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VfGH vom 10.03.2021, V573/2020

VfGH vom 10.03.2021, V573/2020

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit der Bestimmungen einer Verordnung des Magistrates der Stadt Wien betreffend die Auskunftserteilung über Kunden von Gastronomiebetrieben bei Verdachtsfällen von COVID-19 mangels nachvollziehbarer Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen; weitreichende Verordnungsermächtigung nach dem EpidemieG 1950 ermöglicht schwerwiegende Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz durch die Ermittlung von Kontaktpersonen und der Möglichkeit von Rückschlüssen auf die persönliche Lebensführung großer Teile der Bevölkerung; keine nachvollziehbare Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen des Verordnungsgebers durch die bloße Sammlung und Übermittlung von Daten und Studien zu COVID-19; Erforderlichkeit der Darlegung der für die Willensbildung des Verordnungsgebers ausschlaggebenden Entscheidungsgrundlagen

Spruch

I.1. § 1 Z 2 lite sowie § 2 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Auskunftserteilung für Contact Tracing im Zusammenhang mit Verdachtsfällen von COVID-19, ABl. der Stadt Wien 41/2020, waren gesetzwidrig.

2. Die als gesetzwidrig festgestellten Bestimmungen sind nicht mehr anzuwenden.

3. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

4. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

II.Der Bund (Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) ist schuldig, dem Antragsteller zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Gestützt auf Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG, begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge

"[d]ie Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Auskunftserteilung für Contact Tracing im Zusammenhang mit Verdachtsfällen von COVID-19, Fundstelle der Rechtsvorschrift: Datum , publizierendes Blatt www.gemeinderecht.wien.at, Fundstelle 20200925, zur Gänze.

in eventu

Die § 1 Z 1 litg, 1 Z 2 lite und § 2 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Auskunftserteilung für Contact Tracing im Zusammenhang mit Verdachtsfällen von COVID-19, Fundstelle der Rechtsvorschrift: Datum , publizierendes Blatt www.gemeinderecht.wien.at, Fundstelle 20200925"

als gesetzwidrig aufheben.

II. Rechtslage

1. Die Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Auskunftserteilung für Contact Tracing im Zusammenhang mit Verdachtsfällen von COVID-19, ABl. der Stadt Wien 41/2020, lautete (die in eventu angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Auf Grund des § 5 Abs 3 Epidemiegesetz 1950, BGBl Nr 186/1950 idF BGBl I Nr 103/2020 wird verordnet:

§1. Zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 sind für den Fall des Auftretens eines Verdachtsfalles von COVID-19 von folgenden Stellen nachstehende Auskünfte auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde zu übermitteln:

1. Krankenanstalten gemäß § 1 Abs 3 Z 3 Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 (Wr. KAG), LGBl für Wien Nr 23/1987 in der Fassung LGBl für Wien Nr 19/2020, Wohnheime, Pflegeheime und Pflegestationen gemäß § 2 Abs 1 Wiener Wohn- und Pflegeheimgesetz (WWPG), LGBl für Wien Nr 15/2005 in der Fassung LGBl für Wien Nr 30/2020, Einrichtungen, die Leistungen im Bereich der Behindertenhilfe nach dem Chancengleichheitsgesetz Wien (CGW), LGBl für Wien Nr 45/2010 in der Fassung LGBl für Wien Nr 49/2018, erbringen, Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe sowie Unterkünfte, in denen Grundversorgung in Wien gemäß dem Wiener Grundversorgungsgesetz (WGVG), LGBl für Wien Nr 46/2004 in der Fassung LGBl für Wien Nr 49/2018, an hilfs- und schutzbedürftige Fremde gewährt wird:

a) Einrichtung:

aa) Bezeichnung

bb) Adresse

b) Zentrale Ansprechperson der Einrichtung:

aa) Vorname

bb) Name

cc) Telefonnummer

dd) E-Mail-Adresse

c) Medizinische Ansprechperson der Einrichtung:

aa) Vorname

bb) Name

cc) Telefonnummer

dd) E-Mail-Adresse

d) Bewohnerinnen und Bewohner:

aa) Vorname

bb) Name

cc) Telefonnummer

dd) E-Mail-Adresse

e) Erwachsenenvertreterinnen und Erwachsenenvertreter von Bewohnerinnen und Bewohnern:

aa) Vorname

bb) Name

cc) Telefonnummer

dd) E-Mail-Adresse

f) Personal:

aa) Vorname

bb) Name

cc) Telefonnummer

dd) E-Mail-Adresse

g) Besucherinnen und Besucher:

aa) Vorname

bb) Name

cc) Telefonnummer

dd) E-Mail-Adresse

2. Betriebsstätten:

a) Betriebsstätten

aa) Bezeichnung

bb) Adresse

b) Zentrale Ansprechperson der Betriebsstätte:

aa) Vorname

bb) Name

cc) Telefonnummer

dd) E-Mail-Adresse

c) Medizinische Ansprechperson der Betriebsstätte, sofern vorhanden:

aa) Vorname

bb) Name

cc) Telefonnummer

dd) E-Mail-Adresse

d) Personal:

aa) Vorname

bb) Name

cc) Telefonnummer

dd) E-Mail-Adresse

e) bei Betriebsstätten der Gastronomie Kundinnen und Kunden:

aa) Vorname

bb) Name

cc) Telefonnummer

dd) E-Mail-Adresse

ee) Tischnummer

§2. Die Daten gemäß § 1 dürfen von den in § 1 genannten Stellen ausschließlich zum Zwecke der Nachverfolgung der Kontakte bei Auftreten eines Verdachtsfalles von COVID-19 gespeichert und verarbeitet werden. Diese Daten sind 4 Wochen nach ihrer Aufnahme zu löschen.

§3. Diese Verordnung tritt mit in Kraft und mit Ablauf des außer Kraft."

2. § 5 Epidemiegesetz 1950, BGBl 186/1950, idF BGBl I 104/2020 lautet:

"Erhebungen über das Auftreten einer Krankheit.

§5. (1) Über jede Anzeige sowie über jeden Verdacht des Auftretens einer anzeigepflichtigen Krankheit haben die zuständigen Behörden durch die ihnen zur Verfügung stehenden Ärzte unverzüglich die zur Feststellung der Krankheit und der Infektionsquelle erforderlichen Erhebungen und Untersuchungen einzuleiten. Kranke, Krankheitsverdächtige und Ansteckungsverdächtige sind verpflichtet, den zuständigen Behörden die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und sich den notwendigen ärztlichen Untersuchungen sowie der Entnahme von Untersuchungsmaterial zu unterziehen. Zum Zwecke der Feststellung von Krankheitskeimen sind hiebei nach Möglichkeit fachliche Untersuchungsanstalten in Anspruch zu nehmen.

(2) Unter welchen Voraussetzungen und von welchen Organen bei diesen Erhebungen die Öffnung von Leichen und die Untersuchung von Leichenteilen vorgenommen werden kann, wird durch Verordnung bestimmt.

(3) Auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde sind alle Personen, wie insbesondere behandelnde Ärzte, Labors, Arbeitgeber, Familienangehörige und Personal von Gemeinschaftseinrichtungen, die zu den Erhebungen einen Beitrag leisten könnten, zur Auskunftserteilung verpflichtet.

(4) Im Zusammenhang mit der Ermittlung von Kontaktpersonen im Rahmen des Beschlusses Nr 1082/2013/EU zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren und zur Aufhebung der Entscheidung Nr 2119/98/EG, ABl. L 293 vom S 1, sind alle natürlichen und juristischen Personen, die über sachdienliche Informationen zur Ermittlung von Kontaktpersonen in grenzüberschreitenden Fällen verfügen, wie Personenbeförderungsunternehmen oder Beherbergungsbetriebe, auf Verlangen dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zur Auskunftserteilung verpflichtet, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist. Diese Informationen umfassen jedenfalls den Namen und – sofern bekannt – das Geburtsdatum, die Telefonnummer sowie die E-Mail-Adresse und können etwa Angaben zur Reiseroute, zu den Mitreisenden oder zu beherbergten Gästen umfassen. Die Daten sind von den Gesundheitsbehörden unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Kontaktpersonennachverfolgung nicht mehr erforderlich sind.

(5) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister kann Mitarbeiter der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit als Sachverständige für die Abklärung von Ausbruchsclustern bestellen, wenn diese mehrere Bundesländer betreffen. Diese sind berechtigt, unter Wahrung der Amtsverschwiegenheit und aller Erfordernisse des Datenschutzes Einsicht in alle Unterlagen zu nehmen, davon Kopien anzufertigen sowie mit den betroffenen Personen einschließlich Kontaktpersonen direkt Kontakt aufzunehmen, soweit dies zur Abklärung des Ausbruchsclusters unbedingt erforderlich ist. Die nach diesem Bundesgesetz zuständigen Behörden der Länder sind verpflichtet, diesen Experten auf Verlangen die zur Besorgung ihrer Aufgaben unbedingt erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

3. § 5c Epidemiegesetz 1950, BGBl 186/1950 idF BGBl I 136/2020 lautete:

"Erhebung von Kontaktdaten

§5c. (1) Zum Zweck der Ermittlung von Kontaktpersonen bei Umgebungsuntersuchungen kann, soweit und solange dies aufgrund der COVID-19-Pandemie unbedingt erforderlich und verhältnismäßig ist, längstens jedoch bis , durch Verordnung bestimmt werden, dass

1. Betreiber von Gastronomiebetrieben,

2. Betreiber von Beherbergungsbetrieben,

3. Betreiber von nicht öffentlichen Freizeiteinrichtungen,

4. Betreiber von Kultureinrichtungen,

5. Betreiber von nicht öffentlichen Sportstätten,

6. Betreiber von Krankenanstalten und Kuranstalten,

7. Betreiber von Alten-, Pflege- und Behindertenheimen und

8. Veranstalter (§15)

verpflichtet sind, die in Abs 3 festgelegten personenbezogenen Daten von Personen, die sich länger als 15 Minuten am betreffenden Ort aufgehalten haben, zu erheben und der Bezirksverwaltungsbehörde auf Verlangen zu übermitteln. Betroffene Personen sind zur Bekanntgabe dieser personenbezogenen Daten verpflichtet.

(2) Von Abs 1 Z 8 nicht erfasst sind Veranstaltungen im privaten Wohnbereich, Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz, BGBl Nr 98/1953 idfG, und Veranstaltungen zur Religionsausübung.

(3) Verordnungen gemäß Abs 1 können die Erhebung folgender Daten vorsehen:

1. Name,

2. Kontaktdaten, insbesondere, soweit vorhanden, Telefonnummer und
E-Mail-Adresse,

3. Datum, Ort und Uhrzeit von Beginn und Ende des Aufenthalts und

4. soweit geboten, nähere Angaben zum konkreten Aufenhaltsort im Betrieb, in der Einrichtung oder am Veranstaltungsort.

(4) In Verordnungen gemäß Abs 1 ist vorzusehen:

1. Die Daten sind für die Dauer von 28 Tagen aufzubewahren.

2. Eine Verarbeitung der Daten zu anderen Zwecken ist nicht zulässig.

3. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind die Daten unverzüglich zu löschen.

Die gemäß Abs 1 zur Aufbewahrung Verpflichteten haben insbesondere sicherzustellen, dass die erhobenen Daten nicht durch Dritte einsehbar sind."

4. § 39 und 40 Epidemiegesetz 1950, BGBl 186/1950, idF BGBl I 136/2020 lauten:

"Strafbestimmungen

Verletzung einer Anzeige- oder Meldepflicht.

§39. (1) Wer den in diesem Bundesgesetz enthaltenen oder auf Grund desselben erlassenen Anordnungen über die Erstattung von Anzeigen und Meldungen zuwiderhandelt, macht sich einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu 2 180 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

(2) Die Strafverfolgung tritt nicht ein, wenn die Anzeige zwar nicht von den zunächst Verpflichteten, jedoch rechtzeitig gemacht worden ist.

Sonstige Übertretungen.

§40. (1) Wer durch Handlungen oder Unterlassungen

a) den in den Bestimmungen der § 5, 8, 12, 13, 21 und 44 Abs 2 enthaltenen Geboten und Verboten oder

b) den auf Grund der in den § 7, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 17, 19, 20, 21, 22, 23 und 24 angeführten Bestimmungen erlassenen behördlichen Geboten oder Verboten oder

c) den Geboten oder Verboten, die in den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen enthalten sind, zuwiderhandelt oder

d) in Verletzung seiner Fürsorgepflichten nicht dafür Sorge trägt, daß die seiner Fürsorge und Obhut unterstellte Person sich einer auf Grund des § 5 Abs 1 angeordneten ärztlichen Untersuchung sowie Entnahme von Untersuchungsmaterial unterzieht,

macht sich, sofern die Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu 1 450 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen.

(2) Wer einen Veranstaltungsort gemäß § 15 entgegen den festgelegten Voraussetzungen oder Auflagen betritt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Der Antragsteller legt seine Antragslegitimation und seine Bedenken wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):

"1. Verletzung des Legalitätsprinzips gem Art 18 B-VG

1.1.

Gem Art 18 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Ferner können die Verwaltungsbehörden auf Grund der Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereichs Verordnungen erlassen. Normen haben zudem dem Bestimmtheitsgebot zu folgen. Dieses Bestimmtheitsgebot ist vor allem im Bereich von Strafnormen zu beachten.

1.2.

Die bekämpfte Verordnung stützt sich im Einleitungssatz darauf, wonach sie gem § 5 Abs 3 Epidemiegesetz erlassen wurde. § 5 Abs 3 Epidemiegesetz sieht eine derartige Ermächtigung, nämlich eine solche des Magistrats der Stadt Wien auf dieser Grundlage Verordnungen zu erlassen, nicht vor. Der normative Gehalt des § 5 Abs 3 Epidemiegesetz beschränkt sich darauf, dass Personen, wie insbesondere behandelnde Ärzte, Labors, Arbeitgeber, Familienangehörige und Personal von Gemeinschaftseinrichtungen auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde zur Auskunftserteilung verpflichtet sind.

Entsprechend Art 18 B-VG ist die Verwaltung angehalten, nur auf der Grundlage eines ausreichend bestimmten Gesetzes hoheitlich zu handeln. Ein Agieren im gesetzfreien Raum ist ihnen daher verwehrt. Genau das hat die belangte Behörde jedoch vorgenommen. Sie hat einen normativen Akt vorgenommen, ohne dazu ermächtigt zu sein. Es liegt daher ein Mangel in der Erzeugung der bekämpften Norm vor. Die bekämpfte Verordnung wurde sohin völlig rechtsgrundlos – ohne jedwede dafür notwendige gesetzliche Ermächtigung – erlassen. Schon alleine aufgrund dieses Umstands ist die bekämpfte Verordnung zur Gänze aus dem Rechtsbestand zu entfernen.

1.3.

Jedoch mangelt es der bekämpften Verordnung auch an dem verfassungsgesetzlich vorgesehenen Bestimmtheitsgebot. Danach muss der Gesetzgeber das Verwaltungshandeln in einem derartigen Maß determinieren, dass die wesentlichen Voraussetzungen und Inhalte des behördlichen Handelns aus den entsprechenden Normen ersichtlich sind.

Besondere Bestimmtheitserfordernisse sind besonders in jenen Zusammenhängen anzunehmen, in denen der Gesetzgeber / die Verwaltungsbehörde eingriffsnahe Normen erlässt. Normen sind dann eingriffsnah, wenn sie zu regelmäßigen, intensiven Eingriffen in grundrechtlich geschützte Bereiche ermächtigen. Dazu zählen gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH jedenfalls Straftatbestände. Da der § 40 Epidemiegesetz bei einem Verstoß gegen die Bestimmungen des § 5 Epidemiegesetz und bei Verstößen gegen die aufgrund des Epidemiegesetzes erlassenen Verordnungen eine Geldstrafe von bis zu EUR 1.450,00 bzw eine Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen vorsieht, sind Grundrechtseingriffe immanent.

§1 Z 1 und Z 2 der bekämpften Verordnung verpflichtet Krankenanstalten, Wohnheime, Pflegeheime und Pflegestationen, Einrichtungen die Leistungen im Bereich der Behindertenhilfe erbringen, Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe und Unterkünfte, in denen Grundversorgung in Wien gewährt wird, und Betriebsstätten dazu, eine Vielzahl von Daten an die Behörde weiterzuleiten. Der Umfang der Daten, welche bekanntzugeben sind, wird in den nachfolgenden litdefiniert.

Die Verordnung verpflichtet also dazu, Daten weiterzuleiten, die gegebenenfalls dem Betreiber einer Betriebsstätte nicht vorliegen – im Fall des Antragstellers die Daten seiner Gäste – an die Verwaltungsbehörde weiterzuleiten. Sollte sich der Gast daher weigern, seine Daten preiszugeben, ist der Betreiber nach dem Wortlaut der bekämpften Verordnung wohl automatisch einer Strafbarkeit ausgesetzt, da er einerseits zur Preisgabe der Daten seiner Gäste verpflichtet ist, jedoch andererseits keine gesetzliche Grundlage besteht, die Preisgabe der Daten seiner Gäste zu verlangen. Der Strafbestand des § 40 Epidemiegesetz wird daher in dieser Form an ein Verhalten geknüpft, das nicht im Einflussbereich des jeweiligen Normunterworfenen steht.

Auch dadurch, dass die bekämpfte Verordnung dem Normunterworfenen de facto eine Pflicht zur Erhebung der Daten seiner Kunden auferlegt – ohne in irgendeiner Art und Weise zu determinieren, wie er das zu tun hat, geschweige denn, ihm ein durchsetzbares Mittel dazu in die Hand zu geben – ist die Norm zu unbestimmt. Bei gleichzeitiger Androhung einer Verwaltungsstrafe, ohne überhaupt eine Möglichkeit zu haben, pflichtgemäß zu handeln, liegt auch jedenfalls eine unmittelbare Beschwer des Normunterworfenen vor.

1.4.

In der bekämpften Verordnung wird ferner in deren § 1 bestimmt, dass bei Auftreten eines Verdachtsfalles von COVID-19 Auskünfte zu erteilen sind. Völlig unklar bleibt jedoch, was unter einem Verdachtsfall zu verstehen ist. Ist ein Verdachtsfall dann gegeben, wenn eine bestimmte Person Kontakt mit einem Infizierten hatte oder dann, wenn sie gemeinsam an einem Tisch sitzen? Ist ein Verdachtsfall auch gegeben, wenn eine vermeintlich infizierte Person zum Zeitpunkt der Unsicherheit über eine Infektion Kontakt mit jemand anderem hat und sich im Nachhinein herausstellt, dass keine Infektion gegeben ist?

Dadurch wird die bekämpfte Verordnung nämlich in sich selbst unschlüssig, da bestimmt wird, dass man zur Auskunftserteilung verpflichtet ist, aber der Umstand, an den die Auskunftserteilung geknüpft wird, vom Normunterworfenen nicht bestimmt werden kann. Es drohen jedoch in jedem Fall erhebliche Verwaltungsstrafen. Für den Einzelnen ist daher nicht ersichtlich wie er sich rechtskonform verhalten kann. Auch aus diesem Grund entspricht die bekämpfte Verordnung nicht dem Legalitätsprinzip und ist zur Gänze aufzuheben.

2. Verletzung des Gleichheitssatzes gem Art 2 StGG und Art 7 Abs 1 B-VG

2.1.

Art2 StGG bestimmt: 'Vor dem Gesetze sind alle Staatsbürger gleich'; Art 7 Abs 1 B-VG bestimmt weiter, dass Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses ausgeschlossen sind. Ebenso sind nach Art 66 Abs 1 und 2 und Art 67 des Staatsvertrages von St. Germain alle österreichischen Staatsbürger/innen vor dem Gesetz gleich und genießen dieselben bürgerlichen und politischen Rechte und Garantien.

Der Gleichheitssatz bindet umfassend alle Erscheinungsformen der Staatsgewalt. Das heißt er umfasst gleichermaßen sämtliche Akte der Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit. Das Grundrecht verbietet dem Gesetzgeber, Gleiches ungleich oder Ungleiches gleich zu behandeln. Daraus folgt konsequenterweise, dass an im Wesentlichen gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen sind und dass im Wesentlichen ungleiche Tatbestände zu entsprechend unterschiedlichen Rechtsfolgen führen.

Daraus folgt gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, dass eine Norm nur dann dem Gleichheitssatz entspricht, wenn gesetzliche Differenzierungen aus entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen ableitbar sind oder es für eine Ungleichbehandlung bzw Differenzierung einen rechtfertigenden Grund gibt.

Von Lehre und Rechtsprechung wird ein allgemeines Gebot der 'Sachlichkeit' von Gesetzen verlangt. Differenzierungen im Gesetz müssen sachlich gerechtfertigt sein, um dem Gleichheitsgrundsatz zu entsprechen. Die Verordnung steht aber im Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz.

2.2.

Die bekämpfte Verordnung schreibt in deren § 1 vor, dass bestimmte Einrichtungen und Betriebsstätten zur Auskunftserteilung verpflichtet sind. In Zusammenhang mit der bereits thematisierten mangelnden Bestimmtheit der Verordnung lässt sich daher Folgendes festhalten:

Medial wird kolportiert, dass Betriebsstätten der Gastronomie dazu verpflichtet sind, mittels Formularen Daten der Kunden zu erheben. Konkret haben aber sämtliche andere Betriebsstätten oder Einrichtungen (mit Ausnahme jener die bereits in § 1 Z 1 der Verordnung genannt sind) keine Daten von Besuchern oder Kunden zu erheben. Betreiber von Gastronomiebetrieben werden daher in unsachlicher Weise benachteiligt.

Betreiber von Betriebsstätten der Gastronomie sind verpflichtet, Vorname, Name, Telefonnummer, E-Mail-Adresse und Tischnummer der Kunden zu nennen. Andere Betriebsstätten haben lediglich deren Bezeichnung und Adresse (was das Bekanntgeben der Bezeichnung und Adresse beispielsweise von einem Supermarkt, in dem ein Fall von COVID-19 aufgetreten ist, für einen Nutzen haben soll, ist schleierhaft) zu nennen.

Vergleicht man etwa einen Supermarkt oder andere Betriebsstätten des Handels, bei denen zumeist eine bedeutend höhere Kundenfrequenz herrscht als in einem Restaurant, und in dem sich Personen erfahrungsgemäß (zB beim Anstehen an der Kasse oder an einer Theke) örtlich näher kommen als beim Betreten eines Restaurants und beim Sitzen an einem Tisch, erschließt sich nicht, warum gerade Gastronomiebetriebe verpflichtet sind, genaue Kundendaten preiszugeben.

Es ist kein sachlich gerechtfertigter Grund zu erkennen, worin in Bezug auf eine etwaige Gefährlichkeit bzw ein etwaiges Ansteckungspotential zwischen Gastronomiebetrieben und anderen Betriebsstätten unterschieden wird.

Das Ansteckungspotenzial von COVID-19 ist wohl in sämtlichen Betriebsstätten gleich und kann lediglich an der Anzahl der aufhältigen Personen bzw anhand des persönlichen Kontakts bestimmt werden. Da es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass in Betriebsstätten des Handels oft reges Gedränge an den Regalen, in den Gängen, an der Kasse etc. herrscht und in Gastronomiebetrieben zumeist Gäste einfach Platz nehmen und für die Dauer des Besuchs am selben Ort verweilen und keinen Kontakt zu anderen Gästen haben, ist nicht nachvollziehbar, warum gerade dort – wo eigentlich geringeres Ansteckungspotential gegeben ist – eine umfassendere Auskunftspflicht normiert wird.

Die Unterscheidung der verordnungserlassenden Verwaltungsbehörde ist sachlich nicht gerechtfertigt. Der für eine Differenzierung verlangte, im Tatsächlichen bestehende, Unterschied zwischen Gastronomiebetrieben und sonstigen Betriebsstätten ist nicht gegeben. Es erfolgt eine unsachliche, willkürliche und nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung. Die bekämpfte Verordnung ist sohin gleichheitswidrig.

2.3.

Ferner wird der Antragsteller in unsachlicher Weise beim Betreten eines Restaurants anders behandelt als beim Betreten einer Betriebsstätte des Handels, da er im ersten Fall quasi zur Preisgabe seiner Daten verpflichtet ist und im zweiten Fall nicht.

3. Verletzung des Grundrechts auf Erwerbsfreiheit gem Art 6 StGG

3.1.

Art6 Abs 1 StGG bestimmt, dass jeder Staatsbürger unter den gesetzlichen Bedingungen jeden Erwerbszweig ausüben kann. Das umfasst jede Form der wirtschaftlichen, auf Erwerb ausgerichteten Betätigung. Beruf ist jede selbstständige oder unselbstständige auf Erwerb gerichtete Tätigkeit, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeübt wird und eine Grundlage für den Lebensunterhalt bietet.

Der Gesetzesvorbehalt bezieht sich auf die Regelung der Ausübung der Berufe. Der Gesetzgeber ist dabei – dem Wesensgehalt des Grundrechts entsprechend – an die sachlichen Kriterien der Materie gebunden. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung ist erforderlich.

Durch die Verpflichtung, Kundendaten aufzuzeichnen, erfolgt ein Eingriff in die Art und Weise, wie einzelne Gewerbetreibende ihr Unternehmen zu betreiben haben. Ein derartiger Eingriff muss gesetzlich vorgesehen und verhältnismäßig sein.

Verhältnismäßigkeit ist nicht gegeben, da jeder Betreiber eines Gastronomiebetriebes unabhängig von seiner Größe, seiner Gästefrequenz oder sonstigen differenzierenden Umstände dazu verpflichtet wird, Daten zu erheben bzw diese weiterzuleiten. Daraus folgt, dass der Betreiber einen erheblichen organisatorischen Aufwand betreiben muss, um Daten zu sammeln, zu verarbeiten und zu übermitteln. Ein öffentliches Interesse mag in einem gewissen Maß vielleicht vorliegen (Schutz der Gesundheit), jedoch ist die generelle Pflicht zur Erhebung und Übermittlung von Daten wohl mehr als überschießend und einschränkend. Die Maßnahmen sind daher eindeutig unverhältnismäßig!

3.2.

Erheblich ins Gewicht fällt auch, dass etwaige Kunden nicht gewillt sind, ihre Daten im Rahmen eines Restaurantbesuchs preiszugeben, was damit verbunden ist, dass Gäste Lokale künftig meiden werden. Dem Betreiber wird zudem verwehrt, seinen Betrieb in der Form zu führen, die er für richtig erachtet, nämlich ohne Sammlung und Weiterleitung der Daten seiner Kunden.

Das schränkt die Erwerbsfreiheit eines jeden Gastronomen massiv ein. Es werden nicht nur erhebliche Umsatzeinbußen folgen (was im Hinblick auf die bereits zu verzeichnenden Umsatzeinbußen in Zusammenhang mit der Gesetzgebung betreffend COVID-19 mehr als bedenklich ist), sondern auch eine Vielzahl an weiteren Betrieben in die Insolvenz getrieben.

4. Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz gemäß § 1 DSG, Art 10a StGG und Art 8 EMRK

4.1.

Der Schutzbereich des Grundrechts auf Datenschutz umfasst neben den in Art 10a StGG geschützten Inhaltsdaten gem § 1 DSG auch die Geheimhaltung der betreffenden Daten, soweit daran ein schutzwürdiges Interesse insbesondere im Hinblick auf die Achtung des Privat- und Familienlebens besteht. Die Geheimhaltung von Daten schließt auch einen Schutz vor unzulässiger Ermittlung mit ein.

Sachlich werden aber nicht nur Geheimnisse des Privat- und Familienlebens geschützt, sondern auch wirtschaftsbezogene Informationen, soweit an ihrer Geheimhaltung ein schutzwürdiges Interesse besteht. Da Träger dieses Grundrechts nicht nur Menschen, sondern auch juristische Personen, vor allem auch Wirtschaftsunternehmen, sind, sind vom Schutzbereich ebenso Wirtschaftsdaten erfasst.

4.2.

Eingriffe sind nur insoweit zulässig, wenn sie notwendig sind. Der einzelne Normunterworfene muss eine Datenermittlung oder Verarbeitung nur dulden, soweit ein Gesetz dazu ermächtigt und diese Eingriffe verhältnismäßig sind. Es muss ein besonders wichtiges öffentliches Interesse bestehen und müssen angemessene Schutzvorkehrungen getroffen werden. Das gilt insbesondere bei personenbezogenen und gesundheitsbezogenen Daten, wenn diese im Zuge von hoheitlichem Handeln ermittelt oder verarbeitet werden sollen und auch für die massenhafte Erfassung von Daten. Es hat sich der Verarbeitende auch immer [auf] die unbedingt notwendigen Daten [zu] beschränken.

4.3.

Die in der Verordnung generell angeordnete Auskunftspflicht des Gastronomiebetreibenden greift in unzulässiger Weise in den Schutzbereich des Grundrechts auf Datenschutz ein. Zunächst ist der Betreiber dazu gezwungen, jedenfalls personenbezogene und gesundheitsbezogene Daten preiszugeben. Die Behörde bringt demnach in Erfahrung, wer in der Betriebsstätte des Betreibers verkehrt und wo diese Personen leben.

Die Pflicht, Daten weiterzuleiten, umfasst indirekt auch die Pflicht, selbige zu erheben, widrigenfalls auch keine weitergeleitet werden können. Der Antragsteller ist sohin auch dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, die entsprechenden von den Kunden preisgegebenen Daten sicher aufzubewahren.

Ungeachtet dessen, dass entgegen der medial kolportierten angeblichen Pflicht des Gastes eines Restaurants, seine Daten preiszugeben, wird der Gewerbetreibende selbst dazu verpflichtet, Geschäftsdaten weiterzuleiten. Der Verwaltungsbehörde steht es nicht zu, ausufernd in Erfahrung zu bringen, wer in den Gaststätten der jeweiligen Betreiber verkehrt.

Wie bereits thematisiert, ist auch der Gast in keiner Weise dazu verpflichtet, beim Verkehren in einem Gastronomiebetrieb personenbezogene Daten preiszugeben. Auch in diesem Fall wird der Betreiber in eine Situation gebracht, in der er sich nicht rechtskonform verhalten kann. Einerseits steht es ihm nicht zu, verpflichtende Anordnungen zu treffen, der Gast möge seine Daten preisgeben (selbst wenn diese Möglichkeit bestehen würde, wäre dies wohl mit einem unzulässigen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz eines jeden Einzelnen verbunden) und andererseits besteht gleichzeitig die normative Pflicht, Daten preiszugeben.

Man kann keine Daten preisgeben, über die man nicht verfügt. Auch [auf Grund] dieser Widersprüche und unzulässiger Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz erweist sich die bekämpfte Verordnung als gesetzwidrig.

4.4.

Schließlich ist auch darauf zu verweisen, dass der Antragsteller bei aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes notwendigen Besuchen von Krankenanstalten dazu verpflichtet ist, seine persönlichen Daten preiszugeben. Auch diese Verpflichtung ist im Sinn des bereits oben Ausgeführten unverhältnismäßig und daher rechtswidrig."

2. Die verordnungserlassende Behörde legte die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vor und erstattete eine Äußerung, in der die Zulässigkeit des Antrages bestritten sowie den Bedenken des Antragstellers im Wesentlichen wie folgt entgegengetreten wird:

"I. Zur Zulässigkeit des Antrages gemäß Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG:

[…]

§1 Z 1 der angefochtenen Verordnung lautet:

[…]

Die angeführte Rechtsvorschrift ist somit ausschließlich an Krankenanstalten, Wohnheime, Pflegeheime und Pflegestationen, an Einrichtungen, die Leistungen im Bereich der Behindertenhilfe erbringen sowie an Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe und an Unterkünfte gerichtet, in denen Grundversorgung gewährt wird. Nur diese Stellen sind Adressaten der gegenständlichen Norm; Besucher bzw Patienten von Einrichtungen gemäß § 1 Z 1 der antragsgegenständlichen Verordnung sind jedoch keine Normadressaten. Schon im Hinblick darauf kann eine unmittelbare Betroffenheit des Antragstellers durch § 1 Z 1 der antragsgegenständlichen Verordnung in seinen Rechten nicht vorliegen. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass die angefochtene Regelung eine gewisse Reflexwirkung für den Antragsteller als Besucher bzw Patient der obengenannten Einrichtungen haben kann, da die zur Auskunft verpflichtete Stelle bei der Auskunftserteilung möglicherweise seine Daten verarbeitet. Dies ändert jedoch nichts am Ergebnis, dass er nicht Adressat des § 1 Z 1 der antragsgegenständlichen Norm ist. Damit ist die oben dargestellte Voraussetzung für die Zulässigkeit des Individualantrages auf Normenkontrolle, dass nämlich die Norm in die Rechtssphäre der betreffenden Person unmittelbar eingreift, im Hinblick auf § 1 Z 1 der antragsgegenständlichen Verordnung nicht gegeben und erweist sich der Antrag diesbezüglich als unzulässig.

Laut Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) […] betreibt [der Antragsteller] seit am Standort […], das 'Gastgewerbe in der Betriebsart eines Restaurants mit den Berechtigungen nach § 189 Abs 1 Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973), Z 2 Verabreichung von Speisen jeder Art und der Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen, Z 3 Ausschank von alkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen, Z 4 Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen'.

Zum Zeitpunkt der Einbringung des gegenständlichen Individualantrages am war [der Antragsteller] demnach grundsätzlich zur Gewerbeausübung am gegenständlichen Standort berechtigt, er wurde jedoch entgegen der Darstellung im Antrag auch durch § 1 Z 2 der antragsgegenständlichen Verordnung nicht unmittelbar (aktuell) in seinen Rechten beeinträchtigt:

Der Eingriff durch die Norm muss nämlich nach der ständigen Judikatur des VfGH aktuell und nicht bloß potenziell sein. Das bedeutet, dass die Norm zum Zeitpunkt der Anfechtung wirksam gewesen sein muss (VfSlg 13.631/1993) und gegenüber dem Antragsteller im Zeitpunkt seiner Antragstellung rechtliche Wirkungen entfaltet haben muss.

§1 Z 2 lite der antragsgegenständlichen Verordnung lautet wie folgt:

[…]

Aufgrund § 7 Abs 1 der COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung (COVID-19-SchuMaV), BGBl II Nr 463/2020, § 7 Abs 1 der COVID-19-Notmaßnahmenverordnung (COVID-19-NotMV), BGBl II Nr 479/2020, und § 7 Abs 1 der 2. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung (2. COVID-19-SchuMaV), BGBl II Nr 544/2020, ist das Betreten und Befahren von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe zum Zweck der Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Gastgewerbes seit dem – bis auf die wenigen in den Verordnungen aufgezählten Ausnahmetatbestände – in ganz Österreich untersagt, weswegen auch der Antragsteller seither seinen Gastgewerbebetrieb für das Betreten von Kunden zur Inanspruchnahme von Bewirtungsdienstleistungen geschlossen zu halten verpflichtet war und auch weiterhin ist. Da der Antragsteller seinen Gastgewerbebetrieb aufgrund der obenzitierten Verordnungen für das Betreten durch Kunden zur Konsumation von Speisen und Getränken demnach seit geschlossen zu halten verpflichtet war (und auch weiterhin noch ist), war dieser demnach weder im Zeitpunkt der Antragstellung (bzw schon seit ca drei Wochen vor diesem Zeitpunkt) noch im Zeitraum seither zur Auskunftserteilung gemäß § 5 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) betreffend die von diesem in seinen Gastgewerberäumlichkeiten bewirteten Kunden verpflichtet, weswegen auch § 1 Z 2 lite der antragsgegenständlichen Verordnung für diesen aktuell keine unmittelbaren Rechtswirkungen entfaltete (und dies auch weiterhin nicht tut). Zwischenzeitig ist diese Verordnung mit außer Kraft getreten.

Der Antragsteller war demnach weder zum Zeitpunkt der Antragstellung, noch im Zeitraum seither von der antragsgegenständlichen Norm aktuell und unmittelbar in seinen Rechten betroffen. Damit ist die oben dargestellte Voraussetzung für die Zulässigkeit des Individualantrages auf Normenkontrolle, dass nämlich die Norm in die Rechtssphäre der betreffenden Person unmittelbar eingreift, auch im Hinblick auf § 1 Z 2 der antragsgegenständlichen Verordnung nicht gegeben und erweist sich der Antrag auch diesbezüglich als unzulässig.

Von erheblicher Bedeutung ist zudem, dass – entgegen den Ausführungen des Antragstellers – mit der antragsgegenständlichen Verordnung weder eine Verpflichtung für Betreiber von Betriebsstätten, noch für Besucher oder Patienten von Krankenanstalten zur Auskunftserteilung, noch zur Datenerhebung geschaffen wurde. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung bestimmter Rechtsunterworfener an die zuständige Gesundheitsbehörde, welche aufgrund des § 5 Abs 1 EpiG zum Contact Tracing verpflichtet ist, ergibt sich nämlich ausschließlich aus § 5 Abs 1 und 3 EpiG.

Mit der antragsgegenständlichen Verordnung wurde nämlich lediglich seitens des Magistrats der Stadt Wien als zum Contact Tracing gemäß § 5 Abs 1 EpiG zuständige Gesundheitsbehörde von der gemäß Art 18 Abs 2 B-VG eingeräumten Ermächtigung Gebrauch gemacht, die gesetzlich statuierte Auskunftspflicht des § 5 Abs 3 EpiG näher zu konkretisieren. Da der Zweck des Individualantrages darin besteht, die behauptete Rechtsverletzung durch Aufhebung der bekämpften Normstelle zu beseitigen, besteht keine Antragslegitimation, wenn sich trotz Aufhebung der angefochtenen Bestimmung(en) für die Rechtsposition des Antragstellers nichts ändern würde (VfSlg 9096/1981, 12.632/1991; ), etwa weil diese Rechtsposition auch durch andere Vorschriften (mit)konstituiert ist (VfSlg 18.512/2008).

Dies ist gegenständlich der Fall. Die Auskunftspflicht von Personen, die zu den Erhebungen der Behörde gemäß § 5 Abs 1 EpiG einen Beitrag leisten können, resultiert nämlich ausschließlich aus § 5 Abs 3 EpiG; von dieser Auskunftspflicht erfasst sind unter anderem auch die Betreiber von Gastronomiestätten. Im Rahmen der Auskunftspflicht werden die Informationen abgefragt, die in der Verordnung konkretisiert sind. Die Pflicht zur Erteilung der mit § 1 der antragsgegenständlichen Verordnung lediglich näher konkretisierten Auskünfte besteht demnach schon unmittelbar aufgrund § 5 Abs 3 EpiG und somit auch unabhängig vom Bestand der antragsgegenständlichen Verordnung.

II. Zu den Bedenken:

Der Antragsteller stützt seine Argumente, die eine Gesetz- bzw Verfassungswidrigkeit der gegenständlichen Verordnung darlegen sollen, auf die Annahme, dass die Verordnung eine über § 5 Abs 3 EpiG hinausgehende Verpflichtung zur Sammlung, Aufbewahrung und/oder Weiterleitung von personenbezogenen Daten schafft. Unter Zugrundelegung dieser Annahme behauptet der Antragsteller in der Folge einen unzulässigen Eingriff in näher angeführte Rechtspositionen. Damit verkennt der Antragsteller aber grundlegend die Rechtslage:

Gemäß § 5 Abs 1 EpiG sind über jede Anzeige sowie über jeden Verdacht des Auftretens einer anzeigepflichtigen Krankheit seitens der zuständigen Behörden durch die ihnen zur Verfügung stehenden Ärzte unverzüglich die zur Feststellung der Krankheit und der Infektionsquelle erforderlichen Erhebungen und Untersuchungen einzuleiten. Kranke, Krankheitsverdächtige und Ansteckungsverdächtige sind verpflichtet, den zuständigen Behörden die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und sich den notwendigen ärztlichen Untersuchungen sowie der Entnahme von Untersuchungsmaterial zu unterziehen. Zum Zwecke der Feststellung von Krankheitskeimen sind hierbei nach Möglichkeit fachliche Untersuchungsanstalten in Anspruch zu nehmen. Gemäß § 5 Abs 3 EpiG sind auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde alle Personen, wie insbesondere behandelnde Ärzte, Labors, Arbeitgeber, Familienangehörige und Personal von Gemeinschaftseinrichtungen, die zu den Erhebungen einen Beitrag leisten könnten, zur Auskunftserteilung verpflichtet.

§5 Abs 3 EpiG steht im engen Zusammenhang mit § 5 Abs 1 EpiG, der die Behörde verpflichtet, die-zur Feststellung einer Krankheit oder deren Infektionsquelle erforderlichen Erhebungen unverzüglich einzuleiten. Diese Bestimmung bildet daher den Rahmen innerhalb dessen sich die mit § 5 Abs 3 EpiG statuierte Auskunftspflicht bewegen kann. Der Auskunftspflicht unterliegen alle natürlichen und juristischen Personen, die einen Beitrag zu den Erhebungen leisten können; die Aufzählung bestimmter Personengruppen in § 5 Abs 3 EpiG ist rein demonstrativ (arg. 'insbesondere'). Grundsätzlich ist damit von Gesetzes wegen jedermann zur Auskunft verpflichtet, sofern er einen Beitrag zu den Erhebungen bezüglich der Erkrankung oder deren Infektionsquelle leisten kann. Die Behörde ist in diesem Rahmen auch zur Datenverarbeitung berechtigt bzw verpflichtet.

Freilich kann es sich im Rahmen der Auskunftspflichten gemäß § 5 Abs 1 und 3 EpiG schon der Begrifflichkeit des Wortes 'Auskunft' nach nur um solche Informationen (auch in Form von personenbezogenen Daten i. S. d. Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO) handeln, über welche diese Dritten zum Zeitpunkt des Auskunftsersuchens durch die Behörde tatsächlich und gesichert verfügen. Eine Pflicht zur Beschaffung der Informationen ist damit nicht verbunden (vgl dazu die im Sinne einer systematischen und verfassungskonformen Interpretation übertragbare höchstgerichtliche Judikatur zum verfassungsrechtlich angelegten Auskunftsbegriff des Art 20 Abs 4 B-VG; etwa sowie ).

Die Zuständigkeit zur Austestung erkrankter oder krankheits- bzw ansteckungsverdächtiger Personen sowie zur Durchführung sämtlicher damit in Zusammenhang stehender Erhebungen und Auskunftsrechte gemäß § 5 Abs 1 und 3 EpiG obliegt der Bezirksverwaltungsbehörde bzw den ihr zur Verfügung stehenden Amtsärztinnen und Amtsärzten (vgl § 43 Abs 4 EpiG). Gemäß Art 109 B-VG ist in Wien der Magistrat der Stadt Wien die Bezirksverwaltungsbehörde. Mit der antragsgegenständlichen Verordnung hat der Magistrat der Stadt Wien als zum Contact Tracing gemäß § 5 Abs 1 und 3 EpiG zuständige Gesundheitsbehörde von seiner gemäß Art 18 Abs 2 B-VG unmittelbar aufgrund der österreichischen Bundesverfassung eingeräumten Ermächtigung Gebrauch gemacht und diese zur Konkretisierung des § 5 Abs 3 EpiG erlassen. Bei der gegenständlichen Verordnung handelt es sich somit um eine 'Durchführungsverordnung', mit welcher die in § 5 Abs 3 EpiG verankerte Auskunftspflicht von Personen, die einen Beitrag zum Contact Tracing der Behörde (vgl § 5 Abs 1 EpiG) leisten können, näher präzisiert wurde. Mit der gegenständlichen Verordnung wurde aber keine Pflicht zur Datenerhebung normiert, sodass der behauptete Eingriff in die Rechte des Antragstellers schon von vornherein nicht vorliegt. Die gegenteilige Auffassung des Antragstellers findet im Wortlaut der Verordnung keine Deckung.

Die Notwendigkeit einer derartigen 'Durchführungsverordnung' zu § 5 Abs 3 EpiG ergab sich dabei unmittelbar aufgrund der Erfahrungen der Wiener Gesundheitsbehörde im Rahmen der Vollziehung des Epidemiegesetzes 1950 – insbesondere aus den der antragsgegenständlichen Verordnung vorangegangenen Monaten der SARS-CoV-2-Pandemie. Es hat sich gezeigt, dass das rasche Eindämmen von Ausbruchsgeschehen bzw das Auffinden sogenannter 'Cluster' im Rahmen der Erhebungen über das Auftreten einer anzeigepflichtigen Krankheit bzw das Contact Tracing im Sinne des § 5 Abs 1 EpiG ganz maßgeblich von der schnellen und vollständigen Verfügbarkeit der Kontaktdaten der Betroffenen bzw deren Kontaktbeziehungen zueinander abhängen, um das Ausbruchsgeschehen nachhaltig durch rasche Reaktionen der Gesundheitsbehörde (Absonderung Kranker, Krankheits- oder Ansteckungsverdächtiger; vgl dazu § 6 ff EpiG) beeinflussen zu können. Die Erlassung der Verordnung liegt daher im öffentlichen Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung. Sie ist damit sachlich gerechtfertigt. Dass dies so ist, zeigen auch die Bemühungen anderer Länder, die allerdings teilweise – anders als Wien – eine Verpflichtung dahingehend festgelegt haben, dass Kunden nur unter Angabe ihrer Kontaktdaten Betriebsstätten des Gastgewerbes betreten dürfen. Eine solche Verpflichtung ist der hier gegenständlichen Verordnung gerade nicht zu entnehmen. In diesem Zusammenhang wird – ungeachtet dieses Umstandes – darauf hingewiesen, dass zwischenzeitig mit BGBl I Nr 136/2020 eine Novelle zum Epidemiegesetzes 1950 kundgemacht wurde, die den Verordnungsgeber ausdrücklich ermächtigt, Betreiber bestimmter Einrichtungen (darunter auch Gastronomiebetriebe) zur Kontaktdatenerfassung zu verpflichten und die weiters bestimmt, dass diesfalls die betroffenen Personen zur Bekanntgabe ihrer personenbezogenen Daten verpflichtet sind.

Zum Einwand der 'Verletzung des Legalitätsprinzips des Art 18 B-VG':

Bei der antragsgegenständlichen Verordnung handelt es sich um eine Durchführungsverordnung zu § 5 Abs 3 EpiG, welche nicht nur im Einklang mit dieser Bestimmung bzw den gesetzlichen Parametern des Epidemiegesetzes 1950, sondern auch mit jenen des Art 18 Abs 1 und Abs 2 B-VG steht. Gemäß Art 18 Abs 2 B-VG kann jede Verwaltungsbehörde aufgrund der Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereiches Verordnungen, sogenannte Durchführungsverordnungen, erlassen. Daraus folgt, dass grundsätzlich jedes Organ, dem hoheitliche Befugnisse übertragen wurden, in seinem hoheitlichen Funktionsbereich – und ohne dass es einer weiteren gesetzlichen Grundlage bedürfte (VfSlg 11.653/1988) – Durchführungsverordnungen erlassen darf (vgl auch Raschauer, Allgemeines Veraltungsrecht5 Rz 778 f). Derartige Durchführungsverordnungen dürfen jedoch nur bestehende gesetzliche Regelungen konkretisieren; es dürfen demnach keine neuen Organe, neuen Lasten der Rechtsunterworfenen und insbesondere auch keine Straftatbestände geschaffen werden; Durchführungsverordnungen dürfen den Regelungsbereich weder über- noch unterschreiten, wohl aber den Inhalt der gesetzlichen Regelung verdeutlichen (Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht5 Rz 781).

Gemäß § 43 Abs 4 EpiG obliegt die Vollziehung des § 5 der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde. Daraus folgt, dass die Zuständigkeit zur Erlassung einer für ihren hoheitlichen Funktionsbereich geltenden Durchführungsverordnung zur Konkretisierung des § 5 Abs 3 EpiG bei der sachlich und örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde liegt. Gemäß Art 109 B-VG ist in Wien der Magistrat der Stadt Wien die Bezirksverwaltungsbehörde.

Der Magistrat der Stadt Wien hat demnach als für in Wien zur Vollziehung des Epidemiegesetzes 1950 zuständige Bezirksverwaltungsbehörde von seiner gemäß Art 18 Abs 2 B-VG verfassungsunmittelbaren Ermächtigung Gebrauch gemacht und die antragsgegenständliche Verordnung zur Konkretisierung des § 5 Abs 3 EpiG erlassen. In der Verordnung wird lediglich präzisiert, welche Auskünfte von Rechtsunterworfenen, zu deren Auskunftserteilung diese bereits gemäß § 5 Abs 3 EpiG verpflichtet sind, konkret an die Behörde zu erteilen sind. Damit soll eine Beschleunigung des Verfahrens (des Prozederes) erreicht werden. Die gegenständliche Verordnung präzisiert daher nur, was in den wesentlichen Konturen schon im Gesetz vorgezeichnet ist, weswegen die gegenständliche Verordnung in ihrer gesetzlichen Grundlage vollständige Deckung findet.

Zur Verletzung des verfassungsrechtlich vorgegebenen 'Determinierungsgebotes' von Normen:

Soll ein Gesetz mit Durchführungsverordnung vollziehbar sein, müssen daraus alle wesentlichen Merkmale der beabsichtigten Regelung ersehen werden können (Prinzip der Vorausbestimmung des Verordnungsinhaltes durch das Gesetz: VfSlg 5.373/1966, 7.945/1976). Eine bloße formalgesetzliche Delegation, die der Verwaltungsbehörde, eine den Gesetzgeber supplierende Aufgabe zuweist, stünde mit Art 18 Abs 1 und 2 B-VG in Widerspruch (VfSlg 14.512/1996 und 16.902/2003). Die Grenze zwischen einer noch ausreichenden materiellen Bestimmtheit des Gesetzes und einer formalgesetzlichen Delegation ist in einzelnen Fällen nicht immer leicht zu bestimmen. Entscheidungskriterium ist hier stets die Frage, ob die im Verordnungsweg getroffene Durchführungsregelung auf ihre inhaltliche Gesetzmäßigkeit überprüft werden kann (VfSlg 11.859/1988, 19.569/2011). Dabei sind bei der Ermittlung des Inhaltes des Gesetzes alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verletzt die Norm die in Art 18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse (zuletzt VfSlg 20.171/2017). Überdies ist bei der Beurteilung, ob eine gesetzliche Bestimmung dem Verordnungsgeber hinreichend bestimmte Gesichtspunkte in Bezug auf den Verordnungsinhalt vorgibt, die Verordnungsermächtigung nicht isoliert, sondern im Lichte des entsprechenden Gesetzes insgesamt zu betrachten (VfSlg 16.911/2003, 18.142/2007, 19.352/2011, 20.171/2017). Die vom Antragsteller ins Treffen geführten, im Rahmen der antragsgegenständlichen Verordnung verwendeten Begrifflichkeiten und Formulierungen sind eins zu eins jenen des Epidemiegesetzes 1950 nachgebildet (vgl 'Auskünfte' in § 5 EpiG; 'Verdachtsfall' u. a. in § 6 Abs 1 EpiG) und entsprechen damit dem Bestimmtheitsgrad eines Gesetzes, welches insbesondere auch im Lichte der obzitierten höchstgerichtlichen Judikatur hieramts als ausreichend determiniert angesehen wird.

Diesbezüglich wird jedoch im Hinblick auf die Ausführungen des Antragstellers auch angemerkt, dass die Auslegung des Begriffes 'Verdachtsfall' ausschließlich der zuständigen Gesundheitsbehörde obliegt und nicht in die Sphäre des Antragstellers fällt. Ob ein Verdachtsfall vorliegt, welcher die Behörde zur Durchführung weiterer Erhebungen verpflichtet (vgl § 5 Abs 1 EpiG), ist demnach ausschließlich von der Behörde selbst zu beurteilen, zumal sich eine grundsätzliche Begriffsdefinition dieser Gruppen in der Verordnung des Ministers des Innern im Einvernehmen mit dem Minister für Kultus und Unterricht vom , betreffend die Absonderung Kranker, Krankheitsverdächtiger und Ansteckungsverdächtiger und die Bezeichnung von Häusern und Wohnungen, RGBI. Nr 39/1915 idgF findet, welche normiert, dass als krank jene Personen gelten, bei denen die Krankheit bereits festgestellt ist, als krankheitsverdächtig solche, die Erscheinungen zeigen, die das Vorhandensein der Krankheit vermuten lassen, als ansteckungsverdächtig solche, die zwar keine Krankheitserscheinungen aufweisen, bei denen jedoch bakteriologisch nachgewiesen ist, dass sie als Träger des Krankheitskeimes anzusehen sind, oder bei denen sonst feststeht oder erfahrungsgemäß anzunehmen ist, dass sie der Ansteckung ausgesetzt waren und die Weiterverbreitung vermitteln können. Die gesundheitsbehördliche Beurteilung, ob ein Betroffener einer dieser Gruppen zuzuordnen ist, ist eine medizinische Einschätzung, welche sich auch an den Fachinformationen des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wie etwa 'Behördliche Vorgangsweise bei SARS-CoV-2 Kontaktpersonen: Kontaktpersonennachverfolgung' orientiert und im Einzelfall durch Ärztinnen bzw geschultes Erhebungspersonal getroffen wird.

Die Auskunftspflicht gemäß § 5 Abs 3 EpiG tritt nämlich erst dann ein, wenn die Behörde die Frage, ob ein 'Verdachtsfall' gegeben ist, im Vorfeld bereits positiv beurteilt hat und aufgrund dieses Umstandes in der Folge an eine auskunftspflichtige Person mit einem Auskunftsersuchen herantritt. Die in der Verordnung verwendeten Begrifflichkeiten sind allesamt einer Auslegung zugänglich. Es ist daher nicht zu erkennen, dass die Verordnung nicht ausreichend determiniert ist oder der Inhalt der Verordnung einem Verstehen nicht zugänglich wäre. Ganz im Gegenteil lässt sich klar beurteilen, was rechtens ist. Eine zusätzliche Verpflichtung – wieder Antragsteller ausführt – wird mit der Verordnung nicht geschaffen. Die antragsgegenständliche Verordnung verletzt somit das Bestimmtheitsgebot nicht.

Zur behaupteten 'Verletzung des Gleichheitssatzes' und des 'Grundrechts auf Erwerbsfreiheit':

Der Antragsteller übersieht auch im Hinblick auf diesen Beschwerdepunkt, dass die gegenständliche Verordnung nicht eine 'neue Pflicht' Rechtsunterworfener schafft, sondern lediglich die aus § 5 Abs 3 EpiG resultierende Auskunftspflicht bestimmter Rechtsunterworfener – nämlich jener, deren unverzügliche Auskunftserteilung im Hinblick auf die Bekämpfung der Weiterverbreitung von COVID-19 erforderlich ist, näher präzisiert. Eine Auslegung der antragsgegenständlichen Verordnung in der vom Antragsteller vertretenen Weise würde hingegen zu einem nicht verfassungskonformen Ergebnis führen, weswegen dieser Interpretation schon aus diesem Grunde nicht zu folgen ist.

Auch wenn durch die antragsgegenständliche Verordnung die Auskunftserteilung durch bestimmte, aufgrund § 5 Abs 3 EpiG dazu verpflichtete Personen näher determiniert wird, so bleibt davon freilich die Pflicht zur Auskunftserteilung durch alle anderen Personen, die einen Beitrag zu den Erhebungen leisten können und dementsprechend auch gemäß § 5 Abs 3 EpiG zur Auskunftserteilung verpflichtet sind, unberührt; eine unsachliche Differenzierung zwischen den zur Auskunft verpflichteten Personen findet somit mit der antragsgegenständlichen Verordnung nicht statt.

Wie oben bereits ausgeführt, ergab sich die Notwendigkeit der antragsgegenständlichen Verordnung unmittelbar aus den Erfahrungen der Gesundheitsbehörde im Rahmen der Vollziehung des Epidemiegesetzes 1950 aus den der Verordnung vorangegangenen Monaten der SARS-CoV-2-Pandemie. Insbesondere hat sich verdeutlicht, dass das rasche Eindämmen von Ausbruchsgeschehen bzw das Auffinden sogenannter 'Cluster' im Rahmen der Erhebungen über das Auftreten einer anzeigepflichtigen Krankheit ganz maßgeblich von der schnellen und vollständigen Verfügbarkeit der Kontaktdaten der Betroffenen bzw deren Kontaktbeziehungen zueinander abhängen, um Ausbruchsgeschehen nachhaltig durch rasche Reaktionen der Gesundheitsbehörde (Absonderung Kranker, Krankheits- oder Ansteckungsverdächtiger) beeinflussen zu können. Die Konkretisierung der Verordnung auf die darin genannten Gruppen ergab sich ebenso aus den mittlerweile bekannten Tatsachen zu Ausbruchsgeschehen und Clusterbildungen und den daraus ableitbaren epidemiologischen Schlussfolgerungen, wobei besonders hohe Risiken immer dort gegeben sind, wo größere Gruppen an Menschen auf unter Umständen engem Raum innerhalb einer längeren Verweildauer zusammenkommen. Aus diesen Tatsachen und epidemiologischen Schlussfolgerungen resultiert auch, dass der vom Antragsteller gezogene Vergleich von Gastronomiebetriebsstätten zu anderen Betriebsstätten wie Supermärkten nicht stichhaltig ist, da hier in der Regel zum einen ein Mund-Nasen-Schutz getragen wird und zum anderen von einer wesentlich kürzeren Verweildauer und im Regelfall von weniger beengten Raumverhältnissen auszugehen ist.

Zur behaupteten Verletzung des Grundrechts auf Erwerbsfreiheit (Art6 Staatsgrundgesetz – StGG) – welche im Übrigen vom Antragsteller nicht näher ausgeführt bzw konkretisiert wurde – ist auszuführen, dass Art 6 StGG unter einem formellen Gesetzesvorbehalt steht; der Gesetzgeber ist demnach durchaus ermächtigt, die Erwerbsfreiheit an bestimmte 'gesetzliche Bedingungen' zu knüpfen (Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 Rz 888). Beschränkungen der Erwerbsfreiheit sind entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur (ua VfSlg 11.483/1987) dann zulässig, wenn diese durch ein öffentliches Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind (vgl VfSlg 17.960/2006, 19.624/2012). Ein Eingriff in die Erwerbsfreiheit kann jedoch überhaupt nur dann vorliegen, wenn diese 'unmittelbar betroffen' ist, das bedeutet, der Eingriff muss intentional auf eine Beschränkung der Erwerbstätigkeit selbst abzielen. Ist eine Beschränkung bloß (faktische) Nebenwirkung eines Eingriffes, der dieses Kriterium nicht erfüllt, so kann eine Verletzung der Erwerbsfreiheit nicht vorliegen (VfSlg 15.493/1999). Weder § 5 Abs 3 EpiG, noch die gegenständliche Verordnung zielen intentional auf eine Beschränkung der Erwerbstätigkeit Auskunftspflichtiger ab, weswegen eine Verletzung des Grundrechts schon per se ausgeschlossen ist.

Dass die Verordnung sachlich gerechtfertigt und im Interesse der öffentlichen Gesundheit erforderlich ist, wurde bereits gezeigt. Dass sie wirtschaftlich zumutbar ist, ergibt sich aus einer Abwägung mit dem öffentlichen Interesse des Gesundheitsschutzes, das auf Grund der derzeitigen pandemie-bedingten Situation als sehr hoch zu bewerten ist.

Aus alldem folgt, dass die vom Antragsteller ins Treffen geführte unsachliche Differenzierung zwischen den zur Auskunft verpflichteten Personen, welche eine Verletzung des Gleichheitssatzes bedeuten könnte, sowie der vom Antragsteller behauptete Eingriff in die Erwerbsfreiheit – welcher vom Antragsteller nicht näher ausgeführt bzw konkretisiert wurde – durch die antragsgegenständliche Verordnung nicht erfolgen.

Zur behaupteten 'Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz':

Die Rechtsgrundlage für die Pflicht zum Contact Tracing (und damit auch zur Verarbeitung personenbezogener Daten) durch die Behörde findet sich in § 5 Abs 1 EpiG; die Rechtsgrundlage für die korrelierende Pflicht zur Auskunftserteilung Rechtsunterworfener in § 5 Abs 1 und 3 EpiG. Die Behörde ist demnach von Gesetzes wegen verpflichtet, über jede Anzeige sowie über jeden Verdacht des Auftretens einer anzeigepflichtigen Krankheit die notwendigen Ermittlungen bzw Erhebungen durchzuführen, welche erforderlich sind, um die Infektionsquelle festzustellen; Kranke, Krankheitsverdächtige und Ansteckungsverdächtige sind, gleichsam wie alle jene Dritte, die einen Beitrag zu den Erhebungen leisten können (vgl § 5 Abs 3 EpiG), zur Auskunftserteilung verpflichtet. Die Behörde ist im Rahmen ihrer gesetzlichen Pflichten und Befugnisse freilich auch zur Datenerhebung bzw zur Datenverarbeitung berechtigt bzw sogar verpflichtet. Schon dem Begriff der 'Auskunft' nach kann es sich im Rahmen der Auskunftspflichten gemäß § 5 Abs 1 und 3 EpiG aber nur um solche Auskünfte (auch personenbezogene Daten im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung) handeln, über welche die auskunftspflichtige Person verfügt. So hat ein Hotelbetreiber beispielsweise Datenverarbeitungsbefugnisse im Hinblick auf seine Mitarbeiter, aber auch über jene Gäste, die einen Vertrag über die Unterbringung mit diesem abgeschlossen haben. Im Rahmen der Auskunftspflicht ist dieser demnach verpflichtet, bestimmte personenbezogene Daten, über die er (rechtmäßig) verfügt, an die Behörde weiterzugeben. Nur diesbezüglich unterliegt der Betreiber der Auskunftspflicht, freilich auch nur im für die Erhebungen der Behörde erforderlichen Ausmaß. Gleichfalls wird auch ein Gastronomiestättenbetreiber in Bezug auf seine Mitarbeiter rechtmäßig personenbezogene Daten verarbeiten, weswegen er auch diesbezüglich einer Auskunftspflicht unterliegt. Im Hinblick auf die Kunden wird der Betreiber einer Gastgewerbestätte freilich nur solche Auskünfte, insbesondere was personenbezogene Daten von Kunden betrifft, erteilen können, welche ihm seitens dieser freiwillig zur Verfügung gestellt wurden. Ob und wie der Betreiber dabei vorgeht, gibt die Verordnung nicht vor und unter-fällt daher dem Hausrecht. Eine Verpflichtung Dritter zur Angabe von Daten gegenüber dem Betreiber einer Gastgewerbestätte bzw zur Datenerhebung durch diesen wurde jedenfalls – entgegen den Ausführungen des Antragstellers – weder mit der antragsgegenständlichen Verordnung, noch mit § 5 Abs 3 EpiG geschaffen.

Die Auskünfte sind und waren demnach auch stets nur über solche Informationen und personenbezogenen Daten zu erteilen, über welche Dritte im Zeitpunkt des behördlichen Auskunftsersuchens tatsächlich verfügen. Dass eine Datenverarbeitung durch Private (gleichsam wie jene durch Behörden) mit den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung im Einklang stehen muss, ist unbestritten. Diesbezüglich kann sich die Rechtmäßigkeit einer wie auch immer gearteten Datenverarbeitung durch Private, insbesondere also auch durch Betreiber von Betriebsstätten im Verhältnis zu deren Kunden, auch nur aus den rechtlichen Parametern der Datenschutz-Grundverordnung ergeben, welche jedoch von diesen stets selbstständig zu beurteilen war und ist. Ein Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz findet demnach durch die antragsgegenständliche Verordnung nicht statt."

3. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz erstattete keine Äußerung.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Gemäß Art 139 Abs 1 Z 3 B‐VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung – im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt.

Nicht jedem Normadressaten kommt aber die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).

1.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit hin zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof schon wiederholt dargelegt hat (siehe nur VfSlg 20.161/2017 mwN), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Verordnungsstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden. Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2001). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen eine untrennbare Einheit bilden. Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle etwa als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 17.512/2005, 19.413/2011, 20.161/2017).

1.3. Der Hauptantrag ist unzulässig:

1.3.1. Der Antragsteller begehrt mit seinem Hauptantrag, die "Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Auskunftserteilung für Contact Tracing im Zusammenhang mit Verdachtsfällen von COVID-19, Fundstelle der Rechtsvorschrift: Datum , publizierendes Blatt www.gemeinderecht.wien.at, Fundstelle 20200925, zur Gänze" als gesetzwidrig aufzuheben.

1.3.2. Der Antragsteller hat es zwar unterlassen, die angefochtene Fassung der Bestimmungen, deren Aufhebung begehrt wird, hinreichend genau zu bezeichnen (zu dieser Anforderung bei Individualanträgen auf Prüfung einer Verordnung vgl ; , V12/2013), er hat die Bestimmungen jedoch im Antrag wörtlich wiedergegeben, sodass unzweifelhaft erkennbar ist, dass die Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Auskunftserteilung für Contact Tracing im Zusammenhang mit Verdachtsfällen von COVID-19, ABl. der Stadt Wien 41/2020, (in der Folge: Wr. Contact Tracing Verordnung) gemeint ist (vgl VfSlg 16.972/2003 uva).

1.3.3. Der Hauptantrag erweist sich als unzulässig, weil der Antragsteller nicht dargetan hat, inwiefern er von sämtlichen Tatbeständen der angefochtenen Verordnung unmittelbar und aktuell betroffen ist. In Anbetracht des Umstandes, dass die angefochtene Wr. Contact Tracing Verordnung mehrere unterschiedliche, voneinander trennbare Tatbestände enthält, ist eine Anfechtung der Verordnung zur Gänze ohne ein konkretes Vorbringen gegen die einzelnen (mit-)angefochtenen Bestimmungen bzw die Darlegung eines konkreten Regelungszusammenhanges unzulässig (VfSlg 19.894/2014; ; , G183/2016 ua).

1.3.4. Da es sich bei diesem Mangel um kein behebbares Formgebrechen, sondern um ein Prozesshindernis handelt (vgl zuletzt etwa ), ist der Hauptantrag auf Aufhebung der (gesamten) Wr. Contact Tracing Verordnung als unzulässig zurückzuweisen.

1.4. Der Eventualantrag auf Aufhebung des § 1 Z 1 litg Wr. Contact Tracing Verordnung ist unzulässig:

1.4.1. Der Antragsteller bringt zur unmittelbaren Betroffenheit durch die angefochtenen Bestimmungen in § 1 Z 1 litg Wr. Contact Tracing Verordnung vor, er müsse wegen seines Gesundheitszustandes und Alters regelmäßig für Untersuchungen und Behandlungen Krankenanstalten aufsuchen und sei als Besucher verpflichtet, seine Daten "preiszugeben". Ferner sei der Antragsteller unmittelbar betroffen, weil er "nahe Familienangehörige und Freunde in Krankenanstalten besucht und aus diesem Grund seine Daten preisgeben muss".

1.4.2. Für den Verfassungsgerichtshof ist – anhand des Antragsvorbringens – zum einen nicht nachvollziehbar, inwiefern die angefochtenen Bestimmungen in § 1 Z 1 litg Wr. Contact Tracing Verordnung unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifen. Der Antrag enthält keine iSd § 57 Abs 1 dritter Satz VfGG erforderliche Darlegung darüber, dass § 1 Z 1 litg Wr. Contact Tracing Verordnung für den Antragsteller ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist (zB VfSlg 17.742/2005).

1.4.3. Zum anderen wird der Antrag auf Aufhebung des § 1 Z 1 litg Wr. Contact Tracing Verordnung dem Erfordernis der Darlegung von Bedenken gemäß § 57 Abs 1 zweiter Satz VfGG nicht gerecht: Der Antragsteller bringt die unter dem Blickwinkel des Art 18 B-VG geäußerten Bedenken pauschal vor, ohne die Bedenken der angefochtenen Bestimmung des § 1 Z 1 litg Wr. Contact Tracing Verordnung zuzuordnen. Für den Verfassungsgerichtshof ist insbesondere nicht erkennbar, in welcher Eigenschaft – nämlich als Besucher einer Krankenanstalt oder als Betreiber eines Gastronomiebetriebes – der Antragsteller die Bedenken des Verstoßes gegen Art 18 B-VG hegt (vgl ). Die (übrigen) Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes, der Erwerbs(ausübungs)freiheit und des Datenschutzgrundrechtes erhebt der Antragsteller in seiner Eigenschaft als Betreiber eines Gastronomiebetriebes und richtet sich damit (nur) gegen § 1 Z 2 lite Wr. Contact Tracing Verordnung. Der Eventualantrag auf Aufhebung des § 1 Z 1 litg Wr. Contact Tracing Verordnung ist sohin auch mangels Darlegung konkreter Bedenken iSd § 57 Abs 1 zweiter Satz VfGG als unzulässig zurückzuweisen (vgl VfSlg 16.972/2003 uva).

1.5. Der Eventualantrag auf Aufhebung des § 1 Z 2 lite und § 2 Wr. Contact Tracing Verordnung ist zulässig:

1.5.1. Zu seiner unmittelbaren Betroffenheit durch § 1 Z 2 lite Wr. Contact Tracing Verordnung bringt der Antragsteller vor, er sei Inhaber eines Gastgewerbetriebes in der Betriebsart eines Restaurants in 1010 Wien. Er sei durch die angefochtene Bestimmung insoweit unmittelbar betroffen, als der Antragsteller auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde personenbezogene Daten über seine Kunden zu übermitteln habe, widrigenfalls ihm gemäß § 40 Epidemiegesetz 1950 eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von bis zu € 1.450,– drohe.

1.5.2. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist der Antragsteller durch die angefochtenen Bestimmungen in § 1 Z 2 lite Wr. Contact Tracing Verordnung unmittelbar und aktuell betroffen:

1.5.2.1. Ausgehend vom Vorbringen des Antragstellers ist dessen Rechtssphäre durch § 1 Z 2 lite Wr. Contact Tracing Verordnung unmittelbar beeinträchtigt. Eine unmittelbare Betroffenheit des Antragstellers durch § 1 Z 2 lite Wr. Contact Tracing Verordnung liegt vor, weil die Bestimmung den Antragsteller als Betreiber einer Betriebsstätte der Gastronomie verpflichtet, personenbezogene Daten (Name, Telefonnummer, Email-Adresse) von Kunden im Fall des Auftretens eines Verdachtsfalles von COVID-19 auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde zu übermitteln, anderenfalls eine Verwaltungsstrafe gemäß § 40 Abs 1 litc Epidemiegesetz 1950 droht.

Entgegen der Auffassung der verordnungserlassenden Behörde ändert daran auch der Umstand nichts, dass mit gemäß § 7 COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, BGBl II 463/2020, (sowie in den folgenden Maßnahmenverordnungen des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) ein Betretungsverbot für Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe zum Zweck der Inanspruchnahme von Dienstleitungen des Gastgewerbes erlassen wurde. Die aus der angefochtenen Verordnungsbestimmung resultierende Verpflichtung des Antragstellers, Daten (etwa aus dem Zeitraum vor dem ) auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde zu übermitteln, bestand ungeachtet des Betretungsverbotes zum Zeitpunkt der Antragstellung. Die angefochtenen Bestimmungen in § 1 Z 2 lite Wr. Contact Tracing Verordnung greifen somit unmittelbar in die Rechtssphäre des Antragstellers ein.

1.5.3. Die Wr. Contact Tracing Verordnung ist mit Ablauf des und somit nach Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof außer Kraft getreten. Entgegen der Auffassung der verordnungserlassenden Behörde schadet dies mit Blick auf die mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , V411/2020 beginnende Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht (vgl auch ua; , V392/2020 ua). Die angefochtenen Bestimmungen der Wr. Contact Tracing Verordnung beeinträchtigen die rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers noch aktuell.

1.5.4. Dem Antragsteller steht auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, seine Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen in § 1 Z 2 lite Wr. Contact Tracing Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

1.6. Der Antragsteller erhebt Bedenken (lediglich) gegen § 1 Z 2 lite Wr. Contact Tracing Verordnung; eigenständige Bedenken gegen den (mit-)angefochtenen § 2 leg cit sind dem Antrag nicht zu entnehmen. Da die (mit-)angefochtene Bestimmung in § 2 mit § 1 Z 2 lite Wr. Contact Tracing Verordnung aber in einem Regelungszusammenhang steht, erweist sich der (Eventual-)Antrag im Umfang des § 1 Z 2 lite und § 2 Wr. Contact Tracing Verordnung als zulässig.

2. In der Sache

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art 139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.1. Die angefochtenen Bestimmungen in § 1 Z 2 lite sowie § 2 Wr. Contact Tracing Verordnung stehen in folgendem normativen Zusammenhang:

2.1.1. Gemäß § 5 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 sind auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde "alle Personen, wie insbesondere behandelnde Ärzte, Labors, Arbeitgeber, Familienangehörige und Personal von Gemeinschaftseinrichtungen, die zu den Erhebungen einen Beitrag leisten könnten, zur Auskunftserteilung verpflichtet". Die Regelung fand mit Bundesgesetz BGBl I 37/2018 Eingang in das Epidemiegesetz 1950. Ausweislich der Materialien erfolgte die Einführung des § 5 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 "in Reaktion auf Vollzugsprobleme". Es sollte etwa in Fällen, in denen sich Angehörige von Gesundheitsberufen unter Berufung auf den Datenschutz geweigert hatten, den Bezirksverwaltungsbehörden Auskünfte im Zusammenhang mit den Erhebungen über das Auftreten einer übertragbaren Krankheit zu geben, – nach dem Vorbild des Tuberkulosegesetzes – durch § 5 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 klargestellt werden, dass eine solche Auskunftspflicht als Ausnahme von der Verschwiegenheitsverpflichtung gegenüber der anfragenden Bezirksverwaltungsbehörde bestehe (Erläut zur RV 108 BlgNR 26. GP, 63).

2.1.2. Mit der auf § 5 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 gestützten (Durchführungs-) Verordnung hat der Magistrat der Stadt Wien mit Wirkung vom und befristet bis zum Ablauf des für den Fall des Auftretens eines Verdachtsfalles von COVID-19 für bestimmte Einrichtungen eine Pflicht zur "Auskunftserteilung" vorgesehen. Auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörden waren unter anderem Betriebsstätten der Gastronomie zur Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten von Kunden verpflichtet (§1 Z 2 lite Wr. Contact Tracing Verordnung). Dem Titel der Verordnung zufolge diente die Auskunftserteilung dem "Contact Tracing" im Zusammenhang mit COVID-19, somit dem Nachverfolgen von Kontakten einer Person, die unter dem Verdacht einer Infektion mit COVID-19 stand. Gemäß § 2 Wr. Contact Tracing Verordnung durften die betreffenden Daten von den in § 1 Wr. Contact Tracing Verordnung genannten Einrichtungen nur zum Zweck der Nachverfolgung der Kontakte bei Auftreten eines Verdachtsfalles von COVID-19 gespeichert und verarbeitet werden. Die Daten waren vier Wochen nach ihrer Aufnahme zu löschen.

2.1.3. Mit Bundesgesetz BGBl I 136/2020 schuf der Gesetzgeber § 5c Epidemiegesetz 1950, der mit in Kraft trat. Gemäß § 5c Abs 1 Epidemiegesetz 1950 kann zum Zweck der Ermittlung von Kontaktpersonen bei "Umgebungsuntersuchungen", soweit und solange dies auf Grund der COVID-19-Pandemie unbedingt erforderlich und verhältnismäßig ist, längstens jedoch bis , durch Verordnung bestimmt werden, dass ua Gastronomiebetriebe und Krankenanstalten verpflichtet sind, näher bestimmte personenbezogene Daten von Personen, die sich länger als 15 Minuten am betreffenden Ort aufgehalten haben, zu erheben und der Bezirksverwaltungsbehörde auf Verlangen zu übermitteln. Gemäß § 5c Abs 1 letzter Satz Epidemiegesetz 1950 sind betroffene Personen zur Bekanntgabe der personenbezogenen Daten verpflichtet.

2.1.4. Für den Antragsteller galt seit Inkrafttreten der Wr. Contact Tracing Verordnung am als Betreiber eines Gastronomiebetriebes die Verpflichtung, personenbezogene Daten seiner Kunden auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde zu übermitteln. Seit Einführung des § 5c Abs 1 letzter Satz Epidemiegesetz 1950 ist die Verpflichtung von Kunden der Gastronomie zur Bekanntgabe der in der Wr. Contact Tracing Verordnung aufgelisteten Daten ausdrücklich gesetzlich geregelt.

Ein Verstoß gegen die Auskunftspflicht gemäß § 5 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 bzw eine auf Grund des Epidemiegesetzes 1950 erlassene Verordnung ist verwaltungsstrafrechtlich mit einer Geldstrafe bis zu € 1.450,– (im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen) sanktioniert (§40 Abs 1 lita und litc Epidemiegesetz 1950).

2.2. Der Antragsteller erachtet die angefochtenen Bestimmungen der Wr. Contact Tracing Verordnung aus folgenden Gründen für gesetz- und verfassungswidrig:

2.2.1. Nach der Rechtsansicht des Antragstellers stelle § 5 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 keine gesetzliche Grundlage für die angefochtene Verordnung dar. Der normative Gehalt des § 5 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 beschränke sich auf eine Pflicht zur Auskunftserteilung von "insbesondere behandelnden Ärzten, Labors, Arbeitgebern, Familienangehörigen und Personal von Gemeinschaftseinrichtungen". Die Bestimmungen der Wr. Contact Tracing Verordnung seien im Hinblick auf die zur Auskunft verpflichteten Einrichtungen nicht von § 5 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 gedeckt und verstießen daher gegen Art 18 B-VG.

2.2.2. Darüber hinaus seien die angefochtenen Regelungen der Wr. Contact Tracing Verordnung – entgegen den Anforderungen des Art 18 B-VG – zu unbestimmt. Unklar sei insbesondere, wann ein "Verdachtsfall" einer COVID-19-Infektion iSd Wr. Contact Tracing Verordnung vorliege. Die Unbestimmtheit der angefochtenen Bestimmungen begründe insbesondere deshalb einen Verstoß gegen Art 18 B-VG, weil die Nichtbeachtung der Wr. Contact Tracing Verordnung gemäß § 40 Epidemiegesetz 1950 eine Verwaltungsübertretung darstelle.

Der Antragsteller wendet sich zudem dagegen, dass die angefochtene Verordnung einerseits eine (sanktionsbewehrte) Verpflichtung der Gastronomiebetriebe zur Übermittlung von (Kunden-)Daten vorsehe, andererseits jedoch keine gesetzliche Grundlage bestünde, diese Daten von Kunden zu verlangen. Ein Gastronomiebetrieb könne nach § 40 Epidemiegesetz 1950 somit für die unterlassene Übermittlung von (Kunden-)Daten bestraft werden, obwohl es der verpflichtete Betreiber selbst nicht in der Hand habe, ob Kunden ihre Daten bekanntgeben oder nicht.

2.2.3. Einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz erblickt der Antragsteller zusammengefasst darin, dass Gastronomiebetriebe gegenüber Betrieben, die nach der Wr. Contact Tracing Verordnung nicht zur Erhebung und Übermittlung von Daten ihrer Besucher bzw Kunden verpflichtet seien, benachteiligt würden. Diese Ungleichbehandlung sei insofern unsachlich, als in (nicht von der Wr. Contact Tracing Verordnung umfassten) Betriebsstätten des Handels etwa eine bedeutend höhere Kundenfrequenz bestehe und sich Personen erfahrungsgemäß (etwa beim Anstellen an der Kasse oder an einer Theke) räumlich näher kämen als beim Betreten oder Sitzen in einem Lokal eines Gastronomiebetriebes.

2.2.4. Unter dem Gesichtspunkt der Erwerbs(ausübungs)freiheit gemäß Art 6 StGG bringt der Antragsteller vor, die angefochtenen Regelungen der Wr. Contact Tracing Verordnung würden Gastronomiebetriebe unverhältnismäßig beschränken. Gastronomiebetriebe seien zur Erfüllung der auferlegten Verpflichtung mit einem erheblichen organisatorischen Aufwand belastet, der zu dem verfolgten Ziel in keinem angemessenen Verhältnis stehe. Zudem bewirkten die Regelungen Umsatzeinbußen für Gastronomiebetriebe, weil Personen wegen der vorgesehenen Übermittlung ihrer Daten Gastronomiebetriebe meiden würden.

2.2.5. Die angefochtenen Regelungen der Wr. Contact Tracing Verordnung seien auch mit dem Grundrecht auf Datenschutz gemäß § 1 DSG, Art 10a StGG und Art 8 EMRK unvereinbar. Der Antragsteller sei verpflichtet, personen- und gesundheitsbezogene Daten zu erheben und weiterzuleiten. Es handle sich bei den zu übermittelnden Daten insgesamt auch um (Geschäfts-)Daten des Antragstellers. Die Verpflichtung stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Datenschutzgrundrecht des Antragstellers als Gastronomiebetreiber bzw Kunde einer der in der angefochtenen Verordnung genannten Betriebsstätten dar.

2.3. Der Antrag ist begründet.

2.3.1. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinen Entscheidungen jeweils vom , V363/2020 und V411/2020, erkannt hat, kann der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber nach Art 18 Abs 2 B-VG Abwägungs- und Prognosespielräume einräumen und die situationsbezogene Konkretisierung des Gesetzes dem Verordnungsgeber überlassen (vgl VfSlg 15.765/2000). Die wesentlichen Zielsetzungen, die das Verwaltungshandeln leiten sollen, müssen der Verordnungsermächtigung in ihrem Gesamtzusammenhang mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen sein. Für die Determinierungsanforderungen, welche die Verfassung an den Gesetzgeber stellt (VfSlg 19.899/2014 mwN), kommt es auf die zu regelnde Sache und auf den Regelungszusammenhang an. Der Verfassungsgerichtshof hat auch mehrfach ausgesprochen, dass der Grundsatz der Vorherbestimmung verwaltungsbehördlichen Handelns nicht in Fällen überspannt werden darf, in denen ein rascher Zugriff und die Berücksichtigung vielfältiger örtlicher und zeitlicher Verschiedenheiten für eine sinnvolle und wirksame Regelung wesensnotwendig sind, womit auch eine zweckbezogene Determinierung des Verordnungsgebers durch unbestimmte Gesetzesbegriffe und generalklauselartige Regelungen zulässig sein kann (vgl VfSlg 17.348/2004 mwN). In einschlägigen Konstellationen kann der Normzweck gebieten, dass eine zum Zeitpunkt ihrer Erlassung dringend erforderliche – unter Umständen unter erleichterten Voraussetzungen zustande gekommene – Maßnahme dann rechtswidrig wird und aufzuheben ist, wenn der Grund für die Erlassung fortfällt (siehe VfSlg 15.765/2000).

2.3.2. Überlässt der Gesetzgeber im Hinblick auf bestimmte tatsächliche Entwicklungen dem Verordnungsgeber die Entscheidung, welche aus einer Reihe möglicher, unterschiedlich weit gehender, Rechte intensiv einschränkender Maßnahmen er seiner Prognose zufolge und in Abwägung der betroffenen Interessen für erforderlich hält, hat der Verordnungsgeber seine Entscheidung auf dem in der konkreten Situation zeitlich und sachlich möglichen (vgl VfSlg 15.765/2000) und zumutbaren Informationsstand über die relevanten Umstände, auf die das Gesetz maßgeblich abstellt, und nach Durchführung der gebotenen Interessen-abwägung zu treffen. Dabei muss er diese Umstände ermitteln und dies im Verordnungserlassungsverfahren entsprechend festhalten, um eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung zu gewährleisten (VfSlg 11.756/1988, 11.972/1989, 17.161/2004, 20.095/2016). Determiniert das Gesetz die Verordnung inhaltlich nicht so, dass der Verordnungsinhalt im Wesentlichen aus dem Gesetz folgt, sondern öffnet es die Spielräume für die Verwaltung so weit, dass ganz unterschiedliche Verordnungsinhalte aus dem Gesetz folgen können, muss der Verordnungsgeber die nach dem Gesetz maßgeblichen Umstände entsprechend ermitteln und dies im Verordnungserlassungsverfahren auch nachvollziehbar festhalten, sodass nachgeprüft werden kann, ob die konkrete Verordnungsregelung dem Gesetz in der konkreten Situation entspricht (vgl zu alldem und V411/2020). Die angefochtenen Regelungen der Wr. Contact Tracing Verordnung ergingen – ausweislich der Promulgationsklausel wie auch der Ausführungen der verordnungserlassenden Behörde in ihrer Äußerung – auf Grund des § 5 Abs 3 Epidemiegesetz 1950, BGBl 186/1950 idF BGBl I 103/2020. Diese Bestimmung determiniert den Verordnungsgeber in folgender Hinsicht:

2.3.2.1. Gemäß § 5 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 sind auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde "alle Personen, wie insbesondere behandelnde Ärzte, Labors, Arbeitgeber, Familienangehörige und Personal von Gemeinschaftseinrichtungen, die zu den Erhebungen einen Beitrag leisten könnten, zur Auskunftserteilung verpflichtet". Aus dem Wortlaut ergibt sich, dass die Regelung eine Auskunftspflicht für bestimmte Einrichtungen im Zusammenhang mit den Erhebungen über das Auftreten einer übertragbaren Krankheit im Sinne des Epidemiegesetzes 1950 vorsieht (vgl auch Erläut zur RV 108 BlgNR 26. GP, 63). Die Auskunftspflicht nach § 5 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 besteht im Zusammenhang mit (und im Umfang von) beim Auskunftspflichtigen bereits vorhandenen Informationen bzw Daten. Eine – ausdrücklich verankerte – Pflicht zur Erhebung und Übermittlung bestimmter Daten von Kunden von Gastronomiebetrieben ist von der Auskunftspflicht iSd § 5 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 nicht umfasst.

2.3.3. Die – am in Kraft getretene – Verordnungsermächtigung in § 5c Epidemiegesetz 1950 determiniert den Verordnungsgeber in folgender Hinsicht:

2.3.3.1. § 5c Epidemiegesetz 1950 ermöglicht, die Verpflichtung von Betreibern näher bezeichneter Einrichtungen und von Veranstaltern zur Erhebung und Übermittlung von Daten an die Bezirksverwaltungsbehörden durch Verordnung vorzusehen, "soweit und solange dies aufgrund der COVID-19-Pandemie unbedingt erforderlich und verhältnismäßig ist". In § 5c Abs 1 letzter Satz Epidemiegesetz 1950 wurde ausdrücklich die Verpflichtung der betroffenen Personen zur Bekanntgabe dieser personenbezogenen Daten verankert. Die Verordnungsermächtigung ist bis zum befristet und stellt eine Reaktion des Gesetzgebers auf die krisenhafte Situation der COVID-19-Pandemie dar. Die Erhebung von Kontaktdaten iSd § 5c Epidemiegesetz 1950 bezweckt – gemeinsam mit einer Reihe weiterer staatlicher Maßnahmen in unterschiedlichen Rechtsformen und auf unterschiedlichen Ebenen – den Schutz der Gesundheit und Funktionsfähigkeit der Gesundheitsinfrastruktur.

§5c Abs 1 Z 1 bis Z 8 Epidemiegesetz 1950 legt jene Kategorien von Einrichtungen fest, die durch Verordnung zur Erhebung und Übermittlung von Daten auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde durch Verordnung verpflichtet werden können. § 5c Abs 3 Epidemiegesetz 1950 zählt die Daten abschließend auf, deren Verarbeitung durch Verordnung verpflichtend vorgesehen werden kann.

2.3.3.2. Dem Verordnungsgeber ist somit im Hinblick auf die Entscheidung, ob eine Verordnung nach § 5c Abs 1 Epidemiegesetz 1950 auf Grund der COVID-19-Pandemie (längstens bis zum ) "unbedingt erforderlich und verhältnismäßig" ist, sowie, welche Einrichtungen in § 5c Abs 1 Z 1 bis Z 8 Epidemiegesetz 1950 zur Verarbeitung (welcher) der in § 5c Abs 3 Epidemiegesetz 1950 aufgezählten Daten verpflichtet werden, ein Einschätzungs- und Prognosespielraum übertragen. Der Verordnungsgeber hat zu beurteilen, ob und inwieweit er zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 die Erhebung von Kontaktdaten für erforderlich hält, und hat dabei eine Abwägung der grundrechtlich geschützten Interessen der betroffenen Veranstalter bzw Betreiber sowie deren Besucher bzw Kunden zu treffen. Der Verordnungsgeber hat also in Ansehung des Standes und der Ausbreitung von COVID-19 sowie der in Geltung stehenden übrigen Maßnahmen (zB Maskenpflicht, Abstandsregelungen) notwendig prognosehaft zu beurteilen, inwieweit die in Aussicht genommene Erhebung von Kontaktdaten iSd § 5c Epidemiegesetz 1950 zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 geeignet, erforderlich und insgesamt angemessen ist.

Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass § 5c Epidemiegesetz 1950 im Hinblick auf den Umfang der zur Datenverarbeitung Verpflichteten (§5c Abs 1 leg cit) sowie der zur Erhebung vorgesehenen personenbezogenen Daten (§5c Abs 3 leg cit) schwerwiegende Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nach Art 8 EMRK und § 1 DSG ermöglicht. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die in § 5c Epidemiegesetz 1950 vorgesehene Datenerhebung zum Zweck der "Ermittlung von Kontaktpersonen bei Umgebungsuntersuchungen" große Teile der Bevölkerung betrifft und die Zusammenschau der erhobenen Daten Rückschlüsse über die persönliche Lebensführung der betroffenen Personen zulässt (vgl VfSlg 20.356/2019; siehe auch VfSlg 19.892/2014).

2.3.3.3. Aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art 18 Abs 2 B-VG folgt, dass bei einer weitreichenden Verordnungsermächtigung, die schwerwiegende Grundrechtseingriffe ermöglicht, im Verordnungserlassungsverfahren nachvollziehbar zu machen ist, auf welcher Informationsbasis über die nach dem Gesetz maßgeblichen Umstände die Verordnungsentscheidung fußt und die gesetzlich vorgegebene Abwägungsentscheidung erfolgt ist. Dabei ist die aktenmäßige Dokumentation im Verfahren der Verordnungserlassung kein Selbstzweck; ihr kommt die Funktion der Sicherung der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns zu ( und V411/2020; siehe auch ; , V436/2020).

2.3.4. Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Wr. Contact Tracing Verordnung nicht:

2.3.4.1. Der von der verordnungserlassenden Behörde vorgelegte Verwaltungsakt, welcher der Erlassung der Wr. Contact Tracing Verordnung, ABl. der Stadt Wien 41/2020, zugrunde liegt, enthält keinerlei Hinweis auf die Entscheidungsgrundlagen der angefochtenen Verordnung. Aus dem vorgelegten Schriftverkehr geht lediglich hervor, welche Änderungen am Text des Verordnungsentwurfes in Abstimmung mit den zuständigen Personen innerhalb des Magistrates der Stadt Wien aus datenschutzrechtlichen Überlegungen und insbesondere zur besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit der Bestimmungen im Zuge der Verordnungserlassung vorgenommen wurden. Es ist für den Verfassungsgerichtshof sohin nicht nachvollziehbar, auf Grund welcher konkreten Umstände der Verordnungsgeber die getroffenen Regelungen der Wr. Contact Tracing Verordnung für erforderlich und insgesamt für angemessen hielt.

2.3.5. Es ist daher bereits aus diesem Grund festzustellen, dass die angefochtenen Bestimmungen der Wr. Contact Tracing Verordnung gesetzwidrig waren.

2.3.6. Der Verfassungsgerichtshof weist darauf hin, dass den Anforderungen der aktenmäßigen Dokumentation im Verordnungserlassungsverfahren (siehe hiezu insbesondere und V411/2020) nicht durch die bloße Sammlung und Übermittlung von jeglichen zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Daten und Studien zu den Auswirkungen und zur Verbreitung von COVID-19 entsprochen wird. Vielmehr müssen jene Entscheidungsgrundlagen nachvollziehbar dokumentiert werden, die für die Willensbildung des Verordnungsgebers zum Zeitpunkt der Erlassung tatsächlich ausschlaggebend waren. Bei Vorlage umfangreicher Verordnungsakten kann dem auch durch eine zusammenfassende nachvollziehbare Darstellung der zentralen, für den Verordnungsgeber besonders relevanten Umstände, insbesondere der Grundlagen für die Interessenabwägung beziehungsweise der Verhältnismäßigkeitsprüfung, unter Verweis auf die maßgeblichen Unterlagen entsprochen werden; dies ist notwendig, um die Gesetzmäßigkeit der Verordnung überprüfen zu können. Material, bei dem nicht nachvollziehbar ist, inwiefern es Grundlage für die Willensbildung war, vermag die Dokumentationspflicht nicht zu erfüllen.

2.3.7. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die Fragen, ob die angefochtenen Verordnungsbestimmungen in § 5 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 überhaupt eine gesetzliche Grundlage finden sowie ob der am eingeführte § 5c Epidemiegesetz 1950 eine verfassungskonforme Verordnungsermächtigung darstellt.

V. Ergebnis

1. § 1 Z 2 lite sowie § 2 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Auskunftserteilung für Contact Tracing im Zusammenhang mit Verdachtsfällen von COVID-19, ABl. der Stadt Wien 41/2020, sind mit Ablauf des außer Kraft getreten. Der Verfassungsgerichtshof hat sich daher gemäß Art 139 Abs 4 B-VG auf die Feststellung zu beschränken, dass § 1 Z 2 lite sowie § 2 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Auskunftserteilung für Contact Tracing im Zusammenhang mit Verdachtsfällen von COVID-19, ABl. der Stadt Wien 41/2020, gesetzwidrig waren.

2. Im Übrigen ist der Antrag zurückzuweisen.

3. Die Verpflichtung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zur unverzüglichen Kundmachung der Aussprüche erfließt aus Art 139 Abs 5 zweiter Satz B-VG iVm § 4 Abs 1 Z 4 BGBlG.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 61a VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– sowie der Ersatz der Eingabengebühr in Höhe von € 240,– enthalten.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2021:V573.2020
Schlagworte:
COVID (Corona), Verordnungserlassung, Bindung (des Verordnungsgebers), Determinierungsgebot, Gastgewerbe, Datenschutz, Privat- und Familienleben, Legalitätsprinzip, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Prüfungsgegenstand, VfGH / Individualantrag

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