VfGH vom 28.06.2012, V6/12

VfGH vom 28.06.2012, V6/12

19655

Leitsatz

Abweisung eines Gerichtsantrags auf Aufhebung von Bestimmungen der SNT-VO 2006-Novelle 2007 betreffend Netznutzungstarife im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung der in Vorperioden geleisteten Gebrauchsabgabe; kein Verstoß gegen den Grundsatz der kostenorientierten Bestimmung von Systemnutzungstarifen und der Kostenwahrheit; keine Gleichheitswidrigkeit

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Mit Antrag vom begehrt das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (als Amtshaftungsgericht) gemäß Art 139 Abs 1 iVm Art 89 Abs 2 B-VG, der Verfassungsgerichtshof möge jeweils die lite in den Z 5, 6 und 7 des § 19 der Verordnung der Energie-Control Kommission, mit der die Tarife für die Systemnutzung bestimmt werden (im Folgenden: Systemnutzungstarife-Verordnung 2006), idF der Verordnung der Energie-Control Kommission, mit der die SNT-VO 2006 geändert wird (im Folgenden: SNT-VO 2006-Novelle 2007), als gesetzwidrig aufheben.

2. Die vor dem antragstellenden Gericht klagende und im verfassungsgerichtlichen Verfahren beteiligte Partei ist ein horizontal integriertes, kommunales Energieversorgungsunternehmen, das ein Netz zur Verteilung von elektrischer Energie betreibt. Als Verteilernetzbetreiber gemäß § 7 Z 43a Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (im Folgenden: ElWOG) ist die klagende Partei gemäß der Grundsatzbestimmung des § 29 ElWOG sowie der hiezu ergangenen landesrechtlichen Bestimmungen der §§24, 40 Z 3 Landesgesetz, mit dem das Oö. Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2006 erlassen wird (im Folgenden: Oö. ElWOG 2006) verpflichtet, netzzugangsberechtigten Kunden zu behördlich bestimmten Tarifen den Zugang zu ihren Anlagen zu gewähren.

Das Gesetz vom über die Abgabe für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund und des darüber befindlichen Luftraumes durch gemeindeeigene Unternehmungen (im Folgenden: Oö. Gebrauchsabgabengesetz) ermächtigt Gemeinden, auf Grund eines Beschlusses des Gemeinderates für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund und des darüber liegenden Luftraumes durch gemeindeeigene Unternehmen unter Berücksichtigung der Art, des Umfanges und des wirtschaftlichen Vorteils des Gebrauches eine Gebrauchsabgabe zu erheben (§1 Abs 1 leg.cit.). Als gemeindeeigene Unternehmungen gelten auch solche, an denen die Gemeinde mit mehr als 50 v.H. beteiligt ist (§1 Abs 3 leg.cit.). Im Gemeinderatsbeschluss der Stadtgemeinde Ried vom ist für die Stadtwerke Ried eine Gebrauchsabgabe in Höhe von 3 v.H. festgesetzt worden. Bei der beteiligten Partei handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der die Stadtgemeinde Ried zu 100 v.H. beteiligt ist.

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und die Energie-Control Kommission haben in der Vergangenheit bei der Bestimmung der Systemnutzungstarife im Rahmen der Systemnutzungstarif-Verordnungen die Gebrauchsabgabe nicht als Kosten der beteiligten Partei berücksichtigt. Mit

VfSlg. 17.798/2006 hat der Verfassungsgerichtshof erstmals festgestellt, dass diese Nichtberücksichtigung der Gebrauchsabgabe - soweit dieser der Charakter eines Entgelts für die Benützung öffentlichen Gemeindegrunds zukommt - gesetzeswidrig ist. In der Folge wurden mit der hier gegenständlich SNT-VO 2006-Novelle 2007 von der beteiligten Partei geleistete Gebrauchsabgaben für die Zukunft in voller Höhe als Kosten berücksichtigt.

Während die Energie-Control Kommission in Bezug auf manche Unternehmen im Rahmen der SNT-VO 2006-Novelle 2007 die Gebrauchsabgabe auch für den Zeitraum vor In-Kraft-Treten der genannten Novelle als Kosten anerkannte, verneinte sie eine Berücksichtigung der Gebrauchsabgabe der beteiligten Partei für den Zeitraum vor In-Kraft-Treten der SNT-VO 2006-Novelle 2007 mit der Begründung, dass der wirtschaftliche Überhang der beteiligten Partei auch nach Berücksichtigung der nicht anerkannten Gebrauchsabgabe noch immer positiv sei.

Die beteiligte Partei behauptet in dem, dem

vorliegenden Antrag zugrundeliegenden, Amtshaftungsverfahren einen Schaden von € 471.857,91 samt Anhang wegen Nichtberücksichtigung der Gebrauchsabgabe.

3.1. Das antragstellende Gericht gibt zunächst die in der Klage vorgebrachten Bedenken ob der Rechtmäßigkeit der antragsgegenständlichen Bestimmungen der SNT-VO 2006-Novelle 2007 wie folgt wieder:

"Im vorliegenden Amtshaftungsverfahren behauptet die Klägerin einen Schaden von EUR 471.857,91 samt Anhang und bringt dazu vor, als gemeindeeigenes Unternehmen im Sinn von § 1 Abs 3 OÖ Gebrauchsabgabengesetz sei die Klägerin aufgrund eines Beschlusses des Gemeinderates der Stadtgemeinde Ried/Innkreis vom zur Leistung einer Gebrauchsabgabe für die Nutzung von öffentlichem Gemeindegrund in Höhe von 3 % der im Gemeindegebiet erzielten Roheinnahmen verpflichtet. Es sei der Klägerin rechtlich nicht möglich, die von ihr entrichtete Gebrauchsabgabe auf ihre Kunden zu überwälzen. Während etwa in Wien landesrechtliche Bestimmungen vorsehen, dass die gemäß dem Wiener Gebrauchsabgabengesetz von den Elektrizitätsunternehmen zu entrichtende Gebrauchsabgabe anteilsmäßig weiter zu verrechnen sei, sehe das Oberösterreichische[...] Landesrecht eine derartige Möglichkeit der Überwälzung nicht vor. Die Gebrauchsabgabe stelle für die Klägerin eine nicht überwälzbare Kostenposition dar, die daher gemäß § 25 Abs 2 ElWOG bei der Festsetzung der Tarife für das Netznutzungsentgelt und das Netzverlustentgelt zu berücksichtigen sei. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und die Energiekontrollkommission habe dennoch bei Bestimmung der Systemnutzungstarife durch die seit den Jahren 2000 erlassenen Systemnutzungstarife - Verordnungen die Gebrauchsabgabe nicht als Kosten der Klägerin anerkannt. Mit Erkenntnis vom , V136/03, B1162/04 habe der Verfassungsgerichtshof bereits festgestellt, dass die Gebrauchsabgabe jedenfalls zum Teil auch als Entgelt für die Benützung öffentlichen Grundes anzusehen sei. Soweit der Gebrauchsabgabe Entgeltcharakter zukomme, sei es nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs gleichheitswidrig, ein öffentlich rechtliches Entgelt für die Benützung öffentlichen Gemeindegrunds nicht als Kosten im Rahmen der Tarifierung zu berücksichtigen. Gemäß diesem Erkenntnis würde die laufende Gebrauchsabgabe seit der SNT-Verordnung 2006, Novelle 2007 von der E-Kontrollkommission im Rahmen der Tarifierung als Kostenposition berücksichtigt. Die Kommission habe weiters die durch den Verfassungsgerichtshof als gesetzwidrig festgestellte Nichtberücksichtigung der Gebrauchsabgabe in der Vergangenheit dadurch saniert, dass den betroffenen Netzbetreibern die nicht berücksichtigte Gebrauchsabgabe bei Erlassung der SNT-VO Novelle 2007 als Kosten anerkannt wurde. Im Fall der Klägerin habe die Energiekontrollkommission diese Sanierung jedoch abgelehnt und die in der Vergangenheit bei der Antragstellerin angefallene Gebrauchsabgabe (anders als bei anderen Unternehmen) auch bei der Erlassung der SNT-Verordnung Novelle 2007 nicht als Kosten des Netzbetriebes der Klägerin berücksichtigt, dies mit der Begründung, dass die Klägerin in der Vergangenheit auch ohne Berücksichtigung der Gebrauchsabgabe konkret Gewinne erzielt hätte. Diese expost angestellte Betrachtung der Energiekontrollkommission sei nicht nur systemwidrig und inkonsequent, sondern auch von der Methode falsch. Die Klägerin habe in den Vorjahren nicht angerechnete Beträge der Gebrauchsabgabe vorfinanzieren müssen. Der erforderliche Zinsaufwand sei von der Energiekontrollkommission gleichfalls zu Unrecht nicht als Kostenposition anerkannt worden. Durch die nicht gesetzeskonforme Sanierung im Fall der Klägerin sei diese gegenüber denjenigen Netzbetreibern willkürlich benachteiligt worden, deren Gebrauchsabgabe sehr wohl im Rahmen der SNT-VO 2006 - Novelle 2007 anerkannt worden sei. Darüber hinaus werde die Klägerin auch durch die sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung gegenüber anderen Netzbetreibern auch in ihren verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Wahrung der Eigentums- und Erwerbsfreiheit verletzt. Die Verordnung sei deshalb rechtswidrig, weil § 25 Abs 2 ElWOG vorsehe, dass der Netznutzungstarif kostenorientiert zu bestimmen sei und den Grundsätzen der Kostenverursachung zu entsprechen habe. Dessen ungeachtet habe der verordnete Tarif nicht dem gesetzlichen Gebot der Kostenorientierung und Kostenverursachung entsprochen."

Nach Wiedergabe der Ausführungen der beklagten Partei im gerichtlichen Verfahren, die das Vorbringen der klagenden Partei bestreitet, hält das antragstellende Gericht zunächst fest, dass die für die Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof erforderliche Präjudizialität gegeben ist.

3.2. Seine Bedenken gegen die angefochtenen

Bestimmungen der SNT-VO 2006-Novelle 2007 formuliert das antragstellende Gericht sodann folgendermaßen:

"Das Oberösterreichische Gebrauchsabgabengesetz, LGBl Nr. 9/1967 ermächtigt Gemeinden aufgrund eines Beschlusses des Gemeinderates für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund [und] des darüber befindlichen Luftraums durch gemeindeeigene Unternehmen unter Berücksichtigung der Art, des Umfanges und des wirtschaftlichen Vorteils des Gebrauches eine Gebrauchsabgabe zu erheben. Die Gebrauchsabgabe darf 3 % der Roheinnahmen der Unternehmung im Gemeindegebiet nicht übersteigen.

Gemeindeeigene Unternehmungen in diesem Sinne sind auch solche Unternehmungen, an denen die Gemeinde mit mehr als 50 % beteiligt ist. Daraus folgt, dass der Gebrauchsabgabe Entgeltcharakter hinsichtlich der Benützung öffentlichen Gemeindegrunds zukommt.

Gemäß § 25 Abs 1 ElWOG bestimmt sich das Systemnutzungsentgelt aus dem Netznutzungsentgelt, dem Netzverlustentgelt, dem Systemdienstleistungsentgelt, dem Entgelt für Messleistungen, dem Netzzutrittsentgelt, sowie aus dem Entgelt für internationale Transaktionen. Ferner, gemäß § 2 leg cit, sind die Systemnutzungstarife kostenorientiert zu bestimmen und haben dem Grundsatz der Kostenwahrheit zu entsprechen. In der bereits zitierten Entscheidung V136/03 erwog der Verfassungsgerichtshof, dass, in dem die Verordnung erlassende Behörde es unterlassen hat, jenen Teil der Gebrauchsabgabe, die [...] [als] Entgelt für die Benützung öffentlichen Gemeindegrunds anzusehen ist, als Kosten des Netzbetriebes bei der Festsetzung der Systemnutzungstarife anzuerkennen, hat sie die angefochtenen Tarife mit Gesetzwidrigkeit belastet. In der Folge hob der Verfassungsgerichtshof die entsprechenden Bestimmungen in den jeweiligen Systemnutzungstarife-Verordnungen als gesetzwidrig auf. Aus diesem Grunde liegt es nahe, dass auch die nunmehr zu überprüfenden Teile der SNT-Verordnung 2006 in der Fassung der Novelle 2007 gesetzwidrig sind und nunmehr die Ungleichbehandlung von öffentlich-rechtlichen Entgelten und den privatrechtlich vereinbarten Entgelten festgestellt werden müsste. Darüber hinaus mutet diese Verordnung gesetzwidrig an, weil diese ausgehend von den Bestimmungen des § 25 Abs 1, 2 und [...] [3] ElWOG und den darin normierten Grundsätzen, wonach Netznutzungstarife kostenorientiert zu bestimmen sind und den Grundsätzen der Kostenverursachung zu entsprechen haben, die ebenfalls verordnungserlassende E-Kontrollkommission ihre Verordnung dementsprechend nicht gestaltet habe[...]. In diesem Zusammenhang ist die Begründung der Behörde, die Klägerin habe ohnedies einen Überhang auch ohne Berücksichtigung der Gebrauchsabgabe erzielt, den in § 25 ElWOG statuierten Grundsätze[n] widerlaufend und gegebenenfalls gleichheitswidrig.

Aus den genannten Gründen hält das Amtshaftungsgericht die im Spruch genannten Bestimmungen der angesprochenen Systemnutzungstarifverordnung für gesetzwidrig und begehrt daher die Aufhebung der im Spruch genannten Bestimmungen."

4. Die Regulierungskommission (als Nachfolgerin der Energie-Control Kommission) erstattete am eine Äußerung, in der sie beantragt, den Antrag des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als unbegründet abzuweisen. Seit der SNT-VO 2006-Novelle 2007 werde die Gebrauchsabgabe ohnehin zur Gänze als Bestandteil der Kostenbasis anerkannt. Dies werde auch von der klagenden Partei nicht bestritten. Für die Vergangenheit sei die Nichtberücksichtigung der Gebrauchsabgabe für die klagende Partei deshalb nicht saniert worden, weil deren tatsächlich erzielte Netzerlöse die in diesen Jahren anerkannten Netzkosten zuzüglich der Gebrauchsabgabe bei Weitem überschritten hätten. Nur bei jenen Stromnetzbetreibern, bei denen das erwirtschaftete Ergebnis nicht im Stande war, die Aufwendungen für die Gebrauchsabgabe zu decken, habe die in der Vergangenheit geleistete Gebrauchsabgabe auch in den aktuellen Tarifen nach der SNT-VO 2006-Novelle 2007 ihren Niederschlag gefunden. Nur so hätte dem Grundsatz der Kostenorientierung gemäß § 25 Abs 2 ElWOG entsprochen werden können. Zur Nichtberücksichtigung des Zinsaufwandes für die Vorfinanzierung der Gebrauchsabgabe sei festzuhalten, dass die vermeintliche Vorfinanzierung ohnehin durch den Überhang abgedeckt worden sei.

5. Die beteiligte Partei erstattete am eine Stellungnahme, in der sie sich dem Antrag des antragstellenden Gerichts anschließt. Es sei richtig, dass es in dem zugrundeliegenden Amtshaftungsverfahren ausschließlich um die Nichtanerkennung der Gebrauchsabgabe für Perioden vor dem Jahr 2007 gehe; die ab dem anfallende Gebrauchsabgabe werde durch die SNT-VO 2006-Novelle 2007 zur Gänze berücksichtigt. Aus diesem Grund könne auch nicht angenommen werden, dass es sich bei der in den Jahren vor 2007 bezahlten Gebrauchsabgabe um ein Gewinnpräzipuum handle. Die Ableitung des Überhangs sei betriebswirtschaftlich nicht haltbar, weil tatsächliche Erlöse mit anerkannten Plankosten verglichen würden. Dabei werde außer Acht gelassen, dass die höheren Umsatzerlöse zwangsläufig auch mit höheren Kosten verbunden seien. (Die beteiligte Partei zeigt jedoch nicht auf, dass eine Unterdeckung stattgefunden hat.)

Abgesehen davon stelle sich die Frage, ob bei der im Sinne des Erkenntnisses VfSlg. 17.798/2006 gebotenen Berücksichtigung der Gebrauchsabgabe überhaupt eine Betrachtung der tatsächlichen Erlöse zulässig und nicht von geplanten Kosten und Erlösen auszugehen sei. Jedenfalls sei ein Abschöpfen von "Übergewinnen" gesetzlich nicht vorgesehen; dies sei erst durch das ElWOG 2010 mit dem so genannten "Regulierungskonto" eingeführt worden. Die Schlechterstellung gegenüber anderen Netzbetreibern verletze den Gleichheitsgrundsatz.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz), BGBl. I 143/1998, idF BGBl. I 106/2006 (zwischenzeitig aufgehoben durch BGBl. I 110/2010), lauten:

"Begriffsbestimmungen

§7. (Grundsatzbestimmung) Im Sinne dieses Bundesgesetzes bezeichnet der Ausdruck

1 - 43 [...]

43a. 'Verteilernetzbetreiber' eine natürliche oder juristische Person, die verantwortlich ist für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Verteilernetzes in einem bestimmten Gebiet und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen sowie für die Sicherstellung der langfristigen Fähigkeit des Netzes, eine angemessene Nachfrage nach Verteilung von Elektrizität zu befriedigen;

44. - 50. [...]

[...]

Bestimmung der Systemnutzungstarife

§25. (unmittelbar anwendbares Bundesrecht) (1) Das für die Netznutzung zu entrichtende Entgelt bestimmt sich aus dem


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1.
Netznutzungsentgelt;
2.
Netzbereitstellungsentgelt;
3.
Netzverlustentgelt;
4.
Systemdienstleistungsentgelt;
5.
Entgelt für Messleistungen;
6.
Netzzutrittsentgelt sowie
7.
gegebenenfalls dem Entgelt für internationale
Transaktionen.

Die in Z 1 bis 4 sowie Z 7 angeführten Entgelte sind unter Zugrundelegung eines Tarifes zu ermitteln, der von der Elektrizitäts-Control Kommission durch Verordnung oder Bescheid zu bestimmen ist. Das unter Z 6 angeführte Entgelt ist aufwandsorientiert zu verrechnen, wobei eine Pauschalierung dem Netzbetreiber für jene Netzbenutzer, die an eine unter Abs 5 Z 6 angeführte Netzebene angeschlossen sind, anheim gestellt ist. Das unter Z 5 angeführte Entgelt ist grundsätzlich aufwandsorientiert zu verrechnen, wobei von der Elektrizitäts-Control Kommission durch Verordnung oder Bescheid Höchstpreise bestimmt werden können.

(2) Die Systemnutzungstarife sind kostenorientiert zu bestimmen und haben dem Grundsatz der Kostenwahrheit zu entsprechen. Die Bestimmung der Preise unter Zugrundelegung einer Durchschnittsbetrachtung, die von den Kosten eines rationell geführten, vergleichbaren Unternehmens ausgeht, ist zulässig. Weiters können der Preisbestimmung Zielvorgaben zugrunde gelegt werden, die sich am Einsparungspotential der Unternehmen orientieren (Produktivitätsabschläge). Die den Preisansätzen zugrunde liegende Tarifstruktur ist einheitlich zu gestalten und hat eine Vergleichbarkeit der mit den Leistungen korrespondierenden Preisansätzen aller Netzbetreiber zu ermöglichen.

(3) Die Systemnutzungstarife haben dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Systembenutzer zu entsprechen. Die für den Netzzugang geltenden Systemnutzungstarife sind als Festpreise zu bestimmen.

(4) Die Elektrizitäts-Control Kommission hat

jedenfalls Systemnutzungstarife für Entnehmer und Einspeiser von elektrischer Energie durch Verordnung oder Bescheid zu bestimmen. Netzbetreiber gelten dabei als Entnehmer.

(5) [...]

(6) Als Netzbereiche sind vorzusehen:

1. [...]

2. für die anderen Netzebenen die jeweiligen durch die Netze in den Netzebenen gemäß Abs 5 Z 1 bis 7 der in der Anlage angeführten Unternehmen sowie von den jeweils unterlagerten Netzen anderer Unternehmen abgedeckten Gebiete, wobei die WIENSTROM GmbH eigenen Höchstspannungsanlagen der Netzebene gemäß Abs 5 Z 3 (Hochspannungsebene) diesem Netzbereich (Netzbereich der WIENSTROM GmbH) kostenmäßig zuzuordnen sind;

3. die durch die Netze der Grazer Stadtwerke AG, der Innsbrucker Kommunalbetriebe AG, der Klagenfurter Stadtwerke, der Linzer Elektrizitäts-, Fernwärme und Verkehrsbetriebe Aktiengesellschaft, der Salzburger Stadtwerke AG sowie der Steiermärkischen Elektrizitäts-Aktiengesellschaft abgedeckten Gebiete in den Abs 5 Z 4 und 5 angeführten Netzebenen, sofern dies aus geographischen, wirtschaftlichen oder netztechnischen Gegebenheiten erforderlich ist;

4. [...]

Leitungsanlagen, deren Kostenabgeltung im Rahmen von Verträgen gemäß § 70 Abs 2 geregelt ist, sind in keinen der Netzbereiche aufzunehmen. Für die Inanspruchnahme von Leitungsanlagen im Rahmen von Verträgen gemäß § 70 Abs 2 bestimmt sich das Entgelt für die Netzbenutzung aus der in diesen Verträgen geregelten Kostenabgeltung. Durch die Zuordnung zu einem Netzbereich wird nicht in das Versorgungsgebiet, in Eigentumsrechte, in Investitionsentscheidungen, in die Betriebsführung, in die Netzplanung oder in die Netzhoheit anderer Netzbetreiber eingegriffen.

(7) Bei galvanisch verbundenen Netzen

unterschiedlicher Betreiber innerhalb von Netzbereichen sind zur Ermittlung der Tarifpreise die Kosten je Netzebene für diese Netze zusammenzufassen, wobei die Erlöse aus der Nutzung dieser Netze innerhalb der Netzbereiche und Netzebenen von den jeweiligen Netzbetreibern nach Kostenanteilen aufzuteilen sind. Ausgleichszahlungen zwischen den Netzbetreibern sind erforderlichenfalls durchzuführen. Bei Netzen, welche nur über die gleiche Spannungsebene aus Netzen von unterschiedlichen Betreibern innerhalb von Netzbereichen versorgt werden, jedoch nicht direkt transformatorisch mit überlagerten Netzebenen verbunden sind, sind zur Ermittlung der Tarifpreise die Kosten je Netzebene für diese Netze zusammenzufassen, wobei die Erlöse aus der Nutzung dieser Netze anteilig nach den über die Netze gelieferten Mengen sowie der jeweiligen Kosten aufzuteilen sind. Ausgleichszahlungen zwischen den Netzbetreibern sind erforderlichenfalls durchzuführen.

(8) Die organisatorische und technische Abwicklung der Ausgleichszahlungen gemäß Abs 7 sind der Elektrizitäts-Control GmbH zur Besorgung zugewiesen.

(9) [...]

(10) Elektrizitätsunternehmen haben die einzelnen Komponenten des Entgeltes gemäß Abs 1, welches Endverbrauchern oder Netzbetreibern verrechnet wird oder in verrechneten Tarifpreisen enthalten ist, gesondert auf den Rechnungen für die Netznutzung oder auf den Stromrechnungen auszuweisen. Das Entgelt für die Systemdienstleistung ist Erzeugern getrennt von allfälligen anderen Entgelten in Rechnung zu stellen oder auf Rechnungen getrennt auszuweisen.

(11) Die Bemessung des Netzbereitstellungsentgeltes hat leistungsbezogen zu erfolgen. Die Elektrizitäts-Control Kommission hat durch Verordnung oder Bescheid die Kriterien, die bei der Bestimmung der Basis für die Verrechnung des Netzbereitstellungsentgeltes heranzuziehen sind, festzulegen.

(12) Die Bemessung des Netznutzungsentgeltes hat

entweder arbeitsbezogen oder arbeits- und leistungsbezogen zu erfolgen. Der leistungsbezogene Anteil des Netznutzungsentgeltes ist grundsätzlich auf einen Zeitraum eines Jahres zu beziehen. Die Tarife sind so zu gestalten, dass Erlöse aus den leistungsbezogenen Netznutzungspreisen je Netzebene die Erlöse aus den arbeitsbezogenen Netznutzungspreisen nicht übersteigen. Werden Preise für die Netznutzung zeitvariabel gestaltet, so sind höchstens jeweils zwei unterschiedliche Preise innerhalb eines Tages, innerhalb einer Woche sowie innerhalb eines Jahres zulässig. Zur Ermittlung der Basis für die Verrechnung des leistungsbezogenen Anteils des Netznutzungsentgeltes ist das arithmetische Mittel der im Abrechnungszeitraum monatlich gemessenen höchsten einviertelstündlichen Durchschnittsbelastung heranzuziehen. Für eine kürzere Inanspruchnahme als ein Jahr sowie bei gänzlicher oder teilweise nicht durchgehender Inanspruchnahme des Netzsystems sind höhere Preise zu verrechnen. Die Elektrizitäts-Control Kommission hat durch Verordnung oder Bescheid die Kriterien festzulegen, nach denen bei der Berechnung der sich dabei ergebenden Basis für die Verrechnung des leistungsbezogenen Anteils des Netznutzungsentgeltes vorzugehen ist.

(13) Das bei der Bestimmung der Tarife zugrunde zu legende Verfahren der Kostenwälzung ist von der Elektrizitäts-Control Kommission unter angemessener Berücksichtigung von Gesichtspunkten einer Brutto- und Nettobetrachtung durch Verordnung zu bestimmen.

(14) [...]

[...]

Pflichten

§29. (Grundsatzbestimmung) Die Ausführungsgesetze

haben Betreiber von Verteilernetzen zu verpflichten:

1. - 2. [...]

3. Kunden sowie Erzeugern zu den genehmigten

Allgemeinen Bedingungen und bestimmten Systemnutzungstarifen den Zugang zu ihrem System zu gewähren;

4. - 14. [...]

15. zur Einhebung der Entgelte für Netznutzung;

16. - 21. [...]

Anlage I

(zu § 25 Abs 6 Z 2)

Die Unternehmen, auf die in § 25 Abs 6 Z 2 Bezug

genommen wird, sind:

a) die Burgenländische

Elektrizitätswirtschafts-Aktiengesellschaft für das Bundesland Burgenland;

b) die Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft für das Bundesland Kärnten;

c) die EVN AG für das Bundesland Niederösterreich;

d) die Energie AG Oberösterreich für das Bundesland Oberösterreich;

e) die Salzburger Aktiengesellschaft für Energiewirtschaft für das Bundesland Salzburg;

f) die Steirische Wasserkraft- und Elektrizitäts-Aktiengesellschaft für das Bundesland Steiermark;

g) die Tiroler Wasserkraftwerke Aktiengesellschaft für das Bundesland Tirol;

h) die Vorarlberger Kraftwerke Aktiengesellschaft für das Bundesland Vorarlberg;

i) die WIENSTROM GmbH für das Bundesland Wien."

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Landesgesetzes, mit dem das Oö. Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2006 erlassen wird (Oö. ElWOG 2006), LGBl. 1/2006, lauten:

"§24

Gewährung des Netzzugangs

Netzbetreiber sind verpflichtet, Netzzugangsberechtigten den Netzzugang zu den genehmigten Allgemeinen Bedingungen für den Netzzugang und den von der Energie-Control Kommission bestimmten Systemnutzungstarifen auf Grund privatrechtlicher Verträge zu gewähren.

[...]

§40

Pflichten der Betreiber von Verteilernetzen

Betreiber von Verteilernetzen sind verpflichtet:

1. - 2. [...]

3. Kunden sowie Erzeugern zu den genehmigten

Allgemeinen Bedingungen und bestimmten Systemnutzungstarifen den Zugang zu ihrem Netzsystem zu gewähren;

4. - 17. [...]"

3. § 1 des Gesetzes vom über die Abgabe für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund und des darüber befindlichen Luftraumes durch gemeindeeigene Unternehmungen (Oö. Gebrauchsabgabengesetz), LGBl. 9/1967, lautet:

"§1

Abgabenberechtigung

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, auf Grund eines Beschlusses des Gemeinderates für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund und des darüber befindlichen Luftraumes durch gemeindeeigene Unternehmungen unter Berücksichtigung der Art, des Umfanges und des wirtschaftlichen Vorteiles des Gebrauches eine Gebrauchsabgabe zu erheben.

(2) Die Gebrauchsabgabe darf 3 v.H. der Roheinnahmen der Unternehmung im Gemeindegebiet nicht übersteigen.

(3) Gemeindeeigene Unternehmungen im Sinne des Abs 1 sind auch solche Unternehmungen, an denen die Gemeinde mit mehr als 50 v.H. beteiligt ist."

4. Die jeweils angefochtenen lite in § 19 Abs 1 Z 5 bis 7 SNT-VO 2006, SNT 100/05, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 240 vom , in der Fassung der SNT-VO 2006-Novelle 2007, KSNT 100/06, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 250 am lauten:

"Bestimmung der Tarife für das Netznutzungsentgelt

§19. [...]

1. - 4. [...]

5. Netznutzungsentgelt für die Netzebene 5:

a) - d) [...]

LP SHT SNT WHT

WNT

e) Bereich Oberösterreich: 3.000 0,66 0,55 1,01

0,83

f) - n) [...]

6. Netznutzungsentgelt für die Netzebene 6:

a) - d) [...]

LP SHT SNT WHT

WNT

e) Bereich Oberösterreich: 3.636 1,09 1,09 1,40

1,40

f) - n) [...]

7. Netznutzungsentgelt für die Netzebene 7:

a) - d) [...]

LP SHT SNT WHT

WNT

e) Bereich Oberösterreich:

1. gemessene Leistung 4.296 3,20 3,20 3,97

3,97

2. nicht gemessene Leist. 600/Jahr 5,43 5,43 5,43

5,43

3. unterbrechbar 2,25 2,25 2,25

2,25

f) - n) [...]"

III. Erwägungen

1. Der Antrag ist zulässig:

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 140 B-VG bzw. des Art 139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003 und zuletzt ua.).

1.2. Da vor dem Hintergrund des Leistungsbegehrens der vor dem antragstellenden Gericht klagenden Partei nicht ausgeschlossen werden kann, dass die angefochtenen Bestimmungen jeweils der lite des § 19 Abs 1 Z 5 bis 7 SNT-VO 2006-Novelle 2007 eine Voraussetzung für die Entscheidung des antragstellenden Landesgerichtes im Anlassverfahren bilden (vgl. VfSlg. 18.453/2008), ist der Antrag zulässig.

2. Die vom antragstellenden Landesgericht geltend gemachten Bedenken treffen aber nicht zu:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf

Antrag eingeleiteten Verfahren auf Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl. VfSlg. 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist

(VfSlg. 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. Die verordnungserlassende Behörde hat bei

Ermittlung der in den angefochtenen Bestimmungen der SNT-VO 2006-Novelle 2007 festgesetzten Tarife zu leistende Gebrauchsabgaben ab dem , also ab Beginn des zeitlichen Geltungsbereichs der SNT-VO 2006-Novelle 2007, zur Gänze als Bestandteil der Kostenbasis anerkannt. Die angefochtenen Verordnungsbestimmungen berücksichtigen als Kostenbasis bei u.a. der beteiligten Partei allerdings nicht in Vorperioden, also vor In-Kraft-Treten der SNT-VO 2006-Novelle 2007, geleistete Gebrauchsabgaben. Dies hält das antragstellende Gericht aus folgenden Gründen für gesetzwidrig:

Gemäß § 25 Abs 2 des hier maßgeblichen ElWOG seien die Systemnutzungstarife kostenorientiert zu bestimmen und hätten dem Grundsatz der Kostenwahrheit zu entsprechen. Der Verfassungsgerichtshof habe in VfSlg. 17.798/2006 ausgesprochen, dass jener Teil der Gebrauchsabgabe, der als Entgelt für die Benützung öffentlichen Gemeindegrundes anzusehen ist, als Kosten des Netzbetriebes bei der Festsetzung der Systemnutzungstarife anzuerkennen sei. Da dies durch die jeweils geltenden Systemnutzungstarifverordnungen nicht erfolgt sei, hätten in Reaktion auf das Erkenntnis VfSlg. 17.798/2006 die angefochtenen Bestimmungen der SNT-VO 2006-Novelle 2007, die erstmals auf das genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs reagieren konnten, die etwa von der beteiligten Partei vor In-Kraft-Treten dieser Bestimmungen geleistete Gebrauchsabgabe auch als Bestandteil der ab In-Kraft-Treten der SNT-VO 2006-Novelle 2007, also ab , relevanten Kostenbasis anerkennen müssen. Die Nichtberücksichtigung laufe den in § 25 ElWOG statuierten Grundsätzen zuwider und sei "gegebenenfalls gleichheitswidrig", weil auch damit - wie in den dem Erkenntnis VfSlg. 17.798/2006 zugrundeliegenden Fallkonstellationen - öffentlich-rechtliche Entgelte und privatrechtlich vereinbarte Entgelte ungleich behandelt würden. Dass, wie die verordnungserlassende Behörde geltend macht, die beteiligte Partei ohnedies einen Überhang auch ohne Berücksichtigung der Gebrauchsabgabe in den Perioden vor In-Kraft-Treten der hier angefochtenen Bestimmungen der SNT-VO 2006-Novelle 2007 erzielt habe, dürfe nicht berücksichtigt werden.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich im Sinne seiner zuvor wiedergegebenen Rechtsprechung auf diese vom antragstellenden Gericht geltend gemachten Bedenken zu beschränken. Auf über diese Bedenken hinausgehendes Vorbringen, sei es in Schriftsätzen im gerichtlichen Anlassverfahren, sei es in der Äußerung der beteiligten Partei im verfassungsgerichtlichen Verfahren, hat der Verfassungsgerichtshof daher nicht einzugehen.

2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis VfSlg. 10.305/1984 darauf hingewiesen, dass die Abgabe für den Gebrauch von öffentlichem Grund - ähnlich der Gebühr für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen - den Charakter einer Gegenleistung für die Gebrauchserlaubnis hat. Diese Qualifikation der Gebrauchsabgabe hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 18.077/2007 - auch mit Blick auf eine landesgesetzliche Regelung, die auch nicht-gemeindeeigene Unternehmen nicht nur in Bezug auf die Netznutzung, sondern auch auf die Stromlieferung in die Gebrauchsabgabepflicht einbezogen hatte - bestätigt und in der Gebrauchsabgabe daher in Bezug auf nicht-gemeindeeigene Unternehmen keine finanzverfassungsrechtlich unzulässige Besteuerung von Umsätzen gesehen.

In VfSlg. 17.798/2006 hat der Verfassungsgerichtshof Bestimmungen der Systemnutzungstarifverordnung 2003 deswegen als gesetzwidrig aufgehoben, weil diese "jenen Teil der Gebrauchsabgabe, der als Entgelt für Benützung öffentlichen Gemeindegrunds anzusehen ist", nicht als Kosten des Netzbetriebes bei der Festsetzung der Systemnutzungstarife anerkannt haben. Die Einhebung einer öffentlich-rechtlichen Abgabe durch Gemeinden von ihren eigenen Unternehmen für die Benützung öffentlichen Gemeindegrundes möge zwar "wirtschaftlich den Charakter eines sogenannten Gewinnpräzipuums" (also eines Vorausanteils am Gewinn) haben, sei aber jedenfalls auch zum Teil als Entgelt für die Benützung öffentlichen Gemeindegrundes anzusehen. Soweit der Gebrauchsabgabe Entgeltcharakter zukomme, wäre es in der Tat gleichheitswidrig, ein privatrechtlich vereinbartes Entgelt für die Benützung fremden Grund und Bodens durch den Netzbetreiber als Kosten des Netzbetriebes anzuerkennen und öffentlich-rechtliche Entgelte für die Benützung öffentlichen Gemeindegrundes nicht als solche Kosten zu berücksichtigen.

In der Folge hat der Verfassungsgerichtshof mehrfach, nämlich in VfSlg. 18.264/2007, 18.453/2008 und 18.789/2009, Bestimmungen von Systemnutzungstarifverordnungen als gesetzwidrig aufgehoben, weil diese Bestimmungen "jenen Teil der Gebrauchsabgabe, der als Entgelt für die Benützung öffentlichen Gemeindegrunds anzusehen ist", jeweils in ihrem zeitlichen Geltungsbereich nicht als Kosten des Netzbetriebes bei der Festsetzung von Systemnutzungstarifen anerkannten. Für diese Fallkonstellation ließ der Verfassungsgerichtshof den Einwand, eine Überhangsberechnung habe zum Ergebnis geführt, dass sogar die gesamten Gebrauchsabgaben durch die Tariferlöse der Vergangenheit mehr als kompensiert worden seien, nicht gelten, "weil die Gesetzmäßigkeit der Tarife von den im Gesetz vorgesehenen Kostenpositionen, wozu auch ein Teil der Gebrauchsabgabe gehört, und nicht davon abhängt, dass sich im Nachhinein herausstellte, dass die tatsächlich erzielten Erlöse höher waren als die prognostizierten Erlöse" (so VfSlg. 18.264/2007). In VfSlg. 18.789/2009 schließlich hat der Verfassungsgerichtshof seine Rechtsprechung, dass "jener Teil der Gebrauchsabgabe, der als Entgelt für die Benützung öffentlichen Gemeindegrundes anzusehen ist", als Kosten des Netzbetriebes bei der Festsetzung der Systemnutzungstarife anzuerkennen ist, folgendermaßen präzisiert:

"Der VfGH verlangt also, Aufwendungen für die Benützung von fremdem Grund und Boden bei der Systemnutzungstarifierung diskriminierungsfrei als Kosten des Netzbetriebs anzuerkennen. Soweit privatrechtliche Entgelte für die Benützung von fremdem Grund und Boden anerkannt werden (also etwa: bis zu einer marktgerechten Höhe), müssen auch unter dem Titel 'Gebrauchsabgabe' entstandene Kosten anerkannt werden; es kommt für die Anerkennung als Kostenbestandteil also nicht darauf an, in welcher Rechtsform die Einhebung erfolgt ist, und auch nicht darauf, ob die Einhebung in jeder Hinsicht rechtmäßig war, sondern auf die - zB marktgerechte - Höhe der tatsächlichen Aufwendungen. Soweit geleisteten Gebrauchsabgaben die [...] Eigenschaft als 'Gewinnpräzipuum' zukommen sollte, dürfte eine Anerkennung als Kostenbestandteil bei der Systemnutzungstarifierung genauso wenig erfolgen wie eine Anerkennung von überhöhten privatrechtlichen Benützungsentgelten."

2.4.1. § 25 Abs 2 ElWOG bestimmt, dass die Systemnutzungstarife kostenorientiert zu bestimmen sind und dem Grundsatz der Kostenwahrheit zu entsprechen haben. Dabei ist - im Sinne einer "Anreizregulierung" - die Bestimmung der Preise unter Zugrundelegung einer Durchschnittsbetrachtung, die von den Kosten eines rationell geführten, vergleichbaren Unternehmens ausgeht, zulässig und können Produktivitätsabschläge der Preisbestimmung zugrunde gelegt werden.

2.4.2. In der vorliegenden Fallkonstellation geht es nun nicht darum, dass die angefochtenen Bestimmungen der SNT-VO 2006-Novelle 2007 die in der von dieser Systemnutzungstarifverordnung erfassten zeitlichen Periode (also im Zeitraum ab ) geleistete Gebrauchsabgabe nicht als Bestandteil der Kostenbasis der Netzbetreiber anerkennen. Dies tun die angefochtenen Bestimmungen unstrittig.

2.4.3. Der Vorwurf der Gesetzwidrigkeit, also eines Verstoßes gegen § 25 Abs 2 ElWOG, geht vielmehr dahin, dass die angefochtenen Bestimmungen die in vergangenen Perioden geleistete, von den diese Periode erfassenden Systemnutzungstarifen aber nicht als Bestandteil der Kostenbasis anerkannte, Gebrauchsabgabe nicht ebenfalls als Bestandteil der für den Zeitraum ab relevanten Kostenbasis anerkennen. Dieser Vorwurf würde dann zutreffen, wenn die in vergangenen Perioden geleistete Gebrauchsabgabe auch in der von den angefochtenen Bestimmungen der SNT-VO 2006-Novelle 2007 erfassten Periode für die beteiligte Partei kostenwirksam und somit gemäß dem Grundsatz der Kostenwahrheit des § 25 Abs 2 ElWOG zu berücksichtigen wäre. Denn § 25 Abs 2 ElWOG geht davon aus, dass die, aber auch nur die Kosten maßgeblich sind, die dem Netzbetreiber in der von der jeweiligen Systemnutzungstarifverordnung erfassten zeitlichen Periode entstehen (und die dem Netzbetreiber über die Systemnutzungstarife abgegolten werden sollen).

Die hier vorliegende Konstellation unterscheidet sich also von jenen, die dem Erkenntnis VfSlg. 17.798/2006 und den oben genannten Folgeerkenntnissen zugrunde lagen und die auch dem antragstellenden Gericht offensichtlich vor Augen stehen. War in den diesen Erkenntnissen zugrunde liegenden Fallkonstellationen die Gebrauchsabgabe unstrittig in der von den jeweils maßgeblichen Systemnutzungstarifverordnungen erfassten Periode kostenrelevant (und stand nur die Anerkennung dieser Kosten in Streit), ist in der hier zugrunde liegenden Fallkonstellation zunächst fraglich, ob die Nicht-Anerkennung der Gebrauchsabgabe in, von früheren Systemnutzungstarifverordnungen erfassten, Vorperioden auch in der hier maßgeblichen, von der SNT-VO 2006-Novelle 2007 erfassten Periode kostenrelevant ist. Dies hat die verordnungserlassende Behörde, wie aus der Stellungnahme der Regulierungskommission hervorgeht, für Netzbetreiber wie die beteiligte Partei mit der Begründung verneint, dass das erwirtschaftete Ergebnis der beteiligten Partei als Stromnetzbetreiberin die Aufwendungen für die Gebrauchsabgabe jedenfalls decken konnte und die beteiligte Partei auch ohne Berücksichtigung der Gebrauchsabgabe einen signifikanten Überhang erwirtschaftete. Daher seien auch Zinsen für eine Vorfinanzierung der Gebrauchsabgabe nicht als kostenrelevant anzuerkennen. Das Prinzip der Kostenwahrheit des § 25 Abs 2 ElWOG stehe in diesen Fällen daher der Anerkennung der in Vorperioden geleisteten Gebrauchsabgabe durch die angefochtenen Bestimmungen und damit in der Periode ab gerade entgegen. Dort, wo das erwirtschaftete Ergebnis über einen mehrjährigen kumulativen Betrachtungszeitraum, wie dies etwa bei der beteiligten Partei als Gasnetzbetreiberin der Fall gewesen sei, nicht im Stande war, die Aufwendungen für die Gebrauchsabgabe zu decken, sei die Gebrauchsabgabe der Vorperiode auch als Kostenbestandteil in der Folgeperiode anerkannt worden.

2.4.4. Das antragstellende Gericht meint nun aber

auch, dass - im Sinne der Anreizregulierung - allfällige Überhänge nicht im Nachhinein durch eine auf die tatsächlichen Kosten und tatsächlichen Erlöse abstellende Betrachtung geschmälert werden dürften und die Gebrauchsabgabe daher als Plankosten nach VfSlg. 17.798/2006 jedenfalls berücksichtigt werden müsste, und zwar dann, wenn diese Berücksichtigung in der Vorperiode nicht erfolgte, eben bei der Systemnutzungstarifierung der nächsten Periode.

Damit bestreitet aber auch das antragstellende

Gericht nicht, dass die Gebrauchsabgabe der Vorperiode wegen des in dieser erwirtschafteten Überhangs in der hier maßgeblichen, von den angefochtenen Bestimmungen erfassten, Periode nicht kostenrelevant ist. Weder § 25 Abs 2 ElWOG noch sonst eine die Systemnutzungstarifierung determinierende Bestimmung des § 25 ElWOG stellen aber darauf ab, dass die Systemnutzungstarife auch das Ziel hätten, eine Gewinnsituation des Netzbetreibers in der Vorperiode abzusichern. Angesichts der Stellung eines Netzbetreibers im System des ElWOG ist die Nichtberücksichtigung eines solchen Gesichtspunkts bei der Systemnutzungstarifierung auch sachlich gerechtfertigt. Denn Netzbetreiber stehen nicht in einem Wettbewerb (zueinander) und unterliegen daher angesichts ihrer Bedeutung für die Allgemeinheit in sachlich gerechtfertigter Weise einer Preisregulierung, die aus gleichheitsrechtlicher Sicht im Allgemeinen einen angemessenen, aber jedenfalls keinen bestimmten Gewinn berücksichtigen muss.

2.4.5. Dass die angefochtenen Bestimmungen die von der beteiligten Partei in der Vorperiode geleisteten Gebrauchsabgaben nicht als Bestandteil der Kostenbasis für den von der SNT-VO 2006-Novelle 2007 erfassten Zeitraum ab anerkennen, verstößt daher nicht gegen den Grundsatz der kostenorientierten Bestimmung von Systemnutzungstarifen und der Kostenwahrheit gemäß § 25 Abs 2 ElWOG.

2.5. Die angefochtenen Bestimmungen sind aber auch nicht aus den in VfSlg. 17.798/2006 und unter Bezugnahme auf dieses Erkenntnis vom antragstellenden Gericht angezogenen Gründen einer Ungleichbehandlung von öffentlich-rechtlichen Entgelten für die Benützung öffentlichen Gemeindegrundes und privatrechtlich vereinbarten Entgelten für die Benützung fremden Grundes gleichheitswidrig. Dass die SNT-VO 2006-Novelle 2007 an anderer Stelle private Benutzungsentgelte aus vergangenen Perioden trotz vom Netzbetreiber erwirtschafteten entsprechenden Überhangs für die von der SNT-VO 2006-Novelle 2007 erfasste Periode anerkannt hätte, ist im Verfahren weder behauptet worden noch sonst hervorgekommen. Dass die SNT-VO 2006-Novelle 2007 davon ausgeht, dass Netzbetreiber, deren erwirtschaftetes Ergebnis über einen mehrjährigen kumulativen Betrachtungszeitraum nicht im Stande war, die Aufwendungen für die Gebrauchsabgabe in Vorperioden zu decken, für den Geltungsbereich der SNT-VO 2006-Novelle 2007 anders zu behandeln sind als Netzbetreiber, bei denen das wirtschaftliche Ergebnis den Aufwand für die Gebrauchsabgabe signifikant überschritten hat, ist, wie oben bereits dargelegt, im Lichte einer kostenorientierten Systemnutzungstarifierung gerechtfertigt und gleichheitsrechtlich nicht zu beanstanden.

2.6. Die vom antragstellenden Gericht geäußerten

Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit und "gegebenenfalls Gleichheitswidrigkeit" der angefochtenen Bestimmungen der SNT-VO 2006-Novelle 2007 treffen daher nicht zu.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Der Antrag des Landesgerichtes für Zivilrechtsrechtssachen Wien als Amtshaftungsgericht ist daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.