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VfGH vom 28.09.2001, V44/01

VfGH vom 28.09.2001, V44/01

Sammlungsnummer

16291

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit von Bestimmungen eines Raumordnungsprogrammes betreffend Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf wegen mangelnder rechtsstaatlicher Klarheit des Planinhaltes und wegen gesetzwidriger Umschreibung des zeitlichen Geltungsbereiches

Spruch

Z 2 der Anlage zur Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung betreffend die Erlassung eines Raumordnungsprogrammes, mit dem das Höchstausmaß der Gesamtverkaufsflächen von Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf in der Planungsregion Linz-Umland festgelegt wird, LGBl. für Oberösterreich Nr. 68/1998, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Oberösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1659/99 eine Beschwerde der Gemeinde Pasching gegen einen Bescheid der Oö. Landesregierung vom anhängig, mit dem dem vom Gemeinderat der Gemeinde Pasching am beschlossenen Flächenwidmungsplan Nr. 3 samt dem örtlichen Entwicklungskonzept die aufsichtsbehördliche Genehmigung versagt wird.

2. Aus Anlaß dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am beschlossen, gemäß Art 139 Abs 1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der Z 2 der Anlage zur Verordnung der Oö. Landesregierung betreffend die Erlassung eines Raumordnungsprogrammes, mit dem das Höchstausmaß der Gesamtverkaufsflächen von Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf in der Planungsregion Linz-Umland festgelegt wird, LGBl. 68/1998, von Amts wegen zu prüfen.

Der Verfassungsgerichtshof ist im Einleitungsbeschluß davon ausgegangen, daß die Beschwerde zulässig ist und daß er zur rechtlichen Beurteilung der Beschwerde die in Prüfung gezogene Verordnung insoweit anzuwenden hätte, als die in der Z 2 der Anlage zur Verordnung aufgezählten Grundstücke der Gemeinde Pasching von den Bestimmungen der Verordnung betroffen sind.

3. Der Verfassungsgerichtshof hegte zum ersten das Bedenken, daß die planerische Festlegung des Höchstausmaßes der zulässigen Gesamtverkaufsfläche der Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf in § 1 des Raumordnungsprogrammes, LGBl. 68/1998, nicht in einer den rechtsstaatlichen Erfordernissen genügenden Art und Weise erfolgt ist.

Der Verfassungsgerichtshof nahm ferner vorläufig an, daß die in § 2 des in Rede stehenden Raumordnungsprogrammes angeordnete Beendigung der Geltung der Verordnung "mit der Rechtswirksamkeit des jeweiligen Flächenwidmungsplans samt örtlichem Entwicklungskonzept" - auch diesbezüglich erachtete er vorläufig die Überprüfung der Z 2 der Anlage der Verordnung als ausreichend - gesetzwidrig ist, weil "(m)it dem durch § 2 des Raumordnungsprogrammes LGBl. 68/1998 angeordneten Außerkrafttreten des Raumordnungsprogrammes 'mit der Rechtswirksamkeit des jeweiligen Flächenwidmungsplans samt örtlichem

Entwicklungskonzept' ... ein der Intention des Gesetzgebers gerade

gegenteiliger Effekt ... bewirkt" wird.

4. Die Oö. Landesregierung erstattete eine Äußerung und beantragte, der Verfassungsgerichtshof wolle feststellen, daß die in Prüfung gezogene Bestimmung nicht gesetzwidrig ist.

Zu dem im Einleitungsbeschluß geäußerten Bedenken, daß die planerische Festlegung des Höchstausmaßes der Gesamtverkaufsfläche für Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf in Pasching nicht in einer den rechtsstaatlichen Erfordernissen genügenden Art und Weise erfolgte, führt die Oö. Landesregierung aus:

"Den Gemeinden als Behörden sind die aus der Norm selbst nicht ablesbaren, aber für die inhaltliche Bestimmtheit erforderlichen Rechtsakte, wie etwa gewerbebehördliche Genehmigungen, jederzeit zugänglich. Sofern nicht überhaupt an der Bestimmbarkeit des Ausmaßes der Verkaufsflächen im Sinne des § 24 Abs 2 Oö. ROG 1994 gezweifelt wird, kann aus den Akten der Gewerbebehörde jederzeit, zu jedem Zeitpunkt das genaue Ausmaß der behördlich genehmigten Verkaufsflächen festgestellt werden. Unter diesem Blickwinkel scheint daher die inhaltliche Bestimmtheit der in Prüfung gezogenen Norm in ausreichenden Maße gegeben zu sein."

Zur gesetzlichen Rechtfertigung des vom Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluß als bedenklich bezeichneten § 2 der maßgeblichen Verordnung über die Beendigung ihres zeitlichen Geltungsbereiches "mit der Rechtswirksamkeit des jeweiligen Flächenwidungsplans samt örtlichem Entwicklungskonzept" versteht die Oö. Landesregierung § 24 Abs 3 Oö. ROG 1994 wie folgt:

"Die Bestimmung des § 24 Abs 3 Oö. ROG 1994 ist nach Auffassung der zur Vertretung der Verordnung berufenen Landesregierung in systematischer Zusammenschau mit der Übergangsbestimmung des § 39 Abs 4 Z. 2 zu sehen. Der zweite Satz dieser Vorschrift bestimmt nämlich ausdrücklich, dass die Erlassung eines Raumordnungsprogramms gemäß § 24 Abs 3 unter den näher umschriebenen Voraussetzungen nicht erforderlich ist. Es gibt daher die Möglichkeit, dass Geschäftsgebiete auch ohne entsprechendes Raumordnungsprogramm der Oö. Landesregierung gewidmet werden bzw. völlig legal gewidmet sind. Gerade aus der Existenz und der Formulierung des § 39 Abs 3 kann das Argument abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber mit den Regelungen über Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf letztendlich nur auf die in der Kompetenz der Gemeinden liegende Veränderungen der Geschäftsgebietswidmungen Einfluss nehmen, nicht notwendigerweise aber eine Verknüpfung der Widmung mit der gesamten zeitlichen Geltung der Verordnung anordnen wollte."

II. 1. Die Verordnung der Oö. Landesregierung betreffend die Erlassung eines Raumordnungsprogrammes, mit dem das Höchstausmaß der Gesamtverkaufsflächen von Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf in der Planungsregion Linz-Umland festgelegt wird, LGBl. 68/1998, lautet (unter Hervorhebung ihres mit vorliegendem Erkenntnis aufgehobenen Teiles):

"Auf Grund des § 11 Abs 1 und 2 sowie des § 24 Abs 1 und 2 des Oö. Raumordnungsgesetzes 1994 (Oö. ROG 1994), LGBl. Nr. 114/1993, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 83/1997, wird verordnet:

§1

Das Höchstausmaß der zulässigen Gesamtverkaufsflächen der Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf, die auf den in der Anlage angeführten Grundstücken errichtet wurden, wird mit dem Ausmaß jener Verkaufsflächen festgelegt, welche sich aus den im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung rechtskräftig erteilten gewerberechtlichen Bewilligungen für die jeweiligen Geschäftsbauten ergeben.

§2

Diese Verordnung tritt mit in Kraft und mit der Rechtswirksamkeit des jeweiligen Flächenwidmungsplans samt vrtlichem Entwicklungskonzept außer Kraft.

...

Anlage

Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf; Aufzählung der Grundstücksnummern gemäß § 1

1. Stadtgemeinde Leonding:

Grundstücke Nr. 1410/46, 1410/48, 1410/50; 1426/10; 1426/14;

1426/18; 1426/20; 1426/22; 1426/24; 1426/26; 2135/1; 1426/35;

1426/27; 2140

2. Gemeinde Pasching:

Grundstücke Nr. 1667/5, 1667/13, 1667/16; 1667/2; 1665/2; 1664/1; 1660/6"

2. Die für die wiedergegebene Verordnung maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen lauten:

§ 11 Oö. ROG 1994:

"Raumordnungsprogramme

(1) Die Umsetzung der Raumordnungsziele und -grundsätze sowie der Aufgaben der überörtlichen Raumordnung erfolgt durch Raumordnungsprogramme (Verordnungen) der Landesregierung. Sie haben die angestrebten Ziele der Raumordnung und die zu ihrer Erreichung notwendigen Maßnahmen näher festzulegen.

(2) Raumordnungsprogramme können für das gesamte Landesgebiet (Landesraumordnungsprogramme) oder für Landesteile (regionale Raumordnungsprogramme) sowie für Sachbereiche der Raumordnung (Raumordnungsprogramme für Sachbereiche) erlassen werden.

(3) Regionale Raumordnungsprogramme sollen die anzustrebende ökologische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung des Planungsraumes darstellen und haben insbesondere Aussagen zu enthalten über:


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1.
die Stellung der Gemeinde in der Region;
2.
die Möglichkeiten und die vorrangigen Ziele der infrastrukturellen Erschließung;
3.
Vorrangflächen für Nutzungsansprüche im Bauland und im Grünland zur Festlegung der Grenzen von räumlicher Ausdehnung und Widmungsvorbehalte.

(4) Die Landesregierung hat bei der Erlassung von Raumordnungsprogrammen


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1.
festgelegte Planungen des Bundes zu berücksichtigen und
2.
auf Planungen benachbarter Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und anderer Körperschaften öffentlichen Rechtes sowie auf raumbedeutsame Maßnahmen anderer Planungsträger soweit Bedacht zu nehmen, als dies mit dem Regelungszweck des Raumordnungsprogrammes vereinbar ist.

(5) Festgelegte Planungen des Bundes sind in den Raumordnungsprogrammen ersichtlich zu machen.

(6) Bis zur Erlassung von Raumordnungsprogrammen können für bestimmte Gebiete einzelne Ziele der überörtlichen Raumordnung durch Verordnung der Landesregierung umschrieben werden. Die Verordnung hat auch die zur Erreichung der umschriebenen Ziele erforderlichen Maßnahmen zu enthalten.

(7) Raumordnungsprogramme sowie Verordnungen gemäß Abs 6 sind beim Amt der Landesregierung sowie beim Gemeindeamt (Magistrat) der betroffenen Gemeinden (Städte) zur Einsicht aufzulegen."

§ 24 Oö. ROG 1994:

"Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf

(1) Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf sind:

1. Handelsbetriebe,

a) die überwiegend Lebens- und Genußmittel einschließlich sonstiger Artikel des täglichen Bedarfes anbieten oder


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b)
die gemischte Waren einschließlich Lebens- und Genußmittel der Grundversorgung anbieten, deren Gesamtverkaufsfläche mehr als 600 m² beträgt sowie
2.
Handelsbetriebe, die keine Lebens- und Genußmittel der Grundversorgung anbieten (Fachmärkte), deren Gesamtverkaufsfläche, wenn die Kunden die Waren überwiegend selbst entnehmen können, mehr als 1.000 m², sonst mehr als 3.000 m², beträgt.

(2) Als Gesamtverkaufsfläche gelten alle Flächen eines Handelsbetriebs, auf denen Waren zum Verkauf oder Dienstleistungen angeboten werden, unabhängig davon, ob es sich um geschlossene Räume oder Freiflächen handelt. Ausgenommen im Kerngebiet sind die Flächen mehrerer Geschäftsbauten bei der Ermittlung der Gesamtverkaufsfläche zusammenzuzählen, wenn die Bauten zueinander in einem räumlichen Naheverhältnis stehen oder eine betriebsorganisatorische oder funktionelle Einheit bilden, insbesondere gemeinsam genutzte Einrichtungen (z.B. Gänge, Parkplätze, Garagen, interne Infrastruktur) haben.

(3) Gebiete für Geschäftsbauten dürfen nur insoweit gewidmet werden, als in einem Raumordnungsprogramm bestimmt ist, daß eine dieser Widmung entsprechende Verwendung von Grundflächen in der betreffenden Gemeinde zulässig ist. In einem Raumordnungsprogramm können nähere Festlegungen insbesondere darüber getroffen werden, in welchen Gebieten, bis zu welchem Höchstausmaß der zu widmenden Grundflächen und bis zu welchem Höchstausmaß der Gesamtverkaufsfläche die Widmung von Gebieten für Geschäftsbauten zulässig ist.

(4) Widmet eine Gemeinde Gebiete für Geschäftsbauten, so hat der Flächenwidmungsplan für die einzelnen Gebiete festzulegen, welches Höchstausmaß an Gesamtverkaufsfläche Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf haben dürfen, die darauf zu errichten sind."

(§24 Abs 2 Oö. ROG 1994 findet vorliegendenfalls bereits idF der Oö. Raumordnungsgesetz-Novelle 1999, LGBl. 32/1999, Anwendung, weil diese Novelle gemäß ihrem ArtII Abs 1 mit in Kraft trat und weil gemäß ihrem ArtII Abs 2 im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle bestehende Raumordnungsprogramme als Raumordnungsprogramme im Sinne des novellierten Oö. ROG 1994 und für die in solchen Verordnungen enthaltenen Festlegungen die entsprechenden Umschreibungen und Bestimmungen der Oö. Raumordnungsgesetz-Novelle 1999 gelten.)

§ 39 Oö. ROG 1994:

"Übergangsbestimmungen

(1) Am rechtswirksam bestehende Raumordnungsprogramme, Flächenwidmungspläne, Bebauungspläne und Teilbebauungspläne gelten als Raumordnungsprogramme, Flächenwidmungspläne oder Bebauungspläne im Sinne des O.ö. Raumordnungsgesetzes 1994. Für die in solchen Verordnungen enthaltenen Festlegungen gelten die entsprechenden Umschreibungen und Bestimmungen des O.ö. Raumordnungsgesetzes 1994 und der gemäß § 21 Abs 3 erlassenen Verordnungen, für die in Bebauungsplänen und Teilbebauungsplänen enthaltenen Festlegungen überdies die entsprechenden Umschreibungen und Bestimmungen der O.ö. Bauordnung 1994 und des O.ö. Bautechnikgesetzes.

(2) Im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes anhängige Verfahren zur Erlassung oder Änderung von Flächenwidmungsplänen und Bebauungsplänen sind nach dem jeweiligen Stand des Verfahrens nach den Bestimmungen dieses Landesgesetzes weiterzuführen.

(3) Jede Gemeinde hat nach dem Inkrafttreten dieses Landesgesetzes den Flächenwidmungsplan zu überprüfen und spätestens innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Landesgesetzes einen Flächenwidmungsplan mit dem örtlichen Entwicklungskonzept zu beschließen. Weiters ist der Flächenwidmungsplan dahingehend zu überprüfen, ob die im Flächenwidmungsplan gewidmeten, aber noch nicht der bestimmungsgemäßen Nutzung zugeführten Baulandflächen mit den Grundsätzen dieses Landesgesetzes noch vereinbar sind. Baulandflächen, deren Widmung den angeführten Grundsätzen widerspricht, sind durch Änderung des Flächenwidmungsplanes der geeigneten Baulandwidmung oder der Grünlandwidmung zuzuführen.

(4) Im Zuge der Überprüfung des Flächenwidmungsplanes sind


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1.
...
2.
Gebiete für Geschäftsbauten, deren Widmung vor dem rechtswirksam wurde, zu überprüfen und gemäß § 24 Abs 3 zu umschreiben, wobei auch das Höchstausmaß der zulässigen Gesamtverkaufsfläche festzulegen ist. Die Erlassung eines Raumordnungsprogrammes gemäß § 24 Abs 3 ist dann nicht erforderlich, wenn sich weder die Gesamtverkaufsfläche noch der Verwendungszweck ändern soll.

(5) - (6) ..."

III. 1. Da die Beschwerde der Gemeinde Pasching zu B1659/99 zulässig ist und der Verfassungsgerichtshof bei ihrer Erledigung die Verordnung der Oö. Landesregierung betreffend die Erlassung eines Raumordnungsprogramms, mit dem das Höchstausmaß der Gesamtverkaufsflächen von Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf in der Planungsregion Linz-Umland festgelegt wird, LGBl. 68/1998, insoweit anzuwenden hätte, als sich der Inhalt der Verordnung gemäß der Z 2 ihrer Anlage auf die Gemeinde Pasching bezieht, ist auch das Verordnungsprüfungsverfahren diesbezüglich zulässig.

2. Die im Prüfungsbeschluß angeführten Bedenken haben sich als zutreffend erwiesen:

a) Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seiner bisherigen Judikatur (vgl. insbesondere VfSlg. 13.716/1994 unter Verweis auf Vorjudikatur, VfSlg. 14.270/1995, 14.759/1997 und , S 11) zum Ausdruck gebracht, daß planerische Darstellungen und Festlegungen derart eindeutig erfolgen müssen, daß die Rechtsunterworfenen die Rechtslage aus dem Raumplan selbst eindeutig und unmittelbar feststellen können. So hat er es (in VfSlg. 14.270/1995, S 317 f.) als rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genügend bezeichnet, "wenn das Ausmaß des bewilligten Bauplatzes nur den Parteien des betreffenden Bewilligungsverfahrens bekannt ist und jenes Ausmaß aus dem Plandokument und dessen Anhängen nicht in einer Weise hervorgeht, die auch den übrigen Normunterworfenen die rechtsstaatlich notwendige Kenntnis vom Norminhalt verschafft".

Wenn § 1 des Raumordnungsprogrammes, LGBl. 68/1998, für die zulässige Flächenwidmung der Gemeinde Pasching auf das "Ausmaß jener Verkaufsflächen ... (abstellt), welche sich aus den im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung rechtskräftig erteilten gewerberechtlichen Bewilligungen für die jeweiligen Geschäftsbauten ergeben", so läßt der so umschriebene Norminhalt keineswegs mit der für die Gemeinde Pasching als unmittelbarer Normadressat (vgl. VfSlg. 14.881/1997, S 880) gebotenen Klarheit erkennen, in welchem Umfang die in der Anlage zur Verordnung unter Z 2 angegebenen Grundstücke für Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf gewidmet werden dürfen.

Zwar wendet die Oö. Landesregierung dagegen ein, daß den Gemeinden "die aus der Norm selbst nicht ablesbaren, aber für die inhaltliche Bestimmtheit erforderlichen Rechtsakte" zugänglich sind, also "aus den Akten der Gewerbebehörde jederzeit ... das genaue Ausmaß der behördlich genehmigten Verkaufsflächen festgestellt werden" könne.

Der Oö. Landesregierung ist aber entgegenzuhalten, daß der Verfassungsgerichtshof schon bisher in seiner oben zitierten Judikatur davon ausging, daß es aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlich ist, daß aus dem Plan selbst - und nicht aus sonstigen vom Plan verwiesenen Rechtsakten - die planerische Anordnung eindeutig erkennbar ist.

Die rechtsstaatliche Unzulänglichkeit des planerischen Verweises auf "rechtskräftig erteilte gewerberechtlichen Bewilligungen" als Planinhalt ergibt sich jedoch im vorliegenden Fall zusätzlich auch daraus, daß die in der Verordnung genannten "gewerberechtlichen Bewilligungen" (richtig: Genehmigungen), wie deren Auflistung samt Anmerkungen in einer dem Raumordnungsprogramm zugrunde liegenden überörtlichen Raumverträglichkeitsprüfung der Oö. Landesregierung vom März 1998, S 30, samt Anmerkungen, S 32, zeigt, der notwendigen Eindeutigkeit entbehren.

Schließlich läßt die - unklare - Textierung des § 1 des Raumordnungsprogramms dadurch, daß sie auf Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf abstellt, "die auf den in der Anlage angeführten Grundstücken errichtet wurden" (Hervorhebung durch den Verfassungsgerichtshof), in Zusammenhalt mit der zitierten, das Raumordnungsprogramm begründenden überörtlichen Raumverträglichkeitsprüfung der Oö. Landesregierung erkennen, daß das Raumordnungsprogramm den normativen Sinn besitzen soll, die Errichtung neuer, faktisch noch nicht errichteter Geschäftsbauten schlechthin zu verhindern. Damit widerspricht das Raumordnungsprogramm aber der Vorschrift des § 24 Abs 3 Oö. ROG 1994, wonach im Raumordnungsprogramm eine normativ wirkende Widmung von Gebieten für Geschäftsbauten unter Bestimmung des Höchstausmaßes der zu widmenden Grundflächen sowie des Höchstausmaßes der Gesamtverkaufsfläche bei Geschäftsbauten festzulegen ist. Das rechtsstaatliche Gebot der Erkennbarkeit des Planinhaltes ist eben dann verletzt, wenn für überörtliche Festlegungen zur Begrenzung der planerischen Gestaltungsfreiheit einer Gemeinde auf einen bestimmten - faktischen - Baubestand zum Zeitpunkt der Erlassung des Planes abgestellt wird und sich diese Begrenzung nicht mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Plan selbst ergibt.

Die Oö. Landesregierung sucht ferner die rechtsstaatlichen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegenüber dem von ihr erlassenen Raumordnungsprogramm damit zu entkräften, daß die gebotene inhaltliche Bestimmtheit "für 'jeden Rechtsunterworfenen' (über die Gemeinde als Planungsbehörde hinaus) wohl spätestens mit der Erlassung des Flächenwidmungsplanes, der ja eine exakte ziffernmäßige Angabe der zulässigen Gesamtverkaufsfläche enthalten muß, ohnehin gegeben ist". Dem ist entgegenzuhalten, daß sich die Anforderungen an den Planinhalt und die planerische Bestimmtheit der Festlegungen eines Raumordnungsprogramms, mit dem Gebiete für Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf bestimmt werden, gemäß § 24 Abs 3 Oö. ROG 1994 aus der in jener Gesetzesvorschrift vorgesehenen Begrenzung des Höchstausmaßes "der zu widmenden Grundfläche" sowie "der Gesamtverkaufsfläche" ergeben. Dem kann auch die verfassungsrechtlich zulässige, ja sogar gebotene (Art118 Abs 3 Z 9 B-VG) planerische Gestaltungsfreiheit der Gemeinde nicht entgegengehalten werden, weil jene Gestaltungsfreiheit aus einer - bewußten und gewollten - Einräumung eines Entscheidungsspielraums durch den (Raumordnungs-)Gesetzgeber resultiert, nicht aber aus den normativen Unzulänglichkeiten einer Umschreibung des Inhaltes eines überörtlichen Raumordnungsprogramms folgen kann.

b) Die Anlage 2 zum Raumordnungsprogramm der Oö. Landesregierung, LGBl. 68/1998, ist aber auch deswegen gesetzwidrig, weil im § 2 der Verordnung vorgesehen ist, daß die Widmung für Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf auf den in der Anlage 2 angeführten Grundstücken der Gemeinde Pasching "mit der Rechtswirksamkeit des jeweiligen Flächenwidmungsplans samt örtlichem Entwicklungskonzept außer Kraft" tritt.

§ 24 Abs 3 Oö. ROG 1994 zufolge darf eine Gemeinde bei ihrer Flächenwidmung Gebiete für überörtliche Geschäftsbauten nur insoweit vorsehen, "als in einem Raumordnungsprogramm bestimmt ist, daß eine dieser Widmung entsprechende Verwendung von Grundflächen in der betreffenden Gemeinde zulässig ist". Der Gesetzgeber ist sohin davon ausgegangen, daß die Widmung eines Gebietes für Geschäftsbauten durch eine Gemeinde nicht nur zum Zeitpunkt der Erlassung des Flächenwidmungsplanes durch ein Raumordnungsprogramm der Landesregierung zugelassen sein muß, sondern daß darüber hinaus die Rechtmäßigkeit einer gemeindlichen Flächenwidmung von Gebieten für Geschäftsbauten in ihrer gesamten Geltungsdauer davon abhängig ist, daß ihr ein geltendes Raumordnungsprogramm der Landesregierung zugrunde liegt.

Entgegen der Auffassung der Oö. Landesregierung läßt sich § 2 ihres Raumordnungsprogramms auch nicht mit der Anordnung des § 39 Abs 4 Z 2 zweiter Satz Oö. ROG 1994 begründen und rechtfertigen, wonach die Erlassung eines Raumordnungsprogramms "dann nicht erforderlich" ist, "wenn sich weder die Gesamtverkaufsfläche noch der Verwendungszweck ändern soll". Mit dem durch § 2 des Raumordnungsprogramms LGBl. 68/1998 angeordneten Außerkrafttreten des Raumordnungsprogramms "mit der Rechtswirksamkeit des jeweiligen Flächenwidmungsplans samt örtlichem Entwicklungskonzept" wird ein der Intention des Gesetzgebers gerade gegenteiliger Effekt bewirkt, weil damit die grundstücksbezogene Widmung für überörtliche Geschäftsbauten, die durch das Raumordnungsprogramm LGBl. 68/1998 an sich zugelassen wurde, gleichzeitig mit der Erlassung des Flächenwidmungsplanes wiederum unzulässig und daher rechtswidrig wird. Ein Raumordnungsprogramm für Gebiete für Geschäftsbauten in seinem zeitlichen Geltungsbereich derart zu beschränken, daß es für die entsprechende fortdauernde Widmung im gemeindlichen Flächenwidmungsplan keine Rechtsgrundlage (mehr) bildet, widerspricht dem Gesetz.

3. Die Anlage 2 zum Raumordnungsprogramm der Oö. Landesregierung, LGBl. 68/1998, ist daher sowohl wegen mangelnder rechtsstaatlicher Klarheit des Planinhaltes als auch wegen gesetzwidriger Umschreibung ihres zeitlichen Geltungsbereiches gemäß Art 139 Abs 1 B-VG aufzuheben.

Der Ausspruch über die Kundmachung der Aufhebung stützt sich auf Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG.

Dies konnte vom Verfassungsgerichtshof gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.