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VfGH vom 01.12.2014, V53/2014, G68/2014

VfGH vom 01.12.2014, V53/2014, G68/2014

Leitsatz

Abweisung des - zulässigen - Individualantrags eines Fachverbandes auf Aufhebung von - die Auflösung des Fachverbandes und Zusammenlegung mit einem anderen Verband verfügenden - Bestimmungen einer Satzung betr die Änderung der Fachorganisationsordnung der Wirtschaftskammer Österreich; kein Bestandschutz einzelner Einrichtungen im Rahmen der beruflichen Selbstverwaltung; kein Verstoß der gesetzlichen Regelungen über die Errichtung von Fachverbänden gegen die für die Einrichtung von Selbstverwaltungskörpern geltenden Grundsätze; keine inhaltliche Gesetzwidrigkeit der bekämpften Verordnungsstellen; keine Verletzung von Verfahrensbestimmungen; Zurückweisung der Individualanträge von Fachverbandsmitgliedern; kein subjektives Recht der Mitglieder eines Selbstverwaltungskörpers auf Fortbestand dieses Selbstverwaltungskörpers; Unzulässigkeit des Gesetzesprüfungsantrags mangels Darlegung von Bedenken

Spruch

I. Der Antrag des Erstantragstellers, folgende Bestimmungen der Satzung ("Fachorganisationsordnung") des Wirtschaftsparlaments der Wirtschaftskammer Österreich vom , mit der die Fachorganisationsordnung geändert wurde, kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 1 vom unter "1. Satzung: Änderung der Fachorganisationsordnung", aufzuheben, wird abgewiesen:

- Ziffer 2.: "§2 Z 2 entfällt."

- In Ziffer 17.: "§10 Z 1. lita"

- In Ziffer 21.: Artikel II § 1 Abs 3: "Der Fachverband der Bauhilfsgewerbe ist Rechtsnachfolger

- des bisherigen Fachverbands der Bauhilfsgewerbe und

- des bisherigen Fachverbands der Steinmetze."

- In Ziffer 23.: In Abschnitt I. Z 6 litb des Anhangs 1 der Fachorganisationsordnung: "6. Fachverband der Bauhilfsgewerbe, umfassend" sowie

"b) Steinmetze wie

1. Steinmetzmeister einschließlich Kunststeinerzeuger und Terrazzomacher,

2. Steinmetzmeister,

3. Kunststeinerzeuger,

4. Terrazzomacher,

5. Grabsteinerzeuger,

6. Steinbildhauer,

7. Marmorwarenerzeuger,

8. Schleifsteinhauer und

9. Werksteinbruchunternehmer."

II. Die Anträge der übrigen Antragsteller betreffend die Aufhebung der unter I. genannten Bestimmungen und die dazu gestellten Eventualanträge werden zurückgewiesen.

III. Die Anträge sämtlicher Antragsteller, § 15 Abs 9 Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl I Nr 103 in der Fassung BGBl I Nr 78/2006, in eventu Teile davon, als verfassungswidrig aufzuheben, werden zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag und Vorverfahren

1. Der Erstantragsteller ist der Fachverband der Steinmetze, der gemäß § 3 Abs 1 Z 4 des Bundesgesetzes über die Kammern der gewerblichen Wirtschaft (Wirtschaftskammergesetz 1998 - WKG), BGBl I 103, zuletzt geändert durch BGBl I 46/2014, als Körperschaft des öffentlichen Rechts Teil der Wirtschaftskammerorganisation ist. Die Zweit- bis Sechstantragsteller sind als Steinmetze unternehmerisch tätige juristische Personen und Mitglieder des Erstantragstellers.

Der vorliegende Antrag richtet sich auf das Wesentliche zusammengefasst gegen die Auflösung des Fachverbands der Steinmetze (des Erstantragstellers) sowie dessen Zusammenführung mit dem Fachverband der Bauhilfsgewerbe. Dem liegt das im Folgenden dargestellte Geschehen zugrunde.

2. Mit Beschluss des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer (in der Folge: Erweitertes Präsidium) vom wurden Kriterien für die Errichtung von Fachverbänden und Fachgruppen gemäß § 15 Abs 2 und § 43 Abs 1 WKG idF BGBl I 78/2006 festgesetzt (s. genauer unter Pkt. II.3.).

3. Mit Beschluss des Wirtschaftsparlaments der Bundeskammer (in der Folge: Wirtschaftsparlament) vom , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit mit Note vom , BMWA-38.500/0019-I/3/2008, kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 2/2008 bzw. Nr 2/2009, wurde die Fachorganisationsordnung festgesetzt, welche in der Folge mit Beschluss des Wirtschaftsparlaments vom , genehmigt durch den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Note vom , BMWFJ-38.500/0245-I/3/2012, geändert wurde (s. Pkt. II.4.).

4. Mit Beschluss des Erweiterten Präsidiums vom wurde im Rahmen der Evaluierung nach § 15 Abs 8 WKG idF BGBl I 78/2006 festgestellt, dass der Fachverband der Steinmetze nicht den im o.a. Beschluss vom festgesetzten Kriterien entspreche und daher mit dem Fachverband der Bauhilfsgewerbe zusammenzuführen sei (vgl. Pkt. II.5.).

Die gegen diesen Beschluss vom beim Verfassungsgerichtshof – durch den Fachverband der Gießereiindustrie sowie neun in der Gießereiindustrie tätige Kapitalgesellschaften – erhobene Beschwerde wies dieser mit Beschluss vom , B1129/2013, G100/2013 und V63/2013, mangels Bescheidqualität des mit der Beschwerde angefochtenen Beschlusses zurück. Die hiezu gestellten Eventualanträge auf Verordnungs- bzw. Gesetzesprüfung wies der Verfassungsgerichtshof mit diesem Beschluss ebenso zurück.

5. In der Folge wurde mit der am beschlossenen Satzung des Wirtschaftsparlaments, genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Note vom , BMWFJ-38.500/0097-I/3/2013, die o.a. Fachorganisationsordnung (in der Folge: FOO) geändert (s. Pkt. II.6.).

6. Mit dem auf Art 139 B VG gestützten (Individual-)Antrag samt Eventualanträgen bzw. dem auf Art 140 B VG gestützten Eventualantrag begehren die Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge (folgende Bestimmungen dieser Satzungsänderung),

"I.1.1. Ziffer 2. [Fußnote: '§2 Z 2 entfällt.']

und

Ziffer 17. und zwar hinsichtlich der lita des § 10 Z 1 [der Fachorganisationsordnung] [Fußnote: '§10 Z 1. lita […] entfallen.']

je der Satzung des Wirtschaftsparlaments der Wirtschaftskammer Österreich vom , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Note vom , BMWFJ-38.500/0097-I/3/2013, mit der die Fachorganisationsordnung [beschlossen am , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit mit Note vom , BMWA-38.500/0019-I/3/2008, und kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 2/2008, in der Fassung des Beschlusses des Wirtschaftsparlaments vom , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Note vom , BMWFJ-38.500/0245-I/3/2012, und kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 2/2012] geändert wird, kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 1/2014,

gemäß Art 139 Abs 1 B VG und § 57 VfGG als verfassungswidrig und/oder gesetzwidrig aufheben;

sowie

I.1.2. Artikel II § 1 Abs 3 [Fußnote: 'Der Fachverband der Bauhilfsgewerbe ist Rechtsnachfolger

- des bisherigen Fachverbands der Bauhilfsgewerbe und

- des bisherigen Fachverbands der Steinmetze.']

und

Abschnitt I. Z 6 litb) des Anhangs 1 [Fußnote: 'Fachverband der Bauhilfsgewerbe, umfassend […].']

in eventu die Wortfolge

'b) Steinmetze wie

1. Steinmetzmeister einschließlich Kunststeinerzeuger und Terrazzo-

macher,

2. Steinmetzmeister,

3. Kunststeinerzeuger,

4. Terrazzomacher,

5. Grabsteinerzeuger,

6. Steinbildhauer,

7. Marmorwarenerzeuger,

8. Schleifsteinhauer und

9. Werksteinbruchunternehmer'

in Abschnitt I. Z 6 des Anhangs 1,

je der Fachorganisationsordnung, beschlossen am , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit mit Note vom , BMWA-38.500/0019-I/3/2008, und kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 2/2008, und zwar jeweils in der Fassung der Satzung des Wirtschaftsparlaments der Wirtschaftskammer Österreich vom , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Note vom , BMWFJ-38.500/0097-I/3/2013, und kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 1/2014,

gemäß Art 139 Abs 1 B VG und § 57 VfGG als verfassungswidrig und/oder gesetzwidrig aufheben;

in eventu (Punkt I.2. eventualiter zu den Punkten I.1.1. und I.1.2.)

I.2. Ziffer 2. [Fußnote: '§2 Z 2 entfällt.'],

Ziffer 17. und zwar hinsichtlich der lita des § 10 Z 1 [der Fachorganisationsordnung] [Fußnote: '§10 Z 1. lita […] entfallen.'],

Artikel II § 1 Absatz 3. in Ziffer 21. [Fußnote: 'Der Fachverband der Bauhilfsgewerbe ist Rechtsnachfolger

- des bisherigen Fachverbands der Bauhilfsgewerbe und

- des bisherigen Fachverbands der Steinmetze.'],

in eventu

die Wortfolge 'Der Fachverband der Bauhilfsgewerbe ist Rechtsnachfolger

- des bisherigen Fachverbands der Bauhilfsgewerbe und

- des bisherigen Fachverbands der Steinmetze.' in Ziffer 21.,

Ziffer 22. und zwar hinsichtlich der Z 6 des Abschnitts I. des Anhangs 1 der Fachorganisationsordnung [Fußnote: 'Abschnitt I. Z 2 […] des Anhangs 1 der Fachorganisationsordnung entfallen.'],

und

Ziffer 23. und zwar hinsichtlich der litb) der Ziffer 6. des Abschnitts I. des Anhangs 1 der Fachorganisationsordnung [Fußnote: 'b) Steinmetze wie […].'],

in eventu

die Wortfolgen

'a) Bauhilfsgewerbe wie' und, in eventu oder,

'b) Steinmetze wie

1. Steinmetzmeister einschließlich Kunststeinerzeuger und Terrazzo- macher,

2. Steinmetzmeister,

3. Kunststeinerzeuger,

4. Terrazzomacher,

5. Grabsteinerzeuger,

6. Steinbildhauer,

7. Marmorwarenerzeuger,

8. Schleifsteinhauer und

9. Werksteinbruchunternehmer'

in Abschnitt I. Z 6 des Anhangs 1 der Fachorganisationsordnung,

je der Satzung des Wirtschaftsparlaments der Wirtschaftskammer Österreich vom , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Note vom , BMWFJ-38.500/0097-I/3/2013, mit der die Fachorganisationsordnung [beschlossen am , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit mit Note vom , BMWA-38.500/0019-I/3/2008, und kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 2/2008, in der Fassung des Beschlusses des Wirtschaftsparlaments vom , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Note vom , BMWFJ-38.500/0245-I/3/2012, und kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 2/2012] geändert wird, kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 1/2014,

gemäß Art 139 Abs 1 B VG und § 57 VfGG als verfassungswidrig und/oder gesetzwidrig aufheben;

in eventu (Punkt I.3. eventualiter zu den Punkten I.1.1. und I.1.2. bzw. zu den Eventualanträgen unter Punkt I.2.)

I.3. Artikel II § 1 Absatz 3,

und

die Wortfolgen

'a) Bauhilfsgewerbe wie' und, in eventu oder,

'b) Steinmetze wie

1. Steinmetzmeister einschließlich Kunststeinerzeuger und Terrazzo- macher,

2. Steinmetzmeister,

3. Kunststeinerzeuger,

4. Terrazzomacher,

5. Grabsteinerzeuger,

6. Steinbildhauer,

7. Marmorwarenerzeuger,

8. Schleifsteinhauer und

9. Werksteinbruchunternehmer'

in Abschnitt I. Z 6 des Anhangs 1 der Fachorganisationsordnung,

je der Fachorganisationsordnung, beschlossen am , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit mit Note vom , BMWA-38.500/0019-I/3/2008, und kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 2/2008, und zwar jeweils in der Fassung der Satzung des Wirtschaftsparlaments der Wirtschaftskammer Österreich vom , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Note vom , BMWFJ-38.500/0097-I/3/2013, und kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 1/2014,

gemäß Art 139 Abs 1 B VG und § 57 VfGG als verfassungswidrig und/oder gesetzwidrig aufheben;

in eventu (Punkt I.4. eventualiter zu den obigen Punkten)

I.4. die Fachorganisationsordnung, beschlossen am , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit mit Note vom , BMWA-38.500/0019-I/3/2008, und kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 2/2008, und zwar in der Fassung der Satzung des Wirtschaftsparlaments der Wirtschaftskammer Österreich vom , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Note vom , BMWFJ-38.500/0097-I/3/2013, und kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 1/2014,

gemäß Art 139 Abs 1 B VG und § 57 VfGG als verfassungswidrig und/oder gesetzwidrig aufheben.

in eventu (Punkt I.5. eventualiter zu den obigen Punkten)

I.5. die Satzung des Wirtschaftsparlaments der Wirtschaftskammer Österreich vom , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Note vom , BMWFJ-38.500/0097-I/3/2013, mit der die Fachorganisationsordnung [beschlossen am , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit mit Note vom , BMWA-38.500/0019-I/3/2008, und kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 2/2008, in der Fassung des Beschlusses des Wirtschaftsparlaments vom , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Note vom , BMWFJ-38.500/0245-I/3/2012, und kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 2/2012] geändert wird, kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 1/2014,

gemäß Art 139 Abs 1 B VG und § 57 VfGG als verfassungswidrig und/oder gesetzwidrig aufheben.

II. Eventualantrag auf Gesetzes- und Verordnungsprüfung (Punkt II. eventualiter zusätzlich zu Punkt I.)

Falls der Verfassungsgerichtshof zum Ergebnis kommen sollte, dass die oben in Punkt I. bekämpften Normen ganz oder teilweise in einem untrennbaren Zusammenhang mit § 15 Abs 9 WKG bzw dessen zweiten oder ersten Satz stehen und oder die gänzliche oder teilweise Aufhebung von § 15 Abs 9 WKG zur erfolgreichen Bekämpfung der oben in Punkt I. bekämpften Normen erforderlich sein sollte, stellen die Antragsteller, je für sich selbstständig, eventualiter zusätzlich zu den obigen unter Punkt II. genannten Anträgen den

Antrag,

der Verfassungsgerichtshof möge,

den ersten Satz von § 15 Abs 9 des Wirtschaftskammergesetzes 1998, BGBl I 1998/103 in der weiterhin unverändert geltenden Fassung des Bundesgesetzes, BGBl I 2006/78,

in eventu

den zweiten Satz von § 15 Abs 9 des Wirtschaftskammergesetzes 1998, BGBl I 1998/103 in der weiterhin unverändert geltenden Fassung des Bundesgesetzes, BGBl I 2006/78,

in eventu

§15 Abs 9 des Wirtschaftskammergesetzes 1998, BGBl I 1998/103 in der weiterhin unverändert geltenden Fassung des Bundesgesetzes, BGBl I 2006/78,

gemäß Art 140 Abs 1 letzter Satz B VG iVm §§62ff VfGG als verfassungswidrig aufheben." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

7. Die Wirtschaftskammer Österreich brachte die Akten betreffend die o.a. Satzungsänderung in Vorlage und erstattete eine Äußerung, in der sie die Rechtmäßigkeit der von den Antragstellern bekämpften Satzungsvorschriften verteidigt (s. hiezu unter Pkt. II.3. und II.8.).

8. Die Bundesregierung gab zum (Eventual-)Antrag auf Aufhebung des § 15 Abs 9 WKG idF BGBl I 78/2006 bzw. näher bezeichneter Teile davon eine Äußerung ab, in der sie einerseits die Zulässigkeit des Antrages insoweit bestreitet und andererseits die Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzlichen Bestimmung verteidigt.

II. Rechtslage und darauf bezogenes Vorbringen

9. Gemäß § 1 Abs 1 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 - WKG, BGBl I 103, zuletzt geändert durch BGBl I 46/2014, sind zur Vertretung der gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder Wirtschaftskammern (Landeskammern, Bundeskammer) errichtet. Sie gliedern sich gemäß § 1 Abs 2 leg.cit. in Fachorganisationen, und zwar Fachgruppen im Bereich der Landeskammern und Fachverbände im Bereich der Bundeskammer, die die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten haben. Gemäß § 3 Abs 1 Z 3 und 4 leg.cit. sind u.a. die Fachgruppen und die Fachverbände Körperschaften öffentlichen Rechts. Sie sind gemäß § 3 Abs 2 leg.cit. selbstständige Wirtschaftskörper, haben das Recht, "innerhalb der Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze Vermögen aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen, Leistungen gegen Entgelt auszuführen, wirtschaftliche Unternehmungen zu betreiben und im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes ihren Haushalt selbständig zu führen und Umlagen vorzuschreiben." Über die Organisation der Fachorganisationen (also Fachgruppen im Bereich der Landeskammern und Fachverbände im Bereich der Bundeskammer – vgl. § 14 Abs 1 Z 1 und 2 leg.cit.) bestimmt § 15 leg.cit. Folgendes:

"Fachorganisationsordnung

§15. (1) Das Wirtschaftsparlament der Bundeskammer hat nach Anhörung der Landeskammern und der Bundessparten in der Fachorganisationsordnung die Errichtung der Fachverbände und Fachgruppen, insbesondere ihre Zahl und Bezeichnung sowie ihren Wirkungsbereich zu regeln. Hierbei ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, dass wirtschaftlich verwandte Berufszweige zusammengefasst werden, eine wirksame Vertretung der Interessen der betreffenden Mitglieder möglich und die Bedeckung des Aufwandes gewährleistet ist.

(2) Das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer hat die in Abs 1 und § 43 Abs 1 genannten Kriterien für die Errichtung von Fachverbänden und von Fachgruppen als Körperschaften öffentlichen Rechts sowie für den Widerruf von Errichtungsbeschlüssen unter Bedachtnahme auf die gegenwärtige und die zu erwartende Wirtschaftsstruktur näher auszuführen. Die Kriterien für insbesondere die Größe (Mitgliederzahl) der Fachorganisationen, die Fähigkeit, den Aufwand der Fachorganisationen nachhaltig zu bedecken, sowie für die wirtschaftliche Bedeutung und die Interessenlage der zu Fachorganisationen zusammengefassten Berufszweige sind im Interesse der Gewährleistung einer wirksamen und effizienten Vertretung der Interessen der betreffenden Mitglieder festzusetzen.

(3) Sind die in Abs 1 genannten und gemäß Abs 2 näher ausgeführten Kriterien für die Errichtung eines Fachverbandes einschließlich der zugehörigen Fachgruppen nicht erfüllt, kann aufgrund eines Beschlusses des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer ein Fachverband dann errichtet werden, wenn im Bereich der Landeskammern vorbehaltlich Abs 4 grundsätzlich keine Fachgruppen eingerichtet werden, die wirksame Vertretung der Interessen der betreffenden Mitglieder sowie deren gesamtwirtschaftliche Bedeutung die Errichtung eines Fachverbandes rechtfertigen und die Bedeckung des Aufwands des Fachverbandes gewährleistet ist.

(4) In den Fällen des Abs 3 kann im Bereich einer oder mehrerer Landeskammern eine Fachgruppe errichtet werden, wenn dies für eine wirksame Interessenvertretung wegen der besonderen regionalen Bedeutung der in den Wirkungsbereich des Fachverbandes fallenden Berufszweige notwendig ist und das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer die Errichtung der Fachgruppe im Einzelfall genehmigt hat.

(5) Jedem Fachverband hat im Bereich der Landeskammern jeweils eine Fachgruppe oder eine Fachvertretung zu entsprechen. Auf Antrag des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer kann innerhalb eines Fachverbandes im Bereich einer oder mehrerer Landeskammern mehr als eine Fachgruppe oder Fachvertretung vorgesehen werden, wenn dies für eine wirksame Interessenvertretung wegen der einzigartigen Interessenlage der in den Wirkungsbereich des Fachverbandes fallenden Berufszweige notwendig ist.

(6) In der Fachorganisationsordnung ist für den Fall, dass es die Mitgliederzahl oder die wirtschaftliche Lage einzelner Berufszweige erfordert, die Ermächtigung vorzusehen, dass im Bereich jeweils einer Landeskammer Fachvertretungen, die in den Wirkungsbereich mehrerer Fachverbände fallen, zusammengeschlossen werden können. Derartige Zusammenschlüsse können nur nach der Urwahl und innerhalb der gleichen Sparte erfolgen. Sie können ausschließlich zu Beginn einer Funktionsperiode für die Dauer derselben in Kraft treten. Zusammenschlüsse bedürfen übereinstimmender Beschlüsse der betroffenen Fachvertretungen. Nähere Bestimmungen kann die Fachorganisationsordnung treffen.

(7) Die Fachverbände gelten mit dem In-Kraft-Treten der Fachorganisationsordnung als errichtet.

(8) Im dritten Kalenderjahr nach der Konstituierung des Wirtschaftsparlaments der Bundeskammer ist vom Erweiterten Präsidium der Bundeskammer nach vorheriger Prüfung zu entscheiden, ob die Fachverbände und Fachgruppen den gemäß Abs 2 festgelegten Kriterien entsprechen.

(9) Die gemäß Abs 2 festgelegten Kriterien sind für die Wirtschaftskammern verbindlich und von diesen umzusetzen. Die Wirtschaftskammern haben die notwendigen Anpassungen vorzunehmen, wenn die Prüfung gemäß Abs 8 ergibt, dass Fachverbände und Fachgruppen den gemäß Abs 2 festgelegten Kriterien nicht mehr entsprechen."

10. Die Abs 2 bis 9 des § 15 haben ihre Fassung durch das Bundesgesetz BGBl I 78/2006 erhalten. Dieses fügte dem WKG als ArtIV bzw. V folgende Übergangs- und Schlussbestimmungen bzw. Inkrafttretensbestimmungen an:

"Übergangs- und Schlussbestimmungen

Artikel IV

§1. Das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer hat bis zum die in § 15 Abs 1 und § 43 Abs 1 genannten Kriterien für die Errichtung von Fachverbänden und von Fachgruppen als Körperschaften öffentlichen Rechts sowie für den Widerruf von Errichtungsbeschlüssen unter Bedachtnahme auf die gegenwärtige und die zu erwartende Wirtschaftsstruktur näher auszuführen. Die Kriterien für insbesondere die Größe (Mitgliederzahl) der Fachorganisationen, die Fähigkeit der jeweiligen Mitglieder, den Aufwand der Fachorganisationen nachhaltig zu bedecken, sowie für die wirtschaftliche Bedeutung und die Interessenlage der zu Fachorganisationen zusammengefassten Berufszweige sind im Interesse der Gewährleistung einer wirksamen und effizienten Vertretung der Interessen der betreffenden Mitglieder festzusetzen.

§2. Das Wirtschaftsparlament der Bundeskammer hat bis spätestens eine den gemäß § 1 festgelegten Kriterien entsprechende Fachorganisationsordnung zu beschließen und für die auf das In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl I Nr 78/2006 folgende Funktionsperiode in Geltung zu setzen.

§3. Die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Bundesgesetzes BGBl I Nr 78/2006 geltende Fachorganisationsordnung gilt für die gesamte zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Bundesgesetzes BGBl I Nr 78/2006 laufende Funktionsperiode. Sie ist bis zum Ende dieser Funktionsperiode nicht allein aus dem Grund abzuändern, dass die in § 15 Abs 1 und § 43 Abs 1 genannten, durch einen Beschluss des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer gemäß ArtIV § 1 näher ausgeführten Voraussetzungen für die Errichtung von Fachverbänden und Fachgruppen nicht gegeben sind.

[…]

In-Kraft-Treten

Artikel V

§1. Das Bundesgesetz BGBl I Nr 78/2006 tritt, sofern im Folgenden nicht anderes bestimmt wird, mit Ablauf des Tages seiner Kundmachung in Kraft.

§2. ArtIV § 1 tritt am in Kraft.

[…]

§4. § 15 Absatz 2 bis 5, 8 und 9 sowie die Neubezeichnung der Absätze 6 und 7, § 36 Absatz 3 Z 13 und 14 sowie Absatz 4, § 43 Absatz 1, § 48 Absatz 4 und § 65 Absatz 4 und 5 sowie die Neubezeichnung der Absätze 6 bis 8 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 78/2006 treten am in Kraft. Die §§15, 36, 43, 48 Absatz 4 und 65 sind in der Fassung BGBl I Nr 153/2001 bis zur Konstituierung der aufgrund der Wahlen der Organe der Organisationen der gewerblichen Wirtschaft im Jahr 2010 neu zusammengesetzten Kollegialorgane anzuwenden. Beschlüsse gemäß § 36 Absatz 3 Z 14 iVm § 36 Absatz 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 78/2006 können bereits ab Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 78/2006 gefasst werden, werden jedoch erst ab dem In-Kraft-Treten des § 36 idF BGBl I Nr 78/2006 wirksam."

11. In Erfüllung u.a. der Vorschrift des § 15 Abs 2 WKG idF BGBl I 78/2006 einschließlich der dazu ergangenen Übergangsvorschriften fasste das Erweiterte Präsidium am folgenden Beschluss über Kriterien für die Errichtung von Fachverbänden und Fachgruppen gemäß § 15 Abs 2 und § 43 Abs 1 leg.cit. (§43 Abs 1 leg.cit. betrifft jeweils die Fachgruppen auf Länderebene, um die es im vorliegenden Normenprüfungsverfahren nicht geht); soweit für das vorliegende Normenkontrollverfahren von Belang, hat dieser Beschluss folgenden Wortlaut:

"Im Bewusstsein, dass die Effektivität der Leistungserbringung und die Akzeptanz der Wirtschaftskammerorganisation durch deren Mitglieder als gesetzliche Interessenvertretung neben der politischen Durchsetzungsfähigkeit auch maßgeblich von der Qualität der Dienstleistungen sowie der Effizienz der Strukturen und Prozesse abhängt,

im Bestreben,

die gesamte Wirtschaftskammerorganisation möglichst straff und effizient zu strukturieren um ihre Aufgaben bestmöglich erbringen zu können,

ineffiziente Schnittstellen zwischen den einzelnen Gliederungen der Wirtschaftskammerorganisation durch überregionale Zusammenarbeit weitestgehend zu vermeiden,

die Struktur der Österreichischen Wirtschaft im Gefüge der Fachorganisationen bestmöglich abzubilden und dieses der dynamischen Wirtschaftsentwicklung entsprechend jeweils zu adaptieren,

im Bewusstsein, dass bei der Errichtung von Fachverbänden nach dem Wirtschaftskammergesetz darauf Bedacht zu nehmen ist, dass wirtschaftlich verwandte Berufszweige zusammengefasst werden, eine wirksame Vertretung der Interessen der betreffenden Mitglieder möglich und die Bedeckung des Aufwandes gewährleistet ist (§15 Abs 1) und, bei Fachgruppen zudem die wirtschaftliche Bedeutung des Berufszweiges (§43 Abs 1) an Hand einheitlicher Kennzahlen die Errichtung einer Fachorganisation rechtfertigt,

im Bestreben, diese im Wirtschaftskammergesetz genannten Voraussetzungen für die Errichtung von Fachverbänden und Fachgruppen als Körperschaften öffentlichen Rechts mittels objektiver Kriterien näher auszuführen

hat das Erweiterte Präsidium folgenden Beschluss gefasst:

Unbeschadet der generellen Bestimmungen des § 15 Abs 1 und des § 43 Abs 1 WKG sind der Errichtung von Fachverbänden bzw Fachgruppen folgende Kriterien zugrunde zu legen:

1. Erster Prüfschritt:

Kriterien des ersten Prüfschrittes sind

1.1. Mindestanzahl von 1.500 Mitgliedschaften (inklusive der ruhenden),

1.2. Mindestgrundumlagenaufkommen der Fachorganisationsschiene ein-schließlich der Fachvertretungen von € 400.000, jährlich. Dabei sind allfällige temporäre Absenkungen von Grundumlagen, die zum Zweck der Verringerung von Rücklagen vorgenommen wurden, zu prüfen.

Fachorganisationsschienen, die beide Kriterien nicht erfüllen, sind vorbehaltlich Pkt. 4 zu widerrufen.

2. Zweiter Prüfschritt:

Kriterien des zweiten Prüfschrittes sind:

2.1. Einzigartige, branchenspezifische Rechtsnormen, die die Tätigkeit der in der Fachorganisationsschiene zusammengefassten Mitglieder reglementieren.

Fachorganisationsschienen, die nur ein Kriterium des ersten Prüfschrittes und das Kriterium 2.1. erfüllen, bleiben bestehen, es sei denn, es kommt mehr als eines der nachfolgenden Kriterien zum Tragen:

2.2. Mindestausmaß gemeinsamer Mitglieder zweier verwandter Fachorganisationsschienen von 33,3%. Als verwandt gelten Fachorganisationsschienen, wenn ihre Mitglieder am selben Markt zur Befriedigung einer vergleichbaren Nachfrage oder in einander ergänzender Weise zur Befriedigung einer komplexen, sich wirtschaftlich sinnvoll ergänzenden oder einheitlich darstellenden Nachfrage auftreten.

2.3. Gemeinsame Interessenlage der in zwei oder mehreren Fachorganisationsschienen zusammengefassten Mitglieder aufgrund der rechtlichen Grundlagen ihrer Tätigkeit, ihrer Marktposition oder der jeweils zuständigen Behörden.

2.4. Kein ausgeglichener Betriebserfolg über die letzten fünf Jahre, wobei Sonderprojekte im Einzelfall entsprechend berücksichtigt werden.

3. Widerruf

Fachorganisationsschienen, die zu widerrufen sind, werden vom Erweiterten Präsidium der Bundeskammer Vorschläge zur Zusammenführung mit einer anderen Fachorganisationsschiene unterbreitet. Diese Vorschläge haben bis zu drei Varianten für die Zusammenführung mit Fachorganisationsschienen anzubieten, zu denen eine hohe Verwandtschaft (im Sinn der Kriterien 2.2. und 2.3.) besteht. Die Vorschläge sind nach Anhörung der betroffenen Bundessparten und Landessparten zu erstellen.

4. Option

Fachverbände gemäß § 15 Abs 3 WKG können errichtet werden, wenn die nachfolgenden Kriterien erfüllt sind:

4.1. Mindestgrundumlagenaufkommen der Fachorganisationsschiene einschließlich der Fachvertretungen von € 100.000, jährlich[.]

4.2. Zumindest zwei Drittel des Aufkommens der Fachorganisationsschiene muss für mitgliederspezifische Zwecke zur Verfügung stehen, die über die nach dem WKG jedenfalls zu erbringenden organisationsbezogenen Aufgaben (insbesondere Organsitzungen und Finanzgebarung) hinausgehen.

4.3.1. einzigartige Interessenlage und eine wirtschaftliche Kenngröße der Fachorganisationsschiene von zumindest 0,3.

Die Kenngröße bestimmt sich nach der Anzahl der unselbständigen Beschäftigungsverhältnisse, dem Umsatz bzw einer adäquaten Größe und der Bruttowertschöpfung zu Faktorpreisen der im Fachverband zusammengefassten Mitglieder. Dabei ist jede dieser drei Kennzahlen je Fachorganisationsschiene in Relation (Prozentsatz) zur Summe der Kennzahlen aller Fachorganisationsschienen zu setzen, die solcherart ermittelten Prozentsätze sind zu addieren und danach durch drei zu dividieren.

4.3.2. Wird die wirtschaftliche Kenngröße nicht erreicht, kann ergänzend zur einzigartigen Interessenlage eine spartenspezifische Kenngröße ermittelt werden, in dem jede der drei in Pkt. 4.3.1. genannten Kennzahlen je Fachorganisationsschiene in Relation (Prozentsatz) zur Summe der Kennzahlen aller Fachorganisationsschienen einer Sparte zu setzen, die solcherart ermittelten Prozentsätze zu addieren und danach durch drei zu dividieren sind. Die spartenspezifische Kenngröße ist jene, die von zwei Drittel aller Fachorganisationsschienen innerhalb dieser Sparte überschritten wird.

[…]

6. Datenbasis

Die Prüfung der Kriterien hat grundsätzlich auf der Basis der am Ende des der Prüfung zweitvorangehenden Kalenderjahres verfügbaren Daten (wie Mitgliederstatistiken, Rechnungsabschlüsse) zu erfolgen. In der derzeit laufenden Funktionsperiode erfolgt diese Prüfung in Umsetzung des Beschlusses des Wirtschaftsparlaments vom November 2005 ausnahmsweise auf der Grundlage der am verfügbaren Daten." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

Wie der Verfassungsgerichtshof bereits mit Beschluss vom (s. Pkt. I.4.) im Einklang mit der Vorjudikatur festgestellt hat, kommt dem Beschluss des Erweiterten Präsidiums vom kein selbstständiger Normcharakter zu; er ist lediglich ein Element im Verfahren zur Erlassung von Normen über die Fachorganisationen durch das Wirtschaftsparlament (so schon VfSlg 18.530/2008).

Die Wirtschaftskammer Österreich führt in ihrer Äußerung zu den in diesem Beschluss des Erweiterten Präsidiums festgelegten Kriterien – unwidersprochen – Folgendes aus:

"Die festgelegten Kriterien tragen der Vorgabe des Gesetzes Rechnung, ökonomisch existenzfähige Körperschaften unter Berücksichtigung der Bedeutung der einzelnen Berufszweige, wirtschaftlicher Verwandtschaftsverhältnisse, gemeinsamer Interessenlagen und der Gewährleistung einer wirksamen Interessenvertretung zu schaffen und bilden ein in sich geschlossenes und konsistentes, der Wirklichkeit korrespondierendes Ganzes: Fachorganisationen, die nur eines der beiden Kriterien des ersten Prüfschrittes erfüllen (also ein Grundumlagenaufkommen von € 400.000, erreichen oder mehr als 1.500 Mitglieder aufweisen), können nach Maßgabe der Kriterien des zweiten Prüfschrittes, die auf die jeweilige Eigenart, die Besonderheit der Interessenlagen und bestehende Verwandtschaftsverhältnisse abstellen, weiter bestehen bleiben. Überdies besteht unabhängig von der Erfüllung dieser Prüfschritte unter der Voraussetzung, dass zumindest österreichweit ein Mindestgrundumlagenaufkommen von € 100.000, pro Jahr in der gesamten Fachorganisationsschiene erzielt wird, bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen die Möglichkeit der Errichtung eines Fachverbandes ohne diesem korrespondierenden Fachgruppen in den Ländern.

Auf dem Boden dieser Kriterien ist die angeordnete Evaluierung durchgeführt worden (dazu im Detail Zellenberg , Die österreichische Wirtschaftskammerorganisation, in: Graf/Paschke/Stober, Hrsg, Strategische Perspektiven des Kammerrechts, 2007, 131 ff [149 ff]) und eine die Fachorganisationslandschaft erheblich verändernde neue FOO, kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 2/2008, erlassen worden. Eine durch diese Satzung bewirkte Zusammenführung von Fachverbänden ist Gegenstand des mit dem Beschluss VfSlg 18.530/2008 beendeten Verfahrens gewesen.

Aufgrund der Anordnung des § 15 Abs 8 WKG war im Jahr 2013 - '[i]m dritten Kalenderjahr nach der Konstituierung des Wirtschaftsparlaments der Bundeskammer', die im Juni 2010 erfolgt ist - zu überprüfen und danach vom Erweiterten Präsidium der Bundeskammer darüber Beschluss zu fassen, ob die Fachverbände und Fachgruppen den vom Erweiterten Präsidium am beschlossenen Kriterien für die Errichtung von Fachverbänden und Fachgruppen gemäß § 15 Abs 2 und § 43 Abs 1 WKG entsprechen.

Die gesetzlich gebotene Evaluierung der Fachorganisationsstruktur wurde im Frühjahr 2013 von einer Arbeitsgruppe durchgeführt. Das Erweiterte Präsidium der WKÖ befasste sich in seiner Sitzung vom mit den Ergebnissen der Evaluierung und stellte durch Beschluss fest, welche Fachverbände und Fachgruppen die Voraussetzungen für die Errichtung als Körperschaft öffentlichen Rechts nicht (mehr) erfüllen und empfahl die Ergreifung einer Reihe von Maßnahmen. Dieser Beschluss ist Gegenstand des mit Beschluss vom , B1129/2013, G100/2013, V63/2013, beendeten Verfahrens gewesen.

In weiterer Folge beschloss das Wirtschaftsparlament der Bundeskammer am eine umfassende Novelle der FOO, die am im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 1/2014 kundgemacht wurde. Diese Novelle sieht u.a. die Beendigung der selbständigen Existenz der Fachverbände der Gießereiindustrie und der Steinmetze sowie deren Zusammenführung mit dem Fachverband Maschinen Metallwaren einerseits und dem Fachverband der Bauhilfsgewerbe andererseits vor. Gegen diese Vorgänge richten sich die verfahrensgegenständlichen Individualanträge." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

12. Mit Beschluss vom , kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 2/2008 bzw. Nr 2/2009, geändert mit Beschluss vom , erließ das Wirtschaftsparlament eine "Fachorganisationsordnung – FOO", die folgende – im vorliegenden Normenprüfungsverfahren bedeutsamen – Anordnungen enthält:

" Errichtung von Fachverbänden

§1. (1) Die Errichtung der Fachverbände und Fachgruppen erfolgt auf Grund und nach den Bestimmungen der §§14, 15, 43 und 47 des Bundesgesetzes über die Kammern der Gewerblichen Wirtschaft (Wirtschaftskammergesetz 1998 – WKG), BGBl I Nr 103/1998 in der Fassung BGBl I Nr 78/2006.

(2) […]

(3) Dem Wirkungsbereich der in den §§2-8 angeführten Fachverbände gehören insbesondere die in dem einen integrierenden Bestandteil dieser Satzung bildenden Anhang 1 angeführten Berufszweige an.

[…]

§2. Sparte Gewerbe und Handwerk

1. […]

2. Fachverband der Steinmetze

3.-5. […]

6. Fachverband der Bauhilfsgewerbe

7.-26. […]

[…]

Anhang 1 zur Fachorganisationsordnung

In den Wirkungsbereich der Fachverbände gemäß §§2 bis 8 dieser Satzung fallen insbesondere folgende Berufszweige:

I. Sparte Gewerbe und Handwerk

1. […]

2. Fachverband der Steinmetze, umfassend

a) Steinmetzmeister einschließlich Kunststeinerzeuger und Terrazzomacher,

b) Steinmetzmeister,

c) Kunststeinerzeuger,

d) Terrazzomacher,

e) Grabsteinerzeuger,

f) Steinbildhauer,

g) Marmorwarenerzeuger,

h) Schleifsteinhauer sowie

i) Werksteinbruchunternehmer.

3.-26. […]

[…]" (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

13. In Fortführung des vorhin unter Pkt. II.3. wiedergegebenen Beschlusses über die Kriterien für die FOO fasste das Erweiterte Präsidium im Rahmen der Evaluierung gemäß § 15 Abs 8 WKG idF BGBl I 78/2006 am folgenden Beschluss (soweit er die von den Antragstellern bekämpften Verordnungsbestimmungen betrifft):

"Protokollauszug

3. Fachorganisations-Evaluierung

[…]

I. Evaluierung gemäß § 15 Abs 8 WKG

1. Gemäß § 15 Abs 8 WKG wird festgestellt, dass folgende Fachverbandsschienen nicht den vom Erweiterten Präsidium der Bundeskammer am beschlossenen Kriterien für die Errichtung von Fachverbänden und Fachgruppen gemäß § 15 Abs 2 und § 43 Abs 1 WKG entsprechen und die jeweils dargestellten Maßnahmen umzusetzen sind:

1.1. Bundesinnung der Steinmetze: Zusammenführung mit der Bundesinnung der Bauhilfsgewerbe.

[…]" (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

14. Mit dem von den Antragstellern bekämpften Beschluss des Wirtschaftsparlaments, "1. Satzung des Wirtschaftsparlaments der Wirtschaftskammer Österreich vom , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Note vom , BMWFJ-38.500/0097-I/3/2013, mit der die Fachorganisationsordnung geändert wird", kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich vom , Nr 1/2014, wurde die FOO im hier in Betracht kommenden Teil unter "1. Satzung: Änderung der Fachorganisationsordnung" folgendermaßen geändert (die im Antrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"[…]

2. § 2 Z 2 entfällt.

[…]

17. § 10 Z 1. lita […] entfallen.

[…]

21. Nach § 22 wird folgender ArtII eingefügt:

'Artikel II

§1. (1) Die in den Absätzen 3 bis 15 dieser Bestimmung angeführten Fachverbände sind Gesamtrechtsnachfolger der jeweiligen, bisher aufgrund der vom Wirtschaftsparlament der Bundeskammer am beschlossenen und vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit mit Note vom , BMWA 38.500/0019 1/3/2008, genehmigten Fachorganisationsordnung, Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 2/2008, zuletzt geändert durch den Beschluss des Wirtschaftsparlaments vom , genehmigt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Note vom , BMWFJ-38.500/0245-I/3/2012, Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 2/2012, errichteten Fachverbände. Sie treten in alle deren Rechte und Pflichten ein. Die Rechtsnachfolge erstreckt sich insbesondere auch auf die Rechtsstellung als Vertragspartner von Kollektivverträgen.

(2) […]

(3) Der Fachverband der Bauhilfsgewerbe ist Rechtsnachfolger

- des bisherigen Fachverbands der Bauhilfsgewerbe und

- des bisherigen Fachverbands der Steinmetze.

(4)-(15) […]

[…]

Inkrafttreten

§3. Die Änderungen der Fachorganisationsordnung – FOO in der Fassung des Beschlusses des Wirtschaftsparlaments der Bundeskammer vom , kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Wirtschaftskammer Österreich Nr 1/2014, treten mit in Kraft.

[…]'

22. Abschnitt I. Z 2 und 9 des Anhangs 1 der Fachorganisationsordnung entfallen.

23. Abschnitt I. Z 6 des Anhangs 1 der Fachorganisationsordnung lautet:

'6. Fachverband der Bauhilfsgewerbe, umfassend

[…]

b) Steinmetze wie

1. Steinmetzmeister einschließlich Kunststeinerzeuger und Terrazzomacher,

2. Steinmetzmeister,

3. Kunststeinerzeuger,

4. Terrazzomacher,

5. Grabsteinerzeuger,

6. Steinbildhauer,

7. Marmorwarenerzeuger,

8. Schleifsteinhauer sowie

9. Werksteinbruchunternehmer.'

[…]"

15. Auf das Wesentliche zusammengefasst wurde durch die bekämpften Änderungen der soeben angeführten FOO der Fachverband der Steinmetze mit jenem für Bauhilfsgewerbe zusammengelegt, und zwar derart, dass der neue Fachverband für Bauhilfsgewerbe der Rechtsnachfolger der beiden bisherigen Fachverbände ist.

16. Zur Erfüllung der die Grundlage dieses Beschlusses vom bildenden Kriterien gemäß dem oben unter Pkt. II.3. wiedergegebenen Beschluss vom führt die Wirtschaftskammer Österreich in ihrer Äußerung u.a. in Erwiderung des Vorbringens der Antragsteller, das um des Zusammenhanges willen – der Darstellung der Wirtschaftskammer Österreich folgend – gemeinsam wiedergegeben wird, Folgendes aus:

"Die Antragsteller erachten sich, wie unter Bezugnahme auf VfSlg 3673/1960 vorgebracht wird, durch die bekämpften Normen im Recht verletzt, nicht ohne ihre Mitsprache der Herrschaft anderer unterstellt bzw durch diese vertreten zu werden. Die Zusammenführung mit dem Fachverband der Bauhilfsgewerbe sei ohne Mitsprachemöglichkeit und Anhörung der Antragsteller sowie gegen deren erklärten Willen erfolgt.

Die bekämpften Normen seien überdies willkürlich, weil vollkommen unbegründet. Auch sei weder Parteiengehör gewährt noch ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden. Zudem sei unterlassen worden zu prüfen, ob der Fachverband der Steinmetze nicht vor dem Hintergrund der in Punkt 4. des Widerrufsbeschlusses (gemeint offenkundig: des Kriterienbeschlusses) geregelten Option hätte bestehen bleiben können. Auch sei nicht geprüft worden, ob der Widerrufsbeschluss aufgrund seiner mangelnden Vereinbarkeit mit Art 18 B VG sowie wegen der in ihm generell unbegründeten und damit willkürlich festgelegten Kriterien überhaupt hätte maßgeblich sein dürfen, um den Vorgaben des § 15 WKG nach der Zusammenfassung wirtschaftlich verwandter Berufszweige und einer wirksamen Vertretung der Interessen der betreffenden Mitglieder gerecht zu werden.

[…]

Das Vorbringen erschöpft sich in unsubstantiierten Behauptungen, ohne eine Rechtswidrigkeit der bekämpften Vorschriften darzutun.

Der Verweis auf das Erkenntnis VfSlg 3673/1960 geht ins Leere, weil die darin behandelte Inkongruenz von Rechten und Pflichten - eine Umlagepflicht gegenüber einer Landwirtschaftskammer bei gleichzeitigem Ausschluss vom Wahlrecht - mit der durch die angefochtenen Vorschriften geschaffenen Rechtslage nichts gemein hat. Auch wird verkannt, dass die Bundesverfassung die Einräumung von Parteirechten nur dort gebietet, wo es um subjektive Rechte geht (vgl VfSlg 13.646/1993). Die bekämpfte Novelle der FOO regelt aber weder subjektive Rechte noch greift sie in solche ein. Ihr Gegenstand ist vielmehr die Schaffung einer funktionsfähigen, den Gegebenheiten im Tatsächlichen entsprechenden Verwaltungsorganisation. Im Übrigen ist der Erlassung der bekämpften Novelle der FOO das von § 15 Abs 1 WKG geforderte Begutachtungsverfahren vorangegangen, in dem auch der Fachverband der Steinmetze, vermittelt über die Bundessparte Gewerbe und Handwerk seine Position einbringen konnte und tatsächlich auch eingebracht hat.

Dem Vorwurf, dass die bekämpften Vorschriften willkürlich und unbegründet seien, ist entgegenzuhalten, dass im Zuge des der Erlassung der Novelle der FOO vorangegangenen Evaluierungsverfahrens die Frage, ob der Fachverband der Steinmetze den im Kriterienbeschluss festgelegten Kriterien entspricht, im Detail untersucht und auf dem Boden der erhobenen Daten verneint wurde. Im Vorlagebericht zu dem, von den Antragstellern als 'Aufhebungsbeschluss' bezeichneten Beschluss des Erweiterten Präsidiums der Wirtschaftskammer Österreich vom betreffend die Evaluierung der Fachorganisationsstruktur anhand der Errichtungskriterien für Fachverbände und Fachgruppen gemäß § 15 Abs 8 WKG heißt es zum Fachverband der Steinmetze:

'Die gemäß § 15 Abs 3 WKG errichtete Bundesinnung der Steinmetze (Fachverband, dem nur ausnahmsweise Fachgruppen entsprechen können) erfüllte mit 789 Mitgliedern und einem Grundumlagenaufkommen (einschließlich der Sondergrundumlage) von EUR 353.923, keines der beiden Kriterien des Ersten Prüfschrittes des Kriterienbeschlusses.

Einzigartige branchenspezifische Rechtsnormen iS des Punktes 2.1. des Kriterienbeschlusses liegen nicht vor, denn die Mitglieder der Bundesinnung der Steinmetze unterliegen keinem rechtlichen Regime, das Geschäftsbetrieb und unternehmerische Tätigkeit so umfassend inhaltlich reglementiert sowie exklusiv und spezifisch determiniert, dass die Tätigkeit insgesamt zu einer durch die Rechtsordnung konstituierten einzigartigen wird.'

Auch die Frage, ob die Optionsmöglichkeit nach Punkt 4. des Kriterienbeschlusses für den Fachverband der Steinmetze in Frage kommt, wurde - entgegen dem Antragsvorbringen - untersucht. Im zitierten Beschluss vom heißt es dazu:

'Für die Optionsmöglichkeit gemäß Punkt 4. des Kriterienbeschlusses und damit den Fortbestand als Fachverbandschiene gemäß § 15 Abs 3 WKG wäre eine wirtschaftliche Kenngröße von zumindest 0,3 bzw eine spartenspezifische Kenngröße von zumindest 1,34 erforderlich; beide Kenngrößen werden mit 0,09 bzw 0,43 nicht erreicht. Die Bundesinnung der Steinmetze erfüllt damit nicht die Kriterien für die Errichtung als Körperschaft öffentlichen Rechts.'

Dieser Beschluss vom war § 15 Abs 8 WKG entsprechend vom Erweiterten Präsidium in Anwendung der vom Kriterienbeschluss im Jahr 2006 aufgestellten Kriterien zu fassen, inwiefern dieser in einem Widerspruch zu Art 18 B VG stehen soll, ja stehen könnte - bei ihm handelt es sich um keine generelle Rechtsvorschrift (vgl , G100/2013, V63/2013) - ist unerfindlich. Auch die Behauptung, in ihm seien willkürliche Kriterien aufgestellt worden, ist nicht nachvollziehbar." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

III. Zur Zulässigkeit des Antrages

17. Zunächst sei vorausgeschickt, dass der Verfassungsgerichtshof davon ausgeht, dass sich der vorliegende Aufhebungsantrag ungeachtet verschiedener Mängel in der Bezeichnung und von Fehlern in der Wiedergabe bzw. im Umbruch eindeutig auf jene Bestimmungen der Änderung der Fachorganisationsordnung der Wirtschaftskammer Österreich (FOO) bezieht, die oben unter Pkt. II.6. in Fettdruck wiedergegeben sind.

18. Gemäß Art 139 und Art 140 B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen und die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit bzw. Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung bzw. das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg 8009/1977 und 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung bzw. das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie – im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit bzw. seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art 139 Abs 1 Z 3 und 140 Abs 1 Z 1 litc B VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordern (vgl. zB VfSlg 10.353/1985, 15.306/1998, 16.890/2003).

19. Zur Zulässigkeit des Antrages auf Aufhebung der Änderung der FOO im unter Pkt. II.6. dargestellten Umfang:

1.1. Die Satzung des Wirtschaftsparlaments über die FOO ist als Verordnung zu qualifizieren (vgl. VfSlg 2500/1953; ua.). Mit den angefochtenen Verordnungsbestimmungen verliert der Fachverband der Steinmetze seine Rechtspersönlichkeit und geht in einem neuen Fachverband auf. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits festgestellt hat, bestehen keine Zweifel daran, dass eine Verordnungsbestimmung, die im Ergebnis dazu führt, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts ihre Existenz verliert, ohne dass es hiezu eines Bescheides bedürfte, in die Rechtssphäre dieser juristischen Person unmittelbar eingreift und sie im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit verletzen würde (vgl. VfSlg 17.488/2005, S 255; s. auch ua.).

Daraus ergibt sich, dass der Erstantragsteller, nämlich der von der Auflösung bedrohte Fachverband der Steinmetze, in seiner Rechtssphäre jedenfalls unmittelbar betroffen ist. Angesichts der unmittelbar bevorstehenden, durch die bekämpfte Norm verfügten Auflösung dieses Fachverbands ist er auch aktuell betroffen und es wäre ihm nicht zumutbar, abzuwarten, bis diese Auflösung rechtswirksam wird (s. ua.).

Der Erstantragsteller ist daher legitimiert, die seine Auflösung anordnenden Vorschriften der FOO zu bekämpfen.

1.2. Anderes gilt für die übrigen Antragsteller, die Mitglieder dieses Fach-verbands sind. Diese führen zu ihrer rechtlichen Betroffenheit Folgendes aus:

"4. ANTRAGSLEGITIMATION

4.1. Unmittelbare Betroffenheit der Antragsteller

4.1.1. Die Antragsteller werden durch die bekämpften Normen in der Satzung vom bzw durch die bekämpften Normen der FOO 2013 mit Inkrafttreten der FOO 2013 bzw mit der darauffolgenden Konstituierung des Ausschusses des Fachverbands der Bauhilfsgewerbe (vgl ArtII § 7 FOO 2013) in ihren verfassungsgesetzlich und auch in ihren einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt und sind hiervon aus folgenden Gründen unmittelbar, rechtlich und aktuell betroffen.

4.1.2. Mit Inkrafttreten der durch die Satzung vom geänderten Fachorganisationsordnung (dh mit Inkrafttreten der FOO 2013) am ist bindend vorgegeben, dass mit der darauffolgenden Konstituierung des Ausschusses des am errichteten Fachverbands der Bauhilfsgewerbe (vgl ArtII § 7 FOO 2013) dieser Rechtsnachfolger des betroffenen Fachverbands und des bisherigen Fachverbands der Bauhilfsgewerbe wird - dies jeweils ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung, ohne Erlassung eines Bescheides und ohne irgendeine Rechtsschutzmöglichkeit für den betroffenen Fachverband. Die Rechte und Pflichten sowie das Vermögen des betroffenen Fachverbands gehen somit auf den (zusammengelegten) Fachverband der Bauhilfsgewerbe über. Der betroffene Fachverband selbst geht (ebenso wie der bisherige Fachverband der Bauhilfsgewerbe) unter und verliert somit seine eigenständige rechtliche Existenz (vgl ArtII § 7 FOO 2013).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs besteht kein Zweifel, 'dass eine Verordnungsbestimmung, die im Ergebnis dazu führt, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts ihre Existenz verliert, ohne dass es hiezu eines Bescheides bedürfte, in die Rechtssphäre dieser juristischen Person unmittelbar eingreift und sie im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit verletzen würde' (VfSlg 17.488/2005).

Der betroffene Fachverband ist somit durch die bekämpften Normen unmittelbar nachteilig rechtlich und wirtschaftlich betroffen.

4.1.3. Die übrigen Antragsteller werden mit Inkrafttreten der durch die Satzung vom geänderten Fachorganisationsordnung (dh mit Inkrafttreten der FOO 2013) am bzw mit der darauffolgenden Konstituierung des Ausschusses des Fachverbands des Bauhilfsgewerbes (vgl ArtII § 7 FOO 2013) Mitglieder des durch die Zusammenlegung des betroffenen Fachverbands mit dem Fachverband der Bauhilfsgewerbe hervorgehenden Fachverband der Bauhilfsgewerbe.

Obwohl die übrigen Antragsteller nicht Normadressaten im engeren Sinn sind, gestalten die bekämpften Normen ihrem Zweck und Inhalt nach auch die Rechtssphäre der übrigen Antragsteller (vgl VfSlg 13.038/1992).

Durch die Zusammenlegung der Fachverbände werden die übrigen Antragsteller nämlich mit den 13.856 Mitgliedern des Fachverbands der Bauhilfsgewerbe ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides zusammengelegt. In dem dann zusammengelegten Fachverband der Bauhilfsgewerbe sind in Folge die Steinmetze eine absolute Minderheit (insgesamt nur 5,36%) und damit auch die übrigen Antragsteller als Teil dieser Minderheit. Somit werden die übrigen Antragsteller nicht nur ihrer eigenständigen und wirksamen Interessensvertretung beraubt, sondern es sinkt auch ihr rechtlicher Einfluss auf ihre bzw in ihrer Fachvertretung vehement.

Weiters wird das durch die vergleichsweise höheren Grundumlagen der Mitglieder des betroffenen Fachverbands 'angesparte' Vermögen des betroffenen Fachverbands mit dem Vermögen des bisherigen Fachverbands der Bauhilfsgewerbe zusammengelegt. Das Vermögen des dann zusammengelegten Fachverbands der Bauhilfsgewerbe steht dann sämtlichen Mitgliedern dieses Fachverbands und damit auch der zahlenmäßig wesentlich größeren Gruppe von Unternehmen, die keine Steinmetze sind, zur Verfügung.

Diese haben jedoch einerseits keinen Beitrag zu dem aus dem betroffenen Fachverband stammenden Vermögen geleistet. Andererseits haben die Unternehmen, die keine Steinmetze sind (und damit nicht Mitglied im betroffenen Fachverband waren bzw sind), aufgrund der wesentlich niedrigeren Grundumlage einen in Relation wesentlich geringeren Beitrag zu dem Gesamtvermögen des zusammengelegten Fachverbands der Bauhilfsgewerbe geleistet.

Dies führt zu einer unverhältnismäßigen und nicht gerechtfertigten Bereicherung der aus dem bisherigen Fachverband der Bauhilfsgewerbe stammenden Mitglieder zu Lasten der aus dem betroffenen Fachverband stammenden Mitglieder.

Falls auch die bisher im Eigentum des betroffenen Fachverbands stehende Liegenschaft Schüttelstraße auf den dann zusammengelegten Fachverband der Bauhilfsgewerbe übergeht, könnte dies darüber hinaus eine erhebliche Grunderwerbssteuer auslösen, die diesfalls auch die Steinmetze trifft.

Die übrigen Antragsteller sind somit durch die bekämpften Normen nachteilig rechtlich und wirtschaftlich betroffen." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

Es gibt kein subjektives Recht von Mitgliedern eines Selbstverwaltungskörpers, unabhängig von den den Selbstverwaltungskörper konstituierenden Normen einem bestimmten Selbstverwaltungskörper anzugehören. Daraus folgt, dass es auch kein subjektives Recht der Mitglieder eines Selbstverwaltungskörpers auf Fortbestand dieses Selbstverwaltungskörpers gibt (zur gleichen Rechtsfrage betreffend die Gemeinden s. zB ua.).

Mit den Ausführungen der Zweit- bis Sechstantragsteller wird keine unmittelbare rechtliche Betroffenheit dargetan, sondern rechtliche Folge- und wirtschaftliche Reflexwirkungen des Umstands, dass diese Antragsteller in Zukunft zu einem anderen Fachverband gehören. Dabei handelt es sich aber um keine rechtlich geschützte Sphäre, sodass sie durch diese Normen nicht unmittelbar betroffen sind.

Dies führt dazu, dass die Anträge der Zweit- bis Sechstantragsteller zurückzuweisen sind.

4.1. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit hin zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Verordnungsprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Verordnungsstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden. Aus dieser Grundposition folgt, dass im Verordnungsprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der für bedenklich erachteten Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Antrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg 15.964/2000). Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Verordnungsbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Es ist nicht hervorgekommen, dass der Erstantragsteller die von ihm bekämpften Bestimmungen in einem zu engen Umfang zur Aufhebung beantragt.

4.2. Zwar bilden grundsätzlich nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die Bestimmungen eines Gesetzes eine untrennbare Einheit mit den diese Bestimmungen novellierenden gesetzlichen Bestimmungen, sodass grundsätzlich eine generelle Norm in jener Fassung zu bekämpfen ist, die durch Novellierungsanordnungen herbeigeführt wurde, und zwar auch dann, wenn nur in den Novellierungsanordnungen die behauptete Rechtswidrigkeit liegt. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn sich – wie im vorliegenden Fall – die behauptete Rechtswidrigkeit in der Erlassung der Novellierungsanordnungen erschöpft; in diesem Fall ist auch die Bekämpfung der Novellierungsanordnung als solche zulässig, weil mit ihrer Entfernung aus dem Rechtsbestand die behauptete Rechtswidrigkeit beseitigt würde (VfSlg 16.764/2002, 19.522/2011).

Da auch sonst alle Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist der Antrag des Erstantragstellers auf Aufhebung der oben bezeichneten Bestimmungen zur Änderung der FOO zulässig.

5. Zur Zulässigkeit der Bekämpfung des § 15 Abs 9 WKG:

Sämtliche Antragsteller bekämpfen auch § 15 Abs 9 WKG idF BGBl I 78/2006, und zwar einerseits zur Gänze, in eventu in Teilen.

Nach § 62 Abs 1 VfGG hat der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken "im Einzelnen darzulegen". Es ist daher Prozessvoraussetzung eines Gesetzesprüfungsverfahrens nach Art 140 Abs 1 B VG, dass sich aus dem Inhalt des Antrages eine Darlegung der gegen die Verfassungsmäßigkeit der aufzuhebenden Normen im Einzelnen sprechenden Bedenken ergibt (VfSlg 8594/1979, 11.610/1988, 17.768/2006).

Der vorliegende Eventualantrag auf Aufhebung des § 15 Abs 9 WKG idF BGBl I 78/2006 bzw. von Teilen des § 15 Abs 9 leg.cit. ist auf Grund mangelnder Darlegung der Bedenken gegen die angeführte Gesetzesbestimmung bzw. Teile derselben unzulässig und daher bereits aus diesem Grund zurückzuweisen. Darüber hinaus wird dieser Antrag von der Bedingung abhängig gemacht, dass der Verfassungsgerichtshof zur Annahme des Vorliegens eines untrennbaren Zusammenhangs der unter Pkt. I. des Antrags angefochtenen Bestimmungen mit der im Eventualantrag angefochtenen Gesetzesbestimmung gelangt (s. Pkt. I.6.). Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes ist ein solcher untrennbarer Zusammenhang nicht gegeben, weshalb es sich erübrigt, auf die Frage einzugehen, ob eine solche Bedingung überhaupt zulässig wäre.

IV. In der Sache

20. Der Erstantragsteller behauptet, dass die von ihm bekämpften Verordnungsstellen ihn in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf eine wirksame Beschwerde gemäß Art 13 EMRK (in eventu auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B VG), auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B VG "als solchem", auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art 5 StGG bzw. Art 1 1. ZPEMRK, auf Erwerbsausübungsfreiheit gemäß Art 6 StGG, auf Selbstverwaltung gemäß Art 120a ff. B VG, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art 7 Abs 1 B VG bzw. Art 2 StGG, auf Vereins- und Versammlungsfreiheit gemäß Art 12 StGG bzw. Art 11 EMRK sowie in seinen Rechten wegen Verletzung des Wirtschaftskammergesetzes 1998 verletzen würden.

Die Argumentation des Erstantragstellers zu diesen behaupteten Rechtsverletzungen überschneidet sich in wesentlichen Teilen bzw. werden Argumente vom Erstantragsteller unter unterschiedlichen Gesichtspunkten wiederholt, weswegen sie in der Folge in Gruppen zusammengefasst werden und auf sie in systematischer Weise eingegangen wird.

21. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Selbstverwaltung gemäß Art 120a ff. B VG, des Gleichheitssatzes gemäß Art 2 StGG bzw. Art 7 Abs 1 B VG und des Wirtschaftskammergesetzes 1998:

1.1. Zunächst sei vorausgeschickt, dass Art 120a B VG zwar die Einrichtung der Selbstverwaltung als solche schützt (gemäß Art 120a Abs 2 leg.cit. insbesondere die der beruflichen Selbstverwaltung), die Organisation der Selbstverwaltung als solcher und die Einrichtung von einzelnen Selbstverwaltungskörpern aber der Gesetzgebung überlässt. Diese Bestimmung verleiht nicht jeder einzelnen Einrichtung im Rahmen der beruflichen Selbstverwaltung Bestandschutz.

1.2. Der Verfassungsgerichtshof versteht die auf diese Bestimmung und die anderen in der Überschrift zu Pkt. III.2. genannten Bestimmungen bezogenen Ausführungen des Erstantragstellers daher so, dass die bekämpften Verordnungsbestimmungen den Vorschriften der Verfassung über die Selbstverwaltung, dem Sachlichkeitsgebot sowie den einfachgesetzlichen Vorschriften des Wirtschaftskammergesetzes 1998 objektiv widersprächen.

1.3. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist die Einrichtung der Selbstverwaltung im Organisationsplan der Bundesverfassung gelegen (VfSlg 8215/1977), wobei der Gesetzgeber Selbstverwaltungskörper nur entsprechend den vom Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur ausgearbeiteten Grundsätzen gestalten darf (vgl. zB VfSlg 17.023/2003, 17.869/2006; , G29/2014). Aus Art 120a ff. B VG ergibt sich im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Selbstverwaltung, dass lediglich Merkmale der nichtterritorialen Selbstverwaltung und Errichtungsschranken zusammengefasst wurden, die bereits (aus einzelnen Vorschriften des B VG abgeleitet und durch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes bestätigt) geltendes Verfassungsrecht waren (vgl. VfSlg 18.731/2009 und 19.017/2009).

Zu diesen Grundsätzen zählt u.a. – und darauf zielt das Vorbringen des Erstantragstellers der Sache nach ab –, dass der Wirkungsbereich jedes Selbstverwaltungskörpers auf Angelegenheiten beschränkt werden muss, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personen gelegen und geeignet sind, von dieser Gemeinschaft besorgt zu werden. Daraus folgt, dass – ausgehend vom Wirkungsbereich eines Selbstverwaltungskörpers – nur solche Personen in einem Selbstverwaltungskörper zusammengefasst werden dürfen, die im Hinblick auf diesen Wirkungsbereich in gleicher Weise betroffen sind. Daraus folgt im Falle einer der Interessenvertretung dienenden Selbstverwaltungseinrichtung wiederum, dass nur Personen zusammengefasst werden dürfen, die insoweit gleichartige Interessen vertreten. Konkret zur wirtschaftlichen Selbstverwaltung hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass in einem solchen Selbstverwaltungskörper nur Personen zusammengefasst und dementsprechend zur Finanzierung herangezogen werden dürfen, die unter dem Gesichtspunkt der Teilnahme am Wirtschaftsleben typischerweise ähnliche Interessen bzw. in die gleiche Richtung weisende Interessenlagen aufweisen (VfSlg 19.017/2010). Bei der Abgrenzung ist der Gesetzgeber allgemein an das Sachlichkeitsgebot gebunden (vgl. insbesondere VfSlg 17.023/2003), im Rahmen dessen steht ihm aber ein großer Ermessensspielraum zu (vgl. VfSlg 19.017/2010, 19.751/2013).

1.4. Aufgabe der Fachverbände ist gemäß § 1 Abs 2 WKG die Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder. Der Erstantragsteller meint nun offenbar zusammengefasst, dass sich die Interessen der Mitglieder des Fachverbands der Steinmetze von jenen des Fachverbands der Bauhilfsgewerbe unterscheiden würden. Der Erstantragsteller verweist hiezu insbesondere auf spezifische wirtschaftliche Interessen der Steinmetze, die sich in keiner anderen Branche im Baubereich fänden, weil die Steinmetze der einzige Berufszweig seien, der die im Bau verwendeten Produkte selbst fertige. Auch aus fachlicher Sicht gäbe es eine einzigartige Interessenslage, die sich im Bestehen einer eigenen Fachzeitschrift für die als Steinmetze tätigen Unternehmen zeige.

1.5. Der Gesetzgeber hat die Abgrenzung der Personen, die im Selbstverwaltungskörper "Fachverband" zusammengeschlossen sind, nicht selbst vorgenommen, sondern hiefür ein besonderes Verfahren festgelegt:

§15 Abs 1 WKG idF BGBl I 78/2006 ordnet an, dass das Wirtschaftsparlament bei der Errichtung u.a. von Fachverbänden insbesondere darauf Bedacht zu nehmen hat, dass wirtschaftlich verwandte Berufszweige zusammengefasst werden, eine wirksame Vertretung der Interessen der betreffenden Mitglieder möglich und die Bedeckung des Aufwandes gewährleistet ist.

Gemäß § 15 Abs 2 leg.cit. hat das Erweiterte Präsidium hiefür Kriterien zu erarbeiten und zwar unter Bedachtnahme auf die gegenwärtige und auf die zu erwartende Wirtschaftsstruktur. Die Kriterien für insbesondere die Größe (Mitgliederzahl) der Fachorganisationen, die Fähigkeit, den Aufwand der Fachorganisationen nachhaltig zu bedecken, sowie für die wirtschaftliche Bedeutung und die Interessenlage der zu Fachorganisationen zusammengefassten Berufszweige sind im Interesse der Gewährleistung einer wirksamen und effizienten Vertretung der Interessen der betreffenden Mitglieder festzusetzen. Auch dann, wenn die Kriterien des § 15 Abs 1 und 2 leg.cit. nicht erfüllt sind, kann auf Grund eines Beschlusses des Erweiterten Präsidiums ein Fachverband errichtet werden, wenn im Bereich der Landeskammern keine Fachgruppen eingerichtet werden, aber die wirksame Vertretung der Interessen der Mitglieder sowie deren gesamtwirtschaftliche Bedeutung die Errichtung eines Fachverbands rechtfertigen und die Bedeckung seines Aufwands gewährleistet ist (§15 Abs 3 leg.cit.).

Nach § 15 Abs 8 leg.cit. hat im dritten Kalenderjahr nach der Konstituierung des Wirtschaftsparlaments das Erweiterte Präsidium nach vorheriger Prüfung zu entscheiden, ob u.a. die Fachverbände den gemäß § 15 Abs 2 leg.cit. festgelegten Kriterien entsprechen.

Gemäß § 15 Abs 9 leg.cit. sind die vom Erweiterten Präsidium gemäß § 15 Abs 2 leg.cit. festgelegten Kriterien für die Wirtschaftskammern verbindlich und von diesen umzusetzen. Diese Umsetzung hat gemäß § 15 Abs 1 leg.cit. durch das Wirtschaftsparlament nach Anhörung der Landeskammern und der Bundessparten zu erfolgen.

1.6. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, dass diese gesetzliche Regelung gegen die für die Einrichtung von Selbstverwaltungskörpern geltenden Grundsätze verstößt. Dabei ist insbesondere zu bedenken, dass alle an diesem Verfahren beteiligten Organe, insbesondere das Wirtschaftsparlament und das Erweiterte Präsidium, Organe der Selbstverwaltung sind, deren Zusammensetzung jeweils durch demokratische Wahlen durch die Mitglieder der Selbstverwaltungskörper bestimmt wird. So besteht das Wirtschaftsparlament der Wirtschaftskammer gemäß § 37 WKG idF BGBl I 153/2001 aus den Mitgliedern des Präsidiums, den Präsidenten der Landeskammern, den Mitgliedern der Spartenvertretungen der Bundeskammer und weiteren Mitgliedern gemäß § 112; im letztgenannten Fall handelt es sich um Mitglieder, die zusätzlich entsandt werden, wenn – grob vereinfacht ausgedrückt – die Zusammensetzung des Wirtschaftsparlaments nach Wählergruppen sonst nicht dem Verhältnis des bei den Urwahlen im Bereich aller Landeskammern im Gesamten erzielten Ergebnisses entspricht. Die in § 37 leg.cit. genannten Mitglieder des Wirtschaftsparlaments sind wiederum nach näheren Vorschriften demokratisch legitimiert. Dies gilt auch für das Erweiterte Präsidium, das gemäß § 36 WKG idF BGBl I 120/2013 aus den Mitgliedern des Präsidiums, den Präsidenten der Landeskammern, den Spartenobmännern der Bundessparten und weiteren Mitgliedern gemäß § 114 besteht; die letztgenannte Bestimmung entspricht im Wesentlichen dem vorhin dargelegten § 112.

Durch diese vom Gesetz vorgesehene Entscheidungsstruktur ist gewährleistet, dass die Mitglieder durch die von ihnen demokratisch legitimierten Organe selbst eine den Kriterien des Gesetzes entsprechende Fachorganisation zu errichten haben, was jedenfalls den Grundsätzen der Selbstverwaltung entspricht.

1.7. Der Verfassungsgerichtshof kann auch nicht finden, dass im konkreten Fall die Verordnung über die Organisation der Fachverbände gesetzwidrig erlassen worden wäre. Dies gilt zunächst für den Beschluss des Erweiterten Präsidiums, mit dem die Kriterien für die Fachorganisationen festgelegt wurden (dieser Beschluss hat selbst keinen normativen Charakter, vgl. ua., eine Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses würde aber eine Gesetzwidrigkeit der Verordnung zur Folge haben). Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist den Organen der Selbstverwaltungskörper entsprechend den Grundsätzen der Selbstverwaltung hiebei ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, sodass von ihm nur offensichtliche Verletzungen der gesetzlichen Bestimmungen sowie eine Verletzung der Verfahrensbestimmungen zur Erlassung dieser Verordnung aufgegriffen werden können.

Angesichts der von der Wirtschaftskammer Österreich dargelegten Erwägungen sind solche offensichtlichen inhaltlichen Gesetzesverstöße nicht ersichtlich, auch die Verfahrensbestimmungen wurden eingehalten.

22. Zur behaupteten Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf eine wirksame Beschwerde gemäß Art 13 EMRK, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B VG, auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art 5 StGG bzw. Art 1 1. ZPEMRK, auf Erwerbsausübungsfreiheit gemäß Art 6 StGG sowie auf Vereins- und Versammlungsfreiheit gemäß Art 12 StGG bzw. Art 11 EMRK:

1.8. Der Argumentation des Erstantragstellers zur Verletzung in diesen Rechten liegt die verfehlte Vorstellung zugrunde, die von ihm bekämpften Akte der Wirtschaftskammer Österreich seien in gleicher Weise an verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten zu messen wie die Erlassung von individuellen Verwaltungsakten, die den Erstantragsteller – eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, die eine Selbstverwaltungskörperschaft gemäß Art 120a B VG ist – binden und ihn in seiner durch diese Rechte geschützten subjektiven Rechtssphäre verletzen. Anscheinend geht der Erstantragsteller davon aus, die einzelnen, bei der Erlassung der Satzung der Wirtschaftskammer Österreich über die Fachorganisationsordnung gesetzlich vorgegebenen Schritte, insbesondere die Beschlüsse des Erweiterten Präsidiums über die Kriterien für die Errichtung von Fachverbänden und Fachgruppen, seien wie ein Verwaltungsverfahren zu bewerten, das auf die Erlassung eines individuellen Verwaltungsaktes gerichtet sei, der seine Adressaten in ihrer subjektiven Rechtssphäre verletzen könnte.

Schon dieser Ausgangspunkt ist verfehlt: Bei der vom Erstantragsteller bekämpften Satzung handelt es sich um eine Verordnung, somit um eine Norm generell-abstrakten Inhalts, die als solche gemäß Art 18 B VG vom Gesetz gedeckt sein muss. Diese konstituiert im vorliegenden Fall den Normadressaten als Rechtspersönlichkeit, greift darüber hinaus aber nicht in seine subjektive Rechtssphäre ein.

In der Folge wird auf die behaupteten Rechtsverletzungen, soweit sie die Konstituierung der Rechtspersönlichkeit betreffen, eingegangen.

1.9. Wie sich bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung des Art 13 EMRK ergibt, gewährt diese ein akzessorisches Recht zum Schutz der aus der EMRK abgeleiteten Rechte; der Erstantragsteller macht in diesem Zusammenhang gar keine Verletzung eines durch die EMRK gewährleisteten Rechts geltend, sondern lediglich "in eventu" eine Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B VG. Damit behauptet er keine Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts, das in den Schutzbereich der EMRK fiele. Selbst wenn man die an anderer Stelle behauptete Verletzung des Art 1 1. ZPEMRK in die Betrachtung miteinbezöge, folgte kein anderes Ergebnis: Das Vorbringen des Erstantragstellers könnte dann nur so verstanden werden, dass er gegen den von ihm behaupteten Eigentumseingriff durch die von ihm bekämpften Verordnungsstellen – nämlich die Auflösung des Fachverbands – kein wirksames Rechtsmittel im Sinne des Art 13 EMRK hätte.

Dass diese Behauptung nicht zutrifft, ergibt sich schon daraus, dass dem Erstantragsteller die Möglichkeit einer Antragstellung gemäß Art 139 Abs 1 Z 3 B VG an den Verfassungsgerichtshof gegen diese Norm offen gestanden ist, ein Weg, den er mit dem vorliegenden Antrag auch beschritten hat. Angesichts dessen braucht nicht weiter auf den Umstand eingegangen werden, dass der Sitz dieser behaupteten Verfassungswidrigkeit nicht in der Norm läge, die der Erstantragsteller bekämpft.

1.10. Die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B VG begründet der Erstantragsteller mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Hinweis auf VfSlg 13.323/1992, 13.699/1994, 17.018/2003, 17.087/2003), wonach dieses verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht dann verletzt sei, wenn "trotz Eingriffs in die Rechtssphäre eines Betroffenen keine Möglichkeit [vorgesehen ist], die Rechtmäßigkeit des Eingriffs zu bekämpfen und durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts überprüfen zu lassen"; er bringt dies in einen Zusammenhang mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, dass dieses verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht dann verletzt wird, wenn einer "Person, der die Parteistellung versagt wird, eine Sachentscheidung in einer sie betreffenden Angelegenheit verweigert wird und sie damit auch um die Möglichkeit gebracht wird, diese Entscheidung bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts anzufechten" (Hinweis auf VfSlg 15.365/1998, 19.297/2011).

Diese Rechtsprechung ist jedoch zu Fällen ergangen, in denen in Verwaltungsverfahren durch individuelle Rechtsakte mittels konkreter Bescheide in die Rechtssphäre von Betroffenen eingegriffen wurde. Da diese Voraussetzung nach dem eingangs Gesagten im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, ist auf diese Argumentation nicht weiter einzugehen.

1.11. Die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art 5 StGG bzw. Art 1 1. ZPEMRK wird v.a. damit begründet, dass der Erstantragsteller, der Fachverband der Steinmetze, im Vergleich zu jenem Fachverband, mit dem er zusammengelegt werden soll durch höhere Umlagen ein Vermögen (wie neben Kapitalvermögen zB eine Liegenschaft) gebildet habe, das nunmehr im Vermögen des neuen Fachverbands aufgehe, womit auch den einzelnen Mitgliedern des Fachverbands das Verfügungsrecht über das Vermögen entzogen werde.

Mit diesen Ausführungen wird lediglich auf die rechtlichen Folgen und die wirtschaftlichen Reflexwirkungen der rechtlichen Auflösung des Fachverbands als selbstständige Körperschaft öffentlichen Rechts hingewiesen, sie vermögen aber keinen Eingriff in die Rechtssphäre des Erstantragstellers darzutun: Die Ausübung der Rechte gemäß Art 5 StGG bzw. Art 1 1. ZPEMRK setzen die Rechtspersönlichkeit des Betroffenen voraus, bieten aber keine Bestandsgarantie für das Weiterbestehen dessen Rechtspersönlichkeit. Die genannten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte schützen die Eigentumsrechte (auch) einer juristischen Person, nicht aber ihren Bestand als solcher.

1.12. Aus den gleichen Gründen kommt auch eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Erwerbsausübungsfreiheit gemäß Art 6 StGG nicht in Betracht.

1.13. Aus dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Vereins- und Versammlungsfreiheit (Art12 StGG bzw. Art 11 EMRK) kann ebenfalls nicht das Recht auf den Bestand als öffentlich-rechtliche Körperschaft abgeleitet werden, deren Einrichtung obliegt vielmehr dem Ermessen des Gesetzgebers. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat festgestellt, dass gesetzlich errichtete Körperschaften keine Vereinigungen im Sinne des Art 11 EMRK darstellen (vgl. EGMR , Fall Le Compte ua. , EuGRZ 1981, 551 ff.).

23. Der Verfassungsgerichtshof geht daher im Gegensatz zu den Antragsausführungen nicht davon aus, dass die vom Erstantragsteller bekämpfte Verordnung, und somit im Ergebnis die Zusammenlegung des Fachverbands der Steinmetze mit jenem der Bauhilfsgewerbe, im Rahmen der periodischen Überprüfung gemäß § 15 Abs 8 WKG idF BGBl I 78/2006 gesetzwidrig zustande gekommen ist. Die Wirtschaftskammer Österreich hat nachvollziehbar begründet (s. oben unter Pkt. II.8.), warum der Fachverband der Steinmetze nicht mehr den Kriterien des gemäß § 15 Abs 2 leg.cit. gefassten Beschlusses des Erweiterten Präsidiums entspricht, der auch seinerseits wiederum nicht offensichtlich § 15 Abs 2 leg.cit. widerspricht.

Der Antrag des Erstantragstellers ist daher abzuweisen.

V. Ergebnis

24. Der Antrag des Erstantragstellers, die im Spruch bezeichneten Bestimmungen der Satzung des Wirtschaftsparlaments der Wirtschaftskammer Österreich vom , mit der die Fachorganisationsordnung geändert wurde, aufzuheben, wird abgewiesen.

25. Die übrigen Anträge werden zurückgewiesen.

26. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2014:V53.2014