VfGH vom 08.10.2010, V54/10 ua
19213
Leitsatz
Verstoß der in Bebauungsvorschriften geregelten Bebauungsweise durch Festlegung von Baufluchtlinien gegen die an raumordnungsrechtliche Pläne zu stellenden rechtsstaatlichen Anforderungen; Aufhebung auch der damit in Zusammenhang stehenden Bestimmungen des Bebauungsplanes
Spruch
Abs 6 bis 8 des § 5 der Bebauungsvorschriften der Stadtgemeinde Klosterneuburg, Verordnung des Gemeinderates vom , ZIV/1-1336-610-1/87, in der Fassung der Verordnung des Gemeinderates vom , ZIV/1-3577-610-2/00, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von 10. bis ,
die Wortfolge "Bebauungsweise a: die Gebäude sind an oder in einem Abstand zur Grundgrenze zu errichten" im Legendenblatt des Bebauungsplanes der Stadtgemeinde Klosterneuburg, in der Fassung des Beschlusses des Gemeinderates vom , ZIV/1-5737-610-2/02, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom
1. bis , und
der Bebauungsplan der Stadtgemeinde Klosterneuburg, in der Fassung des Beschlusses des Gemeinderates vom , ZIV/1-5763-610-2/02, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom
1. bis , soweit dieser für die als Grundstücke Nr. 1507/1, 1507/2, 1509/2 und 1509/3 bezeichneten Flächen die Bebauungsweise "a" festlegt,
werden als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Niederösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt für Niederösterreich verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist ein zu B2023/08
protokolliertes Bescheidbeschwerdeverfahren anhängig, dem folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. Die mitbeteiligte Partei R AG (in der Folge: Bauwerberin) zeigte im Mai 2004 bei der Baubehörde der Stadtgemeinde Klosterneuburg den Abbruch der Gebäude auf den Grundstücken, die damals die Nr. 1509/3 und 1507/2 trugen, an; die Behörde untersagte das Vorhaben nicht. Der Abbruch erfolgte im Mai 2005.
1.2. Im September 2004 beantragte die Bauwerberin die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung von zwei Wohnhäusern mit einer gemeinsamen Tiefgarage für 12 PKW-Abstellplätze auf den oben genannten und zwei weiteren Grundstücken, die damals die Nr. 1507/1 und 1509/2, KG Klosterneuburg-Weidling, trugen; die vier genannten Grundstücke sind im Jahr 2005 zum Grundstück Nr. 1509/2 vereinigt worden. Der Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Klosterneuburg legt für das Baugrundstück zum größten Teil "Bauland-Wohngebiet" und zu einem kleinen Teil "Grünland-Landwirtschaft" fest, der Bebauungsplan die Bebauungsweise "a", Bauklasse I/II und eine Bebauungsdichte von 25 %. Außerdem ist eine "vordere Baufluchtlinie" in einem Abstand von 4 bis 5 m von der B.straße festgelegt.
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der Grundstücke Nr. 1515/5 und 1515/15, KG Klosterneuburg-Weidling. Als Nachbarn erhoben sie vor bzw. bei der Bauverhandlung Einwendungen gegen das oben beschriebene Projekt; das "Hintergebäude" grenze in rechtswidriger Weise über eine Länge von rund 20 m direkt an die Grenze des Grundstücks Nr. 1515/5 an. Mit Bescheid vom erteilte das Stadtamt der Stadtgemeinde Klosterneuburg der Bauwerberin die beantragte Baubewilligung. Der dagegen gerichteten Berufung der nunmehrigen Beschwerdeführer gab der Stadtrat der Stadtgemeinde Klosterneuburg mit Bescheid vom keine Folge.
Der wiederum dagegen gerichteten Vorstellung der Beschwerdeführer gab die Niederösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom Folge, hob den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde Klosterneuburg zurück. Aus der Begründung dieses Bescheides:
"[Der Nachbar] besitzt ... in einem Baubewilligungsverfahren
bezüglich der Abstandsvorschriften und der Einhaltung der Gebäudehöhe ein Recht darauf, dass die gegenüber seinen Grundflächen einzuhaltenden Abstände und Gebäudehöhen insoweit eingehalten werden, als dadurch die ausreichende Belichtung seiner zulässigen Hauptfenster im Sinne der Bestimmung des § 6 Abs 2 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996 nicht beeinträchtigt wird. Im gegenständlichen Verfahren behauptete die Baubehörde in ihrem angefochtenen Bescheid, dass die Bebauungsweise 'a' keine subjektiv-öffentlichen Anrainerrechte berühre, da es sich hierbei lediglich um Ortsbildfragen handle und sei ihrem Grundstück gegenüber kein Bauwich einzuhalten. ...
[D]ie Baubehörde [hat] nicht in einer nachvollziehbaren Weise dargelegt ..., dass die beiden Vorstellungswerber hinsichtlich der Abstandsvorschriften kein Mitspracherecht besitzen würden. Aus dem vorgelegten Bauakt und aus dem angefochtenen Bescheid ist erkennbar, dass die Baubehörde die Ansicht vertritt, dass auf dem verfahrensgegenständlichen Baugrundstück aufgrund eines Altbestandes gemäß § 5 Abs 6 der Bebauungsvorschriften der Stadtgemeinde Klosterneuburg bereits seitliche Baufluchtlinien - offensichtlich auch zum Grundstück der beiden Vorstellungswerber - bestehen. Diese dürfen gemäß § 49 Abs 1 NÖ Bauordnung 1996 mit wenigen Ausnahmen nicht überbaut werden. Die Festlegung der seitlichen Baufluchtlinien führt dazu, dass gemäß der Bebauungsweise 'a' Gebäude nicht mehr an der seitlichen Grundstücksgrenze des Baugrundstückes, sondern nur mehr in einem Abstand zur Grundstücksgrenze errichtet werden dürfen, wobei die Baufluchtlinien den Abstand zur Grundstücksgrenze festlegen. ... Auch wenn der Nachbar kein Mitspracherecht hinsichtlich der harmonischen Einfügung des Gebäudes in seine Umgebung im Sinne des § 5 Abs 7 der Bebauungsvorschriften der Stadtgemeinde Klosterneuburg besitzt, könnte ihm hinsichtlich der Überbauung der seitlichen Baufluchtlinien und der einzuhaltenden Abstände im vorhin dargelegten Sinn durchaus ein subjektiv-öffentliches Recht und somit ein Mitspracherecht zukommen. ..."
1.3. Im fortgesetzten Verfahren holte der Stadtrat der Stadtgemeinde Klosterneuburg weitere Stellungnahmen, insb. des bautechnischen Sachverständigen Z., ein und gab der Berufung der Beschwerdeführer mit Bescheid vom neuerlich keine Folge. Der Stadtrat kommt neuerlich zu der Beurteilung, dass "die Bebauungsweise 'a' den Berufungswerbern keine subjektiv-öffentlichen Rechte" einräume.
Mit dem bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet ab.
Aus der Begründung:
"[Es steht fest], dass auf dem verfahrensgegenständlichen
Baugrundstück bei Erteilung der verfahrensgegenständlichen
baubehördlichen Bewilligung kein Altbestand bzw. Baubestand im Sinne
der Bestimmungen des § 5 Abs 6 und Abs 7 der Bebauungsbestimmungen der
Stadtgemeinde Klosterneuburg mehr bestanden hat, sodass auf diesem
Baugrundstück auch keine Baufluchtlinien zum Grundstück der beiden
Vorstellungswerber existieren. Somit kommt im gegenständlichen
Verfahren § 5 Abs 8 der Bebauungsbestimmungen der Stadtgemeinde
Klosterneuburg zur Anwendung, wonach für die Abstände der Bauwerke zu
den Grundstücksgrenzen der Umgebungsbestand maßgebend ist. Erst
aufgrund der Erforschung des Umgebungsbestandes kann also
festgestellt werden, ob die verfahrensgegenständlichen Gebäude gemäß
der Bebauungsweise 'a' an der Grundstücksgrenze oder in einem Abstand
- und aufgrund des Umgebungsbestandes in welchem Abstand - zu
errichten sind. ... Wie die Baubehörde bereits dargelegt hat, hat
Herr Dipl.Ing. H. in seinem Gutachten vom April 2005 einerseits den
Umgebungsbereich - auch anhand von Abbildungen ... - dargestellt und
wurde andererseits auch die Bebauung des Umgebungsbereiches
aufgenommen ... . Schon aufgrund dieser dargestellten Bebauung ist
ersichtlich, dass z.B. die Gebäude auf den Grundstücken ... an die
seitlichen Grundstücksgrenzen angebaut worden sind, sodass der Schluss des Gutachters, dass auch das Hintergebäude, welches auf dem Baugrundstück an der Grundstücksgrenze zum Grundstück der beiden Vorstellungswerber errichtet werden soll, der Bebauungsweise 'a' entsprechen würde, durchaus schlüssig und nachvollziehbar ist, sodass selbst im Falle eines Mitspracherechtes der beiden Vorstellungswerber im Sinne des § 6 Abs 2 Z. 3 leg.cit. eine Verletzung eines diesbezüglichen subjektiv-öffentlichen Rechtes nicht vorliegen würde, zumal dieses Gebäude gemäß § 5 Abs 8 der Bebauungsbestimmungen der Stadtgemeinde Klosterneuburg hinsichtlich seiner Lage dem Bestand des Umgebungsbereiches, und somit der vorhandenen Umgebungsbebauung, entspricht. ..."
1.4. Dagegen richtet sich die auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, die die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer "gesetz- bzw. verfassungswidrigen Verordnung" behauptet, und zwar insbesondere des § 5 Abs 6 bis 8 der Bebauungsvorschriften der Stadtgemeinde Klosterneuburg, Verordnung des Gemeinderates vom , ZIV/1-1336-610-1/87, idF der Verordnung des Gemeinderates vom , ZIV/1-3577-610-2/00, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von 10. bis (in der Folge: Bebauungsvorschriften Klosterneuburg).
2. Aus Anlass dieses Verfahrens beschloss der Verfassungsgerichtshof, gemäß Art 139 Abs 1 B-VG die Gesetzmäßigkeit
a) der Abs 6 bis 8 des § 5 der Bebauungsvorschriften der Stadtgemeinde Klosterneuburg, Verordnung des Gemeinderates vom , ZIV/1-1336-610-1/87, idF der Verordnung des Gemeinderates vom , Z IV/1-3577-610-2/00, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von 10. bis ,
b) der Wortfolge "Bebauungsweise a: die Gebäude sind an oder in einem Abstand zur Grundgrenze zu errichten" im Legendenblatt des Bebauungsplanes der Stadtgemeinde Klosterneuburg, idF des Beschlusses des Gemeinderates vom , Z IV/1-5737-610-2/02, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 1. bis , und
c) des Bebauungsplanes der Stadtgemeinde Klosterneuburg, idF des Beschlusses des Gemeinderates vom , Z IV/1-5763-610-2/02, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 1. bis , soweit dieser für die als Grundstücke Nr. 1507/1, 1507/2, 1509/2 und 1509/3 bezeichneten Flächen die Bebauungsweise "a" festlegt,
von Amts wegen zu prüfen.
2.1. Der Verfassungsgerichtshof ging vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig sei, dass die belangte Behörde die im Spruch genannten Verordnungsbestimmungen bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendet habe und dass sie daher auch der Verfassungsgerichtshof im vorliegenden Beschwerdeverfahren anzuwenden hätte. Der Verfassungsgerichtshof ging weiters vorläufig davon aus, dass die Absätze 6 bis 8 des § 5 der Bebauungsvorschriften Klosterneuburg in einem untrennbaren Zusammenhang ständen; gleiches gelte für die Festlegung der Bebauungsweise "a" und für die zugehörige Legende des Bebauungsplans.
2.2. Seine Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen legte der Verfassungsgerichtshof wie folgt dar:
"Mit den in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen wird einerseits für den Geltungsbereich der Bebauungsvorschriften Klosterneuburg eine 'Bebauungsweise a' definiert und andererseits diese für das Baugrundstück festgelegt.
Gemäß § 69 Abs 1 Z 2 NÖ BauO 1996 ist im Bebauungsplan [dieser besteht gemäß § 68 Abs 3 leg.cit. aus 'dem Wortlaut der Verordnung (Bebauungsvorschriften) und den dazugehörigen Plandarstellungen'] die Bebauungsweise festzulegen. Gemäß § 70 Abs 1 leg.cit. regelt die Bebauungsweise die Anordnung der Gebäude auf dem Grundstück; sie kann unter anderem als geschlossene, gekuppelte, einseitig offene oder offene Bebauungsweise (§70 Abs 1 Z 1-4 leg.cit.) oder als 'freie Anordnung der Gebäude' (§70 Abs 1 Z 5 leg.cit.) festgelegt werden.
Es dürfte somit dem Gemeinderat grundsätzlich freistehen, durch den Bebauungsplan andere als die fünf vom Gesetz selbst vorgezeichneten Bebauungsweisen zu definieren und damit für die Anordnung der Gebäude auf Grundstücken verbindliche Regeln zu treffen. Der Verfassungsgerichtshof nimmt jedoch vorläufig an, dass der Gemeinderat bei einer derartigen Regelung einer Bebauungsweise nur solche Regelungsinstrumente einsetzen darf, die vom Gesetz als zulässige Inhalte eines Bebauungsplans vorgezeichnet sind, fehlte es doch sonst an der notwendigen Vorausbestimmung des Verordnungsinhalts durch das Gesetz und wäre dem Verordnungsgeber im Sinne einer formalgesetzlichen Delegation eine den Gesetzgeber supplierende Aufgabe zugewiesen, was Art 18 Abs 1 (und 2) B-VG widersprechen würde (s. zB VfSlg. 4072/1961, 14.512/1996, 16.902/2003, 17.476/2005).
Gemäß § 69 Abs 2 Z 4 NÖ BauO 1996 dürfen im Bebauungsplan Baufluchtlinien festgelegt werden; Baufluchtlinien sind gemäß § 4 Z 2 leg.cit. Abgrenzungen innerhalb eines Grundstücks, über die grundsätzlich nicht hinausgebaut werden darf. Gemäß § 69 Abs 2 Z 3 leg.cit. darf im Bebauungsplan 'die harmonische Gestaltung (§56) der Bauwerke in Ortsgebieten' festgelegt werden. Die in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen scheinen sich dieser beiden Instrumente bedienen zu wollen, dürften dies jedoch nicht in einer gesetzmäßigen Weise tun:
Für Flächenwidmungspläne hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. VfSlg. 11.807/1988, 13.716/1994, 13.887/1994 und 14.270/1995) ausgesprochen, dass der Rechtsunterworfene die Rechtslage aus der planlichen Darstellung mit hinlänglicher Genauigkeit eindeutig und unmittelbar feststellen können muss; ansonsten genügt der Plan rechtsstaatlichen Anforderungen nicht. So hat der Verfassungsgerichtshof etwa im Erkenntnis VfSlg. 13.716/1994 verbale Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes wegen Widerspruchs zum rechtsstaatlichen Prinzip infolge nicht eindeutig und unmittelbar aus der planlichen Darstellung erkennbarer Abgrenzung zwischen Bauland und Grünland aufgehoben und ausgeführt:
'Nach der ... Legende zum Flächenwidmungsplan wurde die
Widmung Dorfgebiet 'für das Ausmaß des bewilligten Bauplatzes, sonst für eine Fläche im Ausmaß von höchstens 1.000 m2 (mit dem besteh. Gebäude im Mittelpunkt)' festgelegt. Das Ausmaß des bewilligten Bauplatzes ist nur den Parteien des betreffenden Bewilligungsverfahrens bekannt, den übrigen Normunterworfenen hingegen nicht, insbesondere geht es aus dem Plandokument und dessen Anhängen in keiner Weise hervor. Zu den in der Legende als Mittelpunkt der ansonsten maßgeblichen Fläche angeführten 'bestehenden Gebäuden' genügt der Hinweis, daß auf manchen hier maßgeblichen Grundstücken nicht nur ein Gebäude eingezeichnet ist (zB auf Nr. 148 und 149) und somit unklar bleibt, welches Gebäude als Mittelpunkt zu betrachten ist.'
Diese rechtsstaatlichen Anforderungen dürften auch an die hier in Prüfung gezogenen Verbalbestimmungen eines Bebauungsplanes zu stellen sein, denn durch die Festlegung von Baufluchtlinien werden ebenso wie durch einen Flächenwidmungsplan bebaubare von nicht bebaubaren Bereichen abgegrenzt. Wenn nun gemäß § 5 Abs 6 der Bebauungsvorschriften Klosterneuburg 'die Außenseiten des Baubestandes des (der) Hauptgebäude(s) als vordere und seitliche Baufluchtlinien' gelten, 'wenn keine anderen vorderen und seitlichen Baufluchtlinien festgelegt sind', so scheint das Ausmaß der bebaubaren Fläche aus dem Plandokument selbst nicht hervorzugehen. Das dürfte insbesondere dann gelten, wenn § 5 Abs 6 Bebauungsvorschriften Klosterneuburg unter 'Baubestand des (der) Hauptgebäude(s)' den erst im Zeitpunkt der Erteilung einer Baubewilligung zu ermittelnden, in der Realität existierenden Bestand verstehen sollte. Im Verordnungsprüfungsverfahren wird jedoch zu untersuchen sein, ob der im Bebauungsplan kenntlich gemachte Baubestand ein Anknüpfungspunkt sein kann, um aus der Plandarstellung die gemäß § 5 Abs 6 Bebauungsvorschriften Klosterneuburg bebaubaren Flächen eindeutig ermitteln zu können. Zwar ist gemäß § 69 Abs 4 NÖ BauO im Bebauungsplan 'der Baubestand mit einer für den Bebauungsplan ausreichenden Genauigkeit' kenntlich zu machen; jedenfalls aus dem hier anzuwendenden Bebauungsplan dürfte jedoch nicht hervorgehen, ob bzw. bei welchen der kenntlich gemachten Bestandsobjekte es sich um 'Hauptgebäude' handelt. Selbst wenn in einem Bebauungsplan die bestehenden Hauptgebäude eindeutig als solche kenntlich gemacht wären, dürfte aufgrund des § 5 Abs 6 der Bebauungsvorschriften Klosterneuburg unklar bleiben, in welcher Weise insbesondere seitliche Baufluchtlinien aus den Außenseiten dieser Bestandsbauten abgeleitet werden sollten: Sollte etwa eine Baufluchtlinie vom am weitesten 'links' bzw. 'rechts' gelegenen Punkt eines jeden kenntlich gemachten Hauptgebäudes in gerader Linie bis zur hinteren Grundgrenze gezogen werden, so bliebe offen, in welchem Winkel diese Linie verlaufen sollte - denkbar wäre ein rechter Winkel zur Straßenfluchtlinie ebenso wie ein paralleler Verlauf zur Grenze zum Nachbargrundstück oder zu den Außenseiten des Bestandsgebäudes (letzteres allerdings nur, wenn es sich um ein Gebäude mit gerader Außenseite handelt). Dasselbe Bedenken besteht auch gegen § 5 Abs 7 der Bebauungsvorschriften Klosterneuburg, da auch diese Bestimmung auf die 'durch den Altbestand definierten Abstände' Bezug zu nehmen und gewissermaßen die Erteilung von Ausnahmen im Sinne des § 56 NÖ BauO 1996 vorzusehen scheint.
Die in Prüfung gezogenen Regelungen dürften darüber hinaus aber auch deshalb nicht dem Rechtsstaatsgebot entsprechen, weil - selbst wenn aus dem im Bebauungsplan kenntlich gemachten Baubestand eindeutig die gemäß § 5 Abs 6 Bebauungsvorschriften Klosterneuburg bebaubaren Bereiche ableitbar wären - keine (eindeutige) Regelung darüber getroffen sein dürfte, ob nach dem Abbruch eines früheren Baubestandes (dieser Fall liegt hier vor) vordere und seitliche Baufluchtlinien gemäß § 5 Abs 6 der Bebauungsbestimmungen Klosterneuburg weiter gelten sollen oder nicht. Im bekämpften Bescheid dürfte die belangte Behörde diesen Fall unter § 5 Abs 8 der Bebauungsbestimmungen Klosterneuburg ('Ansonsten ...') subsumiert haben, sodass dieser Ansicht zufolge dann (nur) 'die Bestimmungen der im Umgebungsbereich überwiegend vorhandenen, aufgrund des Baubestandes gegebenen Bebauungsweise' gelten würden; dieses Auslegungsergebnis dürfte jedoch die hier vom Rechtsstaatsgebot geforderte Eindeutigkeit vermissen lassen. Das dürfte auch der Umstand zeigen, dass dieselbe Behörde in ihrem früheren, oben ... wiedergegebenen Bescheid noch annahm, auf dem Baugrundstück würden 'aufgrund eines Altbestandes gemäß § 5 Abs 6 der Bebauungsvorschriften der Stadtgemeinde Klosterneuburg bereits seitliche Baufluchtlinien - offensichtlich auch zum Grundstück der beiden Vorstellungswerber - bestehen'.
Schließlich dürfte auf Grund der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen auch unklar bleiben, welche Auswirkungen eine Vereinigung mehrerer Grundstücke, die jeweils für sich Hauptgebäude aufwiesen, zu einem größeren Baugrundstück auf das Ausmaß der bebaubaren Flächen, insbesondere nach einem Abbruch der Gebäude, hat."
3. Weder die verordnungserlassende Behörde, noch die Niederösterreichische Landesregierung äußerten sich zu diesem Prüfungsbeschluss. Lediglich die Beschwerdeführer des Anlassverfahrens erstatteten eine Äußerung, in der sie im Wesentlichen den Bedenken des Verfassungsgerichtshofs beitreten und etwa ausführen:
"Der im Bebauungsplan kenntlich gemachte Baubestand ist ... jedenfalls kein ausreichender Anknüpfungspunkt, um aus der Plandarstellung die gemäß § 5 Abs 6 Bebauungsvorschriften
Klosterneuburg bebaubaren Flächen eindeutig zu ermitteln. ... [D]er
zu prüfende Bebauungsplan [lässt] weder erkennen ..., ob es sich um ein 'Hauptgebäude' handelt, noch in welcher Weise insbesondere seitliche Baufluchtlinien aus den Außenseiten der eingetragenen Bestandsbauten abgeleitet werden sollen. ...
Weiters ist beachtlich, dass eine Bebauungsbestimmung jedenfalls dann unsachlich ist, wenn sich der (rechtlich) bebaubare Bereich eines Grundstücks, welcher sich ursprünglich am Altbestand orientiert hat, dadurch wesentlich verändert, dass der Altbestand abgebrochen wird.
Die zu prüfenden Bestimmungen der Bebauungsvorschriften Klosterneuburg lassen auch offen, welche Auswirkungen eine Vereinigung mehrerer Grundstücke, die jeweils für sich Hauptgebäude aufweisen, zu einem größeren Baugrundstück auf das Ausmaß der bebaubaren Flächen, insbesondere nach einem Abbruch der Gebäude, hat. Auch aus diesem Grund entsprechen die Bebauungsvorschriften Klosterneuburg nicht dem Rechtsstaatsgebot."
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Maßgeblich ist folgende Rechtslage:
1.1. Die in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen lauten:
1.1.1. Der Bebauungsplan der Stadtgemeinde Klosterneuburg idF des Beschlusses des Gemeinderates vom , ZIV/1-5763-610-2/02, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom
1. bis , legt u.a. für die als Grundstücke Nr. 1507/1, 1507/2, 1509/2 und 1509/3 bezeichneten Flächen (teilweise) die Bebauungsweise "a" fest.
1.1.2. Das Legendenblatt des oben angeführten Bebauungsplanes der Stadtgemeinde Klosterneuburg lautet auszugsweise:
"Bebauungsweise a: die Gebäude sind an oder in einem Abstand zur Grundgrenze zu errichten"
1.1.3. § 5 Abs 6 bis 8 der Bebauungsvorschriften Klosterneuburg lautet:
"§5 Bauplatzausnutzung
...
(6) In der Bauweise a gelten dann die Außenseiten des Baubestandes des (der) Hauptgebäude(s) als vordere und seitliche Baufluchtlinien, wenn im Bebauungsplan keine anderen vorderen und seitlichen Baufluchtlinien festgelegt sind.
(7) Die Überschreitung dieser, durch den Altbestand definierten Abstände ist zur Verbesserung der räumlich-baulichen Struktur des Umgebungsbereiches dann möglich, wenn gemäß § 56 (Ortsbildgestaltung) der NÖ-Bauordnung 1996 die harmonische Einfügung in die Umgebung nachgewiesen wird.
(8) Ansonsten gelten die Bestimmungen der im Umgebungsbereich überwiegend vorhandenen, aufgrund des Baubestandes gegebenen Bebauungsweise."
1.2. Die NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200-14, lautet auszugsweise:
"§4
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes gelten als
...
2. Baufluchtlinien: Abgrenzungen innerhalb eines Grundstücks, über die grundsätzlich nicht hinausgebaut werden darf;
...
§50
Bauwich
(1) Der seitliche Bauwich (§70 Abs 1 Z. 2 bis 5) muß im geregelten Baulandbereich (Bebauungsplan) der halben Gebäudehöhe entsprechen. Wenn er nicht in den folgenden Bestimmungen oder im Bebauungsplan durch Baufluchtlinien anders geregelt ist, muß er mindestens 3 m betragen.
Ab einer Gebäudehöhe von mehr als 8 m und einer Länge der der Grundstücksgrenze zugewandten Gebäudefront von mehr als 15 m muß der Bauwich für jenen Teil der Gebäudefront, der über diese 15 m hinausreicht, der vollen Gebäudehöhe entsprechen (abgesetzte Gebäudefront).
(2) Zwischen einem Gebäude und der hinteren Grundstücksgrenze ist grundsätzlich bei jeder Bebauungsweise ein Bauwich im Ausmaß nach Abs 1 einzuhalten, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgelegt ist und nicht § 51 Abs 4 zutrifft.
...
§54
Bauwerke im ungeregelten Baulandbereich
Ein Neu- oder Zubau eines Bauwerks ist unzulässig, wenn für ein als Bauland gewidmetes Grundstück kein Bebauungsplan gilt oder dieser keine Festlegung der Bebauungsweise oder -höhe enthält und das neue oder abgeänderte Bauwerk
* in seiner Anordnung auf dem Grundstück oder Höhe von den an
allgemein zugänglichen Orten zugleich mit ihm sichtbaren Bauwerken auffallend abweicht oder
* den Lichteinfall unter 45° auf Hauptfenster zulässiger Gebäude
auf den Nachbargrundstücken beeinträchtigen würde.
Zur Wahrung des Charakters der Bebauung dürfen hievon Ausnahmen gewährt werden, wenn dagegen keine hygienischen oder brandschutztechnischen Bedenken bestehen.
...
§56
Ortsbildgestaltung
(1) Bauwerke, die einer Bewilligung nach § 14 bedürfen oder nach § 15 der Baubehörde anzuzeigen sind, haben sich in ihre Umgebung harmonisch einzufügen.
(2) Wo noch kein Bebauungsplan gilt oder dieser Bebauungsplan entweder keine oder keine anderen Regeln zur Ortsbildgestaltung enthält, ist das Bauwerk auf seine harmonische Einfügung in die Umgebung zu prüfen.
(3) Umgebung ist jener Bereich, der vom Standort des geplanten Bauwerks optisch beeinflußt werden wird. Harmonie ist jene optische Wechselbeziehung, die sich - unabhängig von Baudetails, Stilelementen und Materialien - durch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der gebauten Struktur sowie der dabei angewandten Gestaltungsprinzipien und dem geplanten Bauwerk ergibt.
Struktur ist die Proportion der einzelnen Baumassen und deren Anordnung zueinander.
(4) Bei der Beurteilung nach Abs 2 ist auszugehen von
* der Gestaltungscharakteristik bzw. Struktur des Baubestandes
der Umgebung,
* der Charakteristik der Landschaft, soweit sie wegen des Standorts des geplanten Bauwerks in die Umgebung einzubeziehen ist und
* den charakteristischen gestalterischen Merkmalen des geplanten
Bauwerks.
...
III. Bebauungsplan
§68
Erlassung des Bebauungsplans
(1) Von den Ergebnissen der Grundlagenforschung ausgehend und auf Grund des örtlichen Raumordnungsprogrammes, insbesonders seiner Zielsetzung, hat der Bebauungsplan die Regeln für
* die Bebauung und
* die Verkehrserschließung
festzulegen.
Dabei ist auf die Ortsbildgestaltung und die Umwelt Rücksicht zu nehmen.
...
(3) Der Bebauungsplan besteht aus dem Wortlaut der Verordnung (Bebauungsvorschriften) und den dazugehörigen Plandarstellungen.
(4) Die näheren Bestimmungen über die Ausführung und die äußere Form der Plandarstellungen, die Maßstäbe, das Material und die Planzeichen werden mit Verordnung der Landesregierung festgelegt.
...
§69
Inhalt des Bebauungsplans
(1) Im Bebauungsplan sind für das Bauland festzulegen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. | die Straßenfluchtlinien, |
2. | die Bebauungsweise und |
3. | die Bebauungshöhe oder die höchstzulässige Gebäudehöhe. |
Weiters ist entlang des Baulandes das Straßenniveau in der Straßenfluchtlinie von neuen Verkehrsflächen festzulegen. Bei Grundstücken, deren gesamte Bebauung unter Denkmalschutz steht, genügt die Festlegung der Straßenfluchtlinie.
(2) Im Bebauungsplan dürfen neben den in Abs 1 vorgesehenen Regelungen für das Bauland festgelegt werden:
...
3. die harmonische Gestaltung (§56) der Bauwerke in Ortsgebieten,
4. Baufluchtlinien,
5. Mindestmaße von Bauplätzen,
6. Bebauungsdichte oder höchstzulässige Geschoßflächenzahl,
...
(4) Im Bebauungsplan sind kenntlich zu machen:
...
* der Baubestand mit einer für den Bebauungsplan ausreichenden
Genauigkeit.
...
§70
Regelung der Bebauung
(1) Die Bebauungsweise regelt die Anordnung der Gebäude auf dem Grundstück. Sie kann unter anderem auf eine der folgenden Arten festgelegt werden:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. | geschlossene Bebauungsweise ... |
2. | gekuppelte Bebauungsweise ... |
3. | einseitig offene Bebauungsweise ... |
4. | offene Bebauungsweise ... |
5. | freie Anordnung der Gebäude ... |
...
(5) Im Bebauungsplan darf festgelegt werden, daß bestimmte Baufluchtlinien auch als Abgrenzungen innerhalb eines Planungsbereiches gelten, über die grundsätzlich nicht hinausgebaut werden darf.
..."
2. Die vorläufigen Annahmen, dass die Beschwerde zulässig sei, dass die im Anlassverfahren belangte Behörde die im Spruch genannten Verordnungsbestimmungen bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendet habe und dass sie daher auch der Verfassungsgerichtshof im vorliegenden Beschwerdeverfahren anzuwenden hätte, denen nicht entgegengetreten wurde, treffen zu.
Da auch sonst keine Prozesshindernisse zu Tage getreten sind, sind die Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.
3. Auch die Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen - denen nicht entgegengetreten wurde - treffen zu:
Der Verfassungsgerichtshof hält an seiner Annahme fest, dass es dem Gemeinderat gemäß § 69 Abs 1 Z 2 iVm § 70 Abs 1 NÖ BauO 1996 grundsätzlich freisteht, durch den Bebauungsplan andere als die fünf vom Gesetz selbst vorgezeichneten Bebauungsweisen (geschlossene, gekuppelte, einseitig offene oder offene Bebauungsweise bzw. "freie Anordnung der Gebäude") zu definieren und damit für die Anordnung der Gebäude auf Grundstücken verbindliche Regeln zu treffen. Allerdings darf der Gemeinderat bei einer derartigen Regelung einer Bebauungsweise nur solche Regelungsinstrumente einsetzen, die vom Gesetz als zulässige Inhalte eines Bebauungsplans vorgezeichnet sind, fehlte es doch sonst an der notwendigen Vorausbestimmung des Verordnungsinhalts durch das Gesetz und wäre dem Verordnungsgeber im Sinne einer formalgesetzlichen Delegation eine den Gesetzgeber supplierende Aufgabe zugewiesen, was Art 18 Abs 1 (und 2) B-VG widersprechen würde (s. zB VfSlg. 4072/1961, 14.512/1996, 16.902/2003, 17.476/2005).
Mit den hier in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen hat sich die verordnungserlassende Behörde insbesondere des Regelungsinstruments der Festlegung von Baufluchtlinien (§69 Abs 2 Z 4 NÖ BauO 1996) bedient, jedoch nicht in gesetzmäßiger Weise:
Für Flächenwidmungspläne hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. VfSlg. 11.807/1988, 13.716/1994, 13.887/1994 und 14.270/1995) ausgesprochen, dass der Rechtsunterworfene die Rechtslage aus der planlichen Darstellung mit hinlänglicher Genauigkeit eindeutig und unmittelbar feststellen können muss; ansonsten genügt der Plan rechtsstaatlichen Anforderungen nicht. So hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 13.716/1994 verbale Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes wegen Widerspruchs zum rechtsstaatlichen Prinzip infolge nicht eindeutig und unmittelbar aus der planlichen Darstellung erkennbarer Abgrenzung zwischen Bauland und Grünland aufgehoben. Diese rechtsstaatlichen Anforderungen sind auch an die hier in Prüfung gezogenen Verbalbestimmungen eines Bebauungsplanes zu stellen, denn durch die Festlegung von Baufluchtlinien werden ebenso wie durch einen Flächenwidmungsplan bebaubare von nicht bebaubaren Bereichen abgegrenzt.
Gemäß § 5 Abs 6 der Bebauungsvorschriften Klosterneuburg gelten "die Außenseiten des Baubestandes des (der) Hauptgebäude(s) als vordere und seitliche Baufluchtlinien, wenn keine anderen vorderen und seitlichen Baufluchtlinien festgelegt sind". Diese Bestimmung führt (wenn - wie im Anlassfall - der Bebauungsplan keine anderen vorderen und/oder seitlichen Baufluchtlinien festlegt) dazu, dass das Ausmaß der bebaubaren Fläche aus dem Plandokument selbst nicht hervorgeht und auch sonst nicht eindeutig zu ermitteln ist: Völlig offen bleibt, ob § 5 Abs 6 der Bebauungsvorschriften Klosterneuburg unter "Baubestand des (der) Hauptgebäude(s)" den erst im Zeitpunkt der Erteilung einer Baubewilligung zu ermittelnden, in der Realität existierenden Bestand versteht, oder ob diese Bestimmung etwa an den gemäß § 69 Abs 4 NÖ BauO 1996 im Bebauungsplan kenntlich zu machenden Baubestand anknüpfen will. Auch im letzteren Fall bliebe eine eindeutige Ermittlung der bebaubaren Bereiche unmöglich: Jedenfalls aus dem hier anzuwendenden Bebauungsplan geht nicht hervor, ob bzw. bei welchen der kenntlich gemachten Bestandsobjekte es sich um "Hauptgebäude" handelt. Selbst wenn in einem Bebauungsplan die bestehenden Hauptgebäude eindeutig als solche kenntlich gemacht wären, wäre aufgrund des § 5 Abs 6 der Bebauungsvorschriften Klosterneuburg unklar, in welcher Weise insbesondere seitliche Baufluchtlinien aus den Außenseiten dieser Bestandsbauten abgeleitet werden sollten: Sollte etwa eine Baufluchtlinie vom am weitesten "links" bzw. "rechts" gelegenen Punkt eines jeden kenntlich gemachten Hauptgebäudes in gerader Linie bis zur hinteren Grundgrenze gezogen werden, so bliebe offen, in welchem Winkel diese Linie verlaufen sollte - denkbar wäre ein rechter Winkel zur Straßenfluchtlinie ebenso wie ein paralleler Verlauf zur Grenze zum Nachbargrundstück oder zu den Außenseiten des Bestandsgebäudes (letzteres allerdings nur, wenn es sich um ein Gebäude mit gerader Außenseite handelt).
Insgesamt verstößt § 5 Abs 6 der Bebauungsvorschriften Klosterneuburg somit gegen die an raumordnungsrechtliche Pläne zu stellenden rechtsstaatlichen Anforderungen und war als gesetzwidrig aufzuheben.
Dasselbe gilt für § 5 Abs 7 und Abs 8 der Bebauungsvorschriften Klosterneuburg: Diese Bestimmungen knüpfen durch ihre Bezugnahme auf die "durch den Altbestand definierten Abstände" bzw. durch die Formulierung "Ansonsten ..." an den unklaren Inhalt des § 5 Abs 6 der Bebauungsvorschriften Klosterneuburg an und entsprechen schon deshalb ebenso wenig den an raumordnungsrechtliche Pläne zu stellenden rechtsstaatlichen Anforderungen.
Wegen untrennbaren Zusammenhanges mit § 5 Abs 6 bis 8 der Bebauungsvorschriften Klosterneuburg waren auch die in Prüfung gezogene Wortfolge des Legendenblattes des Bebauungsplans und die Festlegung der Bebauungsweise "a" für die Baugrundstücke als gesetzwidrig aufzuheben.
Wegen Zutreffens dieser Primärbedenken war auf die weiteren, gewissermaßen hilfsweise in den Prüfungsbeschluss aufgenommenen Bedenken nicht einzugehen.
4. Die Verpflichtung der Niederösterreichischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG und § 60 Abs 2 VfGG.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.