VfGH vom 18.06.2003, v5/03

VfGH vom 18.06.2003, v5/03

Sammlungsnummer

16897

Leitsatz

Keine gesetzliche Grundlage für das rückwirkende Inkrafttreten einer Hausbesorger-Entgeltverordnung; keine Gesetzwidrigkeit der Anordnung des gleichzeitigen Außerkrafttretens der früheren Verordnung

Spruch

§ 7 Abs 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom über die Festsetzung des Entgeltes, des Materialkostenersatzes und des Sperrgeldes für Hausbesorger (Hausbesorger-Entgeltverordnung 2000), LGBl. Nr. 7/2000, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

§ 7 Abs 2 der Hausbesorger-Entgeltverordnung 2000, LGBl. Nr. 7/2000, wird nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die zu B1173/02 beschwerdeführende Gesellschaft verwaltet Wohnhäuser und beschäftigt ua. Hausbesorger. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom wurde sie letztinstanzlich dazu verpflichtet, für die Jahre 1998 bis 2000 Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen. Die Tiroler Gebietskrankenkasse hatte bei einer Beitragsprüfung beanstandet, daß das Entgelt zweier Hausbesorger, auf die der Mindestlohntarif für Hausbesorger in Tirol anzuwenden sei, "zu niedrig bemessen" worden sei.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Gesellschaft Beschwerde gem. Art 144 B-VG wegen der behaupteten Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums.

3. Aus Anlaß dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des § 7 der Tiroler Hausbesorger-Entgeltverordnung 2000, LGBl. Nr. 7/2000, eingeleitet; folgende Überlegungen haben ihn dazu veranlaßt:

"Die Hausbesorger-Entgeltverordnung 2000 wurde am im Landesgesetzblatt Nr. 7/2000 kundgemacht. Gem. § 7 dieser Verordnung tritt diese am , somit rückwirkend, in Wirksamkeit. Diese Anordnung des rückwirkenden Inkrafttretens dürfte jedoch Art 18 B-VG widersprechen, weil eine Rückwirkung von Verordnungen nur zulässig ist, wenn dazu das Gesetz ausdrücklich ermächtigt (VfSlg. 312/1924, 2966/1956, 7139/1973, 7787/1976, 8875/1980, 12843/1991, 13370/1993, 15675/1999 ua.). Das Hausbesorgergesetz scheint aber eine solche gesetzliche Grundlage nicht zu enthalten.

... Der zweite [Abs]atz des § 7 scheint mit dem ersten in so engem Zusammenhang zu stehen, daß er mit diesem gemeinsam in Prüfung zu ziehen war."

4. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

Die §§2, 4, 7, 8, 10 und 12 des Bundesgesetzes vom über den Dienstvertrag der Hausbesorger (Hausbesorgergesetz), BGBl. Nr. 16/1970 idgF, lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind:

1. Hausbesorger Personen, die sowohl die Reinhaltung als auch die Wartung und Beaufsichtigung eines Hauses im Auftrag des Hauseigentümers gegen Entgelt zu verrichten haben,

2. Hausbewohner Personen, die im Hause wohnen oder zu wohnen berechtigt sind; als Hausbewohner gelten auch Personen, die eine Wohnung oder andere Räumlichkeiten des Hauses, wie Geschäftslokale, Büroräume, Werkstätten, Magazine und Garagen, zur Ausübung ihres Berufes oder zu sonstigen Zwecken ständig benützen oder ständig zu benützen berechtigt sind.

Reinhaltung und Wartung des Hauses

§4. (1) Dem Hausbesorger obliegt:

1. die Sorge für die regelmäßige Reinigung der im folgenden angeführten, zum Haus gehörigen, der Benutzung durch alle oder wenigstens durch mehrere Hausbewohner zugänglichen Räume, soweit sich deren Verschmutzung aus der regelmäßigen und üblichen Benützung ergibt. Die Reinigung umfaßt:

a) das Reinigen der Stiegen, Gänge und Wasserleitungsmuscheln und der auf Stiegen, Gängen und Wasserleitungsmuscheln befindlichen, aus Metall und aus sonstigem Materialgefertigten Bestandteile sowie das Kehren der Höfe, soweit Stiegen, Gänge, Wasserleitungsmuscheln und Höfe allen Hausbewohnern zugänglich sind, wobei Stiegen und Gänge einmal wöchentlich zu kehren und einmal wöchentlich nach vorherigem Kehren zu waschen, Höfe einmal wöchentlich zu kehren und Wasserleitungsmuscheln einmal wöchentlich zu reinigen sind,

b) das Reinigen der Waschküche und des zum Wäschetrocknen bestimmten Raumes einmal monatlich,

c) das Kehren des Kellers, ausgenommen der zu den einzelnen Wohnungen oder anderen Räumlichkeiten gehörigen Kellerabteile, einmal monatlich,

d) das Putzen der Stiegenhaus- und Gangfenster, ausgenommen Gangfenster, die zu Wohnungen oder anderen Räumlichkeiten gehören, dreimal jährlich in angemessenen Zeitabständen, wenn die Stöcke und Rahmen der Stiegenhaus- und Gangfenster und deren Verankerung in gutem Zustand, die Glasscheiben gut verkittet, Sicherheitshaken angebracht sind, Sicherheitsgürtel zur Verfügung gestellt werden und außerdem solche Reinigungsarbeiten ohne besondere Gefahr von jedermann verrichtet werden können,

e) das Reinigen der Gehsteige und deren Betreuung bei Glatteis, soweit dies in Erfüllung der dem Hauseigentümer nach den bestehenden Vorschriften obliegenden Verpflichtungen erforderlich ist;

2. die Sorge für die Beleuchtung des Hauses, soweit dies ohne besondere fachliche Kenntnisse und ohne besondere Gefahr möglich ist, die Wartung der Wasserleitung, das Zusperren und Öffnen des Haustores bei Eintritt und Ablauf der vorgeschriebenen Sperrzeit, sowie auf Verlangen das Öffnen des Haustores während dieser Zeit und die Verrichtung der für das Haus notwendigen Dienstgänge.

(2) Die Pflicht zum Öffnen des Haustores während der vorgeschriebenen Sperrzeit entfällt, wenn durch entsprechende technische Vorkehrungen am Haus (Rufanlage und Toröffnungsanlage) oder durch andere geeignete Maßnahmen dafür Sorge getragen ist, daß das Haustor auf Verlangen der Hausbewohner oder solcher Personen, die am Eintritt ein berechtigtes Interesse haben, wie insbesondere auf Verlangen von behördlichen Organen in Ausübung ihres Dienstes, geöffnet wird.

(3) Andere Dienstleistungen, die mit dem Hausbetrieb im Zusammenhang stehen, müssen ausdrücklich vereinbart werden und sind besonders zu entlohnen.

(4) Der Hausbesorger ist zur Anwesenheit im Hause nur insoweit verpflichtet, als dies die ordentliche Besorgung der ihm nach Abs 1 und 3 obliegenden Verpflichtungen erfordert.

(5) Zur Hintanhaltung einer übermäßigen Beanspruchung des Hausbesorgers darf das Arbeitsausmaß aus den sich nach Abs 1 und 3 ergebenden Verpflichtungen nur so groß sein, daß dieses durch eine vollwertige Arbeitskraft unter Einhaltung jener wöchentlichen Normalarbeitszeit regelmäßig bewältigt werden kann, die für die überwiegende Zahl der Dienstnehmer auf Grund kollektivvertraglicher Regelungen, in Ermangelung solcher kraft gesetzlicher Vorschriften gilt.

Entgelt

§7. (1) Der Hauseigentümer hat an den Hausbesorger für die nach den §§3 und 4 Abs 1 zu erbringenden Dienstleistungen ein angemessenes Entgelt monatlich im nachhinein zu leisten.

(2) Ferner gebührt dem Hausbesorger ein Urlaubszuschuß in der Höhe des für den Monat Mai gebührenden Entgelts und eine Weihnachtsremuneration in der Höhe des für den Monat November gebührenden Entgelts. Der Urlaubszuschuß ist bei Antritt des Urlaubes, spätestens jedoch bis zum 30. Juni, die Weihnachtsremuneration spätestens bis zum 30. November eines jeden Jahres auszuzahlen. Beginnt oder endet das Dienstverhältnis während des Kalenderjahres, so gebühren dem Hausbesorger Urlaubszuschuß und Weihnachtsremuneration, entsprechend der in diesem Kalenderjahr zurückgelegten Dienstzeit, anteilsmäßig.

(3) Dem Hausbesorger ist eine Abrechnung, aus der die Berechnung und Höhe des monatlichen Bruttoentgeltes sowie die Abzüge zu ersehen sind, insbesondere dann auszuhändigen, wenn sich die Höhe des Brutto- oder Nettoentgelts ändert.

(4) Der Landeshauptmann hat durch Verordnung die Höhe des Entgeltes gemäß Abs 1 für die Dienstleistungen gemäß den §§3 und 4 Abs 1 unter vergleichsweiser Heranziehung kollektivvertraglicher Lohnbestimmungen für im wesentlichen gleichartige Arbeitsverrichtungen zu regeln.

(5) In dieser Verordnung ist festzusetzen, welche Beträge (Entgeltanteile) zu bezahlen sind:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
für Wohnungen und
b)
für andere Räumlichkeiten
c)
für das Reinigen der Gehsteige und deren Bestreuung bei Glatteis nach § 4 Abs 1 Z 1 lite.

(6) Die Entgeltanteile für Wohnungen und für andere Räumlichkeiten sind nach deren Nutzflächenausmaß, der Entgeltanteil für das Reinigen der Gehsteige und deren Bestreuung bei Glatteis pro m² der zu reinigenden Flächen, in monatlich gleicher Höhe festzusetzen.

(7) Ändert der Landeshauptmann durch eine spätere Verordnung die gemäß Abs 5 festgesetzten Beträge ab, so ist das Ausmaß dieser Abänderung überdies durch einen auf die abgeänderten Beträge bezogenen Hundertsatz anzugeben.

Materialkostenersatz

§ 8. Als Ersatz für die Kosten der Beschaffung der zu den Reinigungsarbeiten gemäß § 4 Abs 1 Z 1 lita bis d erforderlichen Materialien hat der Landeshauptmann durch Verordnung eine angemessene Vergütung (Materialkostenersatz) in Form eines monatlichen Zuschlages zu dem Entgelt gemäß § 7 Abs 5 lita und b festzusetzen, den der Hauseigentümer an den Hausbesorger monatlich im nachhinein zu leisten hat. Dieser Zuschlag ist kein Bestandteil des Entgeltes.

Sperrgeld

§10. (1) Wer in der vorgeschriebenen Sperrzeit die Dienste des Hausbesorgers oder des bestellten Vertreters zum Öffnen des Tores in Anspruch nimmt, hat hiefür an den Hausbesorger bzw. dessen Vertreter ein Sperrgeld zu entrichten.

(2) Das Ausmaß des Sperrgeldes ist in angemessener Höhe durch Verordnung des Landeshauptmannes unter Bedachtnahme darauf festzusetzen, ob die Inanspruchnahme der Dienste des Hausbesorgers vor oder nach Mitternacht erfolgt.

Anderweitiges Entgelt

§12. (1) Das Ausmaß der Entlohnung für andere Dienstleistungen (§4 Abs 3) bleibt einer besonderen Vereinbarung überlassen. Die Bestimmungen des ArbVG betreffend die Erlassung von Mindestlohntarifen, bleiben unberührt.

(2) In Ermangelung einer Vereinbarung oder Festsetzung durch Mindestlohntarif ist für das Ausmaß der Entlohnung der Ortsgebrauch maßgebend."

Wie sich aus § 31 Abs 5 Hausbesorgergesetz - idF des Art 6 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 36/2000 - ergibt, ist dieses Bundesgesetz auf Dienstverhältnisse, die nach dem abgeschlossen werden, nicht mehr anzuwenden. Es ist jedoch einschließlich künftiger Änderungen weiterhin auf vor diesem Tag begründete Dienstverhältnisse anzuwenden.

Mit der auf §§7, 8 und 10 Hausbesorgergesetz gestützten Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom über die Festsetzung des Entgeltes, des Materialkostenersatzes und des Sperrgeldes für Hausbesorger (Hausbesorger-Entgeltverordnung 2000), LGBl. Nr. 7/2000, wird das monatliche Entgelt für die nach den §§3 und 4 Abs 1 Hausbesorgergesetz zu erbringenden Dienstleistungen für Wohnungen und andere Räumlichkeiten je Quadratmeter Nutzfläche mit S 2,34 sowie für das Reinigen der Gehsteige und deren Bestreuung bei Glatteis je Quadratmeter Gehsteigfläche mit S 4,45 festgesetzt. Weiters gibt es eine Regelung betreffend Materialkostenersatz (§2 der Verordnung), und Sperrgeld (§4).

§ 7 der Verordnung lautet wörtlich:

"Inkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt mit in Kraft.

(2) Gleichzeitig tritt die Hausbesorger-Entgeltverordnung 1999, LGBl. Nr. 132/1998, außer Kraft."

Das Stück 2 des LGBl. für Tirol, das (auch) die Hausbesorger-Entgeltverordnung enthält, wurde am versendet.

5. Der verordnungserlassende Landeshauptmann von Tirol hat eine - ihm ungeachtet der Fertigungsklausel "Für die Landesregierung" zuzurechnende - Äußerung erstattet; er bringt zur Gesetzmäßigkeit des § 7 der Hausbesorgerentgelt-Verordnung folgendes vor:

"Bis zum Jahr 2000 fanden in Tirol jährlich im Herbst Gespräche zwischen dem Landeshauptmann und den Sozialpartnern über die Erhöhung der Entgeltsätze für die Hausbesorger statt. Die Hausbesorger-Entgeltverordnungen mit den vereinbarten erhöhten Entgeltsätzen traten sodann jeweils mit 1. Jänner des darauffolgenden Jahres in Kraft. Diese Vorgangsweise hat bisher noch nie zu Problemen geführt. Ausnahmsweise wurden jedoch aufgrund eines Versehens die Gespräche für die Erhöhung der Entgeltsätze für das Jahr 2000 verspätet eingeleitet und erst im Jänner 2000 abgeschlossen. Das rückwirkende In-Kraft-Treten der Hausbesorger-Entgeltverordnung 2000 mit erfolgte, um die finanztechnische und buchhalterische Abwicklung zu erleichtern, und um dem Vertrauen der einzelnen Hausbesorger in die bisher gehandhabte Verwaltungspraxis, nämlich die rechtzeitige Erhöhung der Entgeltsätze jeweils zum 1. Jänner eines jeden Jahres, zu entsprechen, wie sie es in den vorangegangenen Jahren gewohnt waren.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in seiner Rechtsprechung, vor allem im Hinblick auf den Vertrauensschutz, mit dem rückwirkenden In-Kraft-Treten von Gesetzen befasst. Er ist dabei zur Auffassung gelangt, dass rückwirkende belastende Gesetzesvorschriften nicht schlechthin unzulässig sind. Sie führen allerdings zu einem gleichheitswidrigen Ergebnis, wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht wurden und nicht etwa besondere Umstände eine solche Rückwirkung verlangen. Die Beurteilung ist dabei abhängig vom Ausmaß des Eingriffs und vom Gewicht der für ihn sprechenden Gründe.

Nach ha. Auffassung sollte auch die Zulässigkeit des rückwirkenden In-Kraft-Tretens einer Verordnung nach den gleichen Kriterien wie die Zulässigkeit des rückwirkenden In-Kraft-Tretens von Gesetzen beurteilt und damit - gerade im vorliegenden Fall aufgrund seiner besonderen Umstände - von einer strengen formalistischen Betrachtungsweise (Zulässigkeit des rückwirkenden In-Kraft-Tretens von Verordnungen nur, wenn das Gesetz dazu ermächtigt) abgegangen werden.

Legt man die gleichen Beurteilungsmaßstäbe wie bei Gesetzen zugrunde, so ließe sich die Zulässigkeit für das rückwirkende In-Kraft-Treten der Hausbesorger-Entgeltverordnung 2000 jedenfalls rechtfertigen: bei einer Erhöhung des Entgeltes der Hausbesorger um 1,74 v.H. für Dienstleistungen nach § 1 Z. 1 bzw. um 1,14 v.H. für Dienstleistungen nach § 1 Z. 2 handelt es sich, bezogen auf jenen Personenkreis, zu dessen Lasten der Eingriff erfolgt, auch unter Berücksichtigung der Dauer der Rückwirkung, wohl nicht um einen Eingriff von erheblichem Gewicht. Es kann dieser Personenkreis auch nicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht worden sein. Die Entgelte wurden bis dahin immer jeweils zum 1. Jänner erhöht. Vielmehr konnten aufgrund der bisherigen Verwaltungspraxis die Hausbesorger auf die Erhöhung ihrer Entgelte zu diesem Zeitpunkt vertrauen und es wurde mit dem rückwirkenden In-Kraft-Treten der Hausbesorger-Entgeltverordnung 2000 diesem Vertrauen und der bisherigen Verwaltungspraxis entsprochen, wie eingangs bereits ausgeführt wurde. Dass sich mit dem rückwirkenden In-Kraft-Treten auch die finanztechnische und buchhalterische Abwicklung erleichtert, liegt sogar im besonderen Interesse des Personenkreises, zu dessen Lasten der Eingriff erfolgt."

6. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat keine Äußerung erstattet.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

Die Beschwerde ist zulässig. Da die belangte Behörde bei der Nachberechnung der Sozialversicherungsbeiträge für das Jahr 2000 anhand des in der Hausbesorger-Entgeltverordnung 2000, LGBl. Nr. 7/2000, festgesetzten Mindestlohnes die Inkrafttretensbestimmung dieser Verordnung angewendet hat, hätte auch der Verfassungsgerichtshof bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides diese Bestimmung anzuwenden. Der in Prüfung gezogene § 7 der Verordnung ist daher präjudiziell.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist das eingeleitete Verordnungsprüfungsverfahren insgesamt zulässig.

2. In der Sache:

2.1. Der Landeshauptmann von Tirol führt in seiner Äußerung aus, daß diese Rückwirkung erfolgte, um "die finanztechnische und buchhalterische Abwicklung zu erleichtern" und um dem "Vertrauen der einzelnen Hausbesorger in die bisher gehandhabte Verwaltungspraxis" zu entsprechen.

Weiters vertritt der Landeshauptmann von Tirol die Auffassung, daß die Zulässigkeit des rückwirkenden Inkrafttretens von Verordnungen an denselben Kriterien gemessen werden sollte wie jene von Gesetzen; der Verfassungsgerichtshof solle von seiner "strengen formalistischen Betrachtungsweise", wonach ein rückwirkendes Inkrafttreten von Verordnungen nur bei einer diesbezüglichen Ermächtigung durch das Gesetz möglich ist, abgehen.

Lege man nämlich an die erfolgte Rückwirkung der Verordnung dieselben Maßstäbe an wie bei der Beurteilung der Rückwirkung eines Gesetzes, so lasse sich das rückwirkende Inkraftsetzen der Verordnung "jedenfalls" rechtfertigen.

2.2. Die Hausbesorgerentgelt-Verordnung 2000 wurde am kundgemacht und trat gem. ihrem § 7 Abs 1 am in Kraft.

2.3. § 7 Abs 1 des Hausbesorgergesetzes normiert, daß der Hauseigentümer an den Hausbesorger für die nach den §§3 und 4 Abs 1 zu erbringenden Dienstleistungen ein angemessenes Entgelt monatlich im nachhinein zu leisten hat. Gem. § 7 Abs 4 leg. cit. hat der Landeshauptmann die Höhe des Entgeltes gem. Abs 1 für die Dienstleistungen gemäß den §§3 und 4 Abs 1 leg. cit. unter vergleichsweiser Heranziehung kollektivvertraglicher Lohnbestimmungen für im wesentlichen gleichartige Arbeitsverrichtungen durch Verordnung zu regeln.

Der Verfassungsgerichtshof führte in VfSlg. 8946/1980 zur rückwirkenden Inkraftsetzung einer Verordnung über die Höhe von Fremdenverkehrsbeiträgen, deren Fälligkeit zur Entrichtung in einer mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbaren Weise erst nach der Kundmachung der Verordnung eingetreten ist, aus, daß dies an der Maßgeblichkeit der Verordnung für den durch die Anordnung der Rückwirkung einbezogenen Zeitraum nichts ändere und die rückwirkende Erlassung gerade deshalb erfolgt sei, um eine unterschiedliche Behandlung von Teilen eines Kalenderjahres zu vermeiden.

Auch im vorliegenden Fall geht der Verordnungsgeber offenbar davon aus, daß ungeachtet der Fälligkeit die geänderten Entgelte erst für Zeiträume ab dem Inkrafttreten der Verordnung gebühren, ein Umstand, der den Verordnungsgeber zur rückwirkenden Inkraftsetzung der Verordnung veranlaßt hat. Die Tatsache, daß die Berechnung des Entgeltes erst im Nachhinein erfolgt, ändert somit nichts an der Maßgeblichkeit der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Vorschriften. Die Verordnung hat somit auch für den Zeitraum ihrer Rückwirkung die Rechtslage verändert. Ob die Hausbesorger als Normadressaten von der Aufhebung der Rückwirkungsanordnung der Verordnung materiell tatsächlich betroffen sind (oder ob im Hinblick auf den zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung von einem jede Rückforderung ausschließenden gutgläubigen Empfang des erhöhten Hausbesorgerentgelts auch für den Rückwirkungszeitraum auszugehen ist), muß bei der Beurteilung der hier allein maßgeblichen Wirkung jener Norm, welche die Rückwirkung anordnet, außer Betracht bleiben.

Für die vom Landeshauptmann für Tirol verfügte Rückwirkung der Hausbesorger-Entgeltverordnung gibt es jedoch keine gesetzliche Grundlage.

2.4. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Erkenntnis VfSlg. 167/1922 mehrfach ausgesprochen, daß rückwirkende Kraft nur Gesetzen zukommt, die diese aussprechen, eine Rückwirkung von Verordnungen hingegen nur zulässig ist, wenn dazu das Gesetz ausdrücklich ermächtigt (VfSlg. 312/1924, 2966/1956, 7139/1973, 7787/1976, 8875/1980, 12.843/1991, 13.370/1993, 15.675/1999 ua.).

Der Verfassungsgerichtshof sieht keinen Anlaß von dieser ständigen Rechtsprechung abzugehen. Sie beruht auf dem das B-VG tragenden Gedanken der Bindung der gesamten staatlichen Verwaltung an das Gesetz (Art18 Abs 1 B-VG). Erst wenn ein Gesetz den Verordnungsgeber zur rückwirkenden Verordnungserlassung ermächtigt und der Verordnungsgeber von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht hat, kann die verfügte Rückwirkung vom Verfassungsgerichtshof auf ihre Sachlichkeit untersucht werden.

3. Der in Prüfung gezogene § 7 Abs 1 der Hausbesorger-Entgeltverordnung 2000 entbehrt somit der gesetzlichen Grundlage.

Dieser Vorwurf trifft indessen auf § 7 Abs 2 der Hausbesorger-Entgeltverordnung 2000 nicht zu: Wie der Verfassungsgerichtshof nämlich in seinem Erkenntnis VfSlg. 8946/1980 ausgeführt hat, knüpft der Verordnungsgeber zwar mit der Verwendung des Wortes "Gleichzeitig" an den rückwirkend festgesetzten Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung an und wird so auch für das Außerkrafttreten der Hausbesorger-Entgeltverordnung 1999 derselbe Zeitpunkt bestimmt, doch verändert sich diese Bestimmung durch eine etwaige Beseitigung des ersten Absatzes in ihrer Bedeutung nicht entscheidend: Sie bezieht sich dann auf das regelmäßig mit Ablauf des Tages der Kundmachung eintretende Inkrafttreten der Verordnung (vgl. § 12 Abs 1 Landes-Verlautbarungsgesetz, LGBl. Nr. 8/1982). Die Hausbesorger-Entgeltverordnung 1999 ist aufgrund der Aufhebung des § 7 Abs 1 der Hausbesorger-Entgeltverordnung 2000 als mit Ablauf des außer Kraft getreten zu beurteilen.

4. Die Hausbesorger-Entgeltverordnung 2000 ist zwar ihrerseits gem. der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom , LGBl. Nr. 122/2001, mit Ablauf des außer Kraft getreten; es ist jedoch nicht mit einem Ausspruch gemäß Art 139 Abs 4 B-VG vorzugehen, weil diese Bestimmung mit einem auf die Vergangenheit beschränkten zeitlichen Anwendungsbereich (vgl. VfSlg. 8101/1977, 8709/1979, 9374/1982, 11.559/1987, 15.227/1998, 15.608/1999) weiterhin in Geltung steht.

5. Die Verpflichtung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit zur unverzüglichen Kundmachung gründet sich auf Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG.

6. Dies konnte in sinngemäßer Anwendung des § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.