VfGH vom 17.09.2013, V41/2013
19780
Leitsatz
Gesetzwidrigkeit der in einem Flächenwidmungsplan festgelegten neuen Widmungen bestimmter Grundstücke als Grünzug bzw Grünland – Parkanlage mangels Verständigung des betroffenen Grundeigentümers bzw mangels Interessenabwägung
Spruch
I. Der Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Bad Leonfelden, beschlossen vom Gemeinderat am , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , wird in folgendem Umfang als gesetzwidrig aufgehoben:
1. Örtlicher Entwicklungskonzeptteil (Funktionsplan), soweit darin für die Grundstücke Nr 47/1 und 47/2 die Widmung "Grünzug – Trenngrün oder Parkanlagen" ausgewiesen wird.
2. Flächenwidmungsteil, soweit darin für die Grundstücke Nr 47/1 und 47/2 die Widmung "Grünland – Parkanlage" ausgewiesen wird.
II. Die Oberösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt für Oberösterreich verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl B1545/2010 eine auf Art 144 B VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Bad Leonfelden (in der Folge: Gemeinderat) beschloss am einen Entwurf für ein (erstmals zu erstellendes) örtliches Entwicklungskonzept (in der Folge: ÖEK). In diesem Entwurf war hinsichtlich der Grundstücke Nr 47/1 und 47/2, KG Leonfelden (in der Folge: Baugrundstücke) die Widmung "vorwiegend Kerngebiet bebaut" vorgesehen. Am beschloss der Gemeinderat die "Einleitung des Verfahrens gemäß § 33 OÖ ROG 1994 (Stellungnahmeverfahren) zur Überprüfung des Flächenwidmungsplanes unter Berücksichtigung des ÖEK als Grundlage dieses Raumordnungsverfahrens".
1.2. Am wurden an der Amtstafel der Stadtgemeinde Bad Leonfelden Kundmachungen angeschlagen, wonach die Stadtgemeinde beabsichtige, das ÖEK bzw. den Flächenwidmungsplan für das gesamte Gemeindegebiet zu erstellen. Jedem, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft mache, stehe es offen, seine Planungsinteressen bis zum dem Gemeindeamt schriftlich bekannt zu geben. Die Anschläge verblieben bis zum an der Amtstafel.
Am wurden die im damals geltenden § 33 Abs 1 OÖ ROG 1994 genannten Einrichtungen verständigt, dass die Stadtgemeinde beabsichtige, den Flächenwidmungsplan samt ÖEK neu zu erlassen. Den Einrichtungen wurden Planentwürfe übermittelt bzw. wurde ihnen Gelegenheit zur Einsichtnahme gegeben. Im Flächenwidmungsteil dieser Entwürfe war eine Beibehaltung der bisherigen Widmung der Baugrundstücke im geltenden Flächenwidmungsplan aus dem Jahr 1980 als "Bauland-Kerngebiet" vorgesehen.
1.3. Am erging an zahlreiche Grundstückseigentümer eine Verständigung, wonach sich durch den neuen Flächenwidmungsplan (Nr 3) Änderungen in der Flächenwidmung bzw. Bebaubarkeit ihrer Grundstücke ergeben würden. Ihnen wurde mitgeteilt, dass der Planentwurf von 17. Jänner bis im Gemeindeamt zur Einsichtnahme aufliege und sie die Möglichkeit hätten, schriftliche Anregungen oder Einwendungen einzubringen. Eine solche Verständigung erging auch an den Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens als Eigentümer des Grundstücks Nr 47/1, nicht aber an B als damaligen Eigentümer des Grundstücks Nr 47/2. Für beide Grundstücke war nunmehr im Entwurf im örtlichen Entwicklungskonzeptteil die Widmung "Grünzug – Trenngrün oder Parkanlagen" und im Flächenwidmungsteil die Widmung "Grünland - Parkanlage" vorgesehen.
In der Grundlagenanalyse, die als Basis des Entwurfes diente, finden sich zu den Baugrundstücken keine Aussagen. Im Kapitel 6. ("Besiedlung und Bebauung"), Unterkapitel 6.3. ("Ortsarchitektur") ist lediglich festgehalten, dass das Erscheinungsbild von Bad Leonfelden u.a. durch die historischen Siedlungsstrukturen, insbesondere am Hauptplatz und an der Ringstraße, geprägt sei. Weiters findet sich in den "Planungskonsequenzen" im Kapitel 3. ("Naturraum – Umwelt") die Aussage, dass die im Westen des Zentralortes gelegene so genannte "Pfarrerleite" als Sichtverbindung bzw. Freifläche zum Ortskern von jeder Bebauung freigehalten werden solle. Dieser Bereich beginnt von den Baugrundstücken aus gesehen in ca. 50 m Entfernung in südwestlicher Richtung und ist durch eine gleichnamige Straße abgegrenzt. Er umfasst die Baugrundstücke also nicht.
1.4. Der Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens beantragte mit Ansuchen vom beim Bürgermeister der Stadtgemeinde Bad Leonfelden (dort eingelangt am ) die Erteilung einer Baubewilligung für einen Zubau zu einem bestehenden Büro- und Geschäftsgebäude mit Kurzzeitwohnungen auf den Baugrundstücken. Der Altbestand, der durch den Zubau erweitert werden sollte, befindet sich auf dem in nordöstlicher Richtung unmittelbar angrenzenden Grundstück Nr 217. Die Bausubstanz soll nach den eingereichten Plänen zur Gänze auf dem Grundstück Nr 47/2 errichtet werden, auf dem Grundstück Nr 47/1 sind lediglich acht Parkplätze vorgesehen. Das Grundstück Nr 47/1 umschließt das Grundstück Nr 47/2 von der südwestlichen bzw. südöstlichen Richtung her. Weiter in südöstlicher Richtung grenzt an das Grundstück Nr 47/1 unmittelbar eine alte Stadtmauer ("Ringmauer" auf dem Grundstück Nr 4/1). Westlich an die Baugrundstücke grenzt die "Ringstraße" an, die in diesem Bereich konzentrisch zur Stadtmauer verläuft.
Das Grundstück Nr 47/1 stand bereits seit langer Zeit im Eigentum des Beschwerdeführers des Ausgangsverfahrens bzw. seiner Familie, während er das Grundstück Nr 47/2 gemeinsam mit dem Grundstück Nr 217 erst mit Kaufvertrag vom (ins Grundbuch eingetragen am ) von B erworben hat.
1.5. Nach Vorberatung im Bauausschuss am wurde in der Sitzung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Bad Leonfelden vom der Flächenwidmungsplan samt ÖEK beschlossen, wobei hinsichtlich der Baugrundstücke die Widmungen aus dem im Jänner 2007 aufgelegten Entwurf beibehalten wurden. Weder in der Sitzung des Bauausschusses noch in der Gemeinderatssitzung selbst wurde die Umwidmung der Baugrundstücke erörtert. Der Beschluss wurde erst am der Oberösterreichischen Landesregierung zur Genehmigung vorgelegt.
1.6. Mit Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Bad Leonfelden vom wurden (nur) die Baugrundstücke auf Grundlage des § 45 Abs 1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (OÖ BauO 1994), LGBl 66 idF LGBl 36/2008, zum Neuplanungsgebiet erklärt. In § 3 des Verordnungstextes war ausgeführt, dass eine Änderung des Flächenwidmungsplanes dahingehend beabsichtigt sei, die Grundstücke als "Schutzzone im Bauland" zu widmen, um die Ringmauer und das Stadtensemble in seiner überlieferten Ansicht vor starken baulichen Eingriffen und einer negativen Beeinflussung des äußeren Erscheinungsbildes der historischen Maueranlage zu schützen.
1.7. Mit Bescheid des – mittlerweile im Devolutionsweg zuständig gewordenen – Gemeinderates vom wurde das Bauansuchen mit Verweis auf das Neuplanungsgebiet abgewiesen. Einer gegen diesen Bescheid gerichteten Vorstellung gab die Oberösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom Folge, weil dem Beschwerdeführer kein Parteiengehör gewährt worden sei und ihm keine Möglichkeit zur Abänderung des von ihm geplanten Bauvorhabens gegeben worden sei.
1.8. Am teilte die Oberösterreichische Landesregierung auf Grundlage des § 34 Abs 3 OÖ ROG 1994 der Stadtgemeinde Bad Leonfelden eine Reihe von (nicht die Baugrundstücke betreffenden) Versagungsgründen mit, sodass der Flächenwidmungsplan zunächst nicht in Kraft treten konnte (§34 Abs 4 Z 1 OÖ ROG 1994). Am beschloss daraufhin der Gemeinderat neuerlich einen im Hinblick auf die mitgeteilten Versagungsgründe überarbeiteten Flächenwidmungsplan samt ÖEK, wobei hinsichtlich der Baugrundstücke keine Änderung zum vorangegangenen Beschluss erfolgte. Auch in dieser Gemeinderatssitzung (bzw. in der Vorberatung durch den Bauausschuss am ) erfolgte keine Erörterung der Umwidmung der Baugrundstücke. In weiterer Folge wurde der Flächenwidmungsplan mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom aufsichtsbehördlich genehmigt. Am wurde der Plan an der Amtstafel der Stadtgemeinde Bad Leonfelden zur Kundmachung angeschlagen und am wieder abgenommen.
1.9. Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat das Bauansuchen des Beschwerdeführers neuerlich ab, was diesmal mit dem Widerspruch zur nunmehrigen Flächenwidmung "Grünland-Parkanlage" begründet wurde.
1.10. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens neuerlich Vorstellung, der mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom keine Folge gegeben wurde. Auch die Landesregierung vertrat in der Begründung dieses Bescheides die Auffassung, dass das geplante Bürogebäude mit Kurzzeitwohnungen mit der Widmung "Grünland – Parkanlage" nicht vereinbar sei. § 30 Abs 5 OÖ ROG1994 erlaube im Grünland nur die Errichtung von Bauten und Anlagen, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen. Eine Möglichkeit zur Änderung des Bauvorhabens sei nur dann einzuräumen, wenn damit ein Abweisungsgrund beseitigt werden könne, dies sei aber bei der nunmehrigen Flächenwidmung nicht möglich.
Gegen den abweisenden Vorstellungsbescheid richtet sich die Beschwerde des Ausgangsverfahrens.
1.11. Auf Grund des Vorbringens der Parteien und auf Grund eines im Ausgangsverfahren durchgeführten Augenscheins hat sich im Zusammenhalt mit dem Akteninhalt folgender weiterer unbestrittener Sachverhalt ergeben:
Für die Grundstücke Nr 47/2 und .217 bestand ursprünglich ein Baurecht zu Gunsten des Landes Oberösterreich zur Errichtung eines Kreisverkehrs und ein Vorkaufsrecht zu Gunsten der Gemeinde. Die beiden Grundstücke wurden jedoch schließlich zur Errichtung des Kreisverkehrs zum größten Teil nicht benötigt (die dennoch benötigten Teilstücke wurden abgeschrieben). Zwischen dem Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens und Vertretern der Stadtgemeinde Bad Leonfelden hatten bereits seit Anfang 2006 Gespräche über die Nutzung der Baugrundstücke sowie des Grundstücks Nr 217 stattgefunden, nachdem der Beschwerdeführer Interesse am Erwerb der Grundstücke Nr 47/2 und .217 gezeigt hatte. Die Vertreter der Stadtgemeinde Bad Leonfelden (insbesondere der Bürgermeister) äußerten in diesen Gesprächen das Ziel, entlang der Ringmauer einen öffentlichen Park zu errichten und Räumlichkeiten für EXIT.sozial, Verein für psychosoziale Dienste, zu schaffen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Stadtgemeinde gegenüber B bereits auf ihr Vorkaufsrecht verzichtet.
Im Anschluss an eine Besprechung am legten die Vertreter der Stadtgemeinde dem Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens im Juni 2007 den Entwurf einer Vereinbarung vor, in dem die Absicht der Errichtung eines öffentlichen Parks "auf dem Grundstück Nr 47/2" festgehalten war. Gleichzeitig war vorgesehen, dass die Stadtgemeinde das Grundstück Nr 47/2 von B erwerbe und mit dem Beschwerdeführer gegen ein flächengleiches Teilstück des Grundstücks Nr 47/1 tausche. Dies geschah im Hinblick darauf, dass der Bürgermeister sich auf dem Grundstück Nr 47/2 eine von EXIT.sozial betriebene Wäscherei wünschte, die mit den Räumlichkeiten von EXIT.sozial, deren Errichtung und Zurverfügungstellung der Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens der Stadtgemeinde auf dem Grundstück Nr 217 zugesagt hatte, verbunden sein sollte. In dem Vereinbarungsentwurf wird auf einen Aktenvermerk vom verwiesen, in dem Rahmenbedingungen für die Bebauung des Grundstücks Nr 217 festgelegt worden sein sollen.
Der Park sollte nach den Vorstellungen des Bürgermeisters entgegen dem Wortlaut des Entwurfes in Wahrheit nicht auf dem Grundstück Nr 47/2 entstehen, das ja der Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens von der Stadtgemeinde im Tauschweg erhalten und bebauen sollte. Beabsichtigt war vielmehr die Errichtung eines Parks auf dem Teil des Grundstücks Nr 47/1, das nach dem Tausch der Stadtgemeinde zustehen sollte.
Der Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens weigerte sich, diesen Entwurf zu unterfertigen. Er erhielt am eine Baubewilligung für das Grundstück Nr 217. Mit dem bereits erwähnten Kaufvertrag vom (s. oben Pkt. 1.4.) hat er die Grundstücke Nr 47/2 und .217 direkt von B erworben und das Grundstück Nr 217 sodann konsensgemäß bebaut. Er hat in diesem Gebäude auch tatsächlich Räumlichkeiten an den Verein EXIT.sozial vermietet, der dort ein Freizeitzentrum vor allem für psychisch und sozial beeinträchtigte Menschen betreibt. An dieses Gebäude soll nach dem Bauansuchen das im Ausgangsverfahren gegenständliche Bauvorhaben als Erweiterung angebaut werden.
2. Aus Anlass des Ausgangsverfahrens hat der Verfassungsgerichtshof am beschlossen, gemäß Art 139 Abs 1 B VG die Gesetzmäßigkeit der nunmehr aufgehobenen Teile des Flächenwidmungsplanes der Stadtgemeinde Bad Leonfelden vom von Amts wegen zu prüfen.
3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:
"[…] 1. Im vorliegenden Fall ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei dem am vom Gemeinderat beschlossenen Flächenwidmungsplan um den von § 39 Abs 3 OÖ ROG 1994 geforderten "Flächenwidmungsplan mit dem örtlichen Entwicklungskonzept" handelt, der innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten des OÖ ROG 1994, somit bis zum , zu beschließen gewesen wäre. Der Verfassungsgerichtshof hat dazu in VfSlg 18.413/2008 ausgesprochen, dass die Versäumung dieser Frist nicht zur Gesetzwidrigkeit der Flächenwidmung führt. Weiters sind im Fall der Neuerlassung des Flächenwidmungsplanes – insbesondere wenn diese auf Grund des § 39 Abs 3 OÖ ROG 1994 erfolgt – die Bestimmungen über eine Änderung des Flächenwidmungsplanes in § 36 OÖ ROG 1994 nicht anzuwenden, weil das Gesetz in § 33 klar zwischen der Neuerlassung und der Änderung unterscheidet (vgl. zur vergleichbaren seinerzeitigen Rechtslage beim Übergang zum TROG 1972 und deren Unbedenklichkeit VfSlg 14.141/1993).
Dennoch sind Änderungen der bisherigen Widmung auch im Zuge von Neuerlassungen eines Flächenwidmungsplanes verfassungsrechtlich bedeutsam, weil damit in der Regel eine Änderung der bisherigen Nutzungsmöglichkeiten und somit ein Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Eigentum (Art5 StGG, Art 1 1. ZPEMRK) verbunden ist. Daher muss jede die bisherige Nutzungsmöglichkeit beeinträchtigende Abweichung im öffentlichen Interesse geboten sein, dh. den Raumordnungszielen besser entsprechen als die bisherige Nutzung. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, hat der Verfassungsgerichtshof auch in den im vorigen Absatz erwähnten Erkenntnissen VfSlg 14.141/1993 und 18.413/2008 geprüft, die beide Neuerlassungen betroffen haben. Soweit diese Interessenabwägung durch den Verordnungsgeber zu treffen ist, bedarf es dazu einer Entscheidungsgrundlage, die die planungsrelevanten tatsächlichen Verhältnisse auf dem Grundstück wiedergibt.
In den Erläuterungen zu den §§18 bis 20 OÖ ROG 1994 (AB 340/1993 BlgLT XXIV.GP) heißt es:
'[…]
Das örtliche Entwicklungskonzept soll einerseits aus einem Textteil bestehen, der grundsätzliche Aussagen über die weitere Entwicklung des Gemeindegebietes enthalten soll. Zum besseren Verständnis werden auch ergänzende zeichnerische Darstellungen im Sinne von Funktionsplänen notwendig sein (§18 Abs 3).
Der Gesetzgeber geht bei der Regelung des örtlichen Entwicklungskonzepts davon aus, daß ein solches Konzept grundsätzlich von den Gemeindeorganen selbst (zB vom zuständigen Ausschuß des Gemeinderates) mit Unterstützung durch das Gemeindeamt erstellt werden kann. Die aufsichtsbehördliche Genehmigung im Rahmen der Genehmigung des Flächenwidmungsplanes kann jedenfalls nicht mit der Begründung versagt werden, dass das örtliche Entwicklungskonzept von einem entsprechend befugten Ziviltechniker erstellt werden müßte. Im Übrigen wird davon ausgegangen, dass mit dem örtlichen Entwicklungskonzept lediglich jene Notwendigkeiten und Verfahrensschritte zusammengefaßt werden, die schon bisher vor Erlassung des Flächenwidmungsplanes geboten waren (vgl. § 15 Abs 3 der geltenden Fassung).
[…]
Im einzelnen könnte sich die Aufstellung eines Flächenwidmungsplanes einschließlich des örtlichen Entwicklungskonzeptes wie folgt darstellen, wobei je nach Notwendigkeit ein Zusammenwirken der Planungsorgane (Gemeinderat oder Ausschuß), des Gemeinderates und allenfalls des Ortsplaners angebracht sein wird:
1. Raumforschung
1. Erhebung des Ist-Zustandes
2. Problemanalyse
2. Zielfestlegung
[…]'
Aus den Erläuterungen zur Novelle des § 18 Abs 3 OÖ 1994 durch LGBl 83/1997 (AB 1021/1997 BlgLT XXIV. GP), mit der die bis heute geltende Fassung geschaffen wurde, geht hervor, dass der Gesetzgeber damit keine Änderung der (normativen) Regelungsinhalte bezweckte. Somit wird deutlich, dass der Gesetzgeber nach wie vor im Regelfall von einer Erforschung der relevanten Planungsgrundlagen (nicht nur in den zitierten Erläuterungen, sondern auch zB in § 15 Abs 1 Z 1 OÖ ROG1994 als Raumforschung bezeichnet, worunter die Erhebung des Ist-Zustandes und eine darauf aufbauende Problemanalyse zu verstehen ist) als erstem Schritt zu einer Festlegung im Flächenwidmungsplan (gleich ob Neuerlassung oder Änderung) ausgeht. Darauf aufbauend ist die erwähnte Interessenabwägung vorzunehmen.
[…] 2. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass bei der Erlassung des Flächenwidmungsplanes hinsichtlich der Baugrundstücke eine Raumforschung im soeben dargestellten Sinn nicht stattgefunden hat, weil sich in der für das örtliche Raumordnungskonzept erstellten 'Grundlagenanalyse' aus dem Jahr 2007 keinerlei Aussagen zu diesen Grundstücken bzw. zur Errichtung einer Parkanlage in diesem Bereich finden. Sollte diese Annahme zutreffen, dürfte bei Festlegung der Widmungen (im örtlichen Entwicklungskonzeptteil ebenso wie im Flächenwidmungsteil des Flächenwidmungsplanes) auch keine Interessenabwägung stattgefunden haben, weil eine solche in der Regel eine Raumforschung voraussetzt. Auch die Protokolle der Gemeinderatssitzungen vom bzw. vom sowie der Bauausschusssitzungen, in denen die Flächenwidmungsplanentwürfe jeweils vorberaten wurden, enthalten keine Anhaltspunkte für die Durchführung einer Interessenabwägung.
Bei Zutreffen dieser Bedenken, würden also die Widmungen der Baugrundstücke im örtlichen Entwicklungskonzeptteil ebenso wie im Flächenwidmungsteil § 15 Abs 1 Z 2 OÖ ROG1994 widersprechen, weil sie insbesondere nicht 'unter Zugrundelegung der Ergebnisse der Raumforschung' erstellt wurden, sodass für eine Interessenabwägung schon die Grundlage fehlt.
[…] 3. Nach Beginn des Erzeugungsverfahrens für den vorliegenden Flächenwidmungsplan ist am die geänderte Fassung des § 33 OÖ ROG1994 in Kraft getreten. In den Erläuterungen (AB 659/2005 BlgLT XXIV. GP) heißt es dazu:
'§33 wird zunächst insoweit verändert, als – ganz im Sinn des logischen Planungsablaufs – die Abs 1 und 2 in ihrer Reihenfolge vertauscht werden.
[…]
Durch die Neuformulierung des (nunmehrigen) Abs 2 wird schließlich klargestellt, dass für die Einleitung des sog. "Vorverfahrens" (Anhörung der Dienststellen) ein Gemeinderatsbeschluss erforderlich ist. Der Beschluss der sogenannten 'Vorverfahrensfassung' bzw. der 'Planauflagefassung' durch den Gemeinderat entspricht zwar weitgehend der bisherigen Übung, jedoch geht diese Verpflichtung aus der bisherigen Rechtlage nicht explizit hervor.'
Im vorliegenden Fall wurde zwar eine Planauflage durchgeführt, diese fand jedoch offenbar ohne Beschlussfassung durch den Gemeinderat über den aufgelegten Entwurf statt. Lediglich hinsichtlich des ÖEK wurde am ein Beschluss des Entwurfes gefasst, wobei es gegenüber diesem Entwurf vor der Auflage im Jänner 2007 insbesondere hinsichtlich der Baugrundstücke zu Änderungen kam. Entgegen den Angaben auf den letztlich beschlossenen Plänen fand im Mai/Juni 2005 nicht die Planauflage statt, sondern es bestand lediglich die Möglichkeit zur Bekanntgabe von Planungsinteressen (wofür noch kein Gemeinderatsbeschluss erforderlich gewesen wäre; § 33 Abs 1 in der geltenden Fassung bzw. § 33 Abs 2 in der Fassung vor der Novelle LGBl 115/2005). Somit hat der Gemeinderat die in den Erläuterungen erwähnte "Planauflagefassung" niemals beschlossen.
Die Novelle LGBl 115/2005 enthielt keine Übergangsbestimmungen für bereits eingeleitete Verfahren zur Erlassung von Flächenwidmungsplänen (vgl. demgegenüber § 39 Abs 2 OÖ ROG 1994), weshalb nach ArtII Abs 1 dieser Novelle iVm Art 32 Abs 3 L-VG davon auszugehen ist, dass die geänderten Verfahrensbestimmungen auch auf solche Verfahren (sogleich) Anwendung finden. Auch wenn hinsichtlich des ÖEK ein Gemeinderatsbeschluss vorliegt, kann eine "Verbindung" der Frist zur Bekanntgabe der Planungsinteressen (also der Einleitung des Verfahrens, die nunmehr in § 33 Abs 1 OÖ ROG 1994 geregelt ist) mit der öffentlichen Auflage (nunmehr § 33 Abs 3 OÖ ROG 1994) bzw. der Möglichkeit, zum beschlossenen Entwurf Stellung zu nehmen (nunmehr § 33 Abs 4 OÖ ROG1994), wie sie im vorliegenden Fall erfolgt sein dürfte, nach der Novelle LGBl 115/2005 wohl nicht mehr als zulässig angesehen werden. Die genannte Frist zur Bekanntgabe von Planungsinteressen hat nämlich vor, die öffentliche Auflage (samt Verständigung der betroffenen Grundstückseigentümer und Anschlag an der Amtstafel, wo jeweils auch auf die Möglichkeit zur Stellungnahme zum beschlossenen Entwurf hinzuweisen ist) nach dem Beschluss des Entwurfes im Gemeinderat zu liegen. Weiters scheint eine Änderung des beschlossenen Entwurfes ohne neuerliche Beschlussfassung vor der öffentlichen Auflage unzulässig.
Der Verfassungsgerichtshof vertritt zwar in ständiger Rechtsprechung zu § 33 OÖ ROG1994 die Ansicht, dass kleinere Verstöße gegen die Formvorschriften bei der Auflage von Entwürfen und der Verständigung darüber dann noch keine Gesetzwidrigkeit des Zustandekommens des Planes bewirken, wenn dadurch die Unterrichtung der betroffenen Gemeindebürger über die beabsichtigte Planungsmaßnahme nicht beeinträchtigt wird (vgl. VfSlg 19.344/2011 mwN). Wenn aber der Gesetzgeber wie im vorliegenden Fall ausdrücklich vorschreibt, dass ein vom Gemeinderat beschlossener Plan – unverändert – aufzulegen ist, dann dürfte eine Verletzung dieses Gebotes keinesfalls mehr als geringfügiger Verstoß anzusehen sein, zumal die beabsichtigte Planungsmaßnahme maßgeblich in die Interessen der betroffenen Gemeindebürger eingreift.
[…] 4. B, der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers als Eigentümer des Grundstücks Nr 47/2, wurde von der Änderung der für das Grundstück vorgesehenen Widmung von "vorwiegend Kerngebiet bebaut" auf "Grünzug – Trenngrün oder Parkanlagen" (örtlicher Entwicklungskonzeptteil) bzw. von "Bauland-Kerngebiet" auf "Grünland - Parkanlage" (Flächenwidmungsteil) nicht verständigt.
Im vorliegenden Fall der Umwidmung von Bauland in Grünland dürfte auch eine maßgebliche Beeinträchtigung im Sinne der soeben unter […] 3. zitierten ständigen Rechtsprechung vorliegen. Anders als im Erkenntnis VfSlg 19.344/2011 kam es im vorliegenden Fall nicht bloß zur Festlegung einer anderen, für den Eigentümer sogar "günstigeren" Grünlandkategorie.
Somit könnte die Widmung "Grünland - Parkanlage" im Flächenwidmungsteil hinsichtlich des Grundstücks Nr 47/2 auch infolge der unterbliebenen Verständigung des Eigentümers im Zeitpunkt der Entwurfsänderung nach § 33 Abs 4 zweiter Satz OÖ ROG1994 gesetzwidrig sein. Die auch das Grundstück Nr 47/1 umfassende Widmung "Grünzug – Trenngrün oder Parkanlagen" dürfte zur Gänze (also auch hinsichtlich des Grundstückes Nr 47/1) gesetzwidrig sein, weil dem ÖEK nach § 18 Abs 2 OÖ ROG 1994 grundlegender Charakter zukommt, sodass es (auch) in Oberösterreich geboten sein dürfte, auf dieser Ebene vorhandene größere Zusammenhänge als untrennbar anzusehen, zumal sich die grundlegenden Festlegungen in ihrer Gesamtheit jeweils auf die einzelnen Flächen auswirken (vgl. zur insoweit vergleichbaren Funktion des örtlichen Raumordnungkonzepts in Tirol )."
4. Die Oberösterreichische Landesregierung erstattete eine Äußerung. Darin wird argumentiert, es möge zwar zutreffen, dass in der Grundlagenforschung bzw. den Gemeinderatsprotokollen formal keine detaillierte Dokumentation über die beabsichtigte Widmung der Grundstücke Nr 47/1 und 47/2 vorhanden sei, aus den parallel zur Flächenwidmungsplanänderung auch mit dem Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens, insbesondere seit dem Jahr 2006, geführten Gesprächen seien diesem die Zielvorstellungen und Planungsabsichten der Gemeinde jedoch bekannt gewesen.
Weiters ergebe sich aus dem Grundlagenerhebungsblatt vom , dass zu diesem Zeitpunkt bereits der Planentwurf des Flächenwidmungsplanes, die Grundlagenforschung, der Entwurf des ÖEK sowie das Verzeichnis der betroffenen Objekte vorgelegen seien. Demnach sei auch die Planauflagefassung Inhalt der Gemeinderatsbeschlüsse vom 16. September und vom gewesen. Die öffentliche Auflage sei vom 17. Jänner bis zum erfolgt. Auf Grund von Änderungen sei am eine neuerliche Kundmachung sowie eine Verständigung darüber an den Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens erfolgt, dieser habe jedoch keine Einwendungen erhoben.
Die Oberösterreichische Landesregierung räumt ein, dass Verstöße gegen Verfahrensvorschriften stattgefunden hätten, indem die Kundmachung nach § 33 Abs 1 OÖ ROG1994 (in der ab geltenden Fassung) mit jener nach § 33 Abs 3 leg. cit. vermengt worden sei. Die Unterrichtung der betroffenen Gemeindebürger sei dadurch jedoch nicht beeinträchtigt worden, sodass dadurch keine Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes bewirkt worden sei.
Die mangelnde Verständigung des B (Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers des Ausgangsverfahrens) relativiere sich insofern, als dem Gemeinderat auch das Instrument des Bebauungsplanes zur Verfügung gestanden wäre, wodurch auch die geplanten Freiflächen umgesetzt und problemlos sichergestellt hätten werden können. Zudem erreiche das betroffene Grundstück nicht einmal die Mindestgröße eines Bauplatzes und auch auf Grund der gegebenen Ausformung sei eine Bebauung bei Einhaltung der gesetzlichen Abstandsvorschriften kaum möglich.
5. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Bad Leonfelden hat die Akten betreffend die Erlassung des Flächenwidmungsplanes vom bereits im Ausgangsverfahren vorgelegt. Am nunmehrigen Verordnungsprüfungsverfahren hat er sich nicht beteiligt.
6. Der Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens hat sich zum amtswegig eingeleiteten Verordnungsprüfungsverfahren ebenfalls nicht geäußert.
II. Rechtslage
1. Nach Art 139 Abs 1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Bundes- oder Landesbehörde, sofern er eine solche Verordnung in einer anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte, von Amts wegen.
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1994 (OÖ ROG 1994), LGBl 114/1993 idF LGBl 1/2007, lauten:
"§15
Aufgabe
(1) Aufgabe der örtlichen Raumordnung ist insbesondere:
1. die Raumforschung der Gemeinde, das ist die Untersuchung der natürlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten sowie die Beobachtung ihrer Veränderung;
2. die Gemeindeplanung, das sind alle Maßnahmen zur Ordnung des Gemeindegebietes,
insbesondere die Erstellung und Änderung des örtlichen Entwicklungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes und der Bebauungspläne unter Zugrundelegung der Ergebnisse der Raumforschung;
[…]
§18
Flächenwidmungsplan mit örtlichem Entwicklungskonzept
(1) Jede Gemeinde hat in Durchführung der Aufgaben der örtlichen Raumordnung durch Verordnung den Flächenwidmungsplan zu erlassen, weiterzuführen und regelmäßig zu überprüfen. Der Flächenwidmungsplan besteht aus
1. dem Flächenwidmungsteil und
2. dem örtlichen Entwicklungskonzeptteil (örtliches Entwicklungskonzept).
Das örtliche Entwicklungskonzept ist auf einen Planungszeitraum von zehn Jahren, der Flächenwidmungsteil auf einen solchen von fünf Jahren auszulegen.
(2) Das örtliche Entwicklungskonzept hat als Grundlage der übrigen Flächenwidmungsplanung die längerfristigen Ziele und Festlegungen der örtlichen Raumordnung zu enthalten.
(3) Das örtliche Entwicklungskonzept besteht aus einer zeichnerischen Darstellung (Funktionsplan) und ergänzenden textlichen Festlegungen; es hat jedenfalls grundsätzliche Aussagen zu enthalten über:
1. das Baulandkonzept, das
a) den künftigen Baulandbedarf,
b) die räumliche und funktionelle Gliederung des Baulands im Hinblick auf die künftige Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung einschließlich der Festlegung von Funktionen und Entwicklungszielen,
c) die technische und soziale Infrastruktur und
d) die Sicherung eines wirksamen Umweltschutzes
festlegt; die abschätzbare Entwicklung möglicher Baulanderweiterungen ist im Funktionsplan darzustellen;
2. das Verkehrskonzept mit den geplanten Infrastrukturmaßnahmen der Gemeinde im Bereich der örtlichen Verkehrserschließung;
3. das Grünlandkonzept, das
a) die natürlichen Voraussetzungen und Umweltbedingungen,
b) die landschaftlichen Vorrangzonen unter besonderer Berücksichtigung der
Ökologie, des Landschaftsbildes und der Landwirtschaft,
c) die Frei- und Erholungsflächen und
d) die Neuaufforstungsgebiete
festlegt.
(4) Der Flächenwidmungsplan darf den Raumordnungsprogrammen und Verordnungen gemäß § 11 Abs 6 nicht widersprechen.
(5) In Übereinstimmung mit den Zielen und Festlegungen des örtlichen Entwicklungskonzeptes ist im Flächenwidmungsteil (Abs1 zweiter Satz Z 1) für das gesamte Gemeindegebiet auszuweisen, welche Flächen als Bauland (§21 bis § 23), als Verkehrsflächen (§29) oder als Grünland (§30) gewidmet werden. Die Gemeinde hat dabei auf Planungen benachbarter Gemeinden und anderer Körperschaften öffentlichen Rechtes sowie auf raumbedeutsame Maßnahmen anderer Planungsträger möglichst Bedacht zu nehmen.
[…]
§30
Grünland
(1) Alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen sind als Grünland zu widmen.
(2) Flächen des Grünlandes, die nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind und nicht zum Ödland gehören, sind im Flächenwidmungsplan gesondert zu widmen.
(3) Im Grünland sind - je nach Erfordernis - insbesondere folgende Widmungen auszuweisen:
1. größere Erholungsflächen für Erholungs- oder Sportanlagen wie Parkanlagen, Spiel- und Liegewiesen, Sport- und Spielflächen, Freibäder, Campingplätze, Tennishallen, Golfplätze, Reitsportanlagen, Wintersportanlagen einschließlich der Schipisten sowie Gaststätten und Schutzhütten;
[…]
(5) Im Grünland dürfen nur Bauten und Anlagen errichtet werden, die nötig sind, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen (Abs2 bis 4). […]
[…]
§33
Verfahren in der Gemeinde
(1) Die Absicht, einen Flächenwidmungsplan, einen Teil eines Flächenwidmungsplans (§18 Abs 1 zweiter Satz) oder einen Bebauungsplan neu zu erlassen oder grundlegend zu überprüfen, ist vom Bürgermeister durch vierwöchigen Anschlag an der Amtstafel mit der Aufforderung kundzumachen, dass jeder, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist seine Planungsinteressen dem Gemeindeamt (Magistrat) schriftlich bekannt geben kann. Gibt die Gemeinde regelmäßig ein amtliches Mitteilungsblatt heraus, hat die Kundmachung auch dort zu erfolgen.
(2) Bei Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplans, eines Teils eines Flächenwidmungsplans (§18 Abs 1 zweiter Satz) oder eines Bebauungsplans hat der Beschluss des Planentwurfs durch den Gemeinderat zu erfolgen. Nach Beschluss des Planentwurfs hat die Gemeinde
1. den in Betracht kommenden Bundesdienststellen,
[…] sowie
8. sonstigen Körperschaften öffentlichen Rechts, von denen bekannt ist, dass ihre Interessen berührt werden,
innerhalb von acht Wochen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Landesregierung sind mit der Aufforderung zur Stellungnahme sechs Planentwürfe vorzulegen. Bei Flächenwidmungsplänen und Flächenwidmungsplanänderungen oder deren Teilen (§18 Abs 1 zweiter Satz) ist, soweit nicht durch Verordnung anderes festgelegt ist, zur Frage der Umwelterheblichkeit gemäß den Abs 7 und 8 und zur Frage des erforderlichen Prüfungsumfangs des Umweltberichts gemäß Abs 11 Z 1 eine Stellungnahme der Landesregierung einzuholen.
(3) Vor Beschlußfassung eines Flächenwidmungsplanes, eines Teils eines Flächenwidmungsplans (§18 Abs 1 zweiter Satz) oder eines Bebauungsplanes durch den Gemeinderat ist der Plan durch vier Wochen zur öffentlichen Einsichtnahme beim Gemeindeamt (Magistrat) aufzulegen. Die Eigentümer jener Grundstücke, an deren Flächenwidmung oder Bebaubarkeit sich Änderungen ergeben, sind von der Planauflage nachweislich zu verständigen. Auf die Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme und die Möglichkeit der Einbringung von Anregungen oder Einwendungen ist während der Auflagefrist durch Anschlag an der Amtstafel und im amtlichen Mitteilungsblatt hinzuweisen, wenn die Gemeinde ein solches regelmäßig herausgibt.
(4) Jedermann, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, ist berechtigt, während der Auflagefrist schriftliche Anregungen oder Einwendungen beim Gemeindeamt (Magistrat) einzubringen, die mit dem Plan dem Gemeinderat vorzulegen sind. Eine Beschlußfassung des Planes in einer anderen als der zur Einsichtnahme aufgelegten Fassung ist nur nach vorheriger Anhörung der durch die Änderung Betroffenen zulässig.
[…]
§34
Aufsichtsverfahren und Kundmachung
(1) Beschließt der Gemeinderat einen Flächenwidmungsplan, eine Änderung eines Flächenwidmungsplans oder eines Teils eines Flächenwidmungsplans (§18 Abs 1 zweiter Satz), so ist dieser mit dem dazugehörigen Akt und den Planungsunterlagen vor Kundmachung des Beschlusses der Landesregierung als Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. […]
[…]
(3) Vor Versagung der Genehmigung hat die Landesregierung der Gemeinde den Versagungsgrund mitzuteilen und ihr Gelegenheit zu geben, hiezu binnen einer angemessenen, jedoch mindestens sechs Wochen betragenden Frist Stellung zu nehmen.
(4) Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn
1. der Gemeinde nicht innerhalb von vier Monaten nach Einlangen des genehmigungspflichtigen Planes und der nötigen Unterlagen (Abs1) beim Amt der Landesregierung ein Versagungsgrund mitgeteilt wird oder
2. der Gemeinde innerhalb von drei Monaten nach Einlangen ihrer Stellungnahme
zu den mitgeteilten Versagungsgründen kein das Verfahren abschließender Bescheid zugestellt wird.
(5) Nach Einlangen des genehmigten Plans bei der Gemeinde oder nach Fristablauf ist der Plan kundzumachen. Bei Versagung der Genehmigung hat eine Kundmachung des Planes zu unterbleiben. Zwei Ausfertigungen des kundgemachten Planes sind dem Amt der Landesregierung vorzulegen.
[…]
§36
Änderung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes
[…]
(6) Die Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes ist durch den Gemeinderat zu begründen; bei der Änderung von Flächenwidmungsplänen muß der Begründung oder den Planungsunterlagen überdies die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung zu entnehmen sein.
§37
Wirkung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes
[…]
(2) Generelle und individuelle Verwaltungsakte der Gemeinde im Rahmen des durch Landesgesetze umschriebenen eigenen Wirkungsbereiches dürfen einem Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan nicht widersprechen.
[…]
§39
Übergangsbestimmungen
[…]
(3) Jede Gemeinde hat nach dem Inkrafttreten dieses Landesgesetzes den Flächenwidmungsplan zu überprüfen und spätestens innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Landesgesetzes einen Flächenwidmungsplan mit dem örtlichen Entwicklungskonzept zu beschließen. Weiters ist der Flächenwidmungsplan dahingehend zu überprüfen, ob die im Flächenwidmungsplan gewidmeten, aber noch nicht der bestimmungsgemäßen Nutzung zugeführten Baulandflächen mit den Grundsätzen dieses Landesgesetzes noch vereinbar sind. Baulandflächen, deren Widmung den angeführten Grundsätzen widerspricht, sind durch Änderung des Flächenwidmungsplanes der geeigneten Baulandwidmung oder der Grünlandwidmung zuzuführen.
[…]"
3. Nach § 30 Abs 6 Z 1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (OÖ BauO 1994), LGBl 66 idF LGBl 36/2008, ist der Baubewilligungsantrag von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich auf Grund der Prüfung durch die Baubehörde schon aus dem Antrag oder dem Bauplan ergibt, dass das Bauvorhaben zwingenden Bestimmungen eines Flächenwidmungsplans, eines Bebauungsplans, einer Erklärung zum Neuplanungsgebiet oder einer rechtskräftigen Bauplatzbewilligung widerspricht.
III.
Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Verfahrens
Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Verordnungsprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.
2. In der Sache
Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes konnten im Verordnungsprüfungsverfahren nicht zerstreut werden.
2.1. Mit dem Argument, dem Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens seien die Planungsabsichten der Gemeinde auf Grund von Gesprächen bekannt gewesen, tritt die Oberösterreichische Landesregierung dem Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, wonach den Widmungen im neuen Flächenwidmungsplan (ÖEK und Flächenwidmungsteil) keine Interessenabwägung zugrunde lag, nicht entgegen. Die einseitige Bekanntgabe von Planungsabsichten stellt keine Interessenabwägung dar. Eine solche Abwägung wäre aber auf Grund des Art 5 StGG und des Art 1 1. ZPEMRK geboten gewesen und hätte, um die Zulässigkeit der neuen Widmungen zu begründen, außerdem zu dem Ergebnis führen müssen, dass diese Widmungen den Raumordnungszielen besser entsprechen als die bisherige Nutzung (VfSlg 14.141/1993 und 18.413/2008). Ein solches Abwägungsergebnis hätte bereits dem Beschluss des Flächenwidmungsplanes durch den Gemeinderat zugrunde liegen müssen und kann nicht durch die nunmehrige Behauptung der Oberösterreichischen Landesregierung, die betroffenen Grundstücke würden sich für eine Bebauung nicht eignen, nachgetragen werden.
2.2. Die Oberösterreichische Landesregierung räumt selbst ein, dass eine Verständigung des B als damaliger Eigentümer des Grundstücks Nr 47/2 über die beabsichtigte Widmung, die eine Änderung der Flächenwidmung des bisher als Bauland gewidmeten Grundstücks vorsah, unterblieben ist. Für den Verfassungsgerichtshof ist kein Grund erkennbar, warum die von der Landesregierung ins Treffen geführte Möglichkeit der Erlassung eines Bebauungsplanes an der Verständigungspflicht nach § 33 Abs 3 zweiter Satz OÖ ROG1994 etwas ändern sollte.
Diesbezüglich kann auch nicht von einem "kleineren Verstoß gegen Formvorschriften" im Sinn der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg 19.344/2011 mwN) ausgegangen werden, weil die Festlegung einer Grünlandwidmung (und gerade einer Widmung als "Grünzug" bzw. "Parkanlage") nach § 30 Abs 5 OÖ ROG1994 einen grundsätzlichen Ausschluss einer Bebauung bewirkt. Dass das Grundstück auf Grund von baurechtlichen Bestimmungen überhaupt nicht bebaut werden könnte, hat die Landesregierung nur pauschal behauptet und nicht konkret dargelegt.
IV. Ergebnis
1. Die für die Grundstücke Nr 47/1 und 47/2 im Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Bad Leonfelden vom festgelegten Widmungen ("Grünzug – Trenngrün oder Parkanlagen" im örtlichen Entwicklungskonzeptteil sowie "Grünland – Parkanlage" im Flächenwidmungsteil) sind daher wegen der dargelegten Verletzungen von Bestimmungen des OÖ ROG1994 als gesetzwidrig aufzuheben, ohne dass auf die darüber hinaus gehenden Bedenken einzugehen ist.
2. Die Verpflichtung der Oberösterreichischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 139 Abs 5 erster Satz B VG und § 60 Abs 2 VfGG iVm § 2 Abs 1 Z 4 des OÖ Kundmachungsgesetzes, LGBl 55/1998.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2013:V41.2013