der Gemeindevertretung der Gemeinde Adnet überlassen bleiben, ob sie - unter Berücksichtigung der durch die Flächenwidmung betroffenen Interessen - die nach der ursprünglichen Widmung (als "gemischtes Baugebiet") wohl zulässige Erweiterung des auf den Grundstücken Nr. 145/2 und 984/8 bereits bestehenden Gewerbebetriebes auf das Grundstück Nr. 984/7 durch dessen Widmung zum "Gewerbegebiet" zuläßt (zumal auf dem Grundstück Nr. 984/6 ebenfalls bereits ein Gewerbebetrieb existiert), oder ob sie eine Beeinträchtigung der bestehenden angrenzenden Wohnbebauung durch die Widmung der Grundstücke Nr. 984/6 und 984/7 zum "erweiterten Wohngebiet" hintanhalten will. Der Gesetzgeber hat diesbezüglich in verfassungsrechtlich zulässiger Weise (vgl. etwa für Bescheide Art 130 Abs 2 B-VG) von einer rechtlichen Bindung der Verwaltungsbehörde abgesehen und die planerische Entscheidung dem im Sinne des Gesetzes zu übenden Ermessen der Verwaltungsbehörde, also der Gemeindevertretung Adnet, überlassen.

d) Wie das unter b) geschilderte Verwaltungsgeschehen zeigt, ist der von der Gemeinde Adnet für die Grundstücke Nr. 984/6 und 984/7, KG Spumberg, gefaßte Widmungsbeschluß gleichwohl mit Rechtswidrigkeit behaftet: Die Gemeindevertretung hat es nämlich unterlassen, das ausschließlich ihr eingeräumte Planungsermessen unter Abwägung aller in den Planungsprozeß einzubeziehenden Interessen gehörig auszuüben. Die Gemeindevertretung ist von ihrem ursprünglichen Beschluß vom (demzufolge die antragsgegenständlichen Grundstücke als erweitertes Wohngebiet gewidmet wurden) in ihrem Beschluß vom mit der Widmung der antragsgegenständlichen Grundstücke Nr. 984/6 und 984/7, KG Spumberg, als "Gewerbegebiet" ohne zureichende Begründung abgewichen. Sie wollte damit lediglich der Meinung des Planungsfachbeirates und letztlich der Salzburger Landesregierung Rechnung tragen, wie aus ihrem Beschluß vom hervorgeht, mit dem ausdrücklich die Entscheidung der Landesregierung hinsichtlich der Gewerbegebietsausweisung verlangt wird. Eigenständige Überlegungen zur Abwägung entgegenstehender Interessen an der Widmung der fraglichen Liegenschaften hat die Gemeindevertretung nicht angestellt. Auch in der letzten und endgültigen Beschlußfassung über den neuen Flächenwidmungsplan vom , mit dem die dann der Salzburger Landesregierung zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorgelegte Fassung des Flächenwidmungsplanes beschlossen wurde, findet sich hinsichtlich des Gewerbegebietes Waidach der ausdrückliche Verzicht auf eine neuerliche Beschlußfassung und lediglich der Hinweis, daß "diesbezüglich schon mehrere Beschlüsse gefaßt worden sind". Im Erläuterungsbericht zum Flächenwidmungsplan vom wird schließlich nach Darstellung der Auflösung des ursprünglich als gemischtes Baugebiet gewidmeten Bereiches lediglich darauf hingewiesen, daß mit der vorliegenden Abgrenzung im Gegensatz zum ursprünglichen Entwurf "seitens der Gemeinde einer Empfehlung des Planungsbeirates Rechnung getragen" wurde.

Insbesondere der Verweis der Gemeindevertretung in ihrem Beschluß vom auf die vermeintliche Entscheidungsbefugnis der Landesregierung, aber auch der Verzicht der Gemeindevertretung auf einen neuerlichen, selbständigen Beschluß über die streitgegenständlichen Liegenschaften anläßlich der endgültigen Beschlußfassung über den Flächenwidmungsplan am machen deutlich, daß die Gemeindevertretung Adnet das der Gemeinde gemäß Art 118 Abs 3 Z 9 B-VG als Ausfluß der "örtlichen Raumplanung" verfassungsgesetzlich gewährleistete, durch das ROG 1977 eingeräumte und oben (a.) dargestellte Planungsermessen nicht wahrgenommen hat. Schon die Annahme rechtlicher Bindung einer Behörde in einem Bereich, in dem ihr die Rechtsordnung Ermessen eingeräumt hat, macht einen Verwaltungsakt rechtswidrig, weil dadurch zwangsläufig die für die Übung des Ermessens im Sinne des Gesetzes notwendigen Überlegungen und Abwägungen von der Behörde vernachlässigt werden. Nicht umsonst eröffnet Art 119 a Abs 9 B-VG der Gemeinde die Möglichkeit, die Ausübung des ihr durch die Rechtsordnung eingeräumten Ermessens gegenüber der Aufsichtsbehörde vor den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts zu verteidigen.

Neben der rechtswidrigen Verkennung des ihr bei der Festlegung der Widmung der streitgegenständlichen Liegenschaften eingeräumten Ermessens hat die Gemeinde aber auch gegen die ihr gemäß Art 118 Abs 3 Z 9 B-VG in Verbindung mit Art 116 Abs 1 und Art 118 Abs 4 B-VG verfassungsgesetzlich eingeräumte Selbstverwaltungsgarantie mit dem Verweis auf die Entscheidungsbefugnis der Landesregierung dadurch verstoßen, daß sie nicht bereit war, "in eigener Verantwortung" (Art118 Abs 4 B-VG) die ihr verfassungsrechtlich vorbehaltene Planungsentscheidung zu treffen. Vielmehr hat die Gemeindevertretung, wie dies in ihrem Beschluß vom besonders deutlich zum Ausdruck gelangt, ihre Entscheidungsbefugnis in der Sache überörtlichen Stellen, nämlich dem Planungsfachbeirat und letztlich der Salzburger Landesregierung überlassen, und sich darauf beschränkt, ohne eigene Planungsüberlegungen deren Willensäußerungen entsprechende Beschlüsse zu fassen.

Angesichts dieser grundlegenden Verkennung der der Gemeinde selbst von der Rechtsordnung übertragenen Planungsaufgabe ist der von der Gemeindevertretung der Gemeinde Adnet mit ihren Beschlüssen vom , , und verabschiedete Flächenwidmungsplan antragsgemäß insoweit als rechtswidrig aufzuheben, als er für die Grundstücke Nr. 984/6 und 984/7, KG Spumberg, die Widmung "Gewerbegebiet" festlegt.

Bei ihrer neuerlichen Beschlußfassung über die Widmung der antragsgegenständlichen Grundstücke als "erweitertes Wohngebiet" oder als "Gewerbegebiet" wird die Gemeindevertretung in eigener Verantwortung unter Berücksichtigung der - in einem gehörigen Planungsverfahren (vgl. VfSlg. 8280/1978, 10471/1985) - eingeholten Empfehlungen, Stellungnahmen und Einwendungen von ihrem Planungsermessen Gebrauch zu machen haben. Bei der Darstellung ihres "räumlichen Entwicklungskonzeptes", das die Grundlage des Flächenwidmungsplanes zu bilden hat, wird sie die Sachlichkeit der von ihr festgelegten Widmung unter Berücksichtigung jener Empfehlungen, Stellungnahmen und Einwendungen darzulegen haben. Der Verfassungsgerichtshof hält ausdrücklich fest, daß es ihm genausowenig wie der Aufsichtsbehörde obliegt, das der Gemeinde von der Rechtsordnung eingeräumte Planungsermessen zu supplieren und an Stelle der Gemeinde planerische Entscheidungen zu treffen.

e) Die Verpflichtung der Salzburger Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung stützt sich auf Art 139 Abs 5 B-VG.

Diese Entscheidung konnte vom Verfassungsgerichtshof ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG 1953 beschlossen werden.