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VfGH vom 26.11.2018, V53/2018 ua

VfGH vom 26.11.2018, V53/2018 ua

Leitsatz

Feststellung der Gesetzwidrigkeit einer Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck über die Verfügung des Ortsgebiets der Stadtgemeinde Hall in Tirol und einer Verordnung des Gemeinderats dieser Stadtgemeinde über eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 40 km/h im gesamten Ortsgebiet wegen signifikanter Abweichung der Aufstellungsorte der Verkehrszeichen vom räumlichen Geltungsbereich der Verordnung

Spruch

I.Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom , Z 4-999-17-1-2009, über die Verfügung des Ortsgebietes der Stadtgemeinde Hall in Tirol war gesetzwidrig.

II.Die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom über eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 40 km/h im gesamten Ortsgebiet der Stadtgemeinde Hall in Tirol, idF der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom , war von bis gesetzwidrig.

III.Die Tiroler Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Tirol,

"der Verfassungsgerichtshof möge ein Verordnungsprüfungsverfahren in Bezug auf die nicht gehörige Kundmachung und die aufgezeigte inhaltliche Rechtswidrigkeit

1.) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom zu ZI 4-999-17-1-2009 mit der das Ortsgebiet von Hall in Tirol kundgemacht wird

2.) der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom gemäß § 20 Abs 2a iVm § 94 d Z 1 Straßenverkehrsordnung 1960 über eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 40 km/h im gesamten Ortsgebiet der Stadtgemeinde Hall in Tirol, ausgenommen B 171, B 171a, L 8 und L 77 idF der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom

einleiten und feststellen, dass beide Verordnungen nicht ordnungsgemäß kundgemacht sind;

In eventu

feststellen, dass die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom zu ZI 4-999-17-1-2009 mit der das Ortsgebiet von Hall in Tirol kundgemacht wird, nicht ordnungsgemäß kundgemacht ist.

In eventu

feststellen, dass die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom gemäß § 20 Abs 2a iVm § 94 d Z 1 Straßenverkehrsordnung 1960 über eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 40 km/h im gesamten Ortsgebiet der Stadtgemeinde Hall in Tirol, ausgenommen B 171, B 171a, L 8 und L 77 idF der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom nicht ordnungs[ge]mäß kundgemacht ist.

In eventu

feststellen, dass die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom zu ZI 4-999-17-1-2009 mit der das Ortsgebiet von Hall in Tirol kundgemacht wird, gesetzwidrig ist und diese aufheben.

In eventu

feststellen, dass die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom gemäß § 20 Abs 2a iVm § 94 d Z 1 Straßenverkehrsordnung 1960 über eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 40 km/h im gesamten Ortsgebiet der Stadtgemeinde Hall in Tirol, ausgenommen B 171, B 171a, L 8 und L 77 idF der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom gesetzwidrig ist und diese aufheben."

II.Rechtslage

1.Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom , Z 4-999-17-1-2009, über die Verfügung des Ortsgebietes der Stadtgemeinde Hall in Tirol lautet auszugsweise:

"Verordnung

Gemäß § 43 Abs 1 litb StVO 1960 i.d.g.F . i.V.m. § 94b Abs 1 litb StVO 1960 i.d.g.F., verordnet die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zur Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs wie folgt:

§1

1. Auf der B171 Tiroler Straße im Gemeindegebiet von Hall i.T. wird ab km 70,549 in Fahrtrichtung Osten 'Ortsgebiet' und in Fahrtrichtung Westen 'Ortsende' verfügt.

2. Auf der B171 Tiroler Straße im Gemeindegebiet von Hall i.T. wird ab km 66,780 in Fahrtrichtung Westen 'Ortsgebiet' und in Fahrtrichtung Osten 'Ortsende' verfügt

3. Auf der B171a Tiroler Straße Abzw Hall Ast Tulfes im Gemeindegebiet von Hall i.T. wird ab 15 m nördlich des Brückenendes der Innbrücke in Fahrtrichtung Norden 'Ortsgebiet' und in Fahrtrichtung Süden 'Ortsende' verfügt.

4. Auf der L77 Löfflerweg wird ab km 0,350 unmittelbar nach der Ausfahrt der Kreisverkehrsanlage in Fahrtrichtung Norden 'Ortsgebiet' und in Fahrtrichtung Süden 'Ortsende' verfügt.

5. Auf der L8 Dörferstraße wird 30 Meter südlich der Kreuzung Schubertstraße mit der L8 Dörferstraße 'Ortsgebiet' in Fahrtrichtung Norden 'Ortsende' verfügt.

§2

Die Kundmachung der Verordnung erfolgt gemäß § 44 Abs 4 StVO 1960 i.d.g.F. durch:

zu 1.: Versetzen des bestehenden Hinweiszeichens gemäß § 53 Zif. 17a StVO 1960 'Ortstafel' auf der B171 Tiroler Straße vom Standort bei km 70,690 zum neuen Standort bei km 70,549 in Fahrtrichtung Hall i.T. Auf der Rückseite des Hinweiszeichens gemäß § 53 Zif. 17a StVO 1960 'Ortstafel' ist jeweils das Hinweiszeichen gemäß § 53 Zif. 17b StVO 1960 'Ortsende' anzubringen.

zu 2.: Anbringung des Hinweiszeichens gemäß § 53 Zif. 17a StVO 1960 'Ortstafel' auf der B171 Tiroler Straße bei km 66,780 in Fahrtrichtung Hall i.T. Auf der Rückseite des Hinweiszeichens gemaß § 53 Zif. 17a StVO 1960 'Ortstafel' ist jeweils das Hinweiszeichen gemäß § 53 Zif. 17b StVO 1960 'Ortsende' anzubringen.

zu 3.: Anbringung des Hinweiszeichens gemäß § 53 Zif. 17a StVO 1960 'Ortstafel' auf der B171A Tiroler Straße Zweig Hall im Gemeindegebiet von Hall i.T. 15 m nördlich des Brückenendes der Innbrücke in Fahrtrichtung Norden. Auf der Rückseite des Hinweiszeichens gemäß § 53 Zif. 17a StVO 1960 'Ortstafel' ist jeweils das Hinweiszeichen gemäß § 53 Zif. 17b StVO 1960 'Ortsende' anzubringen.

zu 4.: Anbringung des Hinweiszeichens gemäß § 53 Zif. 17a StVO 1960 'Ortstafel' auf der der L77 Löfflerweg bei km 0,350 unmittelbar nach der Ausfahrt der Kreisverkehrsanlage in Fahrtrichtung Norden im Gemeindegebiet von Hall i.T. Auf der Rückseite des Hinweiszeichens gemäß § 53 Zif. 17a StVO 1960 'Ortstafel' ist jeweils das Hinweiszeichen gemäß § 53 Zif. 17b StVO 1960 'Ortsende' anzubringen.

zu 5.: Versetzen des bestehenden Hinweiszeichens gemäß § 53 Zif. 17a StVO 1960 'Ortstafel' auf der L8 Dörferstraße vom Standort bei der Kreuzung Schubertstraße mit der L8 Dörferstraße km 70,690 zum neuen Standort 30 Meter südlich der Kreuzung Schubertstraße mit der L8 Dörferstraße. Auf der Rückseite des Hinweiszeichens gemäß § 53 Zif. 17a StVO 1960 'Ortstafel' ist jeweils das Hinweiszeichen gemäß § 53 Zif. 17b StVO 1960 'Ortsende' anzubringen.

§3

Die Verordnung tritt mit Anbringung der Verkehrszeichen in Kraft und werden dieser Verordnung entgegenstehende Verfügungen mit Inkrafttreten dieser Verordnung aufgehoben.

Für den Bezirkshauptmann

[…]"

2.Die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom über eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 40 km/h im gesamten Ortsgebiet der Stadtgemeinde Hall in Tirol, idF der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom , lautet auszugsweise:

"VERORDNUNG

des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom

gemäß § 20 Abs 2 a iVm § 94 d Z 1 Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960,

BGBl Nr 159/1960 idF BGBl I Nr 93/2009,

über eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 40 km/h im gesamten Ortsgebiet der Stadtgemeinde Hall in Tirol, ausgenommen B 171, B 171a, L 8 und L 77:

§1

Für das gesamte Ortsgebiet der Stadtgemeinde Hall in Tirol, ausgenommen der Landesstraßen B 171 Tiroler Straße, B 171a Autobahnzubringer, L 8 Dörfer Straße und L 77 Löfflerweg, wird eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 40 km/h festgelegt.

§2

(1) Die Kundmachung der Verordnung erfolgt gemäß § 44 Abs 1 StVO durch das Anbringen der Vorschriftszeichen gemäß § 52 lita Z 10 a StVO 1960 'Geschwindigkeitsbeschränkung 40 km/h' mit der Zusatztafel gemäß § 54 StVO 1960 mit der Aufschrift 'ausgenommen B 171 und L 77 Löfflerweg' auf sämtlichen Verkehrszeichen 'Ortstafel Hall in Tirol' und das Anbringen der Vorschriftszeichen gemäß § 52 lita Z 10b StVO 1960 'Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung 40 km/h' auf sämtlichen Verkehrszeichen 'Ortsende Hall in Tirol'.

(2) Diese Verordnung tritt mit dem Tag der Anbringung der Verkehrszeichen in Kraft. Gleichzeitig treten vorhergehende, auf § 20 Abs 2a StVO 1960 gestützte Verordnungen außer Kraft.

[…]"

3.Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom , mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960), BGBl 159 idF BGBl I 42/2018, lauten – auszugsweise – wie folgt:

"§2. Begriffsbestimmungen.

(1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt als

[1.-14.]

15. Ortsgebiet: das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen „Ortstafel“ (§53 Z 17a) und „Ortsende“ (§53 Z 17b);

[16.-30.]

[…]

§20. Fahrgeschwindigkeit.

[(1)-(2)]

(2a) Die Behörde kann, abgesehen von den in § 43 geregelten Fällen, durch Verordnung für ein gesamtes Ortsgebiet eine geringere als die nach Abs 2 zulässige Höchstgeschwindigkeit festlegen, sofern dies auf Grund der örtlichen oder verkehrsmäßigen Gegebenheiten nach dem Stand der Wissenschaft zur Erhöhung der Verkehrssicherheit oder zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe und zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt oder aus anderen wichtigen Gründen geeignet erscheint. Sofern dadurch der beabsichtigte Zweck der Verordnung nicht gefährdet wird, sind einzelne Straßen, Straßenabschnitte oder Straßenarten vom Geltungsbereich der Verordnung auszunehmen.

[…]

§43. Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise.

(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung

a) […]

b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,

1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen,

2. den Straßenbenützern ein bestimmtes Verhalten vorzuschreiben, insbesondere bestimmte Gruppen von der Benützung einer Straße oder eines Straßenteiles auszuschließen oder sie auf besonders bezeichnete Straßenteile zu verweisen;

[c) - d)…]

[…]

§44. Kundmachung der Verordnungen.

(1) Die im § 43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten. Parteien im Sinne des § 8 AVG ist die Einsicht in einen solchen Aktenvermerk und die Abschriftnahme zu gestatten. Als Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung von im § 43 bezeichneten Verordnungen kommen die Vorschriftszeichen sowie die Hinweiszeichen 'Autobahn', 'Ende der Autobahn', 'Autostraße', 'Ende der Autostraße', 'Einbahnstraße', 'Ortstafel', 'Ortsende', 'Internationaler Hauptverkehrsweg', 'Straße mit Vorrang', 'Straße ohne Vorrang', 'Straße für Omnibusse' und 'Fahrstreifen für Omnibusse' in Betracht. Als Bodenmarkierungen zur Kundmachung von im § 43 bezeichneten Verordnungen kommen Markierungen, die ein Verbot oder Gebot bedeuten, wie etwa Sperrlinien, Haltelinien vor Kreuzungen, Richtungspfeile, Sperrflächen, Zickzacklinien, Schutzwegmarkierungen oder Radfahrerüberfahrtmarkierungen in Betracht.

[(1a)-(3)]

(4) Verordnungen, die sich durch ein Vorschriftszeichen ausdrücken lassen und für ein ganzes Ortsgebiet oder für Straßen mit bestimmten Merkmalen innerhalb eines Ortsgebietes gelten, werden mit den entsprechenden Vorschriftszeichen und der etwa erforderlichen Zusatztafel in unmittelbarer Verbindung mit dem Hinweiszeichen „Ortstafel“ gehörig kundgemacht. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung dieser Zeichen ist in einem Aktenvermerk (§16 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl Nr 51/1991) festzuhalten. Solche Verordnungen sind im Ortsgebiet überdies ortsüblich zu verlautbaren.

[…]

§48. Anbringung der Straßenverkehrszeichen.

(1) Die Straßenverkehrszeichen (§§50, 52 und 53) sind als Schilder aus festem Material unter Bedachtnahme auf die Art der Straße und unter Berücksichtigung der auf ihr üblichen Verkehrsverhältnisse, namentlich der darauf üblichen Geschwindigkeit von Fahrzeugen, in einer solchen Art und Größe anzubringen, daß sie von den Lenkern herannahender Fahrzeuge leicht und rechtzeitig erkannt werden können. Im Verlauf derselben Straße sind womöglich Straßenverkehrszeichen mit gleichen Abmessungen zu verwenden.

[(1a)-(3)]

(4) Auf einer Anbringungsvorrichtung für Straßenverkehrszeichen (wie Standsäulen, Rahmen, Träger und dgl.) dürfen nicht mehr als zwei Straßenverkehrszeichen angebracht werden; dies gilt nicht


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1.
für eine Kundmachung nach § 25 Abs 2 oder § 44 Abs 4,
2.
für die Anbringung der Hinweiszeichen „Wegweiser“ sowie
3.
für die Anbringung von Straßenverkehrszeichen, deren Inhalt miteinander in Zusammenhang steht.
Die Anbringung sonstiger Beschriftungen, bildlicher Darstellungen, Tafeln oder dgl. auf derselben Anbringungsvorrichtung bewirkt - unbeschadet der § 31 Abs 2 und 53 Abs 1 Z 17a - nicht die Unwirksamkeit der Kundmachung einer Verordnung (§44 Abs 1).

[…]

§94b. Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde

(1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern der Akt der Vollziehung nur für den betreffenden politischen Bezirk wirksam werden soll und sich nicht die Zuständigkeit der Gemeinde oder – im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist – der Landespolizeidirektion ergibt, die Bezirksverwaltungsbehörde

a) […]

b) für die Erlassung von Verordnungen und Bescheiden,

[c) - h)]

(2) […]

§94c. Übertragener Wirkungsbereich der Gemeinde

(1) Die Landesregierung kann durch Verordnung von der Bezirksverwaltungsbehörde zu besorgende Angelegenheiten (§94b), die nur das Gebiet einer Gemeinde betreffen, wenn und insoweit dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit gelegen ist, dieser Gemeinde übertragen. Bei der Besorgung der übertragenen Angelegenheiten tritt die Gemeinde an die Stelle der Bezirksverwaltungsbehörde. Vor Erlassung der Verordnung ist der Bezirksverwaltungsbehörde Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(2) Die Übertragung kann sich, sofern sich aus Abs 3 nichts anderes ergibt, sowohl auf gleichartige einzelne, als auch auf alle im § 94b bezeichneten Angelegenheiten hinsichtlich einzelner oder aller Straßen beziehen. Angelegenheiten des Verwaltungsstrafverfahrens mit Ausnahme der Vollziehung des § 50 VStG und Angelegenheiten des Verkehrsunterrichtes (§101) sind von der Übertragung ausgeschlossen. Die Übertragung ist durch Verordnung zu widerrufen oder einzuschränken, wenn die Voraussetzungen, unter denen sie erfolgt ist, überhaupt weggefallen bzw nicht mehr im seinerzeitigen Umfang gegeben sind.

[…]

§94d. Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

Sofern der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf Straßen, die nach den Rechtsvorschriften weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen gelten noch diesen Straßen gleichzuhalten sind, beziehen soll, sind folgende Angelegenheiten von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen:

1. die Erlassung von Verordnungen nach § 20 Abs 2a,

[1a.-3a.]

4. die Erlassung von Verordnungen nach § 43, mit denen

a) Beschränkungen für das Halten und Parken,

b) ein Hupverbot,

c) ein Benützungsverbot für Radfahranlagen durch Rollschuhfahrer oder

d) Geschwindigkeitsbeschränkungen

erlassen werden,

4a. die Erlassung von Verordnungen nach § 43 Abs 2a,

[…]"

III.Antragsvorbringen und Vorverfahren

1.Beim Landesverwaltungsgericht Tirol ist ein Beschwerdeverfahren anhängig, dem folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1.Mit dem Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom wird dem Beschwerdeführer vor dem antragstellenden Gericht zur Last gelegt, er habe bei einer Fahrt am um 20.14 Uhr in Hall in Tirol, Trientlstraße 5, Fahrtrichtung Norden, die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte höchstzulässige Geschwindigkeit von 40 km/h um 43 km/h überschritten. Die Überschreitung sei mit einem geeichten Messgerät festgestellt worden und die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lita Z 10a StVO begangen und es werde über ihn gemäß § 99 Abs 2e StVO eine Geldstrafe in der Höhe von € 250,–, im Nichteinbringlichkeitsfall drei Tage und 23 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Zudem wurde ihm die Zahlung von € 25,– als Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens aufgetragen.

1.2.Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer vor dem antragstellenden Gericht fristgerecht Beschwerde. Sowohl in seiner Beschwerde als auch in einem zweiten nachgereichten Schriftsatz vom führte er aus, dass die im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren zugrunde liegende Geschwindigkeitsbeschränkung nicht gesetzmäßig kundgemacht worden sei.

2.Das Landesverwaltungsgericht Tirol stellte aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens einen Antrag auf Verordnungsprüfung beim Verfassungsgerichtshof und brachte darin die folgenden – auszugsweise wiedergegebenen – Bedenken vor:

"1. Prozessvoraussetzungen:

Die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom gemäß § 20 Abs 2a iVm § 94 d Z 1 Straßenverkehrsordnung 1960 über eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 40 km/h im gesamten Ortsgebiet der Stadtgemeinde Hall in Tirol, ausgenommen B 171, B 171a, L 8 und L 77 idF der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom in Verbindung mit der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom zu ZI 4-999-17-1-2009 (mit dieser Verordnung wird das Ortsgebiet von Hall i.T. durch die Verkehrszeichen 'Ortsgebiet' und Ortsende' räumlich definiert) bilden eine Voraussetzung für die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Tirol im anhängenden Beschwerdeverfahren.

Dies aus folgenden Gründen:

Im vorliegenden Fall wurde dem Beschwerdeführer mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom vorgeworfen, dass er am um 20.14 Uhr in Hall in Tirol, Höhe Trientlstraße 5, Fahrtrichtung Norden eine durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte höchstzulässige Geschwindigkeit von 40 km/h um 43 km/h überschritten habe und hierdurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 lita Z 10a StVO iVm § 99 Abs 2e StVO begangen zu haben.

Die rechtliche Grundlage für diese Übertretung ist die nunmehr angefochtene oben zitierte Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol.

An die in Geltung stehende Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol ist auch das Landesverwaltungsgericht Tirol insofern gebunden, da unter Bezugnahme auf die Änderung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Prüfung nicht ordnungsgemäß kundgemachter genereller Normen durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , V4/2017, nunmehr ein Verordnungsprüfungsverfahren verbunden mit der Feststellung, dass die Verordnung gesetzwidrig mangels ordnungsgemäßer Kundmachung nach Art 139 Abs 1 Z 1 BVG zu beantragen ist.

2. In der Sache:

a.) Zum Kundmachungsmangel im Bereich Kreuzung Breitweg/Reinmichl Straße § 48 Abs 4 StVO folgend, dürfen auf einer Anbringungsvorrichtung für Straßenverkehrszeichen (wie Standsäulen, Rahmen, Träger und dgl) nicht mehr als zwei Straßenverkehrszeichen angebracht werden.

§48 Abs 4 Z 1 2. Fall sieht hierfür auch eine Ausnahme vor und bestimmt, dass gemäß § 44 Abs 4 StVO Verordnungen, die sich durch ein Vorschriftszeichen ausdrücken lassen und für ein ganzes Ortsgebiet oder für Straßen mit bestimmten Merkmalen innerhalb eines Ortsgebietes gelten, mit den entsprechenden Vorschriftszeichen und der etwa erforderlichen Zusatztafel in unmittelbarer Verbindung mit dem Hinweiszeichen gemäß § 53 Abs 1 Z 17a StVO 'Ortstafel' gehörig kundgemacht werden.

Insofern sieht der Gesetzgeber ein Abweichen von der grundsätzlichen Regelung, dass auf einer Anbringungsvorrichtung lediglich zwei Straßenverkehrszeichen angebracht werden dürfen, nur dann vor, wenn es sich um das Hinweiszeichen 'Ortstafel' iVm Verkehrsbeschränkungen handelt, die für das gesamte Ortsgebiet gelten.

Im verwaltungsbehördlichen Strafverfahren legte das Stadtamt der Stadt Hall in Tirol den Kundmachungsvermerk mit einer umfassenden Lichtbilddokumentation betreffend die Kundmachung der nunmehr angefochtenen Verordnung vor. Bei Durchsicht dieser Lichtbilddokumentation fällt jedoch auf, dass bei einer Kundmachung, es handelt sich hier um die Kreuzung Breitweg/Reinmichl Straße, auf einem Steher drei Verkehrszeichen befinden, die nicht in einem Zusammenhang im Sinne des § 48 Abs 4 Z 1 iVm § 44 Abs 4 StVO stehen.

An der hier relevanten Standsäule sind von oben beginnend ein Hinweiszeichen nach § 53 Abs 1 Z 10 StVO 'Einbahnstraße', ein Hinweiszeichen nach § 53 Abs 1 Z 17a StVO 'Ortstafel Hall in Tirol' und sodann ein Vorschriftszeichen im Sinne des § 52a 10a 'Geschwindigkeitsbeschränkung – 40 km/h' und zuletzt eine Zusatztafel gemäß § 54 StVO angebracht.

Für den hier vorliegenden Sachverhalt ist aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Tirol relevant, dass das oberste Hinweiszeichen 'Einbahn' nicht mit den anderen auf derselben Standsäule befindlichen Verkehrszeichen in einem inhaltlichen Zusammenhang steht, sodass die Ausnahmebestimmung die sich auch § 48 Abs 4 Z 1 iVm § 44 Abs 4 StVO ergibt, nicht zur Anwendung gelangen kann.

b.) Zum Kundmachungsmangel im Bereich B 171 Tiroler Straße bei Km 70,549

Laut Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom zu ZI 4-999-17-1-2009 beginnt auf der B 171 Tiroler Straße bei Km 70,549 das Ortsgebiet von Hall in Tirol.

Dieses Ortsgebiet ist durch Aufstellung des Hinweiszeichens gemäß § 53 Zif 17a StVO 'Ortsgebiet' kundzumachen.

Tatsächlich steht dieses Hinweiszeichen aber bei Km 70,560 und weicht somit um 11 m vom verordneten Standort ab. Das abweichen des Aufstellungsortes ergibt sich zum einen durch die Auswertung von TIRIS-Luftaufnahmen und der im verwaltungsbehördlichen Akt einliegenden Fotodokumentation über die tatsächliche Aufstellung der Verkehrszeichen.

Weiters ergab eine Rückfrage bei der zuständigen Straßenmeisterei Vomp ebenso den tatsächlichen Aufstellungsort bei Km 70,560.

In weiterer Folge befindet sich aber auf diesem Hinweiszeichen 'Ortsgebiet' auch das Vorschriftszeichen gemäß § 52 lita Z 10a StVO 'Geschwindigkeitsbeschränkung 40Km/h' mit der Zusatztafel gemäß § 54 StVO ausgenommen B 171 und L 77 Löfflerweg' mit dem im gesamten Ortsgebiet von Hall in Tirol eine Geschwindigkeitsbeschränkung kundgemacht werden soll.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol geht in Ansehung der bisherigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (insbesondere in Ansehung des Erk. vom zu Zahl V114/2017 und der darin zitierten ständigen Vorjudikatur) zur Frage der ordnungsgemäßen Kundmachung der hier verfahrensrelevanten Verordnungen nach der StVO davon aus, dass es der Vorschrift des § 44 Abs 1 StVO 1960 immanent ist, dass die bezüglichen Straßenverkehrszeichen dort angebracht sind, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet. Auch wenn keine zentimetergenaue Aufstellung erforderlich ist, so ist bei einer Abweichung von mehr als 10 m doch von einer signifikanten Abweichung im Sinne der vorab zitierten Judikatur auszugehen. Die gesetzmäßige Anbringung von Verkehrszeichen nach den Vorschriften des § 48 ff StVO gehört zur ordentlichen Kundmachung von Verordnungen (vgl ). Die Straßenverkehrszeichen nach § 52 lita Z 10a StVO (aber auch in Bezug auf § 52 lita Z 13b StVO) sind dort anzubringen, wo der räumliche Geltungsbereich beginnt und endet, und kann von einer gesetzmäßigen Verordnung nicht die Rede sein, wenn der Aufstellungsort von der getroffenen Verordnungsregelung um mehr als 5 m differiert (vgl ; , 86/02/0038).

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, der zu Folge eine einzige Verletzung der Kundmachungsvorschrift des § 44 Abs 4 StVO zu Folge hat, dass die Verordnung zur Gänze als nicht gehörig kundgemacht anzusehen ist ().

Dies führt in weiterer Folge dazu, dass sowohl die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom zu ZI 4-999-17-1-2009 mit der das Ortsgebiet von Hall in Tirol kundgemacht wird als auch die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom gemäß § 20 Abs 2a iVm § 94 d Z 1 Straßenverkehrsordnung 1960 über eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 40 km/h im gesamten Ortsgebiet der Stadtgemeinde Hall in Tirol, ausgenommen B 171, B 171a, L 8 und L 77 idF der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom nicht ordnungsgemäß kundgemacht sind.

c.) Zum Kundmachungsmangel im Bereich L8 Dörferstraße

Ausgehend von der südlichen Gemeindegrenze zwischen Hall in Tirol und Absam im Bereich der L8 Dörferstraße endet das Gemeindegebiet von Hall in Tirol beim Kreuzungsschnittpunkt Woditschkastraße / L8. Tatsächlich ist jedoch das Hinweiszeichen nach § 53 Abs 1 Z 17b StVO 'Ortsende' bereits rund 102 m davor aufgestellt. Nachfolgend ist in Fahrtrichtung Norden noch im Gemeindegebiet von Hall in Tirol das Hinweiszeichen nach § 53 Abs 1 Z 17a StVO 'Ortstafel' mit der Aufschrift 'Absam' aufgestellt. Somit befindet sich ein Teil des Gemeindegebietes von Hall in Tirol (rund 30m) in einem als Ortsgebiet 'Absam' kundgemachten Verordnungsbereich.

Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Tirol ist in Anlehnung an die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erk vom , 2002/02/0086 mwNw) das Ortsgebiet iSd § 84 Abs 2 StVO durch die Bestimmung des § 2 Abs 1 Z 15 StVO festgelegt. Demnach ist unter Ortsgebiet das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende' zu verstehen. Wesentlich ist dabei jedoch, dass es sich um das Straßennetz einer Gemeinde handeln muss.

Dies ergibt sich denklogisch aus einer Zusammenschau von § 94d StVO und dessen verfassungsrechtlicher Grundlage hinsichtlich der Mitwirkungen der Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich in Angelegenheiten der Straßenpolizei iSd Art 118 Abs 2 B-VG (ausführlich dazu mit weiteren Nachweisen Pürstl StVO13 (2011), § 94d). Einerseits hat der Gemeinderat der Stadtgemeinde Hall in Tirol eine Geschwindigkeitsbeschränkung für das gesamte Ortsgebiet beschlossen, andererseits aber ist ein Teil des Gemeindegebietes von Hall in Tirol dem Ortsgebiet 'Absam' 'zugeordnet' und hier ist diese Verordnung naturgemäß nicht kundgemacht. Wenn man nun von einer derartigen die Gemeindegrenzen überschreitende Festlegung von Ortsgebieten ausgeht, so würde dies zum Ergebnis führen, dass in diesen die Gemeindegrenzen überschreitenden Ortsgebieten auch der eigene Wirkungsbereich der jeweils betroffenen Gemeinden ausgeschlossen sein muss. Denn einerseits ist die Festlegung einer Beschränkung für ein gesamtes Ortsgebiet nur dadurch möglich, dass sie in Verbindung mit den Hinweiszeichen nach § 53 Abs 1 Z 17a StVO 'Ortstafel' kundgemacht wird und dazu bedarf es einer das gesamte Ortsgebiet umfassenden Verordnung. Andererseits ergibt sich aber aus dem eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden iSd Art 118 B-VG, dass ein Verordnungsakt einer Gemeinden nicht über deren Grenzen hinauswirkt.

Zusammengefasst würde ein Gemeindegrenzen überschreitendes Ortsgebiet dazu führen, dass Bezirksverwaltungsbehörden durch Verordnungsakte jederzeit den verfassungsrechtlich garantierten eigenen Wirkungsbereich von Gemeinden im Bereich der Straßenpolizei außer Kraft setzen könnten, dies kann der StVO allerdings nicht unterstellt werden.

Aus diesem Grund erweist sich die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom zu ZI 4-999-17-1-2009 mit der das Ortsgebiet von Hall in Tirol kundgemacht wird als inhaltlich mangelhaft, da ein Teil des Ortsgebietes der Gemeinde Hall in Tirol im Verordnungsweg vom Ortsgebiet mit der Bezeichnung 'Hall in Tirol' ausgenommen wird und dieser Bereich (der unzweifelhaft 'Ortsgebiet' iSd StVO ist) dem Ortsgebiet mit der Bezeichnung 'Absam' gemeinsam mit den gesamten Verkehrsflächen in der Gemeinde Absam zusammengefasst wurde.

Dass dieser Sachverhalt auch die anschließende Verordnung mit der das Ortsgebiet der Gemeinde Absam definiert wird, mit einem wesentlichen Mangel behaftet, ist dem Landesverwaltungsgericht Tirol zwar erkennbar, aber im hier vorliegenden Sachverhalt mangels Präjudizialität nicht weiter auszuführen.

[…]"

[Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen]

3.Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck legte den Akt zur angefochtenen Verordnung vom vor und erstattete eine – im Folgenden auszugsweise wiedergegebene – Äußerung:

"[…]

Die an diesem Tatort geltende Geschwindigkeitsbeschränkung auf 40 km/h bezieht sich auf die oben zitierte Verordnung des Gemeinderats der Stadtgemeinde Hall i.T.

In das Ortsgebiet von Hall i.T. kann über die Landesstraßen B 171 Tiroler Straße, B 171a Tiroler Straße, L 77 Löfflerweg und L 8 Dörferstraße sowie einer großen Anzahl von Gemeindestraßen eingefahren werden.

Da der Stadtgemeinde Hall i.T. mit Verordnung der Tiroler Landesregierung vom , LGBl Nr 50/1979, gemäß § 94c StVO 1960 die Besorgung der in § 94b StVO 1960 bezeichneten Angelegenheiten betreffend alle Straßen des Gebiets der Stadtgemeinde Hall i.T., ausgenommen Bundes- und Landesstraßen, übertragen wurde, wurde das Ortgebiet von Hall i.T. sowohl durch die oben zitierte Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom , GZ: 4-999-17-1-2009, auf den Landesstraßen B 171 Tiroler Straße, B 171a Tiroler Straße, L 77 Löfflerweg und L 8 Dörferstraße als auch durch die Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Hall i.T. vom gemäß § 44 Abs 1 u. 94c Abs 1 StVO 1960 iVm der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom , LGBl Nr 50/1979, auf 16 namentlich bestimmten Gemeindestraßen festgelegt.

Zum Vorbringen des Landesverwaltungsgerichts Tirol in der Sache (Punkt 2.):

Zuständigkeitshalber geht die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck lediglich auf das Vorbringen zu den dortigen litb u. c ein.

Zu litb – Kundmachungsmangel im Bereich B 171 Tiroler Straße bei Km 70,549:

Nach Überprüfung vor Ort bestätigt die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, dass die Verkehrszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende' für Hall i.T. auf der B 171 Tiroler Straße entgegen § 1 Z 1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom , GZ: 4-999-17-1-2009, nicht bei Km 70,549 angebracht wurden und sich mehr als 5 m von dieser Kilometerangabe entfernt befinden. Die Ortsgebietsverordnung wurde daher dort nicht ordnungsgemäß kundgemacht.

Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck hat daher umgehend mit ihrer Verordnung vom , GZ: IL-VK-STVO-1261/5-2018, kundgemacht am , (s Anlage) diesen Missstand bereinigt. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom , GZ: 4-999-17-1-2009, ist seit der Kundmachung der neuen Verordnung außer Kraft.

Zu litc – Kundmachungsmangel im Bereich L 8 Dörferstraße:

Die Verkehrszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende' für Hall i.T. auf der L 8 Dörferstraße sind entsprechend § 1 Z 5 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft lnnsbruck vom , GZ: 4-999-17-1-2009, 30 m südlich der Kreuzung Schubertstraße mit der L 8 Dörferstraße angebracht.

Die Grenze zwischen den Gemeindegebieten von Hall i. T. und Absam auf der L 8 Dörferstraße befindet sich ca. 75 m nördlich der Kreuzung Schubertstraße mit der L 8 Dörferstraße.

Dass das Ortsgebiet (definiert in § 2 Abs 1 Z 15 StVO 1960 als das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende') nicht unbedingt ident mit dem Gemeindegebiet sein muss, ist evident.

Unabhängig davon, dass auch die Ortsgebietsverordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom , GZ: 4-894-1-1-2008, für die Gemeinde Absam im gegenständlichen Bereich der L 8 Dörferstraße unverzüglich zu bereinigende Mängel aufweist, erweist sich für die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck die zu litc vorgebrachte Kritik des Landesverwaltungsgerichts Tirol im vorliegenden Fall als unzutreffend, zumal es dem Landesverwaltungsgericht Tirol nicht zukommt, das Gemeindegebiet von Hall i.T. nördlich der Verkehrszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende' auf der L 8 Dörferstraße, die entsprechend der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom , GZ: 4-999-17-1-2009, 30 m südlich der Kreuzung Schubertstraße mit der L 8 Dörferstraße angebracht sind, als Ortsgebiet von Hall i.T. festzustellen.

Das Ortsgebiet von Hall i.T. und dessen Ende wurden hier entsprechend der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom , GZ: 4-999-17-1-2009, kundgemacht. Diese Kundmachungsörtlichkeit entspricht in der Natur auch der lediglich anderslautenden Formulierung in § 1 Abs 1 litd u. Abs 2 litd der (neuen) Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom , GZ: IL-VK-STVO-1261/5-2018.

[…]"

[Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen]

4.Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Hall in Tirol legte den Akt zur angefochtenen Verordnung vom vor und erstattete eine – im Folgenden auszugsweise wiedergegebene – Äußerung:

"[…]

Zu dem im Antrag des LVwG Tirol zu Punkt III. 2. lita angeführten Kundmachungsmangel im Bereich Kreuzung Breitweg/Reimmichlstraße wird ausgeführt, dass dieser tatsächlich bestandene Kundmachungsmangel bereits behoben wurde, indem das Hinweiszeichen 'Einbahnstraße', welches fälschlicherweise auf der gleichen Standsäule mit dem Hinweiszeichen 'Ortstafel' angebracht war, bereits von dieser Standsäule entfernt wurde.

[…]"

5.Der Beschwerdeführer vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol hat als Beteiligter im verfassungsgerichtlichen Verfahren die folgende – auszugsweise wiedergegebe – Äußerung erstattet:

"[…]

a) Zum Kundmachungsmangel im Bereich Kreuzung Breitweg / Reinmichlstraße:

Das Landesverwaltungsgericht Tirol führt folgerichtig korrespondierend mit den Ausführungen von […] aus, dass ein Kundmachungsmangel im Sinne des § 48 Abs 4 StVO vorliegt. Gemäß § 48 Abs 4 StVO dürfen auf einer Anbringungsvorrichtung für Straßenverkehrszeichen (wie Standsäulen, Rahmen, Träger und dergleichen) nicht mehr als zwei Straßenverkehrszeichen angebracht werden.

Aufgrund des vom Stadtamt der Stadt Hall in Tirol gelegten Kundmachungsvermerk mit umfassender Lichtbilddokumentation folgt zwanglos, dass bei der Kreuzung Breitweg / Reinmichlstraße, auf einem Steher sich drei Verkehrszeichen befinden. Konkret befindet sich an der relevanten Standsäule von oben beginnend ein Hinweiszeichen nach § 53 Abs 1 Z 10 StVO „Einbahnstraße“, ein Hinweiszeichen nach § 53 Abs 1 Z 17a StVO „Ortstafel Hall in Tirol“ und sodann ein Vorschriftszeichen im Sinne des § 52 lita Z 10a „Geschwindigkeitsbeschränkung – 40 km/h“ und zuletzt eine Zusatztafel gemäß § 54 StVO.

Unabhängig der Ausnahme im Sinne des § 48 Abs 4 Z 1 iVm § 44 Abs 4 StVO befinden sich auf dem Steher drei Verkehrszeichen, welche nicht im Zusammenhang im Sinne der zitierten Ausnahmeregelung stehen. Insbesondere das Hinweiszeichen „Einbahn“ steht mit den auf der Standsäule befindlichen Verkehrszeichen in keinem inhaltlichen Zusammenhang, sodass die Ausnahmebestimmung im Sinne des § 48 Abs 4 Z 1 iVm § 44 Abs 4 StVO nicht zur Anwendung kommt und sohin ein Kundmachungsmangel vorliegt.

Die Ausführungen korrespondieren vollinhaltlich mit dem Vorbringen in der Beschwerde bzw dem nachgereichten Schriftsatz von […] und steht außer Frage, dass eine inhaltliche Rechtswidrigkeit bzw ein Kundmachungsmangel vorliegt.

b) Zum Kundmachungsmangel im Bereich B 171 Tiroler Straße bei Kilometer 70,549:

Die Ausführungen des Landesverwaltungsgerichts Tirol zum Kundmachungsmangel im Bereich B 171 Tiroler Straße bei Kilometer 70,549 sind im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur nicht zu beanstanden und liegt ein Kundmachungsmangel vor.

Auf diesen wurde bereits auch von […] in seiner Beschwerde vom hingewiesen und ausdrücklich ausgeführt, dass neben der mangelnden Erkennbarkeit auch der Aufstellungsort des Ortsschildes neben der B 171 nicht ordnungsgemäß im Sinne der Verordnung eingehalten wurde. Bereits eine einfache Nachschau über das Tiris (Tiroler Rauminformationssystem) ergibt unzweifelhaft, dass das Hinweiszeichen „Ortsgebiet“ nicht an der kundgemachten Stelle aufgestellt wurde.

Die belangte Behörde hat sich offensichtlich in Kenntnis dieses Umstandes bereits im erstinstanzlichen Verfahren darauf zurückgezogen, dass das Hinweiszeichen gemäß § 53 Z 17a StVO „Ortsgebiet“ am Beginn des verbauten Gebiets anzubringen ist. Dies ist nicht richtig und stimmt mit der Verordnung nicht überein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich bereits ausgesprochen, dass der Vorschrift des § 44 Abs 1 StVO 1960 immanent ist, dass die bezüglichen Straßenverkehrszeichen dort angebracht sein müssen, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet.

Dieser Vorschrift wird mit dem Hinweiszeichen „Ortsgebiet“ beim Aufstellungsort B 171 nicht genüge getan und liegt ein Kundmachungsmangel vor, wenn der Aufstellort vom Ort des Beginns des verordneten Geltungsbereichs einer Geschwindigkeitsbeschränkung fünf Meter abweicht (vgl Entscheidung , 86/02/0038). Aufgrund der für das Ortsgebiet gemäß § 20 Abs 2 1. Fall StVO 1960 geltenden Geschwindigkeitsbeschränkung sind diese Grundsätze auch auf das Hinweiszeichen „Ortstafel“ anzuwenden (vgl Entscheidung , 98/02/0338).

Der mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom zu Zl 4-999-17-1-2009 festgelegte Beginn des Ortsgebietes von Hall in Tirol auf der B 171 Tiroler Straße bei Kilomenter 70,549 weicht um 11 Meter vom tatsächlichen Aufstellungsort (bei Kilometer 70,560) und wurde die Verordnung sohin nicht ordnungsgemäß kundgemacht (vgl ; 03/07/1986; 86/02/0038).

In Folge der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, der zufolge eine einzige Verletzung der Kundmachungsvorschrift des § 44 Abs 4 StVO zur Folge hat, dass die Verordnung zur Gänze als nicht gehörig kundgemacht anzusehen ist (vgl ), steht außer Zweifel, dass ein Kundmachungsmangel vorliegt.

Zusammenfassend wurde sohin die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom zu Zl 4-999-17-1-2009, mit der das Ortsgebiet von Hall in Tirol kundgemacht wird, als auch die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom gemäß § 20 Abs 2a iVm § 94 litd Z 1 Straßenverkehrsordnung 1960 über eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 40 km/h im gesamten Ortsgebiet der Stadtgemeinde Hall in Tirol, ausgenommen B 171, B 171a, L 8 und L 77 idF der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom nicht ordnungsgemäß kundgemacht.

c) Zum Kundmachungsmangel im Bereich L 8, Dörferstraße:

Wie das Landesverwaltungsgericht Tirol richtigerweise ausführt, liegt auch ein inhaltlicher Mangel der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom zu Zl 4-999-17-1-2009 vor, da ein Teil des Ortsgebietes der Gemeinde Hall in Tirol im Verordnungsweg vom Ortsgebiet mit der Bezeichnung „Hall in Tirol“ ausgenommen wird und dieser Bereich (der unzweifelhaft „Ortsgebiet“ im Sinne der StVO ist) dem Ortsgebiet mit der Bezeichnung „Absam“ gemeinsam mit den gesamten Verkehrsflächen der Gemeinde Absam zusammengefasst wurde.

Folglich befindet sich ein Teil des Gemeindegebietes von Hall in Tirol (rund 30 Meter) in einem als Ortsgebiet „Absam“ kundgemachten Verordnungsbereich. Eine Abgrenzung der beiden Straßennetze einer Gemeinde ist sohin nicht gegeben und wird auch wechselseitig in den eigenen Wirkungsbereich der jeweils betroffenen Gemeinde eingegriffen.

Die Festlegung einer Beschränkung für das gesamte Ortsgebiet ist nur dann möglich, wenn sie in Verbindung mit dem Hinweiszeichen nach § 53 Abs 1 Z 17a StVO „Ortstafel“ kundgemacht wird, wofür es ein für das gesamte Ortsgebiet umfassenden Verordnung bedarf. Aus § 118 B-VG ergibt sich aber auch, dass im Sinne des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinden der Verordnungsakt einer Gemeinde nicht über deren Grenzen hinauswirken darf.

Es folgt sohin, dass auch hier ein inhaltlicher Mangel vorliegt und den Ausführungen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol in diesem Punkt beizupflichten ist.

[…]"

[Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen]

6.Die Tiroler Landesregierung hat auf die Erstattung einer Äußerung verzichtet.

IV.Erwägungen

1.Zur Zulässigkeit

1.1.Der Verfassungsgerichtshof vertritt in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung zu Art 89 Abs 1 B-VG seit VfSlg 20.182/2017 die Auffassung, dass eine "gehörig kundgemachte" generelle Norm – also eine an einen unbestimmten, externen Personenkreis adressierte, verbindliche Anordnung von Staatsorganen – bereits dann vorliegt, wenn eine solche Norm ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz erlangt (vgl zB VfSlg 12.382/1990, 16.875/2003, 19.058/2010, 19.072/2010, 19.230/2010 uva.; vgl auch , sowie die Rechtsprechung zu nicht ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen VfSlg 16.152/2001, 16.848/2003 und die darin zitierte Vorjudikatur). Es ist nicht notwendig, dass die Kundmachung der Norm in der rechtlich vorgesehenen Weise erfolgt. Demnach haben auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen gemäß Art 139 B-VG anzuwenden und diese, wenn sie Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten. Bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind sie für jedermann verbindlich.

Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom , Z 4-999-17-1-2009, wurde laut Mitteilung an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom am durch die Aufstellung der entsprechenden Straßenverkehrszeichen kundgemacht. Die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom idF der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom wurde laut Aktenvermerk des Stadtamtes Hall in Tirol durch die Aufstellung bzw Adaptierung der entsprechenden Straßenverkehrszeichen am kundgemacht.

Dadurch erlangten die angefochtenen Verordnungen ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz, sodass sie mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen sind (vgl VfSlg 19.072/2010, 19.230/2010 uva.; vgl auch ).

1.2.Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG bzw des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2.1.Dem Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol liegt ein Bescheid zugrunde, in dem dem Beschwerdeführer vor dem Landesverwaltungsgericht zur Last gelegt wird, die Geschwindigkeitsbeschränkung der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol, die eine Geschwindigkeitsbeschränkung für das gesamte Ortsgebiet – mit Ausnahme der B 171, der B 171a sowie der L 8 und der L 77 – verordnet, überschritten zu haben. Daher bestehen keine Zweifel an der Präjudizialität der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol im Verfahren vor dem antragstellenden Landesverwaltungsgericht Tirol.

1.2.2.Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Z 4-999-17-1-2009, bestimmt das Ortsgebiet (§2 Abs 1 Z 15 StVO) der Stadtgemeinde Hall in Tirol. Da die Verordnung des Gemeinderates als örtlichen Geltungsbereich das Ortsgebiet definiert, das sich allein aus der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck erschließen lässt, bestehen auch ob der Präjudizialität der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Z 4-999-17-1-2009, keine Zweifel.

1.3.Ungeachtet der Formulierung des Hauptantrages, "[…] feststellen, dass beide Verordnungen nicht ordnungsgemäß kundgemacht sind; […]", ist der Antrag im Zusammenhang mit seiner Begründung als Aufhebungsbegehren zu verstehen (VfSlg 17.695/2005; ; , V95/2017).

1.4.Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, erweist sich der Hauptantrag des Landesverwaltungsgerichtes Tirol als zulässig, sodass auf die Eventualanträge nicht weiter einzugehen ist.

2.In der Sache

2.1.Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art 139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2.Der Antrag ist begründet.

2.3.Das antragstellende Gericht behauptet die gesetzwidrige Kundmachung der Verordnungen. Die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol verfüge im Ortsgebiet Hall in Tirol – die ausgewiesenen Straßenzüge ausgenommen – eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 40 km/h. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom , Z 4-999-17-1-2009, verfüge in § 1 Z 1 den Beginn des Ortsgebietes von Hall in Tirol auf der B 117 bei Strkm. 70,549. Das entsprechende Hinweiszeichen "Ortstafel", das den Beginn des Ortsgebietes Hall in Tirol anzeige, sowie das Vorschriftszeichen über die Geschwindigkeitsbeschränkung seien jedoch bei Strkm. 70,560 aufgestellt. Daher weiche der Aufstellungsort der Verkehrszeichen signifikant vom verordneten Ort ab und es liege eine gesetzwidrige Kundmachung vor.

2.4.Damit ist das antragstellende Gericht im Recht.

2.5.Gemäß § 44 Abs 1 StVO sind die in § 43 StVO bezeichneten Verordnungen, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft (vgl VfSlg 18.710/2009, 19.409/2011, 19.410/2011).

2.6.Der Vorschrift des § 44 Abs 1 StVO ist immanent, dass die bezüglichen Straßenverkehrszeichen dort anzubringen sind, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet. Zwar ist zur Kundmachung von Verkehrsbeschränkungen keine "zentimetergenaue" Aufstellung der Verkehrszeichen erforderlich (vgl dazu ; , 99/02/0014; , 2013/02/0276), jedoch wird dieser Vorschrift nicht Genüge getan und liegt ein Kundmachungsmangel vor, wenn der Aufstellungsort vom Ort des Beginns bzw Endes des verordneten Geltungsbereiches einer Geschwindigkeitsbeschränkung signifikant abweicht (vgl VfSlg 15.749/2000 sowie , mwN).

Eine Kundmachung, die nicht an allen Örtlichkeiten dem Gesetz entspricht, ist mangelhaft. Eine auf diese Weise kundgemachte Verordnung ist zwar existent, jedoch bis zur Behebung des Mangels mit Gesetzwidrigkeit behaftet (vgl VfSlg 5824/1968, 6346/1970).

2.7.Aus den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Akten konnte festgestellt werden, dass das Hinweiszeichen "Ortstafel" auf der B 117 in Fahrtrichtung Osten bei Strkm. 70,560 angebracht ist. Das ergibt sich im vorgelegten Gerichtsakt aus einem Aktenvermerk über ein Telefonat mit der Straßenmeisterei Vomp. Darüber hinaus räumt auch die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck in ihrer dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Stellungnahme die nicht ordnungsgemäße Kundmachung des Ortsgebietes auf der B 117 ein.

Die Anbringung des Vorschriftszeichens "40 km/h" an der Ortstafel auf der B 117 ergibt sich aus dem Aktenvermerk der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom .

Da im Verfahren auch sonst keine diesen Angaben widersprechende Vorbringen erstattet wurden, besteht für den Verfassungsgerichtshof kein Zweifel an der Aufstellung der Ortstafel Hall in Tirol sowie des Vorschriftszeichens "40 km/h" bei Strkm. 70,560 auf der B 117.

2.8.Die Verkehrsschilder sind daher nicht – wie in den Verordnungen verfügt – bei Strkm. 70,549 bzw am Beginn des Ortsgebietes angebracht, sondern bei Strkm. 70,560. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes stellt dies eine signifikante Abweichung dar (vgl , mwN).

2.9.Die Nichtübereinstimmung des verordnungsmäßig festgelegten Beginnes des Ortsgebietes sowie der Geschwindigkeitsbeschränkung mit den tatsächlich kundgemachten Orten führt zu einer nicht gesetzmäßigen Kundmachung iSd § 44 Abs 1 StVO und damit zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verordnungen.

2.10.Da die angefochtenen Verordnungen schon wegen der nicht ordnungsgemäßen Kundmachung auf der B 117 gesetzwidrig sind, erübrigt sich ein Eingehen auf die übrigen Bedenken des antragstellenden Gerichtes.

2.11.Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck hat – ausweislich ihrer Äußerung – das Ortsgebiet von Hall in Tirol mit der Verordnung vom , Z IL-VK-STVO-1261/5-2018, kundgemacht am , inzwischen neu verfügt. Da mit dieser Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck der angefochtenen Verordnung derogiert wurde, ist die angefochtene Verordnung mit dem Inkrafttreten der Verordnung Z IL-VK-STVO-1261/5-2018 durch die Kundmachung am außer Kraft getreten. Daher hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 139 Abs 4 B-VG festzustellen, dass die angefochtene Verordnung gesetzwidrig war (vgl VfSlg 12.160/1989).

2.12.Ausweislich des von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck und der Stadtgemeinde Hall in Tirol vorgelegten Fotomaterials erfolgte die Kundmachung der Geschwindigkeitsbeschränkung an der B 117 in Fahrtrichtung Osten stets an der Ortstafel Hall in Tirol. Somit ist die gesetzmäßige Kundmachung der Geschwindigkeitsbeschränkung an die Kundmachung des Ortsgebietes von Hall in Tirol geknüpft. Die Kundmachung der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol erfolgte daher im Zeitraum der gesetzwidrigen Kundmachung der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck – also von bis – gesetzwidrig. Daher hat der Verfassungsgerichtshof auszusprechen, dass die Verordnung in diesem Zeitraum der gesetzwidrigen Kundmachung rechtswidrig war (vgl VfSlg 5824/1968, 6346/1970 sowie zuletzt ).

V.Ergebnis

1.Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom , Z 4-999-17-1-2009, über die Verfügung des Ortsgebietes der Stadtgemeinde Hall in Tirol war im Zeitraum von ihrem Inkrafttreten am bis zu deren Außerkrafttreten am gesetzwidrig.

2.Die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom , über eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 40 km/h im gesamten Ortsgebiet der Stadtgemeinde Hall in Tirol, idF der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom , war im Zeitraum von bis gesetzwidrig.

3.Die Verpflichtung der Tiroler Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche des Verfassungsgerichtshofes erfließt aus Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG und § 59 Abs 2 VfGG iVm § 2 Abs 1 litj Tiroler Landes-VerlautbarungsG 2013.

4.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2018:V53.2018
Schlagworte:
Verordnung Kundmachung, Straßenpolizei, Straßenverkehrszeichen, Geschwindigkeitsbeschränkung, Geltungsbereich (örtlicher) einer Verordnung, Derogation, VfGH / Präjudizialität

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