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VfGH vom 17.03.2022, V531/2020

VfGH vom 17.03.2022, V531/2020

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit der Verordnung einer Tiroler Gemeinde betreffend eine Fußgängerzone mangels (Nachweises) der nach einer Bestimmung der StVO 1960 erforderlichen Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretung der ansässigen Berufsgruppen

Spruch

I.Die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Ischgl vom betreffend die Einrichtung einer Fußgängerzone war vom bis zum gesetzwidrig.

II.Die Tiroler Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Tirol,

"der Verfassungsgerichtshof möge ein Verordnungsprüfungsverfahren in Bezug auf die nicht gehörige Kundmachung der in der Sitzung des Gemeinde[…]rates der Gemeinde Ischgl vom beschlossenen Verordnung einer Fußgängerzone gemäß Art139 Abs3 iVm Abs4 B-VG einleiten und feststellen, dass die gesamte Verordnung im Geltungszeitraum ab ihrer Kundmachung vom bis zum gesetzwidrig war."

II. Rechtslage

1. Die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Ischgl vom betreffend die Einrichtung einer Fußgängerzone, der mit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Ischgl vom über die Einrichtung einer Fußgängerzone und die Festsetzung von Taxistandplätzen derogiert wurde, lautete (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"VERORDNUNG

Fußgängerzone

Die Gemeinde Ischgl verfügt gem. §76 a STVO in Verbindung mit §94 d Zif 8 STVO und nach Durchführung des Anhörungsverfahrens gemäß §94 f STVO 1960 im eigenen Wirkungsbereich zur Gewährleistung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs in der Gemeinde Ischgl nachstehende Verkehrsregelung:

§1

Die Dorfstraße im Bereich von Haus Nr 49 (Raiffeisenbank) bis zum Hotel Salnerhof – Dorfstraße 98, der Kirchenweg ab Kreuzung Kirchenweg/Oberer Kirchenweg, der Bachweg, der Persuttweg und der Silvrettaplatz (ausgenommen abgezäunte Privatgrundstücke) werden vom jeweils ersten Donnerstag einer jeden Wintersaison bis zum letzten Sonntag der jeweiligen Wintersaison durchgehend von 00.00 Uhr bis 24.00 Uhr zur Fußgängerzone erklärt und ist jeglicher Fahrzeugverkehr innerhalb dieses Bereiches verboten.

§2

Ausgenommen von diesem Verbot sind:

a)Fahrten von innerhalb der Fußgängerzone beherbergten Gästen bei der An- und Abreise auf dem kürzesten Weg zum oder vom Unterkunftsort.

b)Fahrten von innerhalb der Fußgängerzone wohnhaften oder beschäftigten Personen mit Berechtigungskarte, auf dem kürzesten Weg zum oder vom Ort der Unterkunft oder Arbeitsstätte soweit hauseigene Parkplätze vorhanden sind.

c)Zustellung von Frischwaren zwischen 06.00 – 09.00 Uhr (nur mit Berechtigung der Gemeinde), alle übrigen Zustelldienste zwischen 07.00 – 09.00 Uhr und 11.00 – 14.30 Uhr (nur mit Berechtigung der Gemeinde).

d)Fahrräder

e)landwirtschaftliche Fahrzeuge mit Standort Ischgl

f)Kutschen im Zuge der Gästebeförderung

g)Zufahrt zu den 3 Behindertenparkplätzen am Silvrettaplatz

§3

Für die in §2 aufgezählten Ausnahmen, die in der Fußgängerzone fahren dürfen, gilt Einbahnregelung - Fahrtrichtung taleinwärts vom Haus Dorfstraße 50 bis zum Hotel Silvretta — Dorfstraße 74.

§4

Die Verordnung ist auf folgende Weise kundzumachen:

a)Durch Anschlag der Verordnung an der Gemeindetafel.

b)Durch das Aufstellen der Verkehrszeichen gem. §53 Zif. 9 a STVO 1960 [mit] Zusatztafel gem. §54 STVO 1960 und die Auflistung der unter §2 aufgezählten Ausnahmen an folgenden Orten:

Von der Dorfstraße aus gesehen taleinwärts vor dem Haus Nr 49

Im Bereich des Hauses Mutta und bei der Auffahrt neben der Kegelbahn – Beginn Bachweg und Beginn Persuttweg […]

An der Kirche im Bereich des Kriegerdenkmales außerhalb der Friedhofsmauer

Am Beginn des Silvrettaplatzes

An der Dorfstraße talauswärts gesehen beim Haus Dorfstraße 97.

c)Durch das Anbringen des Hinweiszeichens gem. §53 Zif. 9 b STVO 1960 'Ende der Fußgängerzone' auf der Rückseite der unter Punkt b) beschriebenen Verkehrszeichen.

d)Durch Anbringen des Vorschriftszeichens gem. §52 Zif. 2 STVO 1960 ('Einfahrt verboten') in Fahrtrichtung talauswärts vor dem Hotel Yscla.

e)Durch Anbringen des Hinweiszeichens gem. §53 Zif. 10 STVO 1960 ('Einbahn' mit Fahrtrichtungspfeil taleinwärts) bei der Kreuzung Persuttweg/Dorfstraße und der Auffahrt beim Haus Dorfstraße 60.

Der Gemeinderat

i.V. Der Bürgermeister

[…]"

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom , mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), BGBl 159/1960, idF BGBl I 42/2018 lauten:

"§44. Kundmachung der Verordnungen.

(1) Die im §43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten. […]

(1a) – (5) […]

§53. Die Hinweiszeichen

(1) Die Hinweiszeichen weisen auf verkehrswichtige Umstände hin. Hinweiszeichen sind die folgenden Zeichen:

1a. – 8d. […]

9a. 'FUSSGÄNGERZONE'

[Zeichen]

Dieses Zeichen zeigt den Beginn einer Fußgängerzone an. Es bedeutet gleichzeitig, dass hier jeglicher Fahrzeugverkehr verboten ist, sofern sich aus §76a nichts anderes ergibt. Dieses Zeichen darf auch nur auf der Fahrbahn angebracht werden.

9b. 'ENDE EINER FUSSGÄNGERZONE'

[Zeichen]

Dieses Zeichen zeigt das Ende einer Fußgängerzone an. Es darf auch nur auf der Fahrbahn angebracht werden.

9c. – 29. […]

(2) […]

§54. Zusatztafeln.

(1) Unter den in den §§50, 52 und 53 genannten Straßenverkehrszeichen […] können auf Zusatztafeln weitere, das Straßenverkehrszeichen […] erläuternde oder wichtige, sich auf das Straßenverkehrszeichen […] beziehende, dieses erweiternde oder einschränkende oder der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs dienliche Angaben gemacht werden.

(2) – (5) […]

§76a. Fußgängerzone

(1) Die Behörde kann, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs, insbesondere des Fußgängerverkehrs, die Entflechtung des Verkehrs oder die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines Gebäudes oder Gebietes erfordert, durch Verordnung Straßenstellen oder Gebiete dauernd oder zeitweilig dem Fußgängerverkehr vorbehalten (Fußgängerzone). […] In einer solchen Fußgängerzone ist jeglicher Fahrzeugverkehr verboten, sofern sich aus den folgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt; das Schieben eines Fahrrades ist erlaubt. Die Bestimmungen des §45 über Ausnahmen in Einzelfällen bleiben unberührt.

(2) Sind in einer Fußgängerzone Ladetätigkeiten erforderlich, so hat die Behörde in der Verordnung nach Abs1 nach Maßgabe der Erfordernisse die Zeiträume zu bestimmen, innerhalb deren eine Ladetätigkeit vorgenommen werden darf. Ferner kann die Behörde in der Verordnung nach Abs1 nach Maßgabe der Erfordernisse und unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten bestimmen, daß mit

1. Kraftfahrzeugen des Taxi- und Mietwagen-Gewerbes und Fiakern jeweils zum Zubringen oder Abholen von Fahrgästen,

2. Kraftfahrzeugen des Gästewagen-Gewerbes zum Zubringen oder Abholen von Fahrgästen von Beherbergungsbetrieben,

3. Fahrrädern und

4. Kraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht bis zu 3 500 kg, die zur Ausübung der Tätigkeit als Handelsvertreter dienen und die mit einer Tafel mit der Aufschrift 'Bundesgremium der Handelsvertreter, Kommissionäre und Vermittler' und mit dem Amtssiegel des Landesgremiums, dem der Handelsvertreter angehört, gekennzeichnet sind,

die Fußgängerzone dauernd oder zu bestimmten Zeiten befahren werden darf.

(2a) Die Behörde kann weiters in der Verordnung nach Abs1 nach Maßgabe der Erfordernisse (wie insbesondere der Erreichbarkeit von Ärztezentren, Ambulatorien, Sozialversicherungseinrichtungen und dgl.) und unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten auch bestimmen, dass Inhaber eines Ausweises gemäß §29b Abs1 oder Lenker von Fahrzeugen in der Zeit, in der sie einen Inhaber eines Ausweises gemäß §29b Abs1 befördern, die Fußgängerzone dauernd oder zu bestimmten Zeiten befahren dürfen. Hat die Behörde in der Verordnung nach Abs1 Zeiträume bestimmt, innerhalb derer eine Ladetätigkeit vorgenommen werden darf, dürfen Inhaber eines Ausweises gemäß §29b Abs1 oder Lenker von Fahrzeugen in der Zeit, in der sie einen Inhaber eines Ausweises gemäß §29b Abs1 befördern, zu diesen Zeiten jedenfalls die Fußgängerzone befahren.

(3) Für die Kundmachung einer Verordnung nach Abs1 gelten die Bestimmungen des §44 Abs1 mit der Maßgabe sinngemäß, daß am Anfang und am Ende einer Fußgängerzone die betreffenden Hinweiszeichen (§53 Z9a bzw 9b) anzubringen sind.

(4) An Stelle einer Zusatztafel können die vorgesehenen Angaben im blauen Feld des Hinweiszeichens angebracht werden, wenn dadurch die Erkennbarkeit des Zeichens nicht beeinträchtigt wird.

(5) Unbeschadet der Bestimmung des Abs2 dürfen Fußgängerzonen

a) mit Fahrzeugen des Straßendienstes und der Müllabfuhr sowie gegebenenfalls mit Schienenfahrzeugen und Omnibussen des Kraftfahrlinienverkehrs,

b) mit den zur Durchführung einer unaufschiebbaren Reparatur eines unvorhersehbar aufgetretenen Gebrechens notwendigen Fahrzeugen,

c) mit Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Feuerwehr in Ausübung des Dienstes und

d) mit Krankentransportfahrzeugen, sofern der Ausgangs- oder Endpunkt des Krankentransports in der Fußgängerzone liegt,

befahren werden.

(6) Die Lenker von Fahrzeugen dürfen in eine Fußgängerzone nur an den hiefür vorgesehenen Stellen einfahren. Sie haben von ortsgebundenen Gegenständen oder Einrichtungen (wie Häusern, Brunnen, Laternen, Bänken, Bäumen u. dgl.) einen der Verkehrssicherheit entsprechenden seitlichen Abstand einzuhalten und dürfen nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren. […]

(7) Fußgänger dürfen in Fußgängerzonen auch die Fahrbahn benützen. Sie dürfen dabei aber den erlaubten Fahrzeugverkehr nicht mutwillig behindern.

§94d. Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

Sofern der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf Straßen, die nach den Rechtsvorschriften weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen gelten noch diesen Straßen gleichzuhalten sind, beziehen soll, sind folgende Angelegenheiten von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen:

1. – 7. […]

8. die Bestimmung von Fußgängerzonen und die Bewilligung von Ausnahmen für Fußgängerzonen (§76a),

8a. – 20. […].

§94f. Mitwirkung

(1) Vor Erlassung einer Verordnung ist, außer bei Gefahr im Verzuge und bei Verordnungen gemäß §43 Abs1a, die Autobahnen betreffen, anzuhören:

a) […]

b) von der Gemeinde (§94c und d):

1. […]

2. wenn Interessen von Mitgliedern einer Berufsgruppe berührt werden, die gesetzliche Interessenvertretung dieser Berufsgruppe.

(2) – (3) […]"

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Beim Landesverwaltungsgericht Tirol ist ein Verfahren über eine Beschwerde gegen ein mündlich verkündetes Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom , Z VK-4281-2019, anhängig, mit welchem über den Beschwerdeführer gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,– verhängt wurde, weil dieser am um 10.30 Uhr in der Gemeinde Ischgl in der Dorfstraße auf Höhe der Hausnummer 95 als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw die Fußgängerzone befahren und damit gegen §76a Abs1 StVO 1960 verstoßen habe.

2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellt das Landesverwaltungsgericht Tirol nach Art139 Abs1 Z1 B-VG den Antrag, "der Verfassungsgerichtshof möge ein Verordnungsprüfungsverfahren in Bezug auf die nicht gehörige Kundmachung der in der Sitzung des Gemeindesrates der Gemeinde Ischgl vom beschlossenen Verordnung einer Fußgängerzone gemäß Art139 Abs3 iVm Abs4 B-VG einleiten und feststellen, dass die gesamte Verordnung im Geltungszeitraum ab ihrer Kundmachung vom bis zum gesetzwidrig war."

2.1. Zur Präjudizialität führt das Landesverwaltungsgericht aus, dass es die Verordnung anzuwenden habe, weil diese dem angefochtenen Straferkenntnis zugrunde liege.

2.2. Seine Bedenken hinsichtlich des Anhörungsverfahrens, dessen Durchführung vor Erlassung einer Verordnung nach §94f Abs1 litb Z2 StVO 1960 geboten sei, legt das Landesverwaltungsgericht im Wesentlichen wie folgt dar:

"Gemäß §94f Abs1 litb Z2 StVO 1960 ist vor Erlassung einer Verordnung, außer bei Gefahr im Verzuge von der Gemeinde (§94c und d), wenn Interessen von Mitgliedern einer Berufsgruppe berührt werden, die gesetzliche Interessenvertretung dieser Berufsgruppe anzuhören. Seitens der Gemeinde wurde gegenüber dem Landesverwaltungsgericht diesbezüglich mitgeteilt, dass man bestrebt gewesen sei, die Wirtschaftskammer in den normativen Prozess einzubinden. Nach entsprechenden Anfragen sei lediglich erklärt worden, dass eine Erweiterung der Taxistandplätze in deren Interesse liege und Unterlagen über ein separates Ermittlungsverfahren nicht vorlägen.

Bereits dies begründet erhebliche Zweifel an der Wahrung der in §94f Abs1 litb Z2 StVO normierten Anhörungsrechte. Dazu kommt, dass durch die saisonale Fußgängerzone auch Interessen von Mitgliedern von Berufsgruppen betroffen sein können, die innerhalb der Verbotszone ihre Arbeitsstätte oder ihren Geschäftssitz haben […]. Derartige Berufsgruppen sind diesfalls im Rahmen des Verordnungserlassungsverfahrens anzuhören. Die Missachtung von in §94f Abs1 litb Z2 StVO normierten Anhörungsrechten bewirkt eine Gesetzwidrigkeit der Verordnung.

Es wurden von der Gemeinde trotz entsprechender Aufforderung des Verwaltungsgerichtes keine Nachweise vorgelegt, welche den Verordnungserlassungsprozess dokumentieren und die Wahrung der Anhörungsrechte betroffener Berufsgruppen belegen. Es ist daher von einer Verletzung der in §94f Abs1 litb Z2 StVO 1960 normierten Anhörungsrechte auszugehen, was eine Gesetzwidrigkeit der Verordnung nach sich zieht."

2.3. Seine Bedenken hinsichtlich der hinreichenden Bestimmtheit der Verordnung legt das Landesverwaltungsgericht im Wesentlichen wie folgt dar:

"Gemäß §1 der Verordnung umfasst die Fußgängerzone unter anderem die Dorfstraße von Haus Nr 49 (Raiffeisenbank) 'bis zum Hotel Salnerhof – Dorfstraße 98'. Der Aufstellungsort des Hinweiszeichens gemäß §53 Abs1 Z9a StVO wird in §4 litb der Verordnung mit der Formulierung 'An der Dorfstraße talauswärts gesehen beim Haus Dorfstraße 97' umschrieben.

Die zur Dorfstraße gewandte Front des Hotels Salnerhof weist eine Länge von ca 40 m auf. Jene des gegenüberliegenden Gramaserhofs ca 20 m. Schon allein auf Grund der Formulierungen in der Verordnung und der Länge der als Bezugspunkte herangezogenen Gebäude kann (anders als etwa in Bezug auf das nordöstliche Ende der [Fußgänger]zone, das mit 'taleinwärts vor dem Haus Nr 49' festgelegt wurde) […] nicht von einer ausreichend konkreten Umschreibung des Geltungsbereiches bzw des Ortes der Kundmachung gesprochen werden. Tatsächlich befand sich der Aufstellungsort des Hinweiszeichens 'Fußgängerzone' talauswärts gesehen, also in Richtung Nordosten, mehr als 5 m nach dem Haus Dorfstraße 97, nämlich nach der Zufahrt zu den nordöstlich dieses Gebäudes gelegenen Parkplätzen.

Der Verordnungsgeber hat es daher verabsäumt, den örtlichen Geltungsbereich [der] Fußgängerzone derart möglichst genau zu umschreiben, dass der Normunterworfene dem Verordnungstext die Strecke des angeordneten Gebotes unzweifelhaft entnehmen kann. Die angefochtene Verordnung ist daher auch aus diesen Gründen gesetzwidrig."

2.4. Seine Bedenken hinsichtlich der ordnungsgemäßen Kundmachung der Verordnung legt das Landesverwaltungsgericht im Wesentlichen wie folgt dar:

"Wie bereits dargelegt stimmt […] der Aufstellungsort des Hinweiszeichens gemäß §53 Abs1 Z9a StVO am südwestlichen Ende der Fußgängerzone nicht mit dem in der Verordnung (an sich schon nicht ausreichend konkret festgelegten) Ort ('talauswärts gesehen beim Haus Dorfstraße 97') überein. Das Hinweiszeichen befand sich talauswärts (also in Richtung Ortszentrum) mehr als 5 m vom nordwestlichen Eck des Hauses Dorfstraße 97 entfernt. Gleiches gilt in Bezug auf den Aufstellungsort beim Silvrettaplatz, wo die Distanz zwischen der Einmündung des Silvrettaplatzes in den Kreisverkehr (der B 188) und dem Aufstellungsort mehr als 5 m beträgt.

Bei einer Fußgängerzone ist die Anbringung des entsprechenden Hinweiszeichens (samt allfälliger Zusatztafel) an allen (für die jeweilige betroffene Fahrzeugkategorie zulässigen) Ein- und Ausfahrten der Zone erforderlich. Davon kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Vom Bodenweg aus ist über zwei asphaltierte, für PKWs ohne weiters befahrbare Wege ein Zufahren zum Kernbereich der Dorfstraße möglich. […] Dementsprechend wäre die Fußgängerzone auch bei diesen Zufahrten kundzumachen gewesen.

[…] Am Beginn des Silvrettaplatzes (links) und bei der RAIKA (links) waren Hinweiszeichen gemäß [§] 53 Abs1 Z9a StVO ohne Zusatztafel, auf welcher die in der Verordnung festgelegten Ausnahmen angeführt sind, aufgestellt. Dies stellt keine gesetzmäßige Kundmachung dar."

3. Der Gemeinderat der Gemeinde Ischgl hat die Verordnungsakten vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der er auf eine im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht eingebrachte Stellungnahme verweist und vorbringt, dass die angefochtene Verordnung entgegen der Rechtsansicht des Landesverwaltungsgerichtes ordnungsgemäß kundgemacht und im Geltungszeitraum vom bis zum gesetzeskonform gewesen sei.

4. Die Tiroler Landesregierung hat von der Erstattung einer Äußerung abgesehen.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof geht beginnend mit VfSlg 20.182/2017 davon aus, dass eine "gehörig kundgemachte" generelle Norm – also eine an einen unbestimmten, externen Personenkreis adressierte, verbindliche Anordnung von Staatsorganen – bereits dann vorliegt, wenn eine solche Norm ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz erlangt (VfSlg 12.382/1990, 16.875/2003, 19.058/2010, 19.072/2010, 19.230/2010 uva.; s. auch , sowie die Rechtsprechung zu nicht ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen VfSlg 16.152/2001, 16.848/2003 und die darin zitierte Vorjudikatur). Es ist nicht notwendig, dass die Kundmachung der Norm in der rechtlich vorgesehenen Weise erfolgt. Demnach haben auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen gemäß Art139 B-VG anzuwenden und diese, wenn sie Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten. Bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind sie für jedermann verbindlich.

1.2. Die angefochtene Verordnung wurde durch die von den Verfahrensparteien nicht bestrittene Anbringung von Hinweiszeichen gemäß §53 Abs1 Z9a und 9b StVO 1960 kundgemacht, sodass sie mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen ist.

1.3. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B-VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B-VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Normenprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Teil der Bestimmung nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Stelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 6.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; ). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; ).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; ; , G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Verordnungsbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit das Gericht solche Normen anficht, die denkmöglich eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bilden und damit präjudiziell sind; dabei darf aber nach §57 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Vorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN  ua; vgl auch ; , G103-104/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013;  ua).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die für das antragstellende Gericht offenkundig keine Voraussetzung seiner Entscheidung im Anlassfall bilden und die somit nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle einer ganzen Verordnung), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; ; , G183/2016 ua).

Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl zB VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.

1.4. Dem Beschwerdeführer im Anlassverfahren wird zur Last gelegt, er habe eine Verwaltungsübertretung begangen, indem er in der Gemeinde Ischgl als Lenker eines Pkw die Dorfstraße im örtlichen Geltungsbereich der mit der angefochtenen Verordnung eingerichteten Fußgängerzone befahren habe. Es ist daher offenkundig, dass das Landesverwaltungsgericht die angefochtene Verordnung jedenfalls in dem Umfang anzuwenden hat, als sie die Dorfstraße in der Gemeinde Ischgl zur Fußgängerzone erklärt. Auch vor dem Hintergrund der im Antrag ins Treffen geführten Bedenken geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass jene Wortfolgen in §1 der angefochtenen Verordnung, mit denen vier weitere, jeweils in die Dorfstraße einmündende Straßen in den örtlichen Geltungsbereich der Fußgängerzone einbezogen werden, in einem derart engen Regelungszusammenhang stehen, dass insoweit von einem untrennbaren Zusammenhang auszugehen ist (vgl VfSlg 20.184/2015; vgl zudem hinsichtlich der §§2 bis 4 der angefochtenen Verordnung bereits V3/2018).

1.5. Da keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. Der Antrag ist begründet.

2.3. Das Landesverwaltungsgericht äußert das Bedenken, dass die angefochtene Verordnung gesetzwidrig sei, weil der Gemeinderat der Gemeinde Ischgl als verordnungserlassende Behörde die nach §94f Abs1 litb Z2 StVO 1960 gebotene Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretungen der Berufsgruppen, deren Mitglieder durch die angefochtene Verordnung in ihren Interessen berührt werden, unterlassen habe.

2.4. Damit ist das Landesverwaltungsgericht im Recht:

2.5. Gemäß §94f Abs1 litb Z2 StVO 1960 hat die Gemeinde vor der Erlassung einer straßenpolizeilichen Verordnung nach §94d StVO 1960 – außer bei Gefahr im Verzuge – die gesetzliche Interessenvertretung einer Berufsgruppe anzuhören, wenn Interessen von Mitgliedern dieser Berufsgruppe berührt werden. Der Verfassungsgerichtshof hat dazu in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass das Interesse einer Berufsgruppe jedenfalls dann berührt wird, wenn durch eine Verkehrsbeschränkung die Ausübung des betreffenden Gewerbes erschwert oder gar unterbunden wird. Wird diese Anhörungspflicht verletzt, haftet der Verordnung ein formaler Mangel an. Sie ist – wegen Verstoßes gegen §94f Abs1 litb Z2 StVO 1960 – gesetzwidrig (vgl insoweit VfSlg 5784/1968, 8686/1977, 9818/1983, 11.920/1988, 13.783/1994, 14.053/1995, 14.439/1996, 16.096/2001).

2.6. Wie der Verfassungsgerichtshof zudem ausdrücklich festgestellt hat, kann eine straßenpolizeiliche Verordnung im Fall des Bestehens einer Anhörungspflicht gemäß §94f Abs1 litb Z2 StVO 1960 nur dann gesetzmäßig zustande kommen, wenn die von der Gemeinde insoweit ergriffenen Maßnahmen ihren Niederschlag auch in den Verordnungsakten finden (VfSlg 16.096/2001; vgl analog zum Ermittlungsverfahren nach §43 Abs1 StVO 1960 VfSlg 17.572/2005, 18.766/2009).

2.7. Mit der angefochtenen Verordnung wird in der Gemeinde Ischgl jeweils für die Wintersaison eine Fußgängerzone eingerichtet, die jedenfalls die Interessen von Mitgliedern der Berufsgruppen berührt, die innerhalb der Fußgängerzone ihre Arbeitsstätte oder ihren Geschäftssitz haben (vgl dazu VfSlg 16.096/2001). Die verordnungserlassende Behörde war daher gemäß §94f Abs1 litb Z2 StVO 1960 verpflichtet, den betroffenen gesetzlichen Interessenvertretungen vor Erlassung der Verordnung Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen.

2.8. Der – im Akt einliegenden – Stellungnahme der verordnungserlassenden Behörde im Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht ist zu entnehmen, dass es in der Gemeinde Ischgl seit mittlerweile etwa 30 Jahren eine Fußgängerzone gebe. Die Bestimmungen hiezu würden laufend evaluiert und der Verordnungstext entsprechend adaptiert werden. Bei Verordnungserlassung sei der Tourismusverband eingebunden gewesen und im Rahmen der Bürgerbeteiligung seien Stellungnahmen abgegeben worden. Der Stellungnahme der verordnungserlassenden Behörde im Beschwerdeverfahren ist weiters die Behauptung zu entnehmen, dass die belangte Behörde bestrebt gewesen sei, Interessenvertretungen wie die Wirtschaftskammer in den normativen Prozess einzubinden. Nach entsprechenden Anfragen habe die Wirtschaftskammer lediglich kundgetan, dass eine Erweiterung von Taxistandplätzen in ihrem Interesse liege. Schließlich führt die verordnungserlassende Behörde in ihrer Stellungnahme im Beschwerdeverfahren aus, dass ihr Unterlagen über ein separates Ermittlungsverfahren nicht mehr vorlägen.

2.9. Die verordnungserlassende Behörde hat in ihrer Äußerung im Verordnungsprüfungsverfahren uneingeschränkt auf ihre Stellungnahme im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht verwiesen (s Pkt. III.3.). Da die verordnungserlassende Behörde folglich keine Unterlagen, aus denen die gebotene Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretung von Berufsgruppen, deren Mitglieder durch die verordnete Fußgängerzone in ihren Interessen berührt werden, vorzuweisen vermag – und auch dem vorgelegten Verordnungsakt dahingehend keine Hinweise zu entnehmen sind –, wurde die angefochtene Verordnung insgesamt im Widerspruch zu §94f Abs1 litb Z2 StVO 1960 erzeugt (vgl die oben unter Rz 30 zitierte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).

2.10. Der Gemeinderat der Gemeinde Ischgl hat am eine neue Verordnung betreffend die Einrichtung einer Fußgängerzone und die Festsetzung von Taxistandplätzen erlassen und die angefochtene Verordnung damit behoben. Der Verfassungsgerichtshof hat sohin – antragsgemäß – auszusprechen, dass die angefochtene Verordnung gesetzwidrig war (zB VfSlg 12.160/1989).

V. Ergebnis

1. Die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Ischgl vom betreffend die Einrichtung einer Fußgängerzone war vom bis zum gesetzwidrig. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren im Antrag dargelegten Bedenken.

2. Die Verpflichtung der Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Feststellung der Gesetzwidrigkeit erfließt aus Art139 Abs5 zweiter Satz B-VG und §59 Abs2 iVm §61 Z1 VfGG und §2 Abs1 litj Tir Landes-Verlautbarungsgesetz 2021.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2022:V531.2020
Schlagworte:
Fußgängerzone, Anhörungsrecht, berufliche Vertretungen, Interessen geschützte, Ermittlungsverfahren, Verordnungserlassung, Straßenpolizei, VfGH / Gerichtsantrag

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