VfGH vom 11.03.2010, V56/09
Sammlungsnummer
19033
Leitsatz
Keine Gesetzwidrigkeit der Verordnung betreffend Standesregeln für Tankstellenbetreiber über den Zeitpunkt der Preisauszeichnung für Treibstoffe; Verordnungsermächtigung in der Gewerbeordnung 1994 zur Verhinderung von unredlichen Geschäftspraktiken von Gewerbetreibenden; kein Verstoß gegen die Erwerbsausübungsfreiheit und das Eigentumsrecht; sachliche Rechtfertigung auch im Hinblick auf die Ausnahmebestimmung für Betreiber von Automatentankstellen
Spruch
I. Die zu V56/09 und V57/09 protokollierten Anträge werden zurückgewiesen.
II. Der zu V62/09 protokollierte Antrag wird hinsichtlich des ersten und des fünften Eventualantrages abgewiesen.
Im Übrigen wird der zu V62/09 protokollierte Antrag zurückgewiesen.
III. Der zu V63/09 protokollierte Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend
erließ am die "Verordnung betreffend Standesregeln für Tankstellenbetreiber über den Zeitpunkt der Preisauszeichnung für Treibstoffe bei Tankstellen", BGBl. II 190/2009.
Die Verordnung hat folgenden Wortlaut:
"Auf Grund der §§3 Abs 1, 5 und 14 des Preisauszeichnungsgesetzes, BGBl. Nr. 146/1992, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 6/2006 und die Bundesministeriengesetz-Novelle 2009, BGBl. I Nr. 3/2009, und des § 69 Abs 2 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2008 und die Bundesministeriengesetz-Novelle 2009, BGBl. I Nr. 3/2009, wird verordnet:
§ 1. Betreiber von Tankstellen haben Preise für Treibstoffe gemäß §§5 und 6 der Verordnung betreffend Preisauszeichnung für bestimmte Leistungen und für Treibstoffe, BGBl. Nr. 813/1992, in der jeweils geltenden Fassung, auszuzeichnen. Eine Preiserhöhung ist nur zum ersten täglichen Betriebsbeginn oder bei durchgehendem Betrieb nur um 00.00 Uhr zulässig. Bei Automatentankstellen mit durchgehendem Betrieb ist, soweit kein Aufsichts- oder Bedienungspersonal anwesend ist, eine Preiserhöhung bis spätestens 08.30 Uhr zulässig. Preissenkungen und damit verbundene Preisauszeichnungen dürfen jederzeit vorgenommen werden.
§ 2. Diese Verordnung tritt mit außer Kraft."
2. Mit dem zu V56/09 protokollierten, auf Art 139 B-VG gestützten Individualantrag begehrt die B. AG, der Verfassungsgerichtshof möge,
"(Hauptbegehren)
die Verordnung 190/2009 des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Standesregeln für Tankstellenbetreiber über den Zeitpunkt der Preisauszeichnung für Treibstoffe bei Tankstellen, zur Gänze aufheben;
in eventu
(Eventualbegehren 1)
den Ausdruck 'nur zum ersten täglichen Betriebsbeginn oder bei durchgehendem Betrieb nur um 00.00 Uhr' sowie 'bis spätestens 08:30 Uhr' in der Verordnung 190/2009 des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Standesregeln für Tankstellenbetreiber über den Zeitpunkt der Preisauszeichnung für Treibstoffe bei Tankstellen als zur Gänze aufheben;
in eventu
(Eventualbegehren 2)
den Ausdruck 'nur zum ersten täglichen Betriebsbeginn oder bei durchgehendem Betrieb nur um 00.00 Uhr' in der Verordnung 190/2009 des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Standesregeln für Tankstellenbetreiber über den Zeitpunkt der Preisauszeichnung für Treibstoffe bei Tankstellen zur Gänze aufheben;
in eventu
(Eventualbegehren 3)
den Ausdruck 'nur zum ersten täglichen Betriebsbeginn oder' sowie 'bis spätestens 08:30 Uhr' in der Verordnung 190/2009 des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Standesregeln für Tankstellenbetreiber über den Zeitpunkt der Preisauszeichnung für Treibstoffe bei Tankstellen zur Gänze aufheben;
in eventu
(Eventualbegehren 4)
den Ausdruck 'nur um 00.00 Uhr' sowie 'bis spätestens 08:30 Uhr' in der Verordnung 190/2009 des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Standesregeln für Tankstellenbetreiber über den Zeitpunkt der Preisauszeichnung für Treibstoffe bei Tankstellen zur Gänze aufheben;
in eventu
(Eventualbegehren 5)
den Ausdruck 'nur zum ersten täglichen Betriebsbeginn oder' in der Verordnung 190/2009 des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Standesregeln für Tankstellenbetreiber über den Zeitpunkt der Preisauszeichnung für Treibstoffe bei Tankstellen zur Gänze aufheben;
in eventu
(Eventualbegehren 6)
den Ausdruck 'oder bei durchgehendem Betrieb nur um 00.00 Uhr' in der Verordnung 190/2009 des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Standesregeln für Tankstellenbetreiber über den Zeitpunkt der Preisauszeichnung für Treibstoffe bei Tankstellen zur Gänze aufheben;
in eventu
(Eventualbegehren 7)
den Ausdruck 'bis spätestens 08:30 Uhr' in der Verordnung 190/2009 des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Standesregeln für Tankstellenbetreiber über den Zeitpunkt der Preisauszeichnung für Treibstoffe bei Tankstellen zur Gänze aufheben;
und
das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend zum Ersatz der Kosten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens verpflichten."
Zur Antragslegitimation wird ausgeführt, dass die antragstellende Gesellschaft eine Mineralölfirma sei, die die Preisfestsetzung der Tankstellenbetreiber im Agenturverhältnis zentral durch direkte Einspeisung in die Kassen der Tankstellenbetreiber vornehme. Die Tankstellenpächter im Agenturverhältnis hätten selbst keinen Einfluss auf die Preisfestsetzung, sondern seien an die Vorgaben der antragstellenden Gesellschaft gebunden. Die antragstellende Gesellschaft sei somit in ihrer Funktion als Franchisegeber von Tankstellen, der die Preisvorgaben macht, als Normadressat der angefochtenen Verordnung anzusehen, da diese sich an Betreiber von Tankstellen richte. Sie sei von den Bestimmungen der Verordnung aktuell in ihrer Erwerbsausübungsfreiheit beschränkt. Darüber hinaus werde der Gleichheitsgrundsatz verletzt. Der Verfassungsgerichtshof habe in VfSlg. 17.517/2005 ua. festgestellt, dass allein die Tatsache einer Preisregelung, die es einem Normadressaten verbietet, einen seiner Einschätzung der Marktbedingungen entsprechenden höheren oder niedrigeren Preis für die Überlassung einer Leitungsanlage zu fordern, einen nachteiligen Eingriff in die Rechtssphäre des Eigentümers dieser Anlage darstelle. Der antragstellenden Gesellschaft stehe auch kein anderer zumutbarer Rechtsweg zur Verfügung, um die Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Die Verordnung enthalte keine Möglichkeit, eine Ausnahmebewilligung oder einen sonstigen Bescheid zu erlangen. Die antragstellende Gesellschaft könnte lediglich durch Zuwiderhandeln gegen die Verordnung einen Verwaltungsstrafbescheid oder einen Wettbewerbsprozess erwirken, was ihr jedoch nicht zumutbar sei.
In der Sache bringt die antragstellende Gesellschaft vor, dass die Verordnung zur Gänze wie auch hinsichtlich der einzelnen, in den Eventualbegehren angefochtenen Teile gegen die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über unlautere Geschäftspraktiken (ABl. 2005 L 49, S 22) verstoße und der gesetzlichen Grundlage entbehre, da sie weder den Regelungen des PrAG noch dem § 69 Abs 2 GewO 1994 entspreche. Die Verordnung sei darüber hinaus nicht mit der Erwerbsausübungsfreiheit vereinbar und verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Bedenken werden im Antrag im Einzelnen dargetan und näher begründet.
3. Zu V57/09 ist beim Verfassungsgerichtshof ein auf Art 139 B-VG gestützter Individualantrag der R. S. GmbH protokolliert. Das Antragsbegehren entspricht (auch hinsichtlich der Eventualbegehren) jenem des Antrages zu V56/09.
Zur Antragslegitimation wird ausgeführt, dass die antragstellende Gesellschaft Pächterin einer Tankstelle sei und die Preisfestsetzung als sog. Eigenhändlerin selbständig und ohne Bindung an Preisvorgaben der Mineralölfirma vornehme. Sie sei daher von den Bestimmungen der Verordnung aktuell betroffen. Hinsichtlich des Vorbringens des nachteiligen Eingriffs in Rechte der antragstellenden Gesellschaft und des Fehlens eines zumutbaren Umweges entspricht das Vorbringen jenem des Antrages zu V56/09. Auch das Vorbringen in der Sache gleicht im Wesentlichen jenem des zu V56/09 protokollierten Antrages.
4. Mit dem zu V62/09 protokollierten, auf Art 139 B-VG gestützten Individualantrag begehrt die S. GmbH, der Verfassungsgerichtshof möge,
"1. eine mündliche Verhandlung durchführen,
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2. | die Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über Standesregeln für Tankstellenbetreiber über den Zeitpunkt der Preisauszeichnung für Treibstoffe bei Tankstellen, BGBl II 2009/190, |
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a) | zur Gänze, in eventu | |||||||||
b) | nur hinsichtlich des § 1 zweiter Satz, in eventu | |||||||||
c) | hinsichtlich des § 1 erster und zweiter Satz, in eventu | |||||||||
d) | hinsichtlich des § 1 erster, zweiter und vierter Satz, in eventu | |||||||||
e) | hinsichtlich des § 1 zweiter und dritter Satz, | |||||||||
f) | hinsichtlich des § 1 zweiter und vierter Satz, in eventu | |||||||||
g) | hinsichtlich des § 1 erster bis dritter Satz, in eventu | |||||||||
h) | hinsichtlich § 1 zweiter bis vierter Satz, in eventu | |||||||||
i) | hinsichtlich § 1 dritter Satz |
als gesetzwidrig aufheben
sowie in jedem Fall
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3. | den Bund in den Kostenersatz verfällen, wobei gemäß § 27 letzter Satz VfGG der Zuspruch für alle regelmäßig anfallenden Kosten zuzüglich Umsatzsteuer beantragt wird; dies binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang." |
4.1. Zur Antragslegitimation wird ausgeführt, dass es sich bei der antragstellenden Gesellschaft um den Betreiber einer Tankstelle im Sinne der Verordnung handle, da sie (u.a.) teilweise Treibstoffe über von in ihrem Namen und auf ihre Rechnung tätig werdenden dritten Personen betriebene Tankstellen an Endverbraucher verkaufe und für diese dritten Personen die Preisvorgaben mache. Sie werde durch die Verordnung an der freien Festsetzung einschließlich der jederzeitigen Möglichkeit der Änderung der Preise für von ihr verkaufte Treibstoffe gehindert. Die antragstellende Gesellschaft betreibe derzeit zwar keine Automatentankstellen im Sinne von § 1 dritter Satz der angefochtenen Verordnung und sei daher vordergründig von dieser Regelung nicht unmittelbar betroffen. Sie erachte sich aber - hilfsweise - auch durch diese Regelung sowie durch § 1 erster und vierter Satz (die keine neuen Verpflichtungen begründen und insoweit nicht in ihre Rechtssphäre eingreifen würden) betroffen, weil alle Bestimmungen der Verordnung miteinander in untrennbarem Zusammenhang stünden und weil es die Regelung des § 1 dritter Satz ihr verbiete, Preiserhöhungen bis 08.30 Uhr des jeweiligen Tages durchzuführen. Der antragstellenden Gesellschaft bleibe - angesichts dessen, dass bei Nichtbefolgung der Verordnung eine Geldstrafe drohen würde - nur die Stellung eines Individualantrages als zumutbarer Weg.
4.2. In der Sache bringt die antragstellende Gesellschaft vor, dass es der Verordnung (zur Gänze) an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage mangle und dass sie gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen die Erwerbsausübungsfreiheit verstoße. Darüber hinaus wird ausgeführt, dass bei Erlassung der Verordnung das gemäß § 69 Abs 2 dritter Satz letzter Halbsatz GewO 1994 erforderliche Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz nicht hergestellt worden sei. Die Verordnung beruhe zudem auf einer Auslegung der Ermächtigung nach § 69 Abs 2 GewO 1994, die mit der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken nicht im Einklang stehe. Die Bedenken werden im Antrag näher dargetan und begründet und im Einzelnen den Eventualbegehren zugeordnet.
Die antragstellende Gesellschaft begründet die Bedenken im Wesentlichen folgendermaßen:
4.2.1. Soweit die Verordnung einen im Laufe eines Tages nicht mehr veränderbaren Höchstpreis vorschreibe, könne sie jedenfalls nicht auf § 3 Abs 1, § 5 oder § 14 PrAG gestützt werden. Schon vom Wortlaut her sei klar, dass keine dieser Bestimmungen die Erlassung von über die bloßen Modalitäten einer Preisauszeichnung hinausgehenden Verordnungsbestimmungen ermögliche. Eine Regelung, die einen täglichen Höchstpreis anordnet, sei somit weder durch diese noch durch andere Bestimmungen des PrAG gesetzlich gedeckt.
4.2.2. Die Regelung sei aber auch durch § 69 Abs 2 GewO 1994 betreffend die Erlassung sog. Standesregeln nicht gedeckt. Der Verordnungsgeber habe die im Tankstellengewerbe üblichen Gewohnheiten und Gebräuche völlig außer Acht gelassen. Die täglich mehrfach erfolgende Änderung der Preise im Tankstellengewerbe entspreche nämlich - gerade angesichts der hohen Volatilität der Preise für Erdöl und Erdölderivate, aber auch in Reaktion auf Nachfrageänderungen - völlig dem Verhalten eines sorgfältigen Kaufmannes in diesem Gewerbe. Ein Verhalten, das von der Gesamtheit eines Standes ausgeübt wird und objektiv als Verhalten "mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes" qualifiziert werden kann, könne nicht standeswidrig sein. Darüber hinaus sei die Erlassung preisregelnder Vorschriften auf Grundlage des § 69 Abs 2 zweiter Fall GewO 1994 bei Beachtung der Systematik dieser Bestimmung überhaupt nur in den ausdrücklich geregelten Sonderfällen der Z 5 zulässig, was auch aus der historischen Entwicklung der Bestimmung deutlich werde. Aus den Erläuterungen zur GewO-Novelle 1988, mit der die Möglichkeit zur Erlassung von Standesregeln auf jedes Gewerbe erweitert worden sei (RV 341 BlgNR 17. GP, 38), ergebe sich, dass die Höhe der Provisionen und sonstigen Vergütungen nicht auf Grundlage der Standesregeln nach § 69 Abs 2 GewO 1994 geregelt werden könne. Dies werde auch durch die Formulierung des § 69 Abs 2 dritter Satz letzter Halbsatz GewO 1994 betreffend ein Zustimmungsrecht des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz deutlich, wenn ausgeführt werde, dass dieses bei Erlassung der Standesregeln, soweit dabei der Schutz des Vertrauens der von der Gewerbeausübung betroffenen Personen im Vordergrund stehe und "insbesondere hinsichtlich von Höchstbeträgen im Sinne der Z 5", gelte.
Da das Hauptziel der angefochtenen Verordnung eindeutig der Schutz des Vertrauens der Kunden in das Tankstellengewerbe sei, wäre das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz herzustellen gewesen. Da dies weder aus dem Text der angefochtenen Verordnung noch aus den Erläuterungen erschließbar sei, obwohl nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ein Zustimmungsakt in der Kundmachung anzuführen sei (zB VfSlg. 13.584/1993, 14.938/1997), sei bei Erlassung der angefochtenen Verordnung gegen eine wesentliche Verfahrensvorschrift verstoßen worden.
4.2.3. Daneben behauptet die antragstellende Gesellschaft, dass die Auslegung der Ermächtigung nach § 69 Abs 2 GewO 1994 mit gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben - konkret jenen der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken - nicht im Einklang stehe. Die mehrfach täglich erfolgende Änderung von Preisen sei nicht im Anhang 1 der Richtlinie als unlautere Geschäftspraxis genannt. Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ( verb. Rs. C-261/07 und C-299/07, VTB-VAB NV ua., noch nicht in amtl. Slg.) ergebe sich klar und unzweifelhaft, dass ein pauschales Vorabverbot von Geschäftspraktiken, die nicht im Anhang 1 dieser Richtlinie aufgezählt sind, gemeinschaftsrechtswidrig sei. Eine Regelung, die derartige Tätigkeiten untersagen wollte, müsste vielmehr eine Einzelfallprüfung der jeweiligen Geschäftspraxis anhand der Kriterien, die in Art 5 der Richtlinie aufgestellt sind, vorsehen. Da § 69 Abs 2 GewO 1994 richtlinienkonform auszulegen sei, könne die Regelung keinesfalls eine taugliche Grundlage für eine Verordnung bilden, die ein pauschales Verbot von Preiserhöhungen enthält.
4.2.4. Die angefochtene Verordnung sei darüber hinaus wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz verfassungswidrig, da die Betreiber von Automatentankstellen ohne sachliche Rechtfertigung besser behandelt würden als die Betreiber von Tankstellen, die durchgehend in Betrieb sind oder vor 08.30 Uhr öffnen. Dadurch würden Betreiber von Automatentankstellen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber sonstigen Betreibern erlangen, da sie sich bis 08.30 Uhr ein Bild über das herrschende Preisniveau machen könnten und erst danach ihren Höchstpreis für den jeweiligen Tag festsetzen müssten. Diese Regelung gehe offenbar von der Annahme aus, dass die Umstellung der Preise bei Automatentankstellen ohne anwesendes Bedienungspersonal händisch vor Ort erfolgen müsse und es daher unzumutbar sei, den Betreibern dieser Tankstellen diese Pflicht vor 08.30 Uhr aufzuerlegen. Insoweit werde jedoch die tatsächliche Situation von Automatentankstellen verkannt. Auch bei Automatentankstellen erfolge die Umstellung der Preise nämlich inzwischen fast durchgehend zentral, was bedeute, dass das Bedienungspersonal zur Änderung der Preise nicht mehr notwendigerweise direkt an der Tankstelle tätig werden müsse. Eine ferngesteuerte Umstellung der Preise sei bereits technisch möglich und erfolge auch tatsächlich.
4.2.5. Ferner verstoße die angefochtene Verordnung gegen die Erwerbsfreiheit. Bei einer Preisregelungsvorschrift handle es sich um eine rechtfertigungsbedürftige Erwerbsausübungsbeschränkung. Das mit der angefochtenen Verordnung verfolgte Ziel eines fairen und transparenten Wettbewerbs, der das Ansehen der Mineralölbranche wahrt und damit das Vertrauen der Kunden stärkt, möge zwar grundsätzlich im öffentlichen Interesse liegen. An der Eignung der Maßnahme zur Zielerreichung bestünden allerdings erhebliche Zweifel. Das Verhältnis der Preise zueinander bliebe nämlich - angesichts dessen, dass Preissenkungen zulässig bleiben - weiterhin unübersichtlich. Weiters werde die Regelung dazu führen, dass in aller Regel die Preise am Morgen höher sein werden als am Abend. Da sich aber nicht alle Tankstellenkunden aussuchen könnten, wann sie einen Tankvorgang durchführen (auch ein Betanken auf Vorrat sei nur sehr eingeschränkt möglich), werde das Ziel eines umfassenden Preiswettbewerbs nicht erreicht. Selbst wenn man aber die Eignung dieser Regelung bejahen würde, könne das angestrebte Ziel eines besseren Wettbewerbs auch dadurch erreicht werden, dass es den Tankstellenbetreibern ermöglicht wird, ihre Preise nur noch eingeschränkt, dh. im Rahmen einer Höchstzahl an zulässigen Preiserhöhungen pro Tag, zu ändern. Zudem erzeuge die Regelung einen völlig einseitigen Preiswettbewerb nach unten, an dem aber nicht alle Tankstellenbetreiber im gleichen Ausmaß wie bei einem in beide Richtungen offenen Wettbewerb teilnehmen könnten. Zahlreiche Tankstellenbetreiber müssten in Zukunft von einer Senkung der Preise absehen, weil sie nicht mehr die Möglichkeit hätten, geringere Einnahmen im restlichen Verlauf des Tages zu kompensieren. Gerade an Orten, an denen Tankstellen sehr dicht aneinander liegen, werde damit ein fairer Wettbewerb zwischen Tankstellenbetreibern konterkariert.
5. Mit dem zu V63/09 protokollierten, auf Art 139 B-VG gestützten Individualantrag begehren die O. GmbH sowie die Antragstellerin H.E.L., der Verfassungsgerichtshof wolle
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"a) | §1 zweiter Satz der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Standesregeln für Tankstellenbetreiber über den Zeitpunkt der Preisauszeichnung für Treibstoffe bei Tankstellen, BGBl II 2009/190, ausgegeben am ('Eine Preiserhöhung ist nur zum ersten täglichen Betriebsbeginn oder bei durchgehendem Betrieb nur um 00.00 Uhr zulässig.'), |
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in eventu |
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b) | die Wendung 'nur zum ersten täglichen Betriebsbeginn oder' in § 1 zweiter Satz dieser Verordnung, |
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in eventu |
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c) | die Wendung 'oder bei durchgehendem Betrieb nur um 00.00 Uhr' in § 1 zweiter Satz dieser Verordnung, |
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in eventu |
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d) | §1 zweiter und dritter Satz dieser Verordnung ('Eine Preiserhöhung ist nur zum ersten täglichen Betriebsbeginn oder bei durchgehendem Betrieb nur um 00.00 Uhr zulässig. Bei Automatentankstellen mit durchgehendem Betrieb ist, soweit kein Aufsichts- oder Bedienungspersonal anwesend ist, eine Preiserhöhung bis spätestens 08.30 Uhr zulässig.'), |
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in eventu |
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e) diese Verordnung zur Gänze |
als gesetzwidrig aufheben und den Bund als Rechtsträger der verordnungserlassenden Behörde zum Kostenersatz verpflichten."
Zur Antragslegitimation wird ausgeführt, dass die erstantragstellende Gesellschaft als Betreiberin eines österreichweiten Netzes von Tankstellen - u.a. auch zweier näher bezeichneter Tankstellen in Salzburg und Tirol - und die Zweitantragstellerin als "Pächterin bzw. Partnerin" dieser beiden näher bezeichneten Tankstellen Betreiberinnen von Tankstellen im Sinne der angefochtenen Verordnung seien. § 1 zweiter Satz der angefochtenen Verordnung greife daher in ihr Eigentumsrecht und in ihre Erwerbsausübungsfreiheit ein, weil es ihnen verwehrt sei, zu jeder Zeit die Preise für Treibstoffe in jede Richtung abzuändern. Darüber hinaus werde allgemein durch die verbindliche Festsetzung des Preises in einer Verordnung in die Vertragsfreiheit eingegriffen. Der Umweg über die Provokation eines Verwaltungsstrafbescheides sei unzumutbar.
In der Sache werden im Antrag im Wesentlichen die gleichen Bedenken wie in den zu V56/09, V57/09 und V62/09 protokollierten Anträgen releviert. Die antragstellenden Parteien bringen vor, dass die Verordnung nicht auf das PrAG gestützt werden könne und dass § 1 zweiter Satz der Verordnung gegen die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken verstoße. Diese Regelung sei außerdem nicht mit der Erwerbsausübungsfreiheit und dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar. Die antragstellenden Parteien behaupten darüber hinaus, dass § 1 zweiter Satz der Verordnung gegen die Eigentumsfreiheit verstoße, da die Vertragsfreiheit aus der Eigentumsgarantie gemäß Art 5 StGG und Art 1 1. ZPEMRK erfließe.
6. Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend hat fristgerecht Äußerungen zu den Anträgen erstattet.
6.1. Er bringt in diesen Äußerungen mit jeweils näherer Begründung zunächst vor, dass das jeweilige Antragsbegehren (Haupt- und Eventualbegehren) undeutlich sei und daher nicht den Erfordernissen der §§15 und 57 VfGG entspreche, weshalb der (jeweilige) Antrag zurückzuweisen sei. In den Anträgen werde nicht im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen die (im Rahmen der Eventualbegehren) angefochtenen Verordnungsstellen aufgehoben werden sollten. Hinzu komme, dass die einzelnen Eventualbegehren zu einem völlig veränderten Inhalt der nach Aufhebung verbleibenden Regelung führen würden, sodass der Prüfungsgegenstand unrichtig abgegrenzt sei. Das (jeweilige) Antragsbegehren erwecke den Eindruck, als ob versucht worden sei, alle sprachlich möglichen Varianten einer Aufhebung "durchzuspielen", ohne für die jeweils beantragte Aufhebung eine Begründung anführen zu können.
6.2. Der Bundesminister für Wirtschaft, Jugend und Familie tritt ferner dem (jeweiligen) Antragsvorbringen in der Sache entgegen, beantragt in eventu, die (Haupt- und Eventual-)Anträge abzuweisen und begehrt - für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof die Verordnung aufheben sollte - die Setzung einer Frist in der Dauer von acht Monaten, innerhalb derer eine neue Verordnung vorbereitet werden kann.
Im Einzelnen hält der Bundesminister für Wirtschaft, Jugend und Familie den Behauptungen in den Anträgen Folgendes entgegen:
6.2.1. Dem Vorwurf, dass die Bestimmungen des § 3 Abs 1, des § 5 und des § 14 PrAG keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die angefochtene Verordnung darstellen würden, wird entgegengehalten, dass diese Verordnungsermächtigung im ersten Satz der angefochtenen Verordnung umgesetzt werde. Die dortige Verweisung auf die Preisauszeichnungspflicht für Treibstoffe gemäß §§5 und 6 der Verordnung betreffend Preisauszeichnung für bestimmte Leistungen und für Treibstoffe, BGBl. 813/1992, beruhe auf diesen Regelungen des PrAG. Darüber hinaus sei hervorzuheben, dass auf Grund des § 14 PrAG Regelungen erlassen werden könnten, die zur Ermöglichung eines leichten und sicheren Preisvergleichs Abweichungen von den §§9 bis 13 PrAG betreffend den Inhalt einer Preisauszeichnung vorsehen können.
6.2.2. Zur Behauptung, dass der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Gewohnheiten und Gebräuche des Gewerbes nicht Bedacht genommen hätte, wird ausgeführt, dass die häufigen Preisänderungen (Preiserhöhungen und -senkungen) innerhalb eines Tages bei Tankstellen noch nicht sehr lange und auch nicht von allen Tankstellenbetreibern durchgeführt würden. Es handle sich daher nicht um Gewohnheiten und Gebräuche. Diese Übung laufe vielmehr den Interessen aller Personen und Unternehmen entgegen, die von der verwirrenden und intransparenten Preisgestaltung betroffen sind. Eine solche Preisgestaltung dürfte kaum einen besonders positiven - durch Standesauffassungen geprägten - Inhalt darstellen und entspreche auch nicht dem Verhalten eines sorgfältigen Kaufmannes in diesem Gewerbe. Bei der Erlassung der angefochtenen Verordnung sei zudem auf die Anforderungen, die von den die Leistungen dieses Gewerbes in Anspruch nehmenden Personen üblicherweise gestellt werden, Bedacht genommen worden. Die Regelung eines Verhaltens zur Sicherstellung ausreichender Transparenz von Preisen liege primär im Interesse der Auftraggeber und Mitbewerber und entspreche in weiterer Folge auch den Interessen der Verbraucher. Primäres Ziel der Verordnung sei es, das Ansehen des betreffenden Gewerbes und dadurch das Vertrauen aller von der Gewerbeausübung berührten Personen in die das Gewerbe ausübenden Gewerbetreibenden zu wahren. Die Verordnung sichere - mit erheblich geringfügigerer Eingriffsintensität als bei § 69 Abs 2 Z 5 GewO 1994 - die Markttransparenz und damit die klare und vorhersehbare Preisinformation für Treibstoffabnehmer im Straßenverkehr und auch im Internet auf der Suche nach preisgünstigen Angeboten. Somit stelle § 69 Abs 2 GewO 1994 eine geeignete Grundlage für die angefochtene Verordnung dar.
Da der Verbraucherschutz bei Erlassung der angefochtenen Verordnung ausweislich der Erläuterungen nicht im Vordergrund stand, sei nicht erforderlich gewesen, das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz herzustellen. Das primäre Ziel der Verordnung bestehe nach den Erläuterungen in der "Sicherstellung eines fairen und transparenten Wettbewerbs, der Wahrung des Ansehens der Mineralölbranche und dem kaufmännischen Wohlverhalten" und erst "in der Folge (werde) dadurch der Preisvergleich erleichtert". Weiters handle es sich um keine "Festlegung von Höchstbeträgen" im Sinne des § 69 Abs 2 Z 5 GewO 1994 und auch um keine Preisregelung und es liege auch kein Gewerbe nach § 94 Z 1, Z 35, Z 36 oder Z 75 GewO 1994 vor. Es werde jedoch darauf hingewiesen, dass das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz den Verordnungsentwurf im Begutachtungsverfahren geprüft und diesen uneingeschränkt unterstützt habe. Wäre das Ministerium zum Ergebnis gekommen, dass die Verbraucherinteressen im Vordergrund stehen, so hätte es dies in seiner Stellungnahme dargelegt und ein Einvernehmen gefordert. Die Intention der Verordnung (vorwiegend Schutz des fairen Wettbewerbs und Sicherstellung des Ansehens der Branche) sei aber nicht bezweifelt worden.
6.2.3. Dem Vorwurf betreffend die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken hält der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend entgegen, dass die Vornahme einer Preisauszeichnung und die Anwendung von Standesregeln im Sinne der angefochtenen Verordnung keine Geschäftspraktiken im Sinne der Richtlinie darstellen würden. Danach könne es sich dabei nur um solche Maßnahmen handeln, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängen. Es sei jedenfalls auszuschließen, dass die Art der Auszeichnung eines Preises oder die Erhöhung eines Preises irgendwie den Absatz einer Ware fördert. Darüber hinaus regle die angefochtene Verordnung primär den Wettbewerb zwischen Tankstellenbetreibern, die Richtlinie hingegen den Schutz der Verbraucher. Gemäß dem
6. Erwägungsgrund der Richtlinie berühre diese zudem "auch nicht die anerkannten Werbe- und Marketingmethoden wie (...) Anreize, die auf rechtmäßige Weise die Wahrnehmung von Produkten durch den Verbraucher und sein Verhalten beeinflussen können, die jedoch seine Fähigkeit, eine informierte Entscheidung zu treffen, nicht beeinträchtigen". Weiters gehe nach dem 14. Erwägungsgrund der Richtlinie bei einer Kollision ihrer Regelungen mit anderen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft, die besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln, letztere vor. Soweit es um die Transparenz von Preisen gehe, gehe daher die Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (ABl. 1998 L 80, S 27) vor.
6.2.4. Ferner werde bestritten, dass Betreiber von Automatentankstellen besser behandelt würden als andere Tankstellenbetreiber. Es stelle keinen besonderen Vorteil dar, wenn eine Tankstelle mit Betriebsbeginnregelung 6 bzw. 8,5 Stunden länger Zeit zur Berücksichtigung der Preise von Mitbewerbern hätte. Dieser angenommene Vorteil könne sehr rasch aufgelöst werden, da die Betreiber von Tankstellen mit 24-Stunden-Service kurzzeitig nach Festsetzung der Preise durch Tankstellen mit Betriebsbeginnregelung sofort ihre eigenen Preise entsprechend herabsetzen könnten. Auch im umgekehrten Fall, dass eine Tankstelle mit 24-Stunden-Service den Preis niedriger ansetzt als eine Tankstelle, die bei Betriebsbeginn den Preis festsetzt, könne eine Ungleichbehandlung nicht erkannt werden. Die Tankstelle mit 24-Stunden-Service könne zwar den Preis nicht mehr erhöhen, habe aber den Wettbewerbsvorteil des niedrigeren Preises. Im Übrigen sollte den Betreibern von Automatentankstellen, die rund um die Uhr offen haben, aber tageweise überhaupt nicht mit Aufsichts- oder Bedienungspersonal besetzt sind, eine Preisumstellung mitten in der Nacht an jenen Tagen, an denen kein Personal anwesend ist, erspart werden. Dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend sei der technische Fortschritt in Bezug auf die Preisauszeichnung durchaus bekannt. Er müsse dennoch mitberücksichtigen, dass Betreiber von Automatentankstellen, die überwiegend im Familienbetrieb oder als kleines und mittleres Unternehmen geführt würden, die kostengünstigste Variante mit Preisauszeichnung durch das Bedienungspersonal wählen können. Derartige Varianten dürften nicht von vornherein verunmöglicht werden. Weiters übersehe die antragstellende Gesellschaft, dass auch bei einer ferngesteuerten Möglichkeit der Umstellung von Preisen mit Voreinstellung per Zeituhr der Tankstellenbetreiber eine Entscheidung dahingehend treffen müsse, welcher Preis um 00.00 Uhr festgelegt werden sollte. Bei allen sonstigen Automatentankstellen, die Bedienungspersonal haben, sei im Übrigen ohnehin die Standardregelung mit dem ersten Betriebsbeginn anzuwenden. Die Ausnahmebestimmung gelte somit nur für sehr wenige Tankstellenbetreiber.
6.2.5. Zum Vorwurf, dass die angefochtene Verordnung gegen die Erwerbsausübungsfreiheit verstoße, verweist der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend zunächst auf das öffentliche Interesse, das mit der Verordnung verfolgt werde. Laut den Erläuterungen sollten Preistransparenz, kaufmännisches Wohlverhalten und die Wahrung des Ansehens der Mineralölbranche sichergestellt und dadurch als Nebeneffekt auch Verbraucherschutz erzielt werden und sei die Regelung zur Herstellung insbesondere der Preistransparenz auch geeignet und geradezu erforderlich. Dem Vorbringen der Branche, dass die zahlreichen Preisänderungen durch die ständigen Änderungen der Rotterdamer Notierungen bedingt seien, sei entgegenzuhalten, dass dies jedenfalls kein ausreichender Grund für die Preisänderungen bei der Endabgabe von Treibstoff sei. Dasselbe müsste dann auch etwa für andere Rohstoffbörsen gelten, treffe aber jedenfalls dort bei den Endverbraucherpreisen nicht zu. Auch das deutsche Bundeskartellamt teile nicht die Auffassung, dass der Kraftstoff-Einzelhandel durch internationale Rohöl- und Produktmärkte vollständig determiniert sei.
Dem Vorbringen der antragstellenden Gesellschaft, dass es gelindere Mittel zur Erreichung des Zieles gebe, sei entgegenzuhalten, dass die schon seit 1992 geltenden Vorschriften betreffend Preisauszeichnung für bestimmte Leistungen und für Treibstoffe bei Tankstellen, BGBl. 813/1992 idgF, nicht ausreichend seien. Auch die Erlassung von § 5 Abs 1a Preisauszeichnungs-Verordnung, BGBl. II 312/2008, wonach Verbraucher durch Veränderungen der Treibstoffpreise, insbesondere wenn diese mehrmals täglich erfolgen, nicht irregeführt werden dürfen, sei ein Versuch gewesen, mit einem gelinderen Mittel häufige Treibstoffpreisänderungen hintanzuhalten. Diese Bestimmung habe aber nicht dazu geführt, die Unsitte der zahlreichen Preisänderungen zu stoppen. Auch sei von der Branche keine Selbstbindungserklärung vorgelegt worden. Die Eingriffsintensität der Verordnung sei so geringfügig wie möglich ausgestaltet worden, weil die Treibstoffpreise einmal täglich vollkommen privatautonom festgelegt und jederzeit herabgesetzt werden könnten. Sogar das Verlangen eines niedrigeren als des ausgezeichneten Preises (vgl. § 15 PrAG) - etwa im Rahmen einer sog. "Happy Hour" - sei jederzeit möglich. Zudem werde auf die zeitliche Befristung der Verordnung sowie darauf hingewiesen, dass bis zum Ablauf der Frist eine eingehende Evaluierung der Verordnung vorgesehen sei. Wie aus den Erläuterungen deutlich werde, lasse sich der Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit im Übrigen durch die Besonderheiten des Marktes bei Treibstoffen rechtfertigen.
Vor diesem Hintergrund verneint der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend auch einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums.
7. Die antragstellenden Parteien zu V63/09 replizierten auf die Äußerung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend.
II. Zur Rechtslage:
1. Die maßgeblichen Regelungen des Bundesgesetzes über die Auszeichnung von Preisen (Preisauszeichnungsgesetz - PrAG), BGBl. 146/1992 idF BGBl. I 6/2006, lauten wie folgt:
"§3. (1) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat durch Verordnung anzuordnen, daß bestimmte Unternehmer die Preise ihrer typischen Leistungen auszuzeichnen haben, wenn dies zur Sicherung der Möglichkeit des raschen und einfachen Preisvergleichs oder aus sonstigem Interesse der Verbraucher erforderlich ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn eine Untersuchung gemäß § 5 des Preisgesetzes 1992 ergibt, daß mehrere Unternehmer eine ungerechtfertigte Preispolitik verfolgen (§5 Abs 5 des Preisgesetzes 1992).
(2) [...]
[...]
§ 5. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat durch Verordnung zu bestimmen, daß bestimmte Unternehmer die Preise für bestimmte Sachgüter und Leistungen so auszuzeichnen haben, daß sie sowohl innerhalb als auch von außerhalb der Betriebsstätte deutlich lesbar sind, wenn dies zweckmäßig ist, um den Kunden rechtzeitig vor seiner Entscheidung über den Erwerb des Sachgutes oder die Inanspruchnahme der Leistung über den Preis zu informieren.
[...]
Sonderregelungen
§ 14. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat durch Verordnung eine von den §§4 und 6 bis 8 abweichende Art oder einen von den §§9 bis 13 abweichenden Inhalt der Preisauszeichnung festzulegen, wenn
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. | dies zur Ermöglichung eines leichten und sicheren Preisvergleichs erforderlich und nach der Übung des geschäftlichen Verkehrs tunlich ist oder |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2. | die in den §§4 und 6 bis 12 vorgesehene Preisauszeichnung für die Unternehmer eine übermäßige Erschwerung wäre und ein leichter und sicherer Preisvergleich nicht nennenswert beeinträchtigt wird." |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2. §69 Gewerbeordnung 1994, BGBl. 194 idF BGBl. I 111/2002, lautet in seinen maßgeblichen Teilen wie folgt: |
"h) Schutzbestimmungen
§69. (1) [...]
(2) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz durch Verordnung festzulegen, welche Maßnahmen die Gewerbetreibenden bei der Gewerbeausübung hinsichtlich der Einrichtung der Betriebsstätten, hinsichtlich der Waren, die sie erzeugen, verkaufen oder vermieten oder deren Verkauf sie vermitteln, hinsichtlich der Einrichtungen oder sonstigen Gegenstände, die sie zur Benützung bereithalten, oder hinsichtlich der Dienstleistungen, die sie erbringen, zu treffen haben, soweit dies zum Schutz der Interessen der von der Gewerbeausübung betroffenen Personen, insbesondere zum Schutz vor Vermögensschäden oder vor Belästigung wie etwa durch Eindringen in die Privatsphäre, erforderlich ist (Ausübungsregeln). Bei der Erlassung solcher Verordnungen ist insbesondere auch auf die Beobachtungen und Berichte von Konsumentenberatungseinrichtungen sowie auf die Berichte des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz über die Lage der Verbraucher Bedacht zu nehmen. Weiters kann der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nach Anhörung der zuständigen Gliederung der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft durch Verordnung Regeln über die Verhaltensweisen, die bei der Ausübung eines bestimmten Gewerbes einzuhalten sind, und über die für die Gewerbeausübung erforderliche Betriebsausstattung festlegen (Standesregeln); hiebei ist auf die Gewohnheiten und Gebräuche, die in diesem Gewerbe von Personen, die die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes anwenden, eingehalten werden und auf die Anforderungen, die von den die Leistungen dieses Gewerbes in Anspruch nehmenden Personen üblicherweise gestellt werden, sowie darauf Bedacht zu nehmen, daß das Ansehen des betreffenden Gewerbes und das Vertrauen aller von der Gewerbeausübung berührten Personen in die das Gewerbe ausübenden Gewerbetreibenden gewahrt bleibt; soweit dabei der Schutz des Vertrauens der von der Gewerbeausübung betroffenen Personen im Vordergrund steht, insbesondere hinsichtlich der Festlegung von Höchstbeträgen im Sinne der Z 5, ist hiebei das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz herzustellen. Verordnungen über Standesregeln können zum Gegenstand haben zum Beispiel Bestimmungen über
1. das standesgemäße Verhalten im Geschäftsverkehr mit den Auftraggebern,
2. das standesgemäße Verhalten gegenüber anderen Berufsangehörigen oder Angehörigen anderer Berufe, die durch die Gewerbeausübung berührt werden,
3. das standesgemäße Verhalten gegenüber Personen, die weder Auftraggeber noch Berufsangehörige sind, auf die sich aber die Gewerbeausübung bezieht oder die von der Gewerbeausübung betroffen sind,
4. die Ausstattung des Betriebes, die eine standesgemäße Berufsausübung gewährleistet,
5. für das Gewerbe der Arbeitsvermittlung (§94 Z 1), der Immobilienmakler (§94 Z 35), der Immobilienverwalter (§94 Z 35), der Inkassoinstitute (§94 Z 36) und der Personalkreditvermittler (§94 Z 75) die Höchstbeträge der den Gewerbetreibenden gebührenden Provisionssätze oder sonstigen Vergütungen.
(3) - (6) [...]"
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - Anträge erwogen:
A. Zur Zulässigkeit der Anträge:
1. Gemäß Art 139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art 139 Abs 1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 15.527/1999, 16.425/2002 und 16.426/2002).
Der Verfassungsgerichtshof geht seit dem Beschluss VfSlg. 8058/1977 unter Hinweis auf VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Antragslegitimation nach Art 139 Abs 1 (letzter Satz) B-VG voraussetze, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art 139 Abs 1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11.684/1988, 14.297/1995, 15.349/1998, 16.345/2001 und 16.836/2003).
Nach § 57 Abs 1 VfGG muss der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, begehren, dass entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalte nach oder dass bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Ein Antrag, der sich gegen den ganzen Inhalt einer Verordnung richtet, muss die Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit aller Bestimmungen der Verordnung "im Einzelnen" darlegen und dabei insbesondere auch dartun, inwieweit alle angefochtenen Verordnungsregelungen unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifen. Anträge, die diesem Erfordernis nicht entsprechen, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (vgl. VfSlg. 14.320/1995, 14.526/1996, 15.977/2000, 18.235/2007) nicht (im Sinne des § 18 VfGG) verbesserungsfähig, sondern als unzulässig zurückzuweisen.
Da im vorliegenden Fall im ersten bis dritten Satz des § 1 der Verordnung unterschiedliche Gebote normiert sind, die inhaltlich voneinander abgrenzbar sind, besteht insoweit kein untrennbarer Zusammenhang und ist die unmittelbare Betroffenheit in Bezug auf jeden dieser Sätze der Verordnung darzulegen. § 1 vierter Satz der Verordnung steht in einem untrennbaren Zusammenhang jedenfalls mit dem zweiten und dritten Satz des § 1.
2. Zu den zu V56/09 und V57/09 protokollierten Anträgen:
2.1. In den Anträgen werden Bedenken präzise nur gegen die Verpflichtung nach § 1 zweiter Satz der Verordnung dargelegt. Dagegen wird nicht dargetan, inwieweit § 1 erster Satz der Verordnung unmittelbar die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaften berührt und diese im Falle seiner Gesetzwidrigkeit verletzt. Die antragstellenden Gesellschaften bringen auch hinsichtlich § 1 dritter Satz der Verordnung nicht vor, (auch) Betreiberinnen von Automatentankstellen und damit als Normadressatinnen unmittelbar von dieser Regelung betroffen zu sein. Die antragstellenden Gesellschaften haben daher nicht dargetan, durch den gesamten Inhalt der Verordnung unmittelbar in ihrer Rechtssphäre betroffen zu sein. Der Hauptantrag beider antragstellenden Gesellschaften ist schon aus diesem Grund zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 15.224/1998 mwN). Ebenso sind das (jeweils) erste, dritte, vierte und siebente Eventualbegehren zurückzuweisen, da diese u.a. die Regelung des § 1 dritter Satz betreffen.
2.2. Mit dem zweiten Eventualantrag begehrt die antragstellende Gesellschaft die Aufhebung der Wortfolge "nur zum ersten täglichen Betriebsbeginn oder bei durchgehendem Betrieb nur um 00.00 Uhr". Mit Blick insbesondere auf den letzten Satz in § 1 der Verordnung würde nach einer Aufhebung dieser Wortfolgen eine Anordnung übrig bleiben, der zufolge (lediglich) eine Preiserhöhung zulässig wäre. Damit wären allerdings die Bedenken der antragstellenden Gesellschaften nicht beseitigt, weshalb sich auch der zweite Eventualantrag als unzulässig erweist (vgl. VfSlg. 16.801/2003). Ferner ist ein Verordnungsprüfungsantrag als unzulässig zurückzuweisen, wenn durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnungsbestimmung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (vgl. VfSlg. 18.253/2007; 15.090/1998). Vor diesem Hintergrund sind auch der fünfte und sechste Eventualantrag als unzulässig zurückzuweisen. Bei Aufhebung der Wortfolge "nur zum ersten täglichen Betriebsbeginn oder" (fünfter Eventualantrag) wären im Ergebnis Tankstellen ohne durchgehenden Betrieb (die auch keine Automatentankstellen sind) nicht von der Verpflichtung erfasst. Bei Aufhebung der Wortfolge "oder bei durchgehendem Betrieb nur um 00.00 Uhr" (sechster Eventualantrag), wäre nicht klar, wann die Preiserhöhung bei Tankstellen mit durchgehendem Betrieb durchgeführt werden dürfte bzw. ob die Verpflichtung für diese dann gar nicht mehr gelten würde. Abgesehen davon, dass im Falle der Aufhebung allein einer dieser beiden Wortfolgen keine Rechtslage hergestellt wäre, auf die die Bedenken der antragstellenden Gesellschaft nicht mehr zuträfen, bekäme die angefochtene Verordnung zudem einen gänzlich veränderten Inhalt, der so vom Verordnungsgeber nicht gewollt ist.
3. Zu dem zu V62/09 protokollierten Antrag:
3.1. Auch in diesem Antrag wird nicht dargetan, inwieweit die antragstellende Gesellschaft durch die Regelung des § 1 erster Satz unmittelbar und nachteilig in ihrer Rechtssphäre betroffen ist. Vielmehr wird im Antrag ausdrücklich festgestellt, dass insoweit sowie in Bezug auf § 1 vierter Satz der Verordnung kein Eingriff in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft vorliege. Der Hauptantrag der antragstellenden Gesellschaft, der auf Aufhebung der angefochtenen Verordnung zur Gänze lautet, ist daher ebenso zurückzuweisen, wie der zweite (litc), dritte (litd) und sechste (litg) Eventualantrag, da diese sich wenigstens auch auf den ersten Satz beziehen.
3.2. In Bezug auf § 1 dritter Satz der Verordnung führt die antragstellende Gesellschaft zwar aus, nicht Normadressatin der Regelung zu sein, da sie keine Automatentankstellen betreibe. Sie legt aber ferner dar, sich dennoch als durch die Regelung betroffen zu erachten, weil ihr Preiserhöhungen bis 08.30 Uhr des jeweiligen Tages verboten seien. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich § 1 dritter Satz der angefochtenen Verordnung ausdrücklich und allein auf Automatentankstellen bezieht, bei denen kein Aufsichts- oder Bedienungspersonal anwesend ist, und daher weder eine Verpflichtung noch ein Recht für andere Tankstellen normiert. Die antragstellende Gesellschaft ist daher durch diese Regelung nicht unmittelbar in ihrer Rechtssphäre betroffen, weshalb auch der vierte (lite), siebente (lith) und der achte (liti) Eventualantrag als unzulässig zurückzuweisen sind.
3.3. Hinsichtlich des ersten Eventualantrages (litb), der auf Aufhebung der angefochtenen Verordnung "nur hinsichtlich des § 1 zweiter Satz" lautet, sowie des fünften Eventualantrages (litf), der sich auf § 1 zweiter Satz und auf § 1 vierter Satz (welcher mit den Geboten im zweiten und dritten Satz des § 1 in untrennbarem Zusammenhang steht) bezieht, wurde die unmittelbare und aktuelle Betroffenheit der antragstellenden Gesellschaft ausreichend dargelegt. § 1 zweiter Satz der Verordnung richtet sich ausweislich der Überschrift an "Betreiber von Tankstellen", unter denen nach den Erläuterungen zur Verordnung auch Verpächter und Franchisegeber von Tankstellen zu verstehen sind, welche die Preisvorgaben machen. Die Regelung, wonach die Preise für Treibstoffe nur zum ersten täglichen Betriebsbeginn oder bei durchgehendem Betrieb nur um 00.00 Uhr erhöht werden dürfen, trifft die antragstellende Gesellschaft - angesichts der von ihr dargelegten, ihr vertraglich eingeräumten Ingerenz auf die Preisgestaltung der Tankstellen - unmittelbar und aktuell in ihrer Rechtssphäre, da die Regelung es der antragstellenden Gesellschaft verbietet, nach der einmaligen zulässigen Preiserhöhung um 00.00 Uhr oder zu Betriebsbeginn im Tagesverlauf einen höheren Preis zu verlangen (vgl. VfSlg. 15.888/2000). Ein anderer zumutbarer Weg, die behauptete Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnungsstelle an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, steht der antragstellenden Gesellschaft insbesondere deshalb nicht zur Verfügung, da die Nichteinhaltung der Regelung des § 1 zweiter Satz der Verordnung gemäß § 367 Z 22 GewO 1994 unter verwaltungsstrafrechtlicher Sanktion steht.
3.4. Der erste (litb) und der fünfte (litf) Eventualantrag der antragstellenden Gesellschaft sind daher zulässig.
4. Zu dem zu V63/09 protokollierten Antrag:
Mit dem Vorbringen der antragstellenden Parteien, als "Betreiber" zweier näher bezeichneter Tankstellen in Salzburg und Tirol von der Regelung des § 1 zweiter Satz unmittelbar und aktuell in ihrer Rechtssphäre betroffen zu sein, da sie die Preise für Treibstoffe nicht jederzeit in jede Richtung abändern könnten, wird die Antragslegitimation hinsichtlich des Hauptantrages hinreichend dargelegt. Ein anderer zumutbarer Weg, die behauptete Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnungsstelle an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, steht den antragstellenden Parteien nicht zur Verfügung (s. Punkt 3.3.). Der (Haupt-)Antrag (lita) der antragstellenden Parteien erweist sich damit als zulässig.
B. Die in Bezug auf die zulässigen Anträge zu V62/09 und zu V63/09 vorgebrachten Bedenken sind indessen nicht begründet:
1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren auf Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl. VfSlg. 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg. 15.644/1999, 17.222/2004).
2.1. § 1 zweiter Satz der Verordnung legt im Ergebnis fest, dass Tankstellenbetreiber die Treibstoffpreise nur einmal am Tag - bei durchgehendem Betrieb um 00.00 Uhr, ansonsten zu Betriebsbeginn - erhöhen dürfen. Bei Automatentankstellen mit durchgehendem Betrieb kann, soweit kein Aufsichts- oder Bedienungspersonal anwesend ist, eine Preiserhöhung gemäß § 1 dritter Satz der Verordnung bis spätestens 08.30 Uhr vorgenommen werden. Das Ziel dieser Regelung besteht nach den Erläuterungen zur Verordnung primär in der Sicherstellung eines fairen und transparenten Wettbewerbs, der Wahrung des Ansehens der Mineralölbranche und dem kaufmännischen Wohlverhalten sowie in der Folge der Erleichterung des Preisvergleichs.
In den Erläuterungen zur Verordnung wird wörtlich ausgeführt:
"Tankstellenbetreiber, bzw. ihre Vertragspartner, die Mineralölunternehmen, ändern in letzter Zeit häufig, unter Umständen mehrmals täglich, die Preise der von ihnen vertriebenen Treibstoffprodukte. Mit dem vorliegenden Verordnungsentwurf wird eine Regelung geschaffen, die die Änderung von Bruttopreisen gegenüber Unternehmern und Verbrauchern, die Endverbraucher sind, für Treibstoffe bei Tankstellen nur einmal pro Tag erlaubt. Primäres Ziel ist die Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs bei Treibstoffpreisen und damit die Erleichterung des Preisvergleichs. Die in dieser Verordnung vorgesehenen Standesregeln sollen verhindern, dass Gewerbetreibende durch täglich mehrmalige Preiserhöhungen sich sachlich nicht gerechtfertigte Wettbewerbsvorteile verschaffen und damit Geschäftspartner täuschen, die durch dieses Verhalten ferner zu Schaden kommen (siehe Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO7 § 69 Anm 22).
[...]
Die gegenständliche Verordnung konkretisiert, dass Preiserhöhungen nur einmal täglich vorgenommen werden können, nämlich zum ersten Betriebsbeginn. [...] Bei durchgehendem Betrieb einer Tankstelle darf sie nur einmal am Tag um 00.00 Uhr und daraufhin frühestens 24 Stunden später erfolgen. Weiters dürfen bei Automatentankstellen, die einen durchgehenden Betrieb aufweisen und bei denen tageweise überhaupt kein Aufsichts- oder Bedienungspersonal anwesend ist, diesfalls die Preise für Treibstoffe täglich spätestens bis 08.30 Uhr erhöht werden. Diese Vorschrift sollte eine praktikable Preisauszeichnung bei derartigen Tankstellen ohne Aufsichts- oder Bedienungspersonal ermöglichen. Soweit aber bei derartigen Automatentankstellen tageweise (etwa nur an Werktagen) Aufsichts- oder Bedienungspersonal anwesend ist, sind die Preise für Treibstoffe jeweils täglich ab dem ersten Betriebsbeginn bzw. ab der ersten Anwesenheitspflicht des Personals auszuzeichnen. [...]"
2.2. Zum Vorwurf der antragstellenden Parteien, wonach § 3 Abs 1, § 5 und § 14 PrAG keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Verordnung darstellen würden, ist darauf hinzuweisen, dass diese Regelungen die notwendige gesetzliche Grundlage für den ersten Satz in § 1 der Verordnung betreffend die Verpflichtung der Tankstellenbetreiber zur Auszeichnung der Treibstoffpreise darstellen, da darin auf die Verordnung betreffend Preisauszeichnung für bestimmte Leistungen und für Treibstoffe, BGBl. 813/1992 idgF (s. insb. § 5), - die ihrerseits auf dem PrAG beruht - Bezug genommen wird. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Regelungen auch eine ausreichende gesetzliche Grundlage für § 1 zweiter Satz der Verordnung darstellen würden, da sich die verordnungserlassende Behörde insoweit auf § 69 Abs 2 GewO 1994 stützen konnte.
2.3. § 69 Abs 2 GewO 1994 ermächtigt zur Erlassung von Regeln über die Verhaltensweisen, die bei der Ausübung eines bestimmten Gewerbes einzuhalten sind, und die insbesondere verhindern können, dass Kunden und Auftraggeber durch unredliche Geschäftspraktiken von Gewerbetreibenden zu Schaden kommen, Gewerbetreibende sich sachlich nicht gerechtfertigte Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Berufsangehörigen oder Angehörigen anderer Berufe verschaffen oder sonstige von der Gewerbeausübung betroffene Personen einen Schaden erleiden ("Standesregeln", s. AB 690 BlgNR 17. GP, 3). Hiebei ist gemäß § 69 Abs 2 GewO 1994 auf die Gewohnheiten und Gebräuche, die in diesem Gewerbe von Personen, die die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes anwenden, eingehalten werden und auf die Anforderungen, die von den die Leistungen dieses Gewerbes in Anspruch nehmenden Personen üblicherweise gestellt werden, sowie darauf Bedacht zu nehmen, dass das Ansehen des betreffenden Gewerbes und das Vertrauen aller von der Gewerbeausübung berührten Personen in die das Gewerbe ausübenden Gewerbetreibenden gewahrt bleibt.
2.3.1. Die Vorgabe für Betreiber von Tankstellen, die Treibstoffpreise zu einem genau bezeichneten Zeitpunkt, lediglich einmal am Tag, zu erhöhen, wurde nach den Erläuterungen zur Verordnung insbesondere aus dem Grund eingeführt, weil die Betreiber von Tankstellen "in letzter Zeit" vermehrt dazu übergegangen sind, "unter Umständen mehrmals täglich, die Preise der von ihnen vertriebenen Treibstoffprodukte" zu ändern. Die antragstellende Gesellschaft macht geltend, dass es sich bei der Praxis mehrmaliger Preisänderungen (Preiserhöhungen und Preissenkungen) pro Tag um eine für das Gewerbe der Tankstellenbetreiber übliche Vorgehensweise auf einem freien Markt handle, die daher nicht als standeswidrig angesehen werden könne. Die Preise für Erdöl und Erdölderivate seien durch eine hohe Volatilität gekennzeichnet und es entspreche auch dem Verhalten eines sorgfältigen Kaufmannes, auf Nachfrageänderungen - etwa vor Beginn eines Wochenendes mit starkem Reiseverkehr - entsprechend zu reagieren.
Der Verfassungsgerichtshof geht wie die verordnungserlassende Behörde, die sich diesbezüglich auf ein Gutachten der Wettbewerbskommission stützt, davon aus, dass häufige - mehrmals täglich erfolgende - Preisänderungen der Endverbraucherpreise von Treibstoffen und daraus resultierende Intransparenz in Bezug auf die Preise negative Auswirkungen auf den Wettbewerb zeitigen können, da es den Nachfragern (als Marktteilnehmern) mangels Vergleichbarkeit der Preise unmöglich gemacht wird, durch marktkonformes Verhalten positiv auf den Wettbewerb einzuwirken, weshalb ein solches Verhalten - ungeachtet des Umstandes, dass es möglicherweise von allen oder der Mehrheit der betreffenden Gewerbetreibenden ausgeübt wird - jene Merkmale aufweist, welche die Verordnungsermächtigung des § 69 Abs 2 dritter Satz GewO 1994 hintanhalten will. Die verordnungserlassende Behörde hat insofern zu Recht angenommen, dass die Vorgabe, dass Preiserhöhungen bei Treibstoffpreisen lediglich einmal am Tag zu einem genau bezeichneten Zeitpunkt stattfinden dürfen, dazu geeignet ist, die Preistransparenz auf dem Treibstoffmarkt zu erhöhen, sodass sie infolgedessen auch von positiven Auswirkungen auf den Wettbewerb zwischen den Betreibern von Tankstellen ausgehen durfte. Wenn auf diese Weise das Vertrauen der Marktteilnehmer in den Wettbewerb gestärkt wird, trägt dies auch zur Wahrung des Ansehens der Tankstellenbetreiber bei. Insofern steht bei dieser Maßnahme nicht der Schutz des Vertrauens der von der Gewerbeausübung betroffenen Personen im Vordergrund, sodass es auch nicht erforderlich war, das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz herzustellen.
Diese Sichtweise wird in systematischer Betrachtung des § 69 Abs 2 GewO 1994 dadurch bestätigt, dass in § 69 Abs 2 Z 5 leg.cit. im Rahmen einer demonstrativen Aufzählung ein Beispiel für eine Standesregel für bestimmte näher bezeichnete Gewerbe gegeben wird. Nach dieser Regelung wird die Festlegung von Höchstbeträgen der den Gewerbetreibenden gebührenden Provisionssätze oder sonstigen Vergütungen als Standesregel qualifiziert, sodass auch eine Regelung, die auf andere, weniger zwingende Art und Weise auf die Preisfestsetzung Einfluss nimmt, als Standesregel iSd Verordnungsermächtigung anzusehen ist. Der Einwand der antragstellenden Gesellschaft, dass nach den Erläuterungen zu § 69 Abs 2 GewO 1994 die Festlegung von Preisregelungen den in Z 5 aufgezählten Gewerbetreibenden vorbehalten sein sollte, geht schon deshalb ins Leere, weil durch § 1 zweiter Satz der Verordnung keine verbindlichen Preisvorgaben im Sinne dieser Bestimmung gemacht werden.
2.3.2. Dem Vorwurf, dass die Auslegung des § 69 Abs 2 GewO 1994 in Widerspruch zur Richtlinie 2005/29/EG über das Verbot unlauterer Geschäftspraktiken steht, ist zu entgegnen, dass Preiserhöhungen eines Produktes, selbst wenn sie mehrmals täglich erfolgen, weder irreführende Handlungen iSv Art 6 noch irreführende Unterlassungen iSv Art 7 und auch nicht aggressive Geschäftspraktiken iSv Art 8 der Richtlinie 2005/29/EG darstellen. Die Verhaltensweise, die durch § 1 zweiter Satz der Verordnung verboten wird, fällt sohin nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/29/EG, weshalb dies auch für die Verordnungsermächtigung im § 69 Abs 2 GewO 1994 gilt. Auch aus dem von den antragstellenden Parteien ins Treffen geführten Urteil des Europäischen Gerichtshofes ( verb. Rs. C-261/07 und C-299/07, VTB-VAB NV ua., noch nicht in amtl. Slg.) folgt nicht, dass eine Vorgehensweise jedenfalls als zulässig anzusehen ist, nur weil sie keine unlautere Geschäftspraxis im Sinne der genannten Richtlinie darstellt. Auch die zwingende Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung lässt sich daraus nicht ableiten.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich somit, dass § 1 zweiter Satz der Verordnung von der Ermächtigung gemäß § 69 Abs 2 GewO 1994 gedeckt ist.
2.4. Die antragstellenden Parteien bringen ferner vor, dass die Regelung nach § 1 zweiter Satz der Verordnung gegen die Erwerbsausübungsfreiheit verstoße.
2.4.1. Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art 6 StGG (s. zB VfSlg. 10.179/1984, 12.921/1991, 15.038/1997, 15.700/1999, 16.120/2001 und 16.734/2002) ist der Gesetzgeber - und auf Grund des Gesetzes gemäß Art 18 Abs 2 B-VG auch der Verordnungsgeber - auf Grund des diesem Grundrecht angefügten Gesetzesvorbehaltes ermächtigt, die Erwerbs(ausübungs)freiheit beschränkende Regelungen zu erlassen, sofern diese durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich gerechtfertigt sind.
2.4.2. Wie bereits ausgeführt, dient die Verordnung, und insbesondere ihr zweiter Satz, dem Ziel der Sicherstellung eines fairen und transparenten Wettbewerbs, der Wahrung des Ansehens der Mineralölbranche und dem kaufmännischen Wohlverhalten sowie in der Folge der Erleichterung des Preisvergleichs. Diese Ziele liegen im öffentlichen Interesse. Die Vorgabe, dass Preiserhöhungen bei Treibstoffen nur einmal am Tag zu einem näher bestimmten Zeitpunkt zulässig sind, ist zur Erreichung dieser Ziele auch geeignet. Mit dem Vorbringen, dass die Regelung zu einem Preiswettbewerb nach unten sowie dazu führe, dass die Treibstoffpreise am Morgen tendenziell höher seien als am Abend, vermag die antragstellende Gesellschaft nicht darzulegen, dass § 1 zweiter Satz der Verordnung in verfassungswidriger Weise zur Zielerreichung ungeeignet ist, vielmehr macht sie lediglich eine möglicherweise gegebene (partielle) Unzweckmäßigkeit der Regelung geltend.
2.4.3. Im Hinblick darauf, dass es die Regelung den Tankstellenbetreibern ermöglicht, die Treibstoffpreise zumindest einmal pro Tag vollkommen autonom festzusetzen und zudem hinsichtlich der Anzahl täglicher Preissenkungen keine Vorgaben macht, kann der verordnungserlassenden Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Regelung nach § 1 zweiter Satz der Verordnung als das gelindeste ihr zur Verfügung stehende Mittel zur Erreichung des Zieles ansieht. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass - vermeintlich gelindere - Mittel, wie die in § 5 Abs 1a der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Preisauszeichnung für bestimmte Leistungen und für Treibstoffe bei Tankstellen, BGBl. 813/1992 idF BGBl. II 312/2008, normierte Verpflichtung, dass Verbraucher durch die Preisauszeichnung bei Treibstoffen nicht irregeführt werden dürfen, oder die Möglichkeit einer diesbezüglichen Selbstbindungserklärung nicht das gewünschte Ergebnis einer gesteigerten Preistransparenz gebracht haben. Dem Vorbringen der antragstellenden Gesellschaft, dass es ein gelinderes Mittel wäre, mehrere Preiserhöhungen pro Tag zuzulassen, ist zu entgegnen, dass mit einer solchen Regelung die Gefahr besteht, dass die verfolgten Ziele erhöhter Preistransparenz und verbesserten Wettbewerbs nicht mehr erreicht werden könnten.
2.4.4. Mit Blick auf die eben dargestellten Wirkungen der Regelung besteht auch ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit der antragstellenden Parteien und dem Gewicht der diesen Eingriff rechtfertigenden Gründe. Einerseits bleibt es den Betreibern von Tankstellen unbenommen, einmal pro Tag eine Preiserhöhung vorzunehmen, während weder in Bezug auf die Anzahl von Preissenkungen noch in Bezug auf deren Zeitpunkt Vorgaben gemacht werden. Andererseits sind erhöhte Transparenz und ein funktionierender Wettbewerb gerade auf einem Markt wie dem Treibstoffmarkt mit einer sehr großen Anzahl an Marktteilnehmern mit unterschiedlicher finanzieller Leistungsfähigkeit von besonderer Bedeutung.
2.5. Vor dem Hintergrund der Ausführungen in Punkt 2.4. verstößt § 1 zweiter Satz der Verordnung auch nicht gegen das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums.
2.6. Soweit von den antragstellenden Parteien behauptet wird, dass die Betreiber von Automatentankstellen ohne sachliche Rechtfertigung besser behandelt würden als die Betreiber von Tankstellen, die durchgehend in Betrieb sind, erweist sich § 1 zweiter Satz der Verordnung ebenfalls als sachlich gerechtfertigt:
Gemäß § 1 dritter Satz der Verordnung können Betreiber von Automatentankstellen mit durchgehendem Betrieb, soweit kein Aufsichts- oder Bedienungspersonal anwesend ist, die (einmal pro Tag zulässige) Preiserhöhung bis spätestens 08.30 Uhr durchführen. In den Erläuterungen zur Verordnung wird diese Ausnahme damit begründet, dass eine "praktikable Preisauszeichnung bei derartigen Tankstellen ohne Aufsichts- oder Bedienungspersonal" ermöglicht werden soll. Soweit jedoch Aufsichts- oder Bedienungspersonal anwesend ist, muss die Preisauszeichnung jeweils täglich ab dem ersten Betriebsbeginn bzw. ab der ersten Anwesenheitspflicht des Personals erfolgen. Die Ausnahmeregelung soll sohin vermeiden, dass sich Betreiber von Automatentankstellen mit durchgehendem Betrieb, jedoch ohne Aufsichts- oder Bedienungspersonal (und nur diese), um 00.00 Uhr zur Tankstelle begeben müssen, um eine Preiserhöhung vornehmen zu können. Sie ist vor diesem Hintergrund sachlich gerechtfertigt. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass es technisch möglich sein dürfte, eine Änderung der Preisauszeichnung nicht direkt an der Tankstelle, sondern von einem anderen Ort aus durchzuführen, da der Verfassungsgerichtshof keine Anhaltspunkte dafür hat, dass die verordnungserlassende Behörde davon ausgehen kann, dass alle entsprechenden Tankstellenbetreiber über derartige technische Möglichkeiten verfügen bzw. verfügen wollen. Die Ausnahmeregelung des § 1 dritter Satz der Verordnung vermag daher an der sachlichen Rechtfertigung des § 1 zweiter Satz nichts zu ändern.
2.7. Die Regelung des § 1 zweiter Satz der Verordnung betreffend Standesregeln für Tankstellenbetreiber über den Zeitpunkt der Preisauszeichnung für Treibstoffe bei Tankstellen, BGBl. II 190/2009, erweist sich sohin als gesetzmäßig.
Die zu V62/09 und zu V63/09 protokollierten Anträge sind - soweit sie zulässig sind - daher abzuweisen.
IV. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 3 Z 2 lite und § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.