VfGH vom 09.03.2006, V47/04
Sammlungsnummer
17793
Leitsatz
Stattgabe des Antrags eines Landesvolksanwalts auf Aufhebung einer Flächenwidmungsplanänderung hinsichtlich der Festlegung der Widmung Vorbehaltsfläche - öffentliches Grün für ein Grundstück in der Nähe eines Schulgebäudes mangels ausreichender Grundlagenforschung
Spruch
Der Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Frastanz, beschlossen von der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Frastanz am , genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 20. November bis , wird, soweit damit für eine Teilfläche des Grundstücks Nr. 1661 eine Vorbehaltsfläche - Öffentliches Grün festgelegt wird, als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Vorarlberger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Landesvolksanwalt von Vorarlberg stellt gemäß Art 139 B-VG iVm Art 148i Abs 2 B-VG und Art 60 Abs 2 der Vlbg. Landesverfassung, LGBl. Nr. 9/1999, den Antrag, den "Flächenwidmungsplan[es] der Marktgemeinde Frastanz in der Fassung der Kundmachung der Marktgemeinde Frastanz vom auf Grund des Beschlusses der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Frastanz vom und der Genehmigung der Vorarlberger Landesregierung vom , Zl. VIIa-210[richtig: 310].27, hinsichtlich der Umwidmung einer Teilfläche des Grundstückes GST Nr 1661 aus GB 92106 Frastanz I von Baufläche/Wohngebiet in Vorbehaltsfläche - Öffentliches Grün (Unterlagswidmung Baufläche/Wohngebiet) wegen Gesetzwidrigkeit" aufzuheben.
2. Der Landesvolksanwalt hegt gegen die Widmung folgende Bedenken:
2.1. Die von der Gemeinde durchgeführte Grundlagenforschung und Begründung der in Rede stehenden Umwidmung seien nicht ausreichend bzw. widersprüchlich:
Zwischen der Ablehnung der Umwidmung durch die Vorarlberger Landesregierung - mangels ausreichend dokumentierter Grundlagenforschung - und der neuerlichen Beschlussfassung in der Gemeindevertretung am sei abgesehen von einem Aktenvermerk desselben Tages keine Grundlagenforschung erkennbar. Die sich ausschließlich aus dem Aktenvermerk ergebende Begründung der Umwidmung stehe auch in einem auffallenden Widerspruch zu der der ersten Beschlussfassung zugrunde gelegenen Begründung der Sicherung von Erweiterungsmöglichkeiten von Flächen für den Gemeinbedarf.
Ein weiterer Widerspruch liege darin, dass das Grundstück als Pufferzone vorwiegend als öffentliche Grünfläche genutzt, hingegen als Unterlagswidmung Baufläche/Wohngebiet beibehalten werden solle. Dies entspreche eher der zunächst geäußerten Absicht, eine Vorbehaltsfläche für allfällige Erweiterungen der Hauptschule zu sichern.
2.2. Mangels einer nachvollziehbaren Grundlagenforschung sei auch keine Interessenabwägung im Sinne des § 3 Vorarlberger Raumplanungsgesetz (in der Folge: RPG) möglich gewesen. Auch aus diesem Grund sei die Umwidmung gesetzwidrig.
2.3. Es liege auch kein Änderungsanlass iSd § 23 RPG 1996 vor:
Zum Zeitpunkt der ursprünglichen Flächenwidmung (als Baufläche/Wohngebiet) sei auf den angrenzenden Grundstücken der Gemeinde auch die Hauptschule errichtet worden. Es sei in Vorarlberg durchaus üblich, dass öffentliche Schulgebäude nicht nur dem schulischen Betrieb dienen, sondern auch für außerschulische Veranstaltungen wie Abendkurse, Sporttraining, Vereinsveranstaltungen etc. Verwendung finden. Der Umstand, dass derartige Nutzungen im Laufe der Zeit häufiger stattfänden - wozu es außer der Behauptung im Aktenvermerk vom keinerlei konkrete Daten im Sinne einer Grundlagenerhebung gebe - stelle weder eine wesentliche Änderung der für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse noch einen wichtigen Grund für die Umwidmung angrenzender Liegenschaften dar. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes reiche es als Begründung für eine Umwidmung nicht aus, dass eine andere als die seinerzeit festgelegte Widmung die bessere, vernünftigere und zweckmäßigere wäre.
2.4. Eine Pufferfunktion zwischen der als äußerst lärmintensiv beschriebenen Hauptschule und den Wohngebäuden genüge keinesfalls, einen Gemeinbedarf iSd § 20 RPG 1996 zu begründen.
2.5. Weiters sei die Auswahl des Grundstücks unsachlich erfolgt:
Folge man der Begründung, so bleibe unerfindlich, weshalb ausschließlich das in Rede stehende Grundstück umgewidmet worden sei und die wesentlich näher beim Schulgebäude liegenden Grundstücke südöstlich der Hauptschule weiterhin als Bauerwartungsfläche - (BW) und das ebenfalls an das Schulgelände anschließende unbebaute Grundstück Nr. 1660/5 als Baufläche - Wohngebiet - BW gewidmet blieben. Die unterschiedliche Bewertung der an die Hauptschule angrenzenden Liegenschaften sei aus dem Ermittlungsverfahren heraus nicht nachvollziehbar und widerspreche somit dem Sachlichkeitsgebot.
2.6. Auch bestehe ein Widerspruch zwischen dem Beschluss der Gemeindevertretung vom und der kundgemachten Verordnung:
Im Gemeindevertretungsprotokoll vom sei hinsichtlich des Grundstückes Nr. 1661 nur von einer "Beibehaltung der Vorbehaltsfläche als Pufferzone" die Rede, obwohl zum Zeitpunkt dieser Beschlussfassung die Liegenschaft noch als Baufläche/Wohngebiet gewidmet gewesen sei. Als Verordnung kundgemacht sei hingegen eine Umwidmung einer Teilfläche des Grundstücks Nr. 1661 von Baufläche/Wohngebiet in Vorbehaltsfläche - Öffentliches Grün (Unterlagswidmung Baufläche/Wohngebiet) worden. Die kundgemachte Verordnung finde somit im Beschluss der Gemeindevertretung vom keine Deckung.
2.7. Schließlich wird ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot behauptet:
In der Kundmachung der Verordnung sei von der "Umwidmung einer Teilfläche der Gst-Nr. 1661..." die Rede, ohne Vermessungspunkte anzuführen, an Hand welcher beurteilt werden könne, welche Teilfläche des Grundstücks Nr. 1661 von der Umwidmung betroffen sei. Auch die sich aus dem Aktenvermerk vom ergebende Formulierung von "50%" sei unzureichend und werde dem verfassungsgesetzlich normierten Bestimmtheitserfordernis nicht gerecht.
3. Die Vorarlberger Landesregierung legte die Verordnungsakten vor und erstattete eine Äußerung, in der sie erneut auf die sich aus dem Aktenvermerk ergebende Begründung vom hinweist und im Weiteren ausführt:
3.1. Die im Aktenvermerk näher dargestellten, zunehmenden Nutzungen des Schulgebäudes seien amtsbekannt und könnten anhand der Belegungspläne der Gemeinde nachvollzogen werden. Diese seien daher nicht neuerlich im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung des Flächenwidmungsplanes eigens zu dokumentieren. Es handle sich dabei um eine wesentliche Änderung der für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse bzw. um einen wichtigen Grund im Sinne des § 23 Abs 1 RPG.
Die Errichtung von neuen Wohnbauten direkt an der Grundgrenze zur Hauptschule sei aus den dargelegten Gründen nicht sinnvoll. Deshalb habe die Gemeinde mit der Vorbehaltsflächenwidmung versucht, auch vor dem Hintergrund einer möglichen Erweiterung der bestehenden Hauptschule am gegebenen Standort (auf den schon bisher als Vorbehaltsfläche-Hauptschule genutzten Liegenschaften), eine Pufferzone zwischen der Hauptschule und möglichen Wohnbauten zu schaffen. Die Fläche werde dabei zukünftig vorwiegend als öffentliche Grünfläche genutzt. Nach der Zielbestimmung des § 2 Abs 3 litf RPG seien Gebiete und Flächen für Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Einkauf und sonstige Nutzungen so einander zuzuordnen, dass Belästigungen möglichst vermieden werden. Die Schaffung einer Pufferzone, die aufgrund der gegebenen örtlichen Verhältnisse im Bereich der Zufahrts- und Eingangszone des Schulkomplexes notwendig gewesen sei, zu den dort angrenzenden Wohngebäuden entspreche diesem Raumplanungsziel.
3.2. Um diese Pufferzone zu schaffen, wäre auch eine Widmung als Freifläche in Betracht gekommen. Der Verordnungsgeber habe sich jedoch - im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes - für die Vorbehaltsflächenwidmung entschieden. Gemäß § 3 letzter Satz RPG sei die Planung unter möglichster Schonung des Privateigentums durchzuführen. Die Widmung als Vorbehaltsfläche sei für den betroffenen Grundeigentümer die im Vergleich zur Widmung seines Grundstückes als Freifläche schonendere Widmung. Im Falle einer Widmung als Freifläche würde das Grundstück Nr. 1661 eine starke Entwertung erfahren, während sich die Widmung als Vorbehaltsfläche - Öffentliches Grün (Unterlagswidmung Baufläche/Wohngebiet) nicht bzw. nicht wesentlich auf den Verkehrswert des betroffenen Grundstückes auswirke. Der Grundstückseigentümer habe nach § 20 Abs 3 RPG die Möglichkeit, von der Gemeinde die Einlösung dieses Grundstückes zu verlangen. Nehme die Gemeinde den Antrag nicht an, wäre die Widmung als Vorbehaltsfläche im Flächenwidmungsplan zu löschen. Im Falle einer Widmung als Freifläche hätte der betroffene Grundeigentümer hingegen lediglich unter den sehr eingeschränkten Voraussetzungen des '27 RPG einen allfälligen Anspruch auf Entschädigung.
3.3. Zur Behauptung der Ungleichbehandlung der angrenzenden Grundstücke werde ausgeführt, dass die genannten Flächen abseits der Zufahrts- und Eingangszone der Schule liegen und daher auch nicht annähernd mit der von der Umwidmung betroffenen Fläche verglichen werden können.
3.4. Hinsichtlich des behaupteten Widerspruches zwischen der Funktion als Pufferzone und Nutzung als öffentliche Grünfläche und der Beibehaltung der Unterlagswidmung Baufläche - Wohngebiet bestehe folgendes Missverständnis: Die Vorbehaltsflächenwidmung stelle nach dem Willen des Gesetzgebers keine eigene Widmungskategorie dar. Die Gemeinde habe sich schon bei der Widmung als Vorbehaltsfläche damit auseinanderzusetzen, welche Widmung im Falle des Löschens der Vorbehaltsflächenwidmung zum Tragen komme. Dem Grundeigentümer sei damit bekannt, welche Widmung nach Wegfall der Vorbehaltsflächenwidmung für sein Grundstück gelte (vgl. den Motivenbericht zu § 18 Abs 1 [nunmehr § 20 Abs 1], 8. Beilage im Jahre 1996 zu den Sitzungsberichten des XXVI. Vorarlberger Landtages). Im vorliegenden Fall diene die Unterlagswidmung Baufläche/Wohngebiet als solche nicht zur Flächensicherung für öffentliche Zwecke, sondern resultiere ausschließlich aus der Tatsache, dass das Grundstück von Wohngebiet umschlossen sei und es sich um ein durchgehendes und zusammenhängendes Wohngebiet handle.
3.5. Der behauptete Widerspruch zwischen dem Beschluss der Gemeindevertretung vom ("Beibehaltung der Vorbehaltsfläche als Pufferzone") und der kundgemachten Verordnung liege nicht vor. Der Beschluss beziehe sich auf die von der Gemeindevertretung in ihrer Sitzung vom bereits erstmals beschlossenen Änderungen des Flächenwidmungsplanes. Aus dem Kontext sei klar, dass im vorliegenden Fall mit "GST-Nr. 1661 (Dr. H. S.) Beibehaltung der Vorbehaltsfläche als Pufferzone" "Beibehaltung der - in der in der Sitzung vom beschlossenen Änderung des Flächenwidmungsplanes vorgesehenen - Vorbehaltsfläche als Pufferzone" gemeint sei.
3.6. Zum Vorbringen des Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG: In der Kundmachung der Marktgemeinde Frastanz vom werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die planliche Darstellung der Änderung des Flächenwidmungsplanes einen wesentlichen Bestandteil dieser Verordnung bilde. Aufgrund der genauen planlichen Darstellung bedürfe es keiner Anführung von Vermessungspunkten.
4. Die Marktgemeinde Frastanz erstattete eine Äußerung, in der sie die Verordnung mit folgenden Argumenten verteidigt:
4.1. Sowohl für die Erstellung des räumlichen Entwicklungskonzeptes als auch für die Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes, einschließlich des Aktenvermerkes vom , seien mehrfache Besichtigungen und Beratungen des Planungsausschusses mit dem Raumplaner durchgeführt worden. Die "kritischen Punkte", einschließlich des in Rede stehenden Grundstücks, seien durch die Gemeindevertretung vor Ort besichtigt worden.
Es liege ein Antrag des Lehrkörpers der Hauptschule auf Erweiterung des Gebäudes vor, der die beengten Verhältnisse in der Hauptschule deutlich mache. Die Marktgemeinde Frastanz habe ein Konzept zur Gesamtsanierung der Schule in Auftrag gegeben.
Die kritische Verkehrssituation bei Veranstaltungen sei beobachtet und von den Ordnungskräften bemängelt worden.
In dem Aktenvermerk vom werde der erstmaligen Begründung nicht widersprochen, sondern diese ergänzt. Eine eventuelle Erweiterung der Hauptschule solle auf den gemeindeeigenen Grundstücken vorgenommen werden; das Grundstück Nr. 1661 diene als Pufferzone (Lärm). Die außerschulischen Nutzungen seien durch Belegungspläne nachweisbar.
4.2. Dem Grundsatz des Raumplanungsgesetzes, das Privateigentum möglichst zu schonen, sei durch die Beibehaltung der Unterlagswidmung Wohngebiet entsprochen worden.
4.3. Die Auswahl des in Rede stehenden Grundstückes ergebe sich daraus, dass dieses das nächstgelegene unbebaute Grundstück sei, welches auf Grund der Widmung zur Bebauung geeignet sei und im lärmintensiven Bereich (Eingang, Sporthalle, Parkplatz) liege. Die südöstlich der Hauptschule gelegenen Grundstücke seien als Bauerwartungsland gewidmet. Die direkt angrenzende Grundfläche befinde sich im Eigentum der Marktgemeinde Frastanz. Eine Umwidmung des Bauerwartungslandes in Bauland erfolge erst nach Durchführung eines Umlegungsverfahrens. Eine Vorbehaltsflächenwidmung sei somit nicht erforderlich gewesen.
4.4. Aus der einen Bestandteil der Verordnung bildenden planlichen Darstellung sei klar ersichtlich, um welche Teilfläche es sich hier handle. Ein Widerspruch zu Art 18 B-VG liege daher nicht vor.
5. Die zugrunde liegende Rechtslage stellt sich auszugsweise (§2 Abs 1, 2 und 3 litf, § 14 Abs 1 bis 3, § 20 Abs 1 bis 4 und § 21 Abs 4 RPG, LGBl. Nr. 39/1996 idF LGBl. Nr. 58/2001) wie folgt dar:
§2
Raumplanungsziele
(1) Die Raumplanung hat eine dem allgemeinen Besten dienende Gesamtgestaltung des Landesgebiets anzustreben.
(2) Ziele der Raumplanung sind
a) die nachhaltige Sicherung der räumlichen Existenzgrundlagen der Menschen, besonders für Wohnen und Arbeiten,
b) die Erhaltung der Vielfalt von Natur und Landschaft,
c) der bestmögliche Ausgleich der sonstigen Anforderungen an das Gebiet.
(3) Bei der Planung sind insbesondere folgende weitere Ziele zu beachten:
[...]
f) Gebiete und Flächen für Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Einkauf und sonstige Nutzungen sind einander so zuzuordnen, dass Belästigungen möglichst vermieden werden.
[...]
§14
Einteilung der Bauflächen
(1) Als Bauflächen sind nach Erfordernis und Zweckmäßigkeit gesondert festzulegen: Kerngebiete, Wohngebiete, Mischgebiete und Betriebsgebiete.
(2) Kerngebiete sind Gebiete in zentraler innerörtlicher Lage, die vornehmlich für Gebäude für Verwaltung, Handel, Bildungs- und andere kulturelle und soziale Einrichtungen, sonstige Dienstleistungen und Wohnungen bestimmt sind. Andere Gebäude und Anlagen sind zulässig, wenn der Charakter als Kerngebiet nicht gestört wird.
(3) Wohngebiete sind Gebiete, die für Wohngebäude bestimmt sind. Andere Gebäude und Anlagen dürfen in Wohngebieten errichtet werden, wenn dadurch das Wohnen und auch sonst der Charakter als Wohngebiet nicht gestört wird.
[...]
§20
Vorbehaltsflächen
(1) In Bauflächen, Bauerwartungsflächen oder Freiflächen können Flächen festgelegt werden, die Zwecken des Gemeinbedarfs dienen oder für solche Zwecke voraussichtlich innerhalb von 20 Jahren benötigt werden (Vorbehaltsflächen). Die vorgesehene Verwendung ist im Flächenwidmungsplan anzugeben.
(2) Bauwerke und sonstige Anlagen, die der Widmung als Vorbehaltsfläche nach Abs 1 widersprechen, bedürfen der Genehmigung des Gemeindevorstands. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn das Vorhaben dem Zweck der Widmung als Vorbehaltsfläche nicht entgegensteht.
(3) Eigentümer von Grundstücken, die als Vorbehaltsfläche gewidmet sind, können von der Gemeinde verlangen, dass das Grundstück eingelöst wird. Der Einlösungsantrag ist schriftlich zu stellen. Wird ein solcher Antrag gestellt, so hat die Gemeinde oder der Rechtsträger, der die für den Gemeinbedarf vorgesehenen Anlagen zu errichten beabsichtigt, mit Zustimmung der Gemeinde dem Eigentümer binnen eines Jahres schriftlich mitzuteilen, dass sie den Antrag annehmen, andernfalls die Widmung als Vorbehaltsfläche entfällt. In diesem Fall ist die Widmung als Vorbehaltsfläche im Flächenwidmungsplan zu löschen.
(4) Nimmt die Gemeinde oder der andere Rechtsträger mit Zustimmung der Gemeinde den Einlösungsantrag an, so sind zwischen der Gemeinde oder dem anderen Rechtsträger und dem Grundeigentümer innerhalb eines halben Jahres ab der Annahme des Einlösungsantrags der Preis des Grunderwerbs und der Zeitpunkt der Fälligkeit des Preises zu vereinbaren. Nach Möglichkeit ist auf Wunsch des Eigentümers anstelle eines Geldbetrags Naturalersatz durch Beistellung eines anderen Grundstücks zu leisten. Im Falle des Erwerbs durch einen anderen Rechtsträger haftet die Gemeinde für den vereinbarten oder nach Abs 6 festzusetzenden Preis.
[...]
§21
Verfahren, Allgemeines
[...]
(4) Wenn beabsichtigt ist, Flächen als Vorbehaltsflächen oder nicht mehr als Bauflächen, Bauerwartungsflächen oder Sondergebiete zu widmen, sind die betroffenen Grundeigentümer vor der Beschlussfassung nachweislich darüber in Kenntnis zu setzen und ist ihnen eine angemessene Frist zur Stellungnahme einzuräumen. [...]"
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Legitimation des Landesvolksanwaltes von Vorarlberg zur Antragstellung vor dem Verfassungsgerichtshof ergibt sich aus Art 60 Abs 2 der Vlbg. Landesverfassung, LGBl. 9/1999, sowie aus Art 148i Abs 2 iVm Art 148e B-VG. Der Antrag ist sohin zulässig (VfSlg. 11.990/1989, 14.642/1996, 15.273/1998).
2. Der Änderung des Flächenwidmungsplans liegt folgendes Verwaltungsgeschehen zu Grunde:
Das Grundstück Nr. 1661, GB Frastanz ist seit der Erstellung des ersten Flächenwidmungsplanes 1978 als Baufläche/Wohngebiet gewidmet. Bereits zu diesem Zeitpunkt ist jedenfalls auf den angrenzenden als Vorbehaltsfläche - Hauptschule bzw. Kindergarten gewidmeten Grundstücken eine Hauptschule errichtet worden.
Die Gemeindevertretung beschloss am ein räumliches Entwicklungskonzept. Dieses nennt unter Punkt B 3 die Ziele "Gemeinbedarfsfläche sichern; nicht motorisierten Verkehr fördern" und führt dazu aus:
"Öffentliche Flächen und Anlagen sichern
Festlegung von geeigneten Flächen für öffentliche oder im öffentlichen Interesse gelegene Standorte (Erweiterungen) - Vorbehaltsflächenwidmung
Friedhof, Volksschule - Sozialzentrum, Felsenau Volksschule, Freibad Felsenau, Hauptschule
Bestehende öffentliche Bauten und Nutzungen als Vorbehaltsflächen widmen.
[...]"
Die Gemeindevertretung der Marktgemeinde Frastanz beschloss am den Entwurf der Änderung des Flächenwidmungsplanes und legte ihn im Gemeindeamt vom 20. Juni bis zur allgemeinen Einsicht auf. Die Kundmachung erfolgte durch Anschlag an der Amtstafel, im Amtsblatt der Marktgemeinde Frastanz am 15. und und in den Vorarlberger Nachrichten am . Der Grundeigentümer wurde mit Schreiben vom mit folgender Begründung verständigt:
"Sicherung der öffentlichen Flächen und Anlagen mit Erweiterungsmöglichkeiten. Im Sinne der Gemeindebedarfsflächensicherung wurde die an die Vorbehaltsfläche angrenzende Fläche im öffentlichen Interesse für zukünftige Erweiterungen als Vorbehaltsfläche gewidmet. Vorbehaltsflächen dienen dem Zwecke des Gemeindebedarfes".
An das mehrere Grundstücke umfassende, als Vorbehaltsfläche - Hauptschule und Vorbehaltsfläche - Kindergarten/Unterlagswidmung Baufläche/Wohngebiet gewidmete Gebiet (Grundstücke Nr. 1652 - 1658, 1661 - 1663) schließen Grundstücke an, die folgende Widmung aufweisen:
im Westen und Nordwesten: Freiflächen - Freihaltegebiet
im Süden: teils Bauerwartungsflächen -
Wohngebiet, teils Freiflächen -
Freihaltegebiet
im Südosten, Osten und Norden: Bauflächen/Wohngebiet.
Das in Rede stehende Grundstück liegt zwischen den als Vorbehaltsflächen und als Bauflächen/Wohngebiet gewidmeten Grundstücken. Das in unmittelbarer Nachbarschaft liegende, im Eigentum der Gemeinde stehende und als Vorbehaltsfläche festgelegte Grundstück Nr. 1662 wird als Zufahrt zum Schulareal und zu einem Parkplatz genutzt.
Der Grundeigentümer erhob gegen die Festlegung als Vorbehaltsfläche Einwendungen. Am beschloss die Gemeindevertretung den Flächenwidmungsplan, in welchem für eine - näher zum Schulgebäude liegende - Teilfläche ("ca. 50%") des Grundstückes Nr. 1661 die Widmung Vorbehaltsfläche - öffentliches Grün (Unterlagswidmung Baufläche/Wohngebiet) und für die andere Teilfläche die Widmung Baufläche/Wohngebiet festgelegt wurde.
Mit Schreiben vom teilte die Vorarlberger Landesregierung der Marktgemeinde Frastanz mit, dass die aufsichtsbehördliche Prüfung des Planes ergeben habe, dass bei einigen Planänderungen das Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen werden könne; die weitere Bearbeitung der in der Planbeilage dargestellten Widmungsänderungen (darunter die Umwidmung der Teilfläche des Grundstücks Nr. 1661) werde daher vorläufig zurückgestellt. Abgesehen von diesen vier Teilflächen wurde der abgeänderte Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Frastanz genehmigt.
Aus einem Aktenvermerk der Marktgemeinde Frastanz vom ergibt sich zur in Rede stehenden Umwidmung Folgendes:
"Der 1. Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Frastanz wurde praktisch zeitgleich mit dem Bau der Hauptschule im Einliserfeld erarbeitet. Die Nutzung der Hauptschule hat sich bis zum heutigen Tag wesentlich geändert. Das Gebäude wird derzeit außerhalb der Schulzeit von mehreren Sportvereinen intensiv genutzt. Weiters finden in der Turnhalle an Wochenenden Veranstaltungen statt (diverse Sportturniere, Festveranstaltungen, Faschingsbälle). Das Schulgebäude wird zusätzlich intensiv von der Musikschule Walgau, von der Volkshochschule Götzis und für sonstige diverse Kurse genutzt. Im Kellergeschoss der Hauptschule befindet sich der Luftgewehrstand der Schützengilde Frastanz. Diese Räumlichkeiten werden in den Wintermonaten ebenfalls intensiv in den Abend- und Nachtstunden genutzt. Durch diese intensive auch außerschulische Nutzung des Gebäudes ist es in letzter Zeit vermehrt zu Beschwerden der Anrainerschaft gekommen. Aus diesem Grund ist die Marktgemeinde Frastanz der Meinung, dass die Errichtung von neuen Wohnbauten direkt an der Grundgrenze zur Hauptschule nicht sinnvoll ist. Deshalb wurde mit der vorliegenden Vorbehaltsflächenwidmung versucht, einen Pufferbereich zwischen der Hauptschule und zukünftig möglichen Wohnbauten zu schaffen. Diese Vorbehaltsflächenwidmung dient vor allem zum Schutze der Nachbarschaft. Die Marktgemeinde Frastanz ist auch bereit, diese Vorbehaltsfläche zu kaufen. Die Fläche wird zukünftig vorwiegend als öffentliche Grünfläche genutzt (Pufferzone zu den angrenzenden Wohngebäuden)."
Unter Zugrundelegung dieses Aktenvermerkes beschloss die Gemeindevertretung in der Sitzung vom ua. die "Beibehaltung der Vorbehaltsfläche als Pufferzone, keine Baulandwidmung" für das Grundstück Nr. 1661. Dieser Beschluss der Gemeindevertretung wurde mit Bescheid vom aufsichtsbehördlich genehmigt und durch Anschlag an der Amtstafel vom 20. November bis mit folgendem sich auf das Grundstück Nr. 1661 beziehenden Wortlaut kundgemacht:
"Umwidmung einer Teilfläche der GST Nr 1661 aus GB 92106 Frastanz I von Baufläche/Wohngebiet in Vorbehaltsfläche/öffentliches Grün (Unterlagswidmung Baufläche/Wohngebiet)".
3. Der Landesvolksanwalt von Vorarlberg bringt als Bedenken, an die der Verfassungsgerichtshof im Verordnungsprüfungsverfahren gebunden ist (vgl. VfSlg. 10.966/1986, 14.462/1996), das Fehlen bzw. die Widersprüchlichkeit der Grundlagenforschung, das Fehlen des Gemeinbedarfs, die unsachliche Auswahl der Liegenschaft und die mangelnde Bestimmtheit der Festlegungen des Flächenwidmungsplans vor.
3.1. Schon das unter Punkt I.2.1. wiedergegebene Bedenken hinsichtlich des Mangels der Grundlagenforschung trifft zu:
Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zum Raumplanungsrecht (vgl. VfSlg. 8280/1978, 10.711/1985, 12.926/1991, 15.011/1997, 17.015/2003 uva.) kommt den Vorschriften des Raumplanungsrechtes über die Erarbeitung der Entscheidungsgrundlagen für rechtsverbindliche Planungen besondere Bedeutung zu. Der Verfassungsgerichtshof hat in solchen Fällen im Verordnungsprüfungsverfahren nach Art 139 B-VG zu prüfen, ob der Verordnungsgeber die im Gesetz zur Gewinnung einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage vorgesehene Vorgangsweise eingehalten hat. Insbesondere zur Durchsetzung der in § 2 RPG angeführten Raumplanungsziele ist die Durchführung einer Grundlagenforschung - unabhängig ob vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen oder nicht - unabdingbar.
Die verordnungserlassende Behörde hat dem betroffenen Eigentümer des Grundstücks Nr. 1661 zunächst gemäß § 21 Abs 4 RPG mitgeteilt, dass die Vorbehaltsflächenwidmung zur Sicherung der Erweiterungsmöglichkeiten der bereits bestehenden öffentlichen Anlagen (also des Schulgebäudes) erfolgen solle, und zwar für das gesamte Grundstück. Der Grundstückseigentümer hat gegen die Festlegung als Vorbehaltsfläche Einwendungen erhoben. Die verordnungserlassende Behörde beschloss daraufhin am einen Flächenwidmungsplan, in dem nur mehr für eine Teilfläche (50%) des Grundstücks Nr. 1661 die Widmung "Vorbehaltsfläche - öffentliches Grün" vorgesehen war. Nach der "Zurückstellung" der aufsichtsbehördlichen Genehmigung für diese Widmungsänderung (Schreiben der Vbg. Landesregierung vom ), weil das "Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen werden" könne, stellte die verordnungserlassende Behörde - den Verordnungsakten zufolge - lediglich die im oben wiedergegebenen Aktenvermerk vom festgehaltenen Überlegungen an.
Der antragstellende Landesvolksanwalt ist mit seinem Bedenken im Recht, dass die in diesem Aktenvermerk zum Ausdruck kommenden Überlegungen allein keine ausreichende Erhebung der Grundlagen für die Festlegung "Vorbehaltsfläche - öffentliches Grün" darstellen. Wegen des Abgehens von der früheren Planungsabsicht (Bedarf der Erweiterung des Schulgebäudes) hätte es grundlegenderer Untersuchungen über die Notwendigkeit dieser Grundfläche für bestimmte Zwecke des Gemeinbedarfs bedurft. So hätte etwa genauer untersucht werden müssen, ob das umgewidmete Grundstück den Zweck einer "Pufferzone" im Sinne des zitierten Aktenvermerks überhaupt zu erfüllen geeignet ist und vor welcher Art von Beeinträchtigung die Nachbarschaft damit geschützt werden kann.
3.2. Da die angefochtene Verordnung bereits aus den oben angeführten Erwägungen gesetzwidrig ist, ist auf die weiteren Bedenken nicht mehr einzugehen.
4. Dem Antrag des Landesvolksanwalts von Vorarlberg war daher aus den dargestellten Gründen stattzugeben und die angefochtene Änderung des Flächenwidmungsplans im genannten Umfang aufzuheben.
5. Der Ausspruch über die Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt stützt sich auf Art 139 Abs 5 B-VG.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß Art 19 Abs 4 erster Satz VfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.