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VfGH vom 28.11.2019, V43/2019

VfGH vom 28.11.2019, V43/2019

Leitsatz

Ausreichende Determinierung der Neuplanungsgebietsverordnung einer Oberösterreichischen Gemeinde durch Umschreibung der beabsichtigten Neuplanung in Grundzügen

Spruch

I.Der Antrag auf Aufhebung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Lorenz vom , ZI.: 0300-2019/Ra, betreffend die Erklärung der Grundstücke 1220/47, 1220/48, 1220/49, 1220/55, 1220/56, 1220/57 und 1220/58, jeweils KG 50105 St. Lorenz, zum Neuplanungsgebiet, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von bis , soweit sie sich auf das Grundstück Nr 1220/49, EZ 629, KG 50105 St. Lorenz, bezieht, wird abgewiesen.

II.Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, die "Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Lorenz vom , ZI.: 0300-2019/Ra, betreffend die Erklärung der Grundstücke 1220/47, 1220/48, 1220/49, 1220/55, 1220/56, 1220/57 und 1220/58, jeweils KG 50105 St. Lorenz, zum Neuplanungsgebiet, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von bis , zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben", in eventu "die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Lorenz vom , ZI.: 0300-2019/Ra, betreffend die Erklärung der Grundstücke 1220/47, 1220/48, 1220/49, 1220/55, 1220/56, 1220/57 und 1220/58, jeweils KG 50105 St. Lorenz, zum Neuplanungsgebiet, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von bis , soweit sie sich auf das Grundstück Nr 1220/49, EZ 629, KG 50105 St. Lorenz, bezieht, als gesetzwidrig aufzuheben".

II.Rechtslage

1.§45 Oberösterreichische Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl 66/1994, in der Fassung LGBl 70/1998, lautet:

"§45

Neuplanungsgebiete

(1) Der Gemeinderat kann durch Verordnung bestimmte Gebiete zu Neuplanungsgebieten erklären, wenn ein Flächenwidmungsplan oder ein Bebauungsplan für dieses Gebiet erlassen oder geändert werden soll und dies im Interesse der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung erforderlich ist. Der Gemeinderat hat anläßlich der Verordnung die beabsichtigte Neuplanung, die Anlaß für die Erklärung ist, in ihren Grundzügen zu umschreiben.

(2) Die Erklärung zum Neuplanungsgebiet hat die Wirkung, daß Bauplatzbewilligungen, Bewilligungen für die Änderung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken und Baubewilligungen - ausgenommen Baubewilligungen für Bauvorhaben gemäß § 24 Abs 1 Z 4 - nur ausnahmsweise erteilt werden dürfen, wenn nach der jeweils gegebenen Sachlage anzunehmen ist, daß die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans nicht erschwert oder verhindert.

(3) Verpflichtungen, die sich bei Erteilung einer Bewilligung gemäß Abs 2 ergeben hätten, wenn der neue oder geänderte Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan schon zur Zeit ihrer Erteilung rechtswirksam gewesen wäre, können nach dem Rechtswirksamwerden des Plans von der Baubehörde nachträglich vorgeschrieben werden, sofern die Bewilligung noch wirksam ist.

(4) Die Verordnung über die Erklärung zum Neuplanungsgebiet tritt entsprechend dem Anlaß, aus dem sie erlassen wurde, mit dem Rechtswirksamwerden des neuen Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans oder der Änderung des Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans, spätestens jedoch nach zwei Jahren, außer Kraft.

(5) Der Gemeinderat kann die Erklärung zum Neuplanungsgebiet durch Verordnung höchstens zweimal auf je ein weiteres Jahr verlängern. Eine darüber hinausgehende Verlängerung auf höchstens zwei weitere Jahre kann durch Verordnung des Gemeinderates erfolgen, wenn sich die vorgesehene Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans ausschließlich deswegen verzögert, weil überörtliche Planungen berücksichtigt werden sollen; eine solche Verordnung bedarf der Genehmigung der Landesregierung, die zu erteilen ist, wenn mit einer Fertigstellung und Berücksichtigung der überörtlichen Planung innerhalb der weiteren Verlängerungsfrist gerechnet werden kann. Auch im Fall einer Verlängerung tritt die Verordnung mit dem Rechtswirksamwerden des neuen Plans oder der Änderung des Plans außer Kraft."

2.Die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Lorenz vom , ZI.: 0300-2019/Ra, betreffend die Erklärung der Grundstücke 1220/47, 1220/48, 1220/49, 1220/55, 1220/56, 1220/57 und 1220/58, jeweils KG 50105 St. Lorenz, zum Neuplanungsgebiet, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von bis , lautet:

"Der Gemeinderat der Gemeinde St. Lorenz hat in seiner Sitzung am die nachstehende Verordnung eines Neuplanungsgebietes beschlossen:

Verordnung

§1

Gemäß § 45 Abs 1 Oö. Bauordnung 1994 idgF wird Rh. den Bereich der Grundstücke Gstk. 1220/47, 1220/48, 1220/49,1220/55, 1220/56, 1220/57 u. 1220/58 je KG. St. Lorenz, ein Neuplanungsgebiet erklärt.

§2

Die Grenzen des Neuplanungsgebietes sind aus dem angeschlossenen Lageplan vom (Beilage 1), der einen Teil dieser Verordnung bildet, zu entnehmen.

§3

Das Erfordernis dieses Neuplanungsgebietes wird damit begründet, dass ein Bebauungsplan für dieses Gebiet erlassen werden soll, um eine geordnete Bebauung auf den noch unbebauten Grundstücken und damit eine geordnete Wohngebietsentwicklung zu gewährleisten. Insbesondere geht es um die allgemeinen baurechtlichen Festlegungen, Freiräume (Grüngürtel) zwischen den Wohngebäuden, um die Limitierung der Größe zukünftiger Bauvorhaben, die sich in Höhe, Geschoßflächenzahl und Anzahl der Wohneinheiten pro Objekte ausdrückt sowie um die Konzeption und Ausgestaltung der Zufahrten und Zufahrtsmöglichkeiten und generell um die Lösung der Verkehrsproblem[e] bei einer weiteren Bebauung am Höribachhof.

§4

Gemäß § 45 Abs 2 der Oö. Bauordnung 1994 idgF hat die Erklärung zum Neuplanungsgebiet bzw deren Verlängerung die Wirkung, dass Bauplatzbewilligungen, Bewilligungen für die Änderung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken und Baubewilligungen — ausgenommen Baubewilligungen für Bauvorhaben gemäß § 24 Abs 1 Z 4 — nur ausnahmsweise erteilt werden dürfen und die Ausführung der gemäß § 25 Abs 1 Oö. Bauordnung 1994 idgF angezeigten Bauvorhaben ausnahmsweise nur dann nicht zu untersagen ist, wenn nach der jeweils gegebenen Sachlage anzunehmen ist, dass die beantragte Bewilligung oder die Nicht-Untersagung der Ausführung des Bauvorhabens die Durchführung des künftigen Bebauungsplanes nicht erschwert oder verhindert.

§5

Die Neuplanungsgebietsverordnung wird mit Ablauf des auf die zweiwöchige Kundmachungsfrist folgenden Tages rechtswirksam.

§6

Die Wirksamkeit der Verordnung des Neuplanungsgebietes tritt entsprechend dem Anlass, aus dem sie verhängt wurde, mit dem Rechtswirksamwerden des neuen Bebauungsplanes, spätestens jedoch nach zwei Jahren außer Kraft, wenn sie nicht verlängert wird.

Der Gemeinderat kann die Verordnung des Neuplanungsgebietes durch Verordnung höchstens zweimal auf je ein weiteres Jahr verlängern.

Eine darüber hinausgehende Verlängerung auf höchstens zwei weitere Jahre kann durch Verordnung des Gemeinderates erfolgen, wenn sich die vorgesehene Erlassung oder Änderung des Bebauungsplanes ausschließlich deswegen verzögert, weil überörtliche Planungen berücksichtigt werden sollen.

Für den Gemeinderat:

Der Bürgermeister

[…]"

III.Sachverhalt und Vorverfahren

1.Mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Lorenz vom , ZI.: Bau L 2016/059, wurde den Bauwerbern die Baubewilligung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit drei Wohneinheiten auf dem Grundstück Nr 1220/49, EZ 629, KG 50105 St. Lorenz, erteilt.

2.In Bezug auf diesen Bescheid ist beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ein Beschwerdeverfahren anhängig.

3.Für das genannte Grundstück besteht derzeit noch kein Bebauungsplan, jedoch plant der Gemeinderat der Gemeinde St. Lorenz, einen solchen im Interesse der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung zu erlassen. Aus diesem Grund wurde die hier maßgebliche Neuplanungsgebietsverordnung vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von bis , beschlossen.

4.Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof veranlasst haben, wie folgt dar:

"IV.1. Nach § 45 Abs 1 Oö. BauO 1994 kann der Gemeinderat durch Verordnung bestimmte Gebiete zu Neuplanungsgebieten erklären, wenn ein Flächenwidmungsplan oder ein Bebauungsplan für dieses Gebiet erlassen oder geändert werden soll und dies im Interesse der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung erforderlich ist. Der Gemeinderat hat anlässlich der Verordnung die beabsichtigte Neuplanung, die Anlass für die Erklärung ist, in ihren Grundzügen zu umschreiben.

Nach § 45 Abs 2 Oö. BauO 1994 hat die Erklärung zum Neuplanungsgebiet die Wirkung, dass Bauplatzbewilligungen, Bewilligungen für die Änderung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken und Baubewilligungen - ausgenommen Baubewilligungen für Bauvorhaben gemäß § 24 Abs 1 Z 4 - nur ausnahmsweise erteilt werden dürfen, wenn nach der jeweils gegebenen Sachlage anzunehmen ist, dass die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans nicht erschwert oder verhindert.

IV.2. Da der Umfang eines Bauverbots kraft Neuplanungsgebiets nur aus entsprechend konkretisierten Planungsabsichten gemäß § 45 Abs 1 letzter Satz Oö. BauO 1994 erschlossen werden kann, ist bei Erklärung eines Gebiets zum Neuplanungsgebiet die Umschreibung der beabsichtigten Neuplanung in ihren Grundzügen von besonderer Bedeutung (vgl - zur Übertragbarkeit der Judikatur zur Bausperre auf Neuplanungsgebiete siehe etwa ; Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht7§ 45 Rz 1). In der Verordnung zur Erlassung des Neuplanungsgebiets ist daher eine entsprechend konkretisierte Änderungsabsicht darzulegen (vgl mwN.). Dabei sind die beabsichtigten Maßnahmen in der kundgemachten Verordnung soweit zum Ausdruck zu bringen, dass die Verordnung über das Neuplanungsgebiet - dem verfassungsrechtlichen Determinierungsgebot gemäß Art 18 Abs 1 B-VG entsprechend - einen Maßstab für die baubehördliche Entscheidung im Einzelfall liefert und die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ermöglicht (vgl etwa ; ).

Dieses Erfordernis ist aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich im gegenständlichen Fall nicht erfüllt. Die Begründungselemente in der kund-gemachten Neuplanungsgebietsverordnung, wonach es beim gegenständlichen Neuplanungsgebiet um die Gewährleistung einer 'geordnete[n] Bebauung auf den noch unbebauten Grundstücken und damit eine geordnete Wohngebietsentwicklung' und um die 'allgemeinen baurechtlichen Festlegungen, Freiräume (Grüngürtel) zwischen den Wohngebäuden, um die Limitierung der Größe zukünftiger Bauvorhaben [...] sowie um die Konzeption und Ausgestaltung der Zufahrten und Zufahrtsmöglichkeiten und generell um die Lösung der Verkehrsprobleme bei einer weiteren Bebauung am Höribachhof' geht, genügen aus Sicht des antragstellenden Gerichts den Anforderungen, wie sie der zitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofs zu entnehmen sind, nicht. Diese äußerst allgemein gehaltenen Zielvorgaben beschreiben die Grundzüge der beabsichtigten Neuplanung jedenfalls nicht mit jener Deutlichkeit, die notwendig ist, um Ausnahmebewilligungen vom Neuplanungsgebiet gemäß § 45 Abs 2 Oö. BauO 1994 nach Maßgabe einer im Sinne des Art 18 Abs 1 B-VG hinreichenden rechtlichen Determinierung erteilen zu können (vgl ). Sie vermögen demnach weder einen Maßstab für die baubehördliche Entscheidung im Einzelfall noch für eine nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu bilden.

IV.3. Resümierend hat der Gemeinderat die gemäß § 45 Abs 1 Oö. BauO 1994 gebotene Umschreibung der beabsichtigten Neuplanung in ihren Grundzügen, jedenfalls als Bestandteil der kundgemachten Verordnung, (wie dies vom Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur gefordert wird, vgl VfSlg 7.287/1974, 9.910/1983, 10.953/1986 ua) unterlassen (vgl ) und damit die Neuplanungsgebietsverordnung mit einer Unbestimmtheit belastet, die im Sinne der genannten Judikatur Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Neuplanungsgebiets aus dem Grunde des Art 18 Abs 1 B-VG hervorruft.

Das antragstellende Gericht sieht sich nicht in der Lage zu überprüfen, ob gemäß § 45 Abs 2 Oö. BauO 1994 anzunehmen ist, dass die beantragte Baubewilligung mit dem zukünftigen Bebauungsplan im Einklang steht und damit zu Recht erteilt wurde oder ob sie mit Rücksicht auf die beabsichtigte Neuplanung zu verweigern gewesen wäre.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die ausreichend konkretisierte Änderungsabsicht nach höchstgerichtlicher Judikatur in der Neuplanungsgebiets-verordnung selbst mit hinreichender Deutlichkeit hervortreten muss. Es reicht demnach nicht aus, wenn die grundsätzliche Planungsabsicht dem Protokoll der Gemeinderatssitzung, in der das Neuplanungsgebiet beschlossen wurde, zu entnehmen ist (vgl ).

IV.5. In von Amts wegen eingeleiteten Normenprüfungsverfahren hat der Verfassungsgerichtshof den Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt. Darüber hinaus sind auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren die Grenzen der Aufhebung so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen vollständig veränderten Inhalt bekommt, und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (vgl VfSlg 19.020/2010 mwN). Was nach einer allfälligen Aufhebung übrig bleibt, soll kein sprachlicher Torso bzw unverständlich sein (vgl VfSlg 19.663/2012).

Aus prozessualer Vorsicht werden sowohl die Aufhebung der gesamten Verordnung als auch – in eventu - die Aufhebung der Verordnung lediglich im Hinblick auf das Grundstück Nr 1220/49, KG St. Lorenz, beantragt."

5.Die Oberösterreichische Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:

"In der vorliegenden Verordnung werden der genaue Umfang bzw die Grenzen des Neuplanungsgebietes und die davon umfassten Grundstücke festgelegt.

Gemäß der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs sind im Verfahren über die Verhängung der Bausperre die Voraussetzungen für die geplante Änderung des Flächenwidmungsplanes nicht zu prüfen (und darzustellen); es sind daher im Bausperren-Verordnungsverfahren weder eine Grundlagenforschung, noch eine Flächenbilanz noch eine Interessensabwägung für die geplante Änderung des Flächenwidmungsplanes erforderlich ().

Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , B1256/93, wird der Passus in einer Bausperrenverordnung 'Die Bausperre ist deshalb erforderlich, weil in diesem Bereich der Uferbereich des Attersees belassen werden soll, wie er jetzt ist bzw eine dichtere Bebauung unterbunden werden soll.' im Hinblick auf die nicht näher definierte dichtere Bebauung nicht als zu wenig konkret betrachtet, die Beschreibung der Lage der Grundstücke (im Uferbereich des Attersees) wird als ausreichend angesehen.

In der gegenständlichen Verordnung werden die Grundzüge der beabsichtigten Neuplanung in Bezug auf Freiräume (Grüngürtel) zwischen den Wohngebäuden, auf die Limitierung der Größe künftiger Bauvorhaben im Hinblick auf Höhe, Geschoßflächenzahl, Anzahl der Wohneinheiten pro Objekt sowie auf Zufahrtsmöglichkeiten festgelegt. Lage und Grenzen der von der Neuplanung betroffenen Grundstücke sind konkretisiert. Das Fehlen einer genaueren Determinierung der Neuplanung hinsichtlich des Begriffes einer dichteren Bebauung wird auch in dem hier angeführten Erkenntnis VfGH B1256/93 nicht bemängelt. Eine verstärkte Konkretisierung würde eine Grundlagenforschung bzw eine Flächenbilanz notwendig machen, die jedoch gemäß dem angeführten Erkenntnis nicht erforderlich sind. In diesem Sinn kann die Umschreibung der Grundzüge der beabsichtigten Neuplanung in der Neuplanungsgebietsverordnung als ausreichend determiniert qualifiziert werden, die Verordnung erfüllt damit die Kriterien der Bestimmung des § 45 Abs 1 Oö. Bauordnung 1994."

6.Der Gemeinderat der Gemeinde St. Lorenz legte die Verordnungsakten vor und erstattete eine Äußerung, in der er wie folgt ausführt:

"Um die Rechtmäßigkeit der Verordnung sicherzustellen, wurde vor der Beschlussfassung der Entwurf zur Vorabprüfung bzw Begutachtung an die Aufsichtsbehörde gesendet (siehe Mail vom ). Lt. Telefonat mit der zuständigen Abteilung beim Amt der Oö. Landesregierung am (siehe Aktenvermerk) hat diese bestätigt, dass die vorgelegte Verordnung einer Verordnungsprüfung standhält. Aufgrund dieser Tatsache wurde die Verordnung zur Erstellung eines Neuplanungsgebietes für die Gstk. 1220/47, 1220/47, 122049, 1220/55, 1220/56, 1220/57 u. 1220/58 je KG. St. Lorenz in der Gemeinderatssitzung am einstimmig beschlossen. Diese Verordnung wurde anschließend von bis an der Amtstafel entsprechend der Oö. Gemeindeordnung 1990 kundgemacht und mit Schreiben vom dem Amt der Oö. Landesregierung zur Verordnungsprüfung vorgelegt.

Mit Schreiben vom teilte das Amt der Oö. Landesregierung der Gemeinde St. Lorenz mit, dass die Verordnung geprüft wurde und keine Gesetzwidrigkeit ergeben hat und somit ab dem rechtswirksam ist.

Im Vertrauen auf die Genehmigung der Oö. Landesregierung wurden seitens der Gemeinde die weiteren Schritte (Beiziehung Raumplaner etc.) zur Erstellung eines Bebauungsplanes unternommen."

7.Der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erstattete eine Äußerung, in der er den vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erhobenen Bedenken beitritt.

IV.Erwägungen

1.Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1.Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2.Im Verfahren ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität der angefochtenen Verordnung zweifeln ließe. Wie das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich treffend ausgeführt hat, vermag "die Tatsache, dass die in Rede stehende Verordnung erst mit rechtswirksam wurde und daher zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides noch nicht in Kraft stand, […] an deren Präjudizialität nichts zu ändern. Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten; allfällige Änderungen derselben sind daher zu berücksichtigen (vgl etwa mwN.). Davon abgesehen entspricht es der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung, dass auch während eines anhängigen Baubewilligungsverfahrens erlassene Neuplanungsgebietsverordnungen zu beachten sind (vgl etwa )".

1.3.Weder der Gemeinderat der Gemeinde St. Lorenz noch die Oberösterreichische Landesregierung ziehen in ihren Äußerungen die Präjudizialität der angefochtenen Verordnung in Zweifel.

1.4.Da es im zugrunde liegenden Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich um ein Baubewilligungsverfahren hinsichtlich der Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit drei Wohneinheiten auf dem Grundstück Nr 1220/49, EZ 629, KG 50105 St. Lorenz, geht, ist der Antrag nur insoweit zulässig, als er sich auf die Bausperre betreffend das Grundstück Nr 1220/49, EZ 629, KG 50105 St. Lorenz, richtet, da die Bestimmungen der Verordnung insoweit trennbar sind (vgl ; , G105/2015 ua).

1.5.Angesichts der Zulässigkeit des (Haupt-)Antrages hinsichtlich der Aufhebung des Verordnung in Bezug auf das Grundstück Nr 1220/49, EZ 629, KG 50105 St. Lorenz, erübrigt es sich, auf den Eventualantrag einzugehen, da sich dieser insoweit mit dem Hauptantrag deckt.

2.In der Sache

Der Antrag ist nicht begründet.

2.1.Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art 139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2.Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich führt in seinem Antrag aus, § 3 der angefochtenen, auf § 45 Oö. BauO 1994 gestützten, Verordnung enthalte keine ausreichend determinierten Änderungsabsichten und Zielvorgaben, die eine Überprüfung von Bauvorhaben auf die Übereinstimmung mit dem zukünftigen Bebauungsplan ermöglichen würden.

2.3.Entgegen der Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich enthält die besagte Verordnung eine – die Voraussetzungen des Art 18 Abs 2 B-VG erfüllende – Grundlage für die Erlassung einer Neuplanungsgebietsverordnung:

Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass die Grundzüge der beabsichtigten Neuplanung in der vorliegenden Verordnung ausreichend determiniert werden. Eine Neuplanungsgebietsverordnung hat die beabsichtigte Neuplanung in Grundzügen zu umschreiben (vgl zB VfSlg 10.953/1986, 15.779/2000; ). Sowohl das Erfordernis eines Neuplanungsgebietes als auch die für die Zielverwirklichung vorgesehenen Maßnahmen wurden in der maßgeblichen Verordnung hinreichend qualifiziert. Ob aber eine Bebauung auf Grund des zukünftigen Bebauungsplanes zulässigerweise einer Bewilligung zugänglich ist, ist erst in einem Verfahren zu prüfen, in dem der Bebauungsplan anzuwenden ist (vgl VfSlg 13.150/1992, 14.271/1995).

Der Gemeinderat hat damit die beabsichtigte Neuplanung, die den Anlass für die Verhängung der Bausperre bildete, in ihren Grundzügen hinlänglich umschrieben und auch die dahinterstehende Zielvorstellung der Gemeinde deutlich gemacht.

V.Ergebnis

1.Die vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ob der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Lorenz vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von bis , erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher, soweit er sich auf das Grundstück Nr 1220/49, EZ 629, KG 50105 St. Lorenz, bezieht, abzuweisen.

2.Im Übrigen ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

3.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4.Der beteiligten Partei sind die für die abgegebene Äußerung begehrten Kosten nicht zuzusprechen, weil es im Falle eines auf Antrag eines Gerichtes eingeleiteten Normenprüfungsverfahrens Sache des antragstellenden Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (zB VfSlg 19.019/2010 mwN).

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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2019:V43.2019
Schlagworte:
Baurecht, Raumplanung örtliche, Bebauungsplan, Determinierungsgebot, Verordnung, Bausperre

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