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VfGH vom 12.12.2008, V436/08

VfGH vom 12.12.2008, V436/08

Sammlungsnummer

18660

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit der Beschränkung von im Wirtschaftstreuhandberufsgesetz vorgesehenen Mindestleistungen auf Leistungsfälle vor der Vollendung des 58. Lebensjahres in der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder; kein Spielraum für abweichende Regelungen in der Satzung bei abschließenden gesetzlichen Regelungen; Anspruchsvoraussetzungen im Gesetz im Einzelnen normiert

Spruch

§ 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder idF des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom , kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Sondernummer I/2003, werden als gesetzwidrig aufgehoben.

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B76/07 das Verfahren

über eine auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1. Die Beschwerdeführerin ist die Witwe des am verstorbenen M H. Der Verstorbene wurde am im

54. Lebensjahr zum selbständigen Buchhalter bestellt und war daher seither Mitglied der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Als solcher leistete er Beiträge zur Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, und zwar vom bis zu seinem Ableben am .

1.2. Am stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Gewährung der Witwenpension. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Ausschusses (der Vorsorgeeinrichtung) der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom abgewiesen. Begründend wurde darin u.a. ausgeführt:

"Gemäß § 6 Abs 2, zweiter Unterabsatz, der Satzung wird beim Leistungsfall des Todes des Anwartschaftsberechtigten vor Vollendung des 58. Lebensjahres mindestens die in der Leistungsordnung enthaltene Mindestleistung gewährt. Tritt der Leistungsfall nach Vollendung des 58. Lebensjahr[e]s ein, ist die Höhe der Leistung nach § 6 Abs 1 der Satzung zu ermitteln.

Die öffentliche Bestellung des verstorbenen M H, geboren am , erfolgte im Jahr 2001. Bis zum war der Verstorbene von der Beitragsleistung gänzlich befreit, von bis zu seinem Ableben am wurden die in der jeweiligen Beitragsordnung vorgesehenen Mindestbeiträge geleistet. Nach Abzug der Risikoprämien und Verwaltungskosten wies das Pensionskonto zum Stichtag einen Negativsaldo von (minus) EUR 197,90 auf.

Gemäß § 6 Abs 2, zweiter Unterabsatz, der Satzung ist die Höhe der Leistung nach § 6 Abs 1 der Satzung zu ermitteln, wenn - wie hier - der Leistungsfall nach Vollendung des 58. Lebensjahr[e]s eintritt. Die Verrentung des Pensionskontos gemäß § 6 Abs 1 der Satzung ergibt aber aufgrund des Negativsaldos im vorliegenden Fall keinen Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension und damit auch keinen Anspruch auf Hinterbliebenenpension.

Der Antragstellerin steht daher kein Anspruch auf Witwenpension zu, weil dem Verstorbenen aufgrund des Negativsaldos des Pensionskontos auch kein Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension zugestanden wäre. Der Antrag war daher abzuweisen."

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom Beschwerde. Dieser wurde mit Bescheid des Beschwerdeausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom keine Folge gegeben.

2. Zur maßgeblichen Rechtslage:

§ 173 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz - WTBG, BGBl. I 58/1999 idF BGBl. I 135/2001, im Folgenden: WTBG, lautet (die für den vorliegenden Zusammenhang wesentlichen Teile sind hervorgehoben):

"Vorsorgeeinrichtungen

§173. (1) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder kann zur Vorsorge für den Fall der Krankheit ihrer ordentlichen Mitglieder und deren Angehörigen sowie sonstiger Personen auch Einrichtungen schaffen, welche die Voraussetzungen des § 5 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 560/1978, erfüllen. Diese Einrichtungen können auch in Form einer von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder abgeschlossenen vertraglichen Gruppenversicherung bestehen. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist berechtigt, derartige Einrichtungen auch für außerordentliche Mitglieder zu schaffen und aufrechtzuerhalten.

(2) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat für ihre ordentlichen Mitglieder ergänzend zur gesetzlichen Altersvorsorge Einrichtungen zur Vorsorge für den Fall des Alters und der Berufsunfähigkeit sowie zur Versorgung der Hinterbliebenen zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Alle natürlichen Personen, die ordentliche Mitglieder der Kammer der Wirtschaftstreuhänder sind, unterliegen verpflichtend solchen Vorsorgeeinrichtungen der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Kammermitglieder, deren Berufsbefugnis ruht, können sich auf Antrag von dieser Verpflichtung befreien lassen. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist berechtigt, derartige Einrichtungen auch für außerordentliche Mitglieder zu schaffen und aufrechtzuerhalten.

(3) Die Einrichtungen zur Vorsorge für den Fall des Alters und der Berufsunfähigkeit sowie zur Versorgung der Hinterbliebenen sind nach den Grundsätzen des Kapitaldeckungsverfahrens zu gestalten. Aus den Mitteln der Vorsorgeeinrichtung sind folgende Vorsorgeleistungen zu gewähren:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Alterspensionen,
2.
Berufsunfähigkeitspensionen,
3.
Witwen- und Witwerpension und
4.
Waisenpension.

(4) Die Voraussetzungen für den Anspruch auf Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenvorsorge sind in der vom Kammertag zu beschließenden Satzung festzusetzen. Hierbei sind folgende Grundsätze zu beachten:

1. Voraussetzung für den Anspruch auf Alterspension ist die Vollendung des 65. Lebensjahres. Der Verzicht auf die Berufsausübung ist nicht erforderlich. In der Satzung der Vorsorgeeinrichtung kann den Kammermitgliedern die Möglichkeit eingeräumt werden, durch Antrag ein früheres oder späteres Anfallsalter zu wählen. Die Satzung kann bei Antritt der Alterspension eine Teilabfindung der Pensionsansprüche auf Antrag vorsehen.

2. Die Berufsunfähigkeitspension ist an Kammermitglieder zu gewähren, welche infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen zur Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes dauernd oder vorübergehend unfähig sind, sofern und solange sie auf die Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes verzichten. Die Satzung der Vorsorgeeinrichtung kann zur Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen die Durchführung von vertrauensärztlichen Untersuchungen verlangen.

3. Nach dem Tod eines Anwartschaftsberechtigten einer Alters- oder Berufsunfähigkeitspension hat die Witwe (der Witwer), die (der) mit ihm (ihr) im Zeitpunkt des Todes in aufrechter Ehe gelebt hat, Anspruch auf Witwen-(Witwer-)Pension. Ebenso hat die Witwe (der Witwer), die ein Leistungsberechtigter einer Alters- oder Berufsunfähigkeitspension hinterlässt, Anspruch auf Witwen-(Witwer-)Pension, sofern die Ehe bereits vor dem Anfall der Vorsorgeleistung geschlossen wurde. Im Fall der Wiederverehelichung erlischt der Anspruch auf Witwen-(Witwer-)Pension. Die Witwen-(Witwer-)Pension beträgt 60% der Alters- oder Berufsunfähigkeitspension, die dem Verstorbenen im Zeitpunkt seines Ablebens gebührt hat oder gebührt hätte. Für den Fall, dass die Witwe (der Witwer) mehr als sieben Jahre jünger ist als der (die) Verstorbene, hat der Kammertag in der zu beschließenden Satzung Leistungsabschläge nach versicherungsmathematischen Grundsätzen vorzusehen.

4. Kinder, welche ein Anwartschaftsberechtigter oder Leistungsberechtigter einer Alters- oder Berufsunfähigkeitspension hinterlässt, haben Anspruch auf Waisenpension. Der Versorgungsanspruch der Kinder endet mit Vollendung des 18. Lebensjahres; bei Fortsetzung der wissenschaftlichen oder fachlichen Ausbildung und Nachweis eines befriedigenden Studienfortganges, mit Abschluss der Studien, spätestens jedoch mit Vollendung des 27. Lebensjahres. Die Waisenpension beträgt für Halbwaisen mindestens 10% und für Vollwaisen mindestens 20% der Alters- oder Berufsunfähigkeitspension, die dem Verstorbenen im Zeitpunkt seines Ablebens gebührt hat oder gebührt hätte.

5. Für den Fall, dass ein Kammermitglied vor Inanspruchnahme einer Leistung der Vorsorgeeinrichtung und ohne Hinterlassen von anspruchsberechtigten Hinterbliebenen stirbt, kann die Satzung die Auszahlung einer einmaligen Abfindung vorsehen. Das Kammermitglied kann eine oder mehrere Personen bestimmen, an welche die Abfindung auszuzahlen ist. Die Abfindung beträgt höchstens 40% der auf dem Konto des Anwartschaftsberechtigten verbuchten Beiträge und Veranlagungsüberschüsse.

6. Die Vorsorgeansprüche entstehen mit dem auf die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen folgenden Monatsersten.

(5) Der Kammertag hat für die Vorsorgeeinrichtung gemäß § 173 Abs 2 eine Leistungs- und Beitragsordnung zu beschließen.

(6) Die Höhe der Vorsorgeansprüche ist auf Grund der eingezahlten Beiträge und erzielten Veranlagungsüberschüsse nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu errechnen. Für jeden Anwartschafts- und Leistungsberechtigten ist ein Pensionskonto gemäß § 18 Pensionskassengesetz, BGBl. Nr. 281/1990, zu führen. Die mit der Verwaltung der Vorsorgeeinrichtung entstehenden Kosten sind von den Anwartschaftsberechtigten und Leistungsberechtigten zu tragen. Für die Berufsunfähigkeitspension und die Hinterbliebenenpension sind vom Eintrittsalter abhängige Mindestleistungen vorzusehen. Die Höhe der Mindestleistungen ist in der Leistungsordnung festzusetzen. Im Falle von Beitragsbefreiungen und Beitragsermäßigungen hat die Satzung die Gewährung der Mindestleistungen entsprechend dem Ausmaß der Befreiung oder Ermäßigung ganz oder teilweise auszuschließen. Die Witwen-(Witwer-) und Waisenpensionen dürfen zusammen jenen Betrag nicht übersteigen, auf den der Verstorbene selbst Anspruch gehabt hat oder gehabt hätte. Innerhalb dieses Höchstausmaßes sind die Leistungen an die einzelnen Waisen verhältnismäßig zu kürzen.

(7) In der Beitragsordnung ist die Höhe der jährlichen Beiträge festzusetzen. Dabei ist auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kammermitglieder Bedacht zu nehmen. Die Beiträge können auch angemessene, nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu ermittelnde Risikobeiträge zur Finanzierung der Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenvorsorge enthalten. In der Beitragsordnung können Höchst- und Mindestbeiträge festgelegt werden. Die Beiträge können sowohl als Fixbeiträge als auch in Relation zu einer in der Satzung festzulegenden Bemessungsbasis geregelt werden. Die Höhe der Beiträge darf 10% der jährlichen Einkünfte aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit in einem Wirtschaftstreuhandberuf nicht übersteigen. Wenn der Beitrag als Fixbetrag festgelegt wird, hat die Satzung - unbeschadet eines allfälligen Mindestbeitrags - Ermäßigungs- oder Befreiungsmöglichkeiten für jene Kammermitglieder vorzusehen, deren Bemessungsgrundlage geringer ist als die Bemessungsgrundlage, die sich aus dem Höchstbeitrag ergibt. Eine derartige Beitragsermäßigung kann von Kammermitgliedern, deren Berufsbefugnis ruht, nicht beansprucht werden. Weiters kann die Satzung sowohl eine Beitragsermäßigung als auch eine Beitragsbefreiung für Berufsanfänger vorsehen, und zwar für das Jahr der Ersteintragung und für weitere vier Kalenderjahre.

(8) Alle für die Vorsorgeeinrichtungen gemäß § 173 Abs 1 und 2 erforderlichen Entscheidungen, insbesondere über die Feststellung der verpflichtenden Teilnahme an einer Vorsorgeeinrichtung, über die Vorschreibung von Beiträgen, über Anträge auf Befreiungen, Beitragsermäßigungen und die Zuerkennung von Leistungen, haben die gemäß § 153 Abs 3 zu bestellenden Ausschüsse zu treffen. Über einen Anspruch auf Leistungen aus der Vorsorgeeinrichtung gemäß § 173 Abs 2 ist längstens innerhalb von drei Monaten zu entscheiden. Für die administrative Vorbereitung und Durchführung der die Vorsorgeeinrichtung gemäß § 173 Abs 2 betreffenden Angelegenheiten kann sich die Kammer der Wirtschaftstreuhänder Dritter bedienen. Die Betrauung Dritter ist in der Satzung der Vorsorgeeinrichtung zu regeln.

(9) ...

(10) In den Satzungen der Vorsorgeeinrichtungen sind auf Grund der §§153 und 173 nähere Bestimmungen über die Zusammensetzung der Ausschüsse und des Beschwerdeausschusses, die Aufbringung der Beiträge zu den Vorsorgeeinrichtungen, die Verwaltung und Veranlagung der Beiträge, die Tätigkeit des Prüfaktuars und über die Höhe, die Festlegung der Voraussetzungen und das Verfahren für die Gewährung der vorgesehenen Vorsorgeleistungen zu treffen.

(11) ..."

Die einschlägigen Bestimmungen der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder,

Sondernummer I/2003, lauten wie folgt (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Höhe der Vorsorgeansprüche

§ 6 (1) Die Höhe der Vorsorgeansprüche ist aufgrund der eingezahlten Beiträge und erzielten Veranlagungsüberschüsse nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu errechnen. Die Höhe der Alterspension/Berufsunfähigkeitspension ergibt sich aus der Verrentung des Guthabens des Pensionskontos des AWB gemäß § 18 Pensionskassengesetz, BGBl Nr 281/1990 in der jeweils gültigen Fassung (PKG), zum Zeitpunkt des Anfalles der Alterspension/Berufsunfähigkeitspension gemäß dem Geschäftsplan der Vorsorgeeinrichtung. Die laufenden Vorsorgeansprüche werden alljährlich zum 1.1. unter Verwendung des erzielten rechnungsmäßigen Überschusses und des versicherungstechnischen Ergebnisses gemäß Geschäftsplan angepasst.

(2) Für die Berufsunfähigkeitspension und die Hinterbliebenenpension sind in der Leistungsordnung vom Eintrittsalter abhängige Mindestleistungen vorzusehen. Die Höhe der Mindestleistungen ist in der Leistungsordnung festzusetzen.

Beim Leistungsfall der Berufsunfähigkeit oder des Todes des AWB vor Vollendung des 58. Lebensjahrs wird mindestens die in der Leistungsordnung enthaltene Mindestleistung gewährt. Tritt der Leistungsfall nach Vollendung des 58. Lebensjahrs ein, ist die Höhe der Leistung gemäß § 6 Abs 1 zu ermitteln.

Die Mindestleistungen reduzieren sich im Falle einer Ermäßigung oder Befreiung im Jahr des Anfallens der Berufsunfähigkeitspension oder Hinterbliebenenpension oder einer Ermäßigung oder Befreiung in einem oder mehreren vorangegangenen Jahren auf den Prozentsatz der Mindestleistung, der dem Prozentsatz der durchschnittlich bezahlten Beiträge im Verhältnis zum Durchschnitt der nicht ermäßigten Beiträge entspricht. Die Reduktion ist nicht vorzunehmen:

a) für Zeiten der Ermäßigung gemäß § 11 Abs 4 lita und b, sofern die in der Beitragsordnung vorgesehenen Mindestbeiträge geleistet wurden (sohin keine gänzliche Befreiung stattgefunden hat);

b) für Zeiten der Befreiung gemäß § 11 Abs 8;

c) für Zeiten der Befreiung gemäß § 11 Abs 9.

In allen anderen Fällen der Befreiung oder Ermäßigung ist die Reduktion vorzunehmen.

Die Mindestleistungen setzen sich aus den Leistungen gemäß Abs 1 und den Leistungen aus der Rückversicherung gemäß § 17 Abs 2 zusammen. Die Mindestleistung ist in den Fällen des § 17 Abs 5 in dem dort genannten Ausmaß zu vermindern.

(3) Die Witwen-/Witwerpension nach einem LB beträgt 60% der Alterspension oder Berufsunfähigkeitspension, die dem Verstorbenen im Zeitpunkt seines Ablebens gebührt hat. Ist die Witwe/der Witwer mehr als sieben Jahre jünger als der/die Verstorbene, so ist für jedes weitere Jahr ein Leistungsabschlag von 0,5 % vorzunehmen. Bei Anfall der Witwen-/Witwerpension in der Anwartschaftsphase beträgt deren Höhe 60% der Berufsunfähigkeitspension gemäß Abs 1 oder Abs 2, auf welche der Verstorbene im Zeitpunkt des Ablebens Anspruch gehabt hätte. Die Reduktion auf 60 % gilt auch für die Mindestleistung gemäß Abs 2.

...

Finanzierung

§ 17 (1) Die Finanzierung der Leistungen erfolgt nach dem Kapitaldeckungsverfahren. Die Berechnung der Leistungen ist im Geschäftsplan festzuhalten. Versicherungstechnische Risken, welche die Vorsorgeeinrichtung nicht selbst tragen kann, sind durch eine Rückversicherung abzudecken; dabei kann ein Selbstbehalt bis 10% vorgesehen werden.

(2) Die Abdeckung des Risikos im Bereich der Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenvorsorge erfolgt durch eine Rückversicherung. Die Beiträge zur Vorsorgeeinrichtung enthalten einen nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu errechnenden Anteil zur Abdeckung der Prämien für diese Rückversicherung (Risikobeitrag). Dieser ist in der Beitragsordnung auszuweisen."

Die einschlägigen Bestimmungen der Beitragsordnung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in der im zugrunde liegenden Anlassfall maßgeblichen Fassung, kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Nr. 1/2006, lauten wie folgt:

"I. Beiträge

1. Der Beitrag beträgt Euro 4.137,- für jedes Kalenderjahr.

2. Gemäß § 11 (4) der Satzung der Vorsorgeeinrichtung kann auf Antrag der Beitrag wie folgt ermäßigt werden bzw. ganz entfallen:

a) für § 11 (4) lita) auf Euro 0,- p.a.

b) für § 11 (4) lita) und litb) auf Euro 921,- p.a.


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c)
für § 11 (4) litc) Bemessungsgrundlage
bis Euro 11.900,-: Euro 0,- p.a. Euro 11.901,- bis Euro 53.499,-: 7,75% der Bemessungsgrundlage


Tabelle in neuem Fenster öffnen
...


Tabelle in neuem Fenster öffnen
II. Verwaltungskosten


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. Verwaltungskosten für laufende Beiträge.

Die Kosten für die Verwaltung der beitragspflichtigen Anwartschaften betragen pro Jahr und Anwartschaftsberechtigten 2,55% des laufenden Beitrages, max. Euro 13,20 pro Quartal. Für den Fall, dass für den Bankeinzug keine Ermächtigung erteilt wird oder das Bankeinzugsverfahren, aus welchen Gründen auch immer, nicht durchgeführt werden kann, 2,67% des laufenden Beitrages, max. Euro 18,24 pro Quartal.

...

III. Beiträge zur Risikoversicherung

Die Beiträge zur Risikoversicherung werden jährlich neu vom Rückversicherer ermittelt und ergeben einen bestimmten Prozentsatz des Beitrages nach Abzug der Verwaltungskosten. Dieser Risikobeitrag wird vor Zufluss zum Pensionskonto vom Beitrag in Abzug gebracht."

Die einschlägigen Bestimmungen der Leistungsordnung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in der im zugrunde liegenden Anlassfall maßgeblichen Fassung, kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Nr. 1/2006, lauten wie folgt:

"1. Die Berechnung der Vorsorgeleistungen erfolgt gemäß dem in der Anlage 1 dargestellten Geschäftsplan.

2. Die Mindestberufsunfähigkeitspension p.m. 14 x p.a. beträgt in Abhängigkeit des Eintrittsalters zur Vorsorgeeinrichtung bei vollständiger und zeitgerechter Beitragsleistung gemäß § 6 (2) der Satzung:

Eintrittsalter BU-Rente p.m. (Euro)

20 934,35

21 911,03

22 887,63

23 864,30

24 840,90

25 817,57

26 794,24

27 770,84

28 747,51

29 724,11

30 700,78

31 677,38

32 654,06

33 630,73

34 607,33

35 584,00

36 560,60

37 537,27

38 513,87

39 490,54

40 467,21

41 443,81

42 420,49

43 397,08

44 373,76

45 350,36

46 327,03

47 303,70

48 280,30

49 256,97

50 233,57

51 210,24

52 186,84

53 163,51

54 140,19

55 116,79

56 93,46

57 70,06

58 46,73

Im Falle der Unterbrechung der Mitgliedschaft gilt als Eintrittsalter das Alter der letzten öffentlichen Bestellung. Für die Feststellung des Eintrittsalters gilt die Semestermethode, d.h. ein Lebensjahr ist vollendet, wenn davon mehr als sechs Monate vergangen sind.

Für den Fall von ermäßigten Beiträgen errechnet sich die reduzierte Mindest-Berufsunfähigkeitspension wie folgt:

Reduzierte Mindest-Berufsunfähigkeitspension gemäß § 6 Abs 2 der Satzung = Mindestpension lt. Tabelle x (Summe entrichtete Beiträge/Summe der nicht ermäßigten Beiträge)

Die Summen der Beiträge sind jeweils von Beginn der Mitgliedschaft bis zur Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension zu ermitteln[.]

3. Die Mindesthinterbliebenenpension p.m. 14 x p.a. errechnet sich gemäß § 6 Abs 3 bzw Abs 4 der Satzung."

3.1. Bei Behandlung der gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder erhobenen Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit von § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder idF des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom , kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Sondernummer I/2003, entstanden. Diese haben ihn veranlasst, diese Vorschriften mit Beschluss vom gemäß Art 139 Abs 1 B-VG von Amts wegen in Prüfung zu ziehen. Der Verfassungsgerichtshof hegte nämlich das Bedenken, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen in § 173 WTBG keine inhaltliche Deckung finden und dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen.

3.2. Der Verfassungsgerichtshof hat seine Bedenken wie folgt begründet:

"3. In der Sache hegt der Verfassungsgerichtshof vorläufig das Bedenken, dass die Bestimmungen des § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder idF des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom , kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Sondernummer I/2003, in der Bestimmung des § 173 WTBG keine Deckung finden.

3.1. Der Verfassungsgerichtshof hatte wiederholt Anlass, die Anforderungen an die Determinierung der den Kammern im Zusammenhang mit Vorsorgeeinrichtungen übertragenen Rechtsetzungstätigkeit zu konkretisieren (vgl. dazu bereits VfSlg. 5742/1968). Im Besonderen ist dabei vorherzubestimmen, nach welchen Grundsätzen Leistungen zu gewähren und Beiträge einzuheben sind. Im Hinblick auf die Leistungsseite muss schon aus dem Gesetz hervorgehen, welche Leistungsarten in Betracht kommen und unter welchen Voraussetzungen diese Leistungen gewährt werden. Speziell im Hinblick auf die Alters- und Hinterbliebenenversorgung hat der Verfassungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen, dass das Gesetz zumindest über die Zulässigkeit und die Grundsätze dieser Versorgung Auskunft zu geben hat (vgl. dazu etwa VfSlg. 16.206/2001, 16.900/2003, 16.902/2003, 16.903/2003).

Diesem Erfordernis trägt die gesetzliche Grundlage der Witwenpensionsregelung in § 173 WTBG Rechnung: Die Höhe der Vorsorgeansprüche ist nach Maßgabe der Beiträge und Veranlagungserträge nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnen. Für die Hinterbliebenenpension sind aber vom Eintrittsalter abhängige Mindestleistungen vorzusehen, wobei die Höhe der Mindestleistungen in der Leistungsordnung festzusetzen ist. Im Falle von Beitragsbefreiungen und Beitragsermäßigungen hat die Satzung die Gewährung der Mindestleistungen entsprechend dem Ausmaß der Befreiung oder Ermäßigung ganz oder teilweise auszuschließen (vgl. § 173 Abs 6 WTBG). Der Verfassungsgerichtshof hegt aus dem Blickwinkel des vorliegenden Falles ob der Sachlichkeit und der hinreichenden Bestimmtheit dieser Norm keine Bedenken.

3.2. Der Verfassungsgerichtshof hegt jedoch vorläufig das Bedenken, dass die Regelungen des § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder diesen gesetzlichen Auftrag nicht durchführen und sich insoweit auch nicht im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben halten. Aus der Bestimmung des § 173 Abs 6 WTBG geht hervor, dass der Verordnungsgeber Mindestleistungen vorzusehen hat, die nur im Fall einer vollständigen Beitragsbefreiung ausgeschlossen werden dürfen. Im Übrigen dürfte für die Höhe der Mindestleistungen auf dem Gebiet der Hinterbliebenenpension nur das Eintrittsalter derjenigen Person, von der der Hinterbliebenenpensionsanspruch hergeleitet wird, ausschlaggebend sein. Dies steht anscheinend im Zusammenhang mit der - für sich genommen zulässigen - Verknüpfung der Regelungstechnik der Berechnung der Berufsunfähigkeitspension mit der Hinterbliebenenpension (vgl. § 6 Abs 3 der Satzung der Vorsorgeeinrichtung).

3.3. Mindestleistungen werden aber nach den Regelungen des § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung anscheinend nur für den Leistungsfall der Berufsunfähigkeit oder des Todes des Anwartschaftsberechtigten vor Vollendung des 58. Lebensjahres gewährt. Im Fall des Eintritts des Leistungsfalles ab der Vollendung des 58. Lebensjahres ist hingegen keine Mindestleistung vorgesehen, sondern es ergibt sich die Höhe einer Berufsunfähigkeitspension (und damit auch einer Hinterbliebenenpension) ausschließlich aus einer Verrentung des Guthabens des Pensionskontos des Anwartschaftsberechtigten gemäß § 18 Pensionskassengesetz.

3.4. Eine derartige Differenzierung dürfte in Anbetracht ihrer unterschiedlichen Auswirkungen für annähernd gleich gelagerte Fälle - wenn sie durch den Verordnungsgeber vorgenommen werden soll - eine entsprechende gesetzliche Grundlage erfordern. Dafür scheint aber weder § 173 Abs 6 WTBG noch eine andere Bestimmung eine entsprechende Grundlage zu bieten. Vielmehr ist dort davon die Rede, dass Mindestleistungen ausschließlich vom Eintrittsalter des Anwartschaftsberechtigten abhängig gemacht werden dürfen. Daraus folgt anscheinend, dass sie auf Ebene der Verordnung nicht auch vom Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalles abhängig gemacht werden dürfen. Dies scheint aber hier insofern der Fall zu sein, als bei einem Eintritt des Leistungsfalles ab der Vollendung des 58. Lebensjahres keine Mindestleistung zu gebühren scheint. In diesem Punkt dürften Abs 2 dritter und vierter Satz des § 6 der Satzung der Vorsorgeeinrichtung gegen die gesetzliche Regelung in § 173 Abs 6 WTBG verstoßen.

3.4.1. Nach der gesetzlichen Systematik dürfen ferner Mindestleistungen anscheinend nur in jenen Fällen gänzlich ausgeschlossen werden, in denen eine vollständige Beitragsbefreiung vorgelegen ist. Durch die in der Satzung vorgenommene Differenzierung nach dem Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalles scheint hingegen im Ergebnis die Gewährung einer Mindestleistung auch dann ausgeschlossen zu sein, wenn keine vollständige Beitragsbefreiung vorliegt, sondern nur - wie im vorliegenden Fall - Mindestbeiträge gemäß Pkt. I. der Beitragsordnung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder entrichtet wurden. Auch diesem Inhalt der Bestimmung des § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung dürfte es - anders als die belangte Behörde meint - an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage mangeln.

3.4.2. Insoweit scheint es auch - entgegen der Annahme der belangten Behörde - nicht zuzutreffen, dass das gesamte Versorgungssystem der Kammer der Wirtschaftstreuhänder auf einem versicherungsmathematischen Kapitaldeckungsverfahren beruht, weil sich die gesetzlich vorgesehenen Mindestleistungen gerade als Ausnahme von dem in einem derartigen Modell geltenden Grundsatz der Äquivalenz von Beitrag und Leistung darstellen (zur grundsätzlichen Zulässigkeit eines derartigen Mischsystems vgl. etwa VfSlg. 16.539/2002).

3.4.3. Der Verfassungsgerichtshof geht schließlich vorläufig davon aus, dass dieses Bedenken auch nicht dadurch entkräftet werden kann, dass das den Trägern der nichtterritorialen Selbstverwaltung mit der B-VG-Novelle BGBl. I 2/2008 eingeräumte und im Rahmen der Gesetze auszuübende Satzungsrecht (Art120b Abs 1 B-VG, gemäß Art 151 Abs 38 B-VG in Kraft getreten am ) Regelungen von der Art des § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung legitimieren kann, handelt es sich doch hier anscheinend um eine dem Gesetz widersprechende Bestimmung. Es kann daher aus der Sicht des vorliegenden Falles offen bleiben, inwieweit der Gesetzgeber durch Art 120b Abs 1 B-VG eine Lockerung der Determinierungspflicht des Gesetzgebers, wie sie sich aus Art 18 Abs 2 B-VG ergibt, vorsehen wollte.

4. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die im Spruch bezeichneten Regelungen darüber hinaus Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes. Die faktischen Bedürfnisse von Hinterbliebenen, die die hier in Rede stehenden Leistungen rechtfertigen, dürften nicht zwingend an einem bestimmten Lebensalter im Zeitpunkt des Todes des Anwartschaftsberechtigten anknüpfen. Die Differenzierung nach dem Lebensalter, in dem der Tod eintritt, scheint somit nicht sachgerecht zu sein (zur mutatis mutandis vergleichbaren Differenzierung nach Maßgabe des Dienststandes oder des Aktivstandes beim Todesfallbeitrag bei Beamten vgl. VfSlg. 17.306/2004)."

4. Der Kammertag der Kammer der Wirtschaftstreuhänder als verordnungserlassende Behörde hat eine Äußerung erstattet, in der er beantragt, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht als gesetzwidrig aufzuheben.

Zunächst führt er zum Bedenken, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen der gesetzlichen Grundlage entraten, Folgendes aus:

"Nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde finden die Bestimmungen des § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in den Bestimmungen des § 173 WTBG Deckung.

Dabei wird zunächst untersucht, ob der vom Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss vorläufig angenommene Widerspruch der in Prüfung gezogenen Satzungsbestimmungen zu § 173 WTBG vorliegt.

Da dies nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde nicht der Fall ist, wird anschließend geprüft, ob § 173 WTBG den in Prüfung gezogenen Satzungsbestimmungen eine ausreichende gesetzliche Grundlage (allenfalls aufgrund einer Lockerung des Legalitätsprinzips) bietet. Dies ist nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde der Fall. ...

Nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde werden mit [der Regelung des § 173 Abs 6 vierter Satz WTBG] Mindestleistungen nicht ausschließlich vom Eintrittsalter des Anwartschaftsberechtigten abhängig gemacht; andernfalls hätte der Gesetzgeber das Wort 'ausschließlich' oder ähnlich lautende Formulierungen in diese

Bestimmung aufgenommen. ... Da es an einer entsprechenden

Formulierung fehlt und nach dem allgemeinen Sprachgebrauch das Wort 'ausschließlich' nicht in die Bestimmung des § 173 Abs 6 vierter Satz WTBG hineinzulesen ist, ist die Mindestleistung nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde nicht ausschließlich abhängig vom Eintrittsalter zu gewähren. Nach dem Gesetzeswortlaut ist das Eintrittsalter vielmehr ein 'Mindestkriterium', die Mindestleistung ist also nicht ausschließlich, sondern vielmehr jedenfalls (im Sinne von 'zumindest') vom Eintrittsalter abhängig vorzusehen. Eine Einschränkung auf lediglich ein Kriterium, und zwar das Eintrittsalter, lässt sich der sprachlichen Formulierung des § 173 Abs 6 vierter Satz WTBG nicht entnehmen. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ist es daher zulässig, neben dem Eintrittsalter auch das Alter zum Zeitpunkt des Leistungsanfalls als Kriterium für die Zuerkennung von Mindestleistungen vorzusehen, wie dies § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder normiert. ...

Aber auch eine historische Auslegung des § 173 Abs 6 vierter

Satz WTBG ergibt, dass die Mindestleistung nicht ausschließlich vom

Eintrittsalter abhängig sein sollte: Zum Zeitpunkt der Erlassung des

§173 WTBG idF BGBl I 135/2001 standen bereits die [im Wesentlichen

gleichlautenden] Vorgängerregelungen der in Prüfung gezogenen

Bestimmungen, nämlich § 6 Abs 1 dritter und vierter Satz der Satzung

der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in der

Fassung des Beschlusses des Kammertages der Wirtschaftstreuhänder vom

, kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der

Wirtschaftstreuhänder, Sondernummer VII/2000, in Geltung. ... Dem

historischen Gesetzgeber waren diese Regelungen bei der Erlassung des

§173 WTBG idF BGBl I 135/2001 bekannt. ... Aus den Materialien ergibt

sich ... zweifelsfrei, dass der historische Gesetzgeber eine 'solide

Rechtsgrundlage' zur 'Wiederherstellung der Rechtssicherheit' für die Vorgängerregelungen des § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder schaffen wollte. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber ganz offenkundig keine einschränkende Bedeutung des Gesetzeswortlautes im Sinn hatte, welcher den Bestimmungen des § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ihre gesetzliche Grundlage entziehen oder gar mit dieser in Widerspruch stehen würde.

... Aus all dem ergibt sich, dass die vorläufige Annahme des

Verfassungsgerichtshofes, nach § 173 Abs 6 WTBG dürften Mindestleistungen ausschließlich vom Eintrittsalter des Anwartschaftsberechtigten abhängig gemacht werden, nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde nicht der Intention des Gesetzgebers entspricht und vom Gesetzeswortlaut auch nicht zwingend angeordnet wird. Daraus folgt, dass § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder insoweit nicht dem Gesetz widersprechen.

... Auch das vorläufige Bedenken des

Verfassungsgerichtshofes, Mindestleistungen dürften anscheinend nur in jenen Fällen gänzlich ausgeschlossen werden, in denen eine vollständige Beitragsbefreiung vorgelegen sei, ist dem Gesetz nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde nicht zwingend zu entnehmen und entspricht auch nicht der Intention des Gesetzgebers.

... Aus dem Gesetzeswortlaut [von § 173 Abs 6 sechster Satz WTBG]

ergibt sich, dass die Gewährung der Mindestleistungen im Falle von Beitragsbefreiungen und Beitragsermäßigungen ganz oder teilweise ausgeschlossen werden kann, jeweils entsprechend dem Ausmaß der Befreiung oder Ermäßigung. Der Gesetzeswortlaut ordnet jedoch nicht an, dass Mindestleistungen nur in jenen Fällen gänzlich ausgeschlossen werden dürfen, in denen eine vollständige Beitragsbefreiung vorgelegen ist. Insbesondere ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen, dass in Fällen, in denen das

persönliche Pensionskonto ... aufgrund der Beiträge zur

Rückversicherung (Risikobeiträge) oder der Verwaltungskosten negativ ist, dennoch eine Mindestleistung zu gewähren ist, mag der Anwartschaftsberechtigte auch nicht immer vollständig von der Beitragspflicht befreit gewesen sein.

Dies ergibt sich auch aus einer historischen Auslegung des § 173 Abs 6 sechster Satz WTBG [...]. Zum Zeitpunkt der Erlassung der einschlägigen Bestimmung des § 173 Abs 6 sechster Satz WTBG standen bereits die im wesentlichen gleichlautenden Vorgängerregelungen des in Prüfung gezogenen § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in Geltung, ein Umstand, der dem historischen Gesetzgeber bewusst war. Es war ... die Intention des Gesetzgebers, für diese Bestimmungen eine entsprechende gesetzliche Grundlage zu schaffen. Eine Interpretation des § 173 Abs 6 sechster Satz WTBG, welche zum Ergebnis hätte, dass die Bestimmungen des § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder keine Deckung mehr im Gesetzeswortlaut fänden, widerspräche somit der Intention des Gesetzgebers, selbst wenn dies vom Wortlaut her eine (von mehreren) möglichen Auslegungsvarianten wäre.

... Aus all dem folgt, dass eine Auslegung des Gesetzes

dahingehend, dass Mindestleistungen nur in jenen Fällen gänzlich ausgeschlossen seien, in denen eine vollständige Beitragsbefreiung vorlag, eine der Intention des Gesetzgebers widersprechende einschränkende Interpretation darstellt, die vom Gesetzeswortlaut nicht zwingend angeordnet wird. Vielmehr ermöglicht das Gesetz auch das durch § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder herbeigeführte Ergebnis, dass eine Mindestleistung auch dann nicht gebührt, wenn der Anwartschaftsberechtigte zwar nicht vollständig von der Beitragsleistung befreit war, aber aufgrund von Beitragsermäßigungen oder der Leistung (bloß) von Mindestbeiträgen nach Abzug der Verwaltungskosten und der Beiträge für die Rückversicherung (Risikobeitrag) ein so geringes oder gar eine geringere Leistung als die Mindestleistung oder gar negatives persönliches Pensionskonto entstand, dass die Verrentung des Guthabens auf diesem Pensionskonto eine geringere Leistung als die Mindestleistung oder gar Null ergibt und somit keine (Mindest-)Leistung zusteht.

Daraus erhellt aber auch, dass § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder auch insoweit nicht dem Gesetz widerspricht."

Zur ausreichenden gesetzlichen Determinierung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen durch § 173 WTBG führt der Kammertag Folgendes aus:

"Das Legalitätsprinzip ... verlangt keine vollständige,

exakte Bindung der Vollziehung an das Gesetz. ... Wie groß der den

Verwaltungsbehörden zukommende Entscheidungsspielraum ist, kann nicht

generell festgelegt werden. Hinsichtlich des erforderlichen Ausmaßes

der Determinierung wird insbesondere nach Sachgebieten differenziert.

... Auch im Bereich der Selbstverwaltung muss ein gelockerter

Legalitätsmaßstab angelegt werden, weil zur Idee der Selbstverwaltung

auch eine 'Satzungsautonomie' gehört. ... Jedenfalls ... seit der

B-VG-Novelle BGBl I 2/2008 steht die Lockerung der

Determinierungspflicht des Gesetzgebers im Bereich der

nicht-territorialen Selbstverwaltung nicht mehr in Frage. Nach

Auffassung der verordnungsgebenden Behörde legitimiert jedenfalls das

den Trägern der nicht-territorialen Selbstverwaltung mit der

B-VG-Novelle BGBl I 2/2008 eingeräumte und im Rahmen der Gesetze

auszuübende Satzungsrecht (Art120b Abs 1 B-VG, gemäß Art 151 Abs 38 B-VG

in Kraft getreten am ) Regelungen von der Art des § 6 Abs 2

dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung, hat der

Gesetzgeber doch durch Art 120b Abs 1 B-VG eine Lockerung der

Determinierungspflicht des Gesetzgebers, wie sie sich aus Art 18 Abs 2

B-VG ergibt, vorgesehen. ... Aus den oben genannten Ausführungen

ergibt sich somit nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde,

dass die Bestimmungen des § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der

Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder

durch § 173 WTBG auch hinreichend gesetzlich determiniert sind."

Den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes tritt der Kammertag wie folgt entgegen:

"Mit Beschwerden, dass es mit dem Gleichheitssatz unvereinbar wäre, dass ein Versicherter zwar Leistungen in ein Sozialversicherungssystem zu leisten habe, aber auf Grund der gesetzlichen Regelungen wisse, dass ein Leistungsanspruch wegen geringer Versicherungszeiten rein theoretischer Natur bleibe, war der Verfassungsgerichtshof in den letzten Jahrzehnten mehrmals befasst. In seiner zutreffenden und gefestigten Judikatur steht das Höchstgericht auf dem Standpunkt, dass solche Regelungen mit den Grundsätzen der österreichischen Bundesverfassung im Einklang stehen

[...].

Im gegenständlichen Fall hatte der verstorbene M H neben den Ansprüchen aus der Pflichtversicherung nach dem GSVG ebenfalls grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Leistungen aus der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Dass er trotz der Zahlung von Beiträgen an diese Einrichtung doch keine Leistungen aus dieser Vorsorgeeinrichtung mehr erhielt, lag daran, dass er vor Ende der Voraussetzungen für den Anfall der Alterspension verstarb und sein Pensionskonto zu diesem Zeitpunkt einen negativen

Saldo aufwies. ... Aufgrund des vorzeitigen Ablebens des M H bestand

dem Grunde nach aber sehr wohl ein Anspruch auf Witwenpension, der an die fiktive Berufsunfähigkeitspension im Zeitpunkt des Ablebens anknüpfte. Aufgrund des negativen Saldos des Pensionskontos ergab sich nach § 6 Abs 2 der Satzung allerdings die Höhe der fiktiven Berufsunfähigkeitspension im konkreten Einzelfall mit Null, womit auch die Höhe der Witwenpension mit Null zu errechnen war.

... Die in § 6 Abs 2 der Satzung normierte Differenzierung

durch eine Stichtagsregelung zum 58. Lebensjahr ist nach Auffassung der belangten Behörde ebenfalls sachlich gerechtfertigt: Wäre M H nicht erst relativ kurz vor dem Pensionsantrittsalter als Mitglied der Kammer der Wirtschaftstreuhänder eingetragen worden, hätte er aufgrund längerer Beitragsleistung aller Voraussicht nach ein Guthaben auf dem Pensionskonto erzielt, das im Wege der Verrentung nach § 6 Abs 1 der Satzung wiederum zu einem Pensionsanspruch geführt hätte.

Für lange Zeiten der Beitragsbefreiung oder -ermäßigung würde sich aber umgekehrt ohne eine Stichtagsregelung im Vorfeld des Pensionsalters hingegen nachstehende, sachlich nicht gerechtfertigte Unbilligkeit ergeben: Ein Versicherter, der vorwiegend beitragsbefreit war oder nur sehr geringe Beiträge geleistet hat, könnte zum Pensionsantritt[s]alter von 65 Jahren - wenn es die Differenzierung nach dem 58. Lebensjahr nicht gäbe - keine oder lediglich eine geringfügige Pensionsleistung in Anspruch nehmen, im Fall einer Berufsunfähigkeit mit der Mindestleistung nach § 6 Abs 1 der Satzung hingegen eine weitaus höhere Pensionsleistung erzielen. Dies wäre sachlich nicht gerechtfertigt und würde zu einem erhöhten Missbrauchsrisiko führen.

... Vergleichbare Zahlen aus dem Bereich der gesetzlichen

Sozialversicherung zeigen überdies, dass das Risiko einer Berufsunfähigkeit ab dem 58. Lebensjahr überproportional ansteigt, weshalb der Gesetzgeber in verschiedenen Sozial(versicherungs)gesetzen im wirtschaftlichen Effekt ähnliche Stichtagsregelungen vorgesehen hat: So errechnet sich beispielsweise die Höhe der Invaliditätspension gemäß § 261 Abs 3 iVm Abs 5 ASVG derart, dass bei Inanspruchnahme der Invaliditätspension jeder Monat ab dem Stichtag bis zum Monatsersten nach Vollendung des 60. Lebensjahres (in der zum Zeitpunkt der Erlassung der Vorgängerregelungen des § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder geltenden Fassung des § 261 Abs 3 ASVG, BGBl I Nr 139/1997, gar nur bis zur Vollendung des 56. Lebensjahres) bei der Berechnung der Steigerungspunkte gemäß § 261 Abs 2 ASVG einem Versicherungsmonat gleichzuhalten ist (§261 Abs 3 ASVG). Wenn bei der Berechnung der Höhe der Invaliditätspension nach § 261 Abs 3 ASVG zusätzliche Versicherungsmonate angerechnet werden, darf die Leistung gemäß § 261 Abs 5 ASVG höchstens 60 % der höchsten zur Anwendung kommenden Bemessungsgrundlage betragen. Dies gilt nicht, wenn die Leistung ohne Berücksichtigung der Monate nach § 261 Abs 3 ASVG (und nach der Verminderung nach § 261 Abs 4 ASVG) höher ist; in diesem Fall gebührt die Leistung ohne Berücksichtigung der Monate nach § 261 Abs 3 ASVG. Dies führt im Endeffekt zu einem ähnlichen Ergebnis wie nach § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder.

Vergleichbare Regelungen sehen auch § 139 GSVG, das FSVG aufgrund des Generalverweises in § 3 FSVG auf das GSVG und das BDG vor.

... Darüber hinaus finden sich auch in anderen, teils

öffentlich-rechtlichen, teils privatrechtlichen Vorsorgesystemen vergleichbare Stichtagsregelungen, die belegen, dass Stichtagsregelungen in vergleichbaren Vorsorgesystemen als notwendig erachtet werden. ...

... Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass

die in Prüfung gezogene Regelung auch aufgrund der demographischen und versicherungsmathematischen Gegebenheiten bei Einführung des derzeit geltenden Vorsorgesystems der Kammer der Wirtschaftstreuhänder notwendig wurde. Bei Einführung des Systems im Jahre 1999 mussten sämtliche Mitglieder der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom bis dahin geltenden alten System in das neue System überführt werden. Hierbei handelte es sich aber zu einem wesentlichen Teil auch um ältere Mitglieder, die aufgrund des erst vollzogenen Übertrittes kaum Beitragsleistungen zum neuen Vorsorgesystem erbracht hatten. Wäre eine Stichtagsregelung zum 58. Lebensjahr nicht eingeführt worden, wäre die Finanzierbarkeit des

neuen Systems gefährdet gewesen, weil gerade ... auch diese

Mitglieder Anspruch auf Mindestleistungen gehabt hätten.

Daher besteht auch aus dieser Sicht ein sachlicher Grund, einen Stichtag vorzusehen, ab dem im Sinne der Finanzierbarkeit der Risken keine Mindestleistung zu gewähren, sondern ausschließlich das Pensionskonto zu verrenten ist. Im Fall der Beitragsleistung über eine längere Berufsdauer hinweg führt die Verrentung ab dem 58. Lebensjahr in der Regel ohnedies zu einer höheren Pension als die in der Satzung und der Leistungsordnung vorgesehene Mindestleistung, sodass Fälle wie der vorliegende (Bestellung erst im 54. Lebensjahr, keine oder nur geringe Beitragsleistung aufgrund von Befreiung und Ermäßigung) bislang - wenn auch zugegebenermaßen eine Härte darstellende - Einzelfälle geblieben sind.

Der konkrete Fall stellt sohin eine atypische Ausnahme dar. Die unübliche Kombination aus dem späten Eintritt in die Kammer der Wirtschaftstreuhänder, der Befreiung von der Beitragsleistung im konkreten Fall und dem frühen Ableben des M H führten zu dem außergewöhnlichen Umstand, dass das Pensionskonto zum Zeitpunkt des Todesfalls einen Negativsaldo auswies. Es handelt sich dabei aber um einen Einzelfall, dem aufgrund dieser Konstellation der Anspruch auf eine Pensionsleistung versagt blieb.

Bei einer durchschnittlichen Betrachtung der angesprochenen Regelungen - vor allem der Stichtagsregelung des § 6 Abs 2 der Satzung - sind diese jedenfalls nicht als gleichheitswidrig zu bewerten.

... In diesem Zusammenhang ist schließlich daran zu erinnern,

dass der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur immer wieder den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers hervorhebt [...]. Wie oben dargelegt, ist es sachlich gerechtfertigt, das 58. Lebensjahr als Stichtag für die Gewährung von Mindestleistungen vorzusehen. Jedenfalls aber ist es verfassungsrechtlich im Lichte des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers nicht zwingend geboten, von einer solchen Stichtagsregelung Abstand zu nehmen.

Daran vermag nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde auch der Hinweis des Verfassungsgerichtshofs auf die faktischen Bedürfnisse von Hinterbliebenen nichts zu ändern, zumindest in Fällen, in denen das Pensionskonto - wie hier - einen

negativen Saldo aufweist: Wenn es ... sachlich gerechtfertigt ist,

das 58. Lebensjahr als Stichtag für die Gewährung von Mindestleistungen vorzusehen und es weiters sachlich gerechtfertigt und systemkonform ist, das persönliche Pensionskonto auch im Falle einer Beitragsbefreiung oder -ermäßigung mit den Verwaltungskosten

und dem Risikobeitrag zu belasten, da die Verwaltungskosten ... auch

in diesen Fällen anfallen und der Anwartschaftsberechtigte den durch den Risikobeitrag abgedeckten Schutz der Rückversicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit genießt, so ist es durchaus möglich, dass ein Pensionskonto einen negativen Saldo ausweist. Solch ein, eine atypische Ausnahme darstellender Härtefall macht aber nach Ansicht der verordnungserlassenden Behörde die konkrete Regelung auch nicht unter Hinweis auf die faktischen Bedürfnisse von Hinterbliebenen gesetzwidrig. Diese treten überdies aufgrund des Umstandes, dass den Hinterbliebenen aufgrund der zusätzlich zur Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bestehenden gesetzlichen Pflichtversicherung auch Leistungen aus einer gesetzlichen Sozialversicherung - im konkreten Fall dem GSVG - zustehen, in den Hintergrund."

5. Die Beschwerdeführerin im Anlassverfahren erstattete eine Gegenäußerung, in der sie ihre schon in der Beschwerde ausgeführten Bedenken gegen die Gesetzwidrigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen untermauert. Im Einzelnen führt sie dabei zusammengefasst Folgendes aus:

"Die verordnungserlassende Behörde ist der Ansicht, dass § 173 Abs 6 4. Satz WTBG die Hinterbliebenenpension nicht ausschließlich vom Eintrittsalter des Anwartschaftsberechtigten abhängig mache. [Dies] sei deshalb der Fall, da man in den Normtext nicht das Wort 'ausschließlich' hineininterpretieren könne. Die Interpretation der verordnungserlassenden Behörde übersieht, dass die Textierung des

§173 Abs 6 4. Satz WTBG klar und unmissverständlich ist ... .

Überlegungen dazu, ob das Wort 'ausschließlich' in den Normtext hinein zu interpretieren ist oder nicht, erübrigen sich schon deshalb, da der Normzweck nicht durch Interpretation in sein Gegenteil verkehrt werden darf. Normzweck ist unzweifelhaft die Garantie von Mindestleistungen für die Hinterbliebenen. Diese dürfen nach dem Wortlaut der Bestimmung vom Eintrittsalter abhängig gemacht werden. Es widerspräche jedoch dem Normzweck eklatant, den Anspruch auf eine Mindestleistung dadurch zu verkürzen, dass dieser von weiteren (über das Eintrittsalter hinausgehenden) Voraussetzungen abhängig gemacht würde, wie hier vom Lebensalter zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles. Es läuft sohin der Bestimmung des § 173 WTBG zuwider, wenn die Hinterbliebenenpension nicht nur vo[m] Eintrittsalter, sondern darüber hinaus auch vom Alter zum Zeitpunkt des Leistungsanfalles abhängig gemacht wird.

... Dass die verordnungserlassende Behörde mit einer

historischen Auslegung des § 173 Abs 6 WTBG argumentiert, und zu dem Schluss kommt, dass die Satzung der Vorsorgeeinrichtung sohin gesetzeskonform sei, ist bemerkenswert. Der Verfassungsgerichtshof hat im Verfahren V32/01 am ausgesprochen, dass die Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, beschlossen am , kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr 2/2000[,] gesetzwidrig war. Es mangelte an der gesetzlichen Grundlage. Die Stammfassung des WTBG

(BGBl I 58/1999) ist am in Kraft getreten. ... Der

sanierte § 173 WTBG wurde im BGBl [I] 135/2001 kundgemacht und ist rückwirkend (!) mit in Kraft getreten. Es war sohin nicht Ziel der Novelle aus dem Jahr 2001[,] unter Berücksichtigung der Satzung der Versorgungseinrichtung in einem Detailbereich 'Justierungen' vorzunehmen. Vielmehr ging es darum, der schon erlassenen Satzung der Vorsorgeeinrichtung (erstmals am 26. November

1999) überhaupt eine Gesetzesgrundlage zu verschaffen. ... Es

entspricht nicht und entsprach nie der Intention des Gesetzgebers, über das Kriterium des Eintrittsalters hinaus Hinterbliebenenpensionen von weiteren Aspekten abhängig zu machen. Es würde den Grundprinzipien des Stufenbaus der österreichischen Rechtsordnung widersprechen, wollte man es dem Gesetzgeber zur Pflicht machen, die Gesetze(snovellen) nach den auf ihnen fußenden Verordnungen auszurichten. Infolge einer Gesetzesnovelle ist die ... Verordnung anzupassen.

... Die verordnungserlassende Behörde ist der Ansicht, dass

sich aus der Wendung, dass im Falle von 'Beitragsbefreiungen und Beitragsermäßigungen [...] entsprechend dem Ausmaß der Befreiung oder Ermäßigung' die Gewährung einer Mindestleistung ganz oder teilweise ausgeschlossen werden kann, dass der Ausschluss nicht nur dann statthaft sei, wenn es zu einer gänzlichen Beitragsbefreiung gekommen sei. Dies ist unrichtig. Aus der alternativen Formulierung ('Beitragsbefreiungen und Beitragsermäßigungen'; 'ganz oder teilweise auszuschließen') erschließt sich, dass der Gesetzgeber zwei Varianten vor Augen hatte: Im Falle von Beitragsbefreiungen kann die Mindestleistung ganz ausgeschlossen werden, und im Falle von Beitragsermäßigungen nur aliquot. Auch eine 'historische Interpretation' ändert nichts an diesem Ergebnis. Ein Ausschluss der Hinterbliebenen von der Mindestleistung ist nur bei einer gänzlichen Beitragsbefreiung statthaft. ...

§ 173 WTBG ist als Verordnungsermächtigung inhaltlich ausreichend determiniert. Dies hat auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss nicht in Zweifel gezogen. Die Ausführungen der verordnungserlassenden Behörde dazu gehen am Thema vorbei.

... Auch die B-VG-Novelle BGBl I 2/2008 hat nichts an der

Determinierungspflicht in Bezug auf Verordnungsermächtigungen im Bereich der Selbstverwaltung geändert. Hier geht es auch nicht darum, ob die gesetzliche Grundlage entsprechend den Rahmen der Verordnung determiniert, sondern darum, ob es für die Satzung der Vorsorgeeinrichtung in Bezug auf die geltende Bestimmung der Hinterbliebenenpension überhaupt eine gesetzliche Grundlage gibt. Am Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage hat sich auch durch die B-VG-Novelle 2008 nichts geändert. Satzungen sind immer noch 'im Rahmen der Gesetze' zu erlassen (Artikel 120b B-VG). Nicht nur, dass die Satzung der Vorsorgeeinrichtung in diesem Punkt einer gesetzlichen Grundlage entbehrt, sondern läuft die in Frage stehende Regelung der Hinterbliebenenpension in der Satzung der Vorsorgeeinrichtung auch dem Wortlaut und dem Zweck des § 173 WTBG als Gesetzesgrundlage zuwider. Insofern erübrigen sich Ausführungen zur Reichweite der B-VG-Novelle, da auch in deren Folge die Selbstverwaltung 'im Rahmen der Gesetze' zu erfolgen hat, und niemals gegen den klaren Wortlaut und den Zweck der Verordnungsermächtigung verstoßen darf. ...

Die Ausführungen der verordnungserlassenden Behörde ... zur

Notwendigkeit der Regelung[,] um die Finanzierbarkeit des Systems

gewährleisten zu können, erscheinen im Hinblick darauf, dass ... eine

Überdotierung des Pensionsfonds zum Zeitpunkt der Gesetzgebung vorgelegen hatte, nicht nachvollziehbar."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das Verordnungsprüfungsverfahren ist zulässig. Im Verfahren ist nichts hervorgekommen, was an der Zulässigkeit der Beschwerde oder an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen zweifeln ließe.

2. Die Bedenken haben sich im Ergebnis auch als zutreffend erwiesen:

2.1. Die verordnungserlassende Behörde konnte die Bedenken, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in § 173 Abs 6 WTBG keine Deckung finden, nicht zerstreuen. Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seiner Annahme, dass § 173 Abs 6 WTBG eine sachliche und hinreichend bestimmte Regelung darstellt, die aber keine Deckung für die in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Satzung bietet.

2.1.1. Die von der verordnungserlassenden Behörde vertretene Interpretation der Regelung des § 173 Abs 6 WTBG ist aus folgenden Gründen nicht möglich:

Vorzunehmen ist nämlich eine systematische Interpretation von § 173 Abs 4 und Abs 6 WTBG: § 173 Abs 4 leg.cit. normiert - vom Verordnungsgeber "zu beachtende" - "Grundsätze" bei der Normierung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenvorsorge.

Die Regelung des § 173 Abs 6 WTBG enthält anders als Abs 4 nach ihrem eindeutigen Wortlaut nicht nur Grundsätze im Sinne eines "Rahmens", sondern präzise Vorgaben für die Höhe der Vorsorgeansprüche, im Speziellen für die Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenpension sowie die dafür zwingend (arg.: "sind ... vorzusehen") vorzusehenden Mindestleistungen (dazu AB 793 BlgNR

21. GP, 2 f.: "Grundzüge" [im Hinblick auf § 173 Abs 4 WTBG] und "nähere Bestimmungen" [betreffend § 173 Abs 6 leg.cit.]). Diese dürfen daher vom Satzungsgeber - zumal im Lichte des dabei im Vordergrund stehenden Versorgungsgedankens - nicht durch zusätzliche Voraussetzungen - wie etwa eine Abhängigkeit vom Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalles - weiter eingeschränkt werden.

2.1.2. Eben dies hat der Verordnungsgeber im vorliegenden Zusammenhang nicht berücksichtigt. Es finden sich in der gesetzlichen Regelung keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass auch der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalles (je nachdem, ob vor oder nach Vollendung des 58. Lebensjahres) ein konstitutives Element im Hinblick auf die Gewährung von Mindestleistungen darstellen sollte. Im konkreten Zusammenhang gehen - auch von der verordnungserlassenden Behörde angestellte - Überlegungen im Hinblick auf das gesetzesergänzende Verordnungsrecht gemäß Art 120b Abs 1 B-VG - wie der Verfassungsgerichtshof schon im Prüfungsbeschluss angenommen hat - ins Leere, da bei abschließenden gesetzlichen Regelungen kein Spielraum mehr für eine abweichende satzungsmäßige Regelung verbleibt.

2.1.3. Der Verfassungsgerichtshof übersieht dabei nicht, dass - worauf die verordnungserlassende Behörde hinweist - bei der Regelung von Stichtagen stets ein gewisser rechtspolitischer Gestaltungsspielraum gegeben ist (dazu VfSlg. 17.238/2004). Hier geht es aber um die Beschränkung von im Gesetz vorgesehenen Mindestleistungen auf Leistungsfälle vor der Vollendung des 58. Lebensjahres. Diese Beschränkung ist aber deshalb unzulässig, weil das Gesetz sich nicht nur auf die Vorgabe eines Rahmens beschränkt, sondern die zulässigen Anspruchsvoraussetzungen selbst im Einzelnen nennt, darunter auch das Alter im Zeitpunkt des Eintritts in das Versorgungssystem. Das Gesetz sieht aber im Übrigen den Ausschluss der Mindestversorgungsleistung für Versicherungsfälle nach Maßgabe des Lebensalters im Zeitpunkt ihres Eintritts weder vor, noch ermächtigt es die Satzung zu derartigen zusätzlichen Einschränkungen.

2.2. Erweist sich die in Prüfung gezogene Bestimmung daher schon aus diesen Gründen als verfassungswidrig, erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Bedenken, ob die Regelung überdies in sich gleichheitswidrig ist.

3. § 6 Abs 2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder idF des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom , kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Sondernummer I/2003, waren daher als gesetzwidrig aufzuheben.

4. Die Verpflichtung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG und § 60 Abs 2 VfGG iVm § 4 Abs 1 Z 4 BGBlG.

5. Dem Antrag der im Anlassverfahren beschwerdeführenden Partei, der verordnungserlassenden Behörde den Ersatz der Kosten für die von ihr erstattete Gegenäußerung im verzeichneten Ausmaß aufzuerlegen, war schon deshalb nicht stattzugeben, weil im Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Verordnungen ein Kostenersatz nicht vorgesehen ist und nur in dem - hier nicht gegebenen - Fall des § 61a VfGG in Betracht kommt. Kosten für Interventionen in amtswegig eingeleiteten Normenprüfungsverfahren sind durch den im Anlassverfahren zugesprochenen Pauschalsatz abgegolten (vgl. VfSlg. 16.566/2002).

6. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.