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VfGH vom 13.12.2006, V48/06

VfGH vom 13.12.2006, V48/06

Sammlungsnummer

18038

Leitsatz

Feststellung der Gesetzwidrigkeit von (einsprachigen) Ortsbezeichnungen in weiteren straßenpolizeilichen "Ortstafelverordnungen" in Kärnten wegen Widerspruchs zum Minderheitenschutz im Staatsvertrag Wien unter Hinweis auf die Vorjudikatur

Spruch

In § 1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom , Zahl VK7-STV-29/1-2003, war die Ortsbezeichnung "Grabelsdorf" bis zum Ablauf des gesetzwidrig.

Die Kärntner Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt für Kärnten verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu Zl. B117/06 das Verfahren über eine auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zu Grunde liegt:

Über den Beschwerdeführer wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet von Grabelsdorf eine Geldstrafe in bestimmter Höhe verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat für Kärnten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die eingangs genannte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

2. Aus Anlass dieser Beschwerde beschloss der Verfassungsgerichtshof am , gemäß Art 139 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der im Spruch genannten Verordnungsbestimmung einzuleiten.

Die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt legte die Verordnungsakten vor und teilte mit, dass eine schriftliche Äußerung zum Gegenstand durch die Kärntner Landesregierung erfolgen werde.

Die Kärntner Landesregierung ersuchte vorerst um Erstreckung der ihr für die Erstattung einer Äußerung vom Verfassungsgerichtshof eingeräumten Frist, erstattete letztlich aber keine Äußerung.

II. Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage (nämlich zur Zeit der Tat [] bzw. der Fällung des Bescheides erster Instanz [] - vgl. § 1 Abs 2 VStG; s. auch VfSlg. 17.327/2004) stellt sich wie folgt dar:

1.1. Die Z 3 des im Verfassungsrang stehenden, mit "Rechte der slowenischen und kroatischen Minderheiten" überschriebenen Art 7 des Staatsvertrages von Wien (im Folgenden: StV Wien) lautet wie folgt:

"3. In den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens, des Burgenlandes und der Steiermark mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung wird die slowenische oder kroatische Sprache zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen. In solchen Bezirken werden die Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur sowohl in slowenischer oder kroatischer Sprache wie in Deutsch verfaßt."

1.2.1. Im Abschnitt I "Allgemeine Bestimmungen" des Volksgruppengesetzes, BGBl. 1976/396, sieht § 2 - nach Aufhebung der Wortfolge "wegen der verhältnismäßig beträchtlichen Zahl (ein Viertel) der dort wohnhaften Volksgruppenangehörigen" in Abs 1 Z 2 mit Erkenntnis VfSlg. 16.404/2001 (vgl. BGBl. I 2002/35) - insbesondere Folgendes vor:

"§2. (1) Durch Verordnungen der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates sind nach Anhörung der in Betracht kommenden Landesregierung festzulegen:

1. ...

2. Die Gebietsteile, in denen topographische Bezeichnungen zweisprachig anzubringen sind.

3. ...

(2) Bei Erlassung der in Abs 1 vorgesehenen Verordnungen sowie bei der Vollziehung des Abschnittes III dieses Bundesgesetzes sind bestehende völkerrechtliche Verpflichtungen zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist auf die zahlenmäßige Größe der Volksgruppe, die Verbreitung ihrer Angehörigen im Bundesgebiet, ihr größenordnungsmäßiges Verhältnis zu anderen österreichischen Staatsbürgern in einem bestimmten Gebiet sowie auf ihre besonderen Bedürfnisse und Interessen zur Erhaltung und Sicherung ihres Bestandes Bedacht zu nehmen. Hiebei sind die Ergebnisse amtlicher statistischer Erhebungen mitzuberücksichtigen."

1.2.2. § 12 des Volksgruppengesetzes lautet (samt Überschrift) wie folgt:

"ABSCHNITT IV

Topographische Bezeichnungen

§12. (1) Im Bereiche der gemäß § 2 Abs 1 Z. 2 bezeichneten Gebietsteile sind Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur, die von Gebietskörperschaften oder von sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts angebracht werden, in deutscher Sprache und in der Sprache von in Betracht kommenden Volksgruppen zu verfassen. Diese Verpflichtung gilt nicht für die Bezeichnung von Örtlichkeiten, die außerhalb des Bereiches solcher Gebietsteile liegen.

(2) In der Verordnung nach § 2 Abs 1 Z. 2 sind auch die Örtlichkeiten, die für eine zweisprachige Bezeichnung in Betracht kommen, sowie die topographischen Bezeichnungen in der Sprache der in Betracht kommenden Volksgruppen festzulegen, die neben der deutschsprachigen Bezeichnung anzubringen sind. Hiebei ist auf die örtliche Übung und auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung Bedacht zu nehmen.

(3) Topographische Bezeichnungen, die nur in der Sprache einer Volksgruppe bestehen, sind von Gebietskörperschaften unverändert zu verwenden."

1.2.3. Die - hier maßgebliche - Verordnung der Bundesregierung vom über die Bestimmung von Gebietsteilen, in denen topographische Bezeichnungen in deutscher und slowenischer Sprache anzubringen sind, BGBl. 306, lautete - nach VfSlg. 16.404/2001 (vgl. BGBl. II 2002/37) - wie folgt:

"Auf Grund des § 2 Abs 1 und des § 12 des Volksgruppengesetzes, BGBl. Nr. 396/1976, wird im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates verordnet:

§ 1. In folgenden Gebietsteilen (§2 Abs 1 Z. 2 des Volksgruppengesetzes, BGBl. Nr. 396/1976) sind Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur, die von Gebietskörperschaften oder von sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts angebracht werden, sowohl in deutscher als auch slowenischer Sprache anzubringen:

1. Im politischen Bezirk Klagenfurt Land:

In der Gemeinde Ebental im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Radsberg, in der Gemeinde Ferlach im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Windisch-Bleiberg, in der Gemeinde Ludmannsdorf in den Gebieten der ehemaligen Gemeinden Ludmannsdorf und Oberdörfl und in der Gemeinde Zell;

2. im politischen Bezirk Völkermarkt:

§ 2. Ehemalige Gemeinden im Sinne dieser Verordnung sind die von bestehenden Gemeinden (§1) erfaßten Gebiete von Gemeinden nach dem Stand zum .

§ 3. Diese Verordnung tritt mit in Kraft."

Dass diese Verordnung mittlerweile, nämlich mit , außer Kraft trat (vgl. § 2 der Topographieverordnung-Kärnten BGBl. II 2006/245, ausgegeben am ), ist für dieses Verordnungsprüfungsverfahren ebenso wenig maßgeblich wie die genannte Topographieverordnung-Kärnten selbst (s. dazu oben Pkt. II., Eingangssatz, sowie VfSlg. 16.404/2001 S 1003f. Pkt. III.1.3.2.1. zweiter Abs). Diese Verordnung sieht für die Ortschaft Grabelsdorf keine zweisprachigen Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur vor.

1.3.1. Der mit "Begriffsbestimmungen" überschriebene § 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 enthält in Abs 1 Z 15 die folgende Regelung:

"15. Ortsgebiet: das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen 'Ortstafel' (§53 Z. 17a) und 'Ortsende' (§53 Z. 17b)."

1.3.2. Die - Hinweiszeichen betreffenden - Bestimmungen des § 53 (Abs1) Z 17a und Z 17b StVO, auf die in § 2 Abs 1 Z 15 leg. cit. verwiesen wird, sowie § 53 Abs 2 StVO lauten wie folgt:

"(1) Die Hinweiszeichen weisen auf verkehrswichtige Umstände hin. Hinweiszeichen sind die folgenden Zeichen:

...

17a. ORTSTAFEL

[Ortstafel nicht darstellbar !!!!]

Dieses Zeichen gibt den Namen eines Ortes an und ist jeweils am Beginn des verbauten Gebietes anzubringen. Ein Gebiet ist dann verbaut, wenn die örtliche Zusammengehörigkeit mehrerer Bauwerke leicht erkennbar ist. Auf Autobahnen, ausgenommen am Ende einer Ausfahrtsstraße, darf dieses Zeichen nicht angebracht werden. Die Anbringung einer grünen Tafel mit der weißen Aufschrift 'Erholungsdorf' - bei Orten, die berechtigt sind, die Bezeichnung Erholungsdorf zu führen - oder einer ähnlichen, die Gemeinde näher beschreibenden Tafel unterhalb der Ortstafel ist zulässig, wenn dadurch die leichte Erkennbarkeit der Ortstafel nicht beeinträchtigt und die Sicherheit des Verkehrs nicht gefährdet wird; eine solche Tafel darf die Ortstafel seitlich nicht überragen.

17b. ORTSENDE

[Ortstafel nicht darstellbar !!!!]

Dieses Zeichen ist auf der Rückseite des Zeichens 'Ortstafel' anzubringen; dem Zeichen kann ein Hinweis auf die Entfernung bis zum nächsten Ort mit Verkehrsbedeutung beigefügt werden. ...

(2) Auf Vorwegweisern, Wegweisern und Orientierungstafeln sind die Namen von Orten, die im Ausland liegen, nach der offiziellen Schreibweise des betreffenden Staates anzugeben (zB Bratislava, Sopron, Maribor). Die zusätzliche Anführung einer allfälligen deutschsprachigen Ortsbezeichnung ist zulässig (zB Preßburg, Ödenburg, Marburg)."

1.3.3. Abs 2 des mit "Fahrgeschwindigkeit" überschriebenen § 20 StVO lautet auszugsweise wie folgt:

"(2) Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren."

1.3.4. Abs 1 des mit "Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise" überschriebenen § 43 StVO sieht u.a. Folgendes vor:

"(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung

...

b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,

1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen,

..."

1.3.5. Der die "Kundmachung der Verordnungen" regelnde § 44 StVO sieht u.a. Folgendes vor:

"(1) Die im § 43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten. Parteien im Sinne des § 8 AVG ist die Einsicht in einen solchen Aktenvermerk und die Abschriftnahme zu gestatten. Als Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung von im § 43 bezeichneten Verordnungen kommen die Vorschriftszeichen sowie die Hinweiszeichen 'Autobahn', 'Ende der Autobahn', 'Autostraße', 'Ende der Autostraße', 'Einbahnstraße', 'Ortstafel', 'Ortsende', 'Internationaler Hauptverkehrsweg', 'Straße mit Vorrang', 'Straße ohne Vorrang', 'Straße für Omnibusse' und 'Fahrstreifen für Omnibusse' in Betracht. ..."

1.3.6. Gemäß § 94b StVO obliegt die Erlassung von Verordnungen auf Grund dieses Gesetzes grundsätzlich den Bezirksverwaltungsbehörden.

1.4.1. Am erließ die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt zu Zahl VK7-STV-29/1-2003 eine Verordnung betreffend Verkehrsbeschränkungen für Gemeindestraßen, Ortschafts- und Verbindungswege in der Gemeinde St. Kanzian, die auszugsweise wie folgt lautet (die hier in Prüfung gezogene Ortsbezeichnung ist hervorgehoben):

"Die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt verordnet gemäß §§43 Abs 1 und 44 Abs 1 in Verbindung mit § 94 b der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 94/2004, nachstehende Verkehrsbeschränkungen für Gemeindestraßen, Ortschafts- und Verbindungswege in der Gemeinde St. Kanzian:

§1

Im Verlauf der Gemeindestraßen, Ortschafts- und Verbindungswege der Gemeinde St. Kanzian werden nachstehende Straßenverkehrszeichen generell neu erfasst und verordnet:

...

G r a b e l s d o r f :

1. Für die Ortschaft Grabelsdorf wird ein Ortsgebiet gemäß § 53 Z 17 a und 17 b leg.cit. verfügt:

2. Die Verkehrszeichen 'Ort[s]tafel' und 'Ortsende' mit der Bezeichnung 'Grabelsdorf' sind an nachstehenden Standorten anzubringen:


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a)
Kreuzungsbereich der ehemaligen Turnersee Landesstraße mit der Grabelsdorfer Gemeindestraße,


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b)
Nach Einbindung des Ortschafts-Verbindungsweges Grabelsdorf (Höhe des Objektes Wertschnig)


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c)
Im nordöstlichen Bereich des Parkplatzes des Golfplatzes


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...

§2


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Diese Verordnung tritt am in Kraft.

Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung treten sämtliche Verordnungen gemäß §§43 und 44 leg.cit., die im Verlauf der Gemeindestraßen, Ortschafts- und Verbindungswege der Gemeinde St. Kanzian dauernd erlassen wurden, außer Kraft.

§3

Übertretungen dieser Verordnung werden als Verwaltungsübertretungen in Entsprechung des § 99 der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 94/2004, bestraft."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zu den Prozessvoraussetzungen

Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Prüfungsbeschluss - vorläufig - davon aus, dass die Beschwerde zulässig ist.

Ferner nahm der Verfassungsgerichtshof - unter Hinweis auf die entsprechenden Erwägungen in den Erkenntnissen VfSlg. 16.404/2001 (S 1003 Pkt. III.1.3.2.1.) sowie (Pkt. III.1.3.2.) - vorläufig an, dass die im Spruch bezeichnete Verordnungsbestimmung im vorliegenden Zusammenhang präjudiziell ist und - da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorzuliegen scheinen - das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig ist.

Im Verordnungsprüfungsverfahren wurde nichts vorgebracht und ist auch nichts hervorgekommen, was gegen diese vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes spräche. Das Verordnungsprüfungsverfahren ist daher zulässig.

2. In der Sache:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof stützte sein Bedenken gegen die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung auf die folgenden Erwägungen:

"In der Sache hegt der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass die im Spruch genannte Verordnungsbestimmung der Verfassungsbestimmung des Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien widerspricht (vgl. VfSlg. 16.404/2001, und , V32/06).

Der Verfassungsgerichtshof geht dabei - vorläufig - insbesondere von Folgendem aus: Die Ortschaft Grabelsdorf wies bei der Volkszählung 2001 einen Anteil von 30,6% österreichischer Staatsbürger mit slowenischer Umgangssprache auf; bei den vorhergehenden Volkszählungen hat dieser Anteil bzw. der Anteil slowenisch Sprechender an der Wohnbevölkerung insgesamt, soweit dem Verfassungsgerichtshof ortschaftsweise Auswertungen vorliegen, 36,9% (1961), 46,5% (1971), 35,8% (1981) und 40,7% (1991) betragen.

Die Verfassungsbestimmung des Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien dürfte daher für die in der Gemeinde St. Kanzian im politischen Bezirk Völkermarkt gelegene Ortschaft Grabelsdorf gebieten, dass Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur, insbesondere die hier in Rede stehenden Straßenverkehrszeichen, sowohl in Slowenisch als auch in Deutsch zu verfassen sind. Die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung scheint somit dem Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien zu widersprechen."

2.2. Im Verordnungsprüfungsverfahren wurde nichts vorgebracht und ist auch sonst nichts hervorgekommen, was dieses Bedenken zerstreut hätte.

Die genannte Verfassungsbestimmung des StV Wien bildete allerdings nur bis zum Inkrafttreten der Topographieverordnung-Kärnten, BGBl. II 2006/245, somit bis zum Ablauf des , den vom Verfassungsgerichtshof seinem Prüfungsbeschluss zu Grunde gelegten Prüfungsmaßstab. Mit ist nämlich mit der in Durchführung des § 2 Abs 1 Z 2 iVm. § 12 VolksgruppenG ergangenen Topographieverordnung-Kärnten eine die unmittelbare Geltung des Art 7 Z 3 zweiter Satz StV Wien (wiederum) ausschließende Vorschrift erlassen worden (vgl. VfSlg. 15.970/2000 S 480 Pkt. 3.4., VfSlg. 16.404/2001 S 1032 Pkt. 4.3.). Beginnend mit diesem Zeitpunkt bestimmt sich die Rechtmäßigkeit der hier in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmung nämlich zunächst nach dem VolksgruppenG und der darauf gestützten Topographieverordnung-Kärnten. Die Topographieverordnung-Kärnten ist allerdings - im Hinblick auf die im Anlassverfahren für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des dort bekämpften Bescheides maßgeblichen Zeitpunkte (s. dazu oben Pkt. II., Eingangssatz) - in diesem Verfahren nicht präjudiziell iSd. Erwägungen in VfSlg. 16.404/2001 (S 1003 Pkt. III.1.3.2.1. zweiter Abs).

Aufgrund dieser Überlegungen ist somit festzustellen, dass die Ortsbezeichnung "Grabelsdorf" in § 1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom , Zahl VK7-STV-29/1-2003, bis zum Ablauf des gesetzwidrig war. Über die Rechtmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmung im Geltungszeitraum der Topographieverordnung-Kärnten war hier ebenso wenig zu befinden wie über die Rechtmäßigkeit dieser Verordnung selbst.

2.3. Die Verpflichtung zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches gründet sich auf Art 139 Abs 5 zweiter Satz B-VG und § 60 Abs 2 VfGG.

2.4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.