VfGH vom 23.09.2010, v5/10
Sammlungsnummer
19161
Leitsatz
Gesetzwidrigkeit der kapazitätsorientierten Festlegung von Studienplätzen für ein Bachelorstudium; keine Berücksichtigung der im Universitätsgesetz 2002 festgelegten Mindestzahl
Spruch
§ 2 der Verordnung des Rektorats (der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck) betreffend Zugangsregelung gemäß § 124b Universitätsgesetz 2002 für das Bachelorstudium Psychologie im Studienjahr 2008/09, kundgemacht im Mitteilungsblatt der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck (http://www.uibk.ac.at/service/c101/mitteilungsblatt), Studienjahr 2007/2008, ausgegeben am , 42. Stück, Nr. 271, war gesetzwidrig.
Die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl B573/09 eine
Beschwerde gegen einen Bescheid des Senates der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck (im Folgenden: Universität Innsbruck) vom anhängig, mit welchem der Beschwerdeführerin im Instanzenzug die Zulassung zum Bachelorstudium Psychologie für das Studienjahr 2008/2009 verweigert wurde. Die Beschwerde wendet sich ausdrücklich auch gegen den (erstinstanzlichen) Bescheid des Rektorats der Universität Innsbruck vom .
2. Aus Anlass dieser Beschwerde entstand beim Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass § 2 der im Spruch genannten Verordnung gesetzwidrig sei. Der Verfassungsgerichtshof leitete daher mit Beschluss vom gemäß Art 139 Abs 1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit dieser Verordnungsbestimmung ein.
3. Im Zuge des Verordnungsprüfungsverfahrens äußerten sich die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung, der Senat sowie das Rektorat der Universität Innsbruck, das auf die im Anlassverfahren abgegebene Gegenschrift verwies.
Die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung vertritt in ihrer Stellungnahme die Auffassung, dass § 124b Abs 2 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I 120 idF BGBl. I 87/2007 (im Folgenden UG 2002) zwei Auslegungen zulasse: Einerseits könne auf die "abstrakt-theoretische" Zahl der bisherigen Studienanfängerinnen und Studienanfänger der letzten drei Jahre und andererseits auf die Anzahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger, die tatsächlich das Studium in den letzten drei Jahren prüfungsaktiv betrieben haben, abgestellt werden.
Nach Auffassung des Rektorats in der Gegenschrift im Anlassverfahren sei § 124b Abs 2 leg.cit. dahingehend zu interpretieren, dass nur so vielen Studierenden das Studium zu ermöglichen sei, dass diese "das Studium unter Bedingungen betreiben können, die weder die Qualität noch den zeitgerechten Abschluss des Studiums ernsthaft gefährden". Eine solche Interpretation sei "nicht nur zulässig, sondern im Sinne der Verantwortung für die wissenschaftliche Berufsvorbildung geboten". Insofern ergebe sich im vorliegenden Fall kapazitätsbezogen eine Studienplatzzahl von 284. Ergänzend merkt das Rektorat an, dass im Zuge einer Aufsichtsbeschwerde beim Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung wegen der Art und Weise der Berechnung von Studienplätzen an der Universität Innsbruck der Zulässigkeit einer kapazitätsbezogenen Festlegung von Studienplätzen auch für den Fall eines Aufnahmeverfahrens "vor Zulassung" nicht entgegengetreten worden sei.
II. Die hier maßgebliche Rechtslage stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:
1.1. Die Stammfassung des § 124b UG 2002, BGBl. I 77/2005, lautet:
"Ergänzende Bestimmungen für die Zulassung zu den vom deutschen
Numerus Clausus betroffenen Studien
§124b. (1) Im Zeitraum Wintersemester 2005/2006 bis einschließlich Wintersemester 2007/2008 kann das Rektorat in den Bakkalaureats-, Magister-, Diplom- und Doktoratsstudien, die von den deutschen bundesweiten Numerus-Clausus-Studien Biologie, Medizin, Pharmazie, Psychologie, Tiermedizin, Zahnmedizin und dem bisherigen deutschen NC-Studium Betriebswirtschaft sowie Kommunikationswissenschaften und Publizistik betroffen sind, den Zugang entweder durch ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung oder durch die Auswahl der Studierenden bis längstens zwei Semester nach der Zulassung beschränken. Vor dieser Festlegung ist dem Senat Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen erstattet werden muss. Die Festlegung samt allfälliger Stellungnahme des Senats hat das Rektorat dem Universitätsrat zur Genehmigung vorzulegen. Entscheidet der Universitätsrat nicht innerhalb von zwei Wochen ab Vorlage, gilt die Festlegung als genehmigt.
(2) Bei der Festsetzung der Zahl der Studierenden ist sicher zu stellen, dass in den jeweiligen Studien mindestens gleich vielen Studierenden wie bisher das Studium möglich ist.
(3) Sofern in den Auswahlverfahren Prüfungen vorgesehen sind, gelten für die Wiederholungen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes. Die Wiederholung positiv beurteilter Prüfungen ist zulässig. Prüfungstermine sind grundsätzlich einmal im Semester anzubieten. § 54 Abs 8 ist nicht anzuwenden.
(4) § 124b gilt für alle Studierenden unabhängig von der Staatsangehörigkeit, die ab dem zum Studium zugelassen werden. Studierende, die vor dem zu dem betreffenden Studium zugelassen wurden, bleiben von § 124b unberührt, sofern ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung zum Studium vorgesehen ist.
(5) Die Bundesministerin oder der Bundesminister hat die Auswirkungen des § 124b in Zusammenarbeit mit den Universitäten zu evaluieren und dem Nationalrat spätestens im Jänner 2007 über das Ergebnis der Evaluierung einen Bericht vorzulegen. Die Auswirkungen des § 124b im Falle der Aufnahmeverfahren vor der Zulassung sind überdies gesondert zu dokumentieren."
1.2. Die Begründung des Abänderungsantrages (StProtNR 22. GP, 117. Sitzung, 78 ff.), der u.a. der Stammfassung des § 124b UG 2002, BGBl. I 2005/77, zu Grunde liegt, lautet auszugsweise wie folgt:
"Mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom , wonach die österreichische Bestimmung der so genannten 'besonderen Universitätsreife' (§36 Abs 1 UniStG - gleich lautend: § 65 Abs 1 Universitätsgesetz 2002) dem EU-Recht widerspricht, entsteht für die österreichischen Universitäten eine schwierige Situation. So warten in den vom deutschen Numerus Clausus betroffenen Studien viele Personen auf einen Studienplatz in Deutschland. Österreich erachtet den offenen Hochschulzugang für eine wichtige Grundlage des österreichischen Bildungssystems. Daher soll der offene Hochschulzugang erhalten bleiben. Allerdings ist es in den betreffenden Studien notwendig, kurzfristig eine Regelung zu treffen, damit nicht durch eine große Zahl zusätzlicher Studierender unvertretbare Studienbedingungen entstehen.
...
Zu § 124b:
Um unvertretbare Studienbedingungen zu vermeiden, soll gemäß Abs 1 den Universitäten in den österreichischen Studien, die im Fachbereich der deutschen bundesweiten NC-Studien liegen, die Möglichkeit eingeräumt werden, eine Zahl von Studierenden festzulegen. In Deutschland sind dies derzeit Biologie, Medizin, Pharmazie, Psychologie, Tiermedizin und Zahnmedizin. Zusätzlich soll auch das Studium Betriebswirtschaft berücksichtigt werden, für das ab dem Studienjahr 2005/06 zwar kein bundesweiter deutscher NC mehr gilt, bei dem aber noch eine beträchtliche Anzahl von Interessentinnen und Interessenten existiert, die in Deutschland keinen Studienplatz erhalten haben. Überdies mussten die deutschen Studien Publizistik und Kommunikationswissenschaften berücksichtigt werden, da in diesen Studien in Deutschland zwar kein bundesweiter NC besteht, diese aber in allen Bundesländern von Zugangsbeschränkungen erfasst sind. Dies gilt auch für die betreffenden Doktoratsstudien.
Die Rektorate entscheiden, ob ein Auswahlverfahren vor der Zulassung zum Studium oder eine Auswahl der Studierenden bis längstens zwei Semester nach der Zulassung erfolgt. Festzulegen sind dabei nicht nur die betroffenen inländischen Studien und die Zahl der Studierenden, sondern auch die Kriterien und das Auswahlverfahren. Dabei soll nicht ausschließlich auf die Noten im Reifezeugnis abgestellt werden und sollen die Noten nicht als alleiniges Beurteilungskriterium herangezogen werden.
Vor der Entscheidung über die Anwendung dieser Bestimmungen auf ein Studium hat der Senat ein Anhörungsrecht, das auf Grund der Dringlichkeit der Maßnahmen in kurzer Frist ausgeübt werden muss. Weil es sich um eine auch wirtschaftlich wichtige Entscheidung des Rektorats handelt, soll auch der Universitätsrat als Aufsichtsorgan - wie bei den anderen zentralen strategischen Entscheidungen des Rektorats - eingebunden sein. Wegen der Zeitknappheit wird wiederum eine kurze Entscheidungsfrist vorgeschlagen. Verweigert der Universitätsrat seine Zustimmung, muss das Rektorat einen neuerlichen Vorschlag erarbeiten. Lässt der Universitätsrat die Frist verstreichen, gilt die Festlegung des Rektorats als genehmigt und kann in Kraft treten.
Gemäß Abs 2 ist die Zahl so festzulegen, dass die Zahl der Studierenden, die bisher studierten, nicht unterschritten wird. Bei einem Aufnahmeverfahren vor der Zulassung wird dies die Zahl der bisherigen Studienanfängerinnen und Studienanfänger sein, die die Untergrenze bildet. Bei einer Auswahl der Studierenden nach der Zulassung wird dies die Zahl von Studierenden sein, die bisher in die Lehrveranstaltungen mit einer beschränkten Zahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern aufgenommen wurden.
Mit Abs 3 soll sichergestellt werden, dass die Bestimmungen über die Wiederholung von Prüfungen für alle anwendbar sind, die sich dem Zulassungsverfahren unterziehen müssen. Grundsätzlich soll zumindest ein Prüfungstermin pro Semester angeboten werden. Davon ausgenommen sind jene Verfahren, in denen mehr als ein Termin pro Studienjahr nicht sinnvoll ist. Das wird bei den Aufnahmeverfahren vor der Zulassung der Regelfall sein. Aber auch bei Auswahlverfahren nach der Zulassung kann es aus curricularen Gründen nicht sinnvoll sein, mehr als einen Prüfungstermin pro Studienjahr anzubieten. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine Mindestzahl, das Angebot von mehreren Prüfungsterminen ist möglich.
Der Ausschluss der Anwendung des § 54 Abs 8 ist notwendig, da dieser derzeit den bereits zugelassenen Studierenden ermöglicht, dass ihnen aus dem beschränkten Zugang zu Lehrveranstaltungen keine Studienzeitverlängerung erwächst. Mit dem Ausschluss der Anwendung des § 54 Abs 8 wird daher eine sachliche Behandlung der Bewerbung um beschränkte Plätze ermöglicht, ohne ausschließlich auf den Zeitpunkt der Zulassung abstellen zu müssen. Die betroffenen Studierenden haben jedoch weiterhin die Möglichkeit, sich für andere Studienrichtungen oder an anderen Universitäten einzuschreiben.
Abs 4 gibt den Studierenden Rechtssicherheit, die vor dem , dem Tag der Verkündung des Urteils des EuGH, zum Studium zugelassen wurden. Bei den Studien, für die ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung festgelegt wird, ist es nicht zumutbar, sich nach bereits erfolgter Zulassung einem Aufnahmeverfahren mit ungewissem Ausgang zu unterziehen. Anders verhält es sich bei den Studien, in denen ein Auswahlverfahren nach der Zulassung erfolgt. In diesem zweiten Fall werden alle Studierenden, also auch die vor dem zugelassenen, in das Auswahlverfahren einzubeziehen sein. Diese unterschiedliche Regelung ist gerechtfertigt, da ja im zweiten Fall die Auswahl erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen wird.
Abs 5 schließlich enthält eine Evaluierungsanordnung. § 124b soll für die Studienjahre 2005/06 und bis 2006/07 sowie für das Wintersemester 2007/08 gelten. Die Befristung dient dazu, die Notwendigkeit dieser Regelung zu überprüfen und die Kriterien und Auswahlverfahren zu evaluieren. Diese Evaluierung soll im Herbst 2006 erfolgen und spätestens im Jänner 2007 dem Nationalrat vorgelegt werden. Die Auswirkungen auf die österreichischen Studierenden und die Universitätslandschaft in Österreich sind zu beobachten. Die Anwendung auch auf das Wintersemester 2007/08 ist erforderlich, um ausreichend Zeit für die Umsetzung der Evaluierungsergebnisse zu haben."
1.3. Die Stammfassung des § 124b UG 2002, BGBl. I 77/2005, trat gemäß Art 49 Abs 1 zweiter Satz B-VG mit Ablauf des in Kraft. Gemäß § 143 Abs 11 UG 2002 idF BGBl. I 77/2005 war für § 124b UG 2002 idF BGBl. I 77/2005 ein Außer-Kraft-Treten mit Ablauf des vorgesehen.
2.1. § 124b UG 2002 idF BGBl. I 87/2007 lautet:
"Ergänzende Bestimmungen für die Zulassung zu den vom deutschen
Numerus Clausus betroffenen Studien
§124b. (1) Das Rektorat kann in den Bachelor-, Master-, Diplom- und Doktoratsstudien, die von den deutschen bundesweiten Numerus-Clausus-Studien Medizin, Psychologie, Tiermedizin, Zahnmedizin und dem bisherigen deutschen NC-Studium Betriebswirtschaft sowie Kommunikationswissenschaften und Publizistik betroffen sind, den Zugang entweder durch ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung oder durch die Auswahl der Studierenden bis längstens zwei Semester nach der Zulassung beschränken. Vor dieser Festlegung ist dem Senat Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen erstattet werden muss. Die Festlegung samt allfälliger Stellungnahme des Senats hat das Rektorat dem Universitätsrat zur Genehmigung vorzulegen. Entscheidet der Universitätsrat nicht innerhalb von zwei Wochen ab Vorlage, gilt die Festlegung als genehmigt.
(2) Bei der Festsetzung der Zahl der Studierenden ist sicher zu stellen, dass in den jeweiligen Studien mindestens gleich vielen Studierenden wie bisher das Studium möglich ist.
(3) Sofern in den Auswahlverfahren Prüfungen vorgesehen sind, gelten für die Wiederholungen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes. Die Wiederholung positiv beurteilter Prüfungen ist zulässig. Prüfungstermine sind grundsätzlich einmal im Semester anzubieten. § 54 Abs 8 ist nicht anzuwenden.
(4) § 124b gilt für alle Studierenden unabhängig von der Staatsangehörigkeit, die ab dem zum Studium zugelassen werden. Studierende, die vor dem zu dem betreffenden Studium zugelassen wurden, bleiben von § 124b unberührt, sofern ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung zum Studium vorgesehen ist.
(5) Um einer schwerwiegenden Störung der Homogenität des Bildungssystems zu begegnen, ist die Bundesministerin oder der Bundesminister berechtigt, durch Verordnung jene Studien gemäß Abs 1 festzulegen, bei denen ein erhöhter Zustrom von Inhaberinnen und Inhabern nicht in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse gegeben ist. Eine schwerwiegende Homogenitätsstörung liegt vor, wenn der erhöhte Zustrom das Recht auf Bildung und den Zugang zur Hochschulbildung der Inhaberinnen und Inhaber in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse stark beschränkt. In den Studien Human- und Zahnmedizin ist dies insbesondere der Fall, wenn die öffentliche Gesundheit einschließlich der Wahrung einer ausgewogenen, allen zugänglichen und auf hohem Niveau stehenden ärztlichen Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigt ist. Unbeschadet der Aufnahmeverfahren gemäß Abs 1 sind zum Schutz der Homogenität des Bildungssystems in den in der Verordnung genannten Studien 95 vH der jeweiligen Gesamtstudienplätze für Studienanfängerinnen und Studienanfänger den EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern und ihnen im Hinblick auf den Studienzugang gleichgestellte Personen vorbehalten. 75 vH der jeweiligen Gesamtstudienplätze für Studienanfängerinnen und Studienanfänger stehen den Inhaberinnen und Inhabern in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse zur Verfügung.
(6) Die Bundesministerin oder der Bundesminister hat die Auswirkungen des § 124b in Zusammenarbeit mit den Universitäten zu evaluieren und dem Nationalrat spätestens im März 2009 über das Ergebnis einen Bericht vorzulegen. Die Auswirkungen des § 124b im Falle der Aufnahmeverfahren vor der Zulassung sowie im Falle des Abs 5 sind überdies gesondert zu dokumentieren.
(7) Die Bundesministerin oder der Bundesminister kann durch Verordnung weitere Studien im Sinne des Abs 1 festlegen, wenn durch die erhöhte Nachfrage ausländischer Staatsangehöriger die Studienbedingungen in diesen Studien unvertretbar sind."
2.2. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (RV 241 BlgNR 23. GP) wird zu dieser Novelle folgende - auszugsweise wiedergegebene - Begründung angeführt:
"Nicht sämtliche ... Universitäten haben von ihrem Recht
Gebrauch gemacht, in den betroffenen Studienrichtungen ein Zulassungsverfahren gemäß § 124b des Universitätsgesetzes 2002 festzulegen. Manche jener Universitäten, die Zulassungsverfahren vorgesehen bzw. durchgeführt haben, haben dieses ausgesetzt, da die vorgesehenen Kapazitätszahlen nicht ausgeschöpft bzw. nur gering überschritten worden sind. Die Universitäten sind daher mit der vom Gesetz geschaffenen Möglichkeit, in bestimmten Fächern Zugangsbeschränkungen vorzusehen, verantwortungsbewusst und durchaus restriktiv umgegangen. Es hat sich auch gezeigt, dass allein die Ventilierung eines Zulassungsverfahrens dazu geführt hat, dass Studienwerberinnen und Studienwerber von der Aufnahme eines zugangsbeschränkbaren Studiums Abstand genommen haben und auf andere Studien ausgewichen sind.
Ein besonders starker Zuwachs deutscher Studierender an den Medizinischen Universitäten, der Veterinärmedizinischen Universität Wien und in der Studienrichtung Psychologie ist sichtbar geworden.
...
Die Evaluierung des § 124b Universitätsgesetz 2002 hat gezeigt, dass die Universitäten mit dieser Bestimmung sehr verantwortungsvoll umgegangen sind. Eine Verlängerung der Bestimmung ist jedoch aufgrund der Nachfrage ausländischer Staatsangehöriger für die Studien Biologie und Pharmazie nicht erforderlich. Allerdings soll eine Ermächtigung der zuständigen Bundesministerin oder des zuständigen Bundesministers geschaffen werden, im Einzelfall flexibel auf eine erhöhte Nachfrage ausländischer Staatsangehöriger reagieren zu können und durch Verordnung Studien festzulegen, in denen die Studienbedingungen aufgrund dieser Nachfrage unvertretbar würden. Auch die im Folgenden beschriebenen Umstände sprechen für eine Verlängerung der Bestimmung des § 124b des Universitätsgesetzes 2002, mit Ausnahme der Fächer Biologie und Pharmazie, und für eine Verordnungsermächtigung zur Festlegung weiterer Fächer.
Ein doppelter Abiturientenjahrgang wird in den Jahren 2007 bis 2015 in den deutschen Bundesländern Bayern, Niedersachsen, Baden Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Schleswig-Holstein sowie in Bremen, Hamburg und Berlin erwartet. Auf Grund der damit verbundenen hohen Anzahl von Abiturientinnen und Abiturienten, die in Österreich um Zulassung zu den in Deutschland beschränkten Numerus-clausus-Studien ansuchen werden, ist die Beibehaltung der bestehenden flexiblen Regelung erforderlich, um die Zahl der Zulassungen an österreichischen Universitäten steuern zu können.
Ein weiterer Grund für die Beibehaltung der derzeitigen Regelung, mit Ausnahme der Studien Biologie und Pharmazie, ist die Tatsache, dass die Mitnahme von Stipendien aus Deutschland ins Ausland - somit auch nach Österreich - zunehmend erleichtert wurde und auf Grund der generellen Ausweitung des (deutschen) Stipendienwesens ein vorübergehender Ortswechsel somit noch attraktiver gemacht wird. Von amtlicher deutscher Seite (Deutsches Statistisches Bundesamt in Wiesbaden) wird bestätigt, dass deutsche Studierende zunehmend von ausländischen Hochschulen und Universitäten 'angezogen' werden. So waren 2005 rund 75.800 deutsche Studierende an ausländischen Universitäten 'eingeschrieben'. Im Vergleich zu 2004 bedeutet dies einen Anstieg um 14%. Weitere Steigerungen sind zu erwarten. Da in den vergangenen Jahren die Bereitschaft zu Studienaufenthalten im Ausland seitens der Studierenden aus Deutschland kontinuierlich gestiegen ist, ist auch unter diesem Aspekt die Beibehaltung der derzeitigen Regelung erforderlich.
Insgesamt haben die Universitäten die Möglichkeit, den Zugang zu beschränken, nicht voll ausgeschöpft, und so vielen Studienwerberinnen und Studienwerbern wie möglich einen Studienplatz zur Verfügung gestellt. Der bisherige Umgang seitens der österreichischen Universitäten mit dieser Regelung kann daher als verantwortungsvoll bezeichnet werden. Die Regelung soll daher auf weitere zwei Jahre befristet werden, um in dieser Zeit die Entwicklung weiter zu beobachten."
3. § 124b Abs 2 UG 2002 wurde mit der Novelle BGBl. I 81/2009 aufgehoben; diese Aufhebung wurde gemäß § 143 Abs 24 UG 2002 idF dieser Novelle - wie dies auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (RV 225 BlgNR 24. GP) zum Ausdruck bringen - mit wirksam.
4. Die Verordnung des Rektorats (der Universität Innsbruck) betreffend Zugangsregelung gemäß § 124b Universitätsgesetz 2002 für das Bachelorstudium Psychologie im Studienjahr 2008/09, kundgemacht im Mitteilungsblatt der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck (dieses gemäß § 20 Abs 6 UG 2002 öffentlich zugänglich gemacht im Internet: http://www.uibk.ac.at/service/c101/mitteilungsblatt), Studienjahr 2007/2008, ausgegeben am , 42. Stück, Nr. 271, lautet wie folgt (die in Prüfung gezogene Bestimmung ist hervorgehoben):
"Verordnung des Rektorats betreffend Zugangsregelung gemäß § 124b
Universitätsgesetz 2002 für das Bachelorstudium Psychologie im
Studienjahr 2008/09
§ 1 (1) Gemäß § 124b Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 in der geltenden Fassung, wird der Zugang zu dem an der Universität Innsbruck eingerichteten Bachelorstudium Psychologie durch ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung beschränkt. Diese Verordnung gilt für das Studienjahr 2008/2009.
(2) Diese Verordnung gilt für alle Bewerberinnen und Bewerber unabhängig von der Staatsangehörigkeit, die im Wintersemester 2008/2009 bzw. im Sommersemester 2009 erstmals die Zulassung zum Bachelorstudium Psychologie an der Universität Innsbruck beantragen, mit Ausnahme folgender Studierendengruppen:
1. Studierende, die eine auf höchstens zwei Semester befristete Zulassung auf Grund transnationaler EU-, staatlicher oder universitärer Mobilitätsprogramme einschließlich Doppeldiplom-Programme anstreben;
2. Studierende, die Studienleistungen im Ausmaß von mindestens 60 ECTS-Anrechnungspunkten des entsprechenden Studiums an einer in- oder ausländischen Universität absolviert haben;
3. Studierende, die an der Universität Innsbruck bereits zum Diplomstudium Psychologie zugelassen waren und deren Zulassung aus einem der in § 68 Abs 1 Z 1 oder Z 2 Universitätsgesetz 2002 angeführten Gründe erloschen ist;
4. Studierende der Universität Innsbruck, welche aufgrund von Übergangsbestimmungen im Sinne des § 124 Abs 1 Universitätsgesetz 2002 für das weitere Studium dem Curriculum für das Bachelorstudium Psychologie unterstellt werden;
5. Absolventinnen und Absolventen der Studienberechtigungsprüfung für die Studienrichtung Psychologie.
§ 2 (1) Die Berechnung der Zahl der Studierenden erfolgt auf der Grundlage der verfügbaren Ressourcen. Als Zahl der Studierenden wird 284 festgesetzt.
(2) Übersteigt die Zahl der Anmeldungen die in Abs 1 festgesetzte Zahl nicht oder nur geringfügig, so wird der/die Universitätsstudienleiter/in nach Absprache mit dem/der Fakultätsstudienleiter/in das Aufnahmeverfahren für dieses Semester aussetzen. Zum Studium können - unabhängig von einer allfälligen Aussetzung des Aufnahmeverfahrens - nur jene Bewerberinnen und Bewerber zugelassen werden, die sich rechtzeitig zum Aufnahmeverfahren angemeldet haben.
§ 3 (1) Voraussetzung für die Teilnahme am Aufnahmeverfahren ist die rechtzeitige Anmeldung zur Aufnahmeprüfung. Die Anmeldung ist dann rechtzeitig, wenn sie bis zum in der Studienabteilung der Universität Innsbruck erfolgt.
(2) Das Ranking erfolgt auf Grundlage eines Punktesystems. Unter Gleichgereihten entscheidet das Los.
§ 4 Für das Aufnahmeverfahren gilt im Einzelnen folgendes:
1. Die Anmeldung hat persönlich unter Vorlage der Nachweise gemäß § 63 Abs 1 Universitätsgesetz 2002 mit einem amtlichen gültigen Lichtbildausweis zu erfolgen. Sofern die Reifeprüfung nicht bis zum nachgewiesen werden kann, ist die Erbringung dieses Nachweises bis zum zulässig.
2. Die Ermittlung der für das Ranking maßgeblichen Punktezahl erfolgt aufgrund einer schriftlichen Prüfung. Die schriftliche Prüfung beinhaltet Fragen zu
Tabelle in neuem Fenster öffnen
a) | Studienbezogene Lernkompetenz Psychologie | |||||||||
b) | Studienbezogene Kompetenz: Englisch | |||||||||
c) | Studienbezogene Kompetenz: Formal-Analytisches Denken |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
§5 (1) Die Aufnahmeprüfung findet einmal vor Beginn des Studienjahres 2008/2009 statt. Die Festlegung des Prüfungstermins trifft der/die Universitätsstudienleiter/in. Der Prüfungstermin ist im Mitteilungsblatt zu verlautbaren. |
(2) Das Ergebnis des Rankings ist den Bewerberinnen und Bewerbern spätestens bis zum bekannt zu geben.
§ 6 Diese Verordnung tritt nach Ablauf des Tages ihrer Kundmachung im Mitteilungsblatt der Universität Innsbruck in Kraft."
III. 1. Zu den formellen Voraussetzungen des Verordnungsprüfungsverfahrens hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss vorläufig Folgendes angenommen:
"Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig ist und dass die belangte Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides § 2 Abs 1 der in Prüfung gezogenen Verordnung angewendet hat und daher auch der Verfassungsgerichtshof diese Bestimmung bei der Behandlung der vorliegenden Beschwerde anzuwenden hat.
Wie der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist der Umfang der vom Verfassungsgerichtshof zu prüfenden und im Fall ihrer Gesetz- bzw. Verfassungswidrigkeit aufzuhebenden Normen derart abzugrenzen, dass nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Bereinigung der Rechtslage unbedingt notwendig ist. Die Grenzen der Aufhebung einer in Prüfung stehenden Norm müssen so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Teil nicht einen völlig veränderten Inhalt annimmt und andererseits die mit der aufzuhebenden Stelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden; dies trifft sowohl auf von Amts wegen als auch auf auf Antrag eingeleitete Normprüfungsverfahren zu (zB VfSlg. 12.465/1990, 13.965/1994, 17.266/2004, 17.335/2004, ua.).
Der Verfassungsgerichtshof ist vorläufig der Auffassung, dass der Abs 1 und der Abs 2 des § 2 der Verordnung des Rektorats (der Universität Innsbruck) betreffend Zugangsregelung gemäß § 124b Universitätsgesetz 2002 für das Bachelorstudium Psychologie im Studienjahr 2008/09 in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, sodass § 2 leg.cit. zur Gänze in Prüfung gezogen wird."
Dieser Annahme wurde in den eingelangten Äußerungen nicht entgegengetreten. Es ist auch nichts hervorgekommen, was sonst gegen die Zulässigkeit des Verordnungsprüfungsverfahrens spräche. Dass Gegenstand der Beschwerde - unzulässigerweise - auch der erstinstanzliche Bescheid ist, vermag an der Zulässigkeit nichts zu ändern.
2.1. In der Sache äußerte der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss folgendes Bedenken:
"Gemäß § 124b Abs 2 UG 2002 ist bei
'der Festsetzung der Zahl der Studierenden ... sicher zu
stellen, dass in den jeweiligen Studien mindestens gleich vielen Studierenden wie bisher das Studium möglich ist.'
In den Gesetzesmaterialien ... wird dazu ausgeführt, dass
'die Zahl so festzulegen [ist], dass die Zahl der Studierenden, die bisher studierten, nicht unterschritten wird. Bei einem Aufnahmeverfahren vor der Zulassung wird dies die Zahl der bisherigen Studienanfängerinnen und Studienanfänger sein, die die Untergrenze bildet. Bei einer Auswahl der Studierenden nach der Zulassung wird dies die Zahl von Studierenden sein, die bisher in die Lehrveranstaltungen mit einer beschränkten Zahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern aufgenommen wurden.'
Vorweg ist festzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon ausgeht, dass vor dem Hintergrund des mit der Einführung des § 124b UG 2002 verfolgten Zweckes, nämlich der Einräumung der Möglichkeit für die Universitäten, die Anzahl der Studienplätze zu beschränken, um unvertretbare Studienbedingungen zu
vermeiden (vgl. dazu erneut die ... Gesetzesmaterialien), bereits
§124b Abs 1 UG 2002 gewisse Determinanten für die Kapazitätsfestlegung beinhalte (wie zB Anzahl der Lehrpersonen, Raumangebot etc.), die von den Universitäten bei der Festlegung der Zulassungsregelungen mit in Betracht zu ziehen sein dürften. Unter Berücksichtigung dieser Determinanten dürften die Universitäten die jeweiligen Zulassungsbeschränkungen iSd den Universitäten gemäß § 1 UG 2002 zukommenden Autonomie gestalten können, wobei der Gestaltungsspielraum der Universitäten seine Grenze in der im § 124b Abs 2 UG 2002 festgelegten Mindestzahl an Studienplätzen finden dürfte. Der Anforderung des § 124b Abs 2 UG 2002 scheinen die Universitäten jedenfalls entsprechen zu müssen; gegebenenfalls dürften die Universitäten durch hinreichende Vorkehrungen die Gewährleistung dieser von Gesetzes wegen geforderten Mindestkapazität sicherzustellen haben.
Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die in Prüfung gezogene Verordnung - so auch ausdrücklich § 1 Abs 1 dieser Verordnung - für das Bachelorstudium Psychologie ein 'Aufnahmeverfahren vor der Zulassung' iSd § 124b Abs 1 UG 2002 vorsieht. Dies bedeutet, dass im Hinblick auf die soeben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien 'bei der Festsetzung der Zahl der Studierenden' iSd § 124b Abs 2 UG 2002 von der 'Zahl der bisherigen Studienanfängerinnen und Studienanfänger' auszugehen sein dürfte. Unter dem Begriff der 'Studienanfängerinnen und Studienanfänger' dürfte die Zahl der im Wintersemester 2004/2005 erstmals zum Studium zugelassenen Studierenden zu verstehen sein.
Auch für die Festsetzung der Zahl der Studierenden für das Studienjahr 2008/2009 dürfte als maßgebende Zahl, die gemäß § 124b Abs 2 UG 2002 nicht unterschritten werden darf, die Zahl der Erstzulassungen für das Wintersemester 2004/2005 heranzuziehen sein, zumal § 124b Abs 2 UG 2002 auf die Zahl der Studierenden vor Einführung
der Zulassungsbeschränkungen iSd § 124b UG 2002 (arg: '... wie
bisher') - dh. vor dem In-Kraft-Treten des § 124b UG 2002 und damit auf den Tag vor Ablauf des - abstellen dürfte. Die Zahl der Erstzulassungen für das Wintersemester 2004/2005 betrug nach den dem Verfassungsgerichtshof derzeit vorliegenden Informationen 334.
Dem entgegen dürfte die verordnungserlassende Behörde bei der Berechnung der Zahl der Studierenden - obwohl sich diese wie bereits erwähnt für ein Auswahlverfahren 'vor der Zulassung' entschieden haben dürfte - eine kapazitätsorientierte Festlegung der Studienplätze ohne Berücksichtigung der Mindestgrenze des § 124b Abs 2 UG 2002 vorgenommen haben. Gemäß § 2 Abs 1 der in Prüfung gezogenen Verordnung habe die Berechnung der Zahl der Studierenden 'auf der Grundlage der verfügbaren Ressourcen' zu erfolgen, weshalb für das Studienjahr 2008/09 die Zahl der Studierenden mit 284 festzusetzen gewesen sei. Eine solche durch die von der Universität vertretene Auslegung des § 124b Abs 2 UG 2002 hervorgerufene Einschränkung dürfte nicht zulässig sein, sodass die in Rede stehende Verordnungsbestimmung im Hinblick auf § 124b Abs 2 UG 2002 gesetzwidrig scheint.
Im Verordnungsprüfungsverfahren wird weiters zu prüfen sein, ob vor dem Hintergrund, dass die Festsetzung der Anzahl der Studienplätze mit der verfahrensgegenständlichen Verordnung für ein gesamtes Studienjahr erfolgte, die Bestimmung des § 124b Abs 2 UG 2002 etwa auch dahingehend ausgelegt werden könnte, dass auf die Erstzulassungen für das Studienjahr 2004/2005 insgesamt abgestellt werde, dh. auf die Erstzulassungen des Wintersemester 2004/2005 und auf die des Sommersemesters 2005."
2.2. § 124b UG 2002 idF BGBl. I 87/2007 bietet den Universitäten die Möglichkeit, die Anzahl der Studienplätze zur Verhinderung unvertretbarer Studienbedingungen zu beschränken. Die Anzahl an Studienplätzen ist von der Universität unter Einhaltung gewisser Determinanten für die Kapazitätsfestlegung (wie zB Anzahl der Lehrpersonen, Raumangebot etc.) im Rahmen der ihr zukommenden Autonomie festzulegen; insofern kann die Universität - wie das Rektorat in seiner Gegenschrift betont - die Anzahl der Studienplätze "kapazitätsbezogen" festlegen. Dieser den Universitäten zustehende Gestaltungsspielraum findet jedoch in der in Abs 2 der genannten Regelung festgelegten Mindestzahl an Studienplätzen seine Grenze; nach dieser Bestimmung müssen die Universitäten nämlich sicherstellen, dass in den jeweiligen Studien mindestens gleich vielen Studierenden wie bisher das Studium ermöglicht wird. Die Universitäten müssen den Anforderungen des § 124b UG 2002 jedenfalls entsprechen; gegebenenfalls haben die Universitäten durch hinreichende Vorkehrungen die Gewährleistung des Studiums dieser von Gesetzes wegen geforderten Mindestanzahl von Studierenden sicherzustellen.
Nach der Begründung des Abänderungsantrages zur Stammfassung des § 124b Abs 2 UG 2002 (StProtNR 22. GP, 117. Sitzung, 78 ff.) bildet bei einem Aufnahmeverfahren vor der Zulassung die Anzahl der bisherigen Studienanfängerinnen und Studienanfänger diese Mindestzahl. § 124b Abs 2 UG 2002 stellt seinem ausdrücklichen Wortlaut nach auf die Zahl der Studierenden vor Einführung möglicher
Zulassungsbeschränkungen im Sinne des § 124b UG 2002 (arg.: "... wie
bisher") - das heißt vor dem In-Kraft-Treten des § 124b UG 2002 und damit auf den Tag vor Ablauf des - ab; dies gilt auch für die Festsetzung der Zahl der Studierenden für das Studienjahr 2008/2009, weil die Novelle BGBl. I 87/2007 - den Erläuterungen (RV 241 BlgNR 23. GP) zufolge - eine "Verlängerung" der bisherigen Rechtslage darstellt. Da das Studienjahr gemäß § 52 UG 2002 sowohl das Wintersemester als auch das Sommersemester umfasst, sind unter dem Begriff der "bisherigen Studienanfängerinnen und Studienanfänger" jene Studierenden zu verstehen, die im Studienjahr 2004/2005 erstmals zum Studium "Bakkalaureat Psychologie" zugelassen wurden.
Die von der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung vorgebrachte Auslegung, dass unter dem Begriff "bisherige Studienanfängerinnen und Studienanfänger" die Anzahl jener
Studierenden gemeint sei, die "tatsächlich ... (prüfungsaktiv)" das
Studium betreiben, und nicht jene, die "formal" das Studium angefangen haben, widerspricht dem ausdrücklichen Wortlaut des § 124b Abs 2 leg.cit., weil Studierende gemäß § 51 Abs 3 UG 2002 all jene Personen sind, die vom Rektorat zum Studium zugelassen sind, und nicht nur jene Personen, die das Studium aktiv betreiben.
2.3. Da die in Prüfung gezogene Verordnung - so ausdrücklich § 1 Abs 1 dieser Verordnung - für das Bachelorstudium Psychologie ein "Aufnahmeverfahren vor der Zulassung" vorsieht, bedeutet dies, dass im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage "bei der Festsetzung der Zahl der Studierenden" im Sinne des § 124b Abs 2 UG 2002 von der Zahl der erstmals zum Studium des Bakkalaureats Psychologie im Studienjahr 2004/2005 zugelassenen Studierenden auszugehen ist; nach der auch im Internet veröffentlichten Datenangabe waren im Studienjahr 2004/2005 insgesamt 417 Studierende
(Wintersemester 2004/2005: 334; Sommersemester 2005: 83) erstmals zu diesem Studium zugelassen.
Die vom Rektorat im Verordnungsprüfungsverfahren vorgelegte Anzahl der im Studienjahr 2004/2005 Studierenden mit 240 (Wintersemester 2004/2005: 219; Sommersemester 2005: 21) beinhaltet lediglich jene Studierenden, die überhaupt erstmals zu einem Studium (Erstzugelassene) und zum Studium Bakkalaureat Psychologie zugelassen wurden, nicht jedoch jene, die bereits zu einem - anderen - Studium, aber erstmals zum Studium Bakkalaureat Psychologie zugelassen wurden. Tatsächlich wurden im Studienjahr 2004/2005 417 Studierende erstmals zum Studium Bakkalaureat Psychologie zugelassen.
Die verordnungserlassende Behörde hat demnach bei der Berechnung der Zahl der Studierenden - obwohl sie sich wie bereits erwähnt für ein Auswahlverfahren "vor der Zulassung" entschieden hat - eine kapazitätsorientierte Festlegung der Studienplätze ohne Berücksichtigung der Mindestgrenze des § 124b Abs 2 UG 2002 vorgenommen. Eine solche ausschließlich an der Kapazität orientierte Festlegung entspricht nicht § 124b Abs 2 UG 2002; die in Rede stehende Verordnungsbestimmung war daher gesetzwidrig.
3. Die im Spruch genannte Verordnung galt ihrem § 1 Abs 1 zufolge für das Studienjahr 2008/2009 und trat gemäß § 6 "nach Ablauf
des Tages ihrer Kundmachung im Mitteilungsblatt ... in Kraft".
Spätestens mit Ende des Studienjahres 2008/2009 ist die Verordnung außer Kraft getreten, sodass der Verfassungsgerichtshof seinen Ausspruch darauf zu beschränken hat, festzustellen, dass die Verordnung gesetzwidrig war.
4. Die Verpflichtung der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches gründet sich auf Art 139 Abs 5 zweiter Satz B-VG und auf § 60 Abs 2 (iVm § 61) VfGG iVm § 4 Abs 1 Z 4 BGBlG.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.