VfGH vom 09.12.2014, V54/2014
Leitsatz
Keine Gesetzwidrigkeit von Bestimmungen der Reihungskriterien-Verordnung betreffend das Sonderfach Frauenheilkunde und Geburtshilfe; Bevorzugung von Frauen bei der Vergabe von Facharztstellen angesichts des bestehenden Mangels weiblicher Vertragsfachärzte für Frauenheilkunde sachlich gerechtfertigt; kein Verstoß der Regelungen gegen das Gleichbehandlungsgesetz
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Anlassverfahren, Antrag und Vorverfahren
1. Mit dem vorliegenden, auf Art 139 Abs 1 Z 1 B VG gestützten Antrag begehrt das Landesgericht Salzburg, zwei näher bezeichnete Bestimmungen "der Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen über die Kriterien für die Reihung der ärztlichen und zahnärztlichen BewerberInnen um Einzelverträge mit den Krankenversicherungsträgern (Reihungskriterien-Verordnung), BGBl II Nr 487/2002 idF [ergänze: der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit,] BGBl II Nr 239/2009, als gesetzwidrig aufzuheben", und zwar "[i]n § 2 Abs 1 Z 5 die Wortfolge 'bei im Sonderfach 'Frauenheilkunde und Geburtshilfe' ausgeschriebenen Einzelverträgen die durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit' sowie in § 3 Abs 1 Gedankenstrich 5 die Wortfolge 'nach § 2 Abs 1 Z 5 zehn Prozent der durch die jeweiligen Gesamtvertragsparteien festgelegten erreichbaren Punkte".
1.1. Diesem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.2. Beim Landesgericht Salzburg ist ein Verfahren gegen die Ärztekammer für Salzburg als beklagte Partei anhängig. Der Kläger, ein Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe (im Folgenden: Frauenheilkunde), hat sich sowohl bei der Salzburger Gebietskrankenkasse als auch bei anderen Krankenkassen um Einzelverträge beworben, die gemäß § 343 Abs 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl 189/1955, zwischen dem zuständigen Träger der Krankenversicherung und dem Vertragsarzt nach den Bestimmungen des jeweiligen Gesamtvertrages im Einvernehmen mit der Ärztekammer abzuschließen sind. Die Auswahl des jeweiligen Bewerbers bzw. der jeweiligen Bewerberin erfolgt dabei nach Maßgabe der Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen über die Kriterien für die Reihung der ärztlichen und zahnärztlichen BewerberInnen um Einzelverträge mit den Krankenversicherungsträgern (Reihungskriterien-Verordnung), BGBl II 487/2002, die ihre Grundlage in § 343 Abs 1a ASVG findet und die für die Vertragspartner des Gesamtvertrages verbindliche Kriterien für die Reihung der Bewerberinnen und Bewerber um Einzelverträge festlegt.
Die Verordnung sieht unter anderem in § 2 Abs 1 Z 5 leg.cit. vor, dass bei den im Sonderfach Frauenheilkunde ausgeschriebenen Einzelverträgen auch "die durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit" ein Reihungskriterium ist, das gemäß § 3 Abs 1 fünfter Gedankenstrich Reihungskriterien-Verordnung mit zehn Prozent der durch die jeweiligen Gesamtvertragsparteien festgelegten erreichbaren Punkte zu bewerten ist. Gestützt auf diese Vorschriften schreibt auch § 3 Abs 6 Z 6a der Richtlinien der Ärztekammer für Salzburg und der Gebietskrankenkasse Salzburg für die Auswahl der VertragsärztInnen für Allgemeinmedizin und VertragsfachärztInnen vor, dass im Sonderfach Frauenheilkunde 7,5 von insgesamt 75 Punkten an weibliche Bewerber zu vergeben sind.
1.3. Nach Durchführung eines – den genannten Bestimmungen entsprechenden – Reihungsverfahrens wurde der Kläger des Anlassverfahrens mit den von ihm – nach seinen Behauptungen – erreichten 70 Punkten auf den dritten Platz gereiht, während zwei weibliche Bewerber mit 78,75 bzw. 71 Punkten den ersten bzw. zweiten Platz belegten. Da der Kläger eigenen Angaben zufolge nahezu alle Punktekontingente vollständig ausgeschöpft habe, sei es ihm unmöglich, in künftigen Reihungsverfahren weitere Punkte zu erlangen. Das habe zur Konsequenz, dass wegen des Punktevorsprunges von 10% für weibliche Bewerber dauerhaft nicht der Kläger, sondern Frauen erstgereiht würden; dies sogar im Falle schlechterer fachlicher Kompetenz.
1.4. Mit der am beim Landesgericht Salzburg im Anlassverfahren eingebrachten Klage begehrte der Kläger das Urteil, die Ärztekammer für Salzburg sei schuldig, gegenüber dem Kläger für den Fall der Bewerbung um eine freie Kassenvertragsstelle die Anwendung des § 3 Abs 6 Z 6a der genannten Richtlinien der Ärztekammer für Salzburg und der Salzburger Gebietskrankenkasse zu unterlassen. Er begründete seine Klage damit, dass es gleichheitswidrig sei, ausschließlich wegen seiner Geschlechtszugehörigkeit bei der Reihung zur Vergabe von Einzelverträgen benachteiligt zu werden. Die Ärztekammer für Salzburg bestritt das Klagebegehren und brachte vor, dass sie an die Reihungskriterien-Verordnung gebunden sei.
2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellt das Landesgericht Salzburg beim Verfassungsgerichtshof den vorliegenden Antrag. Dabei legt es seine Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen im Einzelnen wie folgt dar:
"Das antragsstellende Gericht teilt die Bedenken des Klägers, dass die Reihungskriterien-Verordnung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt und dadurch gesetzwidrig ist. Die Bedenken beziehen sich dabei konkret auf § 2 Abs 1 und § 3 Abs 1 Reihungskriterien-Verordnung […].
Das Landesgericht Salzburg begründet seine Bedenken wie folgt:
Das Landesgericht Salzburg hat Bedenken, dass, wenn bei der Reihung zur Vergabe von Einzelverträgen ausschließlich auf die Geschlechtszugehörigkeit abzustellen ist und die durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit mit 10 % der durch die jeweiligen Gesamtvertragsparteien festgelegten erreichbaren Punkte zu bewerten ist, der Gleichheitsgrundsatz verletzt wird. Zudem hat das antragsstellende Gericht Bedenken, dass die Reihungskriterien-Verordnung nicht mit dem Bundesgesetz über die Gleichbehandlung vereinbar ist.
a) Zur Verletzung des Gleichheitsgrundsatz[es]
Eine Verordnung verletzt den Gleichheitsgrundsatz dann, wenn sie entweder auf einem gleichheitswidrigen Gesetz beruht oder wenn sie eine Differenzierung vornimmt, die sachlich nicht gerechtfertigt ist (VfSlg 10.492). Es gelten daher im Prinzip die gleichen Maßstäbe wie bei der Gesetzesprüfung.
Beruhend auf die oben angeführten Bestimmungen der Reihungskriterien-Verordnung, werden Frauen bei der Reihung gegenüber Männern bevorzugt, da sie 10% der Reihungspunkte auf Grund der durch das weibliche Geschlecht zusätzlichen besonderen Vertrauenswürdigkeit bekommen. Die Ungleichbehandlung bei der Vergabe von Einzelverträgen beruht daher ausschließlich auf dem Geschlecht.
Nach den Erläuterungen zur Reihungskriterien-Verordnung besteht das Ziel der Bestimmungen darin, die Zahl der Frauenfachärztinnen zu erhöhen, da man davon ausgeht, dass viele Frauen das Bedürfnis haben, gynäkologische Untersuchungen und Behandlungen von Ärztinnen durchführen zu lassen. Frauen würden oft vor dem Problem stehen, dass in ihrer Versorgungsregion alle Vertragsarztstellen im Sonderfach Frauenheilkunde und Geburtshilfe durch Männer besetzt sind. Beim Aufsuchen einer Wahlärztin sind die Kosten zunächst selbst zu tragen und können dann vom Krankenversicherungsträger teilweise rückerstattet werden. Dies ist mit einem administrativen Aufwand verbunden.
Nach Art 7 Abs 2 B VG sind Maßnahmen zur Förderung der faktischen Gleichstellung von Frauen und Männern insbesondere durch Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten zulässig. Dem EU-Recht folgend sind positive Aktionen nur zulässig, wenn sie darauf abzielen, die aus der gesellschaftlichen Realität folgenden, tatsächlichen Ungleichheiten, die in erster Linie Frauen in ihrem Berufsleben treffen, zu beseitigen oder zu verringern.
Nach Ansicht des antragsstellenden Gerichts dient die Verordnung in erster Linie dem Ziel, den weiblichen Patientinnen einen leichteren Zugang zu Frauenärztinnen zu verschaffen. Um dieses Ziel zu erreichen ist es die Absicht die Anzahl der Ärztinnen mit einem Kassenvertrag gegenüber der Anzahl der Ärzte zu erhöhen. Zwar gibt es zur Zeit mehr männliche als weibliche Frauenfachärzte, die einen Einzelvertrag mit einer Krankenkasse haben, jedoch würden bei der Vergabe von neuen Kassenverträgen ohne die Vergabe der zusätzlichen Reihungspunkte für die durch das weibliche Geschlecht vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit keine tatsächlichen Unterschiede zwischen Bewerberinnen und Bewerbern bestehen.
Da keine tatsächlichen Unterschiede bestehen, verfehlt die Bestimmung des § 2 Abs 1 Reihungskriterien-Verordnung das von der Verfassung geforderte Ziel der Förderung der Gleichstellung. Nach Meinung des Gerichts gibt es keinen Grund, aus dem man herleiten könne, dass Frauen aus rein medizinischer Sicht bessere fachliche Fähigkeiten als Männer besitzen und somit aus biologisch bestehenden Gründen eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt wäre.
Der Zweifel des Gerichts, die Bestimmungen der Reihungskriterien-Verordnung [dienten] der Beseitigung tatsächlicher Ungleichheiten beim Zugang zu Einzelverträgen wird dadurch bestätigt, dass eine Bevorzugung der Frauen nur im Fach der Frauenheilkunde und Geburtshilfe und in keinem anderen medizinischen Fach vorgesehen ist.
Es liegt außerhalb der Möglichkeiten des Gerichts zu beurteilen, ob Frauen wirklich lieber Frauenärztinnen aufgrund der vermittelten besonderen Vertrauenswürdigkeit aufsuchen. Nach Meinung des Gerichts ist es mit Sicherheit ein Bedürfnis von Frauen den Zugang zu jenen Ärzten mit der besten Fachkenntnis zuhaben, ohne Rücksicht auf das Geschlecht. Die Bewertung der besonderen Vertrauenswürdigkeit von 10 % der bei der Reihung gesamt zu vergebenden Punkte scheint daher unverhältnismäßig zu sein.
Aus den genannten Gründen kann nach Ansicht des antragsstellenden Gericht[s] die Ungleichbehandlung sachlich nicht gerechtfertigt werden.
b) Zur Unvereinbarkeit mit dem Gleichbehandlungsgesetz
Das antragsstellende Gericht hat zudem Bedenken, dass die Reihungskriterien-Verordnung nicht dem Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz - GIBG), BGBl I Nr 66/2004, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 107/2013 entspricht. Mit der letzten Novellierung dieses Gesetzes wurde die Richtlinie 2010/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, und zur Aufhebung der Richtlinie 86/613/EWG des Rates umgesetzt. Die EU-Richtlinie ist sowohl auf den privaten als auch auf den öffentlichen Sektor anwendbar.
Die Bestimmungen des I. Teils des GIBG gelten für den Bereich der Arbeitswelt. Dazu zählt nach Z 4 die Gründung, Einrichtung oder Erweiterung eines Unternehmens sowie die Aufnahme oder Ausweitung jeglicher anderen Art von selbständiger Tätigkeit, sofern dies in die Regelungskompetenz des Bundes fällt. Niedergelassene Ärzte sind [selbständig] tätig. Ein Abschluss eines Einzelvertrages mit einer Krankenkasse ist für einen Arzt eine Ausweitung seiner [selbständigen] Tätigkeit. Der dem Antrag zugrundeliegende Sachverhalt liegt in der Regelungskompetenz des Bundes. Der I. Teil des GIBG ist daher anzuwenden.
Nach § 4 Z 3 GIBG darf niemand bei der Gründung, Einrichtung oder Erweiterung eines Unternehmens sowie der Aufnahme oder Ausweitung jeglicher anderen Art von selbständiger Tätigkeit unmittelbar oder mittelbar auf Grund des Geschlechtes diskriminiert werden. Das GIBG unterscheidet zwischen einer unmittelbaren und mittelbaren Diskriminierung. Gemäß § 5 GIBG liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person auf Grund ihres Geschlechtes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einem Geschlecht angehören, in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechtes benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.
Die Reihungspunkte für die an Frauen vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit werden nur aufgrund des Geschlechtes vergeben. Männer erfahren dadurch eine weniger begünstigte Behandlung aufgrund des Geschlechts, sie werden unmittelbar diskriminiert.
Gemäß § 8 GIBG gelten die in Gesetzen, in Verordnungen, in Instrumenten der kollektiven Rechtsgestaltung oder in generellen mehrere Arbeitnehmer/innen umfassende Verfügungen des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin getroffenen Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere durch Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten im Sinne des Art 7 Abs 2 B VG, nicht als Diskriminierungen im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes. Dies gilt auch für Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in den in § 4 GIBG genannten Bereichen. Diese Bestimmung kann jedoch auf die Reihungskriterien-Verordnung nicht angewendet werden, da, wie schon oben ausgeführt, das Ziel der Verordnung nicht die Beseitigung von tatsächlich bestehende[n] Ungleichheiten sondern der bessere Zugang von Frauen zu Frauenfachärztinnen ist. Im Gegensatz zur mittelbaren Diskriminierung ist bei der unmittelbaren Diskriminierung eine sachliche Rechtfertigung nicht möglich. Folglich kann in diesem Fall die Diskriminierung in diesem Fall mit dem Ziel den Zugang von Frauen zu Fachärztinnen zu erleichtern nicht gerechtfertigt werden.
Zur Präjudizialität der einzelnen Bestimmungen:
Ein Gericht kann einen Antrag auf Aufhebung von Bestimmungen einer Verordnung an den VfGH nur in dem Ausmaß stellen, als es die entsprechenden Bestimmungen auch anzuwenden hat. Zugleich hat es bei der Angabe der angefochtenen Bestimmung darauf zu achten, dass einerseits alle belastenden Rechtswirkungen durch die Aufhebung auch wirklich entfallen (z.B.: VfSlg 14.477, 14.526) und andererseits der verbliebene Rest keinen völlig veränderten Inhalt hat (z.B.: 15.031). Zudem ist die Aufhebung aller Bestimmungen, die miteinander in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, zu beantragen (z.B.: VfSlg 16.121). Der VfGH geht dabei von einem weiten Spielraum des antragstellenden Gerichts aus; eine Zurückweisung erfolgt aber dann, wenn es denkunmöglich ist, dass die angefochtenen Bestimmungen eine Voraussetzung der Entscheidung des Gerichtes bilden (z.B.: VfSlg 18.580, 18.595, 18.738).
Im Lichte dieser Anforderung begründet das antragsstellende Gericht den Umfang seines Anfechtungsbegehrens wie folgt:
Der Kläger wird bei der Vergabe von Einzelverträgen von der Ärztekammer für Salzburg nach der Richtlinie der Ärztekammer für Salzburg und der Salzburger Gebietskrankenkasse für die Auswahl der VertragsärztInnen für Allgemeinmedizin und VertragsfachärztInnen sowie für Vertragsgruppenpraxen und GesellschafterInnen von Vertragsgruppenpraxen gereiht. Die Gebietskrankenkasse und die Ärztekammer sind bei der Erlassung und Anwendung der Richtlinie an die Reihungskriterien-Verordnung gebunden. Daher hat das Landesgericht Salzburg bei der Entscheidung ob die Salzburger Ärztekammer die Anwendung der Richtlinie zu unterlassen hat, die Reihungskriterien-Verordnung mit zu berücksichtigen. Die Bedenken des antragsstellenden Gericht[s] bestehen dabei konkret hinsichtlich der Wortfolge in § 2 Abs 1 Z 5 'bei im Sonderfach 'Frauenheilkunde und Geburtshilfe' ausgeschriebenen Einzelverträgen die durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit'. Da die Wortfolge § 3 Abs 1 Gedankenstrich 5 Reihungskriterien-Verordnung 'nach § 2 Abs 1 Z 5 zehn Prozent der durch die jeweiligen Gesamtvertragsparteien festgelegten erreichbaren Punkte' mit § 2 Abs 1 Z 5 leg cit in einem untrennbaren Zusammenhang steht wird auch deren Aufhebung beantragt."
3. Der Bundesminister für Gesundheit erstattete eine Äußerung, in der er beantragt, das Verfahren einzustellen, in eventu die Bestimmungen nicht als gesetzwidrig aufzuheben und für den Fall einer Aufhebung eine Frist von einem halben Jahr für das Außerkrafttreten zu bestimmen. Dabei tritt er den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegen:
"a) Zur Bindung der Ärztekammer Salzburg an die Reihungskriterien-Verordnung:
Die Auswahl der Vertragsärztinnen und -ärzte und der Abschluss der Einzelverträge zwischen dem jeweiligen Krankenversicherungsträger und der Ärztin oder dem Arzt erfolgt nach § 343 Abs 1 ASVG nach den Bestimmungen des Gesamtvertrages und im Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer.
Die nach § 343 Abs 1a ASVG vom Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen erlassene Verordnung BGBl II Nr 487/2002 idF der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit BGBl II Nr 239/2009 (3. Änderung der Reihungskriterien-Verordnung) legt Auswahlkriterien für die Reihung der Bewerberinnen und Bewerber um Einzelverträge mit den Krankenversicherungsträgern fest; sie ist sowohl für die Krankenversicherungsträger als auch für die jeweils zuständigen Ärztekammern verbindlich.
Nach § 4 Abs 2 des gemäß den §§338 ff Allgemeines Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl Nr 189/1955, und § 66 Abs 2 Z 8 Ärztegesetz 1998, BGBl I Nr 169/1998, zwischen dem Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger für die sogenannten '§2-Kassen' (Salzburger Gebietskrankenkasse, Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Betriebskrankenkasse Austria Tabak) und der Ärztekammer für Salzburg, Kurie der niedergelassenen Ärzte, abgeschlossenen Gesamtvertrages (kompilierte, ab geltende Fassung inklusive der 4. Zusatzvereinbarung abrufbar unter www.avsv.at, Verlautbarung Nr 68/2014; nach dem die Salzburger Gebietskrankenkasse von den anderen genannten Versicherungsträgern zum Abschluss gesamtvertraglicher Vereinbarungen und zum Abschluss von Einzelverträgen mit Ärztinnen und Ärzten bevollmächtigt ist – § 2 Abs 2), können die Vertragsparteien für die Auswahl der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte Richtlinien vereinbaren (siehe dazu die im Anhang A zu § 4 enthaltenen 'Richtlinien der Ärztekammer für Salzburg und der Salzburger Gebietskrankenkasse für die Auswahl der VertragsärztInnen für Allgemeinmedizin und VertragsfachärztInnen sowie für Vertragsgruppenpraxen und GesellschafterInnen von Vertragsgruppenpraxen').
Wie auch vom Verfassungsgerichtshof in V123/09 vom ausgeführt, hat sich die Ärztekammer bei ihrer Mitwirkung im Verfahren zur Vergabe eines Einzelvertrages an der Reihungskriterien-Verordnung zu orientieren. Aus diesem Grund kann die Ärztekammer für Salzburg dem Kläger mangels gegebener Voraussetzungen die nach den §§2 Abs 1 Z 5 und 3 Abs 1 fünfter Teilstrich der Reihungskriterien-Verordnung gebührende Punktezahl nicht gewähren beziehungsweise hat sie diese aufgrund des Vorliegens der entsprechenden Voraussetzungen weiblichen Bewerberinnen zu gewähren.
b) Zum behaupteten Verstoß gegen den Gleichheitssatz/das Gleichbehandlungs-gesetz:
Der Gleichheitssatz gebietet die Schaffung nur sachlich begründbarer Differenzierungen (VfSlg 8169/1977 uva). Ein Gesetz entspricht dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz dann, wenn in ihm enthaltene Differenzierungen aus entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen ableitbar sind (VfSlg 4392/1963 uva).
Die Reihungskriterien-Verordnung legt in § 2 Abs 1 die Auswahlkriterien für die Reihung der BewerberInnen um Einzelverträge mit den Krankenversicherungs-trägern fest.
Auswahlkriterien sind:
die fachliche Eignung, die aufgrund der Berufserfahrung als Ärztin oder Arzt zu beurteilen ist;
zusätzliche fachliche Qualifikationen, die insbesondere durch Vorlage von Diplomen über die erfolgreiche Absolvierung einer fachlichen Fortbildung, die von der Österreichischen Ärztekammer verliehen oder anerkannt werden, nachzuweisen sind;
der Zeitpunkt der ersten Eintragung in die BewerberInnenliste um Einzelverträge nach Erlangung des Rechtes zur selbständigen Berufsausübung als Ärztin oder Arzt für Allgemeinmedizin bzw. als Fachärztin oder als Facharzt;
die Zusage eines ernsthaften Bemühens um die Schaffung eines behinderten-gerechten Praxiszuganges
sowie seit der 3. Änderung der Reihungskriterien-Verordnung durch BGBl II Nr 239/2009 für im Sonderfach 'Frauenheilkunde und Geburtshilfe' ausge-schriebene Einzelverträge die durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit.
Daneben können als weitere Kriterien Zeiten eines geleisteten Präsenz-, Aus-bildungs- oder Zivildienstes sowie zurückgelegte Mutterschutz- und Karenzzeiten wie auch die soziale Förderwürdigkeit aufgrund etwaig bestehender Sorgepflichten für Kinder berücksichtigt werden.
Die Erfüllung der Kriterien ist nach dem im § 3 Abs 1 festgelegten Punktesystem zu bewerten, wobei die einzelnen Kriterien unterschiedlich gewichtet sind.
Die fachliche Eignung nach § 2 Abs 1 Z 1 leg. cit. ist mit 15 bis 35 Punkten zu be-werten; die zusätzlichen fachlichen Qualifikationen nach § 2 Abs 1 Z 2 leg. cit sind mit 5 bis 15 Punkten, die Ersteintragung in die BewerberInnenliste nach § 2 Abs 1 Z 3 leg. cit. mit 5 bis 20 Punkten zu bewerten. Für die Bewertung dieser Kriterien stehen damit die höchsten Punktezahlen zur Verfügung, während die in den nachfolgenden Teilstrichen des § 3 Abs 1 angeführten Kriterien nach § 2 Abs 1 Z 4 und 5 sowie nach Abs 2 Z 1 und 2 leg. cit. mit Punkten in geringerem Ausmaß zu bewerten sind.
Für die durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit können maximal 10 % aller durch die Gesamtvertragsparteien festgelegten erreichbaren Punkte vergeben werden.
Im Bundesland Salzburg sehen die zwischen der Ärztekammer für Salzburg (ÄKS) und der Salzburger Gebietskrankenkasse (SGKK) für die Auswahl der VertragsärztInnen für Allgemeinmedizin und VertragsfachärztInnen sowie für Vertragsgruppenpraxen und GesellschafterInnen von Vertragsgruppenpraxen vereinbarten und im Anhang A zu § 4 des Ärzte-Gesamtvertrages enthaltenen Reihungsrichtlinien 10 % der in diesen Reihungsrichtlinien festgelegten maximal erreichbaren Punkte, somit 7,5 Punkte im Sonderfach Frauenheilkunde und Geburtshilfe für die durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit vor (§3 Abs 6 Z 6a der Richtlinien). Allein der Umstand, dass diesem Kriterium gegenüber den anderen Kriterien, insbesondere den ersten dreien, ein so geringes Gewicht beigemessen wird, zeigt, dass die durch das weibliche Geschlecht vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit in einem nicht [unverhältnismäßigen] Ausmaß berücksichtigt wird.
Ausschlaggebend für die 3. Änderung der Reihungskriterien-Verordnung und für deren Ergänzung unter anderem um die nunmehr in Prüfung gezogenen Wortfolgen war eine aufgrund eines konkreten Einzelfalles durchgeführte österreichweite Betrachtung der Verteilung der Vertragsarztstellen nach Geschlechtern in diesem Sonderfach.
Diese Betrachtung zeigte ein im Sonderfach Frauenheilkunde und Geburtshilfe bestehendes starkes Ungleichgewicht bei der tatsächlichen Verteilung der Vertragsfacharztstellen auf Männer und Frauen, das im Bundesland Kärnten mit einem 100%-Anteil an männlichen Vertragsärzten am stärksten ausgeprägt war. In den Bundesländern Steiermark (8,8% weibliche Vertragsärztinnen, 91,2% männliche Vertragsärzte), Tirol (10 % weibliche Vertragsärztinnen, 90% männliche Vertragsärzte) und Salzburg (11,1% weibliche Vertragsärztinnen, 88,9% männliche Vertragsärzte) war der Anteil weiblicher Vertragsärztinnen im Sonderfach Frauenheilkunde und Geburtshilfe bei den Gebietskrankenkassen ebenfalls sehr gering. Österreichweit betrug der Anteil weiblicher Vertragsfachärztinnen im Sonderfach Frauenheilkunde und Geburtshilfe bei den Gebietskrankenkassen 16,7%, dem stand ein Anteil von 83,3% an männlichen Vertragsärzten im betreffenden Sonderfach […] gegenüber.
Das Geschlecht der Bewerberin oder des Bewerbers spielt jedoch vor allem im Sonderfach 'Frauenheilkunde und Geburtshilfe' eine wesentliche Rolle. Nach Erkenntnissen aus dem Bereich der geschlechtsspezifischen Medizin ziehen Frauen Frauenärztinnen den männlichen Frauenärzten aus einer Vielzahl von Gründen vor (Geschlechtsspezifische Medizin; Männer in der Gynäkologie – Frauen in der Urologie; Artikel von Univ.-Doz. Dr. Katharina Schuchter und Dr. Martha Krumpl-Ströher, ökz 12/2002). Viele Frauen meinen, Ärztinnen seien sensitiver, empathischer und verständnisvoller. Manche Frauen hätten wiederum Schwierigkeiten, ihre Genitalien einem fremden Mann zu exponieren. Zudem zeige sich auch in privaten Gesprächen und bei öffentlichen Diskussionen noch immer eine große Scheu der männlichen Gynäkologen, ihre Patientinnen zum Thema Sexualität zu befragen. Daraus resultiere nach Ansicht der Autorinnen zwangsläufig ein Wissensdefizit, das von den Patientinnen nicht aktiv reduziert werde. Die Autorinnen stellen weiters die – nicht unberechtigte – Frage, ob nicht das Wissen um die Gefühle und Empfindungen der Frau in allen Lebenslagen auch die Operationsmethoden eines operativ tätigen Gynäkologen beeinflussen müsste und ob männliche Gynäkologen ohne die Erfahrung ihrer weiblichen Kolleginnen in der Lage sind, die Empfindungen ihrer Patientinnen nachzuvollziehen. Das bloße Wissen um Anatomie und Physiologie der Frau beinhalte nicht automatisch auch das Wissen um ihre Gefühle, Empfindungen und Wünsche. Die genannten Autorinnen verweisen weiters auf Studien, in denen der Einfluss des Geschlechts auf den ärztlichen Arbeitsstil überprüft wurde. Darin kam man zum Schluss, dass sich Ärztinnen mehr in Richtung Präventivmedizin engagierten und mit den Patientinnen anders kommunizierten als männliche Ärzte. Frauenärztinnen stellten mehr Fragen, involvierten sich mehr in Partnerschaftsprobleme, sprächen positiver und gäben mehr Informationen weiter. Diese Fakten scheinen auch die höhere Patientenzufriedenheit mit Ärztinnen in den Studien teilweise zu erklären (The influence of gender on physician practice style. Bertakis KD, Helms LJ, Callahan EJ, Azari R, Robbins JA. Med Care 1995 Apr; 33(4): 407-16; Preventive care for women: Does the sex of the physician matter? Lurie N., Slater. J., Mc-Govern P, et al. N Engl J Med 1993; 2.0: 478-481). Zudem orientieren sich Ärztinnen häufiger am therapeutischen Ansatz des 'Caring', Ärzten wird eher die Haltung des 'Curing' zugeordnet (Health of female physicians, Artikel von A. Bühren, Deutscher Ärztinnenbund, mit Verweis auf: Von Castelberg B. In: Vetter K, Buddeberg C. Feminisierung in der Medizin, 1. Auflage. Hamburg: akademos Wissenschaftsverlag, 2003: 54-59).
Insbesondere bei gynäkologischen Untersuchungen von Frauen mit Migrations-hintergrund, zum Beispiel von Musliminnen aufgrund eines kulturell unterschiedlichen Schamgefühls, ist die Behandlung durch weibliche Fachärztinnen im Sonderfach Frauenheilkunde und Geburtshilfe die ideale Vorgangsweise. Werden diese interkulturellen Unterschiede nicht bedacht, kann dies zum Beispiel dazu führen, dass muslimische Frauen auf eine Schwangerschaftsuntersuchung verzichten, wenn sie nicht von gleichgeschlechtlichem Personal betreut werden (Anneg-Moazedi, Schahrzad (2009). Gynäkologische Behandlung muslimischer Frauen. In: Rasky, Eva (Hrsg.) (2009). Gesundheit hat Bleiberecht - Migration und Gesundheit. Wien, Facultas Verlag, S. 180-186; siehe dazu auch den Vortrag von Ass. Prof. OA Dr. Daniela Dörfler, Univ. Klinik für Frauenheilkunde, Medizinische Universität Wien zum Thema 'Anforderungen und Herausforderungen an eine Ambulanz für Migrantinnen' beim Symposium 'Migration – Epidemiologische und medizinische Aspekte', am in Wien).
Die österreichweit einzige Missbrauchsambulanz, die bereits seit dem Jahr 2002 bestehende 'Ambulanz für sexuellen Missbrauch und Gewalt' im Krankenhaus Dornbirn, setzt ebenfalls auf die besondere Vertrauenswürdigkeit weiblicher Fachärztinnen: Die betroffenen Kinder, Jugendlichen und Frauen werden ausschließlich von weiblichem Personal betreut und untersucht. Auch im Falle der Untersuchung und Behandlung von Mädchen im Teenageralter und für die Beratung bei sexuellen Problemen werden weibliche Fachärztinnen bevorzugt. Durch den Umstand, dass weibliche Fachärztinnen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe dasselbe Geschlecht aufweisen wie ihre Patientinnen, ist eine besondere Vertrauenswürdigkeit vermittelbar, sodass Frauen den Wunsch verspüren, gynäkologische Untersuchungen und Behandlungen von einer Ärztin durchführen zu lassen.
Aufgrund des im Zeitpunkt der 3. Änderung der Reihungskriterien-Verordnung bestehenden Ungleichgewichts bei der tatsächlichen Verteilung der Planstellen auf Männer und Frauen in diesem Sonderfach waren diese jedoch gezwungen, entweder Wahlärztinnen zu konsultieren oder – bei fehlender Wahlfreiheit aufgrund beschränkter finanzieller Ressourcen – männliche Vertragsfachärzte in Anspruch zu nehmen:
Nach § 135 ASVG wird ärztliche Hilfe unter anderem durch Vertragsärztinnen und Vertragsärzte wie auch durch Wahlärztinnen und Wahlärzte erbracht. Während Vertragsärztinnen und Vertragsärzte Sachleistungen unter Vorlage der e card ohne Beanspruchung der eigenen Mittel der Versicherten erbringen, können Wahlärztinnen und Wahlärzte hingegen nur privat in Anspruch genommen werden. Die oder der Versicherte hat das Honorar für die erbrachten Leistungen daher zunächst selbst zu entrichten und erst nach Vorlage der saldierten Honorarnote Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber dem Krankenversicherungsträger. Kostenerstattung gebührt jedoch nur im Ausmaß von 80 Prozent jenes Betrages, der dem Versicherungsträger bei Inanspruchnahme einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes entstanden wäre (§131 ASVG).
Die Inanspruchnahme einer Wahlärztin oder eines Wahlarztes bringt daher nicht nur eine sofort eintretende finanzielle Belastung und einen daran anschließenden administrativen Aufwand in Form eines zu stellenden Kostenerstattungsantrages mit sich, sondern kann in Fällen, in denen das von der Wahlärztin oder dem Wahlarzt in Rechnung gestellte Honorar den Vertragstarif übersteigt, auch zu einer erheblichen Kostenbeteiligung der Patientin oder des Patienten führen.
Steht im Sonderfach Frauenheilkunde und Geburtshilfe keine Vertragsfachärztin zur Verfügung, hat die Versicherte jedoch das Bedürfnis, gynäkologische Unter-suchungen und Behandlungen von einer Ärztin durchführen zu lassen, verbleibt ihr demnach nur die Möglichkeit, eine Wahlärztin zu konsultieren, deren Inanspruchnahme jedoch den Einsatz eigener finanzieller Mittel und die Inkaufnahme eines administrativen Zusatzaufwandes zwecks Erlangung einer Kostenerstattung voraussetzt. Für Versicherte mit knapperen finanziellen Ressourcen besteht hingegen nur die Möglichkeit, einen männlichen Vertragsfacharzt aufzusuchen – eine Problematik, die verstärkt Frauen mit Migrationshintergrund betrifft.
Die mangelhafte Versorgung mit Vertragsfachärztinnen im Sonderfach 'Frauen-heilkunde und Geburtshilfe' im Zeitpunkt der Erlassung der 3. Änderung der Reihungskriterien-Verordnung führte daher insbesondere zu einer Benachteiligung finanziell schlechter gestellter weiblicher Versicherter.
Diese Benachteiligung sollte durch die im Rahmen der 3. Änderung der Reihungskriterien-Verordnung vorgenommenen und nunmehr in Prüfung gezogenen Änderungen, durch die der Anteil der Vertragsfachärztinnen im Sonderfach Frauenheilkunde und Geburtshilfe erhöht werden sollte, beseitigt werden.
Das Bundesministerium für Gesundheit verkennt nicht, dass ein Kassenvertrag wirtschaftlich wertvoll ist, da er der Inhaberin oder dem Inhaber eine größere Anzahl von Patientinnen und Patienten sichert.
Dennoch wurden die durch die 3. Änderung der Reihungskriterien-Verordnung vorgenommenen Neuregelungen im Bereich des Sonderfaches Frauenheilkunde und Geburtshilfe vor allem darum vorgenommen, um damit allen Frauen – unabhängig von ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit – die Möglichkeit zu geben, gynäkologische Untersuchungen und Behandlungen auch von Vertragsfachärztinnen im genannten Sonderfach vornehmen zu lassen.
Die durch die Verordnung getroffene Differenzierung zwischen Bewerberinnen und Bewerbern im Sonderfach Frauenheilkunde und Geburtshilfe zur Erhöhung des Anteiles der Vertragsfachärztinnen in diesem Sonderfach liegt nach dem Ausgeführten im Interesse der Versicherten und ist daher jedenfalls solange sachlich begründbar und rechtfertigbar, bis die Versicherten die Möglichkeit haben, in ihrer Versorgungsregion zwischen der Inanspruchnahme einer Vertragsfachärztin oder eines Vertragsfacharztes zu wählen. Auch die Vergabe von 10 % der durch die jeweiligen Gesamtvertragsparteien festgelegten erreichbaren Punkte ist nicht unverhältnismäßig.
Nach Art 7 Abs 2 B VG idF BGBl I Nr 68/1998 sind Maßnahmen zur Förderung der faktischen Gleichstellung von Frauen und Männern insbesondere durch die Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten zulässig. Damit sind Maßnahmen einer 'positiven Diskriminierung' zu Lasten von Männern insoweit zulässig, als sie einer Beseitigung tatsächlicher Benachteiligungen von Frauen förderlich und verhältnismäßig sind.
Nach den Materialien dazu (1114 d.B, XX. GP) steht 'außer Streit, dass es notwendig ist, Maßnahmen zu ergreifen, um die tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau herbeizuführen und faktische Benachteiligungen zu beseitigen.' Ausdrücklich wird auch 'betont, dass Maßnahmen zur Herbeiführung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern zulässig sind.' Durch diese Ergänzung werde auch 'klargestellt, dass durch diese Novelle – entgegen den Bedenken im Begutachtungsverfahren – der Gleichheitssatz keineswegs durchbrochen werden soll. Selbstverständlich ist eine unsachliche Diskriminierung von Männern weiterhin genauso verboten wie eine unsachliche Diskriminierung von Frauen, doch besteht kein Zweifel, dass angesichts der tatsächlichen Schlechterstellung von Frauen deren Förderung mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist.'
Für die durch das weibliche Geschlecht vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit können nach § 2 Z 5 in Verbindung mit § 3 fünfter Teilstrich der Reihungskriterien-Verordnung im Sonderfach Frauenheilkunde und Geburtshilfe 10 % der erreichbaren Punkte vergeben werden. Das sind nach § 3 Abs 6 Z 6a der Reihungsrichtlinien 7,5 Punkte, mit denen ein nur den weiblichen Bewerberinnen zugänglicher Umstand berücksichtigt wird. Da dadurch gerade einmal ein Zehntel aller erreichbaren Punkte erlangt werden kann, ist die Bepunktung der durch das weibliche Geschlecht vermittelbaren besonderen Vertrauenswürdigkeit aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit weder als unsachlich noch als unverhältnismäßig zu betrachten.
Auch nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verpflichtet der Gleichheitssatz nicht zu einer absoluten Gleichbehandlung der Geschlechter, sodass Differenzierungen zulässig sind (VfSlg 12.568). Ungleichheiten können (vorübergehend) sachlich sein, wenn sie wenigstens in die Richtung eines Abbaus der Unterschiede wirken (VfSlg 8871).
Auch eine ausschließlich an Frauen gerichtete Stellenausschreibung kann zulässig sein, wenn das Geschlecht für die Tätigkeit von wesentlicher Bedeutung ist (z.B. Betreuerin im Mädcheninternat, Integrationsberaterin für zugewanderte Frauen; siehe zum Beispiel ein Gutachten der Bundes-Gleichbehandlungskommission vom Jänner 2012; ähnlich VG Münster, Urteil vom , Az. 11 K 1383/07). Im Hinblick auf diese Möglichkeit stellt die besondere Berücksichtigung des vermittelten Vertrauens durch das weibliche Geschlecht in der Reihungskriterien-Verordnung nicht nur ein sachliches und taugliches Mittel dar, sondern ist auch als gelinderer Eingriff zu sehen.
Die in der Zuteilung von Punktewerten durchgeführte Differenzierung nach dem Geschlecht findet ihre Entsprechung daher in Unterschieden im Tatsächlichen, so dass die getroffene Regelung aufgrund der besonderen Gegebenheiten bei der Versorgung der weiblichen Bevölkerung mit gynäkologischen Leistungen insgesamt als sachlich anzusehen und jedenfalls solange gerechtfertigt ist, bis die Zahl der Vertragsärztinnen gegenüber den Vertragsärzten im Sonderfach Frauenheilkunde und Geburtshilfe auf ein vertretbares Maß angestiegen ist.
Das Bundesministerium für Gesundheit vertritt daher die Ansicht, dass die vom Beschwerdeführer angefochtenen Bestimmungen auch im Hinblick auf die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des Art 7 Abs 2 B VG dem Gleichheitssatz entsprechen.
c) Zu den Auswirkungen der angefochtenen Bestimmungen in Salzburg und österreichweit:
Zur Veranschaulichung der Situation im Bundesland Salzburg werden folgende Zahlen der Salzburger Gebietskrankenkasse (SGKK) angeführt:
Zum waren im Fachgebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Vertragspartnerbereich von 22 besetzten Planstellen drei mit Frauen besetzt. Diese Zahl hat sich bei gleichbleibender Planstellenzahl bis zum auf sieben Frauen erhöht. Dies entspricht einem Anteil von rund 13,6 %.
Im Jahr 2013 wurden 69.123 Anspruchsberechtigte durch Vertragsärztinnen und Vertragsärzte behandelt. Im Vergleich dazu suchten 23.511 Anspruchsberechtigte Wahlfachärztinnen und Wahlfachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe auf.
Im Jahr 2013 wurden insgesamt 40.288 Honorarnoten von Wahlfachärztinnen und Wahlfachärzten für Frauenheilkunde – 62,5 % davon wurden von Frauen ausgestellt – zur Kostenerstattung eingereicht. Dies entspricht einem Drittel aller Honorarnoten für Wahlfachärztinnen und Wahlfachärzte aller Fächer und übersteigt die auf dem Gebiet der Allgemeinmedizin eingereichten Honorarnoten.
Der Stellenplan der SGKK weist eine relativ hohe – österreichweit die drittstärkste – Versorgungsdichte mit Vertragsärztinnen und Vertragsärzten im Sonderfach Frauenheilkunde und Geburtshilfe auf. Dennoch suchen fast 26 % der Patientinnen Wahlärztinnen und Wahlärzte auf. Der Anteil ist fast dreimal so hoch wie bei allen übrigen Fachgebieten. Dies dürfte mit der höheren Anzahl und der besseren Verteilung von Frauen im Wahlärztebereich und dem Bedürfnis nach Behandlung durch eine Frau zu erklären sein.
Vergleicht man österreichweit die Anzahl von Vertragsärztinnen im Fachgebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe – die einen Vertrag mit allen Krankenversicherungsträgern haben – im Jahr 2009 mit der Anzahl im Jahr 2014 so ergibt sich, dass die Zahl der Vertragsärztinnen in jedem Bundesland um zumindest eine Vertragsärztin gestiegen ist:
So ist die Zahl der Vertragsärztinnen beispielsweise im Bundesland Steiermark von 4 auf 8, im Bundesland Tirol von 2 auf 4 und im Bundesland Oberösterreich von 7 auf 12 gestiegen […].
Außerdem hat im Bundesland Kärnten nunmehr erstmals eine weibliche Vertragsfachärztin im genannten Sonderfach einen Kassenvertrag mit allen Kassen erhalten. Diese Fachärztin war bislang als Wahlärztin tätig und soll künftig in Klagenfurt-Stadt ordinieren.
Auch die Zahl der Vertragsärztinnen, die zumindest mit einem Sonderversicherungsträger einen Kassenvertrag haben, ist seit 2009 gestiegen:
So ist die Zahl beispielsweise im Bundesland Niederösterreich von 20 auf 22, im Bundesland Oberösterreich von 8 auf 13 und im Bundesland Wien von 30 auf 35 gestiegen.
Damit wirken die nunmehr in Prüfung gezogenen Wortfolgen der 3. Änderung der Reihungskriterien-Verordnung in Richtung Abbau der Unterschiede und führen de facto zu einer Erhöhung der Zahl an weiblichen Vertragsfachärztinnen im Sonderfach Frauenheilkunde und Geburtshilfe.
Zusammenfassend kommt das Bundesministerium für Gesundheit daher zu dem Ergebnis, dass die in Prüfung gezogene Regelung gesetzmäßig und verfassungsrechtlich unbedenklich ist."
4. Die beim Landesgericht Salzburg klagende Partei erstattete eine Äußerung, in der sie sich den Bedenken des Landesgerichts anschließt.
5. Der Verfassungsgerichtshof hat eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die für das Verfahren wesentlichen Tat- und Rechtsfragen mit den Parteien erörtert wurden.
II. Rechtslage
6. Die maßgeblichen Vorschriften des Bundesgesetzes vom über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG), BGBl 189/1955, lauten in der hier maßgeblichen Fassung auszugsweise wie folgt:
"§338. (1) Die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung (des Hauptverbandes) zu den freiberuflich tätigen Ärzten/Ärztinnen, Zahnärzten/Zahnärztinnen, Gruppenpraxen nach den §§52a und 52b des Ärztegesetzes 1998 und § 26 des Zahnärztegesetzes, BGBl I Nr 126/2005, Dentisten/Dentistinnen, Hebammen, Apothekern/Apothekerinnen, freiberuflich tätigen klinischen Psychologen/Psychologinnen, freiberuflich tätigen Psychotherapeuten/Psychotherapeutinnen, freiberuflich tätigen Heilmasseuren/Heilmasseurinnen, Pflegepersonen, die medizinische Hauskrankenpflege nach § 151 erbringen, und anderen Vertragspartnern/Vertragspartnerinnen werden durch privatrechtliche Verträge nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen geregelt. Diese Verträge bedürfen zu ihrer Rechtsgültigkeit der schriftlichen Form. Die Verträge sowie allfällige Änderungen und Zusatzvereinbarungen sind vom Hauptverband im Internet zu veröffentlichen. Nach jeder fünften Änderung ist vom Hauptverband eine konsolidierte Fassung zu veröffentlichen.
(2) Durch die Verträge nach Abs 1 ist die ausreichende Versorgung der Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen mit den gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen sicherzustellen. Eigene Einrichtungen der Versicherungsträger dürfen für die Versorgung mit diesen Leistungen nur nach Maßgabe der hiefür geltenden gesetzlichen Vorschriften herangezogen werden.
(2a) – (4) […]"
"Aufnahme der Ärzte in den Vertrag und Auflösung des Vertragsverhältnisses
§343. (1) Die Auswahl der Vertragsärztinnen/Vertragsärzte und der Vertrags-Gruppenpraxen und der Abschluss der Einzelverträge zwischen dem zuständigen Träger der Krankenversicherung und dem Arzt/der Ärztin oder der Gruppenpraxis erfolgt nach den Bestimmungen des Gesamtvertrages und im Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer. Diese Einzelverträge sind sodann für alle Gebiets- und Betriebskrankenkassen sowie für die Sozialversicherungsanstalt der Bauern wirksam. Die Einzelvertragsparteien können abweichend von § 341 Abs 3 mit Zustimmung der zuständigen Ärztekammer ergänzende oder abweichende Regelungen hinsichtlich Art, Umfang und Honorierung der vertragsärztlichen Tätigkeit insbesondere im Zusammenhang mit der Festlegung der Öffnungszeiten, für Spitalsambulanzen entlastende Leistungen, oder für dislozierte Standorte treffen. Wurden in einem Zulassungsverfahren nach § 52c ÄrzteG 1998 oder § 26b Abs 1 ZÄG Auflagen erteilt, so sind diese Inhalt des jeweiligen Einzelvertrages. Einzelverträge, die nicht im Rahmen der jeweils nach § 342 Abs 1 Z 1 vereinbarten Zahl und örtlichen Verteilung abgeschlossen werden, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Hauptverbandes und der zuständigen Ärztekammer, bei Nichteinigung der Zustimmung des Hauptverbandes und der Österreichischen Ärztekammer. Mit approbierten Ärztinnen/Ärzten (§44 Abs 1 ÄrzteG 1998) kann kein Einzelvertrag abgeschlossen werden, es sei denn, der Arzt/die Ärztin hat gemäß Artikel 29 der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen das Recht erworben, den ärztlichen Beruf als Arzt/Ärztin für Allgemeinmedizin im Rahmen eines Sozialversicherungssystems auszuüben.
(1a) Zur Auswahl nach Abs 1 sind auf Vorschlag der Österreichischen Ärztekammer durch Verordnung des Bundesministers für Gesundheit verbindliche Kriterien für die Reihung der Bewerberinnen und Bewerber um Einzelverträge festzulegen (Reihungskriterien). Dabei sind auch die fachliche Eignung der Bewerberinnen und Bewerber und die zeitliche Reihenfolge der Bewerbungen um Einzelverträge zu berücksichtigen. Für den Fall der Vergabe eines Gruppenpraxen-Einzelvertrages ist die Bewertung der sich jeweils gemeinsam bewerbenden Ärztinnen/Ärzte als Gesamtes vorzusehen. Für die Besetzung einer in einer Gruppenpraxis gebundenen Planstelle ist prozentmäßig eine Bandbreite festzulegen, innerhalb derer die Bewerbungen, aus denen die Gruppenpraxis auswählen kann, liegen müssen. Die Reihungskriterien haben jedenfalls dem Gleichheitsgebot, der Erwerbsausübungs- und Niederlassungsfreiheit sowie den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention, BGBl Nr 210/1958, zu entsprechen. Vor Erlassung dieser Verordnung ist der Hauptverband anzuhören.
(1b) – (5) […]"
7. Die maßgeblichen Vorschriften der Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen über die Kriterien für die Reihung der ärztlichen und zahnärztlichen BewerberInnen um Einzelverträge mit den Krankenversicherungsträgern (Reihungskriterien-Verordnung), BGBl II 487/2002 idF der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, BGBl II 239/2009, lauten wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"Auswahl der Vertragsärztinnen/Vertragsärzte
§1. Die Auswahl der Vertragsärztinnen/Vertragsärzte und der Vertrags-Gruppenpraxen hat im Sinne des § 343 Abs 1 erster Satz ASVG nach den im § 2 genannten Reihungskriterien zu erfolgen.
Reihungskriterien
§2. (1) Die Kriterien für die Reihung der BewerberInnen um Einzelverträge mit den Krankenversicherungsträgern sind:
1. die fachliche Eignung, die auf Grund der Berufserfahrung als Ärztin/Arzt zu beurteilen ist; dabei sind jedenfalls Tätigkeiten als niedergelassene Ärztin/niedergelassener Arzt, als Praxisvertreterin/Praxisvertreter sowie als angestellte Ärztin/angestellter Arzt zu berücksichtigen; zusätzlich können Tätigkeiten als Notärztin/Notarzt oder als Ärztin/Arzt im Bereitschaftsdienst oder eine Tätigkeit im Rahmen einer Lehrpraxis berücksichtigt werden;
2. zusätzliche fachliche Qualifikationen, die insbesondere durch Vorlage von Diplomen über die erfolgreiche Absolvierung einer fachlichen Fortbildung, die von der Österreichischen Ärztekammer verliehen oder anerkannt werden, nachzuweisen sind;
3. der Zeitpunkt der ersten Eintragung in eine BewerberInnenliste um Einzelverträge nach Erlangung des Rechtes zur selbständigen Berufsausübung als Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin bzw. als Fachärztin/Facharzt und die allenfalls darauf folgende nach zeitlichen und örtlichen Gesichtspunkten zu beurteilende regelmäßige Bewerbung um Einzelverträge; in Bundesländern, in denen eine derartige BewerberInnenliste bis zum In-Kraft-Treten dieser Verordnung nicht besteht, ist dem Zeitpunkt der ersten Eintragung jener Zeitpunkt gleichzuhalten, zu dem die Bewerberin/der Bewerber die Voraussetzungen für eine Eintragung in die nunmehr zu schaffende BewerberInnenliste erstmals erfüllt hätte;
4. die Zusage, sich ernsthaft zu bemühen, einen behindertengerechten Zugang zur Praxis nach den Bestimmungen der ÖNORM B 1600 'Barrierefreies Bauen' sowie der ÖNORM B 1601 'Spezielle Baulichkeiten für behinderte und alte Menschen' bei Vertragsbeginn oder innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsbeginn zu schaffen;
5. bei im Sonderfach 'Frauenheilkunde und Geburtshilfe' ausgeschriebenen Einzelverträgen die durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit.
(2) Als weitere Kriterien für die Reihung können berücksichtigt werden:
1. ein geleisteter Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienst sowie zurückgelegte Mutterschutzzeiten nach dem Mutterschutzgesetz 1979, zurückgelegte Karenzzeiten, auch wenn diese in einem anderen EG-Mitgliedstaat oder EWR-Staat zurückgelegt wurden und Zeiten, für die ein Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld oder gleichartige Leistungen für BewerberInnen aus anderen EG-Mitgliedstaaten oder EWR-Staaten besteht.
2. die soziale Förderungswürdigkeit, etwa auf Grund von bestehenden Sorgepflichten für Kinder oder auf Grund von gegenwärtiger Arbeitslosigkeit.
Bewertung
§3. (1) Die Bewertung der BewerberInnen hat nach einem Punktesystem in der Weise zu erfolgen, dass für die Erfüllung der Kriterien
- nach § 2 Abs 1 Z 1 15 bis 35 Punkte,
- nach § 2 Abs 1 Z 2 fünf bis 15 Punkte,
- nach § 2 Abs 1 Z 3 fünf bis 20 Punkte,
- nach § 2 Abs 1 Z 4 zwei bis fünf Punkte,
- nach § 2 Abs 1 Z 5 zehn Prozent der durch die jeweiligen Gesamtvertragsparteien festgelegten erreichbaren Punkte,
- nach § 2 Abs 2 Z 1 und 2 jeweils bis fünf Punkte erreicht werden können. Dabei darf der auf Grund der Kriterien nach § 2 Abs 2 Z 1 und 2 erreichte Anteil an der Gesamtpunktezahl 30% nicht überschreiten.
(2) Der Krankenversicherungsträger und die Ärztekammer können gemeinsam die Invertragnahme der/des Erstgereihten mit Begründung ablehnen, wenn erhebliche Bedenken bestehen, dass der mit dem Einzelvertrag verbundene Versorgungsauftrag durch diese Bewerberin/diesen Bewerber nicht erfüllt werden kann.
(3) Sind zwei oder mehrere BewerberInnen erstgereiht, so gilt jene Bewerberin/jener Bewerber als allein erstgereiht, die/der mehr Punkte für die fachliche Qualifikation (Summe der Punkte nach § 2 Abs 1 Z 1 und 2) erreicht hat. Liegt auch bei der fachlichen Qualifikation Punktegleichstand vor, so ist die Entscheidung über die Vergabe auf Grund eines Hearings der Erstgereihten vor VertreterInnen des Krankenversicherungsträgers und der Ärztekammer zu treffen; die Frauenquote im jeweiligen Versorgungsgebiet ist zu berücksichtigen. Darüber hinaus kann zwischen Krankenversicherungsträger und Ärztekammer vereinbart werden, ein Hearing jener BewerberInnen, deren Punktezahl innerhalb einer Bandbreite von 5% der Punktezahl der/des Erstgereihten liegt, durchzuführen.
(4) Ist im Fachgebiet (Allgemeinmedizin und Sonderfächer) des ausgeschriebenen Einzelvertrages der Anteil an Vertragsärztinnen geringer als der Anteil an Bewerberinnen gemäß der BewerberInnenliste nach § 2 Abs 1 Z 3, so ist das Hearing nach Abs 3 mit der/dem (den) nach der fachlichen Qualifikation Erstgereihten und mit jener Bewerberin (jenen Bewerberinnen), die ausschließlich wegen der Bewertung nach § 2 Abs 1 Z 3 nicht erstgereiht ist (sind), durchzuführen.
(5) Abs 4 findet keine Anwendung, wenn
1. eine Bewerberin bereits nach Abs 3 erster Satz allein erstgereiht ist,
2. an einem Hearing der allein Erstgereihten nach Abs 3 zweiter Satz mindestens gleich viele Bewerberinnen wie Bewerber teilnehmen oder
3. der Anteil der Vertragsärztinnen im Fachgebiet (Allgemeinmedizin und Sonderfächer) und im regionalen Versorgungsgebiet des ausgeschriebenen Einzelvertrages 50% oder mehr beträgt.
(6) Die Anzahl der Bewerberinnen, die für das Hearing auf Grund der Anwendung des Abs 4 in Betracht kommen, kann dadurch begrenzt werden, dass jeweils nur so viele Bewerberinnen zugelassen werden, als notwendig sind, um das Hearing mit gleich vielen Bewerberinnen wie Bewerbern durchzuführen. Die Zulassung erfolgt in der Reihenfolge, die sich aus der Anwendung aller Kriterien ergibt."
8. Die maßgeblichen Vorschriften des zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und der Ärztekammer für Salzburg, Kurie der niedergelassenen Ärzte, abgeschlossenen Gesamtvertrages in der Fassung der 4. Zusatzvereinbarung, Verlautbarung 68/2014, veröffentlicht auf www.avsv.at , lauten auszugsweise wie folgt:
"Ärzte-Gesamtvertrag
[…]
abgeschlossen gemäß § 338 ff des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG, BGBl 1955/189) und § 66 Abs 2 Z 8 Ärztegesetz 1998 (BGBl 1998/169), jeweils in geltender Fassung, zwischen dem Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger, für die in § 2 bezeichneten Krankenversicherungsträger einerseits und der Ärztekammer für Salzburg, Kurie der niedergelassenen Ärzte, andererseits.
[…]
§2
Vertragsparteien
(1) Vertragsparteien dieses Gesamtvertrages sind die Ärztekammer für Salzburg, Kurie der niedergelassenen Ärzte (im Folgenden kurz ÄKS genannt) einerseits und die Salzburger Gebietskrankenkasse (im Folgenden kurz SGKK genannt), die Sozialversicherungsanstalt der Bauern und die Betriebskrankenkasse der Austria Tabakwerke AG andererseits (alle diese im Folgenden Versicherungsträger, kurz: VTr genannt).
(2) – (3) […]"
"§4
Ausschreibung und Auswahl
(1) Die freien Vertragsarztstellen gemäß Stellenplan werden im Einvernehmen mit der ÄKS von der SGKK in den Mitteilungen der ÄKS und auf der Homepage der ÄKS (www.aeksbg.at) ausgeschrieben. Der Wortlaut der Ausschreibung ist zwischen den Vertragsparteien zu vereinbaren.
(2) Die Bewerbungen sind innerhalb der Bewerbungsfrist schriftlich bei der ÄKS einzureichen. Die in der Ausschreibung bezeichneten Zeugnisse und Nachweise sind im Original oder in beglaubigter Abschrift beizuschließen.
(3) Die ÄKS überprüft die Voraussetzungen der Bewerber für die vertragsärztliche Tätigkeit. Sie leitet die Anträge samt Beilagen mit ihrer Stellungnahme binnen drei Wochen nach Ablauf der Bewerbungsfrist an die SGKK weiter und erstattet (gegebenenfalls unter Bekanntgabe einer detaillierten Punktereihung nach den Reihungsrichtlinien gemäß Abs 4) einen begründeten Vorschlag. Ist die SGKK mit dem Vorschlag nicht einverstanden, hat sie einen begründeten Gegenvorschlag binnen drei Wochen nach Einlangen des Vorschlages der ÄKS zu erstatten. Die Auswahl des Arztes für die freie Vertragsarztstelle bedarf des Einvernehmens zwischen ÄKS und SGKK. Kommt innerhalb von zwei Wochen ein Einvernehmen nicht zustande, entscheidet die Landesschiedskommission auf Antrag einer der Vertragsparteien.
(4) Die Vertragsparteien können für die Auswahl der Vertragsärzte Richtlinien vereinbaren. (Anmerkung: Derzeit gelten die Richtlinien für die Auswahl der VertragsärztInnen für Allgemeinmedizin und VertragsfachärztInnen sowie GesellschafterInnen von Vertragsgruppenpraxen, kurz: Reihungsrichtlinien, Anhang A zu § 4.)
(5) Dienstnehmer eines der in § 2 Abs 1 genannten VTrs dürfen nicht gleichzeitig Vertragsärzte dieser VTr sein. Ausnahmen sind nur im Einvernehmen zwischen den Vertragsparteien zulässig."
9. Die §§3 und 4 der im Anhang A zu § 4 des Gesamtvertrages abgedruckten Reihungsrichtlinien lauten auszugsweise wie folgt:
"§3
Reihungsrichtlinien für die Auswahl der VertragsärztInnen:
(1) In der ÄKS sind folgende BewerberInnenlisten zu führen:
1. je eine Bewerberlnnenliste für das Bundesland Salzburg für jedes Sonderfach
2. je eine BewerberInnenliste für ÄrztInnen für Allgemeinmedizin für die Region NORD (Stadt Salzburg / Flachgau / Tennengau) und für die Region SÜD (Pinzgau / Pongau / Lungau).
3. je eine Bewerberlnnenliste für Gruppenpraxen für das Bundesland Salzburg für jedes Sonderfach
4. je eine BewerberInnenliste für Gruppenpraxen für ÄrztInnen für Allgemeinmedizin für die Region NORD (Stadt Salzburg / Flachgau / Tennengau) und für die Region SÜD (Pinzgau / Pongau / Lungau).
(2) Für die Aufnahme in eine solche BewerberInnenliste sind jedenfalls die Voraussetzungen gemäß § 2 Z 1 bis 4 nachzuweisen.
(3) – (5a) […]
(6) Der Reihung der BewerberInnen um eine konkrete ausgeschriebene Kassenplanstelle wird folgende Beurteilung zu Grunde gelegt:
1. – 6. […]
6a. Sonderfach Frauenheilkunde und Geburtshilfe – durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit
(gem. § 2 Z 5 der Reihungskriterien-Verordnung)
Bewertung nach Punkten: 7,5 Punkte
(10% der in dieser RRL festgelegten max. erreichbaren Punkte)"
"§4
Hearing
(1) Sind zwei oder mehrere BewerberInnen um eine Planstelle nach dieser Reihungsrichtlinie erstgereiht, so gilt jene Bewerberin/jener Bewerber als erstgereiht, der mehr Punkte aufgrund der fachlichen Qualifikation gemäß der in § 3 Abs 6 Ziffern 4 und 5 genannten Kriterien aufweist.
(2) Sind auch nach Anwendung der Regelung gemäß Abs 1 zwei oder mehrere BewerberInnen um eine Planstelle nach dieser Reihungsrichtlinie erstgereiht, ist die Entscheidung über die Vergabe aufgrund eines Hearings dieser BewerberIn vor der Hearingkommission (Abs3) zu treffen.
(3) Die Hearingkommission ist mit
1. einer/einem von der Kurie der niedergelassenen Ärzte nominierten VertreterIn
2. einer/einem von der Kurie der angestellten Ärzte nominierten VertreterIn
3. dem Chefarzt der SGKK
4. dem Leiter der Abteilung 15-Arztabrechnung der SGKK
zu besetzen.
(4) Die Hearingkommission entscheidet mit Stimmenmehrheit. Eine Enthaltung ist nicht zulässig. Bei einer Verhinderung von Kommissionsmitgliedern hat eine Besetzung mit der/dem jeweiligen Stellvertreter/-in des verhinderten Mitgliedes zu erfolgen.
(5) Die Mitglieder der Hearingkommission sind in Ausübung ihrer Tätigkeit weisungsungebunden.
(6) Im Rahmen des Hearings finden insbesondere Berücksichtigung:
- weitere fachliche Qualifikationen, die für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in der ausgeschriebenen Kassenplanstelle von Relevanz sein können;
- Frauenquote im jeweiligen Versorgungsgebiet
- besonderer örtlicher Bezug zur ausgeschriebenen Kassenplanstelle auf Grund Wahlarzttätigkeit bzw. Praxisvertretung in der politischen Gemeinde, für welche die Kassenstelle ausgeschrieben wurde bzw. im Sanitätssprengel, zu welchem diese Gemeinde gehört;
- persönliche Situation;
- berufliche Situation;
- soziale Situation.
(7) Ist im Fachgebiet (Allgemeinmedizin und Sonderfächer) des ausgeschriebenen Einzelvertrages der Anteil an Vertragsärztinnen geringer als der Anteil an Bewerberinnen gemäß der BewerberInnenliste nach § 3 Abs 6 Z 1, so ist das Hearing nach Abs 2 auch mit jener Bewerberin (jenen Bewerberinnen), die ausschließlich wegen der Bewertung nach § 3 Abs 6 Z 1 und 2 nicht erstgereiht ist (sind), durchzuführen.
(8) Abs 7 findet keine Anwendung, wenn
1. eine Bewerberin bereits nach Abs 1 allein erstgereiht ist,
2. an einem Hearing der allein Erstgereihten nach Abs 2 mindestens gleich viele Bewerberinnen wie Bewerber teilnehmen oder
3. der Anteil der Vertragsärztinnen im Fachgebiet (Allgemeinmedizin und Sonder-fächer) und im regionalen Versorgungsgebiet des ausgeschriebenen Einzelvertrages 50 % oder mehr beträgt.
(9) Die Anzahl der Bewerberinnen, die für das Hearing auf Grund der Anwendung des Abs 7 in Betracht kommen, wird dadurch begrenzt, dass jeweils nur so viele Bewerberinnen zugelassen werden, als notwendig sind, um das Hearing mit gleich vielen Bewerberinnen wie Bewerbern durchzuführen. Die Zulassung erfolgt in der Reihenfolge, die sich aus der Anwendung aller Kriterien ergibt
(10) Kommt nach dem Hearing eine einvernehmliche Entscheidung zwischen der SGKK und der ÄKS nicht zustande, entscheidet die Landesschiedskommission."
10. Die relevanten Vorschriften des Bundesgesetzes über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz – GlBG), BGBl I 66/2004 idF BGBl I 107/2013, lauten wie folgt:
"Begriffsbestimmungen
§5. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund ihres Geschlechtes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einem Geschlecht angehören, in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechtes benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.
(3) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung einer Person zur Diskriminierung vor.
(4) Eine Diskriminierung liegt auch vor, wenn eine Person auf Grund ihres Naheverhältnisses zu einer Person wegen deren Geschlechts diskriminiert wird."
"Positive Maßnahmen
§8. Die in Gesetzen, in Verordnungen, in Instrumenten der kollektiven Rechtsgestaltung oder in generellen mehrere Arbeitnehmer/innen umfassende Verfügungen des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin getroffenen Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere durch Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten im Sinne des Art 7 Abs 2 B VG, gelten nicht als Diskriminierungen im Sinne dieses Gesetzes. Dies gilt auch für Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in den in § 4 genannten Bereichen. Der Bund kann für besondere Aufwendungen, die Arbeitgeber/inne/n bei der Durchführung solcher Maßnahmen entstehen, Förderungen gewähren.
Gebot der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung
§9. (1) Der/die Arbeitgeber/in oder private/r Arbeitsvermittler/in gemäß den §§2 ff des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl Nr 31/1969, oder eine mit der Arbeitsvermittlung betraute juristische Person öffentlichen Rechts darf einen Arbeitsplatz weder öffentlich noch innerhalb des Betriebes (Unternehmens) nur für Männer oder nur für Frauen ausschreiben oder durch Dritte ausschreiben lassen, es sei denn, ein bestimmtes Geschlecht ist unverzichtbare Voraussetzung für die Ausübung der vorgesehenen Tätigkeit. Die Ausschreibung darf auch keine zusätzlichen Anmerkungen enthalten, die auf ein bestimmtes Geschlecht schließen lassen.
(2) […]"
"Rechtsfolgen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes
§12. (1) - (11) […]
(12) Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§3, 4, 6 oder 7 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf §§3 oder 4 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 5 Abs 2 vorliegt. Bei Berufung auf §§6 oder 7 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.
(13) – (14) […]"
11. Art 14 der Richtlinie 2006/54/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung), ABl. 2006 L 204, 23, lautet wie folgt:
"Artikel 14
Diskriminierungsverbot
(1) Im öffentlichen und privaten Sektor einschließlich öffentlicher Stellen darf es in Bezug auf folgende Punkte keinerlei unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts geben:
a) die Bedingungen – einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen – für den Zugang zur Beschäftigung oder zu abhängiger oder selbständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position einschließlich des beruflichen Aufstiegs;
b) den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung einschließlich der praktischen Berufserfahrung;
c) die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich der Entlassungsbedingungen sowie das Arbeitsentgelt nach Maßgabe von Artikel 141 des Vertrags;
d) die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberorganisation oder einer Organisation, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Organisationen.
(2) Die Mitgliedstaaten können im Hinblick auf den Zugang zur Beschäftigung einschließlich der zu diesem Zweck erfolgenden Berufsbildung vorsehen, dass eine Ungleichbehandlung wegen eines geschlechtsbezogenen Merkmals keine Diskriminierung darstellt, wenn das betreffende Merkmal aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt."
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Gemäß Art 139 Abs 1 Z 1 B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag eines Gerichtes. Der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, muss begehren, dass entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalte nach oder dass bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden (§57 Abs 1 erster Satz VfGG). Außerdem hat der Antrag die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen (§57 Abs 1 zweiter Satz VfGG).
Um das Erfordernis des § 57 Abs 1 erster Satz VfGG zu erfüllen, müssen die bekämpften Verordnungen bzw. Verordnungsstellen genau und eindeutig bezeichnet sein (vgl. etwa VfSlg 8594/1979, 13.230/1992, 16.710/2002).
1.2. Der Antrag des Landesgerichtes Salzburg entspricht diesen Anforderungen. Das antragstellende Gericht hat § 2 Abs 1 Z 5 und § 3 Abs 1 fünfter Gedankenstrich der Reihungskriterien-Verordnung auch denkmöglich anzuwenden. Auch der Bundesminister für Gesundheit hat in seiner Äußerung Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des Verfahrens nicht dargetan.
1.3. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag als zulässig.
2. In der Sache
Der Antrag ist jedoch nicht begründet:
2.1. Gemäß § 338 Abs 2 ASVG ist durch Verträge gemäß Abs 1 der zitierten Gesetzesstelle die ausreichende Versorgung der Versicherten und ihrer Angehörigen mit den gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sicherzustellen. Nach § 343 Abs 1 ASVG erfolgen die Auswahl der Vertragsärzte und der Abschluss der Einzelverträge zwischen dem zuständigen Träger der Krankenversicherung und dem Arzt nach den Bestimmungen des Gesamtvertrages und im Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer. Zu diesem Zweck sind gemäß § 343 Abs 1a ASVG auf Vorschlag der Österreichischen Ärztekammer durch Verordnung des Bundesministers für Gesundheit verbindliche Kriterien für die Reihung der Bewerber um Einzelverträge festzulegen.
2.1.1. Die – gestützt auf die letztgenannte Bestimmung – vom Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen erlassene (und vom Bundesminister für Gesundheit novellierte) Reihungskriterien-Verordnung schreibt in ihrem § 2 Abs 1 leg.cit. als maßgebliche Auswahlkriterien die fachliche Eignung, zusätzliche fachliche Qualifikationen, den Zeitpunkt der ersten Eintragung in eine Bewerberliste um Einzelverträge sowie die Zusage, sich ernsthaft zu bemühen, einen behindertengerechten Zugang zur Praxis zu schaffen, vor. Als weiteres Kriterium für die Reihung ist seit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, BGBl II 239/2009 beim Sonderfach Frauenheilkunde gemäß § 2 Abs 1 Z 5 leg.cit. außerdem "die durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit" genannt.
2.1.2. Die einzelnen Kriterien sind nach einem in § 3 Abs 1 leg.cit. festgelegten Punktesystem zu bewerten, wobei auf die fachliche Eignung zwischen 15 und 35 Punkte, auf eine zusätzliche fachliche Qualifikation 5 bis 15 Punkte, auf den Zeitpunkt der Eintragung in die Bewerberliste 5 bis 20 Punkte, auf die Zusage, sich ernsthaft zu bemühen, einen behindertengerechten Zugang zur Praxis zu schaffen, 2 bis 5 Punkte und im Sonderfach Frauenheilkunde auf die durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit zehn Prozent der insgesamt durch die jeweiligen Gesamtvertragsparteien festgelegten erreichbaren Punkte entfallen. Als weitere Kriterien können zudem geleistete Präsenz-, Ausbildungs-, Zivildienst und zurückgelegte Mutterschutz- oder Karenzzeiten sowie die soziale Förderungswürdigkeit im Ausmaß von jeweils 5 Punkten berücksichtigt werden. Die nähere Ausgestaltung innerhalb des von der Verordnung vorgegebenen Rahmens obliegt dem Gesamtvertrag.
2.1.3. Diesen Vorgaben entsprechend normiert § 4 Abs 4 des zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und der Ärztekammer für Salzburg abgeschlossenen Gesamtvertrages, dass die Vertragsparteien für die Auswahl der Vertragsärzte Richtlinien vereinbaren können. Diese Richtlinien der Ärztekammer für Salzburg und der Salzburger Gebietskrankenkasse für die Auswahl der VertragsärztInnen, die als Anhang Teil des genannten Gesamtvertrags sind, sehen in Übereinstimmung mit der Reihungskriterien-Verordnung in § 3 Abs 6 vor, dass für die fachliche Eignung maximal 35 Punkte, für eine zusätzliche fachliche Qualifikation maximal 15 Punkte, für den Zeitpunkt der Antragstellung maximal 20 Punkte, für die Zusage eines behindertengerechten Zuganges zur Praxis 5 Punkte und für die durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit 7,5 Punkte, also 10% der nach dieser Richtlinie festgelegten maximalen Punkteanzahl von 75 Punkten, zu vergeben sind (§3 Abs 6 Z 6a leg.cit.).
2.2. Das Landesgericht Salzburg führt in seinem Antrag aus, dass die Norm dadurch, dass weibliche Bewerber um eine Kassenvertragsstelle im Fachgebiet der Frauenheilkunde gegenüber männlichen Bewerbern zusätzlich 10% der insgesamt zu vergebenden Punkte erhielten, ausschließlich an das Geschlecht der Bewerberin anknüpfe. Es liege daher insoweit eine direkte Diskriminierung nach dem Geschlecht vor.
Das Landesgericht Salzburg ist der Auffassung, dass diese Diskriminierung sachlich nicht zu rechtfertigen sei, und zwar weder im Lichte des Art 7 Abs 2 B VG noch des Art 7 Abs 1 B VG unter dem Gesichtspunkt der Erleichterung des Zuganges von Frauen zu gynäkologischen Behandlungen bei weiblichen Vertragsfachärzten:
2.2.1. Zwar würden die angefochtenen Vorschriften der Reihungskriterien-Verordnung dem in Art 7 Abs 2 B VG verankerten legitimen Ziel der faktischen Gleichstellung von Frauen und Männern insbesondere durch Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten dienen. Allerdings sei ein Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Bewerbern bei der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit nicht zu erblicken, weshalb die angefochtenen Bestimmungen auch das angestrebte Ziel verfehlten.
2.2.2. Hinsichtlich des zweitgenannten Gesichtspunktes gebe es keinen Grund, aus dem man herleiten könne, dass Frauen aus rein medizinischer Sicht bessere fachliche Fähigkeiten als Männer besäßen und somit aus biologisch bestehenden Gründen eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt sei.
2.3. Die Erläuterungen zur Reihungskriterien-Verordnung begründen die angefochtenen Bestimmungen wie folgt:
"Viele Frauen haben das Bedürfnis, gynäkologische Untersuchungen und Behandlungen von einer Ärztin durchführen zu lassen. Dabei stehen sie häufig vor dem Problem, dass in ihrer Versorgungsregion alle Vertragsarztstellen im Sonderfach Frauenheilkunde und Geburtshilfe durch Männer besetzt sind. […]
Wird eine Wahlärztin aufgesucht, so sind die Kosten für die in Anspruch genommenen Leistungen zunächst zur Gänze von der Patientin zu tragen und können in der Folge nur teilweise vom Krankenversicherungsträger erstattet werden. Ferner ist die Rückerstattung der Kosten für die Patientin mit einem administrativen Aufwand verbunden, da die Kostenerstattung einen entsprechenden Antrag voraussetzt.
Durch die vorgeschlagene Änderung, wonach die durch das gleiche Geschlecht von Ärztin und Patientin zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit als Kriterium für die Reihung mit zehn Prozent der nach der jeweiligen Richtlinie erreichbaren Punkten bewertet werden soll, soll der Frauenanteil im Fachgebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe erhöht werden. In der Folge soll Patientinnen, die eine/n Fachärztin/Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe aufsuchen möchten, ermöglicht werden, in ihrer Versorgungsregion zwischen einem Vertragsarzt und einer Vertragsärztin zu wählen."
2.4. Dem aus Art 7 Abs 2 B VG abgeleiteten Argument des antragstellenden Gerichtes ist zu entgegnen, dass hinsichtlich der angefochtenen Bestimmungen der Reihungskriterien-Verordnung weder Ziel noch Wortlaut der Norm eine Bevorzugung weiblicher Fachärzte bei der Vergabe von Einzelverträgen auf dem Fachgebiet der Frauenheilkunde zum Zwecke einer faktischen Gleichstellung von Frauen und Männern insbesondere durch Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten anstreben.
Der verordnungserlassende Bundesminister geht vielmehr davon aus, dass im Fachgebiet der Frauenheilkunde insoweit ein Mangel der Versorgung vorliegt, als es deutlich weniger weibliche Vertragsärzte auf diesem Fachgebiet gibt, als für die Versorgung der weiblichen Patienten benötigt werden, sodass diese ihren Bedarf an weiblichen Fachärzten zum Großteil nur im Wege der Inanspruchnahme von weiblichen Wahlärzten decken können.
2.4.1. Die angegriffenen Bestimmungen der Verordnung dienen somit der Behebung eines entgegen dem gesetzlichen Versorgungsauftrag des § 338 Abs 2 erster Satz ASVG bestehenden Mangels der Gesundheitsversorgung sozialversicherter weiblicher Patienten auf dem Fachgebiet der Frauenheilkunde und sollen diesen weiblichen Patienten eine gleichwertige Wahlmöglichkeit zwischen weiblichen und männlichen Vertragsärzten eröffnen.
2.4.2. Das antragstellende Gericht verkennt mit seinem Argument, wonach die Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt sei, weil sich Frauen und Männer in den fachlichen Fähigkeiten nicht unterscheiden würden, das Anliegen des Verordnungsgebers, der die medizinischen Fähigkeiten männlicher Fachärzte der Frauenheilkunde keineswegs geringer als jene der weiblichen Fachärzte bewertet: Der Verordnungsgeber berücksichtigt vielmehr, dass es – abgesehen von der ärztlichen Befähigung – auf dem Fachgebiet der Frauenheilkunde dem Gegenstand des Faches gemäß für das Vertrauen eines Teils der weiblichen Patienten eine besondere Rolle spielt, dass der Arzt weiblichen Geschlechts ist. Vor diesem Hintergrund besteht aus objektiven Gründen ein – im Sinne des Art 7 Abs 1 B VG zu verstehendes – legitimes Bedürfnis nach einem entsprechenden Anteil weiblicher Vertragsärzte aus dem Fachgebiet der Frauenheilkunde.
2.4.3. Die im Verfahren vom Bundesminister für Gesundheit vorgelegten und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen nicht bestrittenen Daten belegen, dass sich diese Annahme auch in der Realität bestätigt. Wenn in der Äußerung des Bundesministers dargetan wird (und in der mündlichen Verhandlung bestätigt wurde), dass im Jahr 2013 insgesamt 40.288 Honorarnoten von Wahlfachärzten für Frauenheilkunde zur Kostenerstattung eingereicht worden sind, wovon 62,5% von weiblichen Wahlfachärzten ausgestellt worden sind (das sind ein Drittel aller eingereichten Honorarnoten von Wahlärzten), dann ist dem Bundesminister für Gesundheit nicht entgegenzutreten, wenn er davon ausgegangen ist, dass auf dem Fachgebiet der Frauenheilkunde das für das Verhältnis der weiblichen Patienten zum Arzt erforderliche Vertrauen in einem besonders hohen Ausmaß zu weiblichen Fachärzten besteht, und zwar aus den zuvor genannten und für die Versorgung bedeutsamen Gründen.
2.4.4. Der Bundesminister für Gesundheit hat auch dargetan, dass ein Mangel an weiblichen Vertragsärzten für Frauenheilkunde besteht. Denn aus dem im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zu dieser Frage vorgelegten Datenmaterial geht hervor, dass auf dem Fachgebiet der Frauenheilkunde der Anteil der weiblichen Vertragsärzte im österreichischen Durchschnitt mit etwa 17,2% (2009) weit unter jenem Prozentsatz von über 60% liegt, in dem Frauen weibliche Wahlärzte nachfragen.
So hat der Anteil der weiblichen Vertragsärzte auf dem Fachgebiet der Frauenheilkunde im Jahr 2009 höchstens 36% (Burgenland), gefolgt von 33% (Niederösterreich) und 22% (Wien) betragen. In den übrigen Bundesländern lag der Wert zwischen 7 und 13% (Salzburg, Vorarlberg, Oberösterreich, Steiermark, Tirol), während es in Kärnten keinen einzigen weiblichen Vertragsarzt gegeben hat.
Angesichts dessen und angesichts der Bevorzugung von weiblichen Wahlärzten durch die weiblichen Patienten im Ausmaß von über 60% der Inanspruchnahme von Fachärzten für Frauenheilkunde ist dem verordnungserlassenden Bundesminister auch in der Annahme nicht entgegenzutreten, dass im Bereich dieses Sonderfaches tatsächlich ein Mangel an weiblichen Vertragsfachärzten besteht. Das Ziel der angefochtenen Verordnungsbestimmungen, diesen tatsächlich bestehenden Mangel im Gesundheitswesen alsbald zu beheben, entspricht einem wichtigen öffentlichen Interesse.
2.4.5. Der verordnungserlassende Bundesminister konnte auch vertretbarerweise davon ausgehen, dass die Bevorzugung von Frauen bei der Vergabe von Facharztstellen ein geeignetes Mittel ist, diesem Mangel abzuhelfen, wie auch die seither gestiegenen Anteile an weiblichen Vertragsärzten für Frauenheilkunde in den einzelnen Bundesländern belegen.
2.4.6. Angesichts des nach wie vor nicht behobenen Mangels an weiblichen Vertragsfachärzten für Frauenheilkunde sind die Bestimmungen auch im Jahre 2014 nicht unsachlich geworden. Wie das vom Bundesminister für Gesundheit vorgelegte Datenmaterial nämlich zeigt, erreicht der Frauenanteil in den Bundesländern den für eine ausreichende Versorgung erforderlichen Anteil nach wie vor nicht. Vielmehr liegt der Anteil der weiblichen Vertragsärzte für Frauenheilkunde im Jahr 2014 in den einzelnen Bundesländern zwischen 4 und 50%; im österreichischen Durchschnitt beträgt er erst 23%.
2.4.7. Das ändert freilich nichts daran, dass die angefochtenen Vorschriften der Reihungskriterien-Verordnung nur solange sachlich gerechtfertigt werden können, als ein nennenswerter Mangel an weiblichen Fachärzten für Frauenheilkunde gemessen am Bedarf fortbesteht. Sie können durch Zeitablauf gesetzwidrig werden, nämlich dann, wenn eine ausreichende Versorgung erreicht wurde und die Verordnung dafür eine entsprechende Ausnahmeregelung nicht vorsieht (vgl. VfSlg 12.735/1991 ua.). Das ist derzeit aber (noch) nicht der Fall.
2.5. Aber auch mit dem vorgebrachten weiteren Bedenken, die angefochtenen Vorschriften der Reihungskriterien-Verordnung verstießen gegen das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz – GlBG), BGBl I 66/2004, ist das Landesgericht Salzburg im Ergebnis nicht im Recht:
2.5.1. Das antragstellende Gericht bringt in diesem Zusammenhang zunächst vor, dass das Gleichbehandlungsgesetz – in Umsetzung der Richtlinie 2010/41/EU zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, und zur Aufhebung der Richtlinie 86/613/EWG des Rates – seit der Novelle BGBl I 107/2013 auch auf selbständige Tätigkeiten anzuwenden sei. Seitdem sehe § 1 Abs 1 GlBG vor, dass die Bestimmungen des 1. Teiles, die eine Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt intendieren, auch für die Gründung, Einrichtung oder Erweiterung eines Unternehmens sowie die Aufnahme oder Ausweitung jeglicher anderen Art von selbständiger Tätigkeit gelten. Niedergelassene Ärzte seien nach Ansicht des Landesgerichts Salzburg selbständig tätig, weshalb ein Abschluss eines Einzelvertrages mit einer Krankenkasse für einen Arzt auch als Ausweitung dieser selbstständigen Tätigkeit gemäß § 4 Z 3 GlBG anzusehen sei.
2.5.2. Durch die Gewährung eines Punktezuschlages nur an weibliche Bewerber werde zudem ausschließlich nach dem Geschlecht differenziert. Damit liege aber eine unmittelbare Diskriminierung iSd § 5 GlBG vor, die ihrerseits nur durch Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere durch Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten im Sinne des Art 7 Abs 2 B VG, gerechtfertigt werden könnte. Die Erreichung eines solchen Zieles sei bei der Erlassung der Novelle zur Reihungskriterien-Verordnung gerade nicht beabsichtigt gewesen. Es liege insoweit also ein Verstoß der angefochtenen Vorschriften gegen das GlBG vor.
2.5.2.1. Es trifft zu, dass die Tätigkeit eines Vertragsarztes der Sozialversicherung als selbständige Tätigkeit dem Anwendungsbereich des GlBG unterliegt. Dies war bereits vor der vom Landesgericht Salzburg angesprochenen Neufassung des § 1 Abs 1 Z 4 GlBG der Fall, als das GlBG in dieser Hinsicht noch ausschließlich auf "Bedingungen für den Zugang zu einer selbständigen Erwerbstätigkeit" anwendbar war (vgl. dazu Rebhahn, in: Rebhahn (Hrsg.), GlBG, 2005, § 1 Rz 46). Umso mehr hat dies deshalb für die Neufassung dieser Bestimmung durch BGBl I 107/2013 zu gelten, der zufolge die "Aufnahme oder Ausweitung jeglicher anderen Art von selbständiger Tätigkeit" dem GlBG unterfällt.
2.5.2.2. Es kann dem antragstellenden Gericht auch nicht entgegengetreten werden, wenn es vorbringt, dass die angefochtenen Vorschriften der Reihungskriterien-Verordnung männliche Bewerber um Vertragsarztstellen im Bereich der Frauenheilkunde unmittelbar diskriminieren, da eine solche Diskriminierung nach § 5 GlBG nur voraussetzt, dass eine Person auf Grund ihres Geschlechtes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Gerade dies ist bei männlichen Bewerbern um eine Kassenvertragsarztstelle hier der Fall.
2.5.3. Anders als das Landesgericht Salzburg meint, ist aber die in der Reihungskriterien-Verordnung vorgenommene Differenzierung nach dem Geschlecht auch nach den Vorschriften des GlBG vor dem Hintergrund des europäischen Sekundärrechts, das es umsetzt, einer Rechtfertigung zugänglich.
2.5.4. Das antragstellende Gericht übersieht in diesem Zusammenhang, dass eine Vorgangsweise, die sonst als unmittelbare Diskriminierung anzusehen wäre, nicht nur nach § 8 leg.cit. zulässig sein kann, wonach Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern iSd Art 7 Abs 2 B VG nicht als Diskriminierungen im Sinne dieses Gesetzes gelten. Vielmehr liegt eine zulässige Differenzierung nach dem Geschlecht auch dann vor, wenn das Geschlecht eine "unverzichtbare Voraussetzung" für eine berufliche Tätigkeit ist (s. dazu ausführlich Hopf/Mayr/Eichinger , Gleichbehandlung – Antidiskriminierung, 2009, § 5 Rz 48 ff.).
2.5.5. § 9 GlBG regelt den Fall zulässiger Verschiedenbehandlung aus dem Grund der geschlechtsbezogenen beruflichen Anforderungen in der Weise, dass ein Arbeitgeber einen Arbeitsplatz nicht nur für Männer oder nur für Frauen ausschreiben darf, es sei denn, ein bestimmtes Geschlecht ist unverzichtbare Voraussetzung für die Ausübung der vorgesehenen Tätigkeit (vgl. die weitere Erwähnung dieser Voraussetzung in § 12 Abs 12 GlBG betreffend die Beweislastverteilung). Wie die Erörterung dieser Frage in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, ist der Begriff der "Unverzichtbarkeit" im Sinne der ihm zugrunde liegenden Richtlinienbestimmung des Art 14 Abs 2 der Richtlinie 2006/54/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung) auszulegen. Das Erfordernis des weiblichen Geschlechts des Arztes zur Sicherstellung einer angemessenen Versorgung sozialversicherter Patientinnen auf dem Fachgebiet der Frauenheilkunde ist – wie das Verordnungsprüfungsverfahren ergeben hat – im Rahmen des bestehenden Versorgungsbedarfs für die auf diesem Gebiet tätigen weiblichen Fachärzte eine objektiv vorliegende berufliche Anforderung im Sinne der Richtlinienbestimmung (vgl. in diesem Sinne zum Beruf der Hebammen , Kommission gegen Vereinigtes Königreich) und daher "unverzichtbar" im Sinne des GlBG.
2.6. Vor dem Hintergrund des unionsrechtlichen Sekundärrechts liegt daher auch der vom Landesgericht Salzburg behauptete Verstoß der angefochtenen Verordnungsteile gegen Vorschriften des GlBG nicht vor.
IV. Ergebnis
12. Die vom Landesgericht Salzburg ob der Gesetzmäßigkeit der §§2 Abs 1 Z 5 und 3 Abs 1 fünfter Gedankenstrich Reihungskriterien-Verordnung erhobenen Bedenken treffen nicht zu.
13. Der Antrag ist daher abzuweisen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2014:V54.2014